emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me20/me20_016.htm

676 lines
51 KiB
HTML
Raw Normal View History

2022-08-25 20:29:11 +02:00
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<TITLE>Friedrich Engels - Anti-D&uuml;hring - Einleitung</TITLE>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<STYLE type="text/css">
<!--
BODY {background : #FFFFE0;}
A.an {text-decoration : none;}
A:active {color : #FF0000;
text-decoration : none;}
A:link {color : #6000FF;
text-decoration : underline;}
A:visited {color : #8080C0;
text-decoration : underline;}
DT, DL, LI, P, TD, UL {color : #330033;
font : 10pt Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif;}
B {font-weight : bold;}
I {font-style : italic;}
SMALL {font : 8pt Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif;}
U {text-decoration : underline;}
H1 {color : #330033;
font : 400 25pt Georgia, "Times New Roman", Times, serif;}
H2 {color : #330033;
font : 400 17.5pt Georgia, "Times New Roman", Times, serif;}
H3 {color : #330033;
font : 400 15pt Georgia, "Times New Roman", Times, serif;}
H4 {color : #330033;
font : 400 13pt Georgia, "Times New Roman", Times, serif;}
FONT.20 {font : 100 20pt;}
FONT.30 {font : 100 30pt;}
FONT.40 {font : 100 40pt;}
FONT.50 {font : 100 50pt;}
FONT.60 {font : 100 60pt;}
FONT.70 {font : 100 70pt;}
.bottom {font-size : 7.5pt;}
.top {font-size : 7.5pt;
vertical-align : 35%;}
.red {color : #FF0040;}
.zitat {margin-left : 2.5%;
margin-right : 2.5%;
font : 8.5pt Verdana, Arial, Helvetica, sans-serif;}
//-->
</STYLE>
</HEAD>
<BODY link="#6000FF" vlink="#8080C0" alink="#FF0000" bgcolor="#FFFFCC">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_005.htm"><SMALL>Vorworte</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_001.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_032.htm"><SMALL>1. Abschnitt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Marx/Engels</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
<HR size="1">
<P><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/ Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 20. Berlin/DDR.
1962. &raquo;Herrn Eugen D&uuml;hrung's Umw&auml;lzung der Wissenschaft&laquo;,
S. 16-31.<BR>
1. Korrektur<BR>
Erstellt am 05.09.1999</SMALL></P>
<H2>Friedrich Engels - Herrn Eugen D&uuml;hring's Umw&auml;lzung der Wissenschaft</H2>
<H1>Einleitung</H1>
<OL type="I">
<A href="me20_016.htm#Kap_I"><LI>Allgemeines</LI></A>
<A href="me20_016.htm#Kap_II"><LI>Was Herr D&uuml;hring verspricht</LI></A>
</OL>
<hr size="1">
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_I">I. Allgemeines</A></H3>
<P><B>|16|</b> Der moderne Sozialismus ist seinem Inhalte nach zun&auml;chst das
Erzeugnis der Anschauung, einerseits der in der modernen Gesellschaft herrschenden
Klassengegens&auml;tze von Besitzenden und Besitzlosen, Lohnarbeitern und Bourgeois,
andrerseits der in der Produktion herrschenden Anarchie. Aber seiner theoretischen
Form nach erscheint er anf&auml;nglich als eine weitergetriebne, angeblich konsequentere
Fortf&uuml;hrung der von den gro&szlig;en franz&ouml;sischen Aufkl&auml;rern
des 18. Jahrhunderts aufgestellten Grunds&auml;tze.<A NAME="ZT1"></A><A HREF="me20_016.htm#T1"><SPAN class="top">{1}</SPAN></A>
Wie jede neue Theorie, mu&szlig;te er zun&auml;chst ankn&uuml;pfen an das vorgefundne
Gedankenmaterial, sosehr auch seine Wurzel in den &ouml;konomischen Tatsachen
lag.</P>
<P>Die gro&szlig;en M&auml;nner, die in Frankreich die K&ouml;pfe f&uuml;r die
kommende Revolution kl&auml;rten, traten selbst &auml;u&szlig;erst revolution&auml;r
auf. Sie erkannten keine &auml;u&szlig;ere Autorit&auml;t an, welcher Art sie
auch sei. Religion, Naturanschauung, Gesellschaft, Staatsordnung, alles wurde
der schonungslosesten Kritik unterworfen; alles sollte seine Existenz vor dem
Richterstuhl der Vernunft rechtfertigen oder auf die Existenz verzichten. Der
denkende Verstand wurde als alleiniger Ma&szlig;stab an alles angelegt. Es war
die Zeit, wo, wie Hegel sagt, die Welt auf den Kopf gestellt wurde, zuerst in
dem Sinn, da&szlig; der menschliche Kopf und die durch sein Denken gefundnen
S&auml;tze den Anspruch <A NAME="S17"></A><B>|17|</B> machten, als Grundlage
aller menschlichen Handlung und Vergesellschaftung zu gelten; dann aber sp&auml;ter
auch in dem weitern Sinn, da&szlig; die Wirklichkeit, die diesen S&auml;tzen
widersprach, in der Tat von oben bis unten umgekehrt wurde. Alle bisherigen
Gesellschafts- und Staatsformen, alle alt&uuml;berlieferten Vorstellungen wurden
als unvern&uuml;nftig in die Rumpelkammer geworfen; die Welt hatte sich bisher
lediglich von Vorurteilen leiten lassen; alles Vergangene verdiente nur Mitleid
und Verachtung. Jetzt erst brach das Tageslicht an; von nun an sollte der Aberglaube,
das Unrecht, das Privilegium und die Unterdr&uuml;ckung verdr&auml;ngt werden
durch die ewige Wahrheit, die ewige Gerechtigkeit, die in der Natur begr&uuml;ndete
Gleichheit und die unver&auml;u&szlig;erlichen Menschenrechte.</P>
<P>Wir wissen jetzt, da&szlig; dies Reich der Vernunft weiter nichts war, als
das idealisierte Reich der Bourgeoisie; da&szlig; die ewige Gerechtigkeit ihre
Verwirklichung fand in der Bourgeoisjustiz; da&szlig; die Gleichheit hinauslief
auf die b&uuml;rgerliche Gleichheit vor dem Gesetz; da&szlig; als eins der wesentlichsten
Menschenrechte proklamiert wurde - das b&uuml;rgerliche Eigentum; und da&szlig;
der Vernunftstaat, der Rousseausche Gesellschaftsvertrag ins Leben trat und
nur ins Leben treten konnte als b&uuml;rgerliche, demokratische Republik. Sowenig
wie alle ihre Vorg&auml;nger, konnten die gro&szlig;en Denker des 18. Jahrhunderts
&uuml;ber die Schranken hinaus, die ihnen ihre eigne Epoche gesetzt hatte.</P>
<P>Aber neben dem Gegensatz von Feudaladel und B&uuml;rgertum bestand der allgemeine
Gegensatz von Ausbeutern und Ausgebeuteten, von reichen M&uuml;&szlig;igg&auml;ngern
und arbeitenden Armen. War es doch grade dieser Umstand, der es den Vertretern
der Bourgeoisie m&ouml;glich machte, sich als Vertreter, nicht einer besondren
Klasse, sondern der ganzen leidenden Menschheit hinzustellen. Noch mehr. Von
ihrem Ursprung an war die Bourgeoisie behaftet mit ihrem Gegensatz: Kapitalisten
k&ouml;nnen nicht bestehn ohne Lohnarbeiter, und im selben Verh&auml;ltnis wie
der mittelalterliche Zunftb&uuml;rger sich zum modernen Bourgeois, im selben
Verh&auml;ltnis entwickelte sich auch der Zunftgeselle und nichtz&uuml;nftige
Tagel&ouml;hner zum Proletarier. Und wenn auch im ganzen und gro&szlig;en das
B&uuml;rgertum beanspruchen durfte, im Kampf mit dem Adel gleichzeitig die Interessen
