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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>August Bebel - Die Frau und der Sozialismus - 30. Kapitel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="beaa_523.htm"><FONT SIZE=2>29. Kapitel</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_550.htm"><FONT SIZE=2>Schlu&szlig;</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 528-549.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 31.1.1999.</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">Drei&szlig;igstes Kapitel <BR>
</I><FONT SIZE=4>Bev&ouml;lkerungsfrage und Sozialismus</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">1. Furcht vor &Uuml;berv&ouml;lkerung</P>
</I><B><P><A NAME="S528">|528|</A></B> Es gibt Leute, welche die <I>Bev&ouml;lkerungsfrage </I>als die wichtigste und brennendste aller Fragen ansehen, weil eine "&Uuml;berv&ouml;lkerung" drohe, ja, tats&auml;chlich schon vorhanden sei. Diese Frage mu&szlig; ganz speziell vom internationalen Standpunkt aus behandelt werden, denn Volksern&auml;hrung und Volksverteilung sind immer mehr eine internationale Angelegenheit geworden. &Uuml;ber das Bev&ouml;lkerungsgesetz ist seit Malthus viel gestritten worden. In seiner ber&uuml;hmt und ber&uuml;chtigt gewordenen Schrift "Versuch &uuml;ber das Bev&ouml;lkerungsprinzip", die Karl Marx "als ein sch&uuml;lerhaft oberfl&auml;chliches und pf&auml;ffisch vordeklamiertes Plagiat aus Sir James Stewart, Townsend, Franklin, Wallace usw." bezeichnet, das "nicht einen einzigen selbstgedachten Satz enth&auml;lt", stellt Malthus die Ansicht auf, da&szlig; die Menschheit das Bestreben habe, sich in geometrischer Progression zu vermehren (1, 2, 4, 8, 16, 32 usw.), wohingegen die Nahrung nur in arithmetischer Progression (1, 2, 3, 4, 5 usw.) vermehrt werden k&ouml;nne. Die notwendige Folge sei, da&szlig; zwischen der Menschenzahl und dem Nahrungsvorrat rasch ein Mi&szlig;verh&auml;ltnis entstehe, das zu Massennot und schlie&szlig;lich zu Massentod f&uuml;hren m&uuml;sse. Es sei darum geboten, sich in der Kinderzeugung "Enthaltsamkeit" aufzuerlegen. Derjenige d&uuml;rfe nicht heiraten, der nicht gen&uuml;gend Mittel zur Ern&auml;hrung einer Familie besitze, weil sonst am "Tische der Natur" kein Platz f&uuml;r die Nachkommen vorhanden sei. </P>
<P>Die Furcht vor &Uuml;berv&ouml;lkerung ist sehr alt. Sie war bereits, wie die Er&ouml;rterungen in der vorliegenden Schrift zeigten, bei Griechen und R&ouml;mern und wieder am Ausgang des Mittelalters vorhanden. Plato und Aristoteles, die R&ouml;mer, der Kleinb&uuml;rger des Mittelalters wurden von ihr beherrscht, und sie beherrschte Voltaire, der dar&uuml;ber im ersten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts eine Abhandlung ver&ouml;ffentlichte. Andere Schriftsteller folgten ihm, bis endlich in Malthus der- <A NAME="S529"><B>|529|</A></B> jenige erstand, der diese Bef&uuml;rchtungen am pr&auml;gnantesten zum Ausdruck brachte. </P>
<P>Die Furcht vor &Uuml;berv&ouml;lkerung tritt stets in Perioden auf, in denen der bestehende Sozialzustand im Zerfall begriffen ist. Die allgemeine Unzufriedenheit, die dann entsteht, glaubt man in erster Linie dem &Uuml;berflu&szlig; an Menschen und dem Mangel an Lebensmitteln und nicht der Art, wie sie gewonnen und verteilt werden, zuschreiben zu m&uuml;ssen. </P>
<P>Alle Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruht auf Klassenherrschaft. Das erste und vornehmste Mittel der Klassenherrschaft aber ist die Besitznahme von Grund und Boden. Aus dem Gemeinbesitz gelangt derselbe allm&auml;hlich in Privatbesitz. Die Masse wird eigentumslos und ist gen&ouml;tigt, sich im Dienste der Besitzenden wird jeder Zuwachs zur Familie oder ein neuer Konkurrent als eine Last empfunden. Das Gespenst der &Uuml;berv&ouml;lkerung erscheint, das in dem Ma&szlig;e Schrecken verbreitet, wie der Grund und Boden immer mehr Monopolbesitz wird und an Produktivit&auml;t verliert, sei es, weil er nicht gen&uuml;gend bewirtschaftet wird, oder weil man den besten Boden in Schafweiden verwandelt, oder ihn dem Vergn&uuml;gen seiner Herren als Jagdgr&uuml;nde reserviert und ihn so dem Anbau f&uuml;r menschliche Nahrung entzieht. Rom und Italien hatten am meisten Mangel an Nahrungsmitteln, als der Grund und Boden sich in den H&auml;nden von ungef&auml;hr dreitausend Latifundienbesitzern befand. Daher der Schreckensruf: Die Latifundien richten Rom zugrunde. Der Grund und Boden Italiens wurde in ungeheure Jagdreviere oder Lustg&auml;rten zum Vergn&uuml;gen seiner adligen Besitzer verwandelt, h&auml;ufig auch unbebaut liegengelassen, weil seine Bebauung durch Sklaven sich teurer stellte als der Preis des aus Afrika und Sizilien bezogenen Getreides, ein Zustand, der T&uuml;r und Tor dem Kornwucher &ouml;ffnete, an dem in erster Linie wieder der reiche Adel Roms beteiligt war. Das wurde sogar ein Hauptgrund, die Bebauung des heimischen Grund und Bodens zu unterlassen. Der Adel gewann am Getreidewucher mehr als am Getreidebau im eigenen Lande. </P>
<P>Unter solchen Verh&auml;ltnissen zog der r&ouml;mische B&uuml;rger oder der verarmte Adel es vor, auf Ehe und Kinderzeugung zu verzichten, was durch alle Pr&auml;mien, die auf Eheschlie&szlig;ung und Kinder gesetzt wurden, um die Verminderung der herrschenden Klasse zu verhindern, nicht verhindert werden konnte. </P>
<B><P><A NAME="S530">|530|</A></B> Eine &auml;hnliche Erscheinung trat gegen Ende des Mittelalters ein, nachdem w&auml;hrend Jahrhunderten Adel und Geistlichkeit durch alle Mittel der List und Gewalt zahlreiche Bauern ihres Eigentums beraubt und das Gemeindeland an sich gerissen hatten. Als dann infolge all der erlittenen Mi&szlig;handlungen die Bauern sich emp&ouml;rten, aber niedergeschlagen wurden und nun erst recht das Raubhandwerk des Adels nur auf h&ouml;herer Stufenleiter fortgesetzt und von den reformierten F&uuml;rsten auch am Kirchengut praktiziert wurde, wuchs die Zahl der R&auml;uber, Bettler und Vagabunden wie nie zuvor. Ihre Zahl war am gr&ouml;&szlig;ten nach der Reformation. Die expropriierte Landbev&ouml;lkerung str&ouml;mte nach den St&auml;dten. Hier waren aber auch bereits aus fr&uuml;her geschilderten Ursachen die Lebensverh&auml;ltnisse immer &uuml;bler geworden, und so war "&Uuml;berv&ouml;lkerung" &uuml;berall vorhanden. </P>
<P>Das Auftreten von Malthus f&auml;llt nun in jene Periode der englischen Industrie, wo infolge der neuen Erfindungen von Hargreaves, Arkwright und Watt gewaltige Umgestaltungen in der Mechanik und Technik eintraten, die haupts&auml;chlich in der Baumwollen- und Leinenindustrie zur Geltung gelangten und die Arbeiter in den betroffenen Hausindustrien zu Zehntausenden brotlos machten. Die Konzentration des Bodeneigentums und die Entwicklung der gro&szlig;en Industrie nahm um jene Zeit in England gro&szlig;e Dimensionen an. Mit dem rasch steigenden Reichtum auf der einen Seite wuchs das Massenelend auf der anderen. In einer solchen Zeit mu&szlig;ten die herrschenden Klassen, welche die bestehende Welt f&uuml;r die beste anzusehen alle Ursache haben, f&uuml;r eine so widersprechende Erscheinung wie die Pauperisierung der Massen inmitten des steigenden Reichtums und der h&ouml;chsten Industriebl&uuml;te eine plausible, sie entlastende Erkl&auml;rung suchen. Nichts war bequemer, als der allzu raschen Vermehrung der Arbeiter durch Kinderzeugung und nicht ihrer &Uuml;berfl&uuml;ssigmachung durch den kapitalistischen Produktionsproze&szlig; und die Akkumulierung des Grund und Bodens in den H&auml;nden der Landlords die Schuld zu geben. Unter solchen Verh&auml;ltnissen enthielt das "sch&uuml;lerhaft oberfl&auml;chliche, pf&auml;ffisch vordeklamierte Plagiat", das Malthus ver&ouml;ffentlichte, eine Begr&uuml;ndung der vorhandenen &Uuml;bel, die den geheimsten Gedanken und W&uuml;nschen der herrschenden Klasse Ausdruck gab und sie vor der Welt rechtfertigte. Daher erkl&auml;rt sich der ungeheure Beifall, den es auf der einen Seite, und die heftige Befehdung, die es auf der anderen fand. Malthus hatte f&uuml;r die englische Bourgeoisie<I> im rechten Augenblick das rechte</I> <A NAME="S531"><B>|531|</A></B> <I>Wort gesprochen, und so wurde er, trotzdem seine Schrift "keinen einzigen selbstgedachten Satz" enthielt, ein gro&szlig;er und ber&uuml;hmter Mann und sein Name zum Stichwort f&uuml;r die ganze Lehre.<A NAME="ZF1"></I><A HREF="beaa_528.htm#F1">(1)</A></A></P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_30_2">2. Produktion der &Uuml;berv&ouml;lkerung</A></P>
