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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 5. Kapitel</TITLE>
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<P align="CENTER"><A href="lu05_050.htm"><FONT size=2>4. Kapitel</FONT></A><FONT size=1> | </FONT><A href="lu05_005.htm"><FONT size=2>Inhalt</FONT></A><FONT size=2> | </FONT><A href="lu05_079.htm"><FONT size=2>6. Kapitel</FONT></A></P>
<FONT size=2><P>Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Herausgegeben vom Institut f&uuml;r Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 5. Berlin/DDR. 1975. "Die Akkumulation des Kapitals", S. 66-79.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 20.10.1998</P>
<HR>
</FONT><FONT size=5><P align="CENTER">F&uuml;nftes Kapitel</P>
<I><P align="CENTER">Die Geldzirkulation</P>
</I></FONT><P><B><A name="S66">&lt;66&gt;</A></B> Bis jetzt haben wir bei der Betrachtung des Reproduktionsprozesses von der Geldzirkulation ganz abgesehen. Nicht vom Geld als Wertdarstellung und Wettmesser; alle Verh&auml;ltnisse der gesellschaftlichen Arbeit wurden vielmehr als in Geld ausgedr&uuml;ckt angenommen und gemessen. Nun ist es auch notwendig, das gegebene Schema der einfachen Reproduktion vom Standpunkte des Geldes als Austauschmittel zu pr&uuml;fen.</P>
<P>Wie schon der alte Quesnay annahm, mu&szlig; zum Verst&auml;ndnis des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses im Besitz der Gesellschaft au&szlig;er gewissen Produktions- und Konsumtionsmitteln noch eine gewisse Geldsumme vorausgesetzt werden.<A name="ZF1"><A href="lu05_066.htm#F1">(1)</A></A> Es fragt sich zweierlei: in wessen H&auml;nden und wie gro&szlig; die Summe sein mu&szlig;. Das erste, was au&szlig;er Zweifel ist, ist <A name="S67"></A><B>&lt;67&gt;</B> die Tatsache, da&szlig; die Lohnarbeiter ihren Lohn in Geld erhalten, um sich Lebensmittel daf&uuml;r zu kaufen. Gesellschaftlich l&auml;uft das im Reproduktionsproze&szlig; darauf hinaus, da&szlig; die Arbeiter blo&szlig;e Anweisung auf einen bestimmten Lebensmittelfonds bekommen, der ihnen zugewiesen wird wie in jeder Gesellschaft, gleichg&uuml;ltig welcher geschichtlichen Produktionsform. Der Umstand aber, da&szlig; die Arbeitenden hier ihre Lebensmittel nicht direkt, sondern durch Warenaustausch kriegen, ist ebenso wesentlich f&uuml;r die kapitalistische Produktionsform, wie da&szlig; sie ihre Arbeitskraft nicht direkt auf Grund eines pers&ouml;nlichen Herrschaftsverh&auml;ltnisses, sondern durch Warenaustausch, n&auml;mlich Verkauf der Arbeitskraft, den Besitzern der Produktionsmittel zur Verf&uuml;gung stellen. Der Verkauf der Arbeitskraft und der freie Kauf der Lebensmittel durch die Arbeiter sind das entscheidende Moment der Kapitalproduktion. Beides dr&uuml;ckt sich aus und wird vermittelt durch die <I>Geldform </I>des variablen Kapitals v.</P>
<P>Vor allem kommt also Geld in Zirkulation durch die Auszahlung der L&ouml;hne. Die Kapitalisten beider Abteilungen, <I>alle </I>Kapitalisten m&uuml;ssen also vor allem Geld in den Verkehr werfen, jeder im Betrage der von ihm gezahlten L&ouml;hne. Kapitalisten I m&uuml;ssen im Besitz von 1.000, Kapitalisten II von 500 in Geld sein, die sie ihren Arbeitern auszahlen. In unserem Schema k&auml;mmen auf diese Weise zwei Geldbetr&auml;ge in Zirkulation: I 1.000 v und II 500 v. Beide werden durch die Arbeiter angelegt in Lebensmitteln, d.h. in Produkten der Abteilung II. Dadurch wird die Arbeitskraft erhalten, d.h. das variable Kapital der Gesellschaft in seiner Naturalform reproduziert - als die Grundlage der &uuml;brigen Kapitalreproduktion. Ferner werden zugleich auf diese Weise die Kapitalisten II von ihrem Gesamtprodukt 1.500 los, und zwar 500 an die eigenen Arbeiter, 1.000 an die der anderen Abteilung. Die Kapitalisten II sind durch diesen Austausch in den Besitz von 1.500 Geld gekommen: 500 sind zu ihnen zur&uuml;ckgekehrt als eigenes variables Kapital, das von neuem wird als solches zirkulieren k&ouml;nnen, also vorl&auml;ufig seine Bewegung abgeschlossen hat. 1.000 sind her neu erworben aus der Realisierung eines Drittels des eigenen Produkts. Mit diesen 1.000 in Geld kaufen die Kapitalisten II von den Kapitalisten I Produktionsmittel zur Erneuerung des verbrauchten eigenen konstanten Kapitals. Durch diesen Kauf hat die Abteilung II die H&auml;lfte des ben&ouml;tigten konstanten Kapitals (II c) in Naturalform erneuert, daf&uuml;r ist die <A name="S68"></A><B>&lt;68&gt;</B> eigene Geldsumme, die sie als L&ouml;hne an ihre Arbeiter ausgezahlt hatten und die jetzt nach zwei Austauschakten zu ihnen zur&uuml;ckkehrt, um sp&auml;ter wieder als variables Kapital fungieren zu k&ouml;nnen, womit vorl&auml;ufig die Bewegung dieser Geldsumme ersch&ouml;pft ist. Die gesellschaftliche Zirkulation ist jedoch noch nicht zu Ende. Noch haben die Kapitalisten I ihr Mehrwertprodukt. das f&uuml;r sie in der ungenie&szlig;baren Gestalt von Produktionsmitteln steckt, nicht realisiert, um