der verschiednen arbeitenden Klassen jener Zelt mitzuvertreten, so brachen doch
bei jeder gro&szlig;en b&uuml;rgerlichen Bewegung selbst&auml;ndige Regungen
derjenigen Klasse hervor, die die mehr oder weniger entwickelte Vorg&auml;ngerin
des modernen Proletariats war. So in der deutschen Reformations- und Bauernkriegszeit
die Thomas M&uuml;nzersche Richtung; in der gro&szlig;en englischen Revolution
die Levellers; in der gro&szlig;en franz&ouml;sischen Revolution Babeuf. Neben
diesen <A NAME="S18"></A><B>|18|</B> revolution&auml;ren Schilderhebungen einer
noch unfertigen Klasse gingen entsprechende theoretische Manifestationen her;
im 16. und 17. Jahrhundert utopische Schilderungen idealer Gesellschaftszust&auml;nde,
im 18. schon direkt kommunistische Theorien (Morelly und Mably). Die Forderung
der Gleichheit wurde nicht mehr auf die politischen Rechte beschr&auml;nkt,
sie sollte sich auch auf die gesellschaftliche Lage der einzelnen erstrecken;
nicht blo&szlig; die Klassenprivilegien sollten aufgehoben werden, sondern die
Klassenunterschiede selbst. Ein asketischer, an Sparta ankn&uuml;pfender Kommunismus
war so die erste Erscheinungsform der neuen Lehre. Dann folgten die drei gro&szlig;en
Utopisten: Saint-Simon, bei dem die b&uuml;rgerliche Richtung noch neben der
proletarischen eine gewisse Geltung behielt; Fourier, und Owen, der, im Lande
der entwickeltsten kapitalistischen Produktion und unter dem Eindruck der durch
diese erzeugten Gegens&auml;tze, seine Vorschl&auml;ge zur Beseitigung der Klassenunterschiede
in direkter Ankn&uuml;pfung an den franz&ouml;sischen Materialismus systematisch
entwickelte.</P>
<P>Allen dreien ist gemeinsam, da&szlig; sie nicht als Vertreter der Interessen
des inzwischen historisch erzeugten Proletariats auftreten. Wie die Aufkl&auml;rer,
wollen sie nicht eine bestimmte Klasse, sondern die ganze Menschheit befreien.
Wie jene, wollen sie das Reich der Vernunft und der ewigen Gerechtigkeit einf&uuml;hren;
aber ihr Reich ist himmelweit verschieden von dem der Aufkl&auml;rer. Auch die
nach den Grunds&auml;tzen dieser Aufkl&auml;rer eingerichtete b&uuml;rgerliche
Welt ist unvern&uuml;nftig und ungerecht und wandert daher ebensogut in den
Topf des Verwerflichen wie der Feudalismus und alle fr&uuml;hern Gesellschaftszust&auml;nde.
Da&szlig; die wirkliche Vernunft und Gerechtigkeit bisher nicht in der Welt
geherrscht haben, kommt nur daher, da&szlig; man sie bisher nicht richtig erkannt
hatte. Es fehlte eben der geniale einzelne Mann, der jetzt aufgetreten, und
der die Wahrheit erkannt hat; da&szlig; er jetzt aufgetreten, da&szlig; die
Wahrheit grade jetzt erkannt worden, ist nicht ein aus dem Zusammenhang der
geschichtlichen Entwicklung mit Notwendigkeit folgendes, unvermeidliches Ereignis,
sondern ein reiner Gl&uuml;cksfall. Er h&auml;tte ebensogut 500 Jahre fr&uuml;her
geboren werden k&ouml;nnen und h&auml;tte dann der Menschheit 500 Jahre Irrtum,
K&auml;mpfe und Leiden erspart.</P>
<P>Diese Anschauungsweise ist wesentlich die aller englischen und franz&ouml;sischen
und der ersten deutschen Sozialisten, Weitling einbegriffen. Der Sozialismus
ist der Ausdruck der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit, und braucht
nur entdeckt zu werden, um durch eigne Kraft die Welt zu erobern; da die absolute
Wahrheit unabh&auml;ngig von Zeit, Raum und menschlicher, geschichtlicher Entwicklung
ist, so ist es blo&szlig;er Zufall, wann <A NAME="S19"></A><B>|19|</B> und wo
sie entdeckt wird. Dabei ist dann die absolute Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit
wieder bei jedem Schulstifter verschieden; und da bei einem jeden die besondre
Art der absoluten Wahrheit, Vernunft und Gerechtigkeit wieder bedingt ist durch
seinen subjektiven Verstand, seine Lebensbedingungen, sein Ma&szlig; von Kenntnissen
und Denkschulung, so ist in diesem Konflikt absoluter Wahrheiten keine andre
L&ouml;sung m&ouml;glich, als da&szlig; sie sich aneinander abschlei&szlig;en.
Dabei konnte dann nichts andres herauskommen, als eine Art von eklektischem
Durchschnittssozialismus, wie er in der Tat bis heute in den K&ouml;pfen der
meisten sozialistischen Arbeiter in Frankreich und England herrscht, eine, &auml;u&szlig;erst
mannigfaltige Schattierungen zulassende, Mischung aus den weniger auff&auml;lligen
kritischen Auslassungen, &ouml;konomischen Lehrs&auml;tzen und gesellschaftlichen
Zukunftsvorstellungen der verschiednen Sektenstifter, eine Mischung, die sich
um so leichter bewerkstelligt, je mehr den einzelnen Bestandteilen im Strom
der Debatte die scharfen Ecken der Bestimmtheit abgeschliffen sind wie runden
Kieseln im Bach. Um aus dem Sozialismus eine Wissenschaft zu machen, mu&szlig;te
er erst auf einen realen Boden gestellt werden.</P>
<P>Inzwischen war neben und nach der franz&ouml;sischen Philosophie des 18. Jahrhunderts
die neuere deutsche Philosophie entstanden und hatte in Hegel ihren Abschlu&szlig;
gefunden. Ihr gr&ouml;&szlig;tes Verdienst war die Wiederaufnahme der Dialektik
als der h&ouml;chsten Form des Denkens. Die alten griechischen Philosophen waren
alle geborne, naturw&uuml;chsige Dialektiker, und der universellste Kopf unter
ihnen, Aristoteles, hat auch bereits die wesentlichsten Formen des dialektischen
Denkens untersucht.<A NAME="ZT2"></A><A HREF="me20_016.htm#T2"><SPAN class="top">{2}</SPAN></A> Die neuere
Philosophie dagegen, obwohl auch in ihr die Dialektik gl&auml;nzende Vertreter
hatte (z.B. Descartes und Spinoza), war besonders durch englischen Einflu&szlig;
mehr und mehr in der sog, metaphysischen Denkweise festgefahren, von der auch
die Franzosen des 18. Jahrhunderts, wenigstens in ihren speziell philosophischen
Arbeiten, fast ausschlie&szlig;lich beherrscht wurden. Au&szlig;erhalb der eigentlichen
Philosophie waren sie ebenfalls imstande, Meisterwerke der Dialektik zu liefern;
wir erinnern nur an &raquo;Rameaus Neffen&laquo; von Diderot und die &raquo;Abhandlung &uuml;ber
den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen&laquo; von Rousseau. - Wir geben
hier kurz das Wesentliche beider Denkmethoden an; wir werden noch ausf&uuml;hrlicher
darauf zur&uuml;ckzukommen haben.</P>
<P><B><A NAME="S20">|20|</A></b> Wenn wir die Natur oder die Menschengeschichte
oder unsre eigne geistige T&auml;tigkeit der denkenden Betrachtung unterwerfen,
so bietet sich uns zun&auml;chst dar das Bild einer unendlichen Verschlingung
von Zusammenh&auml;ngen und Wechselwirkungen, in der nichts bleibt, was, wo
und wie es war, sondern alles sich bewegt, sich ver&auml;ndert, wird und vergeht.
