129 lines
6.4 KiB
HTML
129 lines
6.4 KiB
HTML
|
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
|
||
|
|
||
|
<html>
|
||
|
<head>
|
||
|
<meta name="generator" content="HTML Tidy for Windows (vers 25 March 2009), see www.w3.org">
|
||
|
<meta http-equiv="Content-Type" content="text/html; charset=us-ascii">
|
||
|
|
||
|
<title>Karl Marx/Friedrich Engels - Die preussischen Fluechtlinge</title>
|
||
|
</head>
|
||
|
|
||
|
<body link="#0000FF" vlink="#800080" bgcolor="#FFFFAF">
|
||
|
<p><font size="2">Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 7, 5.
|
||
|
Auflage 1973, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S.
|
||
|
313-314.</font></p>
|
||
|
|
||
|
<p><small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 7,S. 313-314<br>
|
||
|
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960</small></p>
|
||
|
|
||
|
<h2>Karl Marx/Friedrich Engels</h2>
|
||
|
|
||
|
<p>Die preußischen Flüchtlinge</p>
|
||
|
|
||
|
<p><font size="2">Aus dem Englischen.</font></p>
|
||
|
<hr>
|
||
|
|
||
|
<p><font size="2">["The Sun" vom 5. Juni 1850]</font></p>
|
||
|
|
||
|
<p align="center"><i>An den Redakteur der Zeitung "Sun"<a name="S313"></a></i></p>
|
||
|
|
||
|
<p><i><b><313></b> Sir,</i></p>
|
||
|
|
||
|
<p><i>wir, die unterzeichneten deutschen politischen Flüchtlinge, die in London wohnen,
|
||
|
haben seit einiger Zeit Gelegenheit gehabt, die Aufmerksamkeit zu bewundern, die uns nicht nur
|
||
|
von der preußischen Gesandtschaft, sondern auch von der britischen Regierung
|
||
|
entgegengebracht wird. Wir hätten dem nicht viel Beachtung geschenkt, da wir uns kaum
|
||
|
vorstellen können, in welcher Hinsicht wir überhaupt in Kollision geraten könnten
|
||
|
mit dem, was die Fremdenbill "die Erhaltung des Friedens und der Ruhe in diesem Reiche" nennt;
|
||
|
doch haben wir in letzter Zeit in den Zeitungen so oft über Anweisungen an den
|
||
|
preußischen Gesandten gelesen, auf die Entfernung der gefährlichsten Flüchtlinge
|
||
|
aus England zu bestehen, darüber hinaus sind wir seit ungefähr einer Woche von
|
||
|
englischen Polizeiagenten so streng überwacht worden, daß wir zu der Meinung gekommen
|
||
|
sind, diesen Fall der Öffentlichkeit vorlegen zu müssen.</i></p>
|
||
|
|
||
|
<p><i>Ohne Zweifel bemüht sich die preußische Regierung um die Anwendung der
|
||
|
Fremdenbill gegen uns. Doch warum? Weil wir uns in die englische Politik einmischen? Es
|
||
|
würde unmöglich sein, uns etwas derartiges nachzuweisen. Warum also? Weil die
|
||
|
preußische Regierung so tun muß, als wäre der Schuß, der in Berlin auf den
|
||
|
König abgegeben wurde, das Ergebnis einer weitverzweigten Verschwörung, deren Zentrum
|
||
|
in London gesucht werden müsse.</i></p>
|
||
|
|
||
|
<p><i>Gehen wir nun den Tatsachen nach. Kann die preußische Regierung bestreiten, daß
|
||
|
Sefeloge, der Attentäter, abgesehen davon, daß er ein notorischer Irrer ist, Mitglied
|
||
|
einer ultraroyalistischen Gesellschaft, des Treubunds ist? Kann sie abstreiten, daß er in
|
||
|
den Büchern dieser Gesellschaft unter der Mitgliedsnummer 133, Sektion Nr. 2 in Berlin,
|
||
|
eingetragen ist? Kann sie <a name="S314"><b><314></b></a></i> bestreiten, daß er vor
|
||
|
gar nicht langer Zeit von dieser Gesellschaft finanzielle Unterstützung erhalten hat? Kann
|
||
|
sie bestreiten, daß seine Papiere in dem Hause eines Majors Kunowski, eines
|
||
|
Ultraroyalisten, der im königlichen Kriegsministerium angestellt ist, aufbewahrt wurden?</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Es ist wirklich lächerlich, angesichts solcher Tatsachen zu behaupten, daß die
|
||
|
revolutionäre Partei mit diesem Attentat irgend etwas zu tun habe. Die revolutionäre
|
||
|
Partei hat kein Interesse daran, den Prinzen von Preußen schnell auf den Thron gelangen zu
|
||
|
sehen, aber die Ultraroyalisten haben es. Und dennoch läßt die preußische
|
||
|
Regierung die radikale Opposition für das Attentat zahlen, was durch das neue Gesetz gegen
|
||
|
die Freiheit der Presse und durch die Aktivität der preußischen Gesandtschaft in
|
||
|
London bewiesen wird.</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Wir können gleichzeitig erklären, daß sich ungefähr vierzehn Tage vor dem
|
||
|
Attentat Personen - nach unserer Überzeugung preußische Agenten - bei uns vorstellten
|
||
|
und versuchten, uns in eine Verschwörung von Königsmördern hineinzuziehen.