Lebensmittel f&uuml;r sich zu kaufen, und noch haben die Kapitalisten II die andere H&auml;lfte ihres konstanten Kapitals nicht erneuert. Diese zwei Austauschakte decken sich in Wertgr&ouml;&szlig;e wie materiell, denn die Kapitalisten I kriegen die Lebensmittel von der Abteilung II zur Realisierung des eigenen Mehrwerts I 1.000 m, indem sie ihrerseits den Kapitalisten II daf&uuml;r die diesen fehlenden Produktionsmittel II 1.000 liefern. Indes zur Vermittlung dieses Austausches bedarf es einer neuen Geldsumme Wir k&ouml;nnten zwar die fr&uuml;her in Bewegung gesetzten Geldsummen noch einigemal in Zirkulation werfen lassen, wogegen theoretisch nichts einzuwenden w&auml;re. Praktisch jedoch kommt dies nicht in Betracht, denn die Konsumtionsbed&uuml;rfnisse der Kapitalsten m&uuml;ssen ebenso ununterbrochen befriedigt werden wie die der Arbeiter, beide laufen also parallel mit dem Produktionsproze&szlig; und m&uuml;ssen durch besondere Geldsummen vermittelt werden. Es folgt daraus, da&szlig; die Kapitalisten beider Abteilungen, alle Kapitalisten, au&szlig;er einem Geldbetrag f&uuml;r das variable Kapital auch noch Vorratsgeld zur Realisierung des eigenen Mehrwerts in Konsumgegenst&auml;nden in der Hand haben m&uuml;ssen. Andererseits l&auml;uft parallel mit der Produktion - also vor der Realisierung des Gesamtprodukts - der fortlaufende Ankauf gewisser Teile des konstanten Kapitals, n&auml;mlich dessen zirkulierender Teil (Roh- und Hilfsstoffe, Beleuchtungsmittel usw.). Daraus ergibt sich, da&szlig; nicht blo&szlig; die Kapitalisten I zur Deckung ihrer eigenen Konsumtion, sondern auch die Kapitalisten II zur Deckung ihres Bedarfs an konstantem Kapital gewisse Geldbetr&auml;ge in der Hand haben m&uuml;ssen. Der Austausch von I 1.000 m in Produktionsmitteln gegen II 1.000 c in Lebensmitteln wird also durch Geld vermittelt, das zum Teil von den Kapitalisten I f&uuml;r ihre Konsumbed&uuml;rfnisse, zum Teil von den Kapitalisten II f&uuml;r ihren Produktionsbedar
<P>Vom Standpunkte der einfachen Warenzirkulation ist dies ein unbegreifliches Ph&auml;nomen. Hier wechseln vielmehr Ware und Geld best&auml;ndig ihren Platz, der Besitz der Ware schlie&szlig;t den Besitz des Geldes aus, das Geld nimmt st&auml;ndig den von der Ware ger&auml;umten Platz ein und umgekehrt. Das stimmt auch vollkommen f&uuml;r jeden individuellen Akt des Warenaustausches, unter dessen Form die gesellschaftliche Zirkulation vor sich geht. Sie selbst ist aber mehr als Warenaustausch, n&auml;mlich Kapitalzirkulation. F&uuml;r diese ist aber gerade charakteristisch und wesentlich, da&szlig; sie das Kapital nicht blo&szlig; als Wertgr&ouml;&szlig;e mit Zuwachs, n&auml;mlich Mehrwert, in die H&auml;nde der Kapitalisten zur&uuml;ckf&uuml;hrt, sondern da&szlig; sie auch die gesellschaftliche Reproduktion vermittelt, also die Naturalform des produktiven Kapitals (Produktionsmittel und Arbeitskraft), und die Erhaltung der Nichtarbeitenden sichert. Da der ganze gesellschaftliche Proze&szlig; der Zirkulation von den Kapitalisten ausgeht, die sowohl im Besitze der Produktionsmittel wie des zur Vermittlung der Zirkulation n&ouml;tigen Geldes sind, so mu&szlig; nach jedem Kreislauf des gesellschaftlichen Kapitals alles wieder in ihre H&auml;nde, und zwar bei jeder Gruppe und jedem Einzelkapitalisten nach Ma&szlig;gabe ihrer Einlagen sich zur&uuml;ckfinden. In den H&auml;nden der Arbeiter befindet sich das Geld nur vor&uuml;bergehend, um den Austausch des variablen Kapitals zwischen seiner Geldform und seiner Naturalform zu vermitteln, in den H&auml;nden der Kapitalisten ist es die Erscheinungsform eines Teils ihres Kapitals, mu&szlig; also immer wieder zu ihnen zur&uuml;ckkehren. </P>
<P>Bis jetzt haben wir die Zirkulation nur betrachtet, sofern sie zwischen den beiden gro&szlig;en Abteilungen der Produktion stattfindet. Au&szlig;erdem <A name="S70"></A><B>&lt;70&gt;</B> sind aber noch &uuml;briggeblieben: vom Produkt der ersten Abteilung 4.000 in Gestalt von Produktionsmitteln, die in der Abteilung I verbleiben, um ihr eigenes konstantes Kapital 4.000 c zu erneuern, ferner in der zweiten Abteilung 500 in Lebensmitteln, die gleichfalls in derselben Abteilung verbleiben, n&auml;mlich als Konsummittel der eigenen Kapitalistenklasse, im Betrage ihres Mehrwerts II 500 m. Da die Produktion in beiden Abteilungen kapitalistisch, d.h. ungeregelte Privatproduktion ist, so kann die Verteilung des eigenen Produkts jeder Abteilung unter ihre Einzelkapitalisten - als Produktionsmittel der Abteilung I oder als Konsummittel der Abteilung II - nicht anders vor sich gehen als auf dem Wege des Warenaustausches, also einer gro&szlig;en Anzahl einzelner Kauf- und Verkaufsakte unter Kapitalisten derselben Abteilung. Zu diesem Austausch, also sowohl zur Erneuerung der Produktionsmittel in I 4.000 c wie zur Erneuerung der Konsummittel der Kapitalistenklasse in II 500 m, bedarf es gleichfalls gewisser Geldbetr&auml;ge in den H&auml;nden der Kapitalisten beider Abteilungen. Dieser Teil der Zirkulation bietet an sich kein besonderes Interesse, denn er tr&auml;gt den Charakter einfacher Warenzirkulation, da hier K&auml;ufer wie Verk&auml;ufer zu einer und derselben Kategorie von Agenten der Produktion geh&ouml;ren, und sie bewirkt blo&szlig; den Stellenwechsel von Geld und Ware innerhalb derselben Klasse und Abteilung. Gleichwohl mu&szlig; das Geld, das zu dieser Zirkulation erforderlich ist, im voraus in den H&auml;nden der Kapitalistenklasse sein und ist ein Teil ihres Kapitals.</P>