Diese urspr&uuml;ngliche, naive, aber der Sache nach richtige Anschauung von
der Welt ist die der alten griechischen Philosophie und ist zuerst klar ausgesprochen
von Heraklit: Alles ist und ist auch nicht, denn alles <I>flie&szlig;t</I>,
ist in steter Ver&auml;nderung, in stetem Werden und Vergehn begriffen. Aber
diese Anschauung, so richtig sie auch den allgemeinen Charakter des Gesamtbildes
der Erscheinungen erfa&szlig;t, gen&uuml;gt doch nicht, die Einzelheiten zu
erkl&auml;ren, aus denen sich dies Gesamtbild zusammensetzt; und solange wir
dies nicht k&ouml;nnen, sind wir auch &uuml;ber das Gesamtbild nicht klar. Um
diese Einzelheiten zu erkennen, m&uuml;ssen wir sie aus ihrem nat&uuml;rlichen
oder geschichtlichen Zusammenhang herausnehmen und sie, jede f&uuml;r sich,
nach ihrer Beschaffenheit, ihren besondern Ursachen und Wirkungen etc. untersuchen.
Dies ist zun&auml;chst die Aufgabe der Naturwissenschaft und Geschichtsforschung;
Untersuchungszweige, die aus sehr guten Gr&uuml;nden bei den Griechen der klassischen
Zeit einen nur untergeordneten Rang einnahmen, weil diese vor allem erst das
Material zusammenschleppen mu&szlig;ten. Die Anf&auml;nge der exakten Naturforschung
werden erst bei den Griechen der alexandrinischen Periode und sp&auml;ter, im
Mittelalter, von den Arabern, weiter entwickelt; eine wirkliche Naturwissenschaft
datiert indes erst von der zweiten H&auml;lfte des 15. Jahrhunderts, und von
da an hat sie mit stets wachsender Geschwindigkeit Fortschritte gemacht. Die
Zerlegung der Natur in ihre einzelnen Teile, die Sonderung der verschiednen
Naturvorg&auml;nge und Naturgegenst&auml;nde in bestimmte Klassen, die Untersuchung
des Innern der organischen K&ouml;rper nach ihren mannigfachen anatomischen
Gestaltungen war die Grundbedingung der Riesenfortschritte, die die letzten
400 Jahre uns in der Erkenntnis der Natur gebracht. Aber sie hat uns ebenfalls
die Gewohnheit hinterlassen, die Naturdinge und Naturvorg&auml;nge in ihrer
Vereinzelung, au&szlig;erhalb des gro&szlig;en Gesamtzusammenhangs aufzufassen;
daher nicht in ihrer Bewegung, sondern in ihrem Stillstand, nicht als wesentlich
ver&auml;nderliche, sondern als feste Best&auml;nde, nicht in ihrem Leben, sondern
in ihrem Tod. Und indem, wie dies durch Bacon und Locke geschah, diese Anschauungsweise
aus der Naturwissenschaft sich in die Philosophie &uuml;bertrug, schuf sie die
spezifische Borniertheit der letzten Jahrhunderte, die metaphysische Denkweise.</P>
<P>F&uuml;r den Metaphysiker sind die Dinge und ihre Gedankenabbilder, die <A NAME="S21"></A><B>|21|</B>
Begriffe, vereinzelte, eins nach dem andern und ohne das andre zu betrachtende,
feste, starre, ein f&uuml;r allemal gegebne Gegenst&auml;nde der Untersuchung.
Er denkt in lauter unvermittelten Gegens&auml;tzen: seine Rede ist ja, ja, nein,
nein, was dar&uuml;ber ist, ist vom &Uuml;bel. F&uuml;r ihn existiert ein Ding
entweder, oder es existiert nicht: ein Ding kann ebensowenig zugleich es selbst
und ein andres sein. Positiv und negativ schlie&szlig;en einander absolut aus;
Ursache und Wirkung stehn ebenso in starrem Gegensatz zueinander. Diese Denkweise
erscheint uns auf den ersten Blick deswegen &auml;u&szlig;erst plausibel, weil
sie diejenige des sogenannten gesunden Menschenverstandes ist. Allein der gesunde
Menschenverstand, ein so respektabler Geselle er auch in dem hausbackenen Gebiet
seiner vier W&auml;nde ist, erlebt ganz wunderbare Abenteuer, sobald er sich
in die weite Welt der Forschung wagt; und die metaphysische Anschauungsweise,
auf so weiten, je nach der Natur des Gegenstandes ausgedehnten Gebieten sie
auch berechtigt und sogar notwendig ist, st&ouml;&szlig;t doch jedesmal fr&uuml;her
oder sp&auml;ter auf eine Schranke, jenseits welcher sie einseitig, borniert,
abstrakt wird und sich in unl&ouml;sliche Widerspr&uuml;che verirrt, weil sie
&uuml;ber den einzelnen Dingen deren Zusammenhang, &uuml;ber ihrem Sein ihr
Werden und Vergehn, &uuml;ber ihrer Ruhe ihre Bewegung vergi&szlig;t, weil sie
vor lauter B&auml;umen den Wald nicht sieht. F&uuml;r allt&auml;gliche F&auml;lle
wissen wir z.B. und k&ouml;nnen mit Bestimmtheit sagen, ob ein Tier existiert
oder nicht; bei genauerer Untersuchung finden wir aber, da&szlig; dies manchmal
eine h&ouml;chst verwickelte Sache ist, wie das die Juristen sehr gut wissen,
die sich umsonst abgeplagt haben, eine rationelle Grenze zu entdecken, von der
an die T&ouml;tung des Kindes im Mutterleibe Mord ist; und ebenso unm&ouml;glich
ist es, den Moment des Todes festzustellen, indem die Physiologie nachweist,
da&szlig; der Tod nicht ein einmaliges, augenblickliches Ereignis, sondern ein
sehr langwieriger Vorgang ist. Ebenso ist jedes organische Wesen in jedem Augenblick
dasselbe und nicht dasselbe; in jedem Augenblick verarbeitet es von au&szlig;en
zugef&uuml;hrte Stoffe und scheidet andre aus, in jedem Augenblick sterben Zellen
seines K&ouml;rpers ab und bilden sich neue; je nach einer l&auml;ngern oder
k&uuml;rzern Zeit ist der Stoff dieses K&ouml;rpers vollst&auml;ndig erneuert,
durch andre Stoffatome ersetzt worden, so da&szlig; jedes organisierte Wesen
stets dasselbe und doch ein andres ist. Auch finden wir bei genauerer Betrachtung,
da&szlig; die beiden Pole eines Gegensatzes, wie positiv und negativ, ebenso
untrennbar voneinander wie entgegengesetzt sind, und da&szlig; sie trotz aller
Gegens&auml;tzlichkeit sich gegenseitig durchdringen; ebenso, da&szlig; Ursache
und Wirkung Vorstellungen sind, die nur in der Anwendung auf den einzelnen Fall
als solche G&uuml;ltigkeit haben, da&szlig; sie aber, sowie wir den einzelnen
Fall in seinem allgemeinen Zusammenhang <A NAME="S22"></A><B>|22|</B> mit dem
Weltganzen betrachten, zusammengehn, sich aufl&ouml;sen in der Anschauung der
universellen Wechselwirkung, wo Ursachen und Wirkungen fortw&auml;hrend ihre
