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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Friedrich Engels - Lage der arbeitenden Klasse in England - Die Stellung der Bourgeoisie zum Proletariat</TITLE>
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<H2 ALIGN="CENTER">Die Stellung der Bourgeoisie zum Proletariat</H2>
<STRONG><P>&lt;486&gt;</STRONG> Wenn ich hier von der Bourgeoisie spreche, so schlie&szlig;e ich gleich die sogenannte Aristokratie mit ein, denn diese ist nur Aristokratie, nur privilegiert gegen&uuml;ber der Bourgeoisie, aber nicht gegen&uuml;ber dem Proletariat. Der Proletarier sieht in ihnen beiden nur den Besitzenden, d.h. den Bourgeois. Vor dem Privilegium des Besitzes verschwinden alle andern Privilegien. Der Unterschied ist nur der, da&szlig; der eigentliche Bourgeois dem industriellen und teilweise dem Bergwerksproletarier, als <EM>P&auml;chter </EM>auch dem Ackerbautagl&ouml;hner gegen&uuml;bersteht, w&auml;hrend der sogenannte Aristokrat nur mit einem Teil der bergbauenden und mit den ackerbauenden Proletariern in Ber&uuml;hrung kommt.</P>
<P>Mir ist nie eine so tief demoralisierte, eine so unheilbar durch den Eigennutz verderbte, innerlich zerfressene und f&uuml;r allen Fortschritt unf&auml;hig gemachte Klasse vorgekommen wie die englische Bourgeoisie - und hier meine ich vor allem die eigentliche Bourgeoisie, besonders die liberale, Korngesetzabschaffende. F&uuml;r sie existiert nichts in der Welt, was nicht nur um des Geldes willen da w&auml;re, sie selbst nicht ausgenommen, denn sie lebt f&uuml;r nichts, als um Geld zu verdienen, sie kennt keine Seligkeit als die des schnellen Erwerbs, keinen Schmerz au&szlig;er dem Geldverlieren <A HREF="me02_486.htm#O1"><A NAME="Z1">(1)</A></A>. Bei dieser Habsucht und Geldgier ist es nicht m&ouml;glich, da&szlig; eine einzige menschliche Anschauung unbefleckt bleibe. Gewi&szlig;, diese englischen Bourgeois sind gute Ehem&auml;nner und Familienmitglieder, haben auch sonst allerlei sogenannte Privattugenden und erscheinen im gew&ouml;hnlichen Verkehr ebenso respektabel und anst&auml;ndig wie alle anderen Bourgeois; selbst im Handel sind sie besser zu traktieren wie die <STRONG>&lt;487&gt;</STRONG> Deutschen, sie m&auml;keln und dingen nicht soviel wie unsere Kr&auml;merseelen, aber was hilft das alles? In letzter Instanz ist doch das eigne Interesse und speziell der Gelderwerb das einzig entscheidende Moment. Ich ging einmal mit einem solchen Bourgeois nach Manchester hinein und sprach mit ihm von der schlechten, ungesunden Bauart, von dem scheu&szlig;lichen Zustande der Arbeiterviertel und erkl&auml;rte, nie eine so schlecht gebaute Stadt gesehen zu haben. Der Mann h&ouml;rte das alles ruhig an, und an der Ecke, wo er mich verlie&szlig;, sagte er: And yet, there is a great deal of money made here - und doch wird hier enorm viel Geld verdient - guten Morgen, Herr! Es ist dem englischen Bourgeois durchaus gleichg&uuml;ltig, oh seine Arbeiter verhungern oder nicht, wenn er nur Geld verdient. Alle Lebensverh&auml;ltnisse werden nach dem Gelderwerb gemessen, und was kein Geld abwirft, das ist dummes Zeug, unpraktisch, idealistisch. Darum ist auch die National&ouml;konomie, die Wissenschaft des Gelderwerbs, die Lieblingswissenschaft dieser Schacherjuden. Jeder ist National&ouml;konom. Das Verh&auml;ltnis des Fabrikanten zum Arbeiter ist kein menschliches, sondern ein rein &ouml;konomisches. Der Fabrikant ist das "Kapital", der Arbeiter ist die "Arbeit". Und wenn der Arbeiter sich nicht in diese Abstraktion hineinzw&auml;ngen lassen will, wenn er behauptet, da&szlig; er nicht "die Arbeit", sondern ein Mensch ist, der allerdings unter anderem auch die Eigenschaft des Arbeitens hat, wenn er sich einfallen l&auml;&szlig;t zu glauben, er brauche sich nicht als "die Arbeit", als Ware im Markte kaufen und verkaufen zu lassen, so steht dem Bourgeois der Verstand still. Er kann nicht begreifen, da&szlig; er mit den Arbeitern noch in einem andern Verh&auml;ltnis steht als in dem des Kaufs und Verkaufs, er sieht in ihnen keine Menschen, sondern <EM>"H&auml;nde"</EM> (hands), wie er sie fortw&auml;hrend ins Gesicht tituliert, er erkennt keine andere Verbindung, wie Carlyle sagt, zwischen Mensch und Mensch an, als <EM>bare Zahlung</EM>. Selbst das Band zwischen ihm und seiner Frau ist in neunundneunzig F&auml;llen aus hundert nur "bare Zahlung". Die elende Sklaverei, in der das Geld den Bourgeois h&auml;lt, ist durch die Bourgeoisieherrschaft selbst der Sprache aufgedr&uuml;ckt. Das Geld macht den Wert des Mannes aus; dieser Mann ist zehntausend Pfund wert - he is worth ten thousand pounds, d.h. er besitzt sie. Wer Geld hat, ist "respectable", geh&ouml;rt zur "besseren Sorte von Leuten" (the better sort of people), ist "einflu&szlig;reich" (influential), und was er tut, macht Epoche in seinem Kreise. Der Schachergeist geht durch die ganze Sprache, alle Verh&auml;ltnisse werden in Handelsausdr&uuml;cken dargestellt, in &ouml;konomischen Kategorien erkl&auml;rt. Nachfrage und Zufuhr, Begehr und Angebot, supply and demand, das sind die Formeln, nach denen die Logik des Engl&auml;nders das ganze menschliche Leben beurteilt. Daher die frei
<P>Man glaube aber ja nicht, da&szlig; der "gebildete" Engl&auml;nder diese Selbstsucht so offen zur Schau trage. Im Gegenteil, er verdeckt sie mit der schn&ouml;desten Heuchelei. - Wie, die englischen Reichen sollten nicht an die Armen denken, sie, die wohlt&auml;tige Anstalten errichtet haben, wie kein anderes Land sie aufweisen kann? Jawohl, wohlt&auml;tige Anstalten! Als ob dem Proletarier damit gedient w&auml;re, da&szlig; ihr ihn erst bis aufs Blut aussaugt, um nachher eure selbstgef&auml;lligen, pharis&auml;ischen Wohlt&auml;tigkeitskitzel an ihm &uuml;ben zu k&ouml;nnen und vor der Welt als gewaltige Wohlt&auml;ter der Menschheit dazustehen, wenn ihr dem Ausgesogenen den hundertsten Teil dessen wiedergebt, was ihm zukommt! Wohlt&auml;tigkeit, die den, der sie gibt, noch mehr entmenscht als den, der sie nimmt, Wohlt&auml;tigkeit, die den Zertretenen noch tiefer in den Staub tritt, die da verlangt, der entmenschte, aus der Gesellschaft ausgesto&szlig;ene Paria soll erst auf sein Letztes, auf seinen Anspruch an die Menschheit verzichten, soll erst um ihre <EM>Gnade betteln, </EM>ehe sie die Gnade hat, ihm durch ein Almosen den Stempel der Entmenschung auf die Stirne zu dr&uuml;cken! Doch was soll das alles. H&ouml;ren wir die englische Bourgeoisie selbst. Es ist noch kein Jahr, da las ich im "Manchester Guardian" folgenden Brief an den Redakteur, der ohne alle weitere Bemerkung als eine ganz nat&uuml;rliche, vern&uuml;nftige Sache abgedruckt war:</P>
<P><SMALL></P>
<P>Herr Redakteur!</P>
