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<TITLE>Friedrich Engels - Anti-Dühring - Vorworte</TITLE>
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</TR>
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<HR size="1">
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<P><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 20. Berlin/DDR.
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1962. »Herrn Eugen Dührung's Umwälzung der Wissenschaft«,
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S. 5-15.<BR>
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1. Korrektur<BR>
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Erstellt am 05.09.1999</SMALL></P>
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<H2>Friedrich Engels - Herrn Eugen Dühring's Umwälzung der Wissenschaft</H2>
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<H1>Vorworte zu den drei Auflagen</H1>
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<OL type="I">
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<A href="me20_005.htm#Kap_I"><LI>Vorwort von 1878</LI></A>
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<A href="me20_005.htm#Kap_II"><LI>Vorwort von 1885</LI></A>
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<A href="me20_005.htm#Kap_III"><LI>Vorwort von 1894</LI></A>
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</OL>
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<hr size="1">
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<H3 align="center"><A NAME="Kap_I">I</A></H3>
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<P><B>|5|</b> Die nachfolgende Arbeit ist keineswegs die Frucht irgendwelches
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»innern Dranges«. Im Gegenteil.</P>
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<P>Als vor drei Jahren Herr Dühring plötzlich als Adept und gleichzeitig
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Reformator des Sozialismus sein Jahrhundert in die Schranken forderte, drangen
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Freunde in Deutschland wiederholt auf mich ein mit dem Wunsch, ich möchte
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diese neue sozialistische Theorie im Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei,
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damals dem »Volksstaat«, kritisch beleuchten. Sie hielten dies für durchaus
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nötig, wenn nicht in der noch so jungen und eben erst definitiv geeinten
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Partei von neuem Gelegenheit zu sektiererischer Spaltung und Verwirrung gegeben
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werden sollte. Sie waren besser imstande als ich, die Verhältnisse in Deutschland
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zu beurteilen; ich war also verpflichtet, ihnen zu glauben. Daneben zeigte sich,
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daß der Neubekehrte von einem Teil der sozialistischen Presse mit einer
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Wärme bewillkommt wurde, die zwar nur dem guten Willen des Herrn Dühring
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galt, gleichzeitig aber auch bei diesem Teil der Parteipresse den guten Willen
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durchblicken ließ, auf Rechnung eben dieses Dühringschen guten Willens
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auch die Dühringsche Doktrin unbesehn mit in den Kauf zu nehmen. Auch fanden
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sich Leute, die sich schon anschickten, diese Doktrin in popularisierter Form
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unter den Arbeitern zu verbreiten. Und endlich boten Herr Dühring und sein
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kleiner Sektenstamm alle Künste der Reklame und der Intrige auf, um den
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»Volksstaat« zu entschiedner Stellungnahme zu nötigen gegenüber der
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mit so gewaltigen Ansprüchen auftretenden neuen Lehre.</P>
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<P>Trotzdem dauerte es ein Jahr, bis ich mich entschließen konnte, mit Vernachlässigung
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andrer Arbeiten in diesen sauren Apfel zu beißen. Es war eben ein Apfel,
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den man ganz verzehren mußte, sobald man einmal anbiß. <A NAME="S6"></A><B>|6|</B>
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Und er war nicht nur sehr sauer, sondern auch sehr dick. Die neue sozialistische
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Theorie trat auf als letzte praktische Frucht eines neuen philosophischen Systems.
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Es galt also, sie im Zusammenhang dieses Systems, und damit das System selbst
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zu untersuchen; es galt, Herrn Dühring zu folgen auf jenes weitläufige
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Gebiet, wo er von allen möglichen Dingen handelt und noch von einigen mehr.
