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<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
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<TITLE>"Neue Rheinische Zeitung" - Der Adressentwurf der zweiten Kammer</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="me06_357.htm"><FONT SIZE=2>Der Frankfurter Märzverein und die "Neue Rheinische Zeitung"</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="../me_nrz49.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me06_362.htm"><FONT SIZE=2>[Der 18. März]</FONT></A></P>
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<P><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 6, S. 359-362<BR>
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Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959</SMALL></P>
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<FONT SIZE=5><P>Der Adreßentwurf der zweiten Kammer</P>
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</FONT><FONT SIZE=2><P>["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 247 vom 16. März 1849, Außerordentliche Beilage]</P>
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</FONT><B><P><A NAME="S359"><359></A></B> *<I>Köln</I>, 6. März. Wir teilen nachstehend unsern Lesern den <I>Adreßentwurf der zweiten Kammer </I>mit, eine blasse, servile Kopie der Thronrede <Siehe <A HREF="me06_314.htm">"Die Thronrede"</A>>. Ihr Verfasser ist der berüchtigte Ritter von der roten Erde, der tapfere (!) v. <I>Vincke</I>.</P>
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<P>Die Adreßkommission <I>"erkennt" </I>(alttestamentalischer Stil) die "Feststellung" des "Rechtszustandes durch die Verfassung vom 5. Dezember v. J. dankbar". Sogar <I>begeht </I>sie diesen Dank im Namen des <I>"preußischen Volkes"</I>. Und warum dankt das Volk der Adreßkommission für die vom Säbel oktroyierte Dezemberverfassung ? Weil es "durchdrungen" ist "von dem Verlangen nach der <I>Wiederkehr eines öffentlichen Rechtszustandes</I>". Vincke, armer Ritter! Er mußte sich bewähren als der Mann des <I>"Rechtsbodens"</I>, der seine "Spezialität bildet. Und wie den "Rechtsboden" anerkennen, gegenüber dem Ministerium Brandenburg, das eben diesen Rechtsboden in die Luft sprengte, indem es die Gesetze vom 6. und 8. April 1848 zerriß? Nichts einfacher! Das Ministerium hat einen <I>neuen </I>Rechtsboden oktroyiert, das <I>Standrecht, </I>und gleichzeitig die <I>Charte</I>, den Code und die Philosophie des <I>Standrechts</I>, die Verfassung vom 5. Dezember. Erst hebt das Ministerium den "öffentlichen Rechtszustand" auf. Dann proklamiert die Regierung einen andern, den ersten besten kroatischen "öffentlichen Rechtszustand", einen Rechtsboden quelconque <nach Belieben>. Und die Adreßkommission im Namen des preußischen Volkes und Vincke im Namen der preußischen Adreßkommission [haben] nichts eiligeres zu begrüßen, als die Wiederkehr <I>eines </I>(irgendeines, des ersten besten) "öffentlichen Rechtszustandes"! Der Rechtsboden ist tot! Es lebe der Rechtsboden! <A NAME="S360"><B><360></A></B> Wenn die preußische Regierung morgen gestürzt, wenn ein comité du salut public <Wohlfahrtsausschuß> in Berlin proklamiert wird, unter den ersten Gratulanten, den Hochzeitsrittern wird sich unfehlbar ein "Mann des Rechtsbodens" befinden, ein beliebiger Vincke, und die "Wiederkehr <I>eines</I>" beliebigen "öffentlichen Rechtszustandes" gerührt anerkennen.</P>
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<P>Die Adreßkommission und die Toten reiten schnell. Erst "Dank" (nach Vorschrift der "Neuen Preußischen Zeitung") für den Staatsstreich vom 5. Dezember! Dann die Verfassung des Standrechts als "das nunmehr gültige Grundgesetz des preußischen Staats" proklamiert! Endlich das Gelübde abgelegt, die "<I>Revision </I>voll Ehrfurcht und Treue gegen Eure königl[iche] Majestät" zu vollziehen, d.h. <I>revidieren im Sinne des Geschenkgebers</I>. Wir werden auf diesem Wege hoffentlich noch <I>hinter </I>den Vereinigten Landtag zurückgeführt werden!</P>