</I><P>Die Zust&auml;nde, die Malthus zu seinem Notschrei und seinen brutalen Lehren veranla&szlig;ten - er richtete sie an die arbeitende Klasse und f&uuml;gte so zum Schaden auch noch den Hohn -, haben seitdem sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verbreitert. Nicht blo&szlig; im Vaterland des Malthus, in Gro&szlig;britannien, sondern in allen L&auml;ndern der Welt mit kapitalistischer Produktionsweise, die das Raubsystem an Grund und Boden und die Unterjochung der Massen durch die Maschinerie und die Fabrik zur Folge hat. Dieses System besteht, wie nachgewiesen, in der Trennung des Arbeiters von seinem Arbeitsmittel, sei dieses Grund und Boden oder Werkzeug, und in dem &Uuml;bergang der Arbeitsmittel in die H&auml;nde der Kapitalisten. Das System schafft immer neue Industriezweige, entwickelt und konzentriert dieselben, wirft aber auch immer neue Volksmassen auf die Stra&szlig;e, es macht sie "&uuml;berz&auml;hlig". Vielfach bef&ouml;rdert es, wie im alten Rom, den Latifundienbesitz mit allen seinen Folgen. Irland ist das klassische Land in Europa, das vom englischen Raubsystem am schlimmsten heimgesucht wurde. Es besa&szlig; schon 1874 12.378.244 Acres Wiesen und Weideland, aber nur 3.373.508 Acres Ackerland, und jedes Jahr schreitet die Abnahme der Bev&ouml;lkerung und Hand in Hand damit die Verwandlung von Ackerland in Wiesen und Weideland f&uuml;r Schaf- und Rinderherden und in Jagdreviere f&uuml;r die Landlords vor.<A NAME="ZF2"><A HREF="beaa_528.htm#F2">(2)</A></A> (Im Jahre 1908 14.805.046 Acres Wiesen und Weide- <A NAME="S532"><B>|532|</A></B> land und 2.328.906 Acres Ackerland.) Das irische Ackerland befindet sich au&szlig;erdem vielfach als Pachtland in den H&auml;nden einer gro&szlig;en Zahl kleiner und kleinster P&auml;chter, die nicht imstande sind, die Ausnutzung des Bodens in h&ouml;herem Ma&szlig;stab zu betreiben. So zeigt Irland den Anblick eines Landes, das sich aus einem ackerbautreibenden Lande in ein Hirtenland zur&uuml;ckverwandelt. Dabei ist die Bev&ouml;lkerung, die im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts &uuml;ber 8 Millionen K&ouml;pfe z&auml;hlte, gegenw&auml;rtig auf 4,3 Millionen gesunken, und noch immer sind einige Millionen "&uuml;berz&auml;hlig". Die Rebellion der Irl&auml;nder gegen England erkl&auml;rt sich hiernach sehr einfach.<I> Schottland</I> zeigt ein ganz &auml;hnliches Bild wie Irland in seinen Bodenbesitz- und Bodenbebauungsverh&auml;ltnissen.<A NAME="ZF3"><A HREF="beaa_528.htm#F3">(3)</A></A> &Auml;hnliches wiederholt sich in dem erst in den letzten Jahrzehnten in die moderne Entwicklung eingetretenen<I> Ungarn</I>. Ein Land, so reich an fruchtbarem Boden wie wenige in Europa, ist &uuml;berschuldet, seine Bev&ouml;lkerung verarmt und befindet sich in den H&auml;nden von Wucherern. Aus Verzweiflung wandert sie in Massen aus. Aber der Grund und Boden ist in den H&auml;nden moderner Kapitalmagnaten konzentriert, die mit Wald und Ackerland die schlimmste Raubwirtschaft treiben, so da&szlig; Ungarn in nicht ferner Zeit aufh&ouml;rt, ein Getreide ausf&uuml;hrendes Land zu sein. &Auml;hnlich verh&auml;lt es sich mit Italien. In Italien hat die politische Einheit der Nation, &auml;hnlich wie in Deutschland, der kapitalistischen Entwicklung Vorschub geleistet, aber die flei&szlig;igen <A NAME="S533"><B>|533|</A></B> Bauern von Piemont und der Lombardei, von Toskana, der Romagna und Siziliens verarmen immer mehr und gehen zugrunde. Bereits beginnen S&uuml;mpfe und Moore sich von neuem zu bilden, wo noch vor wenigen Jahrzehnten gut gepflegte G&auml;rten und &Auml;cker kleiner Bauern standen. Vor den Toren Roms, in der sogenannten Campagna, liegen Hunderttausende Hektar Bodens brach, in einem Landstrich, der einst zu den bl&uuml;hendsten des alten Roms geh&ouml;rte. S&uuml;mpfe bedecken den Boden und hauchen ihre giftigen Miasmen aus. Wenn unter Aufwendung entsprechender Mittel eine gr&uuml;ndliche Entsumpfung und eine zweckm&auml;&szlig;ige Bew&auml;sserung eingerichtet w&uuml;rde, erhielte die Bev&ouml;lkerung Roms eine reichliche Nahrungs- und Genu&szlig;quelle. Aber Italien leidet an der
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_30_3">3. Armut und Fruchtbarkeit</A></P>
</I><P>Von welcher Seite wir immer das kapitalistische Wirtschaftssystem betrachten, wir werden belehrt, da&szlig; Not und Elend der Massen nicht die Folgen des Mangels an Nahrungs- und Lebensmitteln, sondern die Folgen der ungleichen Verteilung derselben und der verkehrten Wirt- <A NAME="S534"><B>|534|</A></B> schaftsweise sind, die dem einen &Uuml;berflu&szlig; schafft und die andern zum Darben zwingt. Die Malthusschen Behauptungen haben nur vom Standpunkt der kapitalistischen Produktionsweise Sinn. Auf der andern Seite dr&auml;ngt die kapitalistische Produktionsweise selbst zur Produktion von Kindern; sie braucht billige "H&auml;nde" in Gestalt von Kindern f&uuml;r ihre Werkst&auml;tten und Fabriken. Bei dem Proletarier wird das Kinderzeugen eine Art Berechnung, sie m&uuml;ssen die Kosten ihres Lebensunterhalts selbst erwerben. Der Proletarier in der Hausindustrie wird sogar gen&ouml;tigt, viele Kinder zu besitzen, denn darin liegt eine Gew&auml;hr f&uuml;r seine Konkurrenzf&auml;higkeit. Das ist sicher ein scheu&szlig;liches System; es verst&auml;rkt die Pauperisierung des Arbeiters und seine Abh&auml;ngigkeit vom Unternehmer. Der Proletarier wird gezwungen, f&uuml;r immer elenderen Lohn zu arbeiten. Und jede Arbeiterschutzbestimmung, jede Mehrausgabe f&uuml;r diese oder andere soziale Pflichten, die dem Unternehmer nicht auch f&uuml;r die von ihm besch&auml;ftigten Hausindustriellen auferlegt wird, veranla&szlig;t ihn, den Kreis der Hausindustriellen zu erweitern, sie bietet ihm Vorteile, wie nicht leicht eine andere Betriebsform, vorausgesetzt, da&szlig; sie nach der Natur des Produktionsprozesses durchf&uuml;hrbar ist. </P>