<P>Bis jetzt bot die Zirkulation des gesellschaftlichen Gesamtkapitals auch unter Ber&uuml;cksichtigung der Geldzirkulation an sich nichts Merkw&uuml;rdiges. Da&szlig; zu dieser Zirkulation im Besitze der Gesellschaft eine gewisse Geldsumme notwendig ist, mu&szlig; aus zwei Gr&uuml;nden von vornherein als selbstverst&auml;ndlich erscheinen: Erstens ist die allgemeine Form der kapitalistischen Produktionsweise die Warenproduktion, womit auch Geldzirkulation gegeben ist, zweitens beruht die Kapitalzirkulation auf best&auml;ndiger Verwandlung der drei Formen des Kapitals: Geldkapital, produktives Kapital, Warenkapital. Um diese Verwandlungen zu erm&ouml;glichen, mu&szlig; auch Geld vorhanden sein, das die Rolle des Geldkapitals spielen kann. Und endlich, da dieses Geld eben als Kapital fungiert - in unserem Schema haben wir ausschlie&szlig;lich mit kapitalistischer Produktion zu tun -, so ist damit gegeben, da&szlig; dieses Geld sich wie Kapital in jeder Gestalt im Besitz der Kapitalistenklasse befinden mu&szlig;, von ihr in Zirkulation geworfen wird, um zu ihr aus der Zirkulation zur&uuml;ckzukehren.</P>
<P>Nur ein Detail kann auf den ersten Blick frappieren. Wenn das ganze Geld, das in der Gesellschaft zirkuliert, von den Kapitalisten hineinge- <A name="S71"></A><B>&lt;71&gt;</B> worfen wird, so folgt daraus, da&szlig; die Kapitalisten auch zur Realisierung ihres eigenen Mehrwerts das Geld selbst vorschie&szlig;en m&uuml;ssen. Die Sache sieht so aus, als wenn sich die Kapitalisten als Klasse ihren eigenen Mehrwert mit eigenem Geld bezahlen m&uuml;&szlig;ten, und da das entsprechende Geld auch noch vor der jeweiligen Realisierung des Produkts jeder Produktionsperiode, bereits von fr&uuml;her her, im Besitze der Kapitalistenklasse sein mu&szlig;, so kann es auf den ersten Blick scheinen, da&szlig; die Mehrwertaneignung nicht, wie tats&auml;chlich, auf unbezahlter Arbeit der Lohnarbeiter beruht, sondern ein Resultat des blo&szlig;en Warenaustausches ist, zu dem die Kapitalistenklasse selbst das Geld im gleichen Betrage liefert. Eine kurze &Uuml;berlegung verscheucht den falschen Schein. Nach dem allgemeinen Ablauf der Zirkulation befindet sich die Kapitalistenklasse nach wie vor im Besitz ihres Geldbetrages, der zu ihr zur&uuml;ckkehrt oder in ihren H&auml;nden bleibt, w&auml;hrend sie au&szlig;erdem Lebensmittel in gleichem Betrage erworben und verzehrt hat - wir bleiben wohlgemerkt immer bei der Hauptvoraussetzung des Reproduktionsschemas einfache Reproduktion, d.h. Erneuerung der Produktion im alten Umfang und Verwendung des ganzen produzierten Mehrwerts zu pers&ouml;nlichen Konsumtionszwecken der Kapitalistenklasse.</P>
<P>Der falsche Schein verschwindet &uuml;brigens ganz, wenn wir nicht bei einer Reproduktionsperiode stehenbleiben, sondern mehrere Perioden in ihrer Aufeinanderfolge und gegenseitigen Verschlingung betrachten. Das, was die Kapitalisten heute als Geld zur Realisierung ihres eigenen Mehrwertes in die Zirkulation werfen, ist n&auml;mlich nichts anderes als die Geldgestalt ihres Mehrwertes aus der vergangenen Produktionsperiode. Wenn der Kapitalist zum Ankauf seiner Lebensmittel Geld aus der eigenen Tasche vorschie&szlig;en mu&szlig;, w&auml;hrend sein neuproduzierter Mehrwert in ungenie&szlig;barer Naturalform oder dessen genie&szlig;bare Naturalform in fremden H&auml;nden sich befindet, so kam andererseits das Geld, das er jetzt sich selbst vorschie&szlig;t, in seine Tasche als Resultat der Realisierung seines Mehrwertes aus der vorigen Periode. Und dieses Geld wird zu ihm wieder zur&uuml;ckkehren, wenn er seinen neuen in Warenform steckenden Mehrwert realisiert hat. Im Laufe mehrerer Perioden ergibt sich also, da&szlig; die Kapitalistenklasse regelm&auml;&szlig;ig aus der Zirkulation au&szlig;er allen Naturalformen ihres Kapitals auch noch ihre eigenen Konsummittel herausfischt, wobei aber ihr urspr&uuml;nglicher Geldbetrag st&auml;ndig in ihrem Besitz unver&auml;ndert bleibt.</P>
<P>F&uuml;r den Einzelkapitalisten ergibt sich aus der Betrachtung der Geldzirkulation, da&szlig; er nie sein Geldkapital zum vollen Betrag in Produk- <A name="S72"></A><B>&lt;72&gt;</B> tionsmittel verwandeln kann, vielmehr stets einen gewissen Kapitalteil in Geldform zu Zwecken des variablen Kapitals, f&uuml;r L&ouml;hne, &uuml;briglassen und ferner Kapitalreserven f&uuml;r fortlaufenden Ankauf von Produktionsmitteln im Verlaufe der Produktionsperiode zur&uuml;cklegen mu&szlig;. Au&szlig;er diesen Kapitalreserven mu&szlig; er aber Geldvorrat f&uuml;r Zwecke der pers&ouml;nlichen Konsumtion besitzen.</P>
