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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>August Bebel - Die Frau und der Sozialismus - 15. Kapitel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="beaa_268.htm"><FONT SIZE=2>14. Kapitel</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_347.htm"><FONT SIZE=2>16. Kapitel</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 310-343.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 31.1.1999.</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER"> F&uuml;nfzehntes Kapitel</I> <FONT SIZE=4><BR>
Die rechtliche Stellung der Frau </P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">1. Der Kampf um die zivilrechtliche Gleichberechtigung</P>
</I><B><P><A NAME="S310">|310|</A></B> Die soziale Abh&auml;ngigkeit einer Rasse, einer Klasse oder eines Geschlechts erh&auml;lt stets ihren Ausdruck in den Gesetzen und politischen Einrichtungen des betreffenden Landes. Die Gesetze sind der in Paragraphen formulierte Ausdruck der ma&szlig;gebenden Interessen, der zum Rechte eines Landes erhoben wird.<I> Die Frauen als abh&auml;ngiges, unterdr&uuml;cktes Geschlecht finden dementsprechend ihre Stellung im Rechte eines Landes zugewiesen.</I> Die Gesetze sind negativer und positiver Art. Negativ, insofern sie bei der Verteilung von Rechten von dem Unterdr&uuml;ckten keine Notiz nehmen, positiv, indem sie ihm seine unterdr&uuml;ckte Stellung anweisen und etwaige Ausnahmen bezeichnen. </P>
<P>Unser gemeines Recht beruht auf dem r&ouml;mischen Rechte, das den Menschen nur als besitzendes Wesen kennt. Das alte germanische Recht, das die Frau w&uuml;rdiger behandelte, hat nur teilweise seine Wirksamkeit behalten. Wie in der franz&ouml;sischen Sprache der Mensch und der Mann durch ein und dasselbe Wort, "l<>homme", bezeichnet werden, und ebenso in der englischen durch "man", so kennt das franz&ouml;sische Recht den Menschen nur als Mann, und ganz &auml;hnlich war es bis vor wenigen Jahrzehnten in England, woselbst die Frau sich in sklavischer Abh&auml;ngigkeit vom Manne befand. So einst auch in Rom. Es gab r&ouml;mische B&uuml;rger und Frauen r&ouml;mischer B&uuml;rger, keine B&uuml;rgerinnen. </P>
<P>In Deutschland hat sich der Rechtszustand f&uuml;r die Frau insofern verbessert, als an Stelle der bunten Musterkarte ein einheitliches b&uuml;rgerliches Recht getreten ist, und dadurch Rechte, die sie hier und dort besa&szlig;, verallgemeinert wurden. Danach erlangte die unverheiratete Frau die unbeschr&auml;nkte Zulassung zur Vormundschaft; Frauen erhielten das Recht, als Zeugen bei Eheschlie&szlig;ungen und Testamentsaufnahmen zu fungieren; die Frau erlangte ferner vollkommene Ge- <A NAME="S311"><B>|311|</A></B> sch&auml;ftsf&auml;higkeit, das hei&szlig;t das Recht, Vertr&auml;ge abzuschlie&szlig;en, ausgenommen sie verpflichtet sich (als Ehefrau) in Person zu einer Leistung, auch darf sie ohne Zustimmung des Ehemannes keine Vormundschaft &uuml;bernehmen. Die Verpflichtung zur ehelichen Gemeinschaft besteht f&uuml;r beide Teile, soweit nicht die Anspr&uuml;che des anderen Teiles sich als Mi&szlig;brauch seines Rechtes herausstellt. Bestehen aber hier&uuml;ber widersprechende Ansichten der Ehegatten, so steht dem<I> Manne</I> die Entscheidung zu, namentlich hat<I> er</I> auch &uuml;ber Wohnort und Wohnung zu bestimmen. Rechtsmi&szlig;brauch des Mannes entbindet die Frau von den Folgeleistung. Die Leitung des Hauswesens steht allein der Frau zu; sie besitzt die sogenannte Schl&uuml;sselgewalt, kraft deren sie im h&auml;uslichen Wirkungskreis die Gesch&auml;fte des Mannes besorgen und ihn vertreten kann. Der Mann mu&szlig; f&uuml;r die von ihr eingegangenen Verpflichtungen haften. Doch kann der Mann die Schl&uuml;sselgewalt seiner Frau ganz aufheben oder beschr&auml;nken. Mi&szlig;braucht er dieses Recht, so kann das Vormundschaftsgericht die Beschr&auml;nkung aufheben. Zur &Uuml;bernahme von Arbeiten im Hauswesen und im Gesch&auml;ft des Mannes ist die Ehefrau verpflichtet, doch nur, wenn eine solche T&auml;tigkeit nach den Lebensverh&auml;ltnissen des Gatten &uuml;blich ist. </P>
<P>Das Verlangen, die eheliche G&uuml;tertrennung als Regel einzuf&uuml;hren, lehnte der Reichstag ab. Diese kann nur durch den Ehevertrag gesichert werden, was bei Abschlu&szlig; der Ehe oft genug unterlassen werden wird und nachher zu Unzutr&auml;glichkeiten f&uuml;hrt. Dagegen wurde die sogenannte Verwaltungsgemeinschaft eingef&uuml;hrt. Hiernach steht die Verwaltung und Nutznie&szlig;ung des Verm&ouml;gens der Frau dem Manne zu, aber sie ist auf das eingebrachte Gut beschr&auml;nkt. Dagegen steht der Frau die uneingeschr&auml;nkte Verwaltung und Verf&uuml;gung &uuml;ber das zu, was von ihr w&auml;hrend der Ehe durch ihre Arbeit und durch den Betrieb eines Gesch&auml;ftes erworben wird. Der Mann hat nicht das Recht, die Frau durch Rechtsgesch&auml;fte auf das von ihr eingebrachte Verm&ouml;gen zu verpflichten. Auch kann die Frau Sicherheitsleistung verlangen, im Falle sie begr&uuml;ndete Besorgnis hat, da&szlig; ihr Eingebrachtes gef&auml;hrdet ist, was sie h&auml;ufig zu sp&auml;t erfahren d&uuml;rfte. Auch kann sie Klage auf Aufhebung der Verwaltungsgemeinschaft erheben, falls der Mann durch sein Verhalten den Unterhalt von Frau und Kindern erheblich gef&auml;hrdet. Der Mann haftet f&uuml;r den Schaden, der aus schlechter Verwaltung entstanden ist. </P>
<P>Gro&szlig;es Unrecht kann der Frau durch die Ehescheidung zugef&uuml;gt <A NAME="S312"><B>|312|</A></B> werden. Im Falle der Scheidung verbleibt n&auml;mlich dem Manne das in gemeinsamer Arbeit der Eheleute erworbene Verm&ouml;gen, auch wenn der<I> Mann der Schuldige ist</I> und die Frau am meisten erworben hat, wohingegen die Frau den standesgem&auml;&szlig;en Unterhalt nur insoweit beanspruchen kann, als sie ihn nicht aus den Eink&uuml;nften ihres eigenen Verm&ouml;gens oder dem Ertrag ihrer Arbeit zu bestreiten vermag. Ferner verbleibt im Scheidungsfall dem Manne das Verm&ouml;gen, das etwa aus nicht verwendeten Eink&uuml;nften des Verm&ouml;gens der Frau angesammelt wurde. </P>
<P>Die v&auml;terliche Gewalt ist durch die elterliche ersetzt, aber bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den Eltern geht die Meinung des Vaters vor. Stirbt der Vater, so geht die Aus&uuml;bung der elterlichen Gewalt einschlie&szlig;lich der Nutznie&szlig;ung vom Verm&ouml;gen des Kindes auf die Mutter &uuml;ber. Eine geschiedene Frau, auch wenn ihr die Erziehung zuf&auml;llt, entbehrt des Rechtes der Vertretung und der Verm&ouml;gensverwaltung der Kinder, wohingegen der Vater die vollen Elternrechte genie&szlig;t. </P>
<P>In England schrieb bis 1870 das Gewohnheitsrecht des Landes dem Manne das Besitztum der Ehefrau an beweglichen G&uuml;tern zu. Nur an unbeweglichen G&uuml;tern blieb das Eigentumsrecht ihr bewahrt, aber der Ehemann besa&szlig; das Recht der Verwaltung und der Nutznie&szlig;ung. Vor Gericht war die englische Frau eine Null; sie konnte keinerlei Rechtshandlungen begehen und nicht einmal ein g&uuml;ltiges Testament abfassen; sie war Leibeigene ihres Mannes. F&uuml;r ein Verbrechen, das sie in Gegenwart des Mannes beging, war dieser verantwortlich; sie wurde als Unm&uuml;ndige angesehen. F&uuml;gte sie jemand Schaden zu, so wurde dieser beurteilt, als sei er durch<I> Haustiere</I> begangen worden; der Mann hatte daf&uuml;r einzustehen. Nach einem Vortrag, den im Jahre 1888 Bischof J. N. Wood in der Kapelle zu Westminster hielt, durfte die Frau noch vor hundert Jahren nicht bei Tische essen und nicht eher sprechen, als bis sie gefragt wurde. &Uuml;ber dem Bette hing als Zeichen der eheherrlichen Gewalt eine Peitsche, die der Mann handhaben durfte, wenn die Gattin &uuml;ble Laune zeigte. Nur die T&ouml;chter hatten ihren Befehlen zu gehorchen, die S&ouml;hne sahen in ihr eine Dienerin. </P>
<P>Durch die betreffenden Gesetze von 1870, 1882 und 1893 bleibt die Frau nicht nur alleinige Besitzerin alles dessen, das sie in die Ehe bringt, sie ist auch Besitzerin alles dessen, was sie erwirbt oder durch Erbschaft und Schenkung erh&auml;lt. Diese Rechtsverh&auml;ltnisse k&ouml;nnen nur <A NAME="S313"><B>|313|</A></B> durch besonderen Vertrag zwischen den Ehegatten ge&auml;ndert werden. Die englische Gesetzgebung folgte hier dem Beispiel jener der Vereinigten Staaten. Seit der Custody of Infants Act von 1886 geht die elterliche Gewalt nach dem Tode des Vaters auf die Mutter &uuml;ber. In dem seit der Intestate Estates Act von 1890 geltenden reformierten Erbrecht ist der Mann nach wie vor bevorzugt. Beide Gatten besitzen Testierfreiheit. Sind aber keine Verf&uuml;gungen getroffen, so beh&auml;lt der Vater das ganze<I> bewegliche</I> Verm&ouml;gen der verstorbenen Frau. Die Witwe dagegen erbt nur ein Drittel des beweglichen Gutes und bezieht ein Drittel der Rente des Grundbesitzes, das &uuml;brige f&auml;llt den Kindern zu. Nach der neuen Married Women<65>s Property Act von 1908 ist die verheiratete Frau den Eltern und dem Manne Unterhalt schuldig. Es bleiben aber noch viele Reste des alten mittelalterlichen Rechtes geltend, die noch sehr stark die Lage der verheirateten Frau beeintr&auml;chtigen. Wie wir sahen, ist noch bis jetzt das Ehescheidungsrecht f&uuml;r die Frau sehr ung&uuml;nstig. Ein Ehebruch des Mannes ist noch kein Scheidungsgrund f&uuml;r die Frau, sondern nur in Verbindung mit Grausamkeit, Bigamie, Notzucht usw.<A NAME="ZF1"><A HREF="beaa_310.htm#F1">(1)</A></A> </P>
<P>Besonders r&uuml;ckst&auml;ndig bleibt noch im allgemeinen f&uuml;r die Frau das b&uuml;rgerliche Recht in Frankreich und in allen L&auml;ndern - meistens romanischen L&auml;ndern -, die vom franz&ouml;sischen Code civil stark beeinflu&szlig;t sind oder wo er mit einigen &Auml;nderungen noch bisher direkt gilt. So in Belgien, Spanien, Portugal, Italien, Russisch-Polen, in den Niederlanden und den meisten Kantonen der Schweiz. &Uuml;ber die Auffassung Napoleons I. bez&uuml;glich der Stellung der Frau existiert ein bezeichnendes Wort, das noch heute gilt: "Eins ist nicht franz&ouml;sisch, eine Frau, die tun kann, was ihr gef&auml;llt.<A NAME="ZF2">"<A HREF="beaa_310.htm#F2">(2)</A></A> Sobald sie heiratet, kommt die Frau unter die Vormundschaft des Mannes. Nach <20> 215 des Code civil darf sie ohne Zustimmung des Gatten nicht vor Gericht auftreten, auch wenn sie einen &ouml;ffentlichen Handel hat. Nach <20> 213 soll der Mann die Frau sch&uuml;tzen, und sie hat ihm Gehorsam zu leisten. Er verwaltet das in die Ehe gebrachte Verm&ouml;gen seiner Frau, er kann die G&uuml;ter derselben verkaufen, ver&auml;u&szlig;ern und mit Hypotheken belasten, ohne da&szlig; er ihrer Mitwirkung oder Zustimmung bedarf. Die Folge ist, da&szlig; die Frau sich h&auml;ufig in einem Zustand reiner Sklaverei befin- <A NAME="S314"><B>|314|</A></B> det. Der Mann verschlemmt mit liederlichen Dirnen oder im Wirtshaus, was die Frau erwirbt, oder er macht Schulden oder verspielt den Erwerb der Frau und l&auml;&szlig;t sie und die Kinder darben, ja, er hat sogar das Recht, vom Arbeitgeber die Auszahlung des Verdienstes seiner Frau zu beanspruchen. Wer k&ouml;nnte ihr verdenken, wenn sie bei solcher Sachlage auf die frivole Eheschlie&szlig;ung verzichtete, wie das zum Beispiel in Frankreich so h&auml;ufig der Fall war. </P>