Stelle wechseln, das was jetzt oder hier Wirkung, dort oder dann Ursache wird
und umgekehrt.</P>
<P>Alle diese Vorg&auml;nge und Denkmethoden passen nicht in den Rahmen des metaphysischen
Denkens hinein. F&uuml;r die Dialektik dagegen, die die Dinge und ihre begrifflichen
Abbilder wesentlich in ihrem Zusammenhang, ihrer Verkettung, ihrer Bewegung,
ihrem Entstehn und Vergehn auffa&szlig;t, sind Vorg&auml;nge wie die obigen,
ebensoviel Best&auml;tigungen ihrer eignen Verfahrungsweise. Die Natur ist die
Probe auf die Dialektik, und wir m&uuml;ssen es der modernen Naturwissenschaft
nachsagen, da&szlig; sie f&uuml;r diese Probe ein &auml;u&szlig;erst reichliches,
sich t&auml;glich h&auml;ufendes Material geliefert und damit bewiesen hat,
da&szlig; es in der Natur, in letzter Instanz, dialektisch und nicht metaphysisch
hergeht. Da aber die Naturforscher bis jetzt zu z&auml;hlen sind, die dialektisch
zu denken gelernt haben, so erkl&auml;rt sich aus diesem Konflikt der entdeckten
Resultate mit der hergebrachten Denkweise die grenzenlose Verwirrung, die jetzt
in der theoretischen Naturwissenschaft herrscht und die Lehrer wie Sch&uuml;ler,
Schriftsteller wie Leser zur Verzweiflung bringt.</P>
<P>Eine exakte Darstellung des Weltganzen, seiner Entwicklung und der der Menschheit,
sowie des Spiegelbildes dieser Entwicklung in den K&ouml;pfen der Menschen,
kann also nur auf dialektischem Wege, mit steter Beachtung der allgemeinen Wechselwirkungen
des Werdens und Vergehens, der fort- oder r&uuml;ckschreitenden &Auml;nderungen
zustande kommen. Und in diesem Sinn trat die neuere deutsche Philosophie auch
sofort auf. Kant er&ouml;ffnete seine Laufbahn damit, da&szlig; er das stabile
Newtonsche Sonnensystem und seine - nachdem der famose erste Ansto&szlig; einmal
gegeben - ewige Dauer aufl&ouml;ste in einen geschichtlichen Vorgang: in die
Entstehung der Sonne und aller Planeten aus einer rotierenden Nebelmasse. Dabei
zog er bereits die Folgerung, da&szlig; mit dieser Entstehung ebenfalls der
k&uuml;nftige Untergang des Sonnensystems notwendig gegeben sei. Seine Ansicht
wurde ein halbes Jahrhundert sp&auml;ter durch Laplace mathematisch begr&uuml;ndet,
und noch ein halbes Jahrhundert sp&auml;ter wies das Spektroskop die Existenz
solcher gl&uuml;henden Gasmassen, in verschiednen Stufen der Verdichtung, im
Weltraum nach.</P>
<P>Ihren Abschlu&szlig; fand diese neuere deutsche Philosophie im Hegelschen System,
worin zum erstenmal - und das ist sein gro&szlig;es Verdienst - die ganze nat&uuml;rliche,
geschichtliche und geistige Welt als ein Proze&szlig;, d.h. als in steter Bewegung,
Ver&auml;nderung, Umbildung und Entwicklung begriffen dargestellt und der Versuch
gemacht wurde, den inneren Zusammenhang <A NAME="S23"></A><B>|23|</B> in dieser
Bewegung und Entwicklung nachzuweisen <A NAME="ZT3"></A><A HREF="me20_016.htm#T3"><SPAN class="top">{3}</SPAN></A>.
Von diesem Gesichtspunkt aus erschien die Geschichte der Menschheit nicht mehr
als ein w&uuml;stes Gewirr sinnloser Gewaltt&auml;tigkeiten, die vor dem Richterstuhl
der jetzt gereiften Philosophenvernunft alle gleich verwerflich sind und die man
am besten so rasch wie m&ouml;glich vergi&szlig;t, sondern als der Entwicklungsproze&szlig;
der Menschheit selbst, dessen allm&auml;hlichen Stufengang durch alle Irrwege
zu verfolgen und dessen innere Gesetzm&auml;&szlig;igkeit durch alle scheinbaren
Zuf&auml;lligkeiten hindurch nachzuweisen jetzt die Aufgabe des Denkens wurde.</P>
<P>Da&szlig; Hegel diese Aufgabe nicht l&ouml;ste, ist hier gleichg&uuml;ltig.
Sein epochemachendes Verdienst war, sie gestellt zu haben. Es ist eben eine
Aufgabe, die kein einzelner je wird l&ouml;sen k&ouml;nnen. Obwohl Hegel - neben
Saint-Simon - der universellste Kopf seiner Zelt war, so war er doch beschr&auml;nkt
erstens durch den notwendig begrenzten Umfang seiner eignen Kenntnisse und zweitens
durch die ebenfalls nach Umfang und Tiefe begrenzten Kenntnisse und Anschauungen
seiner Epoche. Dazu kam aber noch ein Drittes. Hegel war Idealist, d.h., ihm
galten die Gedanken seines Kopfs nicht als die mehr oder weniger abstrakten
Abbilder der wirklichen Dinge und Vorg&auml;nge, sondern umgekehrt galten ihm
die Dinge und ihre Entwicklung nur als die verwirklichten Abbilder der irgendwo
schon vor der Welt existierenden &raquo;Idee&laquo;. Damit war alles auf den Kopf gestellt
und der wirkliche Zusammenhang der Welt vollst&auml;ndig umgekehrt. Und so richtig
und genial auch manche Einzelzusammenh&auml;nge von Hegel aufgefa&szlig;t worden,
so mu&szlig;te doch aus den angegebnen Gr&uuml;nden auch im Detail vieles geflickt,
gek&uuml;nstelt, konstruiert, kurz verkehrt ausfallen. Das Hegelsche System
als solches war eine kolossale Fehlgeburt - aber auch die letzte ihrer Art.
Es litt n&auml;mlich noch an einem unheilbaren innern Widerspruch: einerseits
hatte es zur wesentlichen Voraussetzung die historische Anschauung, wonach die
menschliche Geschichte ein Entwicklungsproze&szlig; ist, der seiner Natur nach
nicht durch die Entdeckung einer sogenannten absoluten Wahr- <A NAME="S24"></A><B>|24|</B>
heit seinen intellektuellen Abschlu&szlig; finden kann; andrerseits aber behauptet
es, der Inbegriff eben dieser absoluten Wahrheit zu sein. Ein allumfassendes,
ein f&uuml;r allemal abschlie&szlig;endes System der Erkenntnis von Natur und
Geschichte steht im Widerspruch mit den Grundgesetzen des dialektischen Denkens;
was indes keineswegs ausschlie&szlig;t, sondern im Gegenteil einschlie&szlig;t,
da&szlig; die systematische Erkenntnis der gesamten &auml;u&szlig;ern Welt von
Geschlecht zu Geschlecht Riesenschritte machen kann.</P>
<P>Die Einsicht in die totale Verkehrtheit des bisherigen deutschen Idealismus
f&uuml;hrte notwendig zum Materialismus, aber wohlgemerkt, nicht zum blo&szlig;
metaphysischen, ausschlie&szlig;lich mechanischen Materialismus des 18. Jahrhunderts.