<P>Seit einiger Zeit begegnet man auf den Hauptstra&szlig;en unserer Stadt einer Menge von Bettlern, die teils durch ihre zerlumpte Kleidung und ihr krankes Aussehen, teils durch ekelhafte, offne Wunden und Verst&uuml;mmelungen das Mitleid der Vor&uuml;bergehenden auf eine h&auml;ufig sehr unversch&auml;mte und molestierende Weise rege zu machen suchen. Ich sollte meinen, wenn man nicht nur seine Armensteuer bezahlt, sondern auch reichlich zu den wohlt&auml;tigen Anstalten beitr&auml;gt, so h&auml;tte man doch genug getan, um das Recht zu haben, vor solchen unangenehmen und unversch&auml;mten Behelligungen sichergestellt zu werden, und wof&uuml;r bezahlt man denn eine so hohe Steuer zum Unterhalt der st&auml;dtischen Polizei, wenn diese einen nicht einmal so weit sch&uuml;tzt, da&szlig; man ruhig <STRONG>&lt;489&gt;</STRONG> in die Stadt oder heraus gehn kann? - Ich hoffe, die Ver&ouml;ffentlichung dieser Zeilen in ihrem vielgelesenen Blatt wird die &ouml;ffentliche Gewalt veranlassen, diesen &Uuml;belstand (nuisance) zu beseitigen, und verharre</P>
<P>Ihre ergebene Dienerin</P>
<EM><P>Eine Dame</P>
<P></SMALL></P>
</EM><P>Da habt ihr's! Die englische Bourgeoisie ist wohlt&auml;tig aus Interesse, sie schenkt nichts weg, sie betrachtet ihre Gaben als einen Handel, sie macht mit den Armen ein Gesch&auml;ft und sagt: Wenn ich soviel an wohlt&auml;tige Zwecke verwende, <EM>so erkaufe ich mir dadurch das Recht, </EM>weiter nicht behelligt zu werden, so verpflichtet ihr euch daf&uuml;r, in euren dunklen H&ouml;hlen zu bleiben und nicht durch die offne Darlegung eures Elends meine zarten Nerven anzugreifen! Verzweifeln sollt ihr immerhin, aber ihr sollt im stillen verzweifeln, das bedinge ich mir aus, das erkaufe ich mir mit meiner Subskription von 20 Pfund f&uuml;r das Krankenhaus! 0 &uuml;ber diese infame Wohlt&auml;tigkeit eines christlichen Bourgeois! - Und so schreibt <EM>"eine Dame", </EM>jawohl, Dame, sie tut wohl daran, so zu unterzeichnen, sie hat gl&uuml;cklicherweise nicht mehr den Mut, sich ein <EM>Weib </EM>zu nennen! Wenn aber die "Damen" so sind, wie wird es erst mit "Herren" stehen? Man wird sagen, es sei ein einzelner Fall. Aber nein, der obige Brief dr&uuml;ckt geradezu die Gesinnung der gro&szlig;en Majorit&auml;t der englischen Bourgeoisie aus, sonst h&auml;tte ihn ja auch der Redakteur nicht aufgenommen, sonst w&auml;re ja wohl irgendeine Erwiderung gefolgt, nach der ich mich in den folgenden Nummern vergebens umgesehen habe. Und was die Wirksamkeit des Wohltuns betrifft, so sagt ja der Kanonikus <EM>Parkinson </EM>selbst, da&szlig; die Armen weit mehr von ihresgleichen als von der Bourgeoisie unter unterst&uuml;tzt werden; und so eine Unterst&uuml;tzung von einem braven Proletarier, der selbst wei&szlig;, wie der Hunger tut, f&uuml;r den das Teilen des knappen Mahles ein Opfer ist, das er aber mit Freuden bringt - solch eine Unterst&uuml;tzung hat dann auch einen ganz andern Klang als das hingeworfene Almosen des schwelgenden Bourgeois.</P>
<P>Auch sonst heuchelt die Bourgeoisie eine grenzenlose Humanit&auml;t - aber nur dann, wenn ihr eigenes Interesse es erheischt. So in ihrer Politik und National&ouml;konomie. Sie hat sich nun ins f&uuml;nfte Jahr damit abgequ&auml;lt, den Arbeitern zu beweisen, da&szlig; sie nur im Interesse der Proletarier die Korngesetze abzuschaffen w&uuml;nsche. Das Lange und Breite von dieser Sache ist aber dies: Die Korngesetze, welche den Brotpreis h&ouml;her halten, als dieser in andern L&auml;ndern steht, erh&ouml;hen dadurch auch den Arbeitslohn und erschweren dadurch dem Fabrikanten die Konkurrenz gegen andere L&auml;nder, in denen der Brotpreis und infolgedessen der Lohn niedriger steht. Werden die Korngesetze nun abgeschafft, so f&auml;llt der Brotpreis, und der Arbeitslohn n&auml;hert <STRONG>&lt;490&gt;</STRONG> sich dem der &uuml;brigen zivilisierten L&auml;nder Europas, was jedem nach den oben entwickelten Prinzipien, durch die der Lohn sich reguliert, klar sein wird. Der Fabrikant kann also leichter konkurrieren, die Nachfrage nach englischen Waren w&auml;chst und mit ihr die Nachfrage nach Arbeitern. Infolge dieser vermehrten Nachfrage wird allerdings der Lohn wieder etwas steigen und die brotlosen Arbeiter besch&auml;ftigt werden; aber wie lange dauert das? Die "&uuml;berfl&uuml;ssige Bev&ouml;lkerung" Englands und besonders Irlands reicht hin, um die englische Industrie, selbst wenn sie sich verdoppelte, mit den n&ouml;tigen Arbeitern zu versehen; in wenig Jahren w&uuml;rde der geringe Vorteil der Korngesetzabschaffung wieder ausgeglichen sein, eine neue Krisis erfolgen, und wir waren soweit wie vorher, w&auml;hrend der erste Stimulus in der Industrie auch die Vermehrung der Bev&ouml;lkerung beschleunigen w&uuml;rde. Das alles sehen die Proletarier sehr gut ein und haben es den Bourgeois hundertmal ins Gesicht gesagt; aber trotzdem schreit das Geschlecht der Fabrikanten, das nur den <EM>unmittelbaren </EM>Vorteil, den ihm die Abschaffung der Korngesetze bringen w&uuml;rde, im Auge hat, dies Geschlecht, das borniert genug ist, nicht zu sehen, wie auch ihm kein <EM>dauernder </EM>Vorteil aus dieser Ma&szlig;regel erwachsen kann, indem die Konkurrenz der Fabrikanten unter sich den Gewinn der einzelnen bald auf das alte Niveau zur&uuml;ckbringen w&uuml;rde - trotzdem schreit dies Geschlecht bis heute den Arbeitern vor, nur um ihretwillen geschehe das alles, nur um der verhungernden Millionen willen sch&ouml;ssen die Reichen der liberalen Partei ihre Hunderte und Tausende von Pfunden in die Kasse der Antikorngesetzligue - wo doch jeder wei&szlig;, da&szlig; sie nur mit der Wurst nach dem Schinken werfen, da&szlig; sie darauf rechnen, das alles zehnfach und hundertfach in den ersten Jahren nach Abschaffung der Korngesetze wieder zu verdienen. Aber die Arbeiter lassen sich - und besonders seit der Insurrektion von 1842, nicht mehr durch die Bourgeoisie irref&uuml;hren. Sie verlangen von jedem, der sich f&uuml;r ihr Wohl zu plagen vorgibt, da&szlig; er, als Pr&uuml;fstein der Echtheit seiner Absichten, sich f&uuml;r die Volkscharte erkl&auml;re, und protestieren damit gegen alle fremde H&uuml;lfe, denn in der Charte verlangen sie nur die <EM>Macht, sich selbst </EM>zu helfen. Wer das nicht tut, dem erkl&auml;ren sie mit vollem Rechte den Krieg, sei er offner Feind oder falscher Freund. - &Uuml;brigens hat die Antikorngesetzligue den Arbeitern gegen&uuml;ber die ver&auml;chtlichsten L&uuml;gen und Kniffe gebraucht, um sie zu gewinnen. Sie hat ihnen weismachen wollen, da&szlig; der Geldpreis der Arbeit im umgekehrten Verh&auml;ltnis zum Kornpreise stehe, da&szlig; der Lohn hoch, wenn das Korn niedrig stehe, und umgekehrt - ein Satz, den sie mit den l&auml;cherlichsten Argumenten hat zu beweisen gesucht und der in sich selbst l&auml;cherlicher ist als irgendeine andere aus dem Munde eines &Ouml;konomen geflossene Behauptung. Wenn das nicht half, so hat man den Arbeitern die <STRONG>&lt;491&gt;</STRONG> ungeheuerste Gl&uuml;ckseligkeit infolge des vermehrten Begehrs im Arbeitsmarkt versprochen, ja man hat sich nicht entbl&ouml