<P>Sie kann weiter in den meisten romanischen L&auml;ndern - in Frankreich bis 1897 - auch nicht als Zeuge auftreten bei dem Abschlu&szlig; von Vertr&auml;gen, Testamenten und notariellen Akten. Dagegen l&auml;&szlig;t man sie - seltsamer Widerspruch - als Zeugin vor Gericht fungieren in allen Kriminalf&auml;llen, wo unter Umst&auml;nden ihr Zeugnis die Hinrichtung eines Menschen herbeif&uuml;hren kann.<I> Kriminalrechtlich wird sie allerw&auml;rts f&uuml;r vollwertig angesehen, und sie wird f&uuml;r jedes Verbrechen und Vergehen mit gleichem Ma&szlig;e gemessen wie der Mann.</I> Dieser Widerspruch kommt unseren Herren Gesetzgebern nicht zum Bewu&szlig;tsein. Als Witwe darf sie ein Testament &uuml;ber ihren Nachla&szlig; verfassen, aber als Testamentszeugin wird sie in einer gro&szlig;en Anzahl Staaten nicht zugelassen, doch kann sie nach Artikel 1029 des Code civil als<I> Testamentsvollstreckerin</I> ernannt werden. In Italien ist sie seit dem Jahre 1877 auch zivilrechtlich als vollwertige Zeugin zugelassen. </P>
<P>Die Bevorzugung des Mannes tritt besonders grell in der Ehescheidungsgesetzgebung zutage. Nach dem Code civil war in Frankreich dem Ehemann der Antrag auf Ehescheidung gestattet, sobald die Ehefrau sich des Ehebruchs schuldig machte, dagegen konnte nach Artikel 230 die Frau einen solchen Antrag nur stellen, wenn der Ehemann seine Konkubine in den gemeinsamen Haushalt aufnahm. Dieser Artikel ist durch das Gesetz &uuml;ber die Ehescheidung vom 27. Juli 1884 gefallen, aber im franz&ouml;sischen Strafrecht ist der Unterschied geblieben, was sehr bezeichnend f&uuml;r die franz&ouml;sischen Gesetzgeber ist. Wird die Frau des Ehebruchs &uuml;berf&uuml;hrt, so wird sie mit Gef&auml;ngnis von 3 Monaten bis zu 2 Jahren bestraft. Der Mann wird nur bestraft, wenn er, nach dem fr&uuml;heren Artikel 230 Bes Code civil, eine Konkubine im Hause des Ehepaares unterh&auml;lt und daraufhin die Ehefrau klagt. Er erh&auml;lt aber, wenn f&uuml;r schuldig erkannt, nur eine Geldbu&szlig;e von 100 bis zu 2.000 Franc. (Artikel 337 und 339 des Code penal.) Eine solche Rechtsungleichheit w&auml;re unm&ouml;glich, wenn auch Frauen <A NAME="S315"><B>|315|</A></B> im franz&ouml;sischen Parlament s&auml;&szlig;en. &Auml;hnliches Recht besteht in Belgien. Die Strafe f&uuml;r den Ehebruch der Frau ist dieselbe wie in Frankreich, der Ehemann kann nur bestraft werden, falls der Ehebruch in der Wohnung der Eheleute begangen wurde, alsdann tritt f&uuml;r den Ehemann Gef&auml;ngnisstrafe von einem Monat bis zu einem Jahre ein. Etwas gerechter ist man in Belgien als in Frankreich, aber zweierlei Recht besteht hier wie dort f&uuml;r Mann und Frau. &Auml;hnliche Bestimmungen gelten unter dem Einflu&szlig; des franz&ouml;sischen Rechts in Spanien und Portugal. Das italienische gemeine Recht (Zivilrecht) vom Jahre 1865 erm&ouml;glicht der Frau nur die Scheidung, wenn der Ehemann seine Konkubine im Hause unterh&auml;lt, oder an einem Orte, an dem der Aufenthalt der Konkubine als eine besonders schwere Beleidigung f&uuml;r die Ehefrau angesehen werden mu&szlig;. Im Jahre 1907, zugleich mit dem Gesetz (vom 21. Juni), das eine Reihe Artikel des Code civil, betreffend Eheschlie&szlig;ungen, ge&auml;ndert hat, wurde endlich von beiden Kammern das Gesetz vom 15. Juli angenommen, das die Frau zur alleinigen Besitzerin alles dessen macht, was sie selbst&auml;ndig erwirbt oder durch Erbschaft und Schenkung erh&auml;lt. Der Mann hat sein Verf&uuml;gungsrecht &uuml;ber das Sondergut der Frau verloren. Das ist die erste Bresche in der franz&ouml;sischen Gesetzgebung, und die franz&ouml;sische Frau steht jetzt auf derselben Stufe, auf die die englische Frau durch das Gesetz von 1870 gestellt wurde. </P>
<P>Viel weiter nicht nur im Vergleich mit dem Code civil, sondern auch mit dem B&uuml;rgerlichen Gesetzbuch geht das neue schweizerische Zivilgesetzbuch, das am 10. Dezember 1907 angenommen ist und am 1. Januar 1912 in Kraft tritt. An Stelle der verschiedenen Gesetze der einzelnen Kantone, die teils im Anschlu&szlig; an den Code civil, wie in Genf, Waadt und in der italienischen Schweiz, oder an das &ouml;sterreichische Recht, wie in Bern und Luzern, oder an das alte Gewohnheitsrecht in Schwyz, Uri, Unterwalden usw. galten, bekommt jetzt die Schweiz ein einheitliches Gesetz. Die Freiheit der Frau und der Kinder ist gesichert. Das neue Gesetz zuerkennt auch dann der Frau einen Anteil am Gewinn der Ehe (ein Drittel davon), wenn sie nur als Gehilfin oder Hausfrau mitt&auml;tig gewesen ist. Auch im Erbrecht ist sie besser gestellt als nach dem deutschen Recht. So erh&auml;lt sie neben den Eltern des Mannes au&szlig;er der H&auml;lfte des Nachlasses noch lebensl&auml;nglichen Nie&szlig;brauch an der anderen H&auml;lfte. Schuldner solcher Ehem&auml;nner, welche die Sorge f&uuml;r Weib und Kind vernachl&auml;ssigen. k&ouml;nnen vom <A NAME="S316"><B>|316|</A></B> Richter angewiesen werden, ihre Zahlungen an die Ehefrau zu leisten. Das Verbot der Eheschlie&szlig;ung des geschiedenen Ehegatten mit demjenigen, mit welchem er den Ehebruch begangen hat, ist unter die Ehehindernisse nicht aufgenommen. (Der betreffende <20> 298 des Code civil ist auch in Frankreich im Jahre 1904 weggefallen.) Das eheliche G&uuml;terrecht ist im wesentlichen ebenso wie im B&uuml;rgerlichen Gesetzbuch geordnet. In erster Reihe entscheidet der Ehevertrag, der sowohl vor als w&auml;hrend der Ehe geschlossen werden kann. Uneheliche Kinder haben, wenn die Ehe der Mutter versprochen war, Anspruch nicht nur auf Alimente wie im deutschen Recht, sondern auch auf Zusprechung der Standesfolge gegen den Vater, und erlangen damit die Rechte der ehelichen Kinder. </P>
<P>Schweden sicherte durch Gesetz vom 11. Dezember 1874 der Ehefrau das Recht der freien Verf&uuml;gung &uuml;ber das, was sie durch pers&ouml;nliche Arbeit erwirbt. D&auml;nemark hat 1880 den gleichen Grundsatz zum geltenden Recht erhoben. Auch kann nach d&auml;nischem Recht das Besitztum der Frau nicht durch Schulden des Mannes in Anspruch genommen werden. Ganz &auml;hnlich lautet das norwegische Gesetz vom Jahre 1888 und das finnl&auml;ndische vom Jahre 1889: Die verheiratete Frau hat dieselbe F&auml;higkeit der Verf&uuml;gung &uuml;ber ihre G&uuml;ter wie die nichtverheiratete, nur sind einige Ausnahmen vorgesehen, die im Gesetz erw&auml;hnt werden. Im norwegischen Gesetz wird dieses ausgesprochen,<I> da&szlig; die Frau durch die Ehe unfrei wird</I>. </P>
<P>"In den skandinavischen wie in fast allen anderen L&auml;ndern geriet diese universelle Bewegung zur Erweiterung des 'Sondergutes' der Frau an ganz demselben Punkte in Flu&szlig;, an dem sie auch in England einsetzte: dem Arbeitserwerb der Ehefrau. Die herrschenden Klassen gaben eben weit bereitwilliger die patriarchale Position des kleinen Mannes &uuml;ber die arbeitende, als diejenige des Mannes ihrer eigenen Schichten &uuml;ber die besitzende Frau preis."<A NAME="ZF3"><A HREF="beaa_310.htm#F3">(3)</A></A> </P>
<P>In dem Gesetz vom 27. Mai 1908 macht die d&auml;nische Gesetzgebung einen weiteren Schritt. Entzieht sich der Ehemann beziehungsweise Vater seiner Unterhaltspflicht, so k&ouml;nnen die Frau beziehungsweise die Kinder verlangen, da&szlig;, nachdem die H&ouml;he des zu gew&auml;hrenden Unterhalts von der Verwaltungsbeh&ouml;rde festgesetzt ist, der Unterhalt ihnen aus &ouml;ffentlichen Mitteln vorgeschossen wird.</P>
<B><P><A NAME="S317">|317|</A></B> Das Recht der Erziehung der Kinder und das Recht, &uuml;ber die Erziehung derselben Bestimmungen zu treffen, steht nach der in den meisten L&auml;ndern bestehenden Gesetzgebung dem Vater zu; hier und dort wird der Mutter eine untergeordnete Mitwirkung einger&auml;umt. Der alte r&ouml;mische Grundsatz, der im strikten Gegensatz zur mutterrechtlichen Zeit stand, da&szlig; der Vater alle Rechte und Gewalt &uuml;ber die Kinder habe, bildet allerw&auml;rts den Grundton der Gesetzgebung. </P>
<P>In Ru&szlig;land hat die verheiratete Frau das Recht der Verf&uuml;gung nur &uuml;ber ihr Verm&ouml;gen. Was ihre Erwerbst&auml;tigkeit betrifft, so bleibt sie in vollst&auml;ndiger Abh&auml;ngigkeit von ihrem Manne. Ohne dessen Erlaubnis wird ihr nie ein Pa&szlig; ausgestellt, der unentbehrlich ist bei jedem Wechsel des Wohnortes. Um eine Stelle zu &uuml;bernehmen oder irgendeine Erwerbst&auml;tigkeit auszu&uuml;ben, mu&szlig; sie ebenfalls die Genehmigung des Mannes haben. Die Ehescheidung ist durch das geltende Gesetz so erschwert, da&szlig; sie nur in sehr seltenen F&auml;llen durchgef&uuml;hrt werden kann. Viel unabh&auml;ngiger war fr&uuml;her die Stellung der Frau in den alten Bauerngemeinden, was den noch vorhandenen kommunistischen Einrichtungen oder der Erinnerung an dieselben geschuldet ist. Sie war die Verwalterin ihres Besitztums. Der Kommunismus ist &uuml;berhaupt der den Frauen g&uuml;nstigste Sozialzustand, das zeigte uns schon die Darlegung aus dem Zeitalter des Mutterrechts.<A NAME="ZF4"><A HREF="beaa_310.htm#F4">(4)</A></A> In den Vereinigten Staaten haben sich die Frauen die volle zivilrechtliche Gleichberechtigung erk&auml;mpft, auch haben sie verhindert, da&szlig; die englischen oder &auml;hnliche Prostitutionsgesetze eingef&uuml;hrt wurden. </P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_15_2">2. Der Kampf um die politische Gleichberechtigung</A></P>
</I><B><P><A NAME="S318">|318|</A></B> Die handgreifliche Rechtsungleichheit der Frauen gegen&uuml;ber den M&auml;nnern hat bei den vorgeschritteneren unter ihnen die Forderung nach politischen Rechten hervorgerufen, um durch die Gesetzgebung f&uuml;r ihre Gleichberechtigung zu wirken. Es ist derselbe Gedanke, der auch die Arbeiterklasse leitete, auf die Eroberung politischer Macht ihre Agitation zu richten. Was f&uuml;r die Arbeiterklasse recht ist, kann f&uuml;r die Frauen nicht unrecht sein. Unterdr&uuml;ckt, rechtlos, vielfach hintangesetzt, haben sie nicht blo&szlig; das Recht, sondern die Pflicht, sich zu wehren und jedes ihnen gut scheinende Mittel zu ergreifen, um sich eine unabh&auml;ngige Stellung zu erobern. Gegen diese Bestrebungen erheben sich nat&uuml;rlich wieder die reaktion&auml;ren Unkenrufe. </P>
<P>Sehen wir zu, mit welchem Recht. Hervorragend geistig veranlagte Frauen haben in den verschiedenen Zeitaltern und unter den verschiedensten V&ouml;lkern, auch dort, wo sie nicht als F&uuml;rstinnen die Macht in H&auml;nden hatten, eine einflu&szlig;reiche politische Rolle zu spielen verstanden. Davon war sogar der p&auml;pstliche Hof nicht ausgeschlossen. Konnten sie einen Einflu&szlig; nicht direkt und auf dem Wege ihnen zustehender Rechte erlangen, so auf dem Wege geistigen &Uuml;bergewichts, selbst der Kabale und Intrige. Gro&szlig; war insbesondere ihr Einflu&szlig; w&auml;hrend Jahrhunderten am franz&ouml;sischen Hofe, aber nicht minder an den spanischen und italienischen H&ouml;fen. So war gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts am Hofe Philipps V. von Spanien die Gro&szlig;k&auml;mmerin Marie von Tr&eacute;mouille, Herzogin von Bracciano und F&uuml;rstin von Ursins, w&auml;hrend dreizehn Jahren der erste Minister Spaniens, und sie leitete w&auml;hrend dieser Zeit die spanische Politik in ausgezeichneter Weise. Auch als f&uuml;rstliche M&auml;tressen haben sie es vielfach meisterhaft verstanden, sich einen oft gewaltigen politischen Einflu&szlig; zu sichern; wir erinnern nur an die altbekannten Namen, die Maintenon, die M&auml;tresse Ludwigs XIV., und die Pompadour, die M&auml;tresse Ludwigs XV. Die gro&szlig;e geistige Bewegung, die sich im achtzehnten Jahrhundert unter M&auml;nnern wie Montesquieu, Voltaire, d<>Alembert, Holbach, Helvetius, Lamettrie, Rousseau und vielen anderen vollzog, lie&szlig;en die Frauen nicht unber&uuml;hrt. Mochten viele unter ihnen, um die Mode mitzumachen oder ihrem Hang zur Intrige Rechnung zu tragen, oder aus sonstigen nicht immer r&uuml;hmlichen Motiven sich an dieser gro&szlig;en Bewegung beteiligen, welche <A