Gegen&uuml;ber der naiv-revolution&auml;ren, einfachen Verwerfung aller fr&uuml;hern
Geschichte, sieht der moderne Materialismus in der Geschichte den Entwicklungsproze&szlig;
der Menschheit, dessen Bewegungsgesetze zu entdecken seine Aufgabe ist. Gegen&uuml;ber
der sowohl bei den Franzosen des 18. Jahrhunderts wie bei Hegel herrschenden
Vorstellung von der Natur als eines sich in engen Kreisl&auml;ufen bewegenden,
sich gleichbleibenden Ganzen mit ewigen Weltk&ouml;rpern, wie sie Newton, und
unver&auml;nderlichen Arten von organischen Wesen, wie sie Linn&eacute; gelehrt
hatte, fa&szlig;t er die neueren Fortschritte der Naturwissenschaft zusammen,
wonach die Natur ebenfalls ihre Geschichte in der Zeit hat, die Weltk&ouml;rper
wie die Artungen der Organismen, von denen sie unter g&uuml;nstigen Umst&auml;nden
bewohnt werden, entstehn und vergehn, und die Kreisl&auml;ufe, soweit sie &uuml;berhaupt
zul&auml;ssig sind, unendlich gro&szlig;artigere Dimensionen annehmen. In beiden
F&auml;llen ist er wesentlich dialektisch und braucht keine &uuml;ber den andern
Wissenschaften stehende Philosophie mehr. Sobald an jede einzelne Wissenschaft
die Forderung herantritt, &uuml;ber ihre Stellung im Gesamtzusammenhang der
Dinge und der Kenntnis von den Dingen sich klarzuwerden, ist jede besondre Wissenschaft
vom Gesamtzusammenhang &uuml;berfl&uuml;ssig. Was von der ganzen bisherigen
Philosophie dann noch selbst&auml;ndig bestehn bleibt, ist die Lehre vom Denken
und seinen Gesetzen - die formelle Logik und die Dialektik. Alles andre geht
auf in die positive Wissenschaft von Natur und Geschichte.</P>
<P>W&auml;hrend jedoch der Umschwung der Naturanschauung nur in dem Ma&szlig;
sich vollziehn konnte, als die Forschung den entsprechenden positiven Erkenntnisstoff
lieferte, hatten sich schon viel fr&uuml;her historische Tatsachen geltend gemacht,
die f&uuml;r die Geschichtsauffassung eine entscheidende Wendung herbeif&uuml;hrten.
1831 hatte in Lyon der erste Arbeiteraufstand stattgefunden; 1838 bis 1842 erreichte
die erste nationale Arbeiterbewegung, die der englischen Chartisten, ihren H&ouml;hepunkt.
Der Klassen- <A NAME="S25"></A><B>|25|</B> kampf zwischen Proletariat und Bourgeoisie
trat in den Vordergrund der Geschichte der fortgeschrittensten L&auml;nder Europas,
in demselben Ma&szlig;, wie sich dort einerseits die gro&szlig;e Industrie,
andrerseits die neueroberte politische Herrschaft der Bourgeoisie entwickelte.
Die Lehren der b&uuml;rgerlichen &Ouml;konomie von der Identit&auml;t der Interessen
von Kapital und Arbeit, von der allgemeinen Harmonie und dem allgemeinen Volkswohlstand
als Folge der freien Konkurrenz, wurden immer schlagender von den Tatsachen
L&uuml;gen gestraft.<A NAME="ZT4"></A><A HREF="me20_016.htm#T4"><SPAN class="top">{4}</SPAN></A> Alle
diese Dinge waren nicht mehr abzuweisen, ebensowenig wie der franz&ouml;sische
und englische Sozialismus, der ihr theoretischer, wenn auch h&ouml;chst unvollkommner
Ausdruck war. Aber die alte idealistische Geschichtsauffassung, die noch nicht
verdr&auml;ngt war, kannte keine auf materiellen Interessen beruhenden Klassenk&auml;mpfe,
&uuml;berhaupt keine materiellen Interessen; die Produktion wie alle &ouml;konomischen
Verh&auml;ltnisse kamen in ihr nur so nebenbei, als untergeordnete Elemente
der &raquo;Kulturgeschichte&laquo; vor.</P>
<P>Die neuen Tatsachen zwangen dazu, die ganze bisherige Geschichte einer neuen
Untersuchung zu unterwerfen, und da zeigte sich, da&szlig; alle bisherige Geschichte
die Geschichte von Klassenk&auml;mpfen war, da&szlig; diese einander bek&auml;mpfenden
Klassen der Gesellschaft jedesmal Erzeugnisse sind der Produktions- und Verkehrsverh&auml;ltnisse,
mit Einem Wort der &ouml;konomischen Verh&auml;ltnisse ihrer Epoche; da&szlig;
also die jedesmalige &ouml;konomische Struktur der Gesellschaft die reale Grundlage
bildet, aus der der gesamte &Uuml;berbau der rechtlichen und politischen Einrichtungen
sowie der religi&ouml;sen, philosophischen und sonstigen Vorstellungsweise eines
jeden geschichtlichen Zeitabschnittes in letzter Instanz zu erkl&auml;ren sind.
Hiermit war der Idealismus aus seinem letzten Zufluchtsort, aus der Geschichtsauffassung,
vertrieben, eine materialistische Geschichtsauffassung gegeben und der Weg gefunden,
um das Bewu&szlig;tsein der Menschen aus ihrem Sein, statt wie bisher ihr Sein
aus ihrem Bewu&szlig;tsein zu erkl&auml;ren.</P>
<P>Mit dieser materialistischen Geschichtsauffassung war aber der bisherige Sozialismus
ebenso unvertr&auml;glich wie die Naturauffassung des franz&ouml;sischen Materialismus
mit der Dialektik und der neueren Naturwissen- <A NAME="S26"></A><B>|26|</B>
schaft. Der bisherige Sozialismus kritisierte zwar die bestehende kapitalistische
Produktionsweise und ihre Folgen, konnte sie aber nicht erkl&auml;ren, also
auch nicht mit ihr fertig werden; er konnte sie nur einfach als schlecht verwerfen.
Es handelte sich aber darum, diese kapitalistische Produktionsweise einerseits
in ihrem geschichtlichen Zusammenhang und ihrer Notwendigkeit f&uuml;r einen
bestimmten geschichtlichen Zeitabschnitt, also auch die Notwendigkeit ihres
Untergangs, darzustellen, andrerseits aber auch ihren innern Charakter zu enth&uuml;llen,
der noch immer verborgen war, da die bisherige Kritik sich mehr auf die &uuml;blen
Folgen als auf den Gang der Sache selbst geworfen hatte. Dies geschah durch
die Entdeckung des Mehrwerts. Es wurde bewiesen, da&szlig; die Aneignung unbezahlter
Arbeit die Grundform der kapitalistischen Produktionsweise und der durch sie
vollzognen Ausbeutung des Arbeiters ist; da&szlig; der Kapitalist, selbst wenn
er die Arbeitskraft seines Arbeiters zum vollen Wert kauft, den sie als Ware
auf dem Warenmarkt hat, dennoch mehr Wert aus ihr herausschl&auml;gt, als er
f&uuml;r sie bezahlt hat; und da&szlig; dieser Mehrwert in letzter Instanz die
Wertsumme bildet, aus der sich die stets wachsende Kapitalmasse in den H&auml;nden
der besitzenden Klassen aufh&auml;uft. Der Hergang sowohl der kapitalistischen
Produktion wie der Produktion von Kapital war erkl&auml;rt.</P>
<P>Diese beiden gro&szlig;en Entdeckungen: die materialistische Geschichtsauffassung
und die Enth&uuml;llung des Geheimnisses der kapitalistischen Produktion vermittelst
des Mehrwerts, verdanken wir Marx. Mit ihnen wurde der Sozialismus eine Wissenschaft,
die es sich nun zun&auml;chst darum handelt, in allen ihren Einzelnheiten und
Zusammenh&auml;ngen weiter auszuarbeiten.</P>
<P>So etwa standen die Sachen auf dem Gebiete des theoretischen Sozialismus und
der verstorbenen Philosophie, als Herr Eugen D&uuml;hring nicht ohne betr&auml;chtliches
Gepolter auf die B&uuml;hne sprang und eine durch ihn vollzogene, totale Umw&auml;lzung
der Philosophie, der politischen &Ouml;konomie und des Sozialismus ank&uuml;ndigte.</P>
<P>Sehn wir zu, was Herr D&uuml;hring uns verspricht und - was er h&auml;lt.</P>
<H3 ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_II">II. Was Herr D&uuml;hring verspricht</A></H3>
<P>Herrn D&uuml;hrings zun&auml;chst hierher geh&ouml;rige Schriften sind sein
&raquo;Cursus der Philosophie&laquo;, sein &raquo;Cursus der National- und Social&ouml;konomie&laquo;
und seine &raquo;Kritische Geschichte der National&ouml;konomie und des Socialismus&laquo;.