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So entstand eine Reihe von Artikeln, die seit Anfang 1877 im Nachfolger des
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»Volksstaat«, im Leipziger »Vorwärts« erschien und hier im Zusammenhang
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vorliegt.</P>
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<P>Es war somit die Beschaffenheit des Gegenstandes selbst, die die Kritik zu
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einer Ausführlichkeit zwang, zu der der wissenschaftliche Gehalt dieses
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Gegenstandes, also der Dühringschen Schriften, im äußersten
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Mißverhältnis steht. Jedoch mögen auch noch zwei andre Umstände
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diese Ausführlichkeit entschuldigen. Einerseits gab sie mir die Gelegenheit,
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auf den sehr verschiednen hier zu berührenden Gebieten meine Auffassung
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von Fragepunkten positiv zu entwickeln, die heute von allgemeinerem wissenschaftlichem
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oder praktischem Interesse sind. Es ist dies in jedem einzelnen Kapitel geschehn,
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und sowenig diese Schrift den Zweck haben kann, dem »System« des Herrn Dühring
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ein andres System entgegenzusetzen, so wird der Leser doch hoffentlich in den
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von mir aufgestellten Ansichten den innern Zusammenhang nicht vermissen. Daß
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meine Arbeit in dieser Beziehung keine ganz fruchtlose gewesen ist, dafür
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habe ich schon jetzt Beweise genug.</P>
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<P>Andrerseits ist der »systemschaffende« Herr Dühring keine vereinzelte
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Erscheinung in der deutschen Gegenwart. Seit einiger Zeit schießen in
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Deutschland die Systeme der Kosmogonie, der Naturphilosophie überhaupt,
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der Politik, der Ökonomie usw. über Nacht zu Dutzenden auf wie die
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Pilze. Der kleinste Doktor Philosophiae, ja selbst der Studiosus tut nicht mehr
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mit unter einem vollständigen »System«. Wie im modernen Staat vorausgesetzt
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wird, daß jeder Staatsbürger urteilsreif ist über alle die Fragen,
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über die er abzustimmen hat; wie man in der Ökonomie annimmt, daß
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jeder Konsument gründlicher Kenner aller der Waren ist, die er zu seinem
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Lebensunterhalt einzukaufen in den Fall kommt - so soll es nun auch in der Wissenschaft
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gehalten werden. Freiheit der Wissenschaft heißt, daß man über
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alles schreibt, was man nicht gelernt hat, und dies für die einzige streng
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wissenschaftliche Methode ausgibt. Herr Dühring aber ist einer der bezeichnendsten
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Typen dieser vorlauten Pseudowissenschaft, die sich heutzutage in Deutschland
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überall in den Vordergrund drängt und alles übertönt mit
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ihrem dröhnenden - höhern Blech. Höheres Blech in der Poesie,
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in der Philosophie, in der Politik, in der Ökonomie, in der <A NAME="S7"></A><B>|7|</B>
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Geschichtschreibung, höheres Blech auf Katheder und Tribüne, höheres
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Blech überall, höheres Blech mit dem Anspruch auf Überlegenheit
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und Gedankentiefe im Unterschied von dem simpeln, plattvulgären Blech andrer
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Nationen, höheres Blech das charakteristischste und massenhafteste Produkt
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der deutschen intellektuellen Industrie, billig aber schlecht, ganz wie andre
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deutsche Fabrikate, neben denen es leider in Philadelphia nicht vertreten war.
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Sogar der deutsche Sozialismus, namentlich seit dem guten Beispiel des Herrn
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Dühring, macht neuerdings recht erklecklich in höherm Blech und produziert
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diesen und jenen, der sich mit »Wissenschaft« brüstet, von der er »wirklich
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auch nichts gelernt hat«. Es ist dies eine Kinderkrankheit, die die beginnende
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Bekehrung des deutschen Studiosus zur Sozialdemokratie anzeigt, und von ihr
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unzertrennlich ist, die aber bei der merkwürdig gesunden Natur unsrer Arbeiter
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schon überwunden werden wird.</P>
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<P>Es war nicht meine Schuld, wenn ich Herrn Dühring auf Gebiete folgen mußte,
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auf denen ich mich höchstens mit den Ansprüchen eines Dilettanten
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bewegen kann. In solchen Fällen habe ich mich meistens darauf beschränkt,
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den falschen oder schiefen Behauptungen meines Gegners die richtigen, unbestrittnen
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Tatsachen entgegenzustellen. So in der Juristerei und in manchen Fällen
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aus der Naturwissenschaft. In andern handelt es sich um allgemeine Ansichten
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aus der theoretischen Naturwissenschaft, also um ein Terrain, wo auch der Naturforscher
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von Fach über seine Spezialität hinaus auf benachbarte Gebiete übergreifen
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muß - auf Gebiete also, auf denen er, nach Herrn Virchows Eingeständnis,
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ebensogut ein »Halbwisser« ist, wie wir andern auch. Dieselbe Nachsicht für
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kleine Ungenauigkeiten und Unbehülflichkeiten des Ausdrucks, die man da
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gegenseitig ausübt, wird man auch mir hoffentlich zuteil werden lassen.</P>
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<P>Bei Schluß dieses Vorworts kommt mir eine von Herrn Dühring verfaßte
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Buchhändleranzeige eines neuen »maßgebenden« Werks des Herrn Dühring