<P>Das kapitalistische Produktionssystem erzeugt aber nicht nur &Uuml;berproduktion an Waren und Arbeitern, sondern auch an Intelligenzen. Auch die Intelligenz findet schlie&szlig;lich immer schwerer Unterkommen, das Angebot &uuml;bersteigt permanent die Nachfrage. Nur eins ist in dieser kapitalistischen Welt nicht &uuml;berfl&uuml;ssig, das ist das Kapital und sein Besitzer, der Kapitalist. Sind die b&uuml;rgerlichen &Ouml;konomen Malthusianer, so sind sie, was sie aus b&uuml;rgerlichem Interesse sein m&uuml;ssen, nur sollen sie ihre b&uuml;rgerlichen Schrullen nicht auf die sozialistische Gesellschaft &uuml;bertragen wollen. John Stuart Mill sagt: "Der Kommunismus ist gerade derjenige Zustand der Dinge, bei dem man erwarten darf, da&szlig; die &ouml;ffentliche Meinung sich mit der allergr&ouml;&szlig;ten Intensit&auml;t gegen diese Art selbsts&uuml;chtiger Unm&auml;&szlig;igkeit erkl&auml;ren wird. Jede Volksvermehrung, welche die annehmliche Lage der Bev&ouml;lkerung verringern oder deren M&uuml;hen steigern w&uuml;rde, m&uuml;&szlig;te dann f&uuml;r jedes einzelne Individuum der Assoziation unmittelbare und unverkennbare Inkonvenienz zur Folge haben, und diese k&ouml;nnte dann nicht der Habsucht der Arbeitgeber oder den ungerechten Privilegien der Reichen zur Last gelegt werden. Unter so ver&auml;nderten Umst&auml;nden k&ouml;nnte es nicht ausbleiben, da&szlig; die <A NAME="S535"><B>|535|</A></B> &ouml;ffentliche Meinung ihre Mi&szlig;billigung zu erkennen g&auml;be, und wenn diese nicht ausreichte, da&szlig; man durch Strafen irgendwelcher Art diese oder andere gemeinsch&auml;dliche Unenthaltsamkeit unterdr&uuml;cken w&uuml;rde. Die kommunistische Theorie trifft also keineswegs in besonderer Weise der Vorwurf, welcher von der Gefahr der &Uuml;berv&ouml;lkerung hergenommen ist; vielmehr empfiehlt sich dieselbe dadurch, da&szlig; sie in hohem Grade diesem &Uuml;belstande vorzubeugen die Tendenz haben w&uuml;rde." Und Professor Ad. Wagner &auml;u&szlig;ert auf Seite 376 von Raus "Lehrbuch der politischen &Ouml;konomie": "Am wenigsten w&uuml;rde in einem sozialistischen Gemeinwesen prinzipiell Ehefreiheit oder Freiheit der Kinderzeugung gew&auml;hrt werden k&ouml;nnen." Die Genannten gehen also von der Ansicht aus, da&szlig; das Streben nach &Uuml;berv&ouml;lkerung ein allen Gesellschaftszust&auml;nden gemeinsames sei, aber beide vindizieren dem Sozialismus die Eigenschaft, das Verh&auml;ltnis von Bev&ouml;lkerung und Nahrung besser als jede andere Gesellschaftsform ins Gleichgewicht bringen zu k&ouml;nnen. Das letztere ist richtig, das erstere nicht. </P>
<P>Es gab allerdings vereinzelte Sozialisten, die, von den Malthusschen Ideen bestochen, f&uuml;rchteten, die Gefahr einer &Uuml;berv&ouml;lkerung "stehe nahe bevor". Aber diese sozialistischen Malthusianer sind verschwunden. Das tiefere Eindringen in die Natur und das Wesen der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft belehrt sie eines Besseren. Auch belehren uns die Klagelieder unserer Agrarier, da&szlig; wir zuviel Nahrungsmittel - vom Standpunkt des Weltmarktes betrachtet - produzieren, so da&szlig; die daraus entstandenen niedrigeren Preise die Produktion derselben unrentabel machten. Unsere Malthusianer bilden sich ein, und der Chorus der b&uuml;rgerlichen Wortf&uuml;hrer schwatzt es ihnen gedankenlos nach, eine sozialistische Gesellschaft, in der freie Liebeswahl bestehe und f&uuml;r alle eine menschenw&uuml;rdige Existenz vorhanden sei, werde zu einem "Kaninchenstall" werden; sie w&uuml;rde dem ausschweifendsten Geschlechtsgenu&szlig; und massenhafter Kinderzeugung verfallen. Das Gegenteil d&uuml;rfte eintreten. Bisher haben durchschnittlich nicht die bessersituierten Schichten die gr&ouml;&szlig;te Zahl der Kinder, sondern umgekehrt die schlechtestsituierten. Man darf sogar, ohne sich einer &Uuml;bertreibung schuldig zu machen, sagen:<I> Je &auml;rmlicher die Lage einer Proletarierschicht, um so zahlreicher ist durchschnittlich der Kindersegen; h&uuml;ben und dr&uuml;ben Ausnahmen zugegeben.</I> Das best&auml;tigt auch Virchow, der in der Mitte des vorigen Jahrhunderts schrieb: "Wie der englische Ar- <A NAME="S536"><B>|536|</A></B> beiter in seiner tiefsten Versunkenheit, in der &auml;u&szlig;ersten Entbl&ouml;&szlig;ung des Geistes endlich nur noch zwei Quellen des Genusses kennt, den Rausch und den Beischlaf, so hatte auch die oberschlesische Bev&ouml;lkerung<I> bis vor wenig Jahren</I> alle W&uuml;nsche, alles Streben auf diese beiden Dinge konzentriert. Der Branntweingenu&szlig; und die Befriedigung des Geschlechtstriebs waren bei ihr vollkommen souver&auml;n geworden, und so erkl&auml;rt es sich leicht, da&szlig; die Bev&ouml;lkerung ebenso rapid an Zahl wuchs, als sie an physischer Kraft und an moralischem Halt verlor." </P>
<P>Karl Marx spricht sich im "Kapital" &auml;hnlich aus, indem er schreibt: "In der Tat steht nicht nur die Masse der Geburten und Todesf&auml;lle, sondern die absolute Gr&ouml;&szlig;e der Familien im umgekehrten Verh&auml;ltnis zur H&ouml;he des Arbeitslohns, also zur Masse der Lebensmittel, wor&uuml;ber die verschiednen Arbeiterkategorien verf&uuml;gen.<I> Dies Gesetz der kapitalistischen Gesellschaft kl&auml;nge unsinnig unter Wilden oder selbst zivilisierten Kolonisten.</I> Es erinnert an die massenhafte Rohproduktion individuell schwacher und vielgehetzter Tierarten." Des weiteren zitiert Marx Laing, der &auml;u&szlig;ert: "Bef&auml;nde sich alle Welt in bequemen Umst&auml;nden, so w&auml;re die Welt bald entv&ouml;lkert." Laing ist also entgegengesetzter Anschauung wie Malthus, gute Lebenshaltung trage nicht zur Vermehrung, sondern zur Verminderung der Geburten bei. &Auml;hnlich &auml;u&szlig;ert sich Herbert Spencer, der sagt: "<I>Immer und &uuml;berall</I> sind Vervollkommnung und Fortpflanzungsf&auml;higkeit einander entgegengesetzt. Daraus folgt, da&szlig; die fernere Entwicklung, welcher die Menschheit entgegensieht,<I> wahrscheinlich eine Abnahme</I> ihrer Fortpflanzung zur Folge haben wird." Es ist hier also eine &Uuml;bereinstimmung von M&auml;nnern vorhanden, die sonst auf ganz verschiedenen Standpunkten stehen, und ihrer Auffassung schlie&szlig;en auch wir uns an.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_30_4">4. Mangel an Menschen und &Uuml;berflu&szlig; an Nahrungsmitteln</A></P>
</I><P>Man k&ouml;nnte die ganze Bev&ouml;lkerungsfrage kurzerhand damit abtun, da&szlig; man sagt, auf absehbare Zeit hat eine Bef&uuml;rchtung wegen &Uuml;berv&ouml;lkerung &uuml;berhaupt keinen Sinn, denn wir befinden uns einem &Uuml;berflu&szlig; von Nahrungsmitteln gegen&uuml;ber, der sogar mit jedem Jahr gr&ouml;&szlig;er zu werden droht, da&szlig; die Sorge: wohin mit diesem Reichtum, weit mehr am Platze ist als die Sorge, ob er langt. Den Lebensmittelproduzenten w&uuml;rde sogar eine raschere Vermehrung der Konsumenten <A NAME="S537"><B>|537|</A></B> das Erw&uuml;nschteste sein. Aber unsere Malthusianer sind im Erheben von Einw&uuml;rfen unerm&uuml;dlich, und so mu&szlig; man diesen Einw&uuml;rfen begegnen, um ihnen nicht die Ausrede zu lassen, man k&ouml;nne ihnen nicht antworten. </P>
<P>Sie behaupten, die Gefahr der &Uuml;berv&ouml;lkerung in nicht ferner Zeit liege in dem Gesetz des "abnehmenden Bodenertrags". Unser Kulturboden werde "ertragsm&uuml;de", steigende Ernten seien nicht mehr zu erwarten und da kulturf&auml;higer Boden, der noch bebaut werden k&ouml;nne, immer seltener werde, sei die Gefahr des Nahrungsmangels bei weiterer Vermehrung der Bev&ouml;lkerung eine unmittelbare. Es ist zwar schon in dieser Schrift in den Kapiteln &uuml;ber die landwirtschaftliche Bodenausnutzung wie wir glauben unwiderlegbar nachgewiesen, welche enormen Fortschritte noch die Menschheit selbst vom Standpunkt der gegenw&auml;rtigen Bodenbewirtschaftungslehre in bezug auf Gewinnung neuer Nahrungsmengen zu machen vermag, aber wir wollen weitere Beispiele daf&uuml;r anf&uuml;hren. Ein sehr t&uuml;chtiger Gro&szlig;grundbesitzer und ein anerkannter National&ouml;konom, also ein Mann, der in beiden Richtungen Malthus weit &uuml;berragt, &auml;u&szlig;erte schon 1850, also zu einer Zeit, als die Agrikulturchemie noch in den Windeln lag: "Die Produktivit&auml;t der Rohproduktion, namentlich<I> von Nahrungsstoff</I>, wird k&uuml;nftig nicht mehr hinter der Produktivit&auml;t in der Fabrikation und der Transportation zur&uuml;ckbleiben ... In unseren Tagen beginnt erst die Agrikulturchemie der Landwirtschaft Aussichten zu er&ouml;ffnen, die ohne Zweifel noch zu manchem Irrweg verleiten werden,<I> die aber schlie&szlig;lich die Sch&ouml;pfung des Nahrungsstoffes ebenso in die Gewalt der Gesellschaft legen d&uuml;rften, als es heute in ihrer Macht liegt, beliebige Tuchquantit&auml;ten zu liefern</I>, wenn nur die n&ouml;tigen Wollvorr&auml;te vorhanden sind."<A NAME="ZF4"><A HREF="beaa_528.htm#F4">(4)</A></A> </P>