<P>F&uuml;r den Reproduktionsproze&szlig; des gesellschaftlichen Gesamtkapitals ergibt sich daraus die Notwendigkeit der Produktion und Reproduktion des Geldmaterials. Da diese in unserer Annahme gleichfalls als kapitalistische gedacht werden mu&szlig; - nach dem besprochenen Marxschen Schema kennen wir keine andere als kapitalistische Produktion -, so mu&szlig; das Schema eigentlich als unvollst&auml;ndig erscheinen. Den beiden gro&szlig;en Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion: der Produktion von Produktionsmitteln und der Produktion von Konsumtionsmitteln, m&uuml;&szlig;te als dritte Abteilung beigeordnet werden die Produktion von Austauschmitteln, f&uuml;r die es gerade charakteristisch ist, da&szlig; sie weder zur Produktion noch zur Konsumtion dienen, sondern die gesellschaftliche Arbeit in unterschiedsloser gebrauchsunf&auml;higer Wate darstellen. Zwar sind Geld und Geldproduktion wie auch der Austausch und die Warenproduktion viel &auml;lter als die kapitalistische Produktionsweise. Bei letzterer aber ist die Geldzirkulation erst zur allgemeinen Form der gesellschaftlichen Zirkulation und dadurch zum wesentlichen Element des gesellschaftlichen Reproduktionsprozesses geworden. Die Darstellung der Geldproduktion und -reproduktion in ihrer organischen Verschlingung mit den beiden anderen Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion w&uuml;rde erst das ersch&ouml;pfende Schema des kapitalistischen Gesamtprozesses in seinen wesentlichen Punkten liefern.</P>
<P>Hier weichen wir allerdings von Marx ab. Marx reiht die Goldproduktion (der Einfachheit halber wird die gesamte Geldproduktion auf die Herstellung des Geldes reduziert) der ersten Abteilung der gesellschaftlichen Produktion ein. "Die Produktion von Gold geh&ouml;rt, wie die Metallproduktion &uuml;berhaupt, zur Klasse I, der Kategorie, die die Produktion von Produktionsmitteln umfa&szlig;t."<A name="ZF3"><A href="lu05_066.htm#F3">(3)</A></A> Das stimmt nur soweit, als es sich eben um Goldproduktion im Sinne der Metallproduktion, d.h. Metall zu gewerblichen Zwecken (Schmucksachen, Zahnplomben usw.) handelt. Als Geld ist Gold nicht Metall, sondern Verk&ouml;rperung der abstrakten gesellschaftlichen Arbeit und als solche sowenig Produktionsmittel wie Konsumtionsmittel. &Uuml;brigens zeigt ein Blick auf das Reproduktionsschema <A name="S73"></A><B>&lt;73&gt;</B> selbst, zu welchen Unzutr&auml;glichkeiten die Verwechselung der Austauschmittel mit Produktionsmitteln fuhren m&uuml;&szlig;te. Stellen wir neben die beiden Abteilungen der gesellschaftlichen Produktion die schematische Darstellung der j&auml;hrlichen Goldproduktion (im Sinne des Geldmaterials), so bekommen wir die folgenden drei Reihen:</P>
<P align="CENTER"><CENTER><TABLE cellspacing=0 border=0 cellpadding=2 width=432>
<TR><TD width="8%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">I.</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">4.000 c +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">1.000 v +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">1.000 m =</TD>
<TD width="11%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">6.000</TD>
<TD width="28%" valign="TOP">
<P>Produktionsmittel.</TD>
</TR>
<TR><TD width="8%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">II:</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">2.000 c +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">500 v +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">500 m =</TD>
<TD width="11%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">3.000</TD>
<TD width="28%" valign="TOP">
<P>Konsummittel.</TD>
</TR>
<TR><TD width="8%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">III.</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">20 c +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">5 v +</TD>
<TD width="17%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">5 m =</TD>
<TD width="11%" valign="TOP">
<P align="RIGHT">30</TD>
<TD width="28%" valign="TOP">
<P>Geldmittel.</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER><P></P>
