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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Das zinstragende Kapital. - 36. Vorkapitalistisches</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="me25_580.htm"><FONT SIZE=2>35. Kapitel. Edelmetall und Wechselkurs</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me25_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me25_627.htm"><FONT SIZE=2>37. Kapitel. Verwandlung von Surplusprofit in Grundrente. Einleitendes</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 25, "Das Kapital", Bd. III, F&uuml;nfter Abschnitt, S. 607 - 626<BR>Dietz Verlag, Berlin/DDR 1983</FONT>
<P ALIGN="CENTER">SECHSUNDDREISSIGSTES KAPITEL<BR>
<FONT SIZE="+2">Vorkapitalistisches</FONT></P>
<B><P><A NAME="S607">&lt;607&gt;</A></B> Das zinstragende Kapital, oder wie wir es in seiner altert&uuml;mlichen Form bezeichnen k&ouml;nnen, das Wucherkapital, geh&ouml;rt mit seinem Zwillingsbruder, dem kaufm&auml;nnischen Kapital, zu den antediluvianischen Formen des Kapitals, die der kapitalistischen Produktionsweise lange vorhergehn und sich in den verschiedensten &ouml;konomischen Gesellschaftsformationen vorfinden.</P>
<P>Die Existenz des Wucherkapitals erfordert nichts, als da&szlig; wenigstens ein Teil der Produkte sich in Waren verwandelt und zugleich mit dem Warenhandel das Geld sich in seinen verschiednen Funktionen entwickelt hat.</P>
<P>Die Entwicklung des Wucherkapitals schlie&szlig;t sich an die des Kaufmannskapitals und speziell an die des Geldhandlungskapitals. Im alten Rom, von den letzten Zeiten der Republik an, wo die Manufaktur tief unter der antiken Durchschnittsentwicklung stand, war Kaufmannskapital, Geldhandlungskapital und Wucherkapital - innerhalb der antiken Form - auf den h&ouml;chsten Punkt entwickelt.</P>
<P>Man hat gesehn, wie sich mit dem Geld notwendig die Schatzbildnerei einfindet. Der professionelle Schatzbildner wird jedoch erst wichtig, sobald er sich in den Wucherer verwandelt.</P>
<P>Der Kaufmann borgt Geld, um Profit mit dem Geld zu machen, um es als Kapital anzuwenden, d.h. zu verausgaben. Auch in den fr&uuml;hern Formen steht ihm also der Geldverleiher ganz so gegen&uuml;ber wie dem modernen Kapitalisten. Dies spezifische Verh&auml;ltnis wurde auch von den katholischen Universit&auml;ten gef&uuml;hlt.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Universit&auml;ten von Alcal&aacute;, von Salamanca, von Ingolstadt, von Freiburg im Breisgau. Mainz, K&ouml;ln und Trier erkannten nacheinander die Rechtm&auml;&szlig;igkeit der Zinsen f&uuml;r Handelsanleihen an. Die ersten f&uuml;nf dieser Approbationen sind niedergelegt worden in den Archiven des Konsulats der Stadt Lyon und gedruckt im Anhang des Trait&eacute; de l'usure et des int&eacute;r&ecirc;ts, Lyon, Bruyset-Ponthus." (M. Augier. "Le Cr&eacute;dit public etc.", Paris 1842, p. 206.)</P>
</FONT><B><P><A NAME="S608">&lt;608&gt;</A></B> In allen Formen, worin die Sklavenwirtschaft (nicht patriarchalisch, sondern wie in den sp&auml;tern griechischen und r&ouml;mischen Zeiten) als Mittel der Bereicherung besteht, wo Geld also Mittel ist, durch Ankauf von Sklaven, Land etc., fremde Arbeit anzueignen, wird das Geld, eben weil es so angelegt werden kann, als Kapital verwertbar, zinstragend,</P>
<P>Die charakteristischen Formen jedoch, worin das Wucherkapital in den Vorzeiten der kapitalistischen Produktionsweise existiert, sind zweierlei. Ich sage charakteristische Formen. Dieselben Formen wiederholen sich auf Basis der kapitalistischen Produktion, aber als blo&szlig; untergeordnete Formen. Sie sind hier nicht mehr die Formen, die den Charakter des zinstragenden Kapitals bestimmen. Diese beiden Formen sind: <I>erstens</I>, der Wucher durch Geldverleihen an verschwenderische Gro&szlig;e, wesentlich Grundeigent&uuml;mer; <I>zweitens</I>, Wucher durch Geldverleihen an den kleinen, im Besitz seiner eignen Arbeitsbedingungen befindlichen Produzenten, worin der Handwerker eingeschlossen ist, aber ganz spezifisch der Bauer, da &uuml;berhaupt in vorkapitalistischen Zust&auml;nden, soweit sie kleine selbst&auml;ndige Einzelproduzenten zulassen, die Bauernklasse deren gro&szlig;e Majorit&auml;t bilden mu&szlig;.</P>
<P>Beides, sowohl der Ruin der reichen Grundeigent&uuml;mer durch den Wucher, wie die Aussaugung der kleinen Produzenten f&uuml;hrt zur Bildung und Konzentration gro&szlig;er Geldkapitalien. Wieweit aber dieser Proze&szlig; die alte Produktionsweise aufhebt, wie dies im modernen Europa der Fall war, und ob er an ihrer Stelle die kapitalistische Produktionsweise setzt, h&auml;ngt ganz von der historischen Entwicklungsstufe und den damit gegebnen Umst&auml;nden ab.</P>
<P>Das Wucherkapital als charakteristische Form des zinstragenden Kapitals entspricht dem Vorherrschen der kleinen Produktion, der selbstarbeitenden Bauern und kleinen Handwerksmeister. Wo dem Arbeiter, wie in der entwickelten kapitalistischen Produktionsweise, die Arbeitsbedingungen und das Produkt der Arbeit als Kapital gegen&uuml;bertreten, hat er als Produzent kein Geld zu borgen. Wo er es borgt, geschieht es wie im Pfandhaus f&uuml;r pers&ouml;nliche Notdurft. Wo der Arbeiter dagegen Eigent&uuml;mer, wirklicher oder nomineller, seiner Arbeitsbedingungen und seines Produkts ist, steht er als Produzent im Verh&auml;ltnis zum Kapital des Geldverleihers, das ihm als Wucherkapital gegen&uuml;bertritt. Newman dr&uuml;ckt die Sache fad aus, wenn er sagt, da&szlig; der Bankier angesehn ist, w&auml;hrend der Wucherer verha&szlig;t und verachtet ist, weil jener den Reichen leiht, dieser den Armen. (F. W. Newman, "Lectures on Pol. Econ.", London 1851, p. 44.) Er &uuml;bersieht, da&szlig; hier der Unterschied zweier gesellschaftlicher Produktionsweisen und der ihnen entsprechenden gesellschaftlichen Ordnungen dazwischenliegt und die Sache <A NAME="S609"><B>&lt;609&gt;</A></B> nicht mit dem Gegensatz von arm und reich abgemacht ist. Vielmehr geht der Wucher, der den armen Kleinproduzenten aussaugt, Hand in Hand mit dem Wucher, der den reichen Gro&szlig;grundbesitzer aussaugt. Sobald der Wucher der r&ouml;mischen Patrizier die r&ouml;mischen Plebejer, die Kleinbauern, v&ouml;llig ruiniert hatte, hatte diese Form der Ausbeutung ein Ende, und trat die reine Sklavenwirtschaft an die Stelle der kleinb&uuml;rgerlichen.</P>