Zun&auml;chst interessiert uns vorwiegend das erste Werk.</P>
<P><B><A NAME="S27">|27|</A></b> Gleich auf der ersten Seite k&uuml;ndigt Herr
D&uuml;hring sich an als</P>
<P><SMALL>&raquo;denjenigen, der die <I>Vertretung</I> dieser Macht&laquo; (der Philosophie) &raquo;in
seiner Zeit und f&uuml;r die zun&auml;chst absehbare Entfaltung derselben <I>in
Anspruch nimmt</I>&laquo;. |Alle Hervorhebungen in den Zitaten aus den Schriften D&uuml;hrings
stammen von Engels.|</SMALL></P>
<P>Er erkl&auml;rt sich also f&uuml;r den einzig wahren Philosophen der Gegenwart
und &raquo;absehbaren&laquo; Zukunft. Wer von ihm abweicht, weicht ab von der Wahrheit.
Viele Leute haben, schon vor Herrn D&uuml;hring, so etwas von sich selbst gedacht,
aber er ist - au&szlig;er Richard Wagner - wohl der erste, der es von sich selbst
gelassen ausspricht. Und zwar ist die Wahrheit, um die es sich bei ihm handelt,</P>
<P><SMALL>&raquo;eine endg&uuml;ltige Wahrheit letzter Instanz&laquo;.</SMALL></P>
<P>Die Philosophie des Herrn D&uuml;hring ist</P>
<P><SMALL>&raquo;das <I>nat&uuml;rliche System</I> oder die <I>Wirklichkeitsphilosophie</I>
... die Wirklichkeit wird in ihm in einer Weise gedacht, die <I>jede Anwandlung</I>
zu einer traumhaften und subjektivistisch beschr&auml;nkten Weltvorstellung
<I>ausschlie&szlig;t</I>&laquo;.</SMALL></P>
<P>Diese Philosophie ist also so beschaffen, da&szlig; sie Herrn D&uuml;hring
&uuml;ber die von ihm selbst nicht zu leugnenden Schranken seiner pers&ouml;nlich-subjektiven
Beschr&auml;nktheit hinaushebt. Es ist dies allerdings n&ouml;tig, wenn er imstande
sein soll, endg&uuml;ltige Wahrheiten letzter Instanz festzustellen, obwohl
wir bis jetzt noch nicht einsehn, wie dies Wunder sich bewerkstelligen soll.</P>
<P><SMALL>Dies &raquo;nat&uuml;rliche System des an sich f&uuml;r den Geist wertvollen
Wissens&laquo; hat, &raquo;ohne der Tiefe des Gedankens etwas zu vergeben, die Grundgestalten
des Seins <I>sicher festgestellt</I>&laquo;. von seinem &raquo;wirklich kritischen Standpunkt&laquo;
aus bietet es &raquo;die Elemente einer wirklichen und demgem&auml;&szlig; auf die Wirklichkeit
der Natur und des Lebens gerichteten Philosophie, welche keinen blo&szlig; scheinbaren
Horizont gelten l&auml;&szlig;t, sondern <I>in ihrer m&auml;chtig umw&auml;lzenden
Bewegung alle Erden und Himmel der &auml;u&szlig;eren und inneren Natur aufrollt</I>&laquo;;
es ist eine &raquo;neue Denkweise&laquo;, und ihre Resultate sind &raquo;von Grund aus eigent&uuml;mliche
Ergebnisse und Anschauungen ... systemschaffende Gedanken ... festgestellte Wahrheiten&laquo;.
Wir haben in ihr vor uns &raquo;eine Arbeit, die ihre Kraft in der konzentrierten Initiative
suchen mu&szlig;&laquo; - was das auch immer hei&szlig;en m&ouml;ge; eine &raquo;<I>bis an
die Wurzeln reichende</I> Untersuchung ... eine <I>wurzelhafte</I> Wissenschaft
... eine <I>streng wissenschaftliche</I> Auffassung von Dingen und Menschen ...
eine <I>allseitig durchdringende</I> Gedankenarbeit ... ein <I>sch&ouml;pferisches</I>
Entwerfen der vom Gedanken beherrschbaren Voraussetzungen und Folgen ... das <I>absolut
Fundamentale</I>&laquo;.</SMALL></P>
<P>Er gibt uns auf &ouml;konomisch-politischem Gebiet nicht nur</P>
<P><SMALL>&raquo;historisch und systematisch umfassende Arbeiten&laquo;, von denen die historischen
sich obendrein durch &raquo;meine Geschichtszeichnung <I>gro&szlig;en Stils</I>&laquo; auszeichnen
und welche in der &Ouml;konomie &raquo;sch&ouml;pferische Wendungen&laquo; zuwege brachten,</SMALL></P>
<P><B><A NAME="S28">|28|</A></b> sondern schlie&szlig;t auch mit einem eignen
vollst&auml;ndig ausgearbeiteten sozialistischen Plan f&uuml;r die Zukunftsgesellschaft
ab, der die</P>
<P><SMALL>&raquo;praktische Frucht einer klaren und bis an die
letzten Wurzeln reichenden Theorie&laquo;,</SMALL></P>
<P>und daher ebenso unfehlbar und alleinseligmachend ist wie die D&uuml;hringsche
Philosophie; denn</P>
<P><SMALL>&raquo;<I>nur in demjenigen </I>sozialistischen Gebilde, welches <I>ich in meinem
</I>'Cursus der National-und Social&ouml;konomie' gekennzeichnet habe, kann
ein echtes Eigen an die Stelle des blo&szlig; scheinbaren und vorl&auml;ufigen
oder aber gewaltsamen Eigentums treten&laquo;. Wonach die Zukunft sich zu richten
hat.</SMALL></P>
<P>Diese Blumenlese von Lobpreisungen des Herrn D&uuml;hring durch Herrn D&uuml;hring
lie&szlig;e sich leicht ums Zehnfache vermehren. Sie d&uuml;rfte schon jetzt
beim Leser einige Zweifel rege gemacht haben, ob er es wirklich mit einem Philosophen
zu tun habe oder mit - aber wir m&uuml;ssen den Leser bitten, sein Urteil zur&uuml;ckzuhalten,
bis er die besagte Wurzelhaftigkeit wird n&auml;her kennengelernt haben. Wir
geben obige Blumenlese auch nur, um zu zeigen, da&szlig; wir nicht einen gew&ouml;hnlichen
Philosophen und Sozialisten vor uns haben, der seine Gedanken einfach ausspricht
und es der weitern Entwicklung &uuml;berl&auml;&szlig;t, &uuml;ber ihren Wert
zu entscheiden, sondern mit einem ganz au&szlig;ergew&ouml;hnlichen Wesen, das
nicht weniger unfehlbar zu sein behauptet, als der Papst, und dessen alleinseligmachende
Lehre man einfach anzunehmen hat, wenn man nicht der verwerflichsten Ketzerei
verfallen will. Wir haben es keineswegs mit einer jener Arbeiten zu tun, an
denen alle sozialistischen Literaturen und neuerdings auch die deutsche &uuml;berreich
sind, Arbeiten, in denen Leute verschiednen Kalibers sich in der aufrichtigsten
Weise von der Welt &uuml;ber Fragen klarzuwerden suchen, zu deren Beantwortung
ihnen das Material vielleicht mehr oder weniger abgeht; Arbeiten, bei denen,
was auch ihre wissenschaftlichen und literarischen M&auml;ngel, der sozialistische
gute Wille immer anerkennenswert ist. Im Gegenteil, Herr D&uuml;hring bietet