<P>Und wenn man die Gleisnerei dieser sch&ouml;nen Versprechungen erst recht erkennen will, so betrachte man die Praxis. Wir haben im Verlauf unserer Berichte gesehen, wie die Bourgeoisie das Proletariat auf alle m&ouml;gliche Weise zu ihren Zwecken ausbeutet. Wir haben bisher indes nur die einzelnen Bourgeois auf ihre eigne Faust das Proletariat mi&szlig;handeln sehen. Gehen wir nun zu den Verh&auml;ltnissen &uuml;ber, in denen die Bourgeoisie als Partei, ja als Staatsmacht gegen das Proletariat auftritt. - Da&szlig; zuerst die ganze Gesetzgebung den Schutz des Besitzenden gegen den Besitzlosen bezweckt, liegt auf der Hand. Nur weil es Besitzlose gibt, sind die Gesetze notwendig; und wenn dies auch nur in wenigen Gesetzen, z.B. gegen das Vagabondieren und die Obdachlosigkeit, worin das Proletariat als solches f&uuml;r gesetzwidrig erkl&auml;rt wird, direkt ausgeprochen ist, so liegt doch die Feindschaft gegen das Proletariat dem Gesetze so sehr zum Grunde, da&szlig; die Richter, besonders die Friedensrichter, die selbst Bourgeois sind und mit denen das Proletariat am meisten in Ber&uuml;hrung kommt, diesen Sinn ohne weiteres im Gesetze finden. Wird ein Reicher vorgef&uuml;hrt oder vielmehr vorgeladen, so bedauert der Richter, da&szlig; er ihm so viel M&uuml;he machen mu&szlig;, wendet die Sache soviel er irgend kann zu seinen Gunsten, und wenn er ihn verurteilen mu&szlig;, so tut es ihm wieder unendlich leid usw., und das Resultat ist eine elende Geldstrafe, die der Bourgeois mit Verachtung auf den Tisch schmei&szlig;t und sich entfernt. Kommt aber ein armer Teufel in den Fall, vor dem Friedensrichter zu erscheinen, so hat er fast immer die Nacht im Arresthause mit einer Menge anderer zugebracht, wird von vornherein als schuldig betrachtet und angeschnauzt, seine Verteidigung mit einem ver&auml;chtlichen: "0, wir kennen diese Ausreden" - beseitigt und ihm eine Strafe auferlegt, die er nicht bezahlen kann und mit einem oder mehreren Monaten auf der Tretm&uuml;hle abb&uuml;&szlig;en mu&szlig;. Und wenn man ihm nichts beweisen kann, so wird er als Schuft und Vagabond (a rogue and a vagabond - die Ausdr&uuml;cke kommen fast immer zusammen vor) dennoch auf die Tretm&uuml;hle geschickt. Die Parteilichkeit der Friedensrichter, besonders auf dem Lande, &uuml;bersteigt wirklich alle Vorstellung, und es ist so an der Tagesordnung, da&szlig; alle nicht zu eklatanten F&auml;lle von den Zeitungen ganz ruhig und ohne weitere Glossen berichtet werden. Es ist aber auch nicht <STRONG>&lt;492&gt;</STRONG> anders zu erwarten. Einerseits legen diese "Dogberries" das Gesetz nur nach dem Sinn aus, der in ihm liegt, und andererseits sind sie ja selbst Bourgeois, die vor allen Dingen im Interesse ihrer Klasse den Grundpfeiler aller wahren Ordnung sehen. Und wie die Friedensrichter, so benimmt sich auch die Polizei. Der Bourgeois kann tun, was er will, gegen ihn ist der Polizeidiener immer h&ouml;flich und h&auml;lt sich streng ans Gesetz; aber der Proletarier wird grob und brutal behandelt, seine Armut wirft schon den Verdacht aller m&ouml;glichen Verbrechen auf ihn und verschlie&szlig;t ihm zugleich das Rechtsmittel gegen alle Willk&uuml;rlichkeiten der Gewalthaber; f&uuml;r ihn existieren deshalb die sch&uuml;tzenden Formen des Gesetzes nicht, ihm dringt die Polizei ohne weiteres ins Haus, verhaftet und mi&szlig;handelt ihn, und blo&szlig; wenn einmal eine Arbeiterassoziation wie die Grubenarbeiter einen Roberts engagieren &lt;(<EM>1892</EM>) engagiert&gt;, blo&szlig; dann kommt es an den Tag, wie wenig die sch&uuml;tzende Seite des Gesetzes f&uuml;r den Proletarier existiert, wie h&auml;ufig er alle Lasten des Gesetzes zu tragen hat, ohne einen seiner Vorteile zu genie&szlig;en.</P>
<P>Bis auf die heutige Stunde k&auml;mpft die besitzende Klasse im Parlament gegen das bessere Gef&uuml;hl der noch nicht ganz der Selbstsucht Verfallenen,&#9;um das Proletariat mehr und mehr zu unterjochen. Ein Gemeindeplatz nach dem andern wird weggenommen und bebaut, wodurch allerdings die Kultur gehoben, aber dem Proletariat viel Schaden getan wird. Wo Gemeindepl&auml;tze existierten, konnte der Arme darauf einen Esel, ein Schwein oder einige G&auml;nse halten, die Kinder und jungen Leute hatten einen Platz, wo sie spielen und sich im Freien herumtreiben konnten; dies h&ouml;rt immer mehr auf, der Verdienst des Armen wird geringer, und das junge Volk, dem sein Spielplatz genommen ist, geht daf&uuml;r in die Kneipen. Eine Menge solcher Parlamentsakten zur Urbarmachung von Gemeindepl&auml;tzen gehen in jeder Session durch.-&#9;Als die Regierung in der Session von 1844 sich entschlo&szlig;, die allen Verkehr monopolisierenden Eisenbahngesellschaften zu zwingen, auch den Arbeitern das Reisen gegen ein ihren Umst&auml;nden angemessenes Fahrgeld (1 Penny die Meile, etwa 5 Silbergroschen die deutsche Meile) m&ouml;glich zu machen, und deshalb vorschlug, da&szlig; t&auml;glich ein solcher Zug dritter Klasse auf jeder Eisenbahn eingef&uuml;hrt werde, schlug der "ehrw&uuml;rdige Vater in Gott", der Bischof von London, vor, da&szlig; der Sonntag, der einzige Tag, an dem besch&auml;ftigte Arbeiter &uuml;berhaupt reisen k&ouml;nnen, von diesem Zwang ausgenommen und so das&#9;Reisen am Sonntag nur den Reichen, nicht aber den Armen gestattet werde. Dieser Vorschlag war indes zu geradeaus, zu unverhohlen, als da&szlig; er h&auml;tte&#9;durchgehen k&ouml;nnen, und man lie&szlig; ihn fallen. - Ich habe nicht Raum genug, <STRONG>&lt;493&gt;</STRONG> um die vielen versteckten Angriffe auf das Proletariat, auch nur einer einzigen Session, aufzuz&auml;hlen. Nur noch einen aus derselben Session von 1844. Ein ganz obskures Parlamentsglied &lt;(1892) Parlamentsmitglied&gt; ein Herr Miles, schlug eine Bill zur Regulierung des Verh&auml;ltnisses von Herren und Dienern vor, die ziemlich unscheinbar aussah. Die Regierung nahm sich der Bill an, und sie wurde einem Komitee &uuml;bergeben. Inzwischen brach der Turnout der Grubenarbeiter im Norden aus, und Roberts hielt seine Triumphz&uuml;ge durch England mit seinen freigesprochenen Arbeitern. Als nun die Bill aus dem Komitee kam, fand sich, da&szlig; einige h&ouml;chst despotische Klauseln eingeschaltet waren, besonders eine, durch die dem Brotherrn die Macht gegeben wurde, jeden Arbeiter, der mit ihm m&uuml;ndlich oder schriftlich irgendeine beliebige Arbeit, wenn auch nur eine gelegentliche Handreichung kontrahiert hatte, im Falle von Dienstverweigerung oder <EM>sonstigem ungeziemendem Betragen </EM>(misbehaviour) vor irgendeinen beliebigen (any) Friedensrichter zu schleppen und auf seinen oder seiner Agenten und Aufseher Eid hin - also auf den Eid des Kl&auml;gers - zu Gef&auml;ngnis und Zwangsarbeit bis zu zwei Monaten verurteilen zu lassen. Diese Bill regte die Arbeiter bis zur h&ouml;chsten Wut auf, um so mehr als die Zehnstundenbill zu gleicher Zeit vor dem Parlament war und bedeutende Agitation hervorgebracht hatte. Hunderte von Versammlungen wurden gehalten, Hunderte von Arbeiterpetitionen nach London an den Sachwalter des Proletariats im Parlament, Thomas <EM>Duncombe</EM>, geschickt. Dieser war, au&szlig;er dem "jungen Engl&auml;nder" Ferrand, der einzige energische Opponent, aber als die &uuml;brigen Radikalen sahen, da&szlig; das Volk sich gegen die Bill erkl&auml;rte, kroch einer nach dem andern hervor und stellte sich Duncombe zur Seite, und da auch die liberale Bourgeoisie bei der Aufregung der Arbeiter nicht den Mut hatte, sich f&uuml;r die Bill auszusprechen, da &uuml;berhaupt niemand sich dem Volke gegen&uuml;ber lebhaft f&uuml;r sie interessierte, so fiel sie gl&auml;nzend durch.</P>