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zu: »Neue Grundgesetze zur rationellen Physik und Chemie«. Sosehr ich nun auch
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der Mangelhaftigkeit meiner physikalischen und chemischen Kenntnisse mir bewußt
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bin, so glaube ich doch meinen Herrn Dühring zu kennen, und daher, ohne
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die Schrift selbst je gesehn zu haben, voraussagen zu dürfen, daß
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die hier aufgestellten Gesetze der Physik und Chemie sich den frühern von
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Herrn Dühring entdeckten und in meiner Schrift untersuchten Gesetzen der
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Ökonomie, Weltschematik usw., nach Mißverstand oder Gemeinplätzlichkeit
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würdig anreihen werden, und daß das von Herrn Dühring konstruierte
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Rhigometer oder Instrument zur <A NAME="S8"></A><B>|8|</B> Messung sehr niedriger
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Temperaturen zum Maßstab dienen wird, nicht für Temperaturen, weder
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hohe noch niedrige, sondern einzig und allein für die unwissende Arroganz
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des Herrn Dühring.</P>
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<P>London, 11. Juni 1878</P>
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<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_II">II</A></H3>
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<P>Daß die vorliegende Schrift in neuer Auflage zu erscheinen hat, kam mir
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unerwartet. Der Gegenstand, den sie kritisiert, ist heute schon so gut wie vergessen;
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sie selbst hat nicht nur stückweise im Leipziger »Vorwärts« 1877 und
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1878 vielen Tausenden von Lesern vorgelegen, sondern ist auch noch im Zusammenhang
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und separat in starker Auflage gedruckt worden. Wie kann es da noch jemand interessieren,
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was ich vor Jahren über Herrn Dühring zu sagen hatte?</P>
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<P>In erster Linie verdanke ich dies wohl dem Umstand, daß diese Schrift,
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wie überhaupt fast alle meine damals noch umlaufenden Schriften, gleich
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nach Erlaß des Sozialistengesetzes im Deutschen Reich verboten wurde.
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Wer nicht in den erblichen Beamtenvorurteilen der Länder der Helligen Allianz
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vernagelt war, für den mußte die Wirkung dieser Maßregel klar
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sein: verdoppelter und verdreifachter Absatz der verbotnen Bücher, Bloßlegung
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der Ohnmacht der Herren in Berlin, die Verbote erlassen und sie nicht durchführen
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können. In der Tat trägt mir die Liebenswürdigkeit der Reichsregierung
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mehr neue Auflagen meiner kleinern Schriften ein, als ich verantworten kann;
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ich habe nicht die Zeit, den Text nach Gebühr zu revidieren und muß
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ihn meist einfach wieder abdrucken lassen.</P>
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<P>Dazu kommt aber noch ein andrer Umstand. Das hier kritisierte »System« des
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Herrn Dühring verbreitet sich über ein sehr ausgedehntes theoretisches
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Gebiet; ich war genötigt, ihm überallhin zu folgen und seinen Auffassungen
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die meinigen entgegenzusetzen. Die negative Kritik wurde damit positiv; die
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Polemik schlug um in eine mehr oder minder zusammenhängende Darstellung
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der von Marx und mir vertretnen dialektischen Methode und kommunistischen Weltanschauung,
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und dies auf einer ziemlich umfassenden Reihe von Gebieten. Diese unsre Anschauungsweise
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hat, seit sie zuerst in Marx' <A HREF="../me04/me04_063.htm">»Misére
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de la philosophie«</A> und im <A HREF="../me04/me04_459.htm">»Kommunistischen
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Manifest«</A> vor die Welt trat, ein reichlich zwanzigjähriges Inkubationsstadium
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durchgemacht, bis sie seit dem Erscheinen des <A NAME="S9"></A><B>|9|</B> <A HREF="../me23/me23_000.htm">»Kapital«</A>
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mit wachsender Geschwindigkeit stets weitre Kreise ergriff und jetzt, weit über
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die Grenzen Europas hinaus, Beachtung und Anhang findet in allen Ländern,
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wo es einerseits Proletarier und andrerseits rücksichtslose wissenschaftliche
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||
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Theoretiker gibt. Es scheint also, daß ein Publikum besteht, dessen Interesse
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für die Sache groß genug ist, um die jetzt in vielen Beziehungen
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gegenstandslose Polemik gegen die Dühringschen Sätze in den Kauf zu
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|
nehmen, den daneben gegebnen positiven Entwicklungen zu Gefallen.</P>
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<P>Ich bemerke nebenbei: Da die hier entwickelte Anschauungsweise zum weitaus
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|
größern Teil von Marx begründet und entwickelt worden, und nur
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|
zum geringsten Teil von mir, so verstand es sich unter uns von selbst, daß
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|
diese meine Darstellung nicht ohne seine Kenntnis erfolgte. Ich habe ihm das
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||
|
ganze Manuskript vor dem Druck vorgelesen, und das zehnte Kapitel des Abschnitts
|
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|
über Ökonomie (»Aus der 'Kritischen Geschichte'«) ist von Marx geschrieben
|
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|
und mußte nur, äußerlicher Rücksichten halber, von mir
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||
|
leider etwas verkürzt werden. Es war eben von jeher unser Brauch, uns in
|
||
|
Spezialfächern gegenseitig auszuhelfen.</P>
|
||
|
<P>Die gegenwärtige neue Auflage ist, mit Ausnahme eines Kapitels, ein unveränderter
|
||
|
Abdruck der vorigen. Einerseits fehlte mir die Zeit zu einer durchgreifenden
|
||
|
Revision, sosehr ich manches in der Darstellung geändert wünschte.