NAME="S319"><B>|319|</A></B> die Berechtigung aller Grundlagen des Staates und der feudalen Gesellschaft in Zweifel zog und untergrub, eine ganze Anzahl derselben nahm aus lebhaftem Interesse und aus Begeisterung f&uuml;r die gro&szlig;en Ziele an ihr teil. Schon Jahrzehnte vor dem Ausbruch der gro&szlig;en Revolution, die wie ein reinigendes Gewitter Frankreich durchtobte, alles Alte aus den Fugen trieb und zu Boden warf und die vorgeschrittensten Geister in der ganzen Kulturwelt zu hellem Jubel begeisterte, str&ouml;mten die Frauen in Mengen in die wissenschaftlichen und politischen Klubs, in denen philosophische, naturwissenschaftliche, religi&ouml;se, soziale, politische Fragen mit bis dahin unerh&ouml;rtet K&uuml;hnheit er&ouml;rtert wurden, und beteiligten sich an den Debatten. Und als endlich im Juli 1789 mit dem Bastillesturm die Ouvert&uuml;re zur gro&szlig;en Revolution begann, da waren es sowohl die Frauen aus den oberen Schichten wie aus dem Volke, die sehr aktiv in die Bewegung eingriffen und einen merkbaren Einflu&szlig; pro und kontra aus&uuml;bten. Exzessiv im Guten wie im Schlimmen beteiligten sie sich, wo die Gelegenheit sich dazu fand. Die Mehrzahl der Geschichtschreiber hat mehr von den Ausschreitungen der Revolution, die unter den gegebenen Verh&auml;ltnissen nur zu nat&uuml;rlich waren, denn sie waren die Folge all der ungeheuren Erbitterung &uuml;ber die uns&auml;gliche Korruption, die Ausbeutung, den Betrug, die Niedertracht, die Schmach und den Verrat der herrschenden Klassen am Volke, als von ihren Gro&szlig;taten Akt genommen. Unter dem Einflu&szlig; dieser einseitigen Schilderungen dichtete Schiller sein: " ... da werden Weiber zu Hy&auml;nen und treiben mit Entsetzen Spott." Und doch haben sie in jenen Jahren so viel Beispiele von Heroismus, Seelengr&ouml;&szlig;e und bewundernswerter Aufopferungsf&auml;higkeit gegeben, da&szlig; ein unparteiisches Buch "&Uuml;ber die Frauen in der gro&szlig;en Revolution" schreiben hie&szlig;e, ihnen eine weithin leuchtende Ehrens&auml;ule errichten.<A NAME="ZF5"><A HREF="beaa_310.htm#F5">(5)</A></A> Waren doch selbst nach Michelet die Frauen die Avantgarde der Revolution. Die allgemeine Not, unter der das franz&ouml;sische Volk unter dem Raub- und Schandregiment der Bourbonen litt, traf wie immer unter gleich
<P>Als 1793 der Konvent die Menschenrechte (les droits de l<>homme) proklamierte, erkannte sie sofort, da&szlig; es nur M&auml;nnerrechte seien. Diesen stellte Olympe de Gouges im Verein mit Rose Lacombe und anderen in 17 Artikeln die "Frauenrechte" gegen&uuml;ber, die sie 1795 vor der Pariser Kommune des l&auml;ngeren begr&uuml;ndeten mit Ausf&uuml;hrungen, die auch noch heute ihre volle Berechtigung haben und in denen der der Situation entsprechende Satz enthalten war: "Hat die Frau das Recht, das Schafott zu besteigen, so mu&szlig; sie auch das Recht haben, die Trib&uuml;ne zu besteigen." Ihre Forderungen blieben unerf&uuml;llt. Dagegen fand ihr Hinweis auf das Recht der Frau, gegebenenfalls das Schafott besteigen zu m&uuml;ssen, blutige Best&auml;tigung. Ihr Eintreten f&uuml;r die Rechte der Frauen auf der einen und ihr Kampf gegen die Gewalttaten des Konvents auf der anderen Seite lie&szlig;en sie dem Konvent f&uuml;r das Schafott reif erscheinen; ihr Kopf fiel noch am 3. November desselben Jahres. F&uuml;nf Tage sp&auml;ter fiel auch der Kopf der Madame Roland. Beide starben wie Helden. Kurz vor ihrem Tode, am 30. Oktober 1793, hatte der Konvent seine frauenfeindliche Gesinnung auch dadurch best&auml;tigt, da&szlig; er die Unterdr&uuml;ckung aller Frauenvereine beschlo&szlig;, und sp&auml;ter ging er sogar so weit, als die Frauen fortfuhren, gegen das an ihnen ver&uuml;bte Unrecht zu protestieren, da&szlig; er ihnen den Besuch des Konvents und der &ouml;ffentlichen Versammlungen verbot und sie als Aufr&uuml;hrer behandelte. </P>
<B><P><A NAME="S321">|321|</A></B> Als der Konvent gegen das heranmarschierende monarchische, Europa "das Vaterland in Gefahr" erkl&auml;rt hatte und das Massenaufgebot anordnete, erboten sich die Pariser Frauen zu tun, was zwanzig Jahre sp&auml;ter begeisterte preu&szlig;ische Frauen ausf&uuml;hrten, mit dem Gewehr in der Hand das Vaterland zu verteidigen, hoffend, damit ihr Recht auf Gleichheit zu beweisen. Aber da trat ihnen in der Kommune der radikale Chaumette entgegen, der ihnen zurief: "Seit wann ist es den Frauen gestattet, ihr Geschlecht abzuschw&ouml;ren und sich zu M&auml;nnern zu machen? Seit wann ist es Gebrauch, sie die fromme Sorge ihres Haushaltes, die Wiege ihrer Kinder verlassen zu sehen, um auf die &ouml;ffentlichen Pl&auml;tze zu kommen, von der Trib&uuml;ne herab Reden zu halten, in die Reihe der Truppen zu treten, mit einem Worte Pflichten zu erf&uuml;llen, welche die Natur dem Manne allein zugeteilt hat? - Die Natur hat zu dem Manne gesagt: Sei Mann! Die Wettrennen, die Jagd, der Ackerbau, die Politik und die Anstrengungen aller Art sind dein<I> Vorrecht</I>! Sie hat zu dem Weibe gesagt: Sei Weib! Die Sorge f&uuml;r deine Kinder, die Details des Haushaltes, die s&uuml;&szlig;e Unruhe der Mutterschaft, das sind deine<I> Arbeiten</I>! - Unkluge Frauen, warum wollt ihr M&auml;nner werden? Sind die Menschen nicht genug geteilt? Was bed&uuml;rft ihr mehr? Im Namen der Natur, bleibt, was ihr seid; und weit entfernt, uns um die Gefahren eines so st&uuml;rmischen Lebens zu beneiden, begn&uuml;gt euch damit, sie uns im Scho&szlig;e unserer Familien vergessen zu machen, indem ihr unsere Augen ruhen lasset auf dem entz&uuml;ckenden Schauspiel unserer durch eure z&auml;rtliche Sorge gl&uuml;cklichen Kinder." </P>
<P>Ohne Zweifel sprach der radikale Chaumette den meisten unserer M&auml;nner aus der Seele. Auch wir glauben, da&szlig; es eine zweckm&auml;&szlig;ige Arbeitsteilung ist, den M&auml;nnern die Verteidigung des Landes zu &uuml;berlassen, dagegen den Frauen die Sorge f&uuml;r Heimat und Herd. Im &uuml;brigen ist der rednerische Ergu&szlig; Chaumettes nur Phrase. Was er von der M&uuml;he des Mannes im Ackerbau sagt, trifft nicht zu, denn im Ackerbau hat von uralter Zeit bis zur Stunde die Frau nicht die leichteste Rolle gehabt. Die Anstrengungen der Jagd und des Wettrennens sind keine "Anstrengungen", sondern ein Vergn&uuml;gen der M&auml;nner. Die Politik aber hat nur Gefahren f&uuml;r<I> die</I>, die<I> gegen</I> den Strom schwimmen, im &uuml;brigen bietet sie wenigstens ebensoviel Vergn&uuml;gen als Anstrengung. Es ist der Egoismus des Mannes, der aus dieser Rede spricht. </P>
<B><P><A NAME="S322">|322|</A></B> Gleiche Bestrebungen, wie sie das Auftreten der Enzyklop&auml;disten und die gro&szlig;e Revolution in Frankreich hervorgerufen hatten, waren auch in den Vereinigten Staaten aufgetaucht, als diese in den siebziger und achtziger Jahren des achtzehnten Jahrhunderts ihre Unabh&auml;ngigkeit von England erk&auml;mpften und sich eine demokratische Verfassung gaben. Hier waren es in erster Linie Mercy Ottis Warren und die Gattin des sp&auml;teren zweiten Pr&auml;sidenten der Vereinigten Staaten, Mrs. Adams, und ihnen gleichgesinnte Frauen, die f&uuml;r die politische Gleichberechtigung eintraten. Ihrem Einflu&szlig; war es zu danken, da&szlig; wenigstens der Staat New Jersey den Frauen das Stimmrecht gew&auml;hrte, es aber bereits im Jahre 1807 wieder beseitigte. Noch vor dem Ausbruch der Revolution in Frankreich (1787) war es hier Condorcet, der sp&auml;tere Girondist, der in einem gl&auml;nzend geschriebenen Essay f&uuml;r das Frauenstimmrecht und die volle politische Gleichheit der Geschlechter eintrat. </P>
<P>Angeregt durch die gewaltigen Ereignisse im Nachbarlande erhob jenseits des Kanals die 1759 geborene tapfere Mary Wollstonecraft ihre Stimme. 1790 schrieb sie gegen Burke, den heftigsten Gegner der Franz&ouml;sischen Revolution, ein Buch, in dem sie die Forderung der Menschenrechte verteidigte. Sehr bald ging sie aber dazu &uuml;ber, auch f&uuml;r ihr eigenes Geschlecht die Menschenrechte zu verlangen. Das geschah in ihrem 1792 erschienenen Buche "A Vindication of the Rights of Women" (Eine Rechtfertigung der Rechte der Frauen), in dem sie, scharfe Kritik an dem eigenen Geschlecht &uuml;bend, f&uuml;r die Frauen die volle Gleichberechtigung zum Besten des Ganzen in Anspruch nahm und k&uuml;hn verteidigte. Aber sie fand wie nat&uuml;rlich den heftigsten Widerstand und die schwersten und ungerechtesten Angriffe. An schweren seelischen K&auml;mpfen ging sie (1797), von ihren Zeitgenossen verkannt und verh&ouml;hnt, zugrunde. </P>
<P>Das Merkw&uuml;rdigste aber ist, da&szlig; um dieselbe Zeit, in der in Frankreich, England und den Vereinigten Staaten die ersten ernsten Bestrebungen auftauchten, die politische Gleichheit der Frauen zu erk&auml;mpfen, auch in dem damals so r&uuml;ckst&auml;ndigen Deutschland ein deutscher Schriftsteller - Th. G. v. Hippel - sich fand, der ein Buch erscheinen lie&szlig;, in dem er, zun&auml;chst anonym, unter dem Titel "&Uuml;ber die b&uuml;rgerliche Verbesserung der Weiber", Berlin 1792, f&uuml;r die Gleichberechtigung der Frauen eintrat. Das war zu einer Zeit, in der ein Buch "&Uuml;ber die b&uuml;rgerliche Verbesserung der M&auml;nner" in Deutsch- <A NAME="S323"><B>|323|</A></B> land die gleiche Berechtigung gehabt h&auml;tte. Um so mehr ist der Mut des Mannes zu bewundern, der in diesem Buche alle Konsequenzen f&uuml;r die soziale und politische Gleichberechtigung der Geschlechter zog und sehr geschickt und geistvoll verteidigte. </P>
<P>Seitdem ruhte lange Zeit die Forderung der politischen Gleichberechtigung der Frauen mit den M&auml;nnern, aber die Forderung ist allm&auml;hlich ein Postulat in der vorgeschritteneren Frauenbewegung aller Kulturl&auml;nder geworden und ist zum Teil in einer Anzahl Staaten verwirklicht. In Frankreich traten die St. Simonisten und Fourieristen f&uuml;r die gesellschaftliche Gleichheit der Geschlechter ein, und der Fourierist Considerant beantragte 1848 in der Verfassungskommission des franz&ouml;sischen Parlaments die Gew&auml;hrung der gleichen politischen Rechte an die Frauen. 1851 wiederholte Pierre Leroux den Antrag in der Kammer, aber ebenfalls ohne Erfolg. </P>
<P>Heute liegen die Dinge wesentlich anders. Die ganze Entwicklung, alle Verh&auml;ltnisse haben sich seitdem m&auml;chtig umgestaltet und haben auch die Stellung der Frauen ver&auml;ndert. Sie sind mehr als je mit allen Fasern ihrer Existenz mit dem gesellschaftlichen Entwicklungsgang verbunden und greifen mehr als je auch selbstt&auml;tig ein. Wir sehen, wie in allen Kulturstaaten Hunderttausende und Millionen Frauen gleich den M&auml;nnern in den verschiedensten Berufen t&auml;tig sind und die Zahl derjenigen von Jahr zu Jahr w&auml;chst, die auf die eigene Kraft und die eigenen F&auml;higkeiten angewiesen, den Kampf um die Existenz zu f&uuml;hren haben. Es kann also den Frauen sowenig wie den M&auml;nnern gleichg&uuml;ltig sein, wie unsere sozialen und politischen Verh&auml;ltnisse beschaffen sind. Fragen zum Beispiel wie die: Welche innere und welche &auml;u&szlig;ere Politik gehandhabt wird, ob eine solche Kriege beg&uuml;nstigt oder nicht, ob der Staat j&auml;hrlich Hunderttausende von gesunden M&auml;nnern in der Armee festh&auml;lt und Zehntausende ins Ausland treibt, ob die notwendigsten Lebensbed&uuml;rfnisse durch Steuern und Z&ouml;lle verteuert werden und die Familie um so h&auml;rter treffen, je zahlreicher diese ist, und das in einer Zeit, in der die Mittel zum Leben f&uuml;r die gro&szlig;e Mehrzahl &auml;u&szlig;erst knapp bemessen sind, gehen die Frau ebenso nahe an wie den Mann. Auch bezahlt die Frau direkte und indirekte Steuern von ihrer Lebenshaltung und aus ihrem Einkommen. Das Erziehungssystem ist f&uuml;r sie vom h&ouml;chsten Interesse, denn die Art der Erziehung entscheidet in hohem Grade &uuml;ber die Stellung ihres Geschlechts; als Mutter hat sie daran ein doppeltes Interesse.</P>