<P>Die offenste Kriegserkl&auml;rung der Bourgeoisie gegen das Proletariat ist indes die <EM>Malthussche Theorie der Population </EM>und das aus ihr entstandene <EM>neue Armengesetz</EM>. Von der Malthusschen Theorie ist schon mehrere Male die Rede gewesen. Wiederholen wir kurz ihr Hauptresultat, da&szlig; die Erde stets &uuml;berv&ouml;lkert sei und daher stets Not, Elend, Armut und Unsittlichkeit herrschen m&uuml;sse; da&szlig; es das Los und die ewige Bestimmung der Menschheit sei, in zu gro&szlig;er Zahl und daher in verschiedenen Klassen zu existieren, von denen die einen mehr oder weniger reich, gebildet, moralisch und die andern mehr oder weniger arm, elend, unwissend und unsittlich seien. Hieraus folgt <STRONG>&lt;494&gt;</STRONG> denn f&uuml;r die Praxis - und diese Schl&uuml;sse zieht Malthus selbst -, da&szlig; Wohltaten und Armenkassen eigentlich Unsinn seien, da sie nur dazu dienen, die &uuml;berz&auml;hlige Bev&ouml;lkerung, deren Konkurrenz den Lohn der andern dr&uuml;cke, aufrechtzuerhalten und zur Vermehrung anzureizen; da&szlig; die Besch&auml;ftigung von Armen durch die Armenverwaltung ebenso unsinnig sei, indem, da doch nur eine bestimmte Quantit&auml;t von Arbeitserzeugnissen verbraucht werden k&ouml;nne, f&uuml;r jeden brotlosen Arbeiter, der besch&auml;ftigt wird, ein anderer bisher besch&auml;ftigter brotlos werden mu&szlig; und so die Privatindustrie auf Kosten der Armenverwaltungs-Industrie Schaden leidet; da&szlig; es sich also nicht darum handelt, die &uuml;berz&auml;hlige Bev&ouml;lkerung zu ern&auml;hren, sondern sie auf die eine oder die andere Weise m&ouml;glichst zu beschr&auml;nken. Malthus erkl&auml;rt mit d&uuml;rren Worten das bisher behauptete Recht jedes Menschen, der in der Welt existiere, auf seine Existenzmittel f&uuml;r baren Unsinn. Er zitiert die Worte eines Dichters: Der Arme kommt zum festlichen Tisch der Natur und findet kein leeres Gedeck f&uuml;r sich - und setzt hinzu - und die Natur befiehlt ihm, sich zu packen (she bids him to be gone) - "denn er hat ja vor seiner Geburt die Gesellschaft nicht erst gefragt, ob sie ihn haben wolle". Diese Theorie ist jetzt die Leibtheorie aller echten englischen Bourgeois, und zwar ganz nat&uuml;rlich, da sie f&uuml;r diese das bequemste Faulbett ist und ohnehin f&uuml;r die bestehenden Verh&auml;ltnisse viel Richtiges hat. Wenn es sich also nicht mehr darum handelt, die "&uuml;berz&auml;hlige Bev&ouml;lkerung" nutzbar zu machen, in <EM>brauchbare </EM>Bev&ouml;lkerung zu verwandeln, sondern blo&szlig; darum, die Leute auf m&ouml;glichst leichte Weise verhungern zu lassen und sie zugleich daran zu hindern, da&szlig; sie zuviel Kinder in die Welt setzen, so ist das nat&uuml;rlich Kleinigkeit - vorausgesetzt, da&szlig; die &uuml;berfl&uuml;ssige Bev&ouml;lkerung ihre eigne &Uuml;berfl&uuml;ssigkeit einsieht und den Hungertod sich wohlschmecken l&auml;&szlig;t. Dazu ist aber, trotz der angestrengtesten Bem&uuml;hungen der humanen Bourgeoisie, den Arbeitern dies beizubringen, vorderhand noch keine Aussicht. Die Proletarier haben sich vielmehr in den Kopf gesetzt, da&szlig; sie mit ihren flei&szlig;igen H&auml;nden gerade die N&ouml;tigen, und die reichen Herren Kapitalisten, die nichts tun, eigentlich die &Uuml;berfl&uuml;ssigen seien.</P>
<P>Da aber die Reichen noch die Macht besitzen, so m&uuml;ssen sich die Proletarier gefallen lassen, da&szlig; sie, falls sie selbst es nicht gutwillig einsehen wollen, vom Gesetz f&uuml;r wirklich &uuml;berfl&uuml;ssig erkl&auml;rt werden. Dies ist im neuen Armengesetz geschehen. Das alte Armengesetz, das auf der Akte vom Jahre 1601 (<EM>43rd </EM>of Elizabeth)&lt;(43. Jahr der Regierung Elisabeths)&gt; beruht, ging naiverweise noch von dem Prinzip aus, da&szlig; es die Pflicht der Gemeinde sei, f&uuml;r den Lebensunterhalt der Armen <STRONG>&lt;495&gt;</STRONG> zu sorgen. Wer keine Arbeit hatte, erhielt Unterst&uuml;tzung, und der Arme sah auf die Dauer, wie billig, die Gemeinde f&uuml;r verpflichtet an, ihn vor dem Verhungern zu sch&uuml;tzen. Er forderte seine w&ouml;chentliche Unterst&uuml;tzung als ein Recht, nicht als eine Gnade, und das wurde zuletzt der Bourgeoisie doch zu arg. 1833, als sie eben durch die Reformbill an die Herrschaft und zugleich der Pauperismus der Landdistrikte zur vollen Entfaltung gekommen war, begann sie sogleich die Reform auch der Armengesetze von ihrem Standpunkte aus. Eine Kommission wurde ernannt, die die Verwaltung der Armengesetze untersuchte und eine gro&szlig;e Menge Mi&szlig;brauche entdeckte. Man fand die ganze Arbeiterklasse des platten Landes pauperisiert und ganz oder teilweise von der Armenkasse abh&auml;ngig, da diese, wenn der Lohn niedrig stand, den Armen einen Zusatz gab; man fand, da&szlig; dies System, wodurch der Arbeitslose erhalten, der Schlechtbezahlte und mit vielen Kindern Gesegnete unterst&uuml;tzt, der Vater unehelicher Kinder zur Alimentation angehalten und die Armut &uuml;berhaupt als des Schutzes bed&uuml;rftig anerkannt wurde - man fand, da&szlig; dies System das Land ruiniere,</P>
<P><SMALL></P>
<P>"ein Hemmnis der Industrie, eine Belohnung f&uuml;r un&uuml;berlegte Heiraten, ein Stimulus zur Vermehrung der Bev&ouml;lkerung sei und den Einflu&szlig; einer vermehrten Volkszahl auf den Arbeitslohn unterdr&uuml;cke; da&szlig; es eine Nationaleinrichtung sei, um die Flei&szlig;igen und Ehrlichen zu entmutigen und die Tr&auml;gen, Lasterhaften und &Uuml;berlegungslosen zu st&uuml;tzen; da&szlig; es die Bande der Familie zerst&ouml;re, die Anh&auml;ufung von Kapitalien systematisch verhindre, das existierende Kapital aufl&ouml;se und die Steuerzahlenden ruiniere; und obendrein setze es in der Alimentation eine Pr&auml;mie auf uneheliche Kinder. (Worte des Berichts der Armengesetzkommiss&auml;re.) </SMALL><A HREF="me02_486.htm#O2"><A NAME="Z2">(2)</A></A></P>
<P>Diese Schilderung der Wirkungen des alten Armengesetzes ist im ganzen gewi&szlig;&#9;richtig; die Unterst&uuml;tzung beg&uuml;nstigt die Tr&auml;gheit und die Vermehrung der "&uuml;berfl&uuml;ssigen" Bev&ouml;lkerung. Unter den jetzigen sozialen Verh&auml;ltnissen ist es ganz klar, da&szlig; der Arme gezwungen wird, Egoist zu sein, und wenn er die Wahl hat und gleich gut lebt, lieber nichts tut als arbeitet. Daraus folgt aber nur, da&szlig; die jetzigen sozialen Verh&auml;ltnisse nichts taugen, nicht aber, da&szlig; wie die malthusianischen Kommiss&auml;re folgerten - die Armut als ein Verbrechen nach der Abschreckungstheorie zu behandeln sei.</P>