<P>Die (von Marx als Beispiel gew&auml;hlte) Wertgr&ouml;&szlig;e 30 entspricht offenbar nicht dem j&auml;hrlich in der Gesellschaft umlaufenden Geldquantum, sondern lediglich dem j&auml;hrlich reproduzierten Teil dieses Geldquantums, also dem j&auml;hrlichen Verschlei&szlig; des Geldmaterials, der bei gleichbleibendem Umfang der gesellschaftlichen Reproduktion und gleichbleibender Dauer des Kapitalumschlags sowie gleichbleibender Raschheit der Warenzirkulation im Durchschnitt derselbe bleibt. Betrachten wir die dritte Reihe, wie Marx will, als integrierenden Teil der ersten, so ergibt sich die folgende Schwierigkeit. Das konstante Kapital der dritten Abteilung 20 c besteht aus wirklichen, konkreten Produktionsmitteln wie in den beiden anderen (Baulichkeiten, Werkzeuge, Hilfsstoffe, Gef&auml;&szlig;e usw.), das Produkt jedoch dieser Abteilung, 30 g, das Geld darstellt, kann in keinerlei Produktionsproze&szlig; in seiner Naturalgestalt als konstantes Kapital fungieren. Z&auml;hlen wir also dieses Produkt 30 g als integrierenden Teil des Produkts der ersten Abteilung 6.000 p, dann bekommen wir ein gesellschaftliches Defizit an Produktionsmitteln zum gleichen Wertbetrag, das die Reproduktion im gleichen Umfang entweder in der Abteilung I oder in der Abteilung II unm&ouml;glich machen wird. Nach der bisherigen Annahme - die die Grundlage des ganzen Marxschen Schemas bildet - ist das Produkt jeder der beiden Abteilungen in seiner sachlichen Gebrauchsgestalt der Ausgangspunkt der Reproduktion im ganzen, die Proportionen des Schemas basieren auf dieser Annahme, ohne die sie sich in Chaos aufl&ouml;sen. So beruhte der erste grundlegende Wertzusammenhang auf der Gleichung. I 6.000 p = I 4.000 c + II 2.000 c. F&uuml;r das Produkt III 30 kann dies nicht stimmen, denn das Gold kann nicht (etwa in der Proportion I 20 e + II 10 c) von den beiden Abteilungen als Produktionsmittel verwendet werden. Der zweite vom ersten abgeleitete grundlegende Zusammenhang beruhte auf der Gleichung I 1.000 v + I 1.000 m = II 2.000 c. F&uuml;r die Goldproduktion w&uuml;rde das bedeuten, da&szlig; sie soviel Konsummittel der zweiten Abteilung entzieht, wie sie ihr Produktionsmittel lie- <A name="S74"></A><B>&lt;74&gt;</B> fert. Das stimmt jedoch genausowenig. Die Goldproduktion entzieht zwar dem gesellschaftlichen Gesamtprodukt sowohl konkrete Produktionsmittel, die sie als konstantes Kapital verwendet, wie auch konkrete Konsummittel f&uuml;r ihre Arbeiter und Kapitalisten zum Betrage ihres variablen Kapitals und Mehrwerts. Allein ihr eigenes Produkt kann sowenig in irgendeiner Produktion als Produktionsmittel fungieren, wie es als Lebensmittel in die menschliche Konsumtion eingehen kann. Die Einreihung der Geldproduktion in die Abteilung I w&uuml;rde also alle sachlichen und Wertproportionen des Marxschen Schemas verletzen und ihm seine Geltung nehmen.</P>
<P>Der Versuch Marxens, die Goldproduktion als Teil der Abteilung I (Produktionsmittel) unterzubringen, f&uuml;hrt ihn auch zu bedenklichen Resultaten. Der erste Zirkulationsakt zwischen dieser neuen Unterabteilung, die Marx I g nennt, und der Abteilung II (Konsummittel) besteht, wie &uuml;blich, darin, da&szlig; die Arbeiter der Abteilung I g mit dem von den Kapitalisten an L&ouml;hnen erhaltenen Geldbetrag (5 v) Konsummittel von der Abteilung II kaufen. Das hierbei gebrauchte Geld ist noch nicht Produkt der neuen Produktion, sondern Geldvorrat der Kapitalisten I g aus dem im Lande vordem befindlichen Geldquantum, was ja ganz in der Ordnung ist. Nun l&auml;&szlig;t aber Marx die Kapitalisten II mit dem erhaltenen 5 an Geld erstens von I g f&uuml;r 2 Gold "als Warenmaterial" kaufen, springt also aus der Geldproduktion in die gewerbliche Goldproduktion &uuml;ber, die so wenig mit dem Problem der Geldproduktion zu tun hat wie die Produktion von Stiefelwichse. Da aber von den eingenommenen I g 5 v immer noch 3 &uuml;brigbleiben, mit denen die Kapitalisten II nichts anzufangen wissen, da sie sie nicht als konstantes Kapital gebrauchen k&ouml;nnen, so l&auml;&szlig;t sie Marx diesen Geldbetrag - aufschatzen! Um aber dadurch kein Defizit im konstanten Kapital von II entstehen zu lassen, da&szlig; ja ganz gegen Produktionsmittel (I v + m) auszutauschen ist. findet Marx folgenden Ausweg: "So mu&szlig; dies Geld ganz aus II c &uuml;bertragen werden in II m, ob dies nun in notwendigen Lebensmitteln oder in Luxusmitteln existiere, und dagegen entsprechender Warenwert &uuml;bertragen werden aus II m in II c. Resultat: Ein Teil des Mehrwerts wird als Geldschatz aufgespeichert."<A name="ZF4"><A href="lu05_066.htm#F4">(4)</A></A> Das Resultat ist seltsam genug. Indem wir die Reproduktion blo&szlig; des j&auml;hrlichen Verschlei&szlig;es des Geldmaterials ber&uuml;cksichtigt haben, ergab sich pl&ouml;tzlich Aufschatzung des Geldes, also ein &Uuml;berschu&szlig; an Geldmaterial. Dieser &Uuml;berschu&szlig; entsteht - man wei&szlig; nicht weshalb - auf Kosten der <A name="S75"></A><B>&lt;75&gt;</B> Kapitalisten der Lebensmittelabteilung, die sich kasteien sollen, nicht etwa, um ihre eigene Mehrwertproduktion zu erweitern, sondern damit Lebensmittel genug da sind f&uuml;r die Arbeiter der Goldproduktion.</P>