<P>Unter der Form des Zinses kann hier vom Wucherer aller &Uuml;berschu&szlig; &uuml;ber die notd&uuml;rftigsten Subsistenzmittel (den Betrag des sp&auml;tem Arbeitslohns) der Produzenten verschlungen werden (was sp&auml;ter als Profit und Bodenrente erscheint), und es ist daher h&ouml;chst abgeschmackt, die H&ouml;he <I>dieses</I> Zinses da, wo er, mit Ausnahme dessen, was dem Staat zukommt, <I>allen </I>Mehrwert sich aneignet, zu vergleichen mit der H&ouml;he des modernen Zinsfu&szlig;es, wo der Zins, wenigstens der normale, nur einen Teil dieses Mehrwerts bildet. Es wird dabei vergessen, da&szlig; der Lohnarbeiter dem Kapitalisten, der ihn anwendet, Profit, Zins und Grundrente, kurz den gesamten Mehrwert produziert und abgibt. Carey macht diese abgeschmackte Vergleichung, um damit zu zeigen, wie vorteilhaft f&uuml;r die Arbeiter die Entwicklung des Kapitals und der sie begleitende Fall des Zinsfu&szlig;es ist. Wenn der Wucherer ferner, nicht zufrieden damit, die Mehrarbeit seines Opfers auszupressen, nach und nach sich die Eigentumstitel auf seine Arbeitsbedingungen selbst, Land, Haus etc., erwirbt und best&auml;ndig damit besch&auml;ftigt ist, ihn so zu expropriieren, so wird demgegen&uuml;ber wieder vergessen, da&szlig; diese vollst&auml;ndige Expropriation des Arbeiters von seinen Arbeitsbedingungen nicht ein Resultat ist, dem die kapitalistische Produktionsweise zustrebt, sondern die fertige Voraussetzung, wovon sie ausgeht. Der Lohnsklave ist ebensogut wie der wirkliche Sklave durch seine Stellung davon ausgeschlossen, Schuldsklave zu werden, wenigstens in seiner Qualit&auml;t als Produzent; er kann es nur allenfalls werden in seiner Eigenschaft als Konsument. Das Wucherkapital, in dieser Form, worin es in der Tat alle Mehrarbeit der unmittelbaren Produzenten sich aneignet, ohne die Produktionsweise zu &auml;ndern; worin das Eigentum resp. der Besitz der Produzenten an den Arbeitsbedingungen - und die ihr entsprechende vereinzelte Kleinproduktion - wesentliche Voraussetzung ist; wo das Kapital also die Arbeit sich nicht direkt unterordnet und ihr daher nicht als industrielles Kapital gegen&uuml;bertritt, dies Wucherkapital verelendet diese Produktionsweise, l&auml;hmt die Produktivkr&auml;fte, statt sie zu entwickeln, und verewigt zugleich diese jammervollen Zust&auml;nde, in denen nicht, wie in der kapitalistischen Produktion, die gesellschaftliche Produktivit&auml;t der Arbeit auf Kosten der Arbeit selbst entwickelt wird. </P>
<B><P><A NAME="S610">&lt;610&gt;</A></B> Der Wucher wirkt so einerseits untergrabend und zerst&ouml;rend auf den antiken und feudalen Reichtum und auf das antike und feudale Eigentum. Andrerseits untergr&auml;bt und ruiniert er die kleinb&auml;uerliche und kleinb&uuml;rgerliche Produktion, kurz alle Formen, worin der Produzent noch als Eigent&uuml;mer seiner Produktionsmittel erscheint. In der ausgebildeten kapitalistischen Produktionsweise ist der Arbeiter nicht Eigent&uuml;mer der Produktionsbedingungen, des Ackers, den er bebaut, des Rohstoffs, den er verarbeitet, etc. Dieser Entfremdung der Produktionsbedingung vom Produzenten entspricht hier aber eine wirkliche Umw&auml;lzung in der Produktionsweise selbst. Die vereinzelten Arbeiter werden in gro&szlig;er Werkstatt vereinigt zu geteilter, ineinandergreifender T&auml;tigkeit; das Werkzeug wird zur Maschine. Die Produktionsweise selbst erlaubt nicht mehr diese mit dem kleinen Eigentum verbundne Zersplittrung der Produktionsinstrumente, sowenig wie die Isolierung der Arbeiter selbst. In der kapitalistischen Produktion kann der Wucher nicht mehr die Produktionsbedingungen vom Produzenten scheiden, weil sie bereits geschieden sind.</P>
<P>Der Wucher zentralisiert Geldverm&ouml;gen, wo die Produktionsmittel zersplittert sind. Er &auml;ndert die Produktionsweise nicht, sondern saugt sich an sie als Parasit fest und macht sie miserabel. Er saugt sie aus, entnervt sie und zwingt die Reproduktion, unter immer erb&auml;rmlichern Bedingungen vorzugehn. Daher der popul&auml;re Ha&szlig; gegen den Wucher, am h&ouml;chsten in der antiken Welt, wo das Eigentum des Produzenten an seinen Produktionsbedingungen zugleich Basis der politischen Verh&auml;ltnisse, der Selbst&auml;ndigkeit des Staatsb&uuml;rgers.</P>
<P>Soweit Sklaverei herrscht oder soweit das Mehrprodukt vom Feudalherrn und seiner Gefolgschaft aufgegessen wird und Sklavenbesitzer oder Feudalherr dem Wucher verfallen, bleibt die Produktionsweise auch dieselbe; nur wird sie h&auml;rter f&uuml;r die Arbeiter. Der verschuldete Sklavenhalter oder Feudalherr saugt mehr aus, weil er selbst mehr ausgesaugt wird. Oder schlie&szlig;lich macht er dem Wucherer Platz, der selbst Grundeigent&uuml;mer oder Sklavenbesitzer wird wie der Ritter im alten Rom. An die Stelle der alten Ausbeuter, deren Exploitation mehr oder minder patriarchalisch, weil gro&szlig;enteils politisches Machtmittel war, tritt ein harter, gelds&uuml;chtiger Empork&ouml;mmling. Aber die Produktionsweise selbst wird nicht ver&auml;ndert.</P>
<P>Revolution&auml;r wirkt der Wucher in allen vorkapitalistischen Produktionsweisen nur, indem er die Eigentumsformen zerst&ouml;rt und aufl&ouml;st, auf deren fester Basis und best&auml;ndiger Reproduktion in derselben Form die politische Gliederung ruht. Bei asiatischen Formen kann der Wucher lange fortdauern, ohne etwas andres als &ouml;konomisches Verkommen und politische <A NAME="S611"><B>&lt;611&gt;</A></B> Verdorbenheit hervorzurufen. Erst wo und wann die &uuml;brigen Bedingungen der kapitalistischen Produktionsweise vorhanden, erscheint der Wucher als eines der Bildungsmittel der neuen Produktionsweise, durch Ruin der Feudalherrn und der Kleinproduktion einerseits, durch Zentralisation der Arbeitsbedingungen zu Kapital andrerseits.</P>