|
||
|
Aber ich habe die Pflicht, die hinterlassenen Manuskripte von Marx für
|
||
|
den Druck fertigzustellen, und dies ist viel wichtiger als alles andre. Dann
|
||
|
aber sträubt sich mein Gewissen gegen jede Änderung. Die Schrift ist
|
||
|
eine Streitschrift, und ich glaube es meinem Gegner schuldig zu sein, da meinerseits
|
||
|
nichts zu bessern, wo er nichts bessern kann. Ich könnte nur das Recht
|
||
|
beanspruchen, auf Herrn Dührings Antwort wieder zu entgegnen. Was aber
|
||
|
Herr Dühring über meinen Angriff geschrieben hat, habe ich nicht gelesen
|
||
|
und werde es nicht ohne besondre Veranlassung lesen; ich bin theoretisch mit
|
||
|
ihm fertig. Im übrigen muß ich ihm gegenüber die Anstandsregeln
|
||
|
des literarischen Kampfes um so mehr aufrechterhalten, als ihm seitdem von der
|
||
|
Berliner Universität schmähliches Unrecht angetan worden ist. Freilich
|
||
|
ist sie dafür gezüchtigt worden. Eine Universität, die sich dazu
|
||
|
hergibt, Herrn Dühring unter den bekannten Umständen die Lehrfreiheit
|
||
|
zu entziehn, darf sich nicht wundern, wenn man ihr unter den ebenfalls bekannten
|
||
|
Umständen Herrn Schweninger aufzwingt.</P>
|
||
|
<P>Das einzige Kapitel, worin ich mir erläuternde Zusätze erlaubt habe,
|
||
|
<A NAME="S10"></A><B>|10|</B> ist das zweite des dritten Abschnitts: »Theoretisches«.
|
||
|
Hier, wo es sich einzig und allein um die Darstellung eines Kernpunktes der
|
||
|
von mir vertretnen Anschauung handelt, wird sich mein Gegner nicht beklagen
|
||
|
können, wenn ich mich bemühte, populärer zu sprechen und den
|
||
|
Zusammenhang zu ergänzen. Und zwar hatte dies eine äußere Veranlassung.
|
||
|
Ich hatte drei Kapitel der Schrift (das erste der Einleitung und das erste und
|
||
|
zweite des dritten Abschnitts) für meinen Freund Lafargue behufs Übersetzung
|
||
|
ins Französische zu einer selbständigen Broschüre verarbeitet,
|
||
|
und nachdem die französische Ausgabe einer italienischen und polnischen
|
||
|
als Grundlage gedient, eine deutsche Ausgabe besorgt unter dem Titel: <A HREF="../me19/me19_177.htm">»Die
|
||
|
Entwicklung des Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft«</A>. Diese hat
|
||
|
in wenigen Monaten drei Auflagen erlebt und ist auch in russischer und dänischer
|
||
|
Übersetzung erschienen. Zusätze hatte in allen diesen Ausgaben nur
|
||
|
das fragliche Kapitel erhalten, und es wäre pedantisch gewesen, hätte
|
||
|
ich in der neuen Auflage des Originalwerks mich an den ursprünglichen Wortlaut
|
||
|
binden wollen, gegenüber seiner spätern, international gewordnen Gestalt.</P>
|
||
|
<P>Was ich sonst geändert wünschte, bezieht sich hauptsächlich
|
||
|
auf zwei Punkte. Erstens auf die menschliche Urgeschichte, zu der uns Morgan
|
||
|
erst 1877 den Schlüssel lieferte. Da ich aber seitdem in meiner Schrift:
|
||
|
<A HREF="../me21/me21_025.htm">»Der Ursprung der Familie, des Privateigentums
|
||
|
und des Staats«</A>, Zürich 1884, Gelegenheit hatte, das mir inzwischen
|
||
|
zugänglich gewordne Material zu verarbeiten, genügt der Hinweis auf
|
||
|
diese spätere Arbeit.</P>
|
||
|
<P>Zweitens aber der Teil, der von der theoretischen Naturwissenschaft handelt.