<B><P><A NAME="S324">|324|</A></B> Ferner sind die Hunderttausende und Millionen Frauen in Hunderten von Berufsarten pers&ouml;nlich sehr lebhaft beteiligt an dem Zustand unserer Sozialgesetzgebung. Fragen, betreffend die L&auml;nge der Arbeitszeit, die Nacht-, Sonntags- und Kinderarbeit, die Lohnzahlungs- und K&uuml;ndigungsfristen, die Schutzma&szlig;regeln in Fabriken und Werkst&auml;tten, mit einem Worte der Arbeiterschutz, weiter die ganze Versicherungsgesetzgebung, das Gewerbegerichtswesen usw. sind auch f&uuml;r sie vom h&ouml;chsten Interesse. Die Arbeiter haben &uuml;ber den Zustand vieler Industriezweige, in welchen Arbeiterinnen ausschlie&szlig;lich oder &uuml;berwiegend besch&auml;ftigt sind, nur eine unvollkommene oder keine Kenntnis. Die Unternehmer haben alles Interesse, Mi&szlig;st&auml;nde, die sie verschulden, zu vertuschen, aber die Gewerbeinspektion erstreckt sich vielfach nicht auf Gewerbszweige, in welchen Frauen ausschlie&szlig;lich besch&auml;ftigt sind, auch ist sie noch &auml;u&szlig;erst unzureichend, und gerade hier sind Schutzma&szlig;regeln am notwendigsten. Man braucht nur au die Arbeitslokale zu erinnern, in welchen in unseren gr&ouml;&szlig;eren St&auml;dten N&auml;herinnen, Schneiderinnen, Putzmacherinnen usw. zusammengepfercht werden. Von dort kommt kaum eine Klage, und dorthin dringt bis jetzt keine Untersuchung. Auch ist die Frau als Erwerbende an der Handels- und Zollgesetzgebung und dem gesamten b&uuml;rgerlichen Rechte interessiert. Es kann also gar keinem Zweifel unterliegen, da&szlig; sie so gut wie der Mann das gr&ouml;&szlig;te Interesse hat, Einflu&szlig; auf die Gestaltung unserer Zust&auml;nde durch die Gesetzgebung zu erlangen. Ihre Beteiligung am &ouml;ffentlichen Leben w&uuml;rde demselben einen bedeutenden Aufschwung geben und eine Menge neuer Gesichtspunkte er&ouml;ffnen. </P>
<P>Auf solche Anspr&uuml;che folgt die kurz abweisende Antwort: Die Frauen verstehen nichts von Politik, sie wollen auch in der gro&szlig;en Mehrzahl nichts davon wissen, auch verstehen sie das Stimmrecht nicht zu benutzen. Das ist wahr und nicht wahr. Allerdings haben bis jetzt noch nicht gro&szlig;e Frauenkreise, wenigstens in Deutschland, die politische Gleichberechtigung gefordert. Die erste Frau, die schon Ende der sechziger Jahre in Deutschland daf&uuml;r eintrat, war Frau Hedwig Dohm. Neuerdings sind es haupts&auml;chlich die sozialdemokratisch gesinnten Arbeiterinnen, die kr&auml;ftig agitatorisch daf&uuml;r eintreten. </P>
<P>Mit dem Einwand, da&szlig; bisher die Frauen der politischen Bewegung nur schwaches Interesse entgegenbrachten, ist nichts bewiesen. Bek&uuml;mmerten sich bisher die Frauen nicht um Politik, so ist damit nicht <A NAME="S325"><B>|325|</A></B> bewiesen, da&szlig; sie es nicht<I> m&uuml;&szlig;ten</I>. Dieselben Gr&uuml;nde, die gegen das Stimmrecht der Frauen angef&uuml;hrt werden, wurden in der ersten H&auml;lfte der sechziger Jahre gegen das allgemeine Stimmrecht der M&auml;nner geltend gemacht. Der Verfasser dieser Schrift geh&ouml;rte selbst noch 1863 zu denen, die sich<I> gegen</I> dasselbe erkl&auml;rten, vier Jahre sp&auml;ter verdankte er ihm seine Wahl in den Reichstag. Zehntausenden erging es &auml;hnlich, sie wurden aus einem Saulus zu einem Paulus. Gleichwohl gibt es noch viele M&auml;nner, die ihr wichtigstes politisches Recht entweder nicht benutzen oder nicht zu benutzen verstehen, aber das ist kein Grund, ihnen dasselbe vorzuenthalten, und es kann keiner sein, es ihnen entziehen zu wollen. Bei den Reichstagswahlen stimmen in der Regel 25 bis 30 Prozent der W&auml;hler nicht, und diese rekrutieren sich aus<I> allen</I> Klassen. Und unter den 70 bis 75 Prozent, die an der Wahl sich beteiligen, stimmt nach unserer Auffassung die Mehrzahl so, wie sie<I> nicht</I> stimmen d&uuml;rfte, begriffe sie ihr wahres Interesse. Da&szlig; sie dieses noch nicht begriffen hat, liegt an dem Mangel politischer Bildung. </P>
<P>Politische Bildung wird dadurch aber nicht gewonnen, da&szlig; man die Massen von &ouml;ffentlichen Angelegenheiten fernh&auml;lt, sondern dadurch, da&szlig; man sie zur Aus&uuml;bung politischer Rechte zul&auml;&szlig;t. Ohne &Uuml;bung keine Meister. Die herrschenden Klassen haben es bisher in ihrem Interesse verstanden, die gro&szlig;e Mehrheit des Volkes in politischer Unm&uuml;ndigkeit zu erhalten. Bis zu dieser Stunde war es deshalb die Aufgabe einer klassen- und zielbewu&szlig;ten Minorit&auml;t, mit Energie und Begeisterung f&uuml;r die Interessen der Allgemeinheit zu k&auml;mpfen und die gro&szlig;e tr&auml;ge Masse aufzur&uuml;tteln und zu sich emporzuziehen. So war es aber bisher in allen gro&szlig;en Bewegungen, und so kann es weder verwundern noch entmutigen, da&szlig; es auch in der Frauenbewegung nicht anders ist. Die bisherigen Erfolge zeigen, da&szlig; M&uuml;he und Opfer belohnt werden, und die Zukunft bringt den Sieg. </P>
<P>In dem Augenblick, in dem die Frauen gleiche Rechte mit den M&auml;nnern erlangen, wird auch das Bewu&szlig;tsein der Pflichten in ihnen lebendig werden. Aufgefordert, ihre Stimmen abzugeben, werden sie sich fragen: Wozu? F&uuml;r wen? Mit diesem Augenblick werden zwischen Mann und Frau eine Reihe von Anregungen gegeben, die, weit entfernt, ihr gegenseitiges Verh&auml;ltnis zu verschlechtern, es im Gegenteil wesentlich verbessern werden. Die ununterrichtetere Frau wird sich naturgem&auml;&szlig; an den unterrichteteren Mann wenden. Daraus folgt <A NAME="S326"><B>|326|</A></B> Ideenaustausch und gegenseitige Belehrung, ein Zustand, wie er bisher in den seltensten F&auml;llen zwischen Mann und Frau bestand. Dies wird ihrem Leben einen neuen Reiz geben. Der ungl&uuml;ckliche Bildungs- und Auffassungsunterschied unter den Geschlechtern, der so vielfach zu Meinungsdifferenzen und Streitigkeiten f&uuml;hrt, den Mann mit seinen verschiedenseitigen Pflichten in Zwiespalt setzt und das Gemeinwohl sch&auml;digt, wird mehr und mehr ausgeglichen. Statt eines Hemmschuhs wird der Mann in der gleichgesinnten Frau eine Unterst&uuml;tzerin erhalten; sie wird, wenn sie selbst durch Pflichten abgehalten ist, sich zu beteiligen, den Mann anspornen, seine Schuldigkeit zu tun. Sie wird es auch in der Ordnung finden, da&szlig; ein Bruchteil des Einkommens f&uuml;r eine Zeitung und f&uuml;r Agitationszwecke ausgegeben wird, weil auch ihr die Zeitung zur Belehrung und Unterhaltung dient und weil sie die Notwendigkeit der Opfer f&uuml;r die Agitation begreift, damit erobert wird, was ihr, dem Manne und ihren Kindern fehlt - ein menschenw&uuml;rdiges Dasein. </P>
<P>So wird das beiderseitige Eintreten f&uuml;r das Gemeinwohl, das mit dem eigenen aufs engste verkn&uuml;pft ist, im h&ouml;chsten Grade veredelnd wirken. Es wird das Gegenteil von dem geschehen, was Kurzsichtige oder die Feinde eines auf voller Gleichberechtigung aller beruhenden Gemeinwesens behaupten. Dieses Verh&auml;ltnis zwischen den beiden Geschlechtern wird in demselben Ma&szlig;e sich versch&ouml;nern, wie die gesellschaftlichen Einrichtungen Mann und Frau von materieller Sorge und &uuml;berm&auml;&szlig;iger Arbeitslast befreien. &Uuml;bung und Erziehung werden hier wie in anderen F&auml;llen weiterhelfen. Gehe ich nicht ins Wasser, so lerne ich nie schwimmen; studiere ich keine fremde Sprache und &uuml;be ich sie nicht, so werde ich sie nie sprechen lernen. Das findet jeder nat&uuml;rlich, aber viele begreifen nicht, da&szlig; dasselbe auch f&uuml;r die Angelegenheiten des Staates und der Gesellschaft gilt. Sind unsere Frauen unf&auml;higer als die weit tiefer stehenden Neger, denen man in Nordamerika die politische Gleichberechtigung zuerkannte? Oder soll eine geistig hochstehende Frau weniger Recht haben als der roheste, ungebildetste Mann; zum Beispiel als ein unwissender, hinterpommerscher Tagel&ouml;hner oder ein ultramontaner polnischer Kanalarbeiter, und nur deshalb, weil der Zufall diese als M&auml;nner zur Welt kommen lie&szlig;? Der Sohn hat mehr Recht als die Mutter, von der er vielleicht seine besten Eigenschaften erbte, die ihn zu dem erst machte, was er ist. In der Tat sonderbar!</P>
<B><P><A NAME="S327">|327|</A></B> &Uuml;berdies riskieren wir nicht mehr in das Dunkle, Unbekannte zu springen. Nordamerika, Neuseeland, Australien und Finnland haben bereits die Bahn gebrochen. &Uuml;ber die Wirkung desselben schrieb schon am 12. November 1872 Richter Kingmann aus Laramie City an die Frauenzeitung (Women<65>s Journal) in Chikago folgendes: </P>
<P>"Es sind heute drei Jahre, da&szlig; in unserem Territorium die Frauen das Stimmrecht erhielten sowie das Recht, an den &Auml;mtern teilzunehmen wie die anderen W&auml;hler. In dieser Zeit haben sie gew&auml;hlt und sind erw&auml;hlt worden zu verschiedenen &Auml;mtern; sie sind als Geschworene und Friedensrichter in Funktion gewesen. Sie haben sich allgemein beteiligt bei allen unseren Wahlen, und obschon ich glaube, da&szlig; einige unter uns im Prinzip das Eintreten der Frauen nicht guthei&szlig;en, so wird, glaube ich, niemand verweigern k&ouml;nnen anzuerkennen, da&szlig; dieses Eintreten auf unsere Wahlen einen<I> erzieherischen</I> Einflu&szlig; ge&uuml;bt hat. Es veranla&szlig;te, da&szlig; sie ruhig und ordentlich verliefen und da&szlig; zu gleicher Zeit unsere Gerichtsh&ouml;fe in die Lage kamen, verschiedene Arten von Verbrechern zu erreichen und zu bestrafen, die bis dahin ungestraft blieben. </P>
<P>Als zum Beispiel das Territorium organisiert ward, gab es fast niemand, der nicht einen Revolver bei sich trug und bei dem geringsten Streit Gebrauch davon machte. Ich erinnere mich nicht eines einzigen Falles, da&szlig; eine aus M&auml;nnern gebildete Jury einen derjenigen, die mit dem Revolver geschossen hatten, f&uuml;r &uuml;berf&uuml;hrt erachtete; aber mit zwei oder drei Frauen unter den Geschworenen haben dieselben stets den Belehrungen (instructions) des Gerichtshofes Folge geleistet ..." </P>
<P>Und wie man nach f&uuml;nfundzwanzigj&auml;hriger Einf&uuml;hrung des Frauenstimmrechts in Wyoming &uuml;ber dasselbe dachte, spricht die Adresse aus, die am 12. November 1894 die Volksvertretung des Staates an alle Parlamente der Welt erlie&szlig;. Darin hie&szlig; es: "Der Besitz und die Aus&uuml;bung des Stimmrechts durch Frauen in Wyoming hat keinerlei schlechte, <I>sondern nach vielen Richtungen hin sehr gute Folgen gehabt</I>; es hat in hervorragender Weise dazu beigetragen, Verbrechen und Armut aus diesem Staate zu verbannen, und zwar ohne alle Gewaltma&szlig;regeln; es hat friedliche und ordentliche Wahlen, eine gute Regierung, einen bemerkenswerten Grad von Zivilisation und &ouml;ffentlicher Ordnung herbeif&uuml;hren helfen; und wir weisen mit Stolz auf die Tatsache hin, da&szlig; seit f&uuml;nfundzwanzig Jah- <A NAME="S328"><B>|328|</A></B> ren, seit die Frauen das Stimmrecht besitzen, kein Distrikt von Wyoming ein Armenhaus besitzt, da&szlig; unsere Gef&auml;ngnisse so gut wie leer und Verbrechen so gut wie unbekannt sind. Gest&uuml;tzt auf unsere Erfahrung dringen wir darauf, da&szlig; jeder zivilisierte Staat auf Erden den Frauen ohne Verzug das Stimmrecht gew&auml;hrt." </P>