<P>Im Mittelalter herrschte in keinem L&auml;nde ein allgemeiner Zinsfu&szlig;. Die Kirche verbot alle Zinsgesch&auml;fte von vornherein. Gesetze und Gerichte sicherten Anleihen nur wenig. Desto h&ouml;her war der Zinssatz in einzelnen F&auml;llen. Der geringe Geldumlauf, die Notwendigkeit, die meisten Zahlungen bar zu leisten, zwangen zu Geldaufnahmen, und um so mehr, je weniger das Wechselgesch&auml;ft noch ausgebildet war. Es herrschte gro&szlig;e Verschiedenheit sowohl des Zinsfu&szlig;es wie der Begriffe vom Wucher. Zu Karls des Gro&szlig;en Zeit galt es f&uuml;r wucherisch, wenn jemand 100% nahm. Zu Lindau am Bodensee nahmen 1344 einheimische B&uuml;rger 216<FONT SIZE="-1"><SUP>2</SUP></FONT>/<FONT SIZE=2>3</FONT>%. In Z&uuml;rich bestimmte der Rat 43<FONT SIZE="-1"><SUP>1</SUP></FONT>/<FONT SIZE=2>3</FONT>% als gesetzlichen Zins. In Italien mu&szlig;ten zuweilen 40% gezahlt werden, obgleich vom 12.-14. Jahrhundert der gew&ouml;hnliche Satz 20% nicht &uuml;berschritt. Verona ordnete 12<FONT SIZE="-1"><SUP>1</SUP></FONT>/<FONT SIZE=2>2</FONT>% als gesetzlichen Zins an. Kaiser Friedrich II. setzte 10% fest, aber dies blo&szlig; f&uuml;r die Juden. F&uuml;r die Christen mochte er nicht sprechen. 10% war schon im 13. Jahrhundert im rheinischen Deutschland das gew&ouml;hnliche. (H&uuml;llmann, Geschichte des St&auml;dtewesens, II, p.55-57.)</P>
<P>Das Wucherkapital besitzt die Exploitationsweise des Kapitals ohne seine Produktionsweise. Dies Verh&auml;ltnis wiederholt sich auch innerhalb der b&uuml;rgerlichen &Ouml;konomie in zur&uuml;ckgebliebnen Industriezweigen oder solchen, die sich gegen den &Uuml;bergang in die moderne Produktionsweise str&auml;uben. Will man z.B. den englischen Zinsfu&szlig; mit dem indischen vergleichen, so mu&szlig; man nicht den Zinsfu&szlig; der B. v. E. nehmen, sondern den z.B. von Verleihern kleiner Maschinen an Kleinproduzenten der Hausindustrie.</P>
<P>Der Wucher ist gegen&uuml;ber dem konsumierenden Reichtum historisch wichtig als selbst ein Entstehungsproze&szlig; des Kapitals. Wucherkapital und Kaufmannsverm&ouml;gen vermitteln die Bildung eines vom Grundeigentum unabh&auml;ngigen Geldverm&ouml;gens. Je weniger der Charakter des Produkts als Ware sich entwickelt, je weniger sich der Tauschwert der Produktion in ihrer ganzen Breite und Tiefe bem&auml;chtigt hat, desto mehr erscheint Geld als der eigentliche Reichtum als solcher, als der allgemeine Reichtum, gegen&uuml;ber seiner beschr&auml;nkten Darstellungsweise in Gebrauchswerten. Darauf beruht die Schatzbildung. Abgesehn vom Geld als Weltgeld und Schatz, ist es namentlich die Form des Zahlungsmittels, worin es als absolute Form der Ware auftritt. Und es ist namentlich seine Funktion als Zahlungsmittel, die <A NAME="S612"><B>&lt;612&gt;</A></B> den Zins und damit das Geldkapital entwickelt. Was der verschwenderische und korrumpierende Reichtum will, ist Geld als Geld, Geld als Mittel, alles zu kaufen. (Auch zum Schuldenzahlen.) Wozu der kleine Produzent vor allem Geld braucht, ist zum Zahlen. (Die Verwandlung der Naturalleistungen und Lieferungen an Grundherrn und Staat in Geldrente und Geldsteuern spielt hier eine gro&szlig;e Rolle.) In beiden F&auml;llen wird das Geld als Geld gebraucht. Auf der andren Seite wird die Schatzbildung erst real, erf&uuml;llt ihren Traum im Wucher. Was vom Schatzeigner verlangt wird, ist nicht Kapital, sondern Geld als Geld; aber durch den Zins verwandelt er diesen Geldschatz f&uuml;r sich in Kapital - in ein Mittel, wodurch er sich der Mehrarbeit ganz oder teilweise bem&auml;chtigt und ebenso eines Teils der Produktionsbedingungen selbst, wenn sie auch nominell als fremdes Eigentum ihm gegen&uuml;ber stehnbleiben. Der Wucher lebt scheinbar in den Poren der Produktion wie die G&ouml;tter in den Intermundien bei Epikur. Geld ist um so schwieriger zu haben, je weniger die Warenform die allgemeine Form des Produkts. Der Wucherer kennt daher durchaus keine Schranke au&szlig;er der Leistungsf&auml;higkeit oder Widerstandsf&auml;higkeit der Geldbed&uuml;rftigen. Als Kaufmittel wird in der kleinb&auml;uerlichen und kleinb&uuml;rgerlichen Produktion das Geld haupts&auml;chlich gebraucht, wenn die Produktionsbedingungen dem Arbeiter (der in diesen Produktionsweisen vorwiegend noch ihr Eigent&uuml;mer) durch Zuf&auml;lle oder au&szlig;erordentliche Ersch&uuml;ttrungen verlorengehn oder wenigstens nicht im gew&ouml;hnlichen Lauf der Reproduktion ersetzt werden. Lebensmittel und Rohstoffe bilden wesentlichen Teil dieser Produktionsbedingungen. Ihre Verteurung kann ihren Ersatz aus dem Erl&ouml;s des Produkts unm&ouml;glich machen, wie einfache Mi&szlig;ernten den Bauer verhindern k&ouml;nnen, sein Saatkorn in natura zu ersetzen. Dieselben Kriege, wodurch die r&ouml;mischen Patrizier die Plebejer ruinierten, sie zu Kriegsdiensten zwangen, die sie an der Reproduktion ihrer Arbeitsbedingungen hinderten, sie daher verarmen machten (und Verarmung, Verk&uuml;mmerung oder Verlust der Reproduktionsbedingungen, ist hier die vorherrschende Form), f&uuml;llten jenen die Speicher und Keller mit erbeutetem Kupfer, dem damaligen Geld. Statt den Plebejern direkt die ben&ouml;tigten Waren zu geben, Korn, Pferde, Hornvieh, liehen sie ihnen dies f&uuml;r sie selbst nutzlose Kupfer und benutzten diese Lage zur Erpressung enormer Wucherzinsen, wodurch sie die Plebejer zu ihren Schuldsklaven machten. Unter Karl dem Gro&szlig;en wurden die fr&auml;nkischen Bauern ebenfalls durch Kriege ruiniert, so da&szlig; ihnen nichts &uuml;brigblieb, als aus Schuldnern Leibeigne zu werden. Im r&ouml;mischen Reich geschah es bekanntlich h&auml;ufig, da&szlig; Hungersnot den Verkauf der Kinder und Selbstverkauf von Freien als Sklaven an die Reicheren herbeif&uuml;hrte. Soviel <A NAME="S613"><B>&lt;613&gt;</A></B> f&uuml;r allgemeine Wendepunkte. Im einzelnen betrachtet, h&auml;ngt Erhaltung oder Verlust der Produktionsbedingungen f&uuml;r den Kleinproduzenten von tausend Zuf&auml;llen ab, und jeder solcher Zufall oder Verlust b
<P>Die Funktion des Geldes als Zahlungsmittel ist jedoch das eigentliche, gro&szlig;e und eigent&uuml;mliche Terrain des Wuchers. Jede an bestimmtem Termin f&auml;llige Geldleistung, Grundzins, Tribut, Steuer etc., bringt die Notwendigkeit einer Geldzahlung mit sich. Daher setzt sich der Wucher im gro&szlig;en von den alten R&ouml;mern bis auf die modernen Zeiten an die Steuerp&auml;chter, fermiers g&eacute;n&eacute;raux &lt;Generalp&auml;chter&gt;,<B> </B>receveurs g&eacute;n&eacute;raux &lt;Steuereinnehmer&gt; an. Dann entwickelt sich mit dem Handel und der Verallgemeinerung der Warenproduktion die zeitliche Trennung von Kauf und Zahlung. Das Geld ist an bestimmtem Termin zu liefern. Wie dies zu Umst&auml;nden f&uuml;hren kann, wo Geldkapitalist und Wucherer noch heute ineinander verschwimmen, beweisen die modernen Geldkrisen. Derselbe Wucher wird aber Hauptmittel, die Notwendigkeit des Geldes als Zahlungsmittel weiter auszubilden, indem er den Produzenten tiefer und tiefer verschuldet und ihm die gew&ouml;hnlichen Zahlungsmittel dadurch vernichtet, da&szlig; er durch die Zinslast selbst seine regelm&auml;&szlig;ige Reproduktion unm&ouml;glich macht. Hier schie&szlig;t der Wucher aus dem Geld als Zahlungsmittel empor und erweitert diese Funktion des Geldes, sein eigenstes Terrain.</P>