|
||
|
Natürlich fielen wir nicht darauf hinein.</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Wenn die britische Regierung irgendwelche Informationen über uns wünscht, so werden
|
||
|
wir stets bereit sein, sie zu geben. Wir können jedoch nicht begreifen, was sie dadurch zu
|
||
|
erfahren hofft, daß sie uns nachspionieren läßt.</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Die Heilige Allianz, die gegenwärtig unter der Ägide Rußlands wieder errichtet
|
||
|
wird, wäre nur zu froh, wenn sie es erreichen könnte, England, das einzige Hindernis
|
||
|
auf ihrem Weg, zu einer reaktionären Innenpolitik zu bewegen. Was würde aber aus der
|
||
|
antirussischen Stimmung Englands werden, aus den diplomatischen Noten und parlamentarischen
|
||
|
Versicherungen seiner Regierung, falls diese durch eine Anwendung der Fremdenbill kommentiert
|
||
|
würden, welche durch nichts anderes verursacht wurde, als durch Rachsucht der Heiligen
|
||
|
Allianz, deren wesentlichen Bestandteil Preußen bildet.</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Wir hoffen jedoch, daß die Regierungen der Heiligen Allianz keinen Erfolg damit haben
|
||
|
werden, die britische Regierung so zu täuschen, daß sie das Innenministerium anweist,
|
||
|
Maßnahmen zu ergreifen, welche den seit langem erworbenen Ruf Englands als sicherstes Asyl
|
||
|
für Flüchtlinge aller Parteien und aller Länder ernsthaft beeinträchtigen
|
||
|
würden.</p>
|
||
|
|
||
|
<p>Wir verbleiben, Sir, Ihre gehorsamsten Diener,</p>
|
||
|
|
||
|
<p align="center"></p>
|
||
|
|
||
|
<center>
|
||
|
<table cellspacing="0" border="0" cellpadding="4" width="482">
|
||
|
<tr>
|
||
|
<td width="24%" valign="top" height="6">
|
||
|
<p><i>Charles Marx,</i></p>
|
||
|
</td>
|
||
|
|
||
|
<td width="76%" valign="middle" rowspan="2" height="6">
|
||
|
<p><font size="6">}</font> Redakteure der Kölner <i>"Neuen Rheinischen
|
||
|
Zeitung"</i></p>
|
||
|
</td>
|
||
|
</tr>
|
||
|
|
||
|
<tr>
|
||
|
<td width="24%" valign="top" height="6">
|
||
|
<p><i>Fred. Engels,</i></p>
|
||
|
</td>
|
||
|
</tr>
|
||
|
|
||
|
<tr>
|
||
|
<td width="24%" valign="top" height="6">
|
||
|
<p><i>Aug. Willich,</i></p>
|
||
|
</td>
|
||
|
|
||
|
<td width="76%" valign="top" height="6">
|
||
|
<p>Oberst in der badischen Revolutionsarmee</p>
|
||
|
</td>
|
||
|
</tr>
|
||
|
</table>
|
||
|
</center>
|
||
|
|
||
|
<p>64, Dean Street, Soho Square, den 14. Juni 1850</p>
|
||
|
</body>
|
||
|
</html>
|