uns S&auml;tze, die er f&uuml;r endg&uuml;ltige Wahrheiten letzter Instanz erkl&auml;rt,
neben denen jede andre Meinung also von vornherein falsch ist; wie die ausschlie&szlig;liche
Wahrheit, so hat er auch die einzige streng wissenschaftliche Methode der Untersuchung,
neben der alle andern unwissenschaftlich sind. Entweder hat er recht - und dann
stehn wir vor dem gr&ouml;&szlig;ten Genie aller Zeiten, dem ersten &uuml;bermenschlichen,
weil unfehlbaren Menschen. Oder er hat unrecht, und auch dann, wie unser Urteil
immer ausfallen m&ouml;ge, w&auml;re wohlwollende R&uuml;cksichtnahme auf seinen
etwaigen guten Willen immer noch die t&ouml;dlichste Beleidigung f&uuml;r Herrn
D&uuml;hring.</P>
<P><B><A NAME="S29">|29|</A></b> Wenn man im Besitz der endg&uuml;ltigen Wahrheit
letzter Instanz und der einzig strengen Wissenschaftlichkeit ist, so mu&szlig;
man selbstredend f&uuml;r die &uuml;brige irrende und unwissenschaftliche Menschheit
eine ziemliche Verachtung haben. Wir d&uuml;rfen uns also nicht wundern, wenn
Herr D&uuml;hring von seinen Vorg&auml;ngern mit der &auml;u&szlig;ersten Wegwerfung
spricht, und wenn nur wenige, ausnahmsweise von ihm selbst ernannte gro&szlig;e
M&auml;nner vor seiner Wurzelhaftigkeit Gnade finden.</P>
<P>H&ouml;ren wir ihn zuerst &uuml;ber die Philosophen:</P>
<P><SMALL>&raquo;Der jeder besseren Gesinnung bare <I>Leibniz</I>, ... dieser beste unter allen
h&ouml;fisch m&ouml;glichen Philosophierern.&laquo;</SMALL></P>
<P>Kant wird noch soeben geduldet; aber nach ihm ging alles drunter und dr&uuml;ber:</P>
<P><SMALL>es kamen die &raquo;W&uuml;stheiten und ebenso l&auml;ppischen als windigen Torheiten
der n&auml;chsten Epigonen, also namentlich eines <I>Fichte</I> und <I>Schelling</I>
... ungeheuerliche Zerrbilder unwissender Naturphilosophastrik ... die nachkantischen
Ungeheuerlichkeiten&laquo; und &raquo;Fieberphantasien&laquo;, denen die Krone aufsetzte &raquo;ein
<I>Hegel</I>&laquo;. Dieser sprach einen &raquo;Hegel-Jargon&laquo; und verbreitete die &raquo;Hegel-Seuche&laquo;
vermittelst seiner &raquo;&uuml;berdies noch in der Form unwissenschaftlichen Manier&laquo;
und seiner &raquo;Krudit&auml;ten&laquo;.</SMALL></P>
<P>Den Naturforschern geht's nicht besser, doch wird nur Darwin namentlich aufgef&uuml;hrt,
und so m&uuml;ssen wir uns auf diesen beschr&auml;nken:</P>
<P><SMALL>&raquo;Darwinistische Halbpoesie und Metamorphosenfertigkeit mit ihrer grobsinnlichen
Enge der Auffassung und Stumpfheit der Unterscheidungskraft ... Unseres Erachtens
ist der spezifische Darwinismus, wovon nat&uuml;rlich die Lamarckschen Aufstellungen
auszunehmen sind, <i>ein St&uuml;ck gegen die Humanit&auml;t gerichtete Brutalit&auml;t</i>.&laquo;</SMALL></P>
<P>Am schlimmsten aber kommen die Sozialisten weg. Mit Ausnahme von allenfalls
Louis Blanc - dem unbedeutendsten von allen - sind sie allzumal S&uuml;nder und
mangeln des Ruhms, den sie vor (oder hinter) Herrn D&uuml;hring haben sollten.
Und nicht nur der Wahrheit und Wissenschaftlichkeit, nein, auch dem Charakter
nach. Mit Ausnahme von Babeuf und einigen Kommunards von 1871 sind sie allesamt
keine &raquo;M&auml;nner&laquo;. Die drei Utopisten hei&szlig;en &raquo;soziale Alchimisten&laquo;. von
ihnen wird Saint-Simon noch insoweit glimpflich behandelt, als ihm blo&szlig;
&raquo;&Uuml;berspanntheit&laquo; vorgeworfen und mitleidig angedeutet wird, er habe an religi&ouml;sem
Wahnsinn gelitten. Bei Fourier dagegen rei&szlig;t Herrn D&uuml;hring die Geduld
vollst&auml;ndig. Denn Fourier</P>
<P><SMALL>&raquo;enth&uuml;llte alle Elemente des Wahnwitzes ... Ideen, die man sonst
am ehesten in Irrenh&auml;usern aufsucht ... w&uuml;steste Tr&auml;ume ... Erzeugnisse
des Wahnwitzes. ... Der uns&auml;glich alberne Fourier&laquo;, dieses &raquo;Kinderk&ouml;pfchen&laquo;,
dieser &raquo;Idiot&laquo; ist dabei nicht einmal ein Sozialist; sein Phalanst&egrave;re
ist durchaus kein St&uuml;ck rationeller Sozialismus, sondern &raquo;ein nach der
Schablone des gew&ouml;hnlichen Verkehrs konstruiertes Mi&szlig;gebilde&laquo;.</SMALL></P>
<P><B><A NAME="S30">|30|</A></b> und endlich:</P>
<P><SMALL>&raquo;Wem diese Auslassungen&laquo; (Fouriers &uuml;ber Newton) &raquo; ... nicht gen&uuml;gen,
um sich zu &uuml;berzeugen, da&szlig; in Fouriers Namen und am ganzen Fourierismus
nur die erste Silbe&laquo; (fou = verr&uuml;ckt) &raquo;etwas Wahres besagt, der d&uuml;rfte
<I>selbst unter irgendeiner Kategorie von Idioten einzureihen sein</I>.&laquo;</SMALL></P>
<P>Endlich, Robert Owen</P>
<P><SMALL>&raquo;hatte matte und d&uuml;rftige Ideen ... sein im Punkte der Moral so rohes
Denken ... einige ins Verschrobene ausgeartete Gemeinpl&auml;tze ... widersinnige
und rohe Anschauungsweise ... Owens Vorstellungslauf ist kaum wert, da&szlig;
man eine ernstere Kritik zur Geltung bringe ... seine Eitelkeit&laquo; usw.</SMALL></P>
<P>Wenn also Herr D&uuml;hring die Utopisten nach ihren Namen &auml;u&szlig;erst
geistreich folgenderma&szlig;en kennzeichnet: Saint-Simon - saint (heilig),
Fourier - fou (verr&uuml;ckt), Enfantin - enfant (kindisch), so fehlt nur noch,
da&szlig; er hinzusetzt: Owen - o weh! und eine ganz bedeutende Periode der
Geschichte des Sozialismus ist mit vier Worten einfach - verdonnert, und wer
daran zweifelt, der &raquo;d&uuml;rfte selbst unter irgendeine Kategorie von Idioten
einzureihen sein&laquo;.</P>
<P>von den D&uuml;hringschen Urteilen &uuml;ber die sp&auml;tern Sozialisten nehmen
wir der K&uuml;rze halber nur noch die &uuml;ber Lassalle und Marx heraus:</P>
<P><SMALL><I>Lassalle</i></SMALL><SMALL>: &raquo;Pedantisch-klaubende Popularisierungsversuche
... &uuml;berwuchernde Scholastik ... ungeheuerliches Gemisch von allgemeiner
Theorie und kleinlichem Quark ... sinn- und formlose Hegel-Superstition ...