<P>Diese weisen Malthusianer waren aber so fest von der Unfehlbarkeit ihrer Theorie &uuml;berzeugt, da&szlig; sie keinen Augenblick Anstand nahmen, die <STRONG>&lt;496&gt;</STRONG> Armen in das Prokrustesbett ihrer Meinungen zu werfen und sie nach diesen mit der emp&ouml;rendsten H&auml;rte zu behandeln. Mit Malthus und den &uuml;brigen Anh&auml;ngern der freien Konkurrenz &uuml;berzeugt, da&szlig; es am besten sei, jeden f&uuml;r sich selbst sorgen zu lassen, das laissez-faire konsequent durchzuf&uuml;hren, h&auml;tten sie die Armengesetze am liebsten ganz abgeschafft. Da sie hierzu indes doch weder Mut noch Autorit&auml;t hatten, schlugen sie ein m&ouml;glichst malthusianisches Armengesetz vor, das noch barbarischer ist als das laissez-faire, weil es da aktiv eintritt, wo dies nur passiv ist. Wir sahen, wie Malthus die Armut, genauer die Brotlosigkeit unter dem Namen der &Uuml;berfl&uuml;ssigkeit f&uuml;r ein Verbrechen erkl&auml;rt, das die Gesellschaft mit dem Hungertode bestrafen soll. So barbarisch waren die Kommissare nun gerade nicht; der krasse, direkte Hungertod hat selbst f&uuml;r einen Armengesetzkommiss&auml;r etwas zu Schreckliches. Gut, sagten sie, ihr Armen habt das Recht, zu existieren, aber auch <EM>nur </EM>zu existieren; das Recht, euch zu vermehren aber habt ihr nicht, ebensowenig wie das Recht, <EM>menschlich </EM>zu existieren. Ihr seid eine Landplage, und wenn wir euch nicht wie jede andere Landplage sofort beseitigen k&ouml;nnen, so sollt ihr doch f&uuml;hlen, da&szlig; ihr eine solche seid und wenigstens im Zaume gehalten, au&szlig;erstand gesetzt werden m&uuml;&szlig;t, andere "&Uuml;berfl&uuml;ssige", direkt oder durch Verf&uuml;hrung zur Tr&auml;gheit und Brotlosigkeit, zu produzieren. Leben sollt ihr, aber leben zum warnenden Exempel allen denen, die Veranlassung haben k&ouml;nnten, auch &uuml;berfl&uuml;ssig zu werden.</P>
<P>Sie schlugen nun das neue Armengesetz vor, das 1834 durch das Parlament ging und bis heute in Kraft besteht. Alle Unterst&uuml;tzung in Geld oder Lebensmitteln wurde abgeschafft; die einzige Unterst&uuml;tzung, welche gew&auml;hrt wurde, war die Aufnahme in die &uuml;berall sofort erbauten Arbeitsh&auml;user. Die Einrichtung dieser Arbeitsh&auml;user (workhouses), oder, wie das Volk sie nennt, Armengesetz-Bastillen (poor-law bastiles), ist aber derart, da&szlig; sie jeden abschrecken mu&szlig;, der noch irgendwie Aussicht hat, sich ohne diese Art der &ouml;ffentlichen Mildt&auml;tigkeit durchzuschlagen. Damit die Armenkasse nur in den dringendsten F&auml;llen beansprucht und die eignen Anstrengungen eines jeden auf den h&ouml;chsten Grad gesteigert werden, ehe er sich entschlie&szlig;t, sich von ihr unterst&uuml;tzen zu lassen, ist das Arbeitshaus zum zur&uuml;cksto&szlig;endsten Aufenthalt gemacht, den das raffinierte Talent eines Malthusianers erfinden kann. Die Nahrung ist schlechter als die der &auml;rmsten besch&auml;ftigten Arbeiter, w&auml;hrend die Arbeit schwerer ist; sonst wurden diese ja den Aufenthalt im Armenhause ihrer j&auml;mmerlichen Existenz drau&szlig;en vorziehen. Fleisch, besonders frisches, wird selten gereicht, meist Kartoffeln, m&ouml;glichst schlechtes Brot und Hafermehlbrei, wenig oder gar kein Bier. Selbst die Di&auml;t der Gef&auml;ngnisse ist durchg&auml;ngig besser, so da&szlig; die Bewohner <STRONG>&lt;497&gt;</STRONG> Arbeitshauses h&auml;ufig irgendein Vergehen absichtlich sich zuschulden kommen lassen, um nur ins Gef&auml;ngnis zu kommen. Denn auch das Arbeitshaus ist ein Gef&auml;ngnis; wer sein Quantum Arbeit nicht tut, bekommt nichts zu essen, wer herausgehen will, mu&szlig; erst um Erlaubnis bitten, die ihm je nach seinem Betragen oder der Meinung, die der Inspektor davon hat, verweigert werden kann; Tabak ist verboten, ebenso die Annahme von Geschenken von Freunden und Verwandten au&szlig;erhalb des Hauses; die Paupers tragen eine Arbeitshaus-Uniform und sind der Willk&uuml;r des Inspektors ohne Schutz &uuml;berliefert. Damit ihre Arbeit nicht etwa mit der Privatindustrie konkurriere, gibt man ihnen meist ziemlich nutzlose Besch&auml;ftigungen; die M&auml;nner klopfen Steine, "soviel ein starker Mann mit Anstrengung in einem Tage tun kann", die Weiber, Kinder und Greise zupfen alte Schiffstaue, ich habe vergessen, zu welchem unbedeutenden Zweck. Damit die "&Uuml;berfl&uuml;ssigen" sich nicht mehren, oder die "demoralisierten" Eltern nicht auf ihre Kinder wirken k&ouml;nnen, werden die Familien getrennt; der Mann wird in diesen Fl&uuml;gel, die Frau in jenen, die Kinder in einen dritten geschickt, und sie d&uuml;rfen einander nur zu bestimmten, selten wiederkehrenden Zeiten sehen, und auch dann nur, wenn sie sich nach der Meinung der Beamten gut betragen haben. Und um den Ansteckungsstoff des Pauperismus vollst&auml;ndig in diesen Bastillen vor der Au&szlig;enwelt abzuschlie&szlig;en, d&uuml;rfen die Bewohner derselben nur mit Bewilligung der Beamten Besuch im Sprechzimmer annehmen, &uuml;berhaupt nur unter ihrer Aufsicht oder Erlaubnis mit Leuten au&szlig;erhalb verkehren.</P>
<P>Bei alledem soll die Kost gesund, die Behandlung menschlich sein. Aber der Geist des Gesetzes spricht zu laut, als da&szlig; diese Forderung irgendwie erf&uuml;llt werden k&ouml;nne. Die Armengesetzkommiss&auml;re und die ganze englische Bourgeoisie t&auml;uscht sich, wenn sie die Durchf&uuml;hrung des Prinzips ohne die der Konsequenzen f&uuml;r m&ouml;glich h&auml;lt. Die Behandlung, die das neue Gesetz dem Buchstaben nach vorschreibt, steht mit dem ganzen Sinn desselben im Widerspruch; wenn das Gesetz der Sache nach die Armen f&uuml;r Verbrecher, die Armenh&auml;user f&uuml;r Strafgef&auml;ngnisse, ihre Bewohner f&uuml;r au&szlig;er dem Gesetz, au&szlig;er der Menschheit stehende Gegenst&auml;nde des Ekels und Abscheus erkl&auml;rt, so hilft alles Befehlen des Gegenteils gar nichts. In der Praxis wird denn auch der Geist und nicht der Buchstabe des Gesetzes bei der Behandlung der Armen befolgt. Hier einige wenige Beispiele.</P>
<P>Im Arbeitshause zu <EM>Greenwich </EM>wurde im Sommer 1843 ein f&uuml;nfj&auml;hriger Knabe drei N&auml;chte zur Strafe in die Totenkammer gesperrt, wo er auf den Deckeln der S&auml;rge schlafen mu&szlig;te. - Im Arbeitshause zu <EM>Herne </EM>geschah dasselbe mit einem kleinen M&auml;dchen, das w&auml;hrend der Nacht das Bett nicht <STRONG>&lt;498&gt;</STRONG> trocken hielt; diese Art Strafe scheint &uuml;berhaupt sehr beliebt zu sein. Dies Arbeitshaus, das in einer der sch&ouml;nsten Gegenden von Kent liegt, zeichnet sich auch dadurch aus, da&szlig; alle Fenster nach innen, nach dem Hofe zu gehen und blo&szlig; zwei neugebrochene den Bewohnern desselben einen Blick in die Au&szlig;enwelt gestatten. Der Schriftsteller, der dies im "Illuminated Magazine" erz&auml;hlt, schlie&szlig;t seine Schilderung mit den Worten:</P>
<P><SMALL></P>
<P>"Wenn Gott den Menschen f&uuml;r Verbrechen so bestraft, wie der Mensch den Menschen straft f&uuml;r die Armut, dann wehe den S&ouml;hnen Adams!"</P>
<P></SMALL></P>