<P>Justus v. Liebig, der Sch&ouml;pfer der Agrikulturchemie, ist der Ansicht, "da&szlig;, wenn menschliche Arbeit und Dungmittel in gen&uuml;gender Menge vorhanden sind, der Boden unersch&ouml;pflich ist und ununterbrochen die reichsten Ernten gibt". Das Gesetz des abnehmenden Bodenertrags ist eine Malthussche Schrulle, das zu seiner Zeit bei sehr unentwickeltem landwirtschaftlichen Kulturstand angenommen werden konnte, aber l&auml;ngst durch Wissenschaft und Erfahrung widerlegt ist. Gesetz ist vielmehr:<I> Der Ertrag eines Feldes steht in direktem Verh&auml;ltnis zu der auf dasselbe verwandten menschlichen Arbeit</I> (Wissen- <A NAME="S538"><B>|538|</A></B> schaft und Technik einbegriffen)<I> und den auf dasselbe zweckentsprechend verwendeten Dungstoff.</I> War es dem kleinb&auml;uerlichen Frankreich m&ouml;glich, in den letzten neunzig Jahren seinen Bodenertrag mehr als zu vervierfachen, w&auml;hrend die Bev&ouml;lkerung sich nicht einmal verdoppelte, so sind ganz andere Resultate von einer sozialistisch wirtschaftenden Gesellschaft zu erwarten. Unsere Malthusianer &uuml;bersehen ferner, da&szlig; bei den heutigen Verh&auml;ltnissen nicht nur unser Grund und Boden in Betracht kommt, sondern der Boden der ganzen Welt, das hei&szlig;t zu einem gro&szlig;en Teil L&auml;nder, deren Fruchtbarkeit das Zwanzig-, Drei&szlig;ig- und Mehrfache ergibt als unser Boden von gleichem Umfang. Die Erde ist zwar schon ziemlich stark von Menschen in Besitz genommen, aber<I> sie ist, mit Ausnahme eines kleinen Bruchteils, nirgends so angebaut und ausgenutzt, wie sie angebaut und ausgenutzt werden k&ouml;nnte</I>. Nicht allein k&ouml;nnte Gro&szlig;britannien eine gro&szlig;e Menge von Nahrungsmitteln mehr erzeugen als heute, auch Frankreich, Deutschland, &Ouml;sterreich und in noch weit h&ouml;herem Grads die &uuml;brigen L&auml;nder Europas. In dem kleinen W&uuml;rttemberg mit seinen 879.970 Hektar Getreideboden lie&szlig;e sich allein durch Anwendung des Dampfpfluges die durchschnittliche Erntemenge von 6.140.000 Zentner auf 9.000.000 Zentner Getreide erh&ouml;hen. </P>
<P>Das<I> europ&auml;ische</I> Ru&szlig;land, an dem Bev&ouml;lkerungsstand Deutschlands als Ma&szlig;stab gemessen, w&uuml;rde statt der zirka 100 Millionen, die es gegenw&auml;rtig z&auml;hlt, 475 Millionen ern&auml;hren k&ouml;nnen. Heute z&auml;hlt das europ&auml;ische Ru&szlig;land ungef&auml;hr 19,4 Einwohner auf den Quadratkilometer, Sachsen &uuml;ber 300. </P>
<P>Der Einwand, da&szlig; Ru&szlig;land weite Strecken Landes habe, die durch ihr Klima eine h&ouml;here Befruchtung unm&ouml;glich machten, trifft zwar zu, dagegen hat es namentlich im S&uuml;den ein Klima und eine Bodenfruchtbarkeit, die Deutschland nicht entfernt kennt. Weiter werden durch die Dichtigkeit der Bev&ouml;lkerung und die damit steigende Kultur des Bodens Ver&auml;nderungen im Klima herbeigef&uuml;hrt, die sich gegenw&auml;rtig gar nicht ermessen lassen. &Uuml;berall, wo in dichten Mengen der Mensch sich ansammelt, gehen auch klimatische Ver&auml;nderungen vor. Wir legen diesen Erscheinungen zu wenig Gewicht bei, auch verm&ouml;gen wir sie in ihrem ganzen Umfang nicht zu ermessen, weil wir keine Veranlassung und, wie die Dinge noch gegenw&auml;rtig liegen, auch nicht die M&ouml;glichkeit haben, Experimente im gro&szlig;en anzustellen. So w&uuml;rde das heute so sp&auml;rlich bev&ouml;lkerte Schweden und Norwegen mit seinen <A NAME="S539"><B>|539|</A></B> ungeheuren W&auml;ldern und seinem unersch&ouml;pflich zu nennenden Metallreichtum, seiner Menge Fl&uuml;sse, seinen Meeresk&uuml;sten eine reiche Quelle der Ern&auml;hrung f&uuml;r eine dichte Bev&ouml;lkerung abgeben. Die passenden Mittel und Einrichtungen, die den Reichtum dieser L&auml;nder erschlie&szlig;en, sind unter den gegebenen Verh&auml;ltnissen nicht zu beschaffen, und so wandert sogar ein Teil der sp&auml;rlichen Bev&ouml;lkerung aus. </P>
<P>Was vom Norden gesagt werden kann, gewinnt eine ungleich gr&ouml;&szlig;ere Bedeutung f&uuml;r den S&uuml;den Europas: f&uuml;r Portugal, Spanien, Italien, Griechenland, die Donaul&auml;nder, Ungarn, die T&uuml;rkei usw. Ein Klima von der gr&ouml;&szlig;ten Vortrefflichkeit, ein Boden, so &uuml;ppig und fruchtbar, wie er kaum in den besten Gegenden der Vereinigten Staaten vorhanden ist, gab einst ungez&auml;hlten Bev&ouml;lkerungsscharen die<I> reichlichste</I> Nahrung. Die faulen politischen und sozialen Zust&auml;nde jener L&auml;nder veranlassen, da&szlig; Hunderttausende aus Europa &uuml;ber den Ozean ziehen, statt in der Heimat zu bleiben oder sich in jenen viel n&auml;her und bequemer gelegenen L&auml;ndern niederzulassen. Sobald hier vern&uuml;nftige soziale und politische Einrichtungen vorhanden sind, werden neue Millionen Menschen n&ouml;tig sein, um jene weiten und fruchtbaren L&auml;nder auf eine h&ouml;here Kulturstufe zu heben. </P>
<P>Wir haben auf lange Zeit hinaus in Europa, um<I> wesentlich</I> h&ouml;here Kulturzwecke erreichen zu k&ouml;nnen, nicht &Uuml;berflu&szlig; an Menschen, sondern eher<I> Mangel</I> daran, und es ist unter solchen Umst&auml;nden absurd, sich wegen &Uuml;berv&ouml;lkerung irgendeiner Bef&uuml;rchtung hinzugeben.<A NAME="ZF5"><A HREF="beaa_528.htm#F5">(5)</A></A> Dabei mu&szlig; immer im Auge behalten werden, da&szlig; die Ausnutzung der vorhandenen Nahrungsquellen, durch die Anwendung von Wissenschaft und Arbeit,<I> gar keine Grenzen kennt und jeder Tag uns neue Entdeckungen und Erfindungen bringt, welche die Quellen f&uuml;r die Nahrungsgewinnung vermehren</I>. Gehen wir von Europa nach den anderen Erdteilen, so stellt sich<I> noch in viel h&ouml;herem Grade Menschenmangel und Boden&uuml;berflu&szlig; heraus</I>. Die &uuml;ppigsten und fruchtbarsten L&auml;nder der Erde liegen noch <A NAME="S540"><B>|540|</A></B> vollst&auml;ndig oder fast vollst&auml;ndig unbenutzt, weil ihre Urbarmachung und Ausbeutung nicht mit einigen tausend Menschen in Angriff genommen werden kann, sondern <I>Massenkolonisationen von vielen Millionen erfordert, um der &uuml;ber&uuml;ppigen Natur nur einigerma&szlig;en Herr werden zu k&ouml;nnen</I>. Dazu geh&ouml;ren unter anderen Zentral- und S&uuml;damerika, ein Terrain von Hunderttausenden von Quadratmeilen. Argentinien hatte zum Beispiel 1892 erst rund 5 Millionen Hektar kultiviert, das Land hat aber 96 Millionen Hektar fruchtbaren Bodens zur Verf&uuml;gung. Der f&uuml;r Weizenbau geeignete Boden S&uuml;damerikas, der noch brachliegt, wird auf mindestens 200 Millionen Hektar gesch&auml;tzt, die Vereinigten Staaten, &Ouml;sterreich-Ungarn, Gro&szlig;britannien und Irland, Deutschland und Frankreich zusammengenommen haben aber f&uuml;r Halmfr&uuml;chte nur ungef&auml;hr 105 Millionen Hektar in Anbau. Carey behauptete vor vier Jahrzehnten, da&szlig; allein das 560 Meilen lange Orinokotal Nahrungsmittel in solcher Menge zu liefern verm&ouml;ge, <I>da&szlig; die ganze Menschheit davon erhalten werden k&ouml;nnte</I>. Nehmen wir nur die H&auml;lfte an, so ist das &uuml;berreichlich. Jedenfalls k&ouml;nnte allein S&uuml;damerika das Mehrfache der Menschenzahl, die gegenw&auml;rtig auf der Erde wohnt, ern&auml;hren. Der N&auml;hrwert eines mit Bananenb&auml;umen bepflanzten Terrains und eines gleich gro&szlig;en, auf dem Weizen gebaut wird, stellt sich wie 133 zu 1. W&auml;hrend unser Weizen in g&uuml;nstigem Boden zw&ouml;lf- bis zwanzigf&auml;ltige Frucht tr&auml;gt, gibt der Reis in seiner Heimat das 80 bis 100fache, der Mais das 250 bis 300fache seiner Saat, und von manchen Gegenden, wie zum Beispiel von den Philippinen, wird die Ertragsf&auml;higkeit des Reises auf das 400fache gesch&auml;tzt. Es handelte sich auch bei all diesen Nahrungsmitteln darum, sie durch die Zubereitung m&ouml;glichst nahrhaft zu machen. In den Ern&auml;hrungsfragen hat die Chemie ein unersch&ouml;pfliches Feld der Entwicklung vor sich. </P>
