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<TITLE>Karl Marx - Zur Kritik der Dinge in Amerika</TITLE>
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</FONT><P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_ak62.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1862</FONT></A></P>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 524-526.</P>
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<P>1. Korrektur.<BR>
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Erstellt am 25.10.1998.</P>
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</FONT><H2>Karl Marx </H2>
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<H1>Zur Kritik der Dinge in Amerika </H1>
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<FONT SIZE=2><P>Geschrieben am 4. August 1862.</P>
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</FONT><P><HR></P>
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<FONT SIZE=2><P>["Die Presse" Nr. 218 vom 9. August 1862] </P>
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</FONT><B><P><A NAME="S524">|524|</A></B> Die Krise, die augenblicklich die Verhältnisse der Vereinigten Staaten beherrscht, ist durch doppelte Gründe verschuldet: militärische und politische. </P>
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<P>Wurde der letzte Feldzug nach<I> einem</I> strategischen Plane geführt, so mußte, wie bereits früher in diesen Blättern auseinandergesetzt |siehe: <A HREF="me15_486.htm#S494">"Der Amerikanische Bürgerkrieg"</A> und <A HREF="me15_508.htm#S510">"Englische Humanität und Amerika"</A>|, die Hauptarmee des Westens ihre Erfolge in Kentucky und Tennessee benützen, um über den Norden Alabamas nach Georgia einzudringen und sich hier der Eisenbahnzentren bei Decatur, Milledgeville usw. zu bemächtigen. Dadurch wurde die Verbindung zwischen der Ost- und Westarmee der Sezessionisten aufgehoben und ihre wechselseitige Unterstützung unmöglich gemacht. Stattdessen marschierte die Kentucky-Armee den Mississippi herunter, südlich in der Richtung von New Orleans, und ihr Sieg unweit Memphis hatte kein anderes Resultat, als den größten Teil von Beauregards Truppen nach Richmond zu schicken, so daß die Konföderierten hier jetzt plötzlich dem McClellan, der die Niederlage der feindlichen Truppen bei Yorktown und Williamsburg nicht ausgebeutet, andererseits von vornherein seine eigenen Streitkräfte zersplittert hatte, mit einem überlegenen Heer in einer überlegenen Position gegenüberstanden. McClellans schon früher geschilderte Generalschaft |siehe: <A HREF="me15_478.htm">"Amerikanische Angelegenheiten"</A> und <A HREF="me15_504.htm">"Die Lage auf dem amerikanischen Kriegsschauplatze"</A>| war allein hinreichend, der größten und bestdisziplinierten Armee den Untergang zu sichern. Endlich beging Kriegsminister Stanton einen unverzeihlichen Fehler. Um dem Ausland zu imponieren, stellte er nach der Eroberung von Tennessee die Werbungen ein, verdammte also die Armee zu fortwährender Abschwächung, gerade als sie zur raschen, entscheidenden Offensive der Ver- <A NAME="S525"><B>|525|</A></B> stärkungen am meisten bedurfte. Trotz der strategischen Schnitzer und trotz McClellans Generalschaft war der Krieg, mit stetem Zufluß von Rekruten, bis jetzt, wo nicht entschieden, doch rasch der siegreichen Entscheidung nahend. Stantons Schritt war ein so unheilvoller, als der Süden damals gerade alle Männer von 18 bis 35 Jahren einstellte, also alles auf<I> eine</I> Karte setzte. Es sind diese inzwischen eingeübten Leute, die den Konföderierten fast überall das Übergewicht geben und ihnen die Initiative sichern. Sie hielten Halleck fest, verdrängten Curtis aus Arkansas, schlugen McClellan und gaben unter Stonewall Jackson das Signal zu den Guerillazügen, die jetzt schon bis an den Ohio dringen. </P>
