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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<meta name="Author" content="Karl Marx">
<meta name="Description" content="Dies ist die 1888 von Engels ver<65>ffentlichte Fassung">
<title>Karl Marx: Thesen &uuml;ber Feuerbach (Fassung 1845)</title>
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<FONT SIZE=2>
Seitenzahlen verweisen auf: Marx-Engels
Werke, Band 3, Seite 5ff. Dietz Verlag Berlin, 1969
</FONT SIZE=2>
<hr>
<p>
<p>Karl Marx
<h1>
Thesen &uuml;ber Feuerbach</h1>
<FONT SIZE=2>
Dies ist der urspr&uuml;ngliche 1845 von Marx geschriebene Text
<br><a href="me03_533.htm">Hier findet sich die von Engels 1888 als Anhang</A> zu <a href="../me21/me21_263.htm">"Ludwig Feuerbach und der Ausgang der deutschen Philosophie" </a>publizierte Fassung
</FONT SIZE=2>
<br>
<hr>
<p>1
<p>Der Hauptmangel alles bisherigen Materialismus (den Feuerbachschen mit
eingerechnet)&nbsp; ist, da&szlig; der Gegenstand, die Wirklichkeit, Sinnlichkeit,
nur unter der Form des <i>Objekts oder der Anschauung </i>gefa&szlig;t
wird; nicht aber als <i>sinnlich menschliche T&auml;tigkeit, Praxis;</i>
nicht subjektiv. Daher die <i>t&auml;tige </i>Seite abstrakt im Gegensatz
zu dem Materialismus vom dem Idealismus - der nat&uuml;rlich die wirkliche,
sinnliche T&auml;tigkeit als solche nicht kennt - entwickelt. Feuerbach
will sinnliche -&nbsp; von den Gedankenobjekten wirklich unterschiedne
Objekte: aber er fa&szlig;t die menschliche T&auml;tigkeit selbst nicht
als <i>gegenst&auml;ndliche </i>T&auml;tigkeit. Er betrachtet daher im
"Wesen des Christenthums" nur das theoretische Verhalten als das echt menschliche,
w&auml;hrend die Praxis nur in ihrer schmutzig-j&uuml;dischen Erscheinungsform
gefa&szlig;t und fixiert wird. Er begreift daher nicht die Bedeutung der
"revolution&auml;ren", der "praktisch-kritischen" T&auml;tigkeit.
<p>2
<p>Die Frage, ob dem menschlichen Denken gegenst&auml;ndliche Wahrheit
zukomme - ist keine Frage der Theorie, sondern eine <i>praktische </i>Frage.
In der Praxis mu&szlig; der Mensch die Wahrheit, i.e. die Wirklichkeit
und Macht, Diesseitigkeit seines Denkens beweisen. Der Streit &uuml;ber
die Wirklichkeit oder Nichtwirklichkeit des Denkens -&nbsp; das von der
Praxis isoliert ist - ist eine rein <i>scholastische </i>Frage.
<p>3
<p>Die materialistische Lehre von der Ver&auml;nderung der Umst&auml;nde
und der Erziehung vergi&szlig;t, da&szlig; die Umst&auml;nde von den Menschen
ver&auml;ndert und der Erzieher selbst erzogen werden mu&szlig;. Sie mu&szlig;
daher die Gesellschaft in zwei Teile - von denen der eine &uuml;ber ihr
erhaben ist - sondieren.
<p>Das Zusammenfallen des &Auml;ndern[s] der Umst&auml;nde und der menschlichen
T&auml;tigkeit oder Selbstver&auml;nderung kann nur als <i>revolution&auml;re
Praxis </i>gefa&szlig;t und rationell verstanden werden.
<p>4
<p>Feuerbach geht aus von dem Faktum der religi&ouml;sen Selbstentfremdung,
der Verdopplung der Welt in eine religi&ouml;se und eine weltliche Welt.
Seine Arbeit besteht darin, die religi&ouml;se Welt in ihre weltliche Grundlage
aufzul&ouml;sen. Aber da&szlig; die weltliche Grundlage sich von sich selbst
abhebt und sich ein selbst&auml;ndiges Reich in den Wolken fixiert, ist
nur aus der Selbstzerrissenheit und Sichselbstwidersprechen dieser weltlichen
Grundlage zu erkl&auml;ren. Diese selbst mu&szlig; also in isch selbst
sowohl in ihrem Widerspruch verstanden als praktisch revolutioniert werden.
Also nachdem z.B. die irdische Familie als das Geheimnis der heiligen Familie
entdeckt ist, mu&szlig; nun erstere selbst theoretisch und praktisch vernichtet
werden.
<p>5
<p>Feuerbach, mit dem <i>abstrakten Denken </i>nicht zufrieden, will die
<i>Anschauung</i>;
aber er fa&szlig;t die Sinnlichkeit nicht als <i>praktische
</i>menschlich-sinnliche
T&auml;tigkeit.
<p>6
<p>Feuerbach l&ouml;st das religi&ouml;se Wesen in das <i>menschliche </i>Wesen
auf. Aber das menschliche Wesen ist kein dem einzelnen Individuum inwohnendes
Abstraktum. In seiner Wirklichkeit ist es das ensemble der gesellschaftlichen
Verh&auml;ltnisse.
<p>Feuerbach, der auf die Kritik dieses wirklichen Wesens nicht eingeht,
ist daher gezwungen:
<p>1. von dem geschichtlichen Verlauf zu abstrahieren und das religi&ouml;se
Gem&uuml;t f&uuml;r sich zu fixieren, und ein abstrakt - <i>isoliert </i>-
menschliches Individuum vorauszusetzen;
<p>2. Das Wesen kann daher nur als "Gattung", als innere, stumme, die vielen
Individuen <i>nat&uuml;rlich </i>verbindende Allgemeinheit gefa&szlig;t
werden.
<p>7
<p>Feuerbach sieht daher nicht, da&szlig; das "religi&ouml;se Gem&uuml;t"
selbst ein gesellschaftliches Produkt ist und da&szlig; das abstrakte Individuum,
das er analysiert, in Wirklichkeit einer bestimmten Gesellschaftsform angeh&ouml;rt.
<p>8
<p>Alles gesellschaftliche Leben ist wesentlich <i>praktisch</i>. Alle
Mysterien, welche die Theorie zum Mystizism[us] veranlassen, finden ihre
rationelle L&ouml;sung in der menschlichen Praxis und im Begreifen dieser
Praxis.
<p>9
<p>Das H&ouml;chste, wozu der anschauende Materialismus kommt, d.h. der
Materialismus, der die Sinnlichkeit nicht als praktische T&auml;tigkeit
begreift, ist die Anschauung der einzelnen Individuen und der b&uuml;rgerlichen
Gesellschaft.
<p>10
<p>Der Standpunkt des alten Materialismus ist die b&uuml;rgerliche Gesellschaft;
der Standpunkt des neuen die menschliche Gesellschaft, oder die gesellschaftliche
Menschheit.
<p>11
<p>Die Philosophen haben die Welt nur verschieden <i>interpretiert</i>;
es k&ouml;mmt drauf an, sie zu <i>ver&auml;ndern</i>.
<p>
<hr>
<FONT SIZE=2>
<br>Geschrieben im Fr&uuml;hjahr 1845.
<br>Nach der Ver&ouml;ffentlichung des
<br>Marx-Engels-Lenin-Instituts,
<br>Moskau, 1932.
</FONT SIZE=2>
<br>
<hr>
<br>&nbsp;
</body>
</html>