<P>Bei aller Anerkennung f&uuml;r die politische T&auml;tigkeit der Frauen im Staate Wyoming gehen wir nicht so weit wie die begeisterten Verteidiger des Frauenstimmrechts in der dortigen Volksvertretung, ausschlie&szlig;lich dem Stimmrecht der Frauen die beneidenswerten Zust&auml;nde zuzuschreiben, deren sich, nach der Schilderung der Adresse, der Staat erfreut - hierf&uuml;r sind eine Reihe sozialer Momente verschiedener Art mit entscheidend; aber feststeht, da&szlig; die Aus&uuml;bung des Frauenstimmrechts von den<I> wohlt&auml;tigsten</I> Folgen f&uuml;r Wyoming begleitet war und nicht<I> ein</I> Nachteil daraus entstand. Das ist die<I> gl&auml;nzendste</I> Rechtfertigung f&uuml;r die Einf&uuml;hrung desselben. </P>
<P>Das Beispiel von Wyoming fand Nachahmung. In den Vereinigten Staaten erhielten die Frauen im Jahre 1895 in Kolorado das politische Stimmrecht, im Jahre 1895 in Utah, im Jahre 1896 in Idaho, im Jahre 1908 in S&uuml;d-Dakota, im Jahre 1909 in Washington, und sie w&auml;hlten auch sofort eine Anzahl Vertreterinnen. Im Jahre 1899, nachdem die Neuerung in Kolorado f&uuml;nf Jahre bestanden hatte, beschlo&szlig; das Parlament mit 45 gegen 3 Stimmen folgende Resolution: </P>
<P>"In Erw&auml;gung, da&szlig;<I> gleiches Wahlrecht</I> f&uuml;r<I> beide</I> Geschlechter seit f&uuml;nf Jahren in Kolorado besteht, w&auml;hrend welcher Zeit die Frauen es ebenso allgemein ausge&uuml;bt haben als die M&auml;nner, und zwar mit dem Erfolg, da&szlig; f&uuml;r &ouml;ffentliche &Auml;mter<I> geeignetere</I> Kandidaten gew&auml;hlt wurden, die Wahlmethode<I> verbessert</I>, die Gesetzgebung<I> vervollkommnet</I>, die allgemeine Bildung<I> gehoben</I>, das politische Verantwortlichkeitsgef&uuml;hl infolge des weiblichen Einflusses<I> st&auml;rker entwickelt</I> worden ist, beschlie&szlig;t das Unterhaus, da&szlig; im Hinblick auf diese Resultate die<I> politische Gleichstellung</I> der Frauen jedem Staate und jedem Territorium der nordamerikanischen Union als eine gesetzgeberische Ma&szlig;nahme<I> empfohlen</I> werde, die geeignet ist, eine h&ouml;here und bessere Ordnung herbeizuf&uuml;hren." </P>
<P>In einer Reihe Staaten haben die Parlamente die Einf&uuml;hrung des Frauenwahlrechts beschlossen, die Volksabstimmung hat jedoch diese Beschl&uuml;sse annulliert. So in Kansas, Oregon, Nebraska, Indiana und Oklahoma; in Kansas und Oklahoma hat sich der Vorgang bereits <A NAME="S329"><B>|329|</A></B> zweimal, in Oregon gar dreimal wiederholt, und zwar sind die Majorit&auml;ten gegen die politische Emanzipation des weiblichen Geschlechts immer kleiner geworden. </P>
<P>"&Auml;u&szlig;erst buntscheckig ist, was die Frauen an Recht auf kommunalem Gebiet erreicht haben; alles in allem sind diese ihre Errungenschaften aber nicht sehr bedeutend. Selbstverst&auml;ndlich besitzen die Frauen volles kommunales B&uuml;rgerrecht in den vier Staaten, in denen ihnen das politische Wahlrecht eignet. Davon abgesehen, ist ihnen aber nur in einem einzigen Staate, in Kansas, das aktive und passive Gemeindewahlrecht zuerkannt worden, das auch das aktive und passive Wahlrecht zu den Schulverwaltungen und das Referendumrecht in Steuerbewilligungsfragen in sich begreift. Das aktive Gemeindewahlrecht besitzen die Frauen in Michigan seit 1895, doch es ist kein allgemeines, da es an einen Bildungsnachweis gekn&uuml;pft ist. Die Staaten Louisiana, Montana, Iowa und New York haben ihnen das Abstimmungsrecht in kommunalen Steuerbewilligungsfragen erteilt. Mehr Einflu&szlig; als auf die allgemeinen Gemeindeangelegenheiten haben die Frauen auf dem Gebiet der Schulverwaltung erlangt. Das aktive und passive Wahlrecht zu den Schulverwaltungen steht ihnen zu in Connecticut, Delaware, Illinois, Massachusetts, Minnesota, Montana, Nebraska, New Hampshire, New Jersey, New York, Nord- und S&uuml;d-Dakota, Ohio, Oregon, Vermont, Wisconsin, Washington und dem Territorium Arizona. Das aktive Schulwahlrecht allein besitzen sie in Kentucky und dem Territorium Oklahoma, in dem erstgenannten Staate ist es jedoch nur gewissen Klassen von Frauen und unter gewissen Bedingungen einger&auml;umt. In Kalifornien, Iowa, Louisiana, Maine, Pennsylvanien und Rhode-Island ist den Frauen das passive Schulwahlrecht gew&auml;hrt worden, aber nur zu gewissen &Auml;mtern in der Schulverwaltung."<A NAME="ZF6"><A HREF="beaa_310.htm#F6">(6)</A></A> </P>
<P>In Neuseeland besitzen die Frauen das politische Wahlrecht seit 1893. Sie haben sich sehr lebhaft an den Parlamentswahlen beteiligt, und zwar lebhafter als die M&auml;nner; doch besitzen sie nur das aktive Wahlrecht, gew&auml;hlt k&ouml;nnen nur M&auml;nner werden. Von 139.915 vollj&auml;hrigen Frauen haben sich im Jahre 1895 nicht weniger als 109.461 in die W&auml;hlerlisten eintragen lassen, 785 auf je 1.000. An den Wah- <A NAME="S330"><B>|330|</A></B> len nahmen 90.290 teil, 645 auf je 1.000. Im Jahre 1896 war die Zahl der Abstimmenden 108.783 (68 Prozent), im Jahre 1902 138.565, im Jahre 1905 175.046. </P>
<P>In Tasmanien erhielten die Frauen das Gemeindewahlrecht im Jahre 1884 und das politische Wahlrecht im Jahre 1903. In S&uuml;daustralien besitzen die Frauen das politische Wahlrecht seit 1895, in Westaustralien seit 1900, in Neu-S&uuml;dwales seit 1902, in Queensland seit 1905, in Victoria seit 1908. Der Bund dieser Kolonialstaaten hat noch im Jahre 1902 das Frauenstimmrecht zu dem Bundesparlament eingef&uuml;hrt. Mit der Zuerkennung des Wahlrechts ist auch das Recht der W&auml;hlbarkeit verbunden, aber bisher ist noch keine Frau ins Parlament gew&auml;hlt. </P>
<P>Den gro&szlig;j&auml;hrigen Frauen wurde das aktive und passive Parlamentswahlrecht unter den gleichen Bedingungen zuerkannt, wie sie f&uuml;r M&auml;nner gelten. Weniger demokratisch ist die Gemeindeverwaltung geregelt. Das Recht der Anteilnahme an der Gemeindeverwaltung ist an die Heerespflicht gekn&uuml;pft. Seit 1889 k&ouml;nnen die steuerzahlenden Frauen in den Armenrat der st&auml;dtischen und l&auml;ndlichen Gemeinden gew&auml;hlt werden. Auch als Armenhausvorsteherinnen k&ouml;nnen Frauen gew&auml;hlt werden, sie sind ferner w&auml;hlbar in die Schulr&auml;te und Schuldirektionen. </P>
<P>Infolge des grandiosen Generalstreiks im Oktober 1905 und des Sieges der russischen Revolution wurde in Finnland die Konstitution wiederhergestellt. Der Arbeiterklasse gelang es durch &auml;u&szlig;eren Druck so weit zu bringen, da&szlig; der St&auml;ndelandtag das allgemeine Wahlrecht - auch f&uuml;r Frauen - als Gesetz annahm. Ausgeschlossen wurden solche, die Armenunterst&uuml;tzung genie&szlig;en oder die Personalsteuer f&uuml;r den Staat, 2 Mark f&uuml;r M&auml;nner, 1 Mark f&uuml;r Frauen, schulden. Im Jahre 1907 wurden in die Volksvertretung 19, im Jahre 1908 25 Frauen gew&auml;hlt. </P>
<P>In Norwegen nehmen seit 1889 die Frauen an der Schulverwaltung teil. Sie k&ouml;nnen in St&auml;dten vom Gemeinderat in die Schulr&auml;te entsandt werden. Frauen, welche Kinder haben, d&uuml;rfen bei der Wahl von Schulinspektoren mitstimmen. Auf dem Lande sind alle, die Schulsteuer zahlen, ohne Unterschied des Geschlechts zur Teilnahme an den Versammlungen der Schulgemeinden berechtigt. Frauen k&ouml;nnen das Amt eines Schulinspektors bekleiden. Auch auf andere kommunale Angelegenheiten wurde den Frauen nach und nach Einflu&szlig; gew&auml;hrt. <A NAME="S331"><B>|331|</A></B> Im Jahre 1901 erhielten das aktive und passive Gemeindewahlrecht alle norwegischen Frauen, die das<I> </I>25. Lebensjahr erreicht haben, die norwegische Staatsb&uuml;rgerinnen und f&uuml;nf Jahre im Lande ans&auml;ssig sind und entweder selbst f&uuml;r das letzte Steuerjahr Staats- oder Gemeindesteuer f&uuml;r ein j&auml;hrliches Mindesteinkommen von 337,50 Mark (300 Kronen) in den Landbezirken, 450 Mark (400 Kronen) in der Stadt entrichtet haben oder aber in G&uuml;tergemeinschaft mit einem Manne leben, der die festgelegten Einkommens&auml;tze versteuert hat. 200.000 Frauen erhielten das Wahlrecht, davon allein 30.000 in Christiana. Bei der ersten Wahl, die unter Beteiligung der Frauen stattfand, wurden in die Land- und Stadtverordnetenversammlungen 90 Frauen gew&auml;hlt (und 160 Stellvertreterinnen), davon in Christiana sechs Stadtverordnete und eine Stellvertreterin. Am 1. Juli 1907 erhielten die norwegischen Frauen auch das politische Wahlrecht, doch nicht unter denselben Bedingungen wie f&uuml;r M&auml;nner. F&uuml;r die politische Wahlberechtigung der Frauen gelten die gleichen Bestimmungen wie f&uuml;r das kommunale Wahlrecht. Gegen 250.000 gro&szlig;j&auml;hrige Proletarierinnen bleiben politisch noch rechtlos. </P>
<P>In Schweden haben seit 1862 unverheiratete Frauen das aktive Wahlrecht f&uuml;r Provinzialrats- und Gemeindewahlen unter den gleichen Bedingungen wie die M&auml;nner, das hei&szlig;t, wenn sie vollj&auml;hrig sind, ein Einkommen von mindestens 562,50 Mark versteuern und ihre Steuern bezahlt haben. Noch im Jahre 1887 haben von 62.000 Frauen nur 4.000 abgestimmt. Das Recht, zu kommunalen &Auml;mtern gew&auml;hlt zu werden, blieb den Frauen zun&auml;chst ganz versagt, 1889 gew&auml;hrte jedoch ein Gesetz ihnen W&auml;hlbarkeit zu den Armen- und Schulr&auml;ten. Und im Februar 1909 bekamen die schwedischen Frauen das passive Wahlrecht zu allen Gemeinde- und Stadtverordnetenversammlungen. Im Jahre 1902 wurde das politische Frauenwahlrecht in der Zweiten Kammer mit 114 gegen 64 Stimmen abgelehnt, im Jahre 1905 mit 109 gegen 88. </P>
<P>In D&auml;nemark erhielten die Frauen nach einer langj&auml;hrigen Agitation im April 1908 das aktive und passive Gemeindewahlrecht. Stimmrecht besitzen alle Frauen, die das 25. Lebensjahr erreicht haben und entweder selbst ein j&auml;hrliches Einkommen von mindestens 900 Mark in der Stadt (in Landdistrikten weniger) oder in G&uuml;tergemeinschaft mit einem Manne leben, der die festgesetzten Einkommens&auml;tze versteuert hat. Au&szlig;erdem haben noch das Wahlrecht die <A NAME="S332"><B>|332|</A></B> weiblichen Dienstboten, denen Kost und Logis als Lohn zugerechnet werden. Bei der ersten Wahl, die 1909 stattfand, wurden in Kopenhagen sieben Frauen in die Stadtverordnetenversammlung gew&auml;hlt. In Island haben die Frauen das aktive und passive Gemeindewahlrecht seit 1907. </P>
<P>Eine f&ouml;rmliche Geschichte hat die Erk&auml;mpfung des Frauenstimmrechts in England hinter sich. Nach altem Rechte besa&szlig;en im Mittelalter Frauen, die Grundherrinnen waren, Stimmrecht, als solche &uuml;bten sie auch die richterliche Gewalt. Im Laufe der Zeit verloren sie diese Rechte. In der Wahlreformakte von 1852 war das Wort "person" gebraucht worden, was nach englischen Begriffen Angeh&ouml;rige beider Geschlechter, Mann und Frau, einschlie&szlig;t. Gleichwohl fand das Gesetz in bezug auf die Frauen eine einschr&auml;nkende Auslegung, man wies sie zur&uuml;ck, wo sie den Versuch zu w&auml;hlen machten. In der Wahlreformbill von 1867 hatte man dagegen statt des Wortes "person" das Wort "man" gesetzt. John Stuart Mill beantragte, an Stelle von "man" wieder "person" zu setzen, mit der ausdr&uuml;cklichen Begr&uuml;ndung, da&szlig; alsdann Frauen unter den gleichen Bedingungen wie M&auml;nner das Stimmrecht besitzen sollten. Der Antrag wurde mit 194 gegen 73 Stimmen abgelehnt. Sechzehn Jahre sp&auml;ter (1883) wurde aufs neue im Unterhaus der Versuch gemacht, den Frauen das Stimmrecht einzur&auml;umen. Der Antrag wurde mit einer Majorit&auml;t von nur 16 Stimmen verworfen. Ein weiterer Versuch im Jahre 1884 wurde, bei ungleich st&auml;rkerer Besetzung des Hauses, mit einem Mehr von 136 Stimmen abgelehnt. Aber die Minorit&auml;t lie&szlig; sich nicht werfen. Im Jahre 1886 gelang es ihr, in zwei Lesungen einen Antrag auf Erteilung des Parlamentsstimmrechts an die Frauen zur Annahme zu bringen. Die Aufl&ouml;sung des Parlaments verhinderte die endg&uuml;ltige Entscheidung. </P>