<P>Zentral- und S&uuml;damerika, insbesondere Brasilien, das allein nahezu so gro&szlig; wie ganz Europa ist - Brasilien hat 8.524.000 Quadratkilometer mit etwa 22 Millionen Einwohnern gegen Europa mit 9.897.010 Quadratkilometern mit ungef&auml;hr 430 Millionen Einwohnern -, strotzen von einer &Uuml;ppigkeit und Fruchtbarkeit, die das Staunen und die Bewunderung aller Reisenden erregt, auch sind diese L&auml;nder an Erzen und Metallen unersch&ouml;pflich reich. Aber f&uuml;r die Welt sind sie fast noch unerschlossen, weil ihre Bev&ouml;lkerung indolent ist und an Zahl zu gering und an Kultur zu niedrig steht, um der gewaltigen Natur Herr <A NAME="S541"><B>|541|</A></B> zu werden. Wie es in Afrika aussieht, dar&uuml;ber haben uns die Entdeckungen der letzten Jahrzehnte belehrt. Wird auch ein gro&szlig;er Teil Innerafrikas f&uuml;r europ&auml;ische Bodenkultur nie verwendbar sein, so sind andere Territorien von gro&szlig;em Umfang in sehr hohem Grade ausnutzbar, sobald nur vern&uuml;nftige Kolonisationsprinzipien zur Anwendung kommen. Andererseits gibt es in Asien noch weite, fruchtbare L&auml;nder, die ungez&auml;hlte Millionen ern&auml;hren k&ouml;nnen. Die Vergangenheit hat uns gezeigt, wie dort in gegenw&auml;rtig unfruchtbaren, fast w&uuml;sten Gegenden das milde Klima reichste Nahrung dem Boden entlockt, wenn der Mensch es versteht, ihm das segenspendende Wasser zuzuf&uuml;hren. Mit der Vernichtung der gro&szlig;artigen Wasserleitungen und Bew&auml;sserungsanlagen in Vorderasien, den L&auml;ndern des Tigris und Euphrat usw., in w&uuml;sten Eroberungskriegen und durch wahnsinnige Bedr&uuml;ckung der Bev&ouml;lkerung verwandelten sich L&auml;nder von Tausenden von Quadratmeilen in w&uuml;sten Sandboden.<A NAME="ZF6"><A HREF="beaa_528.htm#F6">(6)</A></A> So wie in Asien auch in Nordafrika, Mexiko, Peru. Schafft zivilisierte Menschen millionenweise herbei und unersch&ouml;pfliche Nahrungsquellen werden erschlossen. Die Dattelpalme gedeiht in Asien und Afrika in kaum glaublicher F&uuml;lle und braucht dabei so wenig Platz, da&szlig; 200 Dattelb&auml;ume einen Morgen Landes bedecken. Die Durrha tr&auml;gt in &Auml;gypten mehr als 3.000f&auml;ltige Frucht, und doch ist das Land arm. Nicht infolge des &Uuml;berflusses an Menschen, sondern infolge eines Raubsystems, das es fertigbrachte, da&szlig; von Jahrzehnt zu Jahrzehnt die W&uuml;ste sich immer weiter ausdehnte. Welche gro&szlig;artigen Resultate mitteleurop&auml;ischer Acker- und Gartenbau in allen diesen L&auml;ndern erzielte, entzieht sich jeder Berechnung. </P>
<P>Die<I> Vereinigten Staaten</I> Nordamerikas k&ouml;nnen, nach dem<I> heutigen</I> Stande der Ackerbauproduktion gemessen,<I> bequem</I> das F&uuml;nfzehn- bis Zwanzigfache ihrer gegenw&auml;rtigen Bev&ouml;lkerung (85 Millionen), also 1.250 bis 1.700 Millionen, ern&auml;hren;<I> Kanada</I> k&ouml;nnte in demselben Verh&auml;ltnis statt 6 Millionen mehreren hundert Millionen Nahrung geben. Ferner haben wir Australien, die zahlreichen, zum Teil gro&szlig;en und au&szlig;erordentlich fruchtbaren Inseln des Gro&szlig;en und Indischen <A NAME="S542"><B>|542|</A></B> Ozeans usw. Die<I> Menschen vermehren</I>, aber nicht zu vermindern, ist der Ruf, der im Namen der Kultur an die Menschheit ergeht.</P>
<P>&Uuml;berall sind es die sozialen Einrichtungen - die bestehende<I> Erzeugungs- </I>und<I> Verteilungsweise</I> der Produkte -, die Mangel und Elend hervorrufen, und<I> nicht die &Uuml;berzahl</I> der Menschen. Einige reichliche Ernten<I> hintereinander</I> dr&uuml;cken so die Preise der Nahrungsmittel, da&szlig; mancher Bodenbebauer daran zugrunde geht. Statt die Erzeuger in bessere Lage zu setzen, kommen sie in eine schlechtere. Ein gro&szlig;er Teil der Landwirte<I> sieht eine gute Ernte heute als ein Ungl&uuml;ck an</I>, weil sie die Preise dr&uuml;ckt. Und das sollen vern&uuml;nftige Zust&auml;nde sein? Um den Erntereichtum anderer L&auml;nder uns fernzuhalten, werden hohe Getreidez&ouml;lle eingef&uuml;hrt, damit die Einfuhr des ausl&auml;ndischen Getreides erschwert wird und das inl&auml;ndische im Preise steigt.<I> Wir haben nicht Mangel, sondern &Uuml;berflu&szlig; an Nahrungsmitteln, wie wir &Uuml;berflu&szlig; an Industrieprodukten haben.</I> Wie Millionen Menschen Bed&uuml;rfnisse f&uuml;r Industrieerzeugnisse aller Art besitzen, aber sie unter den bestehenden Eigentums- und Erwerbsverh&auml;ltnissen nicht befriedigen k&ouml;nnen, so haben Millionen an den notwendigsten Lebensmitteln Mangel, weil sie daf&uuml;r die Preise nicht bezahlen k&ouml;nnen, obgleich die Lebensmittel im &Uuml;berflu&szlig; vorhanden sind. Der Wahnsinn solcher Zust&auml;nde liegt auf der Hand. Bei einer reichlichen Ernte lassen unsere Kornspekulanten oft absichtlich die Frucht zugrunde gehen, weil sie wissen, da&szlig; der Preis sich progressiv steigert, wie die Frucht mangelt, und da sollen wir &Uuml;berv&ouml;lkerung furchten. In Ru&szlig;land, S&uuml;deuropa und vielen andern L&auml;ndern der Welt verfallen j&auml;hrlich<I> Hunderttausende</I> Zentner von Getreide der Vernichtung, weil es an passenden Lagerr&auml;umen und geeigneten Transportmitteln fehlt. Viele Millionen Zentner von Nahrungsmitteln werden j&auml;hrlich verschleudert, weil die Erntevorrichtungen unvollkommen sind oder es im entscheidenden Augenblick an H&auml;nden f&uuml;r die Ernte fehlt. Gar mancher Kornfeim, manche gef&uuml;llte Scheune und ganze Wirtschaften werden niedergebrannt, weil die Versicherungspr&auml;mie den Gewinn erh&ouml;ht; man vernichtet aus demselben Grunde Lebensmittel, aus dem man Schiffe mit Mann und Maus ins Meer versinken l&auml;&szlig;t.<A NAME="ZF7"><A HREF="beaa_528.htm#F7">(7)</A></A> Bei unseren milit&auml;rischen <A NAME="S543"><B>|543|</A></B> &Uuml;bungen werden j&auml;hrlich bedeutende Ernteertr&auml;ge ruiniert - die Kosten eines nur wenige Tage dauernden Man&ouml;vers belaufen sich auf Hunderttausende, und die Absch&auml;tzung f&auml;llt bekanntlich sehr m&auml;&szlig;ig aus -, und solche Man&ouml;ver gibt es jedes Jahr eine gr&ouml;&szlig;ere Anzahl. F&uuml;r die gleichen Zwecke sind ganze D&ouml;rfer rasiert worden und werden gro&szlig;e Fl&auml;chen aller Kultur entzogen. </P>
<P>Man vergesse auch nicht, da&szlig; zu all den erw&auml;hnten Hilfsquellen das Meer kommt, dessen Wasserfl&auml;che sich zur Erdfl&auml;che wie 18 zu 7 verh&auml;lt, also zweiundeinhalbmal so gro&szlig; ist, und rationeller Ausbeutung seines enormen Nahrungsreichtums noch harrt. Es er&ouml;ffnet sich uns also f&uuml;r die Zukunft ein Bild, das sehr verschieden ist von dem d&uuml;steren Gem&auml;lde, das unsere Malthusianer uns malen. </P>