|
||
|
Hier herrscht eine große Unbeholfenheit der Darstellung, und manches ließe
|
||
|
sich heute klarer und bestimmter ausdrücken. Wenn ich mir nicht das Recht
|
||
|
zuschreibe, hier zu bessern, so bin ich eben deswegen verpflichtet, mich statt
|
||
|
dessen hier selbst zu kritisieren.</P>
|
||
|
<P>Marx und ich waren wohl ziemlich die einzigen, die aus der deutschen idealistischen
|
||
|
Philosophie die bewußte Dialektik in die materialistische Auffassung der
|
||
|
Natur und Geschichte hinübergerettet hatten. Aber zu einer dialektischen
|
||
|
und zugleich materialistischen Auffassung der Natur gehört Bekanntschaft
|
||
|
mit der Mathematik und der Naturwissenschaft. Marx war ein gründlicher Mathematiker,
|
||
|
aber die Naturwissenschaften konnten wir nur stückweise, sprungweise, sporadisch
|
||
|
verfolgen. Als ich daher durch Rückzug aus dem kaufmännischen Geschäft
|
||
|
und Umzug nach London die Zeit dazu gewann, machte ich, soweit es mir möglich,
|
||
|
eine vollständige <A NAME="S11"></A><B>|11|</B> mathematische und naturwissenschaftliche
|
||
|
»Mauserung«, wie Liebig es nennt, durch, und verwandte den besten Teil von acht
|
||
|
Jahren darauf. Ich war grade mitten in diesem Mauserungsprozeß begriffen,
|
||
|
als ich in den Fall kam, mich mit Herrn Dührings sogenannter Naturphilosophie
|
||
|
zu befassen. Wenn ich also da manchmal den richtigen technischen Ausdruck nicht
|
||
|
finde und mich überhaupt mit ziemlicher Schwerfälligkeit auf dem Gebiet
|
||
|
der theoretischen Naturwissenschaft bewege, so ist das nur zu natürlich.
|
||
|
Andrerseits hat mich aber das Bewußtsein meiner noch nicht überwunden
|
||
|
Unsicherheit vorsichtig gemacht; wirkliche Verstöße gegen die damals
|
||
|
bekannten Tatsachen und unrichtige Darstellung der damals anerkannten Theorien
|
||
|
wird man mir nicht nachweisen können. In dieser Beziehung hat sich nur ein
|
||
|
verkannter großer Mathematiker bei Marx brieflich beklagt, ich hätte
|
||
|
die <IMG SRC="-1.gif" WIDTH=24 HEIGHT=11>frevelhaft an ihrer Ehre angegriffen.</P>
|
||
|
<P>Es handelte sich bei dieser meiner Rekapitulation der Mathematik und der Naturwissenschaften
|
||
|
selbstredend darum, mich auch im einzelnen zu überzeugen - woran im allgemeinen
|
||
|
kein Zweifel für mich war -, daß in der Natur dieselben dialektischen
|
||
|
Bewegungsgesetze im Gewirr der zahllosen Veränderungen sich durchsetzen,
|
||
|
die auch in der Geschichte die scheinbare Zufälligkeit der Ereignisse beherrschen;
|
||
|
dieselben Gesetze, die, ebenfalls in der Entwicklungsgeschichte des menschlichen
|
||
|
Denkens den durchlaufenden Faden bildend, allmählich den denkenden Menschen
|
||
|
zum Bewußtsein kommen; die zuerst von Hegel in umfassender Weise, aber
|
||
|
in mystifizierter Form entwickelt worden, und die aus dieser mystischen Form
|
||
|
herauszuschälen und in ihrer ganzen Einfachheit und Allgemeingültigkeit
|
||
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klar zur Bewußtheit zu bringen, eine unsrer Bestrebungen war. Es verstand
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sich von selbst, daß die alte Naturphilosophie - soviel wirklich Gutes
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und soviel fruchtbare Keime sie enthielt <A NAME="ZF1"></A><A HREF="me20_005.htm#F1"><SPAN class="top">(1)</SPAN></A>
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- uns nicht genügen <A NAME="S12"></A><B>|12|</B> konnte. Wie in dieser
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Schrift näher entwickelt, fehlte sie, namentlich in der Hegelschen Form,
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darin, daß sie der Natur keine Entwicklung in der Zeit zuerkannte, kein
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»Nacheinander«, sondern nur ein »Nebeneinander«. Dies war einerseits im Hegelschen
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System selbst begründet, das nur dem »Geist« eine geschichtliche Fortentwicklung
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zuschrieb, andrerseits aber auch im damaligen Gesamtstand der Naturwissenschaften.