<P>Im November 1843 starb zu Leicester ein Mann, der zwei Tage vorher aus dem Arbeitshause zu <EM>Coventry </EM>entlassen worden war. Die Details &uuml;ber die Behandlung der Armen in dieser Anstalt sind emp&ouml;rend. Der Mann, George Robson, hatte eine Wunde an der Schulter, deren Kur g&auml;nzlich vernachl&auml;ssigt wurde; er wurde an die Pumpe gestellt, um sie mit dem gesunden Arm in Bewegung zu setzen; dabei bekam er nur die gew&ouml;hnliche Armenhauskost, die er wegen der Schw&auml;chung seines K&ouml;rpers durch die unbeachtete Wunde nicht verdauen konnte; er wurde notwendig schw&auml;cher, und je mehr er klagte, desto brutaler wurde die Behandlung. - Wenn seine Frau, die auch im Arbeitshause war, ihm ihr bi&szlig;chen Bier bringen wollte, so wurde sie gescholten und mu&szlig;te es in Gegenwart der Aufseherin austrinken. Er wurde krank, aber auch dann keine bessere Behandlung. Zuletzt wurde er auf sein Begehren mit seiner Frau unter dem Geleite der beleidigendsten Ausdr&uuml;cke entlassen. Zwei Tage darauf starb er in Leicester, wie der bei der Totenschau gegenw&auml;rtige Arzt erkl&auml;rte, infolge der vernachl&auml;ssigten Wunde und der f&uuml;r seinen Zustand schlechterdings unverdaulichen Kost. Bei seiner Entlassung wurden ihm Briefe eingeh&auml;ndigt, in denen Geld f&uuml;r ihn war, die sechs Wochen lang zur&uuml;ckgehalten und nach einer Regel des Etablissements vom Vorsteher er&ouml;ffnet worden waren! - Im Arbeitshause zu <EM>Birmingham </EM>fielen so sch&auml;ndliche Dinge vor, da&szlig; endlich im Dezember 1843 ein Beamter abgeschickt wurde, um die Sache zu untersuchen. Er fand, da&szlig; vier Trampers (wir haben oben eine Erkl&auml;rung dieses Ausdrucks gehabt) in ein Hundeloch (black-hole) unter der Treppe nackend eingesperrt und 8 bis 10 Tage in diesem Zustande gehalten worden waren, oft hungrig, ohne vor Mittag etwas zu essen zu erhalten, und in der strengsten Jahreszeit. Ein kleiner Junge war durch s&auml;mtliche Strafgef&auml;ngnisse der Anstalt geschickt worden, zuerst in eine feuchte, gew&ouml;lbte, enge Rumpelkammer, dann zweimal ins Hundeloch, das zweite Mal drei Tage und drei N&auml;chte, dann ebensolange ins alte Hundeloch, was noch schlechter war, dann ins Trampzimmer, ein stinkendes, ekelhaft schmutziges, enges Loch mit h&ouml;lzernen Schlafpritschen, wo der <STRONG>&lt;499&gt;</STRONG> Beamte bei seiner Revision noch zwei zerlumpte, vor K&auml;lte zusammengekrochene Knaben fand, die bereits vier Tage dort gesessen hatten. Im Hundeloch sa&szlig;en oft sieben und im Trampzimmer oft zwanzig Trampers zusammengepfropft.. Auch Weiber waren zur Strafe, weil sie nicht in die Kirche gehen wollten, ins Hundeloch gesteckt, und eine war sogar vier Tage ins Trampzimmer gesperrt worden, wo sie Gott wei&szlig; was f&uuml;r Gesellschaft fand, und alles das, w&auml;hrend sie krank war und Medizin einnahm! Ein anderes Weib war zur Strafe ins Tollhaus geschickt worden, obwohl sie vollkommen bei Verstande war. - Im Arbeitshause zu <EM>Bacton </EM>in Suffolk war im Januar 1844 eine &auml;hnliche Untersuchung, woraus hervorging, da&szlig; hier eine Bl&ouml;dsinnige als Krankenw&auml;rterin angestellt war und allerlei verkehrtes Zeug mit den Kranken trieb, und da&szlig; Kranke, die nachts oft unruhig waren oder aufstanden, mit &uuml;ber dem Bettzeug und unter dem Bette her gef&uuml;hrten Stricken festgebunden. wurden, um den W&auml;rterinnen die M&uuml;he des Aufbleibens zu ersparen - ein Kranker wurde in diesem Zustande tot gefunden &lt;(<EM>1892</EM>) aufgefunden&gt;. Im Armenhause von St. <EM>Pancras</EM>, London, wo die billigen Hemden verfertigt werden, erstickte ein Epileptischer w&auml;hrend eines Anfalls im Bette, ohne da&szlig; ihm jemand zu H&uuml;lfe gekommen w&auml;re. In demselben Hause schlafen vier bis sechs, ja zuweilen acht Kinder in einem Bette. - Im <EM>Shoreditch</EM>-Arbeitshause in London wurde ein Mann eine Nacht mit einem Kranken, der im heftigsten Fieber lag, in ein Bett gesteckt, und das Bett war noch dazu voll Ungeziefer. - Im Arbeitshause zu <EM>Bethnal Green</EM>, London, wurde ei
<P>Wie im Leben, so im Tode. Die Armen werden auf die r&uuml;cksichtsloseste Weise, wie krepiertes Vieh, verscharrt. Der Armenkirchhof von <EM>St. Bride</EM>, London, ist ein nackter Morast, der seit Karl II. zum Kirchhof benutzt wird, voll Knochenhaufen; jeden Mittwoch werden die verstorbenen Paupers in ein 14 Fu&szlig; tiefes Loch geworfen, der Pfaff rasselt eiligst seine Litanei ab, das Loch wird lose verscharrt, um n&auml;chsten Mittwoch wieder ge&ouml;ffnet und solange mit Leichen gef&uuml;llt zu werden, bis keine mehr hineingeht. Der Verwesungsgeruch davon verpestet die ganze Nachbarschaft. - In Manchester liegt der Armenkirchhof der Altstadt gegen&uuml;ber am Irk, ebenfalls ein w&uuml;ster, unebener Platz,. Vor etwa zwei Jahren wurde eine Eisenbahn durchgef&uuml;hrt. W&auml;re es ein respektabler Kirchhof gewesen, wie w&uuml;rde die Bourgeoisie wie die Geistlichkeit Zeter &uuml;ber Entheiligung geschrien haben! Aber es war ein Armenkirchhof, es war die Ruhest&auml;tte von Paupers und &Uuml;berfl&uuml;ssigen, und so genierte man sich durchaus nicht. Man nahm sich nicht einmal die M&uuml;he, die noch nicht ganz verwesten Leichen auf die andere Seite des Kirchhofs zu bringen, man scharrte auf, wie es gerade diente, und schlug Pf&auml;hle in frische Gr&auml;ber, so da&szlig; das mit verwesenden Stoffen geschw&auml;ngerte Wasser des sumpfigen Bodens oben herausquoll und die Umgebung mit den widerlichsten und sch&auml;dlichsten Gasen erf&uuml;llte. Ich mag die ekelhafte Roheit, die hier an den Tag kam, nicht weiter in ihren Details schildern.</P>
<P>Wird man sich noch wundern, da&szlig; die Armen sich noch weigern, die <STRONG>&lt;501&gt;</STRONG> &ouml;ffentliche Unterst&uuml;tzung unter diesen Bedingungen anzunehmen? da&szlig; sie lieber verhungern als in diese Bastillen gehen? Mir liegen f&uuml;nf F&auml;lle vor, wo die Leute wirklich und geradezu verhungerten und noch wenige Tage vor ihrem Tode, als ihnen die Armenverwaltung die Unterst&uuml;tzung au&szlig;er dem Arbeitshause abschlug, lieber in ihre Not zur&uuml;ck als in diese H&ouml;lle gingen. Insofern haben die Armengesetzkommiss&auml;re ihren Zweck vollkommen erreicht. Aber zu gleicher Zeit haben die Arbeitsh&auml;user auch die Erbitterung der arbeitenden Klasse gegen die besitzende, die zum gr&ouml;&szlig;ten Teil f&uuml;r das neue Armengesetz schw&auml;rmt, h&ouml;her gesteigert als irgendeine Ma&szlig;regel der machthabenden Partei. Von Newcastle bis Dover ist unter den Arbeitern nur <EM>eine </EM>Stimme der Emp&ouml;rung &uuml;ber das neue Gesetz. Die Bourgeoisie hat in ihm ihre Meinung &uuml;ber ihre Pflichten gegen das Proletariat so deutlich ausgesprochen, da&szlig; sie auch von den D&uuml;mmsten verstanden wurde. So geradezu, so unverhohlen war es noch nie behauptet worden, da&szlig; die Besitzlosen nur da sind, um sich von den Besitzenden ausbeuten zu lassen und um zu verhungern, wenn die Besitzenden von ihnen keinen Gebrauch machen k&ouml;nnen. Darum aber hat dies neue Armengesetz auch so wesentlich zur Beschleunigung der Arbeiterbewegung und namentlich zur Verbreitung des Chartismus beigetragen, und da es auf dem Lande am meisten in Ausf&uuml;hrung gekommen ist, so erleichtert es die Entwicklung der proletarischen Bewegung, die den Landdistrikten bevorsteht.</P>
<P>F&uuml;gen wir noch hinzu, da&szlig; auch in <EM>Irland </EM>seit 1838 ein gleiches Armengesetz besteht, das f&uuml;r 80 000 Paupers dieselben Asyle vorbereitet. Auch hier hat es sich verha&szlig;t gemacht und w&uuml;rde sich noch verha&szlig;ter gemacht haben, wenn es irgendwie zu der Wichtigkeit h&auml;tte kommen k&ouml;nnen, die es in England erreichte. Aber was bedeutet die schlechte Behandlung von 80 000 Proletariern in einem Lande, wo es ihrer dritthalb Millionen gibt! - In Schottland existieren, mit lokalen Ausnahmen, gar keine Armengesetze.</P>