<P>Die Entwicklung des Kreditwesens vollbringt sich als Reaktion gegen den Wucher. Man mu&szlig; dies aber nicht mi&szlig;verstehn und keineswegs im Sinn der antiken Schriftsteller, der Kirchenv&auml;ter, Luthers oder der &auml;lteren Sozialisten nehmen. Es bedeutet nichts mehr und nichts weniger als die Unterordnung des zinstragenden Kapitals unter die Bedingungen und Bed&uuml;rfnisse der kapitalistischen Produktionsweise.</P>
<P>Im gro&szlig;en und ganzen wird das zinstragende Kapital im modernen Kreditsystem den Bedingungen der kapitalistischen Produktion angepa&szlig;t. Der Wucher als solcher existiert nicht nur fort, sondern wird bei V&ouml;lkern entwickelter kapitalistischer Produktion von den Schranken befreit, die ihm alle &auml;ltere Gesetzgebung gezogen hat. Das zinstragende Kapital beh&auml;lt die Form von Wucherkapital gegen&uuml;ber Personen und Klassen oder in Verh&auml;ltnissen, wo nicht im Sinn der kapitalistischen Produktionsweise geborgt <A NAME="S614"><B>&lt;614&gt;</A></B> wird und geborgt werden kann; wo aus individueller Not geborgt wird wie im Pfandhaus; wo dem genie&szlig;enden Reichtum f&uuml;r Verschwendung geborgt wird: oder wo der Produzent nichtkapitalistischer Produzent ist, kleiner Bauer, Handwerker etc., also noch als unmittelbarer Produzent Besitzer seiner eignen Produktionsbedingungen; endlich wo der kapitalistische Produzent selbst auf so kleiner Stufenleiter operiert, da&szlig; er sich jenen selbst arbeitenden Produzenten n&auml;hert.</P>
<P>Was das zinstragende Kapital, soweit es ein wesentliches Element der kapitalistischen Produktionsweise bildet, vom Wucherkapital unterscheidet, ist in keiner Weise die Natur oder der Charakter dieses Kapitals selbst. Es sind nur die ver&auml;nderten Bedingungen, unter denen es fungiert, und daher auch die total verwandelte Gestalt des Borgers, der dem Geldverleiher gegen&uuml;bertritt. Selbst wo ein verm&ouml;gensloser Mann als Industrieller oder Kaufmann Kredit erh&auml;lt, geschieht es in dem Vertrauen, da&szlig; er als Kapitalist fungieren, unbezahlte Arbeit aneignen wird mit dem geliehenen Kapital. Es wird ihm Kredit gegeben als potentiellem Kapitalisten. Und dieser Umstand, der so sehr bewundert wird von den &ouml;konomischen Apologeten, da&szlig; ein Mann ohne Verm&ouml;gen, aber mit Energie, Solidit&auml;t, F&auml;higkeit und Gesch&auml;ftskenntnis sich in dieser Weise in einen Kapitalisten verwandeln kann - wie denn &uuml;berhaupt in der kapitalistischen Produktionsweise der Handelswert eines jeden mehr oder weniger richtig abgesch&auml;tzt wird -, so sehr er best&auml;ndig gegen&uuml;ber den vorhandnen einzelnen Kapitalisten eine unwillkommene Reihe neuer Gl&uuml;cksritter ins Feld f&uuml;hrt, befestigt die Herrschaft des Kapitals selbst, erweitert ihre Basis und erlaubt ihr, sich mit stets neuen Kr&auml;ften aus der gesellschaftlichen Unterlage zu rekrutieren. Ganz wie der Umstand, da&szlig; die katholische Kirche im Mittelalter ihre Hierarchie ohne Ansehn von Stand, Geburt, Verm&ouml;gen aus den besten K&ouml;pfen im Volk bildete, ein Hauptbefestigungsmittel der Pfaffenherrschaft und der Unterdr&uuml;ckung der Laien war. Je mehr eine herrschende Klasse f&auml;hig ist, die bedeutendsten M&auml;nner der beherrschten Klassen in sich aufzunehmen, desto solider und gef&auml;hrlicher ist ihre Herrschaft.</P>
<P>Statt des Bannfluchs gegen das zinstragende Kapital &uuml;berhaupt, ist es daher umgekehrt seine ausdr&uuml;ckliche Anerkennung, wovon die Initiatoren des modernen Kreditsystems ausgehn.</P>
<P>Wir sprechen hier nicht von der Reaktion gegen den Wucher, die die Armen vor ihm zu sch&uuml;tzen suchte, wie die Monts-de-pi&eacute;t&eacute; (1350 zu Sarlins in der Franche-Comt&eacute;, sp&auml;ter zu Perugia und Savona in Italien, 1400 und 1479). Sie sind nur merkw&uuml;rdig, weil sie die geschichtliche Ironie zeigen, womit fromme W&uuml;nsche in ihrer Realisation ins grade Gegenteil <A NAME="S615"><B>&lt;615&gt;</A></B> umschlagen. Die englische Arbeiterklasse zahlt nach einer m&auml;&szlig;igen Sch&auml;tzung 100% an die Pfandh&auml;user, diese Nachk&ouml;mmlinge der Monts-de-pi&eacute;t&eacute;.<A NAME="Z21"><A HREF="me25_607.htm#M21">(21)</A></A> Wir sprechen ebensowenig von den Kreditphantasien z.B. eines Dr. Hugh Chamberleyne oder John Briscoe, die im letzten Dezennium des 17. Jahrhunderts durch eine Landbank mit auf Grundeigentum basiertem Papiergeld die englische Aristokratie vom Wucher zu emanzipieren suchten.<A NAME="Z22"><A HREF="me25_607.htm#M22">(22)</A></A></P>
<P>Die Kreditassoziationen, die sich im 12. und 14. Jahrhundert in Venedig und Genua bildeten, entsprangen aus dem Bed&uuml;rfnis des Seehandels und des auf denselben gegr&uuml;ndeten Gro&szlig;handels, sich von der Herrschaft des altmodischen Wuchers und den Monopolisierern des Geldhandels zu emanzipieren. Wenn die eigentlichen Banken, die in diesen Stadtrepubliken gestiftet wurden, zugleich als Anstalten f&uuml;r den &ouml;ffentlichen Kredit sich darstellen, von denen der Staat Vorsch&uuml;sse auf einzunehmende Steuern erhielt, so darf nicht vergessen werden, da&szlig; die Kaufleute, die jene Assoziationen bildeten, selbst die ersten Leute jener Staaten und ebenso interessiert waren, ihre Regierung wie sich selbst vom Wucher zu emanzipieren <A NAME="Z23"><A HREF="me25_607.htm#M23">(23)</A></A> und zugleich sich den Staat dadurch mehr und sicherer zu unterwerfen. <A NAME="S616"><B>&lt;616&gt;</A></B> Als die Bank von England gestiftet werden sollte, warfen daher auch die Tories ein:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Banken seien republikanische Institutionen. Bl&uuml;hende Banken existierten zu Venedig, Genua, Amsterdam und Hamburg. Aber wer h&auml;tte je geh&ouml;rt von einer Bank von Frankreich oder Spanien."</P>