<P>Wer kann &uuml;berhaupt sagen, wo f&uuml;r unsere chemischen, physikalischen, physiologischen Kenntnisse die Grenze zu ziehen ist? Wer will wagen, vorauszusagen, welche Riesenunternehmungen die Menschheit sp&auml;terer Jahrhunderte ausf&uuml;hren wird, um wesentliche Ver&auml;nderungen in den klimatischen Verh&auml;ltnissen der L&auml;nder und ihrer Bodenausnutzung zu erzielen? </P>
<P>Wir sehen bereits heute in der kapitalistischen Form der Gesellschaft Unternehmungen ausf&uuml;hren, die vor einem Jahrhundert als unm&ouml;glich und wahnsinnig galten. Breite Landengen werden durchstochen und Meere verbunden. Meilenlange Tunnel, in die Eingeweide der Berge gew&uuml;hlt, verbinden durch die h&ouml;chsten Berge getrennte L&auml;nder; andere werden unter dem Meeresboden gebrochen, um Entfernungen abzuk&uuml;rzen, St&ouml;rungen und Gefahren zu vermeiden, welche f&uuml;r die durch das Meer getrennten L&auml;nder sich ergeben. Wo gibt es also einen Punkt, bei dem jemand sagen k&ouml;nnte: "Bis hierher und nicht weiter!" Nicht allein ist auf Grund unserer heutigen Erfahrung das "Gesetz des abnehmenden Bodenertrags" zu verneinen, es gibt au&szlig;erdem kulturf&auml;higen Boden im &Uuml;berflu&szlig;, um von Tausenden Millionen Menschen erst angebaut zu werden.</P>
<B><P><A NAME="S544">|544|</A></B> Sollten alle diese Kulturaufgaben zugleich angegriffen werden,<I> so h&auml;tten wir nicht zu viel, sondern zu wenig Menschen</I>. Die Menschheit mu&szlig; sich noch stark vermehren, um all den Aufgaben, die ihrer harren, gerecht zu werden. Weder ist der bebaute Boden ausgenutzt, wie er ausgenutzt werden k&ouml;nnte,<I> noch sind f&uuml;r fast drei Viertel der Erdoberfl&auml;che die Menschen vorhanden, um sie bebauen zu k&ouml;nnen</I>. Die relative &Uuml;berv&ouml;lkerung, die heute fortgesetzt das kapitalistische System zum Schaden des Arbeiters und der Gesellschaft erzeugt,<I> wird sich auf h&ouml;herer Kulturstufe als eine Wohltat erweisen</I>. Eine m&ouml;glichst zahlreiche Bev&ouml;lkerung ist nicht ein Hindernis, sondern ein Mittel des Kulturfortschritts, und zwar genauso, wie die vorhandene &Uuml;berproduktion an Waren und Lebensmitteln, die Zerst&ouml;rung der Ehe durch Verwendung der Frauen und Kinder in der modernen Industrie, die Expropriation der Mittelschichten durch das Gro&szlig;kapital die Vorbedingungen f&uuml;r eine h&ouml;here Kulturstufe sind.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_30_5">5. Soziale Verh&auml;ltnisse und Vermehrungsf&auml;higkeit</A></P>
</I><P>Die andere Seite der Frage lautet: Vermehren sich die Menschen in beliebiger Zahl, und<I> haben sie das Bed&uuml;rfnis dazu</I>? </P>
<P>Um die gro&szlig;e Vermehrungsf&auml;higkeit der Menschen zu beweisen, lieben es die Malthusianer, sich auf abnorme F&auml;lle einzelner Familien und V&ouml;lkerschaften zu st&uuml;tzen. Damit ist aber nichts bewiesen. Diesen F&auml;llen gegen&uuml;ber gibt es andere, in denen trotz g&uuml;nstiger Lebensbedingungen sich nach kurzer Zeit vollkommene Sterilit&auml;t oder nur sehr geringe Vermehrungsf&auml;higkeit herausstellte. Es ist &uuml;berraschend, wie schnell oft gutsituierte Familien aussterben. Obgleich die Vereinigten Staaten wie kein anderes Land g&uuml;nstige Bedingungen f&uuml;r die Bev&ouml;lkerungsvermehrung enthalten und allj&auml;hrlich Hunderttausende im kr&auml;ftigsten Lebensalter einwandern, verdoppelt sich ihre Bev&ouml;lkerung erst in drei&szlig;ig Jahren. Von der behaupteten zw&ouml;lf- oder zwanzigj&auml;hrigen Verdoppelungsperiode sind nirgends Beweise in gr&ouml;&szlig;erem Ma&szlig;stab vorhanden. </P>
<P>Wie schon durch die Zitate von Virchow und Marx angedeutet wurde, vermehrt sich die Bev&ouml;lkerung dort am raschesten,<I> wo sie am &auml;rmsten ist</I>, weil, wie Virchow mit Recht ausf&uuml;hrt, neben dem Trunke der Geschlechtsgenu&szlig; ihr einziges Vergn&uuml;gen ist. Als Gregor VII. der <A NAME="S545"><B>|545|</A></B> Geistlichkeit das Z&ouml;libat aufzwang, klagten, wie wir anf&uuml;hrten, die niederen Geistlichen der Di&ouml;zese Mainz, sie h&auml;tten nicht, wie die Pr&auml;laten, alle m&ouml;glichen Gen&uuml;sse, ihre <I>einzige </I>Freude sei das Weib. Mangel an vielseitigerer Besch&auml;ftigung ist vielleicht auch die Ursache, da&szlig; durchschnittlich die Ehen der Landgeistlichen mit Kindern so gesegnete sind. Unbestreitbar ist ferner, da&szlig; unsere &auml;rmsten Distrikte in Deutschland, das schlesische Eulengebirge, die Lausitz, das Erz- und Fichtelgebirge, der Th&uuml;ringer Wald, der Harz usw., die Sitze der dichtesten Bev&ouml;lkerung sind, deren Hauptnahrung die Kartoffel bildet. Weiter steht fest, da&szlig; bei Schwinds&uuml;chtigen der Geschlechtstrieb besonders stark entwickelt ist und diese oft noch in einem Stadium der Kr&auml;fteabnahme Kinder zeugen, in welchem man es nicht mehr f&uuml;r m&ouml;glich halten sollte. </P>
<P>Es ist ein Gesetz der Natur, das auch in den von Herbert Spencer und Laing zizierten Ausspr&uuml;chen sich ausgedr&uuml;ckt findet, an Quantit&auml;t zu ersetzen, was an Qualit&auml;t verlorengeht. Die h&ouml;chststehenden und st&auml;rksten Tiere: L&ouml;we, Elefant, Kamel usw., unsere Haustiere, wie Pferd, Esel, Kuh, bringen sehr wenig Junge zur Welt, wohingegen die niedriger organisierten Tiere im umgekehrten Verh&auml;ltnis sich vermehren, zum Beispiel alle Insektenarten, die meisten Fische usw., die kleineren S&auml;ugetiere, wie Hasen, Ratten, M&auml;use usw. Andererseits stellte Darwin fest, da&szlig; gewisse Tiere, sobald sie aus der Wildnis unter die Zucht des Menschen kommen und gez&auml;hmt werden, ihre Fruchtbarkeit einb&uuml;&szlig;en, zum Beispiel der Elefant. Damit ist erwiesen, <I>da&szlig; ver&auml;nderte Lebensbedingungen und daraus folgende ver&auml;nderte Lebensweise das Entscheidende f&uuml;r die mehr oder weniger gro&szlig;e Vermehrungsf&auml;higkeit ist</I>. </P>
<P>Nun sind es aber gerade die Darwinianer, welche die &Uuml;berv&ouml;lkerungsfurcht teilen, auf die sich unsere modernen Malthusianer als Autorit&auml;ten st&uuml;tzen. Unsere Darwinianer haben &uuml;berall eine ungl&uuml;ckliche Hand, sobald sie ihre Theorien auf den Menschen anwenden, weil sie hierbei roh empirisch verfahren und nicht ber&uuml;cksichtigen, da&szlig; zwar der Mensch das h&ouml;chst organisierte Tier ist, aber im Gegensatz zu den Tieren die Naturgesetze erkennt und sie zweckbewu&szlig;t zu lenken und zu ben&uuml;tzen vermag. Die Theorie vom Kampfe ums Dasein, die Lehre, da&szlig; die Keime f&uuml;r neue Existenzen in weit h&ouml;herem Grade vorhanden sind, als auf Grund der vorhandenen Existenzmittel lebensf&auml;hig erhalten werden k&ouml;nnen, <A NAME="S546"><B>|546|</A></B> w&auml;re auch f&uuml;r die Menschen zutreffend, wenn diese, statt ihr Gehirn anzustrengen und die Technik zu Hilfe zu nehmen, um Luft, Grund und Boden und Wasser zweckbewu&szlig;t auzun&uuml;tzen, wie Viehherden grasten oder wie Affen ungez&uuml;gelt der Befriedigung ihres Geschlechtstriebs obl&auml;gen, also selbst zu Affen w&uuml;rden. Beil&auml;ufig bemerkt, liegt in der Tatsache, da&szlig; au&szlig;er bei den Menschen nur noch bei den Affen der Geschlechtstrieb nicht an gewisse Zeiten gebunden ist, ein schlagender Beweis f&uuml;r die Verwandtschaft der beiden. Aber wenn sie nahe verwandt sind, so sind sie nicht gleich; man kann sie nicht auf eine Stufe stellen und mit gleichem Ma&szlig;e messen. </P>