<P>Ich hoffe, nach dieser Schilderung des neuen Armengesetzes und seiner Wirkungen wird man kein Wort zu hart finden, was ich von der englischen Bourgeoisie gesagt habe. In dieser &ouml;ffentlichen Ma&szlig;regel, wo sie in corpore als Macht auftritt, spricht sie es aus, was sie eigentlich will, was sie mit all den kleineren, dem Scheine nach nur auf einzelne Tadel werfenden Handlungen gegen das Proletariat meint. Und da&szlig; diese Ma&szlig;regel nicht nur von einer Sektion der Bourgeoisie ausging, sondern den Beifall der ganzen Klasse genie&szlig;t, das beweisen unter andern die Parlamentsdebatten von 1844. Die liberale Partei hatte das neue Armengesetz erlassen, die konservative, <STRONG>&lt;502&gt;</STRONG> ihren Minister Peel an der Spitze, verteidigt sie und &auml;ndert nur einige Lumpereien daran in der Poor-Law-<EM>Amendment</EM>-Bill &lt;Armengesetz-<EM>Novelle</EM>&gt; von 1844. Eine liberale Majorit&auml;t gab, eine konservative best&auml;tigte das Gesetz, und die edlen Lords gaben ihr "Content" &lt;"Einverst&auml;ndnis"&gt; beide Male. So ist die Aussto&szlig;ung des Proletariats aus Staat und Gesellschaft ausgesprochen; so ist es offen erkl&auml;rt, da&szlig; die Proletarier keine Menschen sind und nicht als Menschen behandelt zu werden verdienen. &Uuml;berlassen wir es ruhig den Proletariern des britischen Reichs, sich ihre Menschenrechte wiederzuerobern.<A HREF="me02_486.htm#O3"><A NAME="Z3">(3)</A></A></P>
<P>Das ist die Lage der britischen Arbeiterklasse, wie ich sie w&auml;hrend einundzwanzig Monaten durch meine eignen Augen und durch offizielle und sonstige authentische Berichte kennengelernt habe. Und wenn ich diese Lage, wie ich auf den vorstehenden Seiten oft genug ausgesprochen habe, f&uuml;r eine schlechterdings unertr&auml;gliche halte, so bin ich nicht der einzige, der das tut. Schon Gaskell erkl&auml;rt 1833, da&szlig; er an einem friedlichen Ausgange <STRONG>&lt;503&gt;</STRONG> verzweifelt und da&szlig; eine Revolution schwerlich ausbleiben k&ouml;nne. Carlyle erkl&auml;rt 1838 den Chartismus und das revolution&auml;re Treiben der Arbeiter aus dem Elend, in dem sie leben, und wundert sich nur, da&szlig; diese so ruhig acht lange Jahre am Tisch des Barmekiden gesessen haben, wo sie von der liberalen Bourgeoisie mit leeren Versprechungen gespeist wurden - und 1844 erkl&auml;rt er, da&szlig; die Organisation der Arbeit sogleich in Angriff' genommen werden m&uuml;sse,</P>
<P><SMALL></P>
<P>"wenn Europa, wenigstens England, noch lange bewohnbar bleiben solle".</P>
<P></SMALL></P>
<P>Und die <EM>"Times", </EM>das "erste Journal Europas", sagt im Juni 1844 geradezu:</P>
<P><SMALL></P>
<EM><P>"Krieg den Pal&auml;sten, Friede den H&uuml;tten, das ist ein Schlachtruf des Schreckens, der noch einmal durch unser Land ert&ouml;nen mag. M&ouml;gen die Reichen sich in acht nehmen!" ,</P>
<P></SMALL></P>
</EM><P>Nehmen wir indes noch einmal die Chancen der englischen Bourgeoisie vor. Im schlimmsten Fall gelingt es der ausl&auml;ndischen, besonders der amerikanischen Industrie, die englische Konkurrenz auch nach der, in wenig Jahren n&ouml;tigen, Abschaffung der Korngesetze aushalten zu k&ouml;nnen. Die deutsche Industrie macht jetzt gro&szlig;e Anstrengungen, die amerikanische hat sich mit Riesenschritten entwickelt. Amerika mit seinen unersch&ouml;pflichen H&uuml;lfsmitteln, mit den unerme&szlig;lichsten Kohlen- und Eisenlagern, mit einem beispiellosen Reichtum an Wasserkraft und schiffbaren Fl&uuml;ssen, besonders aber mit seiner energischen, t&auml;tigen Bev&ouml;lkerung, gegen welche die Engl&auml;nder noch phlegmatische Schlafm&uuml;tzen sind, Amerika hat in weniger als zehn Jahren eine Industrie geschaffen, welche in gr&ouml;beren Baumwollenwaren (dem Hauptartikel der englischen Industrie) schon jetzt mit England konkurriert, die Engl&auml;nder aus dem nord- und s&uuml;damerikanischen Markt verdr&auml;ngt hat und in China neben der englischen verkauft wird. In andern Industriezweigen geht es ebenso. Ist ein Land dazu begabt, das industrielle Monopol an sich zu rei&szlig;en, so ist es Amerika. Wird also auf diese Weise die englische Industrie geschlagen - wie dies in den n&auml;chsten zwanzig Jahren, wenn die jetzigen sozialen Zust&auml;nde bleiben, wohl nicht anders geschehen kann, so wird die Majorit&auml;t des Proletariats auf immer "&uuml;berfl&uuml;ssig" und hat keine andre Wahl als zu verhungern oder - zu revolutionieren. Denkt die englische Bourgeoisie an diese Chance? Im Gegenteil, ihr liebster &Ouml;konom, MacCulloch, doziert ihr aus seiner Studierstube heraus: Es ist gar nicht daran zu denken, da&szlig; so ein junges Land wie Amerika, das noch gar nicht ordentlich bev&ouml;lkert ist, mit Erfolg Industrie treiben oder gar gegen ein altes industrielles Land wie England konkurrieren k&ouml;nne. Es w&auml;re wahnsinnig von den Amerikanern, wenn sie das versuchen wollten, denn sie <STRONG>&lt;504&gt;</STRONG> k&ouml;nnen nur Geld dabei verlieren, la&szlig;t sie h&uuml;bsch beim Ackerbau bleiben, und wenn sie erst das ganze Land bebaut haben, dann wird die Zeit auch&#9;wohl kommen, wo sie mit Vorteil Industrie treiben k&ouml;nnen. - Und das sagt der weise &Ouml;konom, und die ganze Bourgeoisie betet's ihm nach, w&auml;hrend die Amerikaner einen Markt nach dem andern wegnehmen, w&auml;hrend ein verwegner amerikanischer Spekulant vor kurzem eine Partie amerikanischer Waren nach England schickte, wo sie zur Wiederexportation verkauft wurden!</P>
<P>Aber selbst f&uuml;r den Fall, da&szlig; England das industrielle Monopol behielte,&#9;da&szlig; seine Fabriken fortw&auml;hrend an Zahl w&uuml;chsen, was w&uuml;rde die Folge sein? Die Handelskrisen w&uuml;rden bleiben, und mit der Ausdehnung der Industrie und der Vermehrung des Proletariats immer gewaltsamer, immer schauderhafter werden. Das Proletariat w&uuml;rde durch den fortschreitenden Ruin der kleinen Mittelklasse, durch die mit Riesenschritten sich entwickelnde Zentralisation des Kapitals in den H&auml;nden weniger, in geometrischer Proportion zunehmen und bald die ganze Nation, mit Ausnahme weniger Million&auml;re, ausmachen. In dieser Entwicklung tritt aber eine Stufe ein, wo das Proletariat sieht, wie leicht es ihm w&auml;re, die bestehende soziale Macht zu st&uuml;rzen, und dann folgt eine Revolution.</P>