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So fiel Hegel hier weit hinter Kant zurück, dessen Nebulartheorie bereits
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die Entstehung, und dessen Entdeckung der Hemmung der Erdrotation durch die
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Meeresflutwelle auch schon den Untergang des Sonnensystems proklamiert hatte.
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Und endlich konnte es sich für mich nicht darum handeln, die dialektischen
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Gesetze in die Natur hineinzukonstruieren, sondern sie in ihr aufzufinden und
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aus ihr zu entwickeln.</P>
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<P>Dies im Zusammenhang und auf jedem einzelnen Gebiet zu tun, ist aber eine Riesenarbeit.
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Nicht nur ist das zu beherrschende Gebiet fast unermeßlich, es ist auch
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auf diesem gesamten Gebiet die Naturwissenschaft selbst in einem so gewaltsamen
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Umwälzungsprozeß begriffen, daß auch derjenige kaum folgen
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kann, dem seine ganze freie Zeit hierfür zur Verfügung steht. Seit
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dem Tode von Karl Marx ist meine Zeit aber durch dringendere Pflichten mit Beschlag
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belegt worden, und da mußte ich meine Arbeit unterbrechen. Ich muß
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mich vorderhand mit den in der vorliegenden Schrift gegebnen Andeutungen begnügen
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und abwarten, ob sich später einmal Gelegenheit findet, die gewonnenen
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Resultate zu sammeln und her- <A NAME="S13"></A><B>|13|</B> auszugeben, vielleicht
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zusammen mit den hinterlassenen höchst wichtigen mathematischen Manuskripten
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von Marx.</P>
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<P>Vielleicht aber macht der Fortschritt der theoretischen Naturwissenschaft meine
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Arbeit größtenteils oder ganz überflüssig. Denn die Revolution,
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die der theoretischen Naturwissenschaft aufgezwungen wird durch die bloße
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Notwendigkeit, die sich massenhaft häufenden, rein empirischen Entdeckungen
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zu ordnen, ist der Art, daß sie den dialektischen Charakter der Naturvorgänge
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mehr und mehr auch dem widerstrebendsten Empiriker zum Bewußtsein bringen
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muß. Die alten starren Gegensätze, die scharfen, unüberschreitbaren
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Grenzlinien verschwinden mehr und mehr. Seit der Flüssigmachung auch der
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letzten »echten« Gase, seit dem Nachweis, daß ein Körper in einen Zustand
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versetzt werden kann, worin tropfbare und Gasform ununterscheidbar sind, haben
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die Aggregatzustände den letzten Rest ihres frühern absoluten Charakters
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verloren. Mit dem Satz der kinetischen Gastheorie, daß in vollkommnen Gasen
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die Quadrate der Geschwindigkeiten, womit die einzelnen Gasmoleküle sich
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bewegen, sich bei gleicher Temperatur umgekehrt verhalten wie die Molekulargewichte,
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tritt die Wärme auch direkt in die Reihe der unmittelbar als solche meßbaren
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Bewegungsformen. Wurde noch vor zehn Jahren das neuentdeckte große Grundgesetz
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der Bewegung gefaßt als bloßes Gesetz von der <I>Erhaltung</I> der
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Energie, als bloßer Ausdruck der Unzerstörbarkeit und Unerschaffbarkeit
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der Bewegung, also bloß nach seiner quantitativen Seite, so wird dieser
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enge, negative Ausdruck mehr und mehr verdrängt durch den positiven der <I>Verwandlung</I>
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der Energie, worin erst der qualitative Inhalt des Prozesses zu seinem Recht kommt
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und worin die letzte Erinnerung an den außerweltlichen Schöpfer ausgelöscht
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ist. Daß die Menge der Bewegung (der sogenannten Energie) sich nicht verändert,
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wenn sie sich aus kinetischer Energie (sogenannter mechanischer Kraft) in Elektrizität,
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Wärme, potentielle Energie der Lage etc. verwandelt und umgekehrt, braucht
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jetzt nicht mehr als etwas Neues gepredigt zu werden; es dient als einmal gewonnene
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Grundlage der nun viel inhaltsvollern Untersuchung des Verwandlungsprozesses selbst,
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des großen Grundprozesses, in dessen Erkenntnis die ganze Erkenntnis der
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Natur sich zusammenfaßt. Und seitdem die Biologie mit der Leuchte der Evolutionstheorie
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betrieben wird, hat sich auf dem Gebiet der organischen Natur eine starre Grenzlinie
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der Klassifikation nach der andern aufgelöst; die fast unklassifizierbaren