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<P>Was den <I>"Belagerungszustand" Berlins </I>betrifft, wird sich die Adreßkommission ausschließlich von dem Gemeinplatz beherrschen lassen, daß "wahre Freiheit nicht <I>ohne gesetzliche Ordnung </I>bestehn kann". Man kennt den Schlachtruf der <I>"gesetzlichen Ordnung!" </I>von Warschau her. Könnte Preußen nur ohne Geld bestehen und das Geld erstehn ohne diese zudringlichen parlamentarischen Schwätzer! Was die sporadischen Belagerungszustände "außerhalb der Stadt Berlin" betrifft, so hält es die Adreßkommission für angemessen, "einer weiteren Mitteilung Eurer Königlichen Majestät Regierung entgegenzusehn". Unterdessen haben Erfurt und die schlesischen belagerungsbezustandeten Bezirke das Nachsehn. Vincke ist satisfait <befriedigt>, wenn nur die Erfurter und Rosenberger Militärzensuren <Siehe <A HREF="me06_351.htm">"Zensur"</A>> seinen Adreßentwurf nicht "streichen". Keine Gefahr!</P>
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<P>Vincke verspricht sodann im Namen der Adreßkommission und die Adreßkommission verspricht im Namen der zweiten Kammer und die zweite Kammer verspricht im Namen des Volkes, die von der königlich preußischen Regierung der "sogenannten Volksvertretung" auferlegten Pensa "mit angestrengter Tätigkeit" und zu möglichster Zufriedenheit zu absolvieren. Glück auf!</P>
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<FONT SIZE=2><P>"Freudig erkennen auch wir, daß Preußens Heer in Tagen des Kampfes seinen Kriegsruhm, in schweren Prüfungen seine Treue bewährt hat."</P>
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</FONT><P>Dänischer Reichskammergerichtsfeldzug! Schlacht bei Miloslaw und Wreschen! <Siehe <A HREF="me06_160.htm#S162">"Eine Neujahrsgratulation", S. 162</A>> Siege in Anhalt, in Mainz, in Frankfurt a. M! Mehr! Vincke erkennt freudig die Treue, womit "Mein herrliches Kriegsheer" Vinckes <A NAME="S361"><B><361></A></B> Vorgänger gehetzt und mit den Aktenstücken der alten Nationalversammlung den Ofen geheizt hat. Vincke hat allen Grund. Ohne die "Treue" von "Preußens Heer in schweren Prüfungen" hätte unser Vincke nie Anlaß gefunden, sich durch diesen von ihm selbst verfaßten Adreßentwurf unsterblich zu machen. Übrigens bemerken wir nebenbei, daß die Adreßkommission auch in diesem Passus schülerhaft den von der "N[euen] Pr[eu]ß[ischen] Z[eitung]" in dem Hohenzollernschen Gesamtreformplan gegebenen Vorschriften <Siehe <A HREF="me06_346.htm">"Der Hohenzollernsche Gesamtreformplan"</A>> nachlebt.</P>
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<P>Und die <I>deutsche Frage</I>?</P>
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<P>"Preußen" wird "keine Opfer" scheuen, um Kleindeutschland auf anderm Wege an sich zu reißen, als Friedrich der Große Schlesien an sich riß. In bezug auf "Eroberungen" huldigt das moderne Preußen dem "friedlichen" Fortschritt. Zudem "hofft" die Adreßkommission auf "<I>Verständigung </I>aller deutschen Regierungen mit der deutschen Nationalversammlung". <I>Wir </I>hoffen, daß die deutschen Regierungen nicht viel Scherens mit diesem Reichslehrerseminar machen werden.</P>
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<P>Auch von "der Aufkündigung des Waffenstillstands seitens der Krone Dänemarks" wünscht die Adreßkommission "keine Störung des Friedens". Vincke weiß sehr wohl, daß diese dänische Waffenstillstandsaufkündigung nicht ernsthafter gemeint ist als der preußisch-dänische Krieg. Die preußischen Truppen als Reichstruppen in Schleswig-Holstein, die schleswig-holsteinischen Truppen als Reichstruppen in Süddeutschland, jene hier, diese dort das Standrecht proklamierend!</P>
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<P>Kondolenz für den Tod des Prinzen Waldemar, Beteuerungen der Selbstaufopferung, womit die v. Bodelschwingh, die Riedel, v. Seckendorf, Arnim, Harkort, Graf Renard, Camphausen, Vincke, die Grün und ähnliches Gesindel zu preußischen Lykurgen und Solonen sich herabgewürdigt; Gottesfurcht, Achtung vor dem Gesetze, Gemeinsinn, Gerechtigkeit, die Vorsehung, die Herzen der Könige und die Zukunft Preußens "und mit ihm Deutschlands", alles das wird zum Dessert von der Adreßkommission durch v. Vinckes gütige Vermittlung aufgetafelt!</P>
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<P>Der <I>Idiotismus </I>muß Bürgerrecht besitzen in einer Volksvertretung und in einem Volke, die ein v. Vincke im Namen einer Adreßkommission, im Namen einer Kammer, im Namen des Volkes selbst durch ein solches schäbiges Machwerk zum Gespött der europäischen Galerie zu machen wagen darf.</P>
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<FONT SIZE=2><P>Geschrieben von Friedrich Engels.</P>
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