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<P>Die militärischen Gründe der Krise hängen zum Teil mit den politischen zusammen. Es war der Einfluß der Demokratischen Partei, die eine Inkapazität wie McClellan, weil er ein ehemaliger Anhänger Breckinridges, zum commander in chief der gesamten Streitkräfte des Nordens erhöhte. Es war ängstliche Rücksichtnahme auf die Wünsche, Vorteile und Interessen der Wortführer der<I> Grenzsklavenstaaten</I> (border slave states), die dem Bürgerkrieg bis jetzt die prinzipielle Spitze abbrach und ihn sozusagen entseelte. Die "loyalen" Sklavenhalter dieser Grenzstaaten setzten es durch, daß die vom Süden diktierten fugitive slave laws (Gesetze über die flüchtigen Sklaven) aufrechterhalten und die Sympathien der Neger für den Norden gewaltsam unterdrückt wurden, daß kein General wagen durfte, eine Negerkompanie ins Feld zu stellen und daß endlich die Sklaverei sich aus der Achillesferse des Südens in seine unverwundbare Hornhaut verwandelte. Dank den Sklaven, die alle produktiven Arbeiten verrichten, kann die gesamte schlagfertige Mannschaft des Südens ins Feld geführt werden! </P>
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<P>In diesem Augenblicke, wo die Aktien der Sezession steigen, erhöhen die Wortführer der Grenzstaaten ihre Ansprüche. Indes zeigt Lincolns Appell an sie, wo er mit Überfluten der Abolitionisten-Partei droht, daß die Dinge eine revolutionäre Wendung nehmen. Lincoln weiß, was Europa nicht weiß, daß es keineswegs Apathie oder Weichen vor dem Drucke der Niederlage ist, die seine Forderung von 300.000 Rekruten ein so kaltes Echo finden lassen. Neuengland und der Nordwesten, die das Hauptmaterial der Armee geliefert, sind entschlossen, der Regierung eine revolutionäre Kriegsführung aufzuzwingen und auf das Sternenbanner die "Aufhebung der Sklaverei" als Schlachtparole zu schreiben. Lincoln weicht nur zaudernd und ängstlich dieser pressure from without |diesem Druck von außen|, weiß aber, daß er unfähig ist, ihr noch lange Widerstand zu leisten. Daher sein flehent- <A NAME="S526"><B>|526|</A></B> licher Aufruf an die Grenzstaaten, freiwillig und unter vorteilhaften Kontraktbedingungen auf das Institut der Sklaverei zu verzichten. Er weiß, daß es allein das Fortbestehen der Sklaverei in den Grenzstaaten ist, das bisher die Sklaverei im Süden unangetastet ließ und dem Norden verbot, sein großes radikales Heilmittel anzuwenden. Er irrt nur, wenn er wähnt, die "loyalen" Sklavenhalter seien durch wohlwollende Reden und Vernunftgründe bestimmbar. Sie werden nur der Gewalt weichen. </P>
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<P>Wir haben bisher nur dem ersten Akt des Bürgerkrieges beigewohnt der<I> konstitutionellen</I> Kriegsführung. Der zweite Akt, die<I> revolutionäre</I> Kriegsführung, steht bevor. </P>
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<P>Unterdes hat der jetzt vertagte Kongreß während seiner ersten Session eine Reihe wichtiger Maßregeln dekretiert, die wir hier summarisch zusammenfassen wollen. </P>
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<P>Von seiner finanziellen Gesetzgebung abgesehen, hat er die lang vergeblich von der nordischen Volksmasse angestrebte Homestead-Bill passiert, wonach ein Teil der Staatsländereien den Kolonisten, eingeborenen oder eingewanderten, zur Bebauung unentgeltlich anheimgestellt wird. Er hat die Sklaverei in Columbia und der nationalen Hauptstadt abgeschafft, mit Geldentschädigung für die ehemaligen Sklavenhalter. In allen<I> Territorien</I> der Vereinigten Staaten ist Sklaverei "für immer unmöglich" erklärt worden. Der Akt, wodurch der neue Staat von West-Virginia in die Union aufgenommen wird, schreibt stufenweise Abschaffung der Sklaverei vor und erklärt alle nach dem 4. Juli 1863 gebornen Negerkinder für geborne Freie. Die Bedingungen der stufenweisen Emanzipation sind im ganzen dem Gesetz entlehnt, das vor 70 Jahren in Pennsylvania zu demselben Zwecke erlassen wurde. Durch einen vierten Akt sollen alle Sklaven von Rebellen emanzipiert werden, sobald sie in die Hand der republikanischen Armee fallen. Ein anderes Gesetz, das jetzt<I> zum ersten Mal</I> ausgeführt wird, bestimmt, daß diese emanzipierten Neger militärisch organisiert und gegen den Süden ins Feld geschickt werden können. Die Unabhängigkeit der Negerrepubliken von Liberia und Haiti ist anerkannt, endlich ein Vertrag zur Abschaffung des Sklavenhandels mit England geschlossen worden. </P>
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<P>So, wie immer die Würfel des Kriegsglücks fallen mögen, kann schon jetzt mit Sicherheit gesagt werden, daß die Negersklaverei den Bürgerkrieg nicht lange überleben wird. </P>
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