</FONT><P>Die Bank von Amsterdam 1609 bezeichnet ebensowenig wie die von Hamburg (1619) eine Epoche in der Entwicklung des modernen Kreditwesens. Sie war eine reine Depositenbank. Die Bons, die die Bank ausgab, waren in der Tat nur Empfangscheine f&uuml;r das deponierte gem&uuml;nzte und ungem&uuml;nzte Edelmetall und zirkulierten nur mit dem Endossement ihrer Empf&auml;nger. Aber in Holland hatte sich mit dem Handel und der Manufaktur der kommerzielle Kredit und der Geldhandel entwickelt, und war das zinstragende Kapital durch den Gang der Entwicklung selbst dem industriellen und kommerziellen Kapital untergeordnet worden. Dies zeigte sich schon in der Niedrigkeit des Zinsfu&szlig;es. Holland aber galt im 17. Jahrhundert f&uuml;r das Musterland der &ouml;konomischen Entwicklung, wie England jetzt. Das Monopol des altmodischen Wuchers, der auf der Armut basierte, war dort von selbst &uuml;ber den Haufen geworfen.</P>
<P>W&auml;hrend des ganzen 18. Jahrhunderts ert&ouml;nt - und die Gesetzgebung handelt in diesem Sinn - mit Hinweis auf Holland der Schrei nach gewaltsamer Herabsetzung des Zinsfu&szlig;es, um das zinstragende Kapital dem kommerziellen und industriellen unterzuordnen statt umgekehrt. Der Hauptstimmf&uuml;hrer ist Sir Josiah Child, der Vater des normalen englischen Privatbankiertums. Er deklamiert ganz so gegen das Monopol der Wucherer, wie die Massenkonfektionsschneider Moses &amp; Son sich als Bek&auml;mpfer des Monopols der "Privatschneider" ausschreien. Dieser Josiah Child ist zugleich der Vater der englischen Stockjobberei. So verteidigt er, der Autokrat der Ostindischen Kompanie, ihr Monopol im Namen der Handelsfreiheit. Gegen Thomas Manley ("Interest of Money mistaken") sagt er:</P>
<B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S617">&lt;617&gt;</A></B> "Als Vork&auml;mpfer der furchtsamen und zitternden Bande der Wucherer errichtet er seine Hauptbatterie an dem Punkt, den ich f&uuml;r den schw&auml;chsten erkl&auml;rt habe ... er leugnet gradezu, da&szlig; der niedrige Zinsfu&szlig; die Ursache des Reichtums sei, und versichert, er sei nur seine Wirkung." ("Trait&eacute;s sur le Commerce etc.", 1669, Trad. Amsterdam et Berlin, 1754 [p. 120].) "Wenn es der Handel ist, der ein Land bereichert, und wenn die Herabsetzung des Zinses den Handel vermehrt, so ist eine Herabsetzung des Zinses oder Beschr&auml;nkung des Wuchers ohne Zweifel eine fruchtbare Hauptursache der Reicht&uuml;mer einer Nation. Es ist durchaus nicht abgeschmackt zu sagen, da&szlig; dieselbe Sache zu gleicher Zeit Ursache unter gewissen Umst&auml;nden und Wirkung unter andern sein kann." (l.c.p. 155.) "Das Ei ist die Ursache der Henne, und die Henne ist die Ursache des Eies. Die Zinsreduktion kann eine Vermehrung des Reichtums, und die Vermehrung des Reichtums kann eine noch gr&ouml;&szlig;re Zinsreduktion verursachen." (l.c.p. 156.) "Ich bin der Verteidiger der Industrie, und mein Gegner verteidigt die Faulheit und den M&uuml;&szlig;iggang." (p. 179.)</P>
</FONT><P>Diese gewaltsame Bek&auml;mpfung des Wuchers, diese Forderung der Unterordnung des zinstragenden unter das industrielle Kapital ist nur der Vorl&auml;ufer der organischen Sch&ouml;pfungen, die diese Bedingungen der kapitalistischen Produktion im modernen Bankwesen herstellen, das einerseits das Wucherkapital seines Monopols beraubt, indem es alle totliegenden Geldreserven konzentriert und auf den Geldmarkt wirft, andrerseits das Monopol der edlen Metalle selbst durch Sch&ouml;pfung des Kreditgelds beschr&auml;nkt.</P>
<P>Ebenso wie hier bei Child wird man in allen Schriften &uuml;ber Bankwesen in England im letzten Drittel des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts den Gegensatz gegen den Wucher finden, die Forderung der Emanzipation des Handels und der Industrie wie des Staats vom Wucher. Zugleich kolossale Illusionen &uuml;ber die Wunderwirkung des Kredits, der Entmonopolisierung der edlen Metalle, ihren Ersatz durch Papier etc. Der Schotte William Paterson, Stifter der Bank v. E. und der Bank von Schottland, ist durchaus Law der Erste.</P>
<P>Gegen die B. v. E. "erhoben alle Goldschmiede und Pfandverleiher ein Wutgeheul". (Macaulay, <FONT SIZE=2>"</FONT>History of England", IV., p. 499.)</P>
<FONT SIZE=2><P>"In den ersten 10 Jahren hatte die Bank mit gro&szlig;en Schwierigkeiten zu k&auml;mpfen; gro&szlig;e Feindschaft von au&szlig;en; ihre Noten wurden nur weit unter dem Nominalwert angenommen ... die Goldschmiede" (in deren H&auml;nden der Handel mit den edlen Metallen zur Basis eines primitiven Bankgesch&auml;fts diente) "intrigierten bedeutend gegen die Bank, weil durch diese ihr Gesch&auml;ft vermindert, ihr Diskonto herabgedr&uuml;ckt wurde, und ihre Gesch&auml;fte mit der Regierung in die H&auml;nde dieser Gegnerin gekommen waren." (J. Francis, l.c.p. 73.)</P>
</FONT><P>Schon vor der Stiftung der B. v. E. entstand 1683 der Plan einer National Bank of Credit, deren Zweck u.a. war:</P>
<B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S618">&lt;618&gt;</A></B> "da&szlig; Gesch&auml;ftsleute, wenn sie eine betr&auml;chtliche Menge Waren besitzen, durch Unterst&uuml;tzung dieser Bank ihre Waren deponieren und auf ihre festliegenden Vorr&auml;te einen Kredit aufnehmen, ihre Angestellten besch&auml;ftigen und ihr Gesch&auml;ft vermehren k&ouml;nnen, bis sie einen guten Markt finden, statt mit Verlust zu verkaufen".</P>
</FONT><P>Nach vielen M&uuml;hen wurde diese Bank of Credit errichtet in Devonshire House in Bishopsgate Street. Sie lieh an Industrielle und Kaufleute auf Sicherheit deponierter Waren <FONT SIZE="-1"><SUP>3</SUP></FONT>/<FONT SIZE=2>4</FONT> des Werts derselben in Wechseln. Um diese Wechsel lauff&auml;hig zu machen, wurde in jedem Gesch&auml;ftszweig eine Anzahl von Leuten zu einer Gesellschaft vereinigt, von der jeder Besitzer solcher Wechsel Waren dagegen mit derselben Leichtigkeit erhalten sollte, als ob er bare Zahlung offerierte. Die Bank machte keine bl&uuml;henden Gesch&auml;fte. Die Maschinerie war zu kompliziert, das Risiko bei Depreziation der Waren zu gro&szlig;.</P>
<P>H&auml;lt man sich an den wirklichen Inhalt jener Schriften, die die Gestaltung des modernen Kreditwesens in England theoretisch begleiten und bef&ouml;rdern, so wird man darin nichts finden als die Forderung der Unterordnung des zinstragenden Kapitals, &uuml;berhaupt der verleihbaren Produktionsmittel, unter die kapitalistische Produktionsweise als eine ihrer Bedingungen. H&auml;lt man sich an die blo&szlig;e Phrase, so wird die &Uuml;bereinstimmung, bis auf den Ausdruck herab, mit den Bank- und Kreditillusionen der St. Simonisten oft in Erstaunen setzen.</P>