<P>Da&szlig; unter den bisherigen Eigentums- und Produktionsverh&auml;ltnissen der Kampf ums Dasein auch f&uuml;r den einzelnen Menschen bestand und besteht und viele die notwendigen Lebensbedingungen nicht finden, ist richtig. Aber nicht weil sie mangelten, fanden sie die Existenzmittel nicht, sondern weil sie durch die sozialen Verh&auml;ltnisse, mitten im gr&ouml;&szlig;ten &Uuml;berflu&szlig;, ihnen vorenthalten wurden. Und falsch ist ferner, daraus abzuleiten, da&szlig;, weil dies bisher so war, dieses unab&auml;nderlich sei und ewig so bleiben m&uuml;sse. Hier ist der Punkt, wo die Darwinianer auf die schiefe Ebene geraten, sie studieren wohl Naturgeschichte und Anthropologie, aber keine Soziologie, sondern leisten gedankenlos unseren b&uuml;rgerlichen Ideologen Heeresfolge. So kommen sie zu ihren Trugschl&uuml;ssen. </P>
<P>Der Geschlechtstrieb ist bei dem Menschen perennierend, er ist sein st&auml;rkster Trieb, der Befriedigung verlangt, soll seine Gesundheit nicht leiden. Auch ist dieser Trieb in der Regel um so st&auml;rker, je ges&uuml;nder und normaler entwickelt der Mensch ist, gleichwie ein guter Appetit und eine gute Verdauung einen gesunden Magen anzeigen und die Grundbedingungen f&uuml;r einen gesunden K&ouml;rper sind. Aber Befriedigung des Geschlechtstriebs und Empf&auml;ngnis sind nicht dasselbe. &Uuml;ber die Fruchtbarkeit des Menschengeschlechts sind die verschiedensten Theorien aufgestellt worden. Im ganzen tappen wir in diesen hochwichtigen Fragen noch im dunkeln, und zwar haupts&auml;chlich, weil viele Jahrhunderte lang die unsinnigste Scheu bestand, sich mit den Gesetzen der Entstehung und Entwicklung des Menschen zu besch&auml;ftigen, die Gesetze der Zeugung und Entwicklung gr&uuml;ndlich zu studieren. Das wird erst allm&auml;hlich anders und mu&szlig; noch viel anders werden. </P>
<P>Von der einen Seite wird die Theorie auf gestellt, da&szlig; h&ouml;here geistige Entwicklung und starke geistige Besch&auml;ftigung, &uuml;berhaupt h&ouml;here <A NAME="S547"><B>|547|</A></B> Nervent&auml;tigkeit, auf den Geschlechtstrieb reprimierend einwirke und die Zeugungsf&auml;higkeit abschw&auml;che. Von der anderen wird das bestritten. Man weist auf die Tatsache hin, da&szlig; die besser situierten Klassen durchschnittlich weniger Kinder bes&auml;&szlig;en und dies nicht blo&szlig; Pr&auml;ventivma&szlig;regeln zuzuschreiben sei. Sicher wirkt stark anstrengende geistige Besch&auml;ftigung auf den Geschlechtstrieb reprimierend, aber da&szlig; diese Besch&auml;ftigung von der Mehrheit unserer besitzenden Klasse ge&uuml;bt wird, darf man bestreiten. Andererseits wirkt ein &Uuml;berma&szlig; physischer Anstrengung ebenfalls reprimierend. Aber jedes &Uuml;berma&szlig; von Anstrengung ist sch&auml;dlich und aus diesem Grunde zu verwerfen. </P>
<P>Andere behaupten, die Lebensweise, insbesondere die Nahrung, bestimme, neben gewissen physischen Zust&auml;nden auf seiten der Frau, die Zeugungsf&auml;higkeit und Empf&auml;nglichkeit. Entsprechende Nahrung beeinflusse, wie auch bei Tieren sich zeige, mehr als alles andere die Wirkung des Zeugungsaktes. Hier d&uuml;rfte in der Tat die Entscheidung liegen. Welchen Einflu&szlig; die Art der Ern&auml;hrung auf den Organismus gewisser Tiere aus&uuml;bt, ist in &uuml;berraschender Weise bei den Bienen konstatiert worden, die durch Darreichung einer besonderen Nahrung sich beliebig eine K&ouml;nigin z&uuml;chten. Die Bienen sind also in der Kenntnis ihrer Geschlechtsentwicklung weiter als die Menschen. Vermutlich hat man ihnen nicht ein paar tausend Jahre lang gepredigt, da&szlig; es "unanst&auml;ndig" und "unsittlich" sei, sich um geschlechtliche Dinge zu bek&uuml;mmern. </P>
<P>Bekannt ist ferner, da&szlig; Pflanzen, in gutem Boden und fett ged&uuml;ngt, wohl &uuml;ppig gedeihen, aber keinen Samen ergeben. Da&szlig; auch beim Menschen die Art der Nahrung auf die Zusammensetzung des m&auml;nnlichen Samens wie auf die Befruchtungsf&auml;higkeit des weiblichen Eies einwirkt, kann kaum einem Zweifel unterliegen, und so d&uuml;rfte wohl in hohem Grade von der Art der Ern&auml;hrung die Vermehrungsf&auml;higkeit der Bev&ouml;lkerung abh&auml;ngen. Andere Faktoren, die in ihrer Natur noch wenig bekannt sind, spielen ebenfalls eine Rolle. In der Bev&ouml;lkerungsfrage ist in Zukunft eins von ausschlaggebender Bedeutung. Das ist die h&ouml;here, freiere Stellung, die alsdann unsere Frauen ohne Ausnahme einnehmen. Intelligente und energische Frauen haben - von Ausnahmen abgesehen - in der Regel keine Neigung, einer gr&ouml;&szlig;eren Anzahl Kinder, als einer "Schickung Gottes", das Leben zu geben und die besten Lebensjahre im Schwangerschaftszustande oder mit dem Kinde an der Brust zu verbringen. Diese Ab- <A NAME="S548"><B>|548|</A></B> neigung gegen zahlreiche Kinder, welche sogar schon gegenw&auml;rtig die meisten Frauen hegen, d&uuml;rfte sich ungeachtet aller Vorsorge, die eine sozialistische Gesellschaft den Schwangeren und M&uuml;ttern widmet, eher verst&auml;rken als vermindern und liegt hierin unseres Erachtens die gro&szlig;e Wahrscheinlichkeit, da&szlig; in der sozialistischen Gesellschaft die Bev&ouml;lkerungsvermehrung langsamer als in der b&uuml;rgerlichen vor sich gehen wird. </P>
<P>Unsere Malthusianer haben wahrlich keinen Grund, sich wegen der Vermehrung der Menschheit in Zukunft die K&ouml;pfe zu zerbrechen. Bis jetzt sind V&ouml;lker wohl durch R&uuml;ckgang ihrer Kopfzahl zugrunde gegangen, aber niemals durch ihre &Uuml;berzahl. Schlie&szlig;lich vollzieht sich die Regulierung der Volkszahl in einer naturgem&auml;&szlig; lebenden Gesellschaft ohne sch&auml;dliche Enthaltsamkeit und ohne widernat&uuml;rlichen Pr&auml;ventivverkehr. Karl Marx wird auch hier f&uuml;r die Zukunft recht behalten; seine Auffassung, jede &ouml;konomische Entwicklungsperiode habe ihr besonderes Bev&ouml;lkerungsgesetz, wird sich auch unter der Herrschaft des Sozialismus bewahrheiten. </P>
<P>In einer Schrift: "Die k&uuml;nstliche Beschr&auml;nkung der Kinderzahl" vertritt H. Ferdy die Auffassung: Die Sozialdemokratie bezwecke durch ihre Opposition gegen den Malthusianismus ein Schelmenst&uuml;ck. Die rasche Volksvermehrung beg&uuml;nstige die Massenproletarisierung, und diese f&ouml;rdere die Unzufriedenheit. Gel&auml;nge es, der &Uuml;berv&ouml;lkerung Herr zu werden, dann sei es mit der Ausbreitung der Sozialdemokratie zu Ende und ihr sozialdemokratischer Staat sei mit all seiner Herrlichkeit f&uuml;r immer begraben. Hier haben wir zu den vielen anderen ein neues Mittel, mit dem man die Sozialdemokratie t&ouml;tet, den Malthusianismus.