abschreckendes Beispiel ... eigne Beschr&auml;nktheit ... Wichtigtuerei mit
dem gleichg&uuml;ltigsten Kleinkram ... unser j&uuml;discher Held ... Pamphletschreiber
... ordin&auml;r ... innere Haltungslosigkeit der Lebens- und Weltanschauung.&laquo;</SMALL></P>
<P><SMALL><I>Marx</i>: &raquo;Beengtheit der Auffassung ... seine Arbeiten und Leistungen
sind an und f&uuml;r sich, d.h. rein theoretisch betrachtet, f&uuml;r unser
Gebiet&laquo; (die kritische Geschichte des Sozialismus) &raquo;ohne dauernde Bedeutung
und f&uuml;r die allgemeine Geschichte der geistigen Str&ouml;mung h&ouml;chstens
als Symptome der Einwirkung eines Zweigs der neueren Sektenscholastik anzuf&uuml;hren
... Ohnmacht der konzentrierenden und ordnenden F&auml;higkeiten ... Unf&ouml;rmlichkeit
der Gedanken und des Stils, w&uuml;rdelose All&uuml;ren der Sprache ... englisierte
Eitelkeit ... D&uuml;pierung ... w&uuml;ste Konzeptionen, die in der Tat nur
Bastarde historischer und logischer Phantastik sind ... tr&uuml;gerische Wendung
... pers&ouml;nliche Eitelkeit ... schn&ouml;de Manierchen ... schnoddrig ...
sch&ouml;ngeistige Pl&auml;tzchen und M&auml;tzchen ... Chinesengelehrsamkeit
... philosophische und wissenschaftliche R&uuml;ckst&auml;ndigkeit.&laquo;</SMALL></P>
<P>Und so weiter, und so weiter - denn auch dies ist nur eine kleine oberfl&auml;chliche
Blumenlese aus dem D&uuml;hringschen Rosengarten. Wohlverstanden, vorderhand
geht es uns noch gar nichts an, ob diese liebensw&uuml;rdigen <A NAME="S31"></A><B>|31|</B>
Schimpfereien, die es Herrn D&uuml;hring, bei einiger Bildung, verbieten sollten,
irgend etwas schn&ouml;de und schnoddrig zu finden, ebenfalls endg&uuml;ltige
Wahrheiten letzter Instanz sind. Auch werden wir uns - jetzt noch - h&uuml;ten,
irgendeinen Zweifel an ihrer Wurzelhaftigkeit laut werden zu lassen, da man
uns sonst vielleicht sogar verbieten d&uuml;rfte, die Kategorie von Idioten
auszusuchen, zu der wir geh&ouml;ren. Wir haben es nur f&uuml;r unsre Schuldigkeit
gehalten, einerseits ein Beispiel davon zu geben, was Herr D&uuml;hring</P>
<P><SMALL>&raquo;das Gew&auml;hlte der r&uuml;cksichtsvollen und im echten Sinn des Worts bescheidnen
Ausdrucksart&laquo;</SMALL></P>
<P>nennt, und andrerseits festzustellen, da&szlig; bei Herrn D&uuml;hring die
Verwerflichkeit seiner Vorg&auml;nger nicht minder feststeht, als seine eigne
Unfehlbarkeit. Hiernach ersterben wir in tiefster Ehrerbietung vor dem gewaltigsten
Genius aller Zeiten - wenn sich das alles n&auml;mlich so verh&auml;lt.</P>
<P ALIGN="CENTER">
<HR size="1">
<p></P>
<P>Textvarianten</P>
<P><SPAN class="top"><A NAME="T1">{1}</A></SPAN> Im ersten Entwurf der &raquo;Einleitung&laquo; wird diese
Stelle in folgender Fassung gebracht: &raquo;Der <I>moderne Sozialismus,</I> sosehr
er auch der Sache nach entstanden ist aus der Anschauung der in der vorgefundenen
Gesellschaft bestehenden Klassengegens&auml;tze von Besitzenden und Besitzlosen,
Arbeitern und Ausbeutern, erscheint doch in seiner theoretischen Form zun&auml;chst
als eine konsequentere, weitergetriebne Fortf&uuml;hrung der von den gro&szlig;en
franz&ouml;sischen Aufkl&auml;rern des 18. Jahrhunderts aufgestellten Grunds&auml;tze,
wie denn seine ersten Vertreter. Morelly und Mably, auch zu diesen geh&ouml;rten.&laquo;
<A HREF="me20_016.htm#ZT1">&lt;=</A></P>
<P><SPAN class="top"><A NAME="T2">{2}</A></SPAN> Im ersten Entwurf der &raquo;Einleitung&laquo; lautet diese
Stelle: &raquo;Die alten griechischen Philosophen waren alle geborne, naturw&uuml;chsige
Dialektiker, und Aristoteles, der Hegel der alten Welt, hat auch bereits die
wesentlichsten Formen des dialektischen Denkens untersucht.&laquo; <A HREF="me20_016.htm#ZT2">&lt;=</A></P>
<P><SPAN class="top"><A NAME="T3">{3}</A></SPAN> Im ersten Entwurf der &raquo;Einleitung&laquo; wird die
Hegelsche Philosophie so charakterisiert: &raquo;Das Hegelsche System war die letzte,
vollendetste Form der Philosophie, insofern diese als besondre, allen andren
Wissenschaften &uuml;berlegne besondre Wissenschaft vorgestellt wird. Mit ihm
scheiterte die ganze Philosophie. Was aber blieb, war die dialektische Denkweise
und die Auffassung der nat&uuml;rlichen, geschichtlichen und intellektuellen
Welt als einer sich ohne Ende bewegenden, umbildenden, in stetem Proze&szlig;
von Werden und Vergehen begriffenen. Nicht nur an die Philosophie, an <I>alle</I>
Wissenschaften war jetzt die Forderung gestellt, die Bewegungsgesetze dieses
steten Umbildungsprozesses auf ihrem besondern Gebiet aufzuweisen. Und dies
war das Erbteil, das die Hegelsche Philosophie ihren Nachfolgern hinterlie&szlig;.&laquo;
<A HREF="me20_016.htm#ZT3">&lt;=</A></P>
<P><SPAN class="top"><A NAME="T4">{4}</A></SPAN> Im ersten Entwurf der &raquo;Einleitung&laquo; hei&szlig;t
es weiter: &raquo;In Frankreich hatte die Lyoner Insurrektion von 1834 ebenfalls den
Kampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie proklamiert. Die englischen und
franz&ouml;sischen sozialistischen Theorien bekamen historische Bedeutung und
mu&szlig;ten auch in Deutschland Widerhall und Kritik hervorrufen, obwohl dort
die Produktion eben erst anfing, sich aus dem Kleinbetrieb herauszuarbeiten.
Der theoretische Sozialismus, wie er sich jetzt nicht so sehr in Deutschland
als unter Deutschen bildete, hatte also sein ganzes Material zu importieren
...&laquo; <A HREF="me20_016.htm#ZT4">&lt;=</A></P>
<HR size="1" align="left" width="200">
<P><SMALL>Pfad: &raquo;../me/me20&laquo;</SMALL></P>
<HR size="1">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_005.htm"><SMALL>Vorworte</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_001.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="me20_032.htm"><SMALL>1. Abschnitt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Marx/Engels</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
</BODY>
</HTML>