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Mittelglieder mehren sich täglich, die genauere Untersuchung wirft Organismen
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aus einer Klasse in die andre, und fast zu Glaubensartikeln gewordne Unterscheidungsmerkmale
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verlieren ihre unbedingte Gültigkeit; wir haben <A NAME="S14"></A><B>|14|</B>
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jetzt eierlegende Säugetiere, und wenn die Nachricht sich bestätigt,
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auch Vögel, die auf allen vieren gehn. War schon vor Jahren Virchow genötigt
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gewesen, infolge der Entdeckung der Zelle die Einheit des tierischen Individuums
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mehr fortschrittlich als naturwissenschaftlich und dialektisch in eine Föderation
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von Zellenstaaten aufzulösen, so wird der Begriff der tierischen (also auch
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menschlichen) Individualität noch weit verwickelter durch die Entdeckung
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der amöbenartig im Körper der höhern Tiere herumkriechenden weißen
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Blutzellen. Es sind aber grade die als unversöhnlich und unlösbar vorgestellten
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polaren Gegensätze, die gewaltsam fixierten Grenzlinien und Klassenunterschiede,
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die der modernen theoretischen Naturwissenschaft ihren beschränkt-metaphysischen
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Charakter gegeben haben. Die Erkenntnis, daß diese Gegensätze und Unterschiede
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in der Natur zwar vorkommen, aber nur mit relativer Gültigkeit, daß
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dagegen jene ihre vorgestellte Starrheit und absolute Gültigkeit erst durch
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unsre Reflexion in die Natur hineingetragen ist - diese Erkenntnis macht den Kernpunkt
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der dialektischen Auffassung der Natur aus. Man kann zu ihr gelangen, indem man
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von den sich häufenden Tatsachen der Naturwissenschaft dazu gezwungen wird;
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man gelangt leichter dahin, wenn man dem dialektischen Charakter dieser Tatsachen
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das Bewußtsein der Gesetze des dialektischen Denkens entgegenbringt. Jedenfalls
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ist die Naturwissenschaft jetzt so weit, daß sie der dialektischen Zusammenfassung
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nicht mehr entrinnt. Sie wird sich diesen Prozeß aber erleichtern, wenn
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sie nicht vergißt, daß die Resultate, worin sich ihre Erfahrungen
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zusammenfassen, Begriffe sind; daß aber die Kunst, mit Begriffen zu operieren,
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nicht eingeboren und auch nicht mit dem gewöhnlichen Alltagsbewußtsein
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gegeben ist, sondern wirkliches Denken erfordert, welches Denken ebenfalls eine
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lange erfahrungsmäßige Geschichte hat, nicht mehr und nicht minder
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als die erfahrungsmäßige Naturforschung. Eben dadurch, daß sie
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sich die Resultate der dritthalbtausendjährigen Entwicklung der Philosophie
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aneignen lernt, wird sie einerseits jede aparte, außer und über ihr
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stehende Naturphilosophie los, andrerseits aber auch ihre eigne, aus dem englischen
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Empirismus überkommne, bornierte Denkmethode.</P>
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<P>London, 23. September 1885</P>
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<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_III">III</A></H3>
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<P>Die nachfolgende Neuauflage ist bis auf einige sehr unbedeutende stilistische
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Änderungen ein Wiederabdruck der vorigen. Nur in einem Kapitel, <A NAME="S15"></A><B>|15|</B>
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dem zehnten des zweiten Abschnitts: »Aus der 'Kritischen Geschichte'«, habe
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ich mir wesentliche Zusätze erlaubt, und zwar aus folgenden Gründen.</P>
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<P>Wie schon in der Vorrede zur zweiten Auflage erwähnt, rührt dies
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Kapitel in allem Wesentlichen von Marx her. In seiner ersten, für einen
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Journalartikel bestimmten Fassung war ich genötigt, das Marxsche Manuskript
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bedeutend zu kürzen, und zwar grade in denjenigen Partien, wo die Kritik
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der Dühringschen Aufstellungen mehr zurücktritt gegenüber selbständigen
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Entwicklungen aus der Geschichte der Ökonomie. Diese aber machen grade
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den Teil des Manuskripts aus, der auch heute noch vom größten und
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bleibendsten Interesse ist. Die Ausführungen, worin Marx Leuten wie Petty,
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North, Locke, Hume die ihnen gebührende Stelle in der Genesis der klassischen