<A NAME="ZF8"><A HREF="beaa_528.htm#F8">(8)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S449">|449|</A></B> Unter denjenigen, die an der Furcht vor &Uuml;berv&ouml;lkerung leiden, und deshalb Einschr&auml;nkung der Eheschlie&szlig;ungs- und der Niederlassungsfreiheit namentlich f&uuml;r die Arbeiter fordern, befindet sich auch Professor Dr. Adolf Wagner. Er klagt, die Arbeiter heirateten im Vergleich zur Mittelklasse zu fr&uuml;h. Er wie andere mit den gleichen Ansichten &uuml;bersehen nur, da&szlig; die m&auml;nnlichen Angeh&ouml;rigen der Mittelklasse erst im h&ouml;heren Alter zu einer Lebensstellung gelangen, die ihnen eine standesgem&auml;&szlig;e Ehe zu schlie&szlig;en erm&ouml;glicht. F&uuml;r diese Entsagung halten sie sich aber bei der Prostitution schadlos. Erschwert man auch den Arbeitern die Ehe, so verweist man sie auf denselben Weg. Man klage dann aber auch nicht &uuml;ber die Konsequenzen und schreie nicht &uuml;ber "den Verfall von Sitte und Moral". Auch emp&ouml;re man sich nicht, wenn M&auml;nner und Frauen, da letztere die gleichen Triebe haben wie die M&auml;nner, in illegitimen Verbindungen leben, um ihren Naturtrieb zu befriedigen und Scharen unehelicher Kinder "als Ges&auml;te" Stadt und Land bev&ouml;lkern. Die Ansichten der Wagner und Genossen widersprechen aber auch den Interessen der Bourgeoisie und unserer wirtschaftlichen Entwicklung, die m&ouml;glichst zahlreiche H&auml;nde n&ouml;tig hat, um Arbeitskr&auml;fte zu besitzen, die sie auf dem Weltmarkt konkurrenzf&auml;hig machen. Mit kleinlichen, der kurzsichtigsten Philisterei und R&uuml;ckw&auml;rtserei entsprungenen Vorschl&auml;gen heilt man nicht die &Uuml;bel der Zeit. Keine Klasse, keine Staatsgewalt ist am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mehr stark genug, die nat&uuml;rliche Entwicklung der Gesellschaft zur&uuml;ckhalten oder eind&auml;mmen zu k&ouml;nnen. Jeder Versuch endet mit einem Mi&szlig;erfolg. Der Strom der Entwicklung ist so stark, da&szlig; er jedes Hindernis &uuml;berrennt. Nicht r&uuml;ckw&auml;rts, sondern vorw&auml;rts hei&szlig;t die Losung, und ein Geprellter ist, wer noch an Hemmungen glaubt.<I> Die Menschheit wird in der sozialistischen Gesellschaft, in der sie erst wirklich frei und auf ihre nat&uuml;rliche Basis gestellt ist, ihre Entwicklung mit Bewu&szlig;tsein lenken. In allen bisherigen Epochen handelte sie in bezug auf Produktion und Verteilung wie auf Bev&ouml;lkerungsvermehrung ohne Kenntnis ihrer Gesetze, also unbewu&szlig;t; in der neuen Gesellschaft wird sie mit Kenntnis der Gesetze ihrer eigenen Entwicklung bewu&szlig;t und planm&auml;&szlig;ig handeln. Der Sozialismus ist die auf allen Gebieten menschlicher T&auml;tigkeit angewandte Wissenschaft.</P>
</I><P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von August Bebel</P>
<P><A NAME="F1">(1)</A> Da&szlig; Darwin und andere ebenfalls zu Nachbetern Malthus' wurden, zeigt nur, wie der Mangel &ouml;konomischer Studien zu den einseitigsten Anschauungen auf naturwissenschaftlichem Gebiet f&uuml;hrt. <A HREF="beaa_528.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">(2)</A> Ferdinand Freiligrath singt in dem ersch&uuml;tternden Gedicht "Irland": </P><DIR>
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<P>So sorgt der Herr, da&szlig; Hirsch und Ochs, <BR>
Das hei&szlig;t: da&szlig; ihn sein Bauer m&auml;ste, <BR>
Statt auszutrocknen seine Bogs - <BR>
Ihr kennt sie ja: Irlands Mor&auml;ste! <BR>
Er l&auml;&szlig;t den Boden nutzlos ruhn, <BR>
Drauf Halm an Halm sich wiegen k&ouml;nnte; <BR>
Er l&auml;&szlig;t ihn schn&ouml;d dem Wasserhuhn, <BR>
Dem Kibitz und der wilden Ente. <BR>
Ja doch, bei Gottes Fluche: - Sumpf <BR>
Und Wildnis vier Millionen Acker!<A HREF="beaa_528.htm#ZF2">&lt;=</A></P></DIR>
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<P><A NAME="F3">(3)</A> "<I>Zwei Millionen Acres, welche einige der fruchtbarsten</I> L&auml;ndereien Schottlands einbegreifen, sind ganz und gar<I> w&uuml;st</I> gelegt. Das nat&uuml;rliche Gras von Glen Tilt z&auml;hlte zu den nahrhaftesten der Grafschaft Perth; der deer forest (Wildpark) von Ben Aulder war der beste Grasgrund im weiten Distrikt von Badenoch; ein Teil des Black Mount forest war das vorz&uuml;glichste schottische Weideland f&uuml;r schwarzgesichtige Schafe. Von der Ausdehnung des f&uuml;r<I> Jagdliebhaberei</I> w&uuml;stgelegten Grund und Bodens mag man sich eine Vorstellung bilden aus der Tatsache, da&szlig; er einen viel gr&ouml;&szlig;eren Fl&auml;chenraum umfa&szlig;t als die ganze Grafschaft Perth. Den Verlust des Landes an Produktionsquellen infolge dieser gewaltsamen Ver&ouml;dung mag man daraus sch&auml;tzen, da&szlig; der Boden des forest von Ben Aulder 15.000 Schafe n&auml;hren k&ouml;nnte und da&szlig; er nur <FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">30</FONT><I> des gesamten Jagdreviers von Schottland</I> betr&auml;gt ... All dies Jagdland ist durchaus unproduktiv ... es h&auml;tte ebensowohl in den Fluten der Nordsee versenkt werden k&ouml;nnen." Der Londoner "Economist", 2. Juni 1866, zitiert bei Karl Marx, Das Kapital, 1. Baud, 2. Auflage. (Hervorhebungen von August Bebel.) <A HREF="beaa_528.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F4">(4)</A> Rodbertus, Zur Beleuchtung der sozialen Frage. 1850. <A HREF="beaa_528.htm#ZF4">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F5">(5)</A> Das gilt insbesondere auch von Deutschland. Trotz der st&auml;ndigen Steigerung der Bev&ouml;lkerung ist die Auswanderung ebenso st&auml;ndig gesunken - sie betrug zum Beispiel 1891 120.089 K&ouml;pfe, 1907 nur noch 31.696 K&ouml;pfe. Umgekehrt ist die Einwanderung gestiegen, weil es in verschiedenen Industriezweigen an einheimischen Arbeitern fehlt. Deren Kopfzahl betrug zum Beispiel 1900 757.151, im Jahre 1905 1.007.149. <A HREF="beaa_528.htm#ZF5">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F6">(6)</A> K&auml;rger sch&auml;tzt den Ertrag in Anatolien selbst bei Mi&szlig;ernte auf 9 bis 13 Doppelzentner, im Durchschnitt auf 26,40 bis 39 Doppelzentner, auf gut ged&uuml;ngtem und bew&auml;ssertem Boden auf 66 Doppelzentner. Die internationale landwirtschaftliche Konkurrenz, ein kapitalistisches Problem von Professor Dr. Gustav Ruhland. Berlin 1901. <A HREF="beaa_528.htm#ZF6">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F7">(7)</A> Schon zur Zeit des heiligen Basilius (gestorben 579) m&uuml;ssen &auml;hnliche Zust&auml;nde bestanden haben, denn er ruft den Reichen zu: "Elende, die ihr seid, was werdet ihr dem g&ouml;ttlichen Richter antworten? Ihr bedeckt mit Tapeten die Nacktheit eurer Mauern, aber bedeckt nicht mit Kleidern die Nacktheit des Menschen! Ihr schm&uuml;ckt die Pferde mit kostbaren weichen Decken und verachtet euren mit Lumpen bedeckten Bruder.<I> Ihr la&szlig;t zugrunde gehen und auffressen euer Getreide in den Scheunen und auf den Kornb&ouml;den und erhebt euch nicht einmal einen Blick auf diejenigen zu werfen, die kein Brot haben</I>." Das Moralpredigen hat von jeher bei den Herrschenden herzlich wenig geholfen und wird in alle Zukunft nichts helfen. Man &auml;ndere die sozialen Einrichtungen, damit niemand ungerecht gegen seinen Nebenmenschen handeln kann, und die Welt wird sich wohl befinden. <A HREF="beaa_528.htm#ZF7">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F8">(8)</A> Die gro&szlig;artige Unwissenheit des Sozialistent&ouml;ters Ferdy in bezug auf die Sozialdemokratie geht am besten aus folgenden S&auml;tzen hervor, die er sich Seite 40 seiner Schrift leistet: "Die Sozialdemokratie wird in ihren Forderungen weitergehen als die Neo-Malthusianer. Sie wird verlangen, da&szlig; der Minimallohn so bemessen werde, da&szlig; jeder Arbeiter die nach dem gesellschaftlichen Nahrungsstand m&ouml;gliche Kinderzahl erzeugen kann ... Sobald einmal die letzten Konsequenzen der Sozialdemokratie gezogen und das Privateigentum aufgehoben w&auml;re, da w&uuml;rde alsbald auch der Einf&auml;ltigste sich sagen: Warum sollte ich wohl l&auml;nger und h&auml;rter arbeiten m&uuml;ssen, nur weil es meinem Nachbarn beliebt ein Dutzend neuer Mitglieder in die Gesellschaft hineinzusto&szlig;en?" Man sollte doch erst das Abc des Sozialismus kennen, ehe man sich anma&szlig;t, &uuml;ber ihn zu schreiben, und noch dazu ungereimtes Zeug. <A HREF="beaa_528.htm#ZF8">&lt;=</A></P></BODY>
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