<P>Doch weder der eine noch der andre Fall wird eintreten. Die Handelskrisen, der m&auml;chtigste Hebel aller selbst&auml;ndigen Entwicklung des Proletariats, werden, in Verbindung mit der ausw&auml;rtigen Konkurrenz und dem steigenden Ruin der Mittelklasse, die Sache k&uuml;rzer abmachen. Ich glaube nicht, da&szlig; das Volk sich noch mehr als eine Krisis wird gefallen lassen. Wahrscheinlich bringt schon die n&auml;chste, 1846 oder 1847 eintretende Krisis die Abschaffung der Korngesetze und die Charte. Was die Charte f&uuml;r revolution&auml;re Bewegungen veranlassen wird, steht zu erwarten. Aber bis zur dann folgenden Krisis, die nach der Analogie der bisherigen 1852 oder 1853 eintreten m&uuml;&szlig;te, durch die Abschaffung der Korngesetze jedoch verz&ouml;gert wie durch andre Umst&auml;nde, ausw&auml;rtige Konkurrenz etc., beschleunigt werden&#9; kann, bis zu dieser Krisis wird es das englische Volk wahrlich &uuml;berdr&uuml;ssig sein, zum Vorteil der Kapitalisten sich ausbeuten zu lassen und, wenn die Kapitalisten seiner nicht mehr bed&uuml;rfen, zu verhungern. Wenn sich bis dahin die englische Bourgeoisie nicht besinnt - und das tut sie allem Anschein nach gewi&szlig; nicht -, so wird eine Revolution folgen, mit der sich keine vorhergehende messen kann. Die zur Verzweiflung getriebenen Proletarier werden die Brandfackel ergreifen, von der Stephens ihnen gepredigt hat, die Volksrache wird mit einer Wut ge&uuml;bt werden, von der uns das Jahr 1793 noch keine Vorstellung gibt. Der Krieg der Armen gegen die Reichen wird der blutigste sein, der je gef&uuml;hrt worden ist, Selbst der &Uuml;bertritt eines Teils&#9;<STRONG>&lt;505&gt; </STRONG>der Bourgeoisie zur Proletariatspartei, selbst eine allgemeine Besserung der Bourgeoisie w&uuml;rde nichts helfen. Die allgemeine Sinnes&auml;nderung der Bourgeoisie w&uuml;rde ohnehin nur bis zu einem schlaffen Juste-milieu gehen k&ouml;nnen; die entschiedner den Arbeitern sich Anschlie&szlig;enden w&uuml;rden eine neue Gironde bilden und als solche im Lauf der gewaltsamen Entwicklung untergehen. Die Vorurteile einer ganzen Klasse streifen sich nicht ab wie ein alter Rock - am wenigsten bei der stabilen, befangenen, eigenn&uuml;tzigen englischen Bourgeoisie. Das sind alles Schl&uuml;sse, die mit der gr&ouml;&szlig;ten Bestimmtheit gefolgert werden k&ouml;nnen, Schl&uuml;sse, deren Voraussetzungen unbestreitbare Tatsachen, einerseits der geschichtlichen Entwicklung, andrerseits der menschlichen Natur sind. Das Prophezeien ist nirgends so leicht als gerade in England, weil hier alles so klar und scharf in der Gesellschaft entwickelt ist. Die Revolution <EM>mu&szlig;</EM> kommen, es ist jetzt schon zu sp&auml;t, um eine friedliche Losung der Sache herbeizuf&uuml;hren: aber milder kann sie allerdings werden als die oben prophezeite. Das wird aber weniger von der Entwicklung der Bourgeoisie, als von der des Proletariats abh&auml;ngen. In demselben Verh&auml;ltnis n&auml;mlich, in welchem das Proletariat sozialistische und kommunistische Elemente in sich aufnimmt, genau in demselben Verh&auml;ltnis wird die Revolution an Blutvergie&szlig;en, Rache und Wut abnehmen. Der Kommunismus steht seinem Prinzipe nach &uuml;ber dem Zwiespalt zwischen Bourgeoisie und Proletariat, er erkennt ihn nur in seiner historischen Bedeutung f&uuml;r die Gegenwart, nicht aber als f&uuml;r die Zukunft berechtigt an; er will gerade diesen Zwiespalt aufheben. Er erkennt daher, solange der Zwiespalt besteht, die Erbitterung des Proletariats gegen seine Unterdr&uuml;cker allerdings als eine Notwendigkeit, als den bedeutendsten Hebel der <EM>anfangenden </EM>Arbeiterbewegung an, aber er geht &uuml;ber diese Erbitterung hinaus, weil er eben eine Sache der Menschheit, nicht blo&szlig; der Arbeiter ist. Ohnehin f&auml;llt es keinem Kommunisten ein, an einzelnen Rache &uuml;ben zu wollen oder &uuml;berhaupt zu glauben, da&szlig; der einzelne Bourgeois in den bestehenden Verh&auml;ltnissen anders handeln k&ouml;nne, als er handelt. Der englische Sozialismus (d.h. Kommunismus) beruht geradezu auf diesem Prinzip der Unzur
<P>Wenn diese Schl&uuml;sse hier nicht hinreichend begr&uuml;ndet sein sollten, so wird sich wohl anderswo Gelegenheit finden, sie als notwendige Resultate der historischen Entwicklung Englands nachzuweisen. Aber ich bleibe dabei: Der Krieg der Armen gegen die Reichen, der jetzt schon im einzelnen und indirekt gef&uuml;hrt wird, wird auch im allgemeinen, im ganzen und direkt in England gef&uuml;hrt werden. Es ist zu sp&auml;t zur friedlichen Losung. Die Klassen sondern sich schroffer und schroffer, der Geist des Widerstandes durchdringt die Arbeiter mehr und mehr, die Erbitterung steigt, die einzelnen Guerillascharm&uuml;tzel konzentrieren sich zu bedeutenderen Gefechten und Demonstrationen, und ein kleiner Ansto&szlig; wird bald hinreichen, um die Lawine in Bewegung zu setzen. Dann wird allerdings der Schlachtruf durch das Land schallen: "Krieg den Pal&auml;sten, Friede den H&uuml;tten!" - dann wird es aber zu sp&auml;t sein, als da&szlig; sich die Reichen noch in acht nehmen k&ouml;nnten.</P>
<P><HR></P>
<P>Anmerkungen F. E.:</P>
<P><A NAME="O1">(1)</A> Carlyle gibt in seinem "Past and Present" [Vergangenheit und Gegenwart] (London 1843) eine ausgezeichnet sch&ouml;ne Schilderung der englischen Bourgeoisie und ihrer ekelhaften Geldsucht, die ich in den <A HREF="../me01/me01_525.htm">"Deutsch-Franz&ouml;sischen Jahrb&uuml;chern"</A> teilweise &uuml;bersetzt habe und auf die ich verweise. <A HREF="me02_486.htm#Z1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="O2">(2)</A> "Extracts from Information received by the Poor-Law-Commissioners" [Ausz&uuml;ge aus dem von den Armengesetzkommiss&auml;ren erhaltenen Bericht]. Published by Authority. Londen 1833. <A HREF="me02_486.htm#Z2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="O3">(3)</A> Um allen Mi&szlig;deutungen und daraus entstehenden Einw&uuml;rfen vorzubeugen, will ich noch bemerken, da&szlig; ich von der Bourgeoisie als einer Klasse gesprochen habe und alle von einzelnen angef&uuml;hrten Dinge, mir nur als Belege f&uuml;r die Denk- und Handlungsweise der Klasse gelten. Daher habe ich mich auch nicht auf die Unterscheidung der verschiedenen Sektionen und Parteien der Bourgeoisie einlassen k&ouml;nnen, die nur historisch und theoretisch von Bedeutung sind, und daher kann ich auch die wenigen Mitglieder der Bourgeoisie, die sich als ehrenwerte Ausnahmen gezeigt haben, nur beil&auml;ufig erw&auml;hnen. Es sind dies einerseits die entschiedneren Radikalen die fast Chartisten sind, wie die Unterhausmitglieder und Fabrikanten Hindley aus Ashton und Fielden aus Todmorden (Lancashire), andrerseits die humanen Tories, die sich neuerdings als <EM>"junges England" </EM>konstituiert haben und zu denen besonders die Parlamentsmitglieder Disraeli, Borthwick. Ferrand, Lord John Manners etc. geh&ouml;ren. Auch Lord Ashley steht ihnen nahe. Die Absicht des jungen Englands ist eine Wiederherstellung des alten "merry England" &lt;"fr&ouml;hlichen Englands"&gt; mit seinen gl&auml;nzenden Seiten und seinem romantischen Feudalismus; dieser Zweck ist nat&uuml;rlich unausf&uuml;hrbar und sogar l&auml;cherlich, eine Satire auf alle historische Entwicklung, aber die gute Absicht, der Mut, sich gegen das Bestehende und die bestehenden Vorurteile aufzulehnen und die Niedertr&auml;chtigkeit des Bestehenden anzuerkennen, ist schon etwa wert. Ganz einsam steht der Deutsch-Engl&auml;nder <EM>Thomas Carlyle, </EM>der, urspr&uuml;nglich Tory, weiter geht als die Erw&auml;hnten. Er geht der sozialen Unordnung von allen englischen Bourgeois am tiefsten auf den Grund und fordert Organisation der Arbeit. Ich hoffe, da&szlig; Carlyle, der den rechten Weg gefunden hat, auch imstande sein wird, ihn zu verfolgen. Meine und vieler Deutschen beste W&uuml;nsche begleiten ihn! - (<EM>1892</EM>) Aber die Februarrevolution machte ihn zum vollendeten Reaktion&auml;r; der gerechte Zorn &uuml;ber die Philister schlug um in versauerte Philister-Verdrie&szlig;lichkeit &uuml;ber die historische Woge, die ihn auf den Strand warf. <A HREF="me02_486.htm#Z3">&lt;=</A></P></BODY>
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