<P>Am 29. November 1888 hielt Lord Salisbury eine Rede in Edinburgh, in der er unter anderem ausf&uuml;hrte: "Ich hoffe ernstlich, da&szlig; der Tag nicht mehr fern sein wird, an dem die Frauen das Stimmrecht f&uuml;r die Parlamentswahlen mit den M&auml;nnern teilen und die politische Richtung des Landes mitbestimmen." Und Alfred Russel Wallace, bekannt als Naturforscher und Anh&auml;nger Darwins, &auml;u&szlig;erte sich &uuml;ber dieselbe Frage: "Wenn M&auml;nner und Frauen die Freiheit haben, ihren besten Impulsen zu folgen, wenn beide die bestm&ouml;gliche Erziehung erhalten, wenn keine falschen Beschr&auml;nkungen einem menschlichen Wesen wegen des Zufalls des Geschlechts auferlegt werden und wenn <A NAME="S333"><B>|333|</A></B> die &ouml;ffentliche Meinung von den Weisesten und Besten reguliert und der Jugend systematisch eingesch&auml;rft werden wird, dann werden wir finden, da&szlig; ein System der menschlichen Auswahl sich geltend machen wird, welche eine reformierte Menschheit zur Folge haben mu&szlig;. Solange Frauen gezwungen sind, die Heirat als ein Mittel anzusehen, verm&ouml;ge dessen sie der Armut entgehen und der Verlassenheit sich entziehen k&ouml;nnen, sind und bleiben sie im Vergleich mit den M&auml;nnern im Nachteil. Der erste Schritt daher in der Emanzipation der Frauen ist die Hinwegr&auml;umung aller Beschr&auml;nkungen, welche sie verhindern, mit den M&auml;nnern auf allen Gebieten der Industrie und Besch&auml;ftigungen zu konkurrieren. Aber wir m&uuml;ssen weitergehen und den Frauen die Aus&uuml;bung ihrer<I> politischen Rechte</I> gestatten. Viele der Beschr&auml;nkungen, unter denen die Frauen bisher gelitten, w&auml;ren ihnen erspart worden, h&auml;tten sie eine direkte Vertretung im Parlament gehabt." </P>
<P>Am 27. April 1892 wurde wieder mit 175 gegen 152 Stimmen der Eintritt in die zweite Lesung eines Antrags von Sir A Rollit verweigert. Dagegen nahm am 3. Februar 1897 das Unterhaus einen Antrag auf Stimmrechtserteilung an, aber infolge allerhand Man&ouml;ver seiner Gegner gelangte der betreffende Entwurf nicht zur dritten Lesung. Im Jahre 1904 hat sich der gleiche Vorgang wiederholt. Von den 1906 gew&auml;hlten Mitgliedern des Unterhauses hatte die gro&szlig;e Majorit&auml;t vor ihrer Wahl sich zugunsten des Frauenstimmrechts erkl&auml;rt. Am 21. Juni 1908 fand im Hydepark eine grandiose Demonstration statt. Schon am 28. Februar wurde der Antrag Stangers, der das Frauenstimmrecht innerhalb der Grenzen fordert, die heute f&uuml;r das M&auml;nnerwahlrecht gelten, mit 271 gegen 92 Stimmen angenommen. </P>
<P>Auf dem Gebiet der Lokalverwaltung breitet sich das Frauenstimmrecht immer mehr aus. In den Versammlungen der Kirchengemeinde haben die steuerzahlenden Frauen Zutritt und Stimme so gut wie die M&auml;nner. Seit 1899 haben die Frauen in England unter den gleichen Bedingungen wie die M&auml;nner das aktive und passive Wahlrecht f&uuml;r den Gemeinderat, der Bezirksrat und Grafschaftsrat. In den l&auml;ndlichen Gemeinde- und den Bezirksr&auml;ten sowie den Armenpflegschaften sind alle Besitzer und Mieter - die weiblichen einbegriffen - stimmberechtigt, welche in der Gemeinde oder im Bezirk wohnen. Das passive Wahlrecht zu den sogenannten K&ouml;rperschaften besitzen alle vollj&auml;hrigen Einwohner ohne Unterschied des Geschlechts. In den <A NAME="S334"><B>|334|</A></B> Schulr&auml;ten besitzen die Frauen das aktive, seit 1870 auch das passive Wahlrecht unter den gleichen Bedingungen wie die M&auml;nner. 1903 hat das reaktion&auml;re englische Schulgesetz den Frauen jedoch das passive Wahlrecht zu den Schulverwaltungen der Grafschaft London entzogen. Seit 1869 besitzen die unabh&auml;ngigen und unverheirateten Frauen das Stimmrecht zu den Staatsr&auml;ten. Zwei Gesetze aus dem Jahre 1907 statuieren f&uuml;r England und Schottland die W&auml;hlbarkeit der unverheirateten Frauen in die Grafschafts- und Gemeinder&auml;te. Jedoch soll einer Frau, die zur Vorsitzenden einer dieser Versammlungen gew&auml;hlt wird, das damit verbundene Friedensrichteramt nicht zufallen. Au&szlig;erdem sind sie jetzt auch in Distriktskirchenspiel- und Armenr&auml;te w&auml;hlbar. Die erste B&uuml;rgermeisterin war am 9. November 1908 in Aldeburgh gew&auml;hlt. 1908 sa&szlig;en in den englischen Armenr&auml;ten 1.162, in den Schulr&auml;ten 615 Frauen. In Irland. haben die Frauen, soweit sie selbst&auml;ndige Steuerzahler sind, das aktive Gemeindewahlrecht seit 1887 und seit 1896 auch aktives und passives Wahlrecht f&uuml;r die Armenpflege. In dem britischen Kolonialreich von Nordamerika haben die meisten einzelnen Provinzen das Frauenstimmrecht auf kommunalem Gebiet im allgemeinen unter den gleichen Bedingungen eingef&uuml;hrt, wie es in England besteht. In den afrikanischen Kolonien Englands ist das Frauenstimmrecht auf kommunalem Gebiet ebenfalls eingef&uuml;hrt worden. </P>
<P>In Frankreich brachte den ersten kleinen Fortschritt das Gesetz vom 27. Februar 1880. Durch dasselbe wird ein Wahlk&ouml;rper geschaffen, dem Schulvorsteherinnen, Oberinspektorinnen, Inspektorinnen der Asyle angeh&ouml;ren. Dieser Wahlk&ouml;rper hat sich mit dem Volksschulwesen zu befassen. Ein weiteres Gesetz vom 23. Januar 1898 gew&auml;hrt den handeltreibenden Frauen das Recht, an den Wahlen der Handelsgerichte teilzunehmen. Das Gesetz vom 27. M&auml;rz 1907, welches die Gewerbegerichte reformiert, hat auch den Frauen das aktive Wahlrecht zu dieser K&ouml;rperschaft verliehen, und seit 25. November 1908 besitzen die Frauen das passive Wahlrecht. </P>
<P>In Italien haben die Frauen seit 1895 im Gegensatz zu Deutschland das aktive und passive Wahlrecht zu den Gewerbegerichtswahlen einger&auml;umt erhalten. Sie sind auch w&auml;hlbar zu Mitgliedern des Vorstandes und der Verwaltung von Krankenh&auml;usern, Waisenh&auml;usern, F&uuml;rsorge-Erziehungsanstalten und Schulkommissionen. </P>
<P>In &Ouml;sterreich k&ouml;nnen Frauen, die kraft ihres Besitzes zur Gro&szlig;- <A NAME="S335"><B>|335|</A></B> grundbesitzerkurie geh&ouml;ren, das aktive Wahlrecht f&uuml;r die Wahlen zum Reichsrat und zum Landtag pers&ouml;nlich oder durch einen m&auml;nnlichen Bevollm&auml;chtigten aus&uuml;ben. In der Gemeinde steht den Frauen das Wahlrecht f&uuml;r die Gemeindevertretung insofern zu, als sie, wenn sie &uuml;ber 24 Jahre alt sind, als Gemeindemitglieder von ihrem Realbesitz, Gewerbe oder Einkommen eine direkte Steuer entrichten; Ehefrauen &uuml;ben ihr Stimmrecht durch den Ehemann, andere durch einen Bevollm&auml;chtigten aus. Was das Wahlrecht zu Landtagen betrifft, so haben in der Klasse des Gro&szlig;grundbesitzes die Frauen &uuml;berall das Wahlrecht, das sie jedoch - von Nieder&ouml;sterreich abgesehen - nicht pers&ouml;nlich aus&uuml;ben m&uuml;ssen. Nur in dem genannten Kronland bestimmt das Landgesetz von 1896, da&szlig; die Gro&szlig;grundbesitzer ohne Unterschied des Geschlechts pers&ouml;nlich abstimmen m&uuml;ssen. Zu den Gewerbegerichten besitzen die Frauen, wie in den Niederlanden, nur das aktive Wahlrecht. </P>
<P>In Deutschland sind die Frauen ausdr&uuml;cklich vom aktiven und passiven Wahlrecht zu den eigentlichen parlamentarischen K&ouml;rperschaften ausgeschlossen. Zu den Gemeinderatswahlen haben die Frauen in einzelnen L&auml;ndern beziehungsweise Landesteilen das Stimmrecht. Das passive Wahlrecht besitzen die Frauen in keiner einzigen Stadt- oder Landgemeinde. In den St&auml;dten sind sie auch vom aktiven Wahlrecht ausgeschlossen. Ausnahmen von dieser Regel bilden lediglich die St&auml;dte des Gro&szlig;herzogtums Sachsen-Weimar-Eisenach; der F&uuml;rstent&uuml;mer Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen, des rechtsrheinischen Bayern und das l&uuml;beckische St&auml;dtchen Travem&uuml;nde. </P>
<P>In den bayerischen St&auml;dten steht allen<I> Hausbesitzerinnen</I>, in den sachsen-weimarischen und schwarzburgischen allen<I> B&uuml;rgerinnen</I> das Stimmrecht zu. Aber nur in Travem&uuml;nde sind sie zu seiner<I> pers&ouml;nlichen</I> Aus&uuml;bung berechtigt.<A NAME="ZF7"><A HREF="beaa_310.htm#F7">(7)</A></A> Was die Landgemeinden betrifft, so besitzen die Frauen fast regelm&auml;&szlig;ig das aktive Wahlrecht in allen Gemeinden, in denen das Stimmrecht am Grundbesitz oder an bestimmten Steuerleistungen haftet. Jedoch m&uuml;ssen sie das Stimmrecht durch Vertreter aus&uuml;ben lassen, auch sind sie nicht w&auml;hlbar. So in Preu&szlig;en, Braunschweig, Schleswig-Holstein, Sachsen-Weimar, Hamburg und L&uuml;beck. Im K&ouml;nigreich Sachsen kann nach der Landgemeindeordnung die Frau das Stimmrecht aus&uuml;ben, wenn sie Grundbesitzerin und<I> unverheiratet</I> ist. Ist sie verheiratet, so geht das Stimmrecht auf den <A NAME="S336"><B>|336|</A></B> Ehemann &uuml;ber. In den Staaten, in denen in Gemeinden das Stimmrecht am Gemeindeb&uuml;rgerrecht haftet, besitzen es die Frauen in den meisten F&auml;llen nicht. So in W&uuml;rttemberg, in der bayrischen Pfalz, in Baden, Hessen, Oldenburg, Anhalt, Gotha und Reu&szlig; j. L. In Sachsen-Weimar-Eisenach, Koburg, Schwarzburg-Rudolstadt und Schwarzburg-Sondershausen k&ouml;nnen Frauen aber nicht nur das B&uuml;rgerrecht unter denselben Bedingungen wie M&auml;nner erwerben, sondern sie besitzen auch das gleiche vom Besitz g&auml;nzlich losgel&ouml;ste Stimmrecht. Allerdings ist ihnen auch hier eine pers&ouml;nliche Aus&uuml;bung versagt. </P>
<P>In den preu&szlig;ischen Landesteilen, wo das beschr&auml;nkte kommunale Frauenwahlrecht besteht, nehmen die wahlberechtigten Frauen auch direkt oder indirekt teil an den Wahlen zu den Vertretungen der Landkreise, den Kreistagen. Im Wahlverband der gr&ouml;&szlig;eren Grundbesitzer, der Vertreter von Bergwerks- und Gewerbebetrieben w&auml;hlen die Frauen die Kreistagsabgeordneten direkt, in den Landgemeinden aber indirekt, da dort die Gemeindeversammlungen oder Gemeinder&auml;te nicht diese Vertreter selbst w&auml;hlen, vielmehr nur Wahlm&auml;nner. Da die Kreistage Abgeordnete f&uuml;r die Provinziallandtage w&auml;hlen, so kann die kleine Zahl wahlberechtigter Frauen indirekt einen &auml;u&szlig;erst bescheidenen Einflu&szlig; auf die Verwaltung der Provinz aus&uuml;ben. </P>
<P>In den letzten Jahren werden die Frauen in immer gr&ouml;&szlig;erer Zahl und mit bestem Erfolg zur Armen- und Waisenpflege herangezogen (eine Ausnahme bildet nur Bayern), in manchen St&auml;dten auch zu Schulkommissionen (Preu&szlig;en, Baden, W&uuml;rttemberg, Bayern, Sachsen) und Wohnungsuntersuchungskommissionen (Mannheim). Das einzige &ouml;ffentliche Gebiet, auf dem die Frauen das aktive und passive Wahlrecht besitzen, bleibt die Krankenversicherung; das Wahlrecht zu den Gewerbe- und Kaufmannsgerichten ist ihnen verwehrt geblieben. </P>
<P>Das Wahlrecht ist also in den angef&uuml;hrten F&auml;llen in Deutschland und &Ouml;sterreich fast ausnahmslos nicht an die Person, sondern an den Besitz gebunden. Das ist sehr lehrreich f&uuml;r die herrschende Staatsmoral und das geltende Recht. Der Mensch ist politisch eine Null, hat er kein Geld und Gut. Nicht Verstand und Intelligenz, der Besitz entscheidet. </P>