<P>F&uuml;r diese christliche Tugend werden aber die Kapitalisten der Abteilung II schlecht genug belohnt. Nicht blo&szlig; k&ouml;nnen sie trotz "Abstinenz" keine Erweiterung ihrer Produktion vornehmen, sondern sie sind nicht einmal in der Lage, ihre Produktion im fr&uuml;heren Umfang in Angriff zu nehmen. Denn mag der entsprechende "Warenwert" auch aus II m in II c &uuml;bertragen werden, es kommt nicht blo&szlig; auf Wert, sondern auf sachliche, konkrete Gestalt dieses Wertes an, und da jetzt ein Teil des Produkts von I in Geld besteht, das nicht als Produktionsmittel gebraucht werden kann, so kann II trotz Abstinenz sein konstantes Kapital sachlich nicht in vollem Umfange erneuern. Und so w&auml;re die Voraussetzung des Schemas - einfache Reproduktion - nach zwei Richtungen verletzt: Aufschatzung des Mehrwerts und Defizit des konstanten Kapitals. Diese von Marx erzielten Resultate beweisen selbst, da&szlig; die Goldproduktion unm&ouml;glich in einer der beiden Abteilungen seines Schemas untergebracht werden kann, ohne das Schema selbst umzuschmei&szlig;en. Dies schon auf Grund des ersten Austausches zwischen den Abteilungen I und II. Die Untersuchung &uuml;ber den Austausch von neuproduziertem Gold innerhalb des konstanten Kapitals der Abteilung I, die sich Marx vorgenommen hatte, fand sich im Manuskript nicht, wie Fr. Engels (Kap. II, S. 449, Fu&szlig;note 55 [Karl Marx: Das Kapital. Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#M55">Bd. 24, S. 469.</A>]) hervorhebt. Sie h&auml;tte die Unzutr&auml;glichkeiten noch gesteigert. &Uuml;brigens best&auml;tigt Marx selbst unsere Auffassung und ersch&ouml;pft die Frage mit zwei Worten, wenn er so knapp wie treffend sagt: "Geld an sich selbst ist kein Element der wirklichen Reproduktion."<A name="ZF5"><A href="lu05_066.htm#F5">(5)</A></A></P>
<P>Eine Darstellung der Geldproduktion als gesonderte dritte Abteilung der gesellschaftlichen Gesamtproduktion hat noch einen gewichtigen Grund. Das Marxsche Schema der einfachen Reproduktion hat Geltung als Grundlage und Ausgangspunkt des Reproduktionsprozesses nicht blo&szlig; f&uuml;r kapitalistische, sondern - mutatis mutandis - auch f&uuml;r jede geregelte planm&auml;&szlig;ige Wirtschaftsordnung, z.B. f&uuml;r die sozialistische. Die Geldproduktion hingegen f&auml;llt mit der Warenform der Produkte, d.h. mit dem Privateigentum an Produktionsmitteln, weg. Sie bildet die "falschen Kosten" der anarchischen Wirtschaftsweise des Kapitalismus, eine spezifische Last der privatwirtschaftlichen Gesellschaft, die in der j&auml;hrlichen <A name="S76"></A><B>&lt;76&gt;</B> Ausgabe einer betr&auml;chtlichen Arbeitsmenge zur Herstellung von Produkten zum Ausdruck kommt, Produkte, die weder als Produktionsmittel noch als Konsummittel dienen. Diese spezifische Arbeitsausgabe der kapitalistisch produzierenden Gesellschaft, die in einer gesellschaftlich geregelten Wirtschaft in Wegfall kommt, findet am exaktesten Ausdruck als gesonderte Abteilung im allgemeinen Reproduktionsproze&szlig; des Gesamtkapitals. Es ist dabei ganz gleichg&uuml;ltig, ob wir uns ein Land vorstellen, das selbst Gold produziert, oder ein solches, das es aus dem Auslande bezieht. Im letzteren Falle vermittelt nur der Austausch dieselbe Ausgabe an gesellschaftlicher Arbeit, die direkt zur Produktion des Goldes notwendig war.</P>
<P>Man ersieht aus dem bisherigen, da&szlig; das Problem der Reproduktion des Gesamtkapitals nicht so roh ist, wie es oft vom reinen Krisenstandpunkt aufgefa&szlig;t wird, wobei die Frage etwa so gestellt wird: Wie ist es m&ouml;glich, da&szlig; bei der planlosen Wirtschaft zahlloser Einzelkapitale die Gesamtbed&uuml;rfnisse der Gesellschaft durch ihre Gesamtproduktion gedeckt werden? Worauf dann der Hinweis auf die st&auml;ndigen Oszillationen der Produktion um die Nachfrage, d.h. auf den periodischen Konjunkturwechsel etwa, die Antwort geben soll. Bei dieser Auffassung, die das gesellschaftliche Gesamtprodukt als einen unterschiedslosen Warenbrei und das gesellschaftliche Bed&uuml;rfnis in entsprechend abstruser Weise behandelt, wird das Wichtigste: die Differentia specifica der kapitalistischen Produktionsweise &uuml;bersehen. Das kapitalistische Reproduktionsproblem birgt in sich, wie wir sahen, eine ganze Anzahl exakter Verh&auml;ltnisse, die sich sowohl auf die spezifisch kapitalistischen Kategorien wie - mutatis mutands - auf die allgemeinen Kategorien der menschlichen Arbeit beziehen und deren Vereinigung sowohl in ihrem Widerspruch wie in ihrer &Uuml;bereinstimmung das eigentliche Problem darstellt. Das Marxsche Schema ist die wissenschaftliche L&ouml;sung des Problems.</P>
<P>Wir haben uns zu fragen, welche Bedeutung das analysierte Schema des Reproduktionsprozesses f&uuml;r die Wirklichkeit hat. Nach diesem Schema geht das gesellschaftliche Gesamtprodukt h&uuml;bsch restlos in der Zirkulation auf, Konsumbed&uuml;rfnisse sind s&auml;mtlich befriedigt, die Reproduktion geht glatt vonstatten, die Geldzirkulation folgt der Warenzirkulation, der Kreislauf des gesellschaftlichen Kapitals schlie&szlig;t sich genau. Wie sieht die Sache im Leben aus? F&uuml;r eine planm&auml;&szlig;ig geleitete Produktion gibt das Schema in seinen Verh&auml;ltnissen eine genaue Grundlage der Einteilung der gesellschaftlichen Arbeit - immer vorausgesetzt einfache Reproduktion, d.h. gleichbleibenden Produktionsumfang. In der kapita- <A name="S77"></A><B>&lt;77&gt;</B> listischen Wirtschaft fehlt jede planm&auml;&szlig;ige Organisation des Gesamtprozesses. Deshalb geht in ihr auch nichts so glatt nach der mathematischen Formel, wie es im Schema aussieht. Der Kreislauf der Reproduktion verl&auml;uft vielmehr unter st&auml;ndigen Abweichungen von den Verh&auml;ltnissen des Schemas, was sich &auml;u&szlig;ert</P>
