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<TITLE>Karl Marx - Layard</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 11, S. 98-99<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</P>
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>Layard</H1>
<FONT SIZE=2><P>["Neue Oder-Zeitung" Nr. 107 vom 5. M&auml;rz 1855]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S98">&lt;98&gt;</A></B> <I>London</I>, 2. M&auml;rz. Layard, der gro&szlig;e Ninive-Gelehrte, hat vorgestern in einer Rede an seine Kommittenten von Aylesbury ein interessantes Kapitel ver&ouml;ffentlicht zur Charakteristik einerseits der Art und Weise, wie die Oligarchie die wichtigsten Staats&auml;mter verteilt, andererseits der h&ouml;chst zweideutigen Position der sog. liberalen und independenten Parlamentsmitglieder zu dieser Oligarchie.</P>
<P>Lord Granville, erz&auml;hlt Layard, ernannte ihn zum Unterstaatssekret&auml;r im Ministerium des Ausw&auml;rtigen, wo er 3 Monate diente, als Russells Ministerium st&uuml;rzte und das Derby-Kabinett gebildet ward. Derby trug ihm an, an seinem Platze zu bleiben, bis der ihm bestimmte Nachfolger, Lord Stanley (Derbys Sohn), aus Indien zur&uuml;ckgekehrt sei. Dann wolle er ihn (Layard) mit einer diplomatischen Mission im Auslande betrauen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Alle meine politischen Freunde", erz&auml;hlt Layard, "waren der Ansicht, ich solle das Angebot annehmen, mit Ausnahme Lord Russells, der eine umgekehrte Meinung aussprach, der zu folgen ich nicht anstand."</P>
</FONT><P>Layard schlug also Derbys Anerbieten ab. Wohl! Lord Russell wird wieder Minister, und Layard ist nicht vergessen. Russell ladet ihn nun ein zum ministeriellen Bankett, an dem er seinen Sitz nehmen soll als Untersekret&auml;r des "Board of Control", d.h. des Ministeriums f&uuml;r Indien. Layard schl&auml;gt zu. Pl&ouml;tzlich aber besinnt sich Russell, da&szlig; ein &auml;ltlicher Whig-Gentleman, namens Sir Thomas Redington, der fr&uuml;her einmal mit irischen, nie aber mit asiatischen Angelegenheiten betraut war, "noch unversorgt ist" (w&ouml;rtlich). Er deutet also dem Layard an, der Unterbringung des &auml;ltlichen Herrn nicht im Wege zu stehen. Layard resigniert wieder. Russell, ermutigt durch die selbstaufopfernde Bescheidenheit des Gelehrten, <A NAME="S99"><B>&lt;99&gt;</A></B> insinuiert ihm nun, ganz aus dem Wege zu gehen und eine Konsulstelle in &Auml;gypten anzunehmen. Diesmal wird Layard wild, schl&auml;gt ab und macht sich im Parlament bemerkbar durch bedeutende Reden gegen die orientalische Politik des Ministeriums.</P>
<P>Palmerston, sobald er sein Kabinett gebildet, sucht ihn abzufinden durch die Stelle des Sekret&auml;rs im Feldzeugamt. Layard lehnt dies ab, weil er durchaus nichts verstehe von der Artillerie etc. Wie naiv! Als ob der abgetretene Sekret&auml;r - Herr Monsell, einer der M&auml;kler der Irischen Brigade - je imstande gewesen, eine gew&ouml;hnliche Muskete von einem Z&uuml;ndnadelgewehr zu unterscheiden! Palmerston bietet ihm nun das Untersekretariat im Ministerium des Krieges an. Layard akzeptiert, aber den andern Morgen hat Palmerston ausgefunden, da&szlig; Frederick Peel - diese b&uuml;rokratische Nullit&auml;t - in diesem Augenblicke unentbehrlich im Kriegsministerium sei, von dessen Funktionen Peel notorisch nichts versteht. Zum Ersatz bietet er dem Layard schlie&szlig;lich im Namen Russells das Untersekretariat im Kolonialministerium an. Layard h&auml;lt die Umst&auml;nde zu schwierig, um in diesem Augenblicke Studien &uuml;ber 50 Kolonien zu machen, mit denen er sich nie besch&auml;ftigt. Er lehnt ab, und damit endet diese erbauliche Historie.</P>
<P>Die einzige Moral, die die ministeriellen Bl&auml;tter daraus ziehen, ist: da&szlig; Layard noch sehr unerfahren im Weltlauf und seinen assyrischen Ruhm schn&ouml;de verwirkt habe.</P>
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