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Ökonomie anweist, halte ich mich für verpflichtet, möglichst
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vollständig und wörtlich zu geben; noch mehr aber seine Klarstellung
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des »ökonomischen Tableaus« von Quesnay, dieses für die ganze moderne
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Ökonomie unlösbar gebliebnen Sphinxrätsels. Was sich dagegen
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ausschließlich auf Herrn Dührings Schriften bezog, habe ich, soweit
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der Zusammenhang dies erlaubte, weggelassen.</P>
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<P>Im übrigen kann ich vollständig zufrieden sein mit der Ausbreitung,
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die die in dieser Schrift vertretnen Anschauungen, seit der vorigen Auflage,
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im öffentlichen Bewußtsein der Wissenschaft und der Arbeiterklasse
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gemacht haben, und zwar in allen zivilisierten Ländern der Welt.</P>
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<P>London, 23. Mai 1894<br>
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F. Engels</P>
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<P ALIGN="CENTER">
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<HR size="1">
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<p></P>
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<P>Fußnoten von Friedrich Engels</P>
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<P><SPAN class="top"><A NAME="F1">(1)</A></SPAN> Es ist viel leichter, mit dem gedankenlosen
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Vulgus à la Karl Vogt über die alte Naturphilosophie herzufallen,
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als ihre geschichtliche Bedeutung zu würdigen. Sie enthält viel Unsinn
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und Phantasterei, aber nicht mehr als die gleichzeitigen unphilosophischen Theorien
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der empirischen Naturforscher, und daß sie auch viel Sinn und Verstand enthält,
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fängt man seit der Verbreitung der Entwicklungstheorie an einzusehen. So
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hat Haeckel mit vollem Recht die Verdienste von Treviranus und Oken anerkannt.
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Oken stellt in seinem Urschleim und Urbläschen dasjenige als Postulat der
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Biologie auf, was seitdem als Protoplasma und Zelle wirklich entdeckt worden.
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Was speziell Hegel angeht, steht er in vieler Beziehung hoch über seinen
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empirischen Zeitgenossen, die alle unerklärten Erscheinungen erklärt
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zu haben glaubten, wenn sie ihnen eine Kraft - Schwerkraft, Schwimmkraft, elektrische
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Kontaktkraft usw. - unterschoben, oder wo dies nicht ging, einen unbekannten Stoff,
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Lichtstoff, Wärmestoff, Elektrizitätsstoff usw. Die imaginären
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Stoffe sind jetzt so ziemlich beseitigt, aber der von Hegel bekämpfte Kräfteschwindel
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spukt z.B. noch 1869 in Helmholtz' Innsbrucker Rede lustig fort (Helmholtz »Populäre
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Vorlesungen«, II. Heft, 1871, Seite 190). Gegenüber der von den Franzosen
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des 18. Jahrhunderts überkommnen Vergötterung Newtons, den England mit
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Ehren und Reichtum überhäufte, hob Hegel hervor, daß Kepler, den
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Deutschland verhungern ließ, der eigentliche Begründer der modernen
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Mechanik der Weltkörper, und daß das Newtonsche Gravitationsgesetz
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bereits in allen drei Keplerschen Gesetzen, im dritten sogar ausdrücklich
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enthalten ist. Was Hegel in seiner »Naturphilosophie«, § 270 und Zusätze
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(Hegels Werke, 1842, VII. Band, Seite 98 und 113 bis 115) mit ein paar einfachen
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Gleichungen nachweist, findet sich als Resultat der neuesten mathematischen Mechanik
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wieder bei Gustav Kirchhof »Vorlesungen über mathematische Physik«, 2. Auflage,
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Leipzig 1877, Seite 10, und in wesentlich derselben, von Hegel zuerst entwickelten,
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einfachen, mathematischen Form. Naturphilosophen verhalten sich zur bewußt-dialektischen
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|
Naturwissenschaft wie die Utopisten zum modernen Kommunismus. <A HREF="me20_005.htm#ZF1"><=</A></P>
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<HR size="1" align="left" width="200">
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<P><SMALL>Pfad: »../me/me20«<BR>
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Verknüpfte Dateien: »<A href="-1.gif">-1.gif</A>«</SMALL></P>
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<HR size="1">
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<TR>
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<TD ALIGN="center" width="24%" height=20 valign=middle><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
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<TD ALIGN="center" width="24%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Marx/Engels</SMALL></A></TD>
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