<P>im t&auml;glichen Oszillieren der Preise, <BR>
im best&auml;ndigen Schwanken der Profite, <BR>
im unaufh&ouml;rlichen Fluktuieren der Kapitale aus einem Produktionszweig in die anderen,<BR>
im periodischen zyklischen Pendeln der Reproduktion zwischen &Uuml;berspannung und Krise.</P>
<P>Bei all diesen Abweichungen jedoch stellt das Schema jenen gesellschaftlich notwendigen Durchschnitt dar, um den sich jene Bewegungen vollziehen und dem sie immer wieder zustreben, nachdem sie sich von ihm entfernt haben. Dieser Durchschnitt macht es, da&szlig; die schwankenden Bewegungen der Einzelkapitale nicht in ein Chaos ausarten, sondern auf eine bestimmte Gesetzm&auml;&szlig;igkeit zur&uuml;ckgef&uuml;hrt werden, welche die Fortexistenz der Gesellschaft trotz ihrer Planlosigkeit sichert.</P>
<P>Vergleicht man das Marxsche Reproduktionsschema mit dem "Tableau &eacute;conimique" Quesnays, so springt die &Auml;hnlichkeit sowohl wie der gro&szlig;e Abstand sofort in die &Auml;ugen. Die beiden Schemata, die die Entwicklungsstrecke der klassischen National&ouml;konomie flankieren, sind die beiden einzigen Versuche der exakten Darstellung des scheinbaren Chaos, das die Gesamtbewegung der kapitalistischen Produktion und Konsumtion in ihre gegenseitigen Verschlingung und ihrem Auseinanderfallen zahlloser Privatproduzenten und Konsumenten darstellt. Beide reduzieren das wirre Durcheinander in der Bewegung der Einzelkapitale auf einige einfache Zusammenh&auml;nge, in denen die M&ouml;glichkeit der Existenz und der Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft trotz ihres ungeregelten anarchischen Getriebes verankert ist. Beide vereinigen n&auml;mlich den doppelten Gesichtspunkt, welcher der Gesamtbewegung des gesellschaftlichen Kapitals zugrunde liegt: da&szlig; sie zugleich als Kapitalbewegung eine Produktion und Aneignung von Mehrwert und als gesellschaftliche Bewegung Produktion und Konsumtion von sachlichen Notwendigkeiten der menschlichen Kulturexistenz ist. In beiden vermittelt die Zirkulation der Produkte als Warenzirkulation den Gesamtproze&szlig;, und in beiden folgt die Bewegung des Geldes nur als &auml;u&szlig;erer Ausdruck an der Oberfl&auml;che der Bewegung der Warenzirkulation.</P>
<P>In der Ausf&uuml;hrung dieser gro&szlig;en Grundlinien liegt aber ein tiefer Ab- <A name="S78"></A><B>&lt;78&gt;</B> stand. Das Quesnaysche "Tableau" macht zwar die Mehrwertproduktion zu einem Angelpunkt der Gesamtreproduktion, fa&szlig;t aber den Mehrwert noch unter der naiven feudalen Form der Grundrente auf, versieht also eine Teilform f&uuml;r das Ganze.</P>
<P>Es macht ebenso die sachliche Unterscheidung in der Masse des Gesamtprodukts zum anderen Angelpunkt der gesellschaftlichen Reproduktion, fa&szlig;t sie aber unter dem naiven Gegensatz zwischen landwirtschaftlichen und manufakturm&auml;&szlig;igen Produkten auf, versieht also &auml;u&szlig;ere Unterschiede in den Stoffen, mit denen der arbeitende Mensch zu tun hat, f&uuml;r grundlegende Kategorien des menschlichen Arbeitsprozesses &uuml;berhaupt.</P>
<P>Bei Marx ist die Mehrwertproduktion in ihrer reinen und allgemeinen, also absoluten Form der Kapitalproduktion aufgefa&szlig;t. Zugleich sind die ewigen sachlichen Bedingungen der Produktion in der grundlegenden Unterscheidung von Produktionsmitteln und Konsumtionsmitteln ber&uuml;cksichtigt und das Verh&auml;ltnis beider auf ein exaktes Wertverh&auml;ltnis zur&uuml;ckgef&uuml;hrt.</P>
<P>Fragt man, warum die von Quesnay so gl&uuml;cklich angeschnittene L&ouml;sung des Problems bei der sp&auml;teren b&uuml;rgerlichen National&ouml;konomie scheiterte und was zu dem gewaltigen Sprung, den die Analyse mit dem Marxschen Schema macht, erforderlich war, so ergeben sich haupts&auml;chlich zwei Vorbedingungen. Vor allem fu&szlig;t das Marxsche Reproduktionsschema auf der klaren und scharfen Unterscheidung der beiden Seiten der Arbeit in der Warenproduktion: der konkreten n&uuml;tzlichen Arbeit, die bestimmte Gebrauchswerte schafft, und der abstrakten allgemeinmenschlichen Arbeit, die als gesellschaftlich notwendige Werte schafft. Dieser geniale Grundgedanke der Marxschen Werttheorie, der ihm u.a. die L&ouml;sung des Geldproblems erm&ouml;glicht hat, f&uuml;hrte ihn auch zu der Auseinanderhaltung und zur Vereinigung der beiden Gesichtspunkte im Gesamtreproduktionsproze&szlig;: der Wertstandpunkte und der sachlichen Zusammenh&auml;nge. Zweitens liegt dem Schema die scharfe Unterscheidung von konstantem und variablem Kapital zugrunde, bei der erst die Mehrwertproduktion in ihrem inneren Mechanismus aufgedeckt und als Wertverh&auml;ltnis mit den beiden sachlichen Kategorien der Produktion: Produktionsmittel und Konsumtionsmittel, in ein exaktes Verh&auml;ltnis gebracht werden konnte.</P>