<P>Das Prinzip, der Frau als einer Unm&uuml;ndigen kein Stimmrecht einzur&auml;umen, ist also tats&auml;chlich durchbrochen. Dennoch wehrt man sich, ihr das volle Recht zuzuerkennen. Man sagt, der Frau das Stimmrecht einzur&auml;umen sei gef&auml;hrlich, weil sie leicht religi&ouml;sen Vorurteilen zu- <A NAME="S337"><B>|337|</A></B> g&auml;nglich und konservativ sei. Aber sie ist beides nur, weil sie unwissend ist; man erziehe sie und lehre sie, wo ihr wahres Interesse liegt. &Uuml;brigens wird der religi&ouml;se Einflu&szlig; bei Wahlen &uuml;bertrieben. Die ultramontane Agitation war in Deutschland nur so erfolgreich, weil sie das<I> soziale Interesse mit dem religi&ouml;sen</I> zu verbinden wu&szlig;te. Die ultramontanen Kapl&auml;ne wetteiferten lange Zeit mit den Sozialdemokraten, die soziale F&auml;ulnis aufzudecken. Daher ihr Einflu&szlig; bei den Massen. Mit dem Ende des Kulturkampfes schwindet derselbe allm&auml;hlich. Die Geistlichkeit ist gen&ouml;tigt, ihre Opposition wider die staatliche Gewalt aufzugeben, gleichzeitig zwingt sie der wachsende Klassengegensatz, auf die katholische Bourgeoisie und den katholischen Adel mehr R&uuml;cksichten zu nehmen, und so mu&szlig; sie auf sozialem Gebiet eine gr&ouml;&szlig;ere Zur&uuml;ckhaltung beobachten. Damit verliert sie an Einflu&szlig; bei dem Arbeiter, namentlich auch, wenn R&uuml;cksichtnahme auf die Staatsgewalt und die herrschenden Klassen sie zwingt, Handlungen und Gesetze gutzuhei&szlig;en oder zu dulden, die gegen das Interesse der Arbeiterklasse gerichtet sind. Die gleichen Gr&uuml;nde bringen schlie&szlig;lich auch bei der Frau den Einflu&szlig; der Geistlichkeit zu Falle. H&ouml;rt diese aus Versammlungen und Zeitungen und lernt sie aus eigener Erfahrung, wo ihr wahres Interesse liegt, so wird sie sich von der Geistlichkeit ebenso emanzipieren wie der Mann.<A NAME="ZF8"><A HREF="beaa_310.htm#F8">(8)</A></A> </P>
<P>In Belgien, in dem der Ultramontanismus weite Volkskreise noch fast unbeschr&auml;nkt beherrscht, sieht ein Teil der katholischen Geistlichkeit in der Gew&auml;hrung des Stimmrechts an die Frauen eine wirksame Waffe gegen die Sozialdemokratie, weshalb sie dasselbe fordert. Auch in Deutschland haben einzelne konservative Abgeordnete, sooft im Reichstag die Sozialdemokratie die Forderung der Gew&auml;hrung des <A NAME="S338"><B>|338|</A></B> Frauenstimmrechts stellte, sich mit der Motivierung daf&uuml;r erkl&auml;rt, da&szlig; sie in demselben eine Waffe gegen die Sozialdemokratie erblicken. Ohne Zweifel haben diese Ansichten bei der noch vorhandenen politischen Unwissenheit der Frauen und bei der Macht, die namentlich die Geistlichkeit auf sie aus&uuml;bt, etwas f&uuml;r sich. Aber das ist kein Grund, ihnen das Stimmrecht zu verweigern. Es gibt gegenw&auml;rtig auch noch Millionen Arbeiter, die wider ihr Klasseninteresse Vertreter b&uuml;rgerlicher und kirchlicher Parteien w&auml;hlen und damit ihre politische Unm&uuml;ndigkeit beweisen, ohne da&szlig; man aus diesem Grunde ihnen das Stimmrecht nehmen will. Die Stimmrechtsvorenthaltung oder der Stimmrechtsraub wird nicht praktiziert, weil man die Unwissenheit der Massen - einschlie&szlig;lich der Frauen - f&uuml;rchtet, denn was diese sind, das haben die herrschenden Klassen aus ihnen gemacht, sondern weil man f&uuml;rchtet, sie m&ouml;chten allm&auml;hlich klug werden und gingen dann ihre eigenen Wege. </P>
<P>Einstweilen war man in einzelnen deutschen Staaten noch so r&uuml;ckst&auml;ndig, da&szlig; man den Frauen nicht einmal das politische Vereinsrecht gestattete. In Preu&szlig;en, Bayern, Braunschweig und einer Reihe anderer deutscher Staaten durften sie keine politischen Vereine bilden, in Preu&szlig;en durften sie nicht einmal an Festlichkeiten politischer Vereine teilnehmen, wie das Oberverwaltungsgericht noch 1901 ausdr&uuml;cklich entschied. Der Rektor der Berliner Universit&auml;t beging sogar im Herbst 1901 die f&uuml;r unm&ouml;glich gehaltene Geschmacklosigkeit, zu verbieten, da&szlig; eine Frau im sozialwissenschaftlichen Studentenverein einen Vortrag hielt. Auch verbot in demselben Jahre die Braunschweiger Polizei Frauen die Teilnahme an den Verhandlungen des evangelisch-sozialen Kongresses. Da&szlig; der preu&szlig;ische Minister des Innern sich im Jahre 1902 gn&auml;digst bereit erkl&auml;rte, Frauen das Recht des Zuh&ouml;rens in Versammlungen politischer Vereine zu gew&auml;hren, vorausgesetzt, da&szlig; sie, &auml;hnlich wie die j&uuml;dischen Frauen in der Synagoge, in einem besonderen Abteil des Saales Platz nehmen, charakterisierte die Kleinlichkeit unserer &ouml;ffentlichen Zust&auml;nde. Noch im Februar 1904 konnte Posadowsky im Reichstag feierlich erkl&auml;ren: "Von der Politik sollen die Frauen die Hand weglassen." Der bisherige Zustand wurde selbst den b&uuml;rgerlichen Parteien unbequem. Hat doch die proletarische Frauenbewegung die Hindernisse des Vereinsrechtes am besten &uuml;berwunden. Und da brachte endlich das neue Reichsvereinsgesetz vom 19. April 1908 - es ist die einzige Verbesserung, die als wesentlich bezeichnet <A NAME="S339"><B>|339|</A></B> werden kann - die Herstellung der Gleichberechtigung der Frauen im Vereins- und Versammlungsleben. </P>
<P>Mit dem aktiven mu&szlig; nat&uuml;rlich das passive Wahlrecht verbunden sein. "Eine Frau auf der Trib&uuml;ne des Reichstags, das m&uuml;&szlig;te sich sch&ouml;n machen", h&ouml;ren wir rufen. Tats&auml;chlich stehen sie schon in anderen Staaten auf den Parlamentstrib&uuml;nen, auch haben wir uns l&auml;ngst gew&ouml;hnt, Frauen bei ihren Kongressen und in Versammlungen aller Art auf der Trib&uuml;ne zu sehen. In Nordamerika erscheinen sie auch auf der Kanzel und auf der Geschworenenbank, warum also nicht auch auf der Trib&uuml;ne des Reichstags? Die erste Frau, die in den Reichstag kommt, wei&szlig; zu imponieren. Als die ersten Arbeiter in denselben traten, glaubte man auch &uuml;ber sie witzeln zu k&ouml;nnen und behauptete, die Arbeiter w&uuml;rden bald einsehen, welche Torheit sie begingen, solche Leute zu w&auml;hlen. Aber ihre Vertreter wu&szlig;ten sich schnell Respekt zu verschaffen, und jetzt f&uuml;rchtet man, da&szlig; es ihrer zu viele werden m&ouml;chten. Frivole Witzlinge wenden ein: "Aber stellt euch eine schwangere Frau auf der Trib&uuml;ne des Reichstags vor, wie 'un&auml;sthetisch'!" Dieselben Herren finden es aber in der Ordnung, da&szlig; schwangere Frauen bei den un&auml;sthetischsten Besch&auml;ftigungen Verwendung finden, bei welchen Frauenw&uuml;rde, Anstand- und Gesundheit untergraben werden.<I> Der</I> Mann ist ein elender Wicht, der &uuml;ber eine schwangere Frau zu witzeln vermag. Der blo&szlig;e Gedanke, da&szlig; einst seine eigene Mutter so ausgesehen, bevor sie ihn in die Welt setzte, m&uuml;&szlig;te ihm die Schamr&ouml;te auf die Wangen treiben, und der andere Gedanke, da&szlig; er, der rohe Sp&ouml;tter selbst, von einem &auml;hnlichen Zustand seiner Frau die Gew&auml;hrung seiner h&ouml;chsten W&uuml;nsche erwartet, sollte ihn besch&auml;mt zum Verstummen bringen.<A NAME="ZF9"><A HREF="beaa_310.htm#F9">(9)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S340">|340|</A></B> <I>Eine Frau, die Kinder gebiert, leistet dem Gemeinwesen mindestens denselben Dienst wie ein Mann, der gegen einen eroberungss&uuml;chtigen Feind Land und Herd mit seinem Leben verteidigt;</I> sie gebiert und erzieht auch den sp&auml;teren Mann, dessen Leben leider nur zu oft auf dem sogenannten "Felde der Ehre" verblutet. Au&szlig;erdem. Das Leben der Frau steht in jedem Mutterschaftsfalle <I>auf dem Spiele</I>; alle unsere M&uuml;tter haben bei unserer Geburt dem Tode ins Angesicht geblickt, und viele von ihnen sind dem Akt erlegen. "&Uuml;bertrifft doch zum Beispiel in Preu&szlig;en die Zahl der im Kindbett gestorbenen Frauen - darunter befinden sich die Opfer des Kindbettfiebers - die Verluste an Typhus ganz erheblich. Es starben an Typhus 1905 und 1906 je 0,73 und 0,62, im Kindbett aber 2,13 und 1,97 auf 10.000 lebende Frauen berechnet. Wie w&uuml;rden sich die Verh&auml;ltnisse gestaltet haben" - bemerkt mit Recht Professor Herff -, "wenn M&auml;nner in gleicher Zahl diesen Leiden ausgesetzt w&auml;ren? W&uuml;rde nicht alles in Bewegung gesetzt werden?"<A NAME="ZF10"><A HREF="beaa_310.htm#F10">(10)</A></A> <I>Die Zahl der Frauen, die infolge von Geburten sterben oder siechen, ist weit gr&ouml;&szlig;er als die Zahl der M&auml;nner, die auf dem Schlachtfeld fallen oder verwundet werden.</I> Vom Jahre 1816 bis 1876 fielen in Preu&szlig;en nicht weniger als 321.791 Frauen allein dem Kindbettfieber zum Opfer - durchschnittlich pro Jahr 5.363. In England betrug die Zahl der Frauen, die im Kindbett gestorben sind, vom Jahre 1847 bis 1901 213.533, und es sterben, trotz aller hygienischen Ma&szlig;nahmen, nicht weniger als 4.000 j&auml;hrlich.<A NAME="ZF11"><A HREF="beaa_310.htm#F11">(11)</A></A> </P>
<P>Das ist eine weit gr&ouml;&szlig;ere Zahl, als innerhalb derselben Zeit in den verschiedenen Kriegen M&auml;nner get&ouml;tet wurden oder an ihren Wunden starben. Und zu dieser enorm gro&szlig;en Zahl am Kindbettfieber gestorbener Frauen kommt die weit gr&ouml;&szlig;ere Zahl derjenigen, die infolge <A NAME="S341"><B>|341|</A></B> eines Wochenbetts dauernd siechen oder fr&uuml;hzeitig sterben.<A NAME="ZF12"><A HREF="beaa_310.htm#F12">(12)</A></A> Auch aus diesem Grunde hat die Frau Anspruch auf volle Gleichberechtigung mit dem Manne. Dies mu&szlig; namentlich denen gesagt werden, die die Vaterlandsverteidigungspflicht des Mannes als ein bevorzugtes Moment gegen die Frau geltend machen. Zudem leisten die meisten M&auml;nner, infolge unserer milit&auml;rischen Einrichtungen, diese Pflicht nicht einmal, sie steht f&uuml;r die Mehrzahl nur auf dem Papier. </P>
<P>Alle diese oberfl&auml;chlichen Einwendungen gegen eine &ouml;ffentliche T&auml;tigkeit der Frau w&auml;ren undenkbar, w&auml;re das Verh&auml;ltnis der beiden Geschlechter ein nat&uuml;rliches und best&auml;nde nicht ein k&uuml;nstlich gro&szlig;gezogener Antagonismus zwischen den Geschlechtern. Trennt man doch beide schon von Jugend an im gesellschaftlichen Verkehr und in der Erziehung. Insbesondere ist es der dem Christentum geschuldete Antagonismus, der best&auml;ndig die Geschlechter auseinander und eins &uuml;ber das andere in Unwissenheit erh&auml;lt, was freieren geselligen Verkehr, gegenseitiges Vertrauen und gegenseitige Erg&auml;nzung der Charaktereigenschaften verhindert.<A NAME="ZF13"><A HREF="beaa_310.htm#F13">(13)</A></A> </P>
<P>Eine der ersten und wichtigsten Aufgaben einer vern&uuml;nftig organisierten Gesellschaft mu&szlig; sein, diesen unheilvollen Zwiespalt aufzuheben und die Natur in ihre Rechte einzusetzen. Die Unnatur beginnt schon in der Schule. Einmal Trennung der Geschlechter, dann verkehrten oder keinen Unterricht in dem, was den Menschen als Geschlechtswesen betrifft. Zwar wird in jeder leidlich guten Schule heute Naturgeschichte gelehrt: Das Kind erf&auml;hrt, da&szlig; die V&ouml;gel Eier legen und sie ausbr&uuml;ten; es erf&auml;hrt auch, wann die Paarungszeit beginnt, da&szlig; M&auml;nnchen und Weibchen dazu notwendig sind, da&szlig; beide den Nestbau, das Br&uuml;tegesch&auml;ft und die Pflege der Jungen &uuml;bernehmen. Es erf&auml;hrt ferner, da&szlig; die S&auml;ugetiere lebendige Junge geb&auml;ren; es h&ouml;rt von der Brunstzeit und dem Kampfe der M&auml;nnchen um die Weibchen w&auml;hrend derselben; es erf&auml;hrt auch die gew&ouml;hnliche Zahl der Jungen, vielleicht <A NAME="S342"><B>|342|</A></B> auch die Tr&auml;chtigkeitszeit der Weibchen. Aber &uuml;ber die Entstehung und Entwicklung seines eigenen Geschlechts bleibt es im dunkeln, das wird in geheimnisvollen Schleier geh&uuml;llt. Wenn alsdann das Kind seine nat&uuml;rliche Wi&szlig;begierde durch Fragen an die Eltern, namentlich an die Mutter - an den Lehrer wagt es sich nicht - zu befriedigen sucht, werden ihm die albernsten M&auml;rchen aufgebunden, die es nicht zufriedenstellen k&ouml;nnen und eine um so &uuml;blere Wirkung erzielen, wenn es eines Tages dennoch die Natur seines Ursprunges erf&auml;hrt. Es wird wenig Kinder geben, die bis zum zw&ouml;lften Jahre diese<I> nicht</I> erfahren haben. Dazu kommt, da&szlig; in jeder kleinen Stadt, und insbesondere auf dem Lande, die Kinder schon von fr&uuml;hester Jugend an die Paarung des Federviehs, die Begattung der Haustiere aus n&auml;chster, unmittelbarster N&auml;he auf dem Hofe, der Stra&szlig;e, beim Austreiben des Viehs usw. beobachten. Sie h&ouml;ren, da&szlig; die Befriedigung der Brunst ebenso wie der Akt der Geburt bei den verschiedenen Haustieren seitens der Eltern, des Gesindes und der &auml;lteren Geschwister mit der ungeniertesten Gr&uuml;ndlichkeit zum Gegenstand wichtiger Diskussionen gemacht wird. Das alles erweckt Zweifel bei dem Kinde &uuml;ber die elterliche Darstellung seines eigenen Eintritts in das Leben. Schlie&szlig;lich kommt doch der Tag der Erkenntnis, aber in anderer Weise, als er bei nat&uuml;rlicher und vern&uuml;nftiger Erziehung gekommen w&auml;re. Das Geheimnis des Kindes tr&auml;gt zur Entfremdung zwischen Kind und Eltern, namentlich zwischen Kind und Mutter bei. Man erreicht das Gegenteil von dem, was man in Unvernunft und Kurzsichtigkeit erreichen wollte. Wer an seine eigene Kindheit denkt und an die seiner Jugendgenossen, wei&szlig;, was h&auml;ufig die Folgen sind. </P>