<P>Ganz wie der cultivateur bei den Physiokraten nicht den wirklichen Landbauer, sondern den Gro&szlig;p&auml;chter bedeutet, so der travailleur bei St. Simon, und immer noch durchlaufend bei seinen Sch&uuml;lern, nicht den Arbeiter, sondern den industriellen und kommerziellen Kapitalisten.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Un travailleur a besoin d'aides, dc aeconds, <I>d'ouvriers</I>; il les cherche intelligents, habiles, d&eacute;vou&eacute;s; il les met &agrave; l'<27>uvre, et leurs travaux sont productifs." &lt;"Ein Arbeiter braucht Hilfskr&auml;fte, Handlanger, <I>Handarbeiter</I>; sie sollen geschickt, ge&uuml;bt und anstellig sein; er weist ihnen Arbeit zu, und was sie tun, ist produktiv."&gt; ([Enfantin,] </FONT><FONT SIZE=1>"</FONT><FONT SIZE=2>Religion Saint-Simonienne. &Eacute;conomie politique et Politique", Paris 1831, p. 104.)</P>
</FONT><P>Man mu&szlig; &uuml;berhaupt nicht vergessen, da&szlig; erst in seiner letzten Schrift:, dem "Nouveau Christianisme", St. Simon direkt als Wortf&uuml;hrer der arbeitenden Klasse auftritt und ihre Emanzipation als Endzweck seines Strebens erkl&auml;rt. Alle seine fr&uuml;hern Schriften sind in der Tat nur Verherrlichung der modernen b&uuml;rgerlichen Gesellschaft gegen die feudale oder der Industriellen und Bankiers gegen die Marsch&auml;lle und juristischen Gesetzfabrikanten der Napoleonischen Zeit. Welcher Unterschied, verglichen mit den gleich- <A NAME="S619"><B>&lt;619&gt;</A></B> zeitigen Schriften Owens!<A NAME="Z24"><A HREF="me25_607.htm#M24">(24)</A></A> Auch bei seinen Nachfolgern, wie schon die zitierte Stelle zeigt, bleibt der industrielle Kapitalist der travailleur par excellence &lt;Arbeiter im wahren und eigentlichen Sinne&gt;. Wenn man ihre Schriften kritisch liest, wird man sich nicht wundern, da&szlig; die Realisierung ihrer Kredit- und Banktr&auml;ume der vom Ex-St.-Simonisten &Eacute;mile P&eacute;reire gegr&uuml;ndete Cr&eacute;dit mobilier war, eine Form, die &uuml;brigens nur in einem Land wie Frankreich vorherrschend werden konnte, wo weder das Kreditsystem noch die gro&szlig;e Industrie zur modernen H&ouml;he entwickelt waren. In England und Amerika war so etwas unm&ouml;glich. - In den folgenden Stellen der "Doctrine de St. Simon. Exposition. Premi&egrave;re ann&eacute;e. 1828/29", 3<FONT SIZE="-1"><SUP>e</SUP></FONT> ed., Paris 1831, steckt schon der Keim zum Cr&eacute;dit mobilier. Begreiflicherweise kann der Bankier wohlfeiler vorschie&szlig;en als der Kapitalist und Privatwucherer. Es ist also diesen Bankiers</P>
<FONT SIZE=2><P>"m&ouml;glich, den Industriellen Werkzeuge weit wohlfeiler, d.h. zu <I>niedrigeren Zinsen </I>zu verschaffen, als die Grundeigent&uuml;mer und Kapitalisten es k&ouml;nnten, die sich leichter in der Auswahl der Borger t&auml;uschen k&ouml;nnen". (p.202.)</P>
</FONT><P>Aber die Verfasser f&uuml;gen selbst in der Note hinzu:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Der Vorteil, der aus der Vermittlung des Bankiers zwischen den M&uuml;&szlig;igen und den travailleurs folgen m&uuml;&szlig;te, wird oft aufgewogen und selbst vernichtet durch die Gelegenheit, die unsre desorganisierte Gesellschaft dem Egoismus bietet, sich in den verschiednen Formen des Betrugs und des Charlatanismus geltend zu machen; die Bankiers dr&auml;ngen sich oft zwischen travailleurs und M&uuml;&szlig;ige, um beide zum Schaden der Gesellschaft auszubeuten."</P>
</FONT><P>Travailleur &lt;Arbeiter&gt; steht hier f&uuml;r capitaliste industriel &lt;industrieller Kapitalist&gt;. &Uuml;brigens ist es falsch, die Mittel, wor&uuml;ber das moderne Bankwesen verf&uuml;gt, blo&szlig; als die <A NAME="S620"><B>&lt;620&gt;</A></B> Mittel der M&uuml;&szlig;igen zu betrachten. Erstens ist es der Teil des Kapitals, den Industrielle und Kaufleute momentan unbesch&auml;ftigt in Geldform halten, als Geldreserve oder erst anzulegendes Kapital; also m&uuml;&szlig;iges Kapital, aber nicht Kapital der M&uuml;&szlig;igen. Zweitens der Teil der Revenuen und Ersparungen aller, der permanent oder transitorisch f&uuml;r Akkumulation bestimmt ist. Und beides ist wesentlich f&uuml;r den Charakter des Banksystems.</P>
<P>Es mu&szlig; aber nie vergessen werden, da&szlig; erstens das Geld - in der Form der edlen Metalle - die Unterlage bleibt, wovon das Kreditwesen der Natur der Sache nach <I>nie </I>loskommen kann. Zweitens, da&szlig; das Kreditsystem das Monopol der gesellschaftlichen Produktionsmittel (in der Form von Kapital und Grundeigentum) in den H&auml;nden von Privaten zur Voraussetzung hat, da&szlig; es selbst einerseits eine immanente Form der kapitalistischen Produktionsweise ist und andrerseits eine treibende Kraft ihrer Entwicklung zu ihrer h&ouml;chst- und letztm&ouml;glichen Form.</P>
<P>Das Banksystem ist, der formellen Organisation und Zentralisation nach, wie schon 1697 in "Some Thoughts of the Interests of England" ausgesprochen, das k&uuml;nstlichste und ausgebildetste Produkt, wozu es die kapitalistische Produktionsweise &uuml;berhaupt bringt. Daher die ungeheure Macht eines Instituts wie die Bank v. E. auf Handel und Industrie, obgleich deren wirkliche Bewegung ganz au&szlig;erhalb ihres Bereichs bleibt und sie sich passiv dazu verh&auml;lt. Es ist damit allerdings die Form einer allgemeinen Buchf&uuml;hrung und Verteilung der Produktionsmittel auf gesellschaftlicher Stufenleiter gegeben, aber auch nur die Form. Wir haben gesehn, da&szlig; der Durchschnittsprofit des einzelnen Kapitalisten, oder jedes besondren Kapitals, bestimmt ist nicht durch die Mehrarbeit, die dies Kapital in erster Hand aneignet, sondern durch das Quantum von Gesamtmehrarbeit, die das Gesamtkapital aneignet und wovon jedes besondre Kapital nur als proportioneller Teil des Gesamtkapitals seine Dividende zieht. Dieser gesellschaftliche Charakter des Kapitals wird erst vermittelt und vollauf verwirklicht durch volle Entwicklung des Kredit- und Banksystems. Andrerseits geht dies weiter. Es stellt den industriellen und kommerziellen Kapitalisten alles disponible und selbst potentielle, nicht bereits aktiv engagierte Kapital der Gesellschaft zur Verf&uuml;gung, so da&szlig; weder der Verleiher noch der Anwender dieses Kapitals dessen Eigent&uuml;mer oder Produzenten sind. Es hebt damit den Privatcharakter des Kapitals auf und enth&auml;lt so an sich, aber auch nur an sich, die Aufhebung des Kapitals selbst. Durch das Bankwesen ist die Verteilung des Kapitals den H&auml;nden der Privatkapitalisten und Wucherer als ein besondres Gesch&auml;ft, als gesellschaftliche Funktion entzogen. Bank und Kredit werden aber dadurch zugleich das kr&auml;ftigste <A NAME="S621"><B>&lt;621&gt;</A></B> Mittel, die kapitalistische Produktion &uuml;ber ihre eignen Schranken hinauszutreiben, und eins der wirksamsten Vehikel der Krisen und des Schwindels.</P>
<P>Das Banksystem zeigt ferner durch die Substitution verschiedner Formen von zirkulierendem Kredit an Stelle des Geldes, da&szlig; das Geld in der Tat nichts andres ist als ein besondrer Ausdruck des gesellschaftlichen Charakters der Arbeit und ihrer Produkte, der aber als im Gegensatz zu der Basis der Privatproduktion stets in letzter Instanz als ein Ding, als besondre Ware neben andren Waren sich darstellen mu&szlig;.</P>
<P>Endlich unterliegt es keinem Zweifel, da&szlig; das Kreditsystem als ein m&auml;chtiger Hebel dienen wird w&auml;hrend des &Uuml;bergangs aus der kapitalistischen Produktionsweise in die Produktionsweise der assoziierten Arbeit; jedoch nur als ein Element im Zusammenhang mit andren gro&szlig;en organischen Umw&auml;lzungen der Produktionsweise selbst. Dagegen entspringen die Illusionen &uuml;ber die wunderwirkende Macht des Kredit- und Bankwesens, im sozialistischen Sinn, aus v&ouml;lliger Unkenntnis der kapitalistischen Produktionsweise und des Kreditwesens als einer ihrer Formen. Sobald die Produktionsmittel aufgeh&ouml;rt haben, sich in Kapital zu verwandeln (worin auch die Aufhebung des Privatgrundeigentums eingeschlossen ist), hat der Kredit als solcher keinen Sinn mehr, was &uuml;brigens selbst die St.-Simonisten eingesehn haben. Solange andrerseits die kapitalistische Produktionsweise fortdauert, dauert das zinstragende Kapital als eine ihrer Formen fort und bildet in der Tat die Basis ihres Kreditsystems. Nur derselbe Sensationsschriftsteller, Proudhon, der die Warenproduktion fortbestehn lassen und das Geld aufheben wollte <A NAME="Z25"><A HREF="me25_607.htm#M25">(25)</A></A>, war f&auml;hig, das Ungeheuer eines cr&eacute;dit gratuit zu ertr&auml;umen, diese vorgebliche Realisation des frommen Wunsches des kleinb&uuml;rgerlichen Standpunkts.</P>
<P>In der "Religion Saint-Simonienne, &Eacute;conomie et Politique", hei&szlig;t es p. 45:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Der Kredit hat zum Zweck, in einer Gesellschaft, wo die einen Werkzeuge der Industrie besitzen, ohne die F&auml;higkeit oder den Willen zu ihrer Anwendung zu haben, und wo andre industri&ouml;se Leute keine Arbeitsinstrumente besitzen, diese Instrumente auf die leichtest m&ouml;gliche Weise aus den H&auml;nden der ersteren, ihrer Besitzer, zu &uuml;bertragen in die H&auml;nde der andern, die sie zu verwenden wissen. Bemerken wir, da&szlig; nach dieser Definition der Kredit eine Folge der Art und Weise ist, in der das <I>Eigentum </I>konstituiert ist."</P>
</FONT><B><P><A NAME="S622">&lt;622&gt;</A></B> Also f&auml;llt der Kredit fort mit dieser Konstitution des Eigentums. Es hei&szlig;t ferner, p. 98: Die jetzigen Banken</P>
<FONT SIZE=2><P>"betrachten sich als bestimmt, der Bewegung Folge zu geben, die die au&szlig;erhalb ihrer bewirkten Gesch&auml;fte in Gang gesetzt haben, nicht aber ihnen selbst den Impuls zu geben; in andren Worten, die Banken erf&uuml;llen bei den travailleurs, denen sie Kapitalien vorschie&szlig;en, die Rolle von Kapitalisten".</P>
</FONT><P>In dem Gedanken, da&szlig; die Banken selbst die Leitung &uuml;bernehmen und sich auszeichnen sollen</P>
<FONT SIZE=2><P>"durch die Zahl und die N&uuml;tzlichkeit der kommanditierten Etablissements und der in Anregung gebrachten Arbeiten" (p. 101)</P>
</FONT><P>liegt der cr&eacute;dit mobilier latent. Ebenso verlangt Constantin Pecqueur, da&szlig; die Banken (was die St.-Simonisten Syst&egrave;me g&eacute;n&eacute;ral des banques &lt;allgemeines Banksystem&gt; nennen) <FONT SIZE=2>"</FONT>die Produktion regieren". &Uuml;berhaupt ist Pecqueur wesentlich St. Simonist, obgleich viel radikaler. Er will, da&szlig;</P>
<FONT SIZE=2><P>"die Kreditanstalt ... die ganze Bewegung der nationalen Produktion regiere . - "Versucht eine nationale Kreditanstalt zu schaffen, die dem nichtbesitzenden Talent und Verdienst Mittel vorschie&szlig;t, ohne jedoch diese Borger zwangsm&auml;&szlig;ig durch eine enge Solidarit&auml;t in Produktion und Konsumtion unter sich zu verkn&uuml;pfen, sondern im Gegenteil so, da&szlig; sie selbst ihre Austausche und ihre Produktionen bestimmen. Auf diesem Wege werdet ihr nur erreichen, was jetzt schon die Privatbanken erreichen, die Anarchie, das Mi&szlig;verh&auml;ltnis zwischen Produktion und Konsumtion, den pl&ouml;tzlichen Ruin der einen und die pl&ouml;tzliche Bereicherung der andren; derart, da&szlig; eure Anstalt nie weiter kommen wird, als f&uuml;r die einen eine Summe von Wohlergehn zu produzieren, welche gleichkommt der Summe des von den andren ertragnen Ungl&uuml;cks ... blo&szlig; da&szlig; ihr den von euch mit Vorsch&uuml;ssen unterst&uuml;tzten Lohnarbeitern die Mittel gegeben habt, sich untereinander dieselbe Konkurrenz zu machen, die sich jetzt ihre kapitalistischen Meister machen." (C. Pecqueur, "Th&eacute;orie Nouvelle d'&Eacute;conomie Soc. et Pol.", Paris 1842, p. 433, 434.)</P>
</FONT><P>Wir haben gesehn, da&szlig; das Kaufmannskapital und das zinstragende Kapital die &auml;ltesten Formen des Kapitals sind. Es liegt aber in der Natur der Sache, da&szlig; das zinstragende Kapital in der Volksvorstellung sich als die Form des Kapitals par excellence darstellt. Im Kaufmannskapital findet eine vermittelnde T&auml;tigkeit statt, m&ouml;ge sie nun als Prellerei, Arbeit oder wie immer ausgelegt werden. Dagegen stellt sich im zinstragenden Kapital der selbstreproduzierende Charakter des Kapitals, der sich verwertende Wert, die Produktion des Mehrwerts, als okkulte Qualit&auml;t rein dar. Daher kommt es denn auch, da&szlig; selbst ein Teil der politischen &Ouml;konomen, besonders in <A NAME="S623"><B>&lt;623&gt;</A></B> L&auml;ndern, wo das industrielle Kapital noch nicht vollst&auml;ndig entwickelt ist, wie in Frankreich, daran als an der Grundform des Kapitals festhalten und z.B. die Grundrente nur als andre Form davon fassen, indem auch hier die Form des Verleihens vorherrscht. Es wird dadurch die innere Gliederung der kapitalistischen Produktionsweise v&ouml;llig verkannt und ganz &uuml;bersehn, da&szlig; der Boden, ebenso wie das Kapital, nur an Kapitalisten verliehen wird. Statt Geld k&ouml;nnen nat&uuml;rlich Produktionsmittel in natura, wie Maschinen, Gesch&auml;ftsgeb&auml;ude usw., verliehen werden. Sie stellen dann aber eine bestimmte Geldsumme dar, und da&szlig; au&szlig;er dem Zins ein Teil f&uuml;r Verschlei&szlig; gezahlt wird, geht aus dem Gebrauchswert, aus der spezifischen Naturalform dieser Kapitalelemente hervor. Das Entscheidende ist hier wieder, ob sie an den unmittelbaren Produzenten verliehen werden, was Nichtexistenz der kapitalistischen Produktionsweise voraussetzt, wenigstens in der Sph&auml;re, worin dies stattfindet; oder ob sie an den industriellen Kapitalisten verliehen werden, was eben die Voraussetzung auf Basis der kapitalistischen Produktionsweise ist. Noch ungeh&ouml;riger und begriffsloser ist es, das Verleihen von H&auml;usern etc. f&uuml;r den individuellen Konsum hierherzuziehn. Da&szlig; die Arbeiterklasse auch in dieser Form beschwindelt wird, und zwar himmelschreiend, ist klare Tatsache; aber dies geschieht ebenso von dem Kleinh&auml;ndler, der ihr die Lebensmittel liefert. Es ist dies eine sekund&auml;re Ausbeutung, die neben der urspr&uuml;nglichen herl&auml;uft, die im Produktionsproze&szlig; selbst unmittelbar vor sich geht. Der Unterschied zwischen Verkaufen und Verleihen ist hier ein durchaus gleichg&uuml;ltiger und formeller, der, wie schon gezeigt, nur der v&ouml;lligen Unkenntnis des wirklichen Zusammenhangs als wesentlich erscheint.</P>
<P ALIGN="CENTER">___________</P>
<P>Der Wucher wie der Handel exploitieren eine gegebne Produktionsweise, schaffen sie nicht, verhalten sich &auml;u&szlig;erlich zu ihr. Der Wucher sucht sie direkt zu erhalten, um sie stets von neuem ausbeuten zu k&ouml;nnen, ist konservativ, macht sie nur miserabler. Je weniger die Produktionselemente als Waren in den Produktionsproze&szlig; eintreten und als Waren aus ihm herauskommen, um so mehr erscheint ihre Herstellung aus Geld als ein besondrer Akt. Je unbedeutender die Rolle ist, die die Zirkulation in der gesellschaftlichen Reproduktion spielt, desto bl&uuml;hender der Wucher.</P>
<P>Da&szlig; das Geldverm&ouml;gen als besondres Verm&ouml;gen sich entwickelt, hei&szlig;t mit Bezug auf das Wucherkapital, da&szlig; es alle seine Forderungen in der Form von Geldforderungen besitzt. Es entwickelt sich um so mehr in einem Lande, je mehr die Masse der Produktion auf Naturalleistungen etc., also auf Gebrauchswert beschr&auml;nkt.</P>
<B><P><A NAME="S624">&lt;624&gt;</A></B> Insofern der Wucher das Doppelte bewirkt: erstens &uuml;berhaupt, neben dem Kaufmannsstand, ein selbst&auml;ndiges Geldverm&ouml;gen zu bilden, zweitens die Arbeitsbedingungen sich anzueignen, d.h. die Besitzer der alten Arbeitsbedingungen zu ruinieren, ist er ein m&auml;chtiger Hebel zur Bildung der Voraussetzungen f&uuml;r das industrielle Kapital.</P>
<I><P ALIGN="CENTER">Zins im Mittelalter</P>
</I><FONT SIZE=2><P>"Im Mittelalter war die Bev&ouml;lkerung rein ackerbauend. Und da, wie unter der feudalen Regierung, kann nur wenig Verkehr und daher auch nur wenig Profit sein. Daher waren die Wuchergesetze im Mittelalter gerechtfertigt. Zudem kommt in einem ackerbauenden Land jemand selten in die Lage, Geld zu borgen, au&szlig;er wenn er zu Armut und Elend heruntergekommen ist ... Heinrich VIII. beschr&auml;nkt den Zins auf 10%, Jakob I. auf 8, Karl II. auf 6, Anna auf 5% ... In jenen Zeiten waren die Geldverleiher, wenn nicht rechtliche, so doch tats&auml;chliche Monopolisten, und daher war es n&ouml;tig, sie wie andre Monopolisten unter Beschr&auml;nkung zu setzen ... In unsern Zeiten reguliert die Rate des Profits die Rate des Zinses; in jenen Zeiten regulierte die Rate des Zinses die Rate des Profits. Wenn der Geldverleiher dem Kaufmann eine hohe Zinsrate aufb&uuml;rdete, mu&szlig;te der Kaufmann eine h&ouml;here Profitrate auf seine Waren schlagen. Daher wurde eine gro&szlig;e Summe Geldes aus den Taschen der K&auml;ufer genommen, um sie in die Taschen der Geldverleiher zu bringen." (Gilbert, "History and Princ. of Banking", p. 164, 165.)</P>
<P>"Ich lasse mir sagen, dass man jetzt j&auml;hrlich auf einen jeglichen Leiptzischen Markt 10 Gulden, das ist 30 aufs Hundert nimmt; etliche setzen hinzu den Neuenburgischen Markt, dass es 40 aufs Hundert werden: obs nur sei, das weiss ich nicht. Pfui dich, wo zum Teufel will denn auch zuletzt das hinaus? ... Wer nun jetzt zu Leipztig 100 Floren hat, der nimmt j&auml;rlich 40, das heisst einen Bauer oder einen B&uuml;rger in einem Jar gefressen. Hat er 1.000 Floren; so nimmt er j&auml;rlich 400, das heisst einen Ritter oder reichen Edelmann in einem Jar gefressen. Hat er 10.000, so nimmt er j&auml;rlich 4.000; das heisst einen reichen Grafen in einem Jar gefressen. Hat er 100.000, wie es sein muss bei den grossen H&auml;ndlern, so nimmt er j&auml;rlich 40.000; das heisst einen grossen reichen F&uuml;rsten in einem Jahr gefressen. Hat er 1.000.000, so nimmt er j&auml;rlich 400.000, das heisst einen grossen K&ouml;nig in einem Jar gefressen. Und leidet dar&uuml;ber kein Fahr, weder an Laib noch an Wahr, Arbeit nichts, sitzt hinter dem Ofen und br&auml;t Aepfel: also m&ouml;chte ein Stul-R&auml;uber sitzen zu Hause, und eine ganze Welt in zehn Jahren fressen." (Dies ist aus "An die Pfarrherrn wider den Wucher zu predigen" vom Jahre 1540 &lt;1. Auflage: </FONT><FONT SIZE=1>"</FONT><FONT SIZE=2>B&uuml;cher vom Kaufhandel und Wucher" vom Jahre 1524&gt;. Luther's Werke, Wittenberg 1589, 6. Theil [S. 312].)</P>
<P>"Ich habe vor 15 Jahren wider den Wucher geschrieben, da er bereit so gewaltig eingerissen war, dass ich keine Besserung zu hoffen w&uuml;sste. Sait der Zeit hat er sich <A NAME="S625"><B>&lt;625&gt;</A></B> also erhebt, dass er nie auch kein Laster, S&uuml;nde oder Schande mehr sein will, sondern l&auml;sst sich rh&uuml;men f&uuml;r eitel Tugend und Ehre, als thue er den Leuten grosse Liebe und einen christlichen Dienst. Was will nun helfen rahten da Schande ist Ehre und Laster ist Tugend worden." (An die Pfarherrn wider den Wucher zu predigen. Wittenberg 1540.)</P>
<P>"Juden, Lombarden, Wucherer und Blutsauger waren unsre ersten Bankiers, unsre urspr&uuml;nglichen Bankschacherer, ihr Charakter war fast infam zu nennen ... Dem gesellten sich dann die Londoner Goldschmiede bei. Im ganzen ... waren unsre urspr&uuml;nglichen