<P>An alle diese Standpunkte stie&szlig; die klassische &Ouml;konomie nach Quesnay, namentlich bei Smith und Ricardo, ann&auml;hernd. Bei Ricardo erhielt die Werttheorie jene strenge Fassung, die es macht, da&szlig; man sie h&auml;ufig sogar mit der Marxsehen verwechselt. Vom Standpunkte seiner Werttheorie hat Ricardo auch die Smithsche Aufl&ouml;sung des Preises aller Waren <A name="S79"></A><B>&lt;79&gt;</B> in v + m, die soviel Unheil in der Analyse der Reproduktion angerichtet hat, als falsch eingesehen; doch k&uuml;mmerte er sich um diesen Smithschen Schnitzer nicht weiter, wie er sich f&uuml;r das Problem der Gesamtreproduktion im ganzen nicht erw&auml;rmte. &Uuml;berhaupt brachte die Ricardosche Analyse in gewisser Hinsicht einen R&uuml;ckschritt hinter Smith, wie dieser zum Teil einen R&uuml;ckschritt hinter die Physiokraten machte. Wenn Ricardo die Grundkategorien der b&uuml;rgerlichen &Ouml;konomie: Wert, Lohn, Mehrwert, Kapital, viel sch&auml;rfer und einheitlicher herausgearbeitet hat als alle seine Vorg&auml;nger, so hat er sie daf&uuml;r starrer behandelt. Ad. Smith hatte viel mehr Sinn f&uuml;r die lebendigen Zusammenh&auml;nge, f&uuml;r die gro&szlig;e Bewegung des Ganzen. Kam es ihm auch gelegentlich nicht darauf an, f&uuml;r ein und dasselbe Problem zwei oder, wie bei dem Wertproblem, gar drei bis vier verschiedene L&ouml;sungen zu geben und sich in verschiedenen Teilen der Analyse selbst munter zu widersprechen, so f&uuml;hrten doch gerade seine Widerspr&uuml;che darauf, das Ganze immer wieder von anderer Seite anzupacken und in der Bewegung zu fassen. Die Schranke, an der beide - Smith wie Ricardo - scheitern mu&szlig;ten, war ihr b&uuml;rgerlich begrenzter Horizont. Um die Grundkategorien der kapitalistischen Produktion: Wert und Mehrwert, in ihrer lebendigen Bewegung, als gesellschaftlichen Reproduktionsproze&szlig; zu erfassen, mu&szlig;te man diese Bewegung historisch, die Kategorien selbst als geschichtlich bedingte Formen allgemeiner Arbeitsverh&auml;ltnisse auffassen. Damit ist gegeben, da&szlig; das Problem der Reproduktion des Gesamtkapitals nur von einem Sozialisten gel&ouml;st werden konnte. Zwischen dem "Tableau &eacute;conomique" und dem Reproduktionsschema im zweiten Band des "Kapitals" liegt nicht blo&szlig; zeitlich, sondern auch inhaltlich das Gl&uuml;ck und Ende der b&uuml;rgerlichen &Ouml;konomie.</P>
<P><HR><P></P>
<P>Fu&szlig;noten von Rosa Luxemburg</P>
<P><A name="F1">(1)</A> In seiner siebenten Bemerkung zum "Tableau" sagt Quesnay, nachdem er gegen die merkantilistische Theorie vom Geld, das mit Reichtum identisch sei, polemisiert hat: "La masse d'argent ne peut accro&icirc;tre dans une nation qu'autant que cette reproduction elle-m&ecirc;me s'y accro&icirc;t; autrement, l'accroissement de la masse d'argent ne pourrait se faire qu'au pr&eacute;judice de la reproduction annuelle des richesses ... Ce n'est pas par le plus ou le moins d'argent qu'on doit juger de l'opulence des &Eacute;tats; aussi estime-t-on qu'un p&eacute;cule, &eacute;gal au revenu de propri&eacute;taires des terres, est beaucoup plus que suffisant pour une nation agricole o&ugrave; la circulation se fait r&eacute;guli&egrave;rement et o&ugrave; le commerce s'exerce avec confiance et en pleine libert&eacute;." (Analyse du Tableau &eacute;conomique, Ausgabe Oncken, S. 324/325.) <A href="lu05_066.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A name="F2">(2)</A> Marx nimmt (siehe Das Kapital, Bd. II. S. 391) [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S414">Bd. 24, S. 414/415</A>.] f&uuml;r diesen Austausch nur Geldausgabe seitens der Kapitalisten II als Ausgangspunkt an. An dem Schlu&szlig;ergebnis der Zirkulation &auml;ndert dies nichts, wie F. Engels in der Fu&szlig;note richtig bemerkt, aber als Voraussetzung der gesellschaftlichen Zirkulation ist die Annahme nicht exakt; richtiger die Darstellung bei Marx selbst (siehe l.c. S. 374). [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S398">Bd. 24, S. 398/399</A>.] <A href="lu05_066.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A name="F3">(3)</A> Das Kapital, Bd. II. S. 446. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S466">Bd. 24, S. 466</A>.] <A href="lu05_066.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A name="F4">(4)</A> Das Kapital, Bd. II. S. 448. [Karl Marx: Das Kapital, Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S468">Bd. 24, S. 468</A>.] <A href="lu05_066.htm#ZF4">&lt;=</A></P>
<P><A name="F5"></A>(5) Das Kapital, Bd. II. S. 466. [Karl Marx: Das Kapital,
Zweiter Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A href="../../me/me24/me24_485.htm#S486">Bd.
24, S. 486</A>.] <A href="lu05_066.htm#ZF5">&lt;=</A></P>
</BODY>
</HTML>