<P>Eine amerikanische Frau <A NAME="ZF14"><A HREF="beaa_310.htm#F14">(14)</A></A> teilt in einer Schrift unter anderem mit, da&szlig; sie, um die fortgesetzten Fragen ihres achtj&auml;hrigen Sohnes nach seiner Herkunft zu befriedigen und weil sie M&auml;rchen ihm nicht habe aufbinden wollen, ihm seinen wahren Ursprung entdeckte. Das Kind habe ihr mit gr&ouml;&szlig;ter Aufmerksamkeit zugeh&ouml;rt und habe von jenem Tage, an dem es erfahren, welche Sorgen und Schmerzen es seiner Mutter bereitete, mit einer bis dahin ungekannten Z&auml;rtlichkeit und Hochachtung an ihr gehangen und habe diese auch auf andere Frauen &uuml;bertragen. Die Verfasserin geht von der richtigen Anschauung aus, da&szlig; nur durch nat&uuml;rliche Erziehung eine wesentliche Besserung, na- <A NAME="S343"><B>|343|</A></B> mentlich eine gr&ouml;&szlig;ere Achtung und Selbstbeherrschung des m&auml;nnlichen Geschlechts gegen das weibliche zu erwarten sei. Wer vorurteilsfrei denkt, wird zu keinem anderen Schlusse kommen. - </P>
<P>Von welchem Punkte man immer bei der Kritik unserer Zust&auml;nde ausgeht, man kommt schlie&szlig;lich stets wieder darauf zur&uuml;ck: Eine<I> gr&uuml;ndliche Umgestaltung unserer sozialen Zust&auml;nde</I> und durch sie eine gr&uuml;ndliche Umgestaltung in der Stellung der Geschlechter ist notwendig. Die Frau mu&szlig;, um rascher zum Ziele zu kommen, sich nach Bundesgenossen umsehen, die ihr naturgem&auml;&szlig; in der Proletarierbewegung begegnen. Das klassenbewu&szlig;te Proletariat hat schon seit geraumer Zeit den Sturm auf die Festung, den Klassenstaat, der auch die Herrschaft des einen &uuml;ber das andere Geschlecht aufrechterh&auml;lt, begonnen. Die Festung mu&szlig; mit Laufgr&auml;ben von allen Seiten umgeben und durch Gesch&uuml;tze jeden Kalibers zur &Uuml;bergabe gezwungen werden. Die belagernde Armee findet ihre Offiziere und die geeigneten Waffen auf allen Seiten. Die Sozialwissenschaft und die Naturwissenschaften, die Geschichtsforschung, die P&auml;dagogik, die Hygiene und Statistik liefern der Bewegung Munition und Waffen. Die Philosophie bleibt nicht zur&uuml;ck und k&uuml;ndigt, in Mainl&auml;nders "Philosophie der Erl&ouml;sung", die baldige Verwirklichung des "Idealstaats" an. </P>
<P>Die Eroberung des Klassenstaats und seine Umgestaltung wird erleichtert durch die Spaltung in den Reihen seiner Verteidiger, die, bei aller Interessengemeinschaft gegen den gemeinsamen Feind, im Kampfe um die Beute sich gegenseitig bek&auml;mpfen. Das Interesse der einen Schicht steht dem Interesse der anderen gegen&uuml;ber. Was ferner uns n&uuml;tzt, ist die t&auml;glich wachsende Meuterei in den Reihen der Feinde, deren K&auml;mpfer zu einem gro&szlig;en Teil Bein von unserem Bein, Fleisch von unserem Fleisch sind, die aber aus Mi&szlig;verstand und irregeleitet bisher gegen uns und sich selbst k&auml;mpften, aber immer mehr zur Einsicht gelangen und sich uns anschlie&szlig;en. Ferner hilft uns die Desertion der ehrlichen, zur Einsicht gekommenen M&auml;nner aus den Reihen der bisher feindlichen Denker, die ihr h&ouml;heres Wissen, ihre bessere Einsicht anspornt, sich &uuml;ber ihr niederes Klasseninteresse zu erheben und, indem sie ihrem idealen Drange nach Gerechtigkeit folgen, sich den nach Befreiung lechzenden Massen anschlie&szlig;en. </P>
<P>Vielen ist das Stadium der Zersetzung, in dem Staat und Gesellschaft sich bereits befinden, noch nicht zum Bewu&szlig;tsein gekommen, und so ist auch diese Darlegung notwendig. </P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von August Bebel</P>
<P><A NAME="F1">(1)</A> A Chapman und M. Chapman, The statuts of women under the english Law. London 1909. <A HREF="beaa_310.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">(2)</A> L. Briedel, La puissance maritale. Lausanne 1879. <A HREF="beaa_310.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F3">(3)</A> Marianne Weber, Ehefrau und Mutter in der Rechtsentwicklung. S. 377. T&uuml;bingen 1907. <A HREF="beaa_310.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F4">(4)</A> Wie richtig diese Auffassung ist, geht auch aus Aristophanes' Lustspiel "Die Frauenvolksversammlung" (&uuml;bersetzt von Hieronymus M&uuml;ller, Leipzig 1846) hervor. Aristophanes schildert in jenem Lustspiel, wie das athenische Staatswesen so verfahren war, da&szlig; niemand mehr aus noch ein wu&szlig;te. Die Prytanen stellen in der Volksversammlung der B&uuml;rger Athens die Frage zur Er&ouml;rterung, wie der Staat zu retten sei. Darauf macht eine als Mann verkleidete Frau den Vorschlag, den Frauen die F&uuml;hrung des Staatsruders anzuvertrauen, und dieser Vorschlag wurde, "weil es das einzige sei, was noch nie in Athen geschah", ohne Widerspruch angenommen. Die Frauen ergreifen das Staatsruder und f&uuml;hren sofort den<I> Kommunismus</I> ein. Selbstverst&auml;ndlich macht Aristophanes diesen Zustand . l&auml;cherlich, aber das Charakteristische an seiner Dichtung ist, da&szlig; er die Frauen, sobald sie ein entscheidendes Wort in den &ouml;ffentlichen Angelegenheiten erhalten, den Kommunismus als die von ihrem Standpunkt aus einzig vern&uuml;nftige Staats- und Gesellschaftsverfassung einf&uuml;hren l&auml;&szlig;t. Aristophanes ahnte nicht, wie er im Scherz das Richtige traf. <A HREF="beaa_310.htm#ZF4">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F5">(5)</A> Siehe Emma Adler, Die ber&uuml;hmten Frauen der franz&ouml;sischen Revolution. Wien 1906. <A HREF="beaa_310.htm#ZF5">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F6">(6)</A> Clara Zetkin, Zur Frage des Frauenwahlrechts. S. 64 bis 65. Berlin 1907. Im Jahre 1909 haben die Frauen das Wahlrecht auch in S&uuml;d-Dakota und in Washington bekommen. <A HREF="beaa_310.htm#ZF6">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F7">(7)</A> Politisches Handbuch f&uuml;r Frauen, S. 86. Berlin 1909. <A HREF="beaa_310.htm#ZF7">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F8">(8)</A> Da&szlig; diese Gefahr eintreten kann, hat die Geistlichkeit sehr bald eingesehen. Bei der gro&szlig;en Bedeutung und dem Umfang, den die Frauenbewegung selbst in den b&uuml;rgerlichen Kreisen angenommen hat, erkannten die f&uuml;hrenden K&ouml;pfe des katholischen Zentrums, da&szlig; es mit dem Negieren nicht mehr gehe; sie nahmen eine vollst&auml;ndige Frontver&auml;nderung vor. Mit jener Schlauheit, die von jeher die Diener der Kirche auszeichnete, unterst&uuml;tzt man jetzt, was man fr&uuml;her bek&auml;mpfte. Man tritt nicht nur f&uuml;r das weibliche Studium ein, man gew&auml;hrt den Frauen auch die volle Vereins- und Versammlungsfreiheit. Die Weiterblickenden erkl&auml;ren sich sogar f&uuml;r die Erteilung des Stimmrechts an die Frauen, in der Hoffnung, da&szlig; hiervon die Kirche am meisten profitiert. Ebenso f&ouml;rdert man die Organisation des weiblichen Geschlechts, sogar diejenige der Dienstboten. Man f&ouml;rdert aber diese Bestrebungen nicht aus Rechtsgef&uuml;hl, sondern um die Frau nicht den kirchlichen und politischen Gegnern in die Arme zu treiben. <A HREF="beaa_310.htm#ZF8">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F9">(9)</A> "Die H&auml;lfte der weiblichen Abgeordneten Finnlands sind M&uuml;tter respektive Ehefrauen ... Von den verehelichten sozialdemokratischen Volksvertreterinnen wurden drei w&auml;hrend der bisherigen Landtagst&auml;tigkeit M&uuml;tter, und zwar ohne andere st&ouml;rende Folgen, als da&szlig; dieselben den Sitzungen einige Wochen fernblieben. Ihre Schwangerschaft w&auml;hrend der parlamentarischen T&auml;tigkeit wurde allgemein als etwas Nat&uuml;rliches aufgefa&szlig;t, war also weder etwas Wunderbares noch Aufsehenerregendes. Man k&ouml;nnte viel eher davon sprechen, da&szlig; dieser Umstand auf die Versammlung erzieherisch gewirkt hat. Was nun die parlamentarische Arbeit der Frauen im engeren Sinne anlangt, so sei betont, da&szlig; auch sie seitens ihrer Parteien in die Spezialkommissionen gew&auml;hlt wurden. Und dies ist der Beweis daf&uuml;r, da&szlig; die Parteien von der Arbeitsf&auml;higkeit der Frauen &uuml;berzeugt waren. In der Kommission f&uuml;r die Arbeiterangelegenheiten, wo die Gesetze f&uuml;r den Arbeiterschutz, Arbeiterversicherung u<>d das neue Gewerbegesetz ausgearbeitet wurden, befanden sich neben zw&ouml;lf M&auml;nnern auch vier Frauen, und drei Frauen waren zu Stellvertreterinnen gew&auml;hlt worden. In die Kommission f&uuml;r Gesetze wie auch in die f&uuml;r Verfassung waren je zwei Frauen als ordentliche Glieder und je eine als Stellvertreterin gew&auml;hlt worden. Und die Frauen haben in den Aussch&uuml;ssen ihre Pl&auml;tze redlich behauptet." Fr&auml;ulein H. P&auml;rssinon, Mitglied des Landtages von Finnland, Das Frauenstimmrecht und die Beteiligung der Frauen an den parlamentarischen Arbeiten in Finnland. "Dokumente des Fortschritts" 1909, Juli, S. 542 bis 548. <A HREF="beaa_310.htm#ZF9">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F10">(10)</A> Professor Dr. Otto v. Herff, Im Kampfe gegen das Kindbettfieber. S. 266. Leipzig 1908. <A HREF="beaa_310.htm#ZF10">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F11">(11)</A> W. Williams, Deaths in Childbed. S. 6 bis 7. London 1904. <A HREF="beaa_310.htm#ZF11">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F12">(12)</A> "Auf jede Frau, welche heute im Kindbett stirbt, m&uuml;ssen wir f&uuml;nfzehn bis zwanzig rechnen, welche mehr oder weniger schwer infiziert werden und St&ouml;rungen der Unterleibsorgane und der allgemeinen Gesundheit davontragen, an denen sie h&auml;ufig ihr ganzes Leben kr&auml;nkeln." Frau Dr. med. H. B. Adams, Das Frauenbuch. 1. Band, S. 363 Stuttgart 1894, S&uuml;ddeutsches Verlagsinstitut. <A HREF="beaa_310.htm#ZF12">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F13">(13)</A> Verweigerten doch im Jahre des Heils 1902 die Gemeindevertreter von Neu&szlig; a. Rhein einen Zuschu&szlig; zu einer &ouml;ffentlichen Badeanstalt, weil es die Sittlichkeit nicht f&ouml;rdern k&ouml;nne, wenn Knaben nur mit einem Badeh&ouml;schen bekleidet ihre nackten K&ouml;rper gegenseitig s&auml;hen! <A HREF="beaa_310.htm#ZF13">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F14">(14)</A> Womanhood, Its Sanctities and Fidelities by Isabella Becher-Hooker, Boston, Lee and Shepard, Publishers. New York 1874, Lee, Shepard and Dillingham. <A HREF="beaa_310.htm#ZF14">&lt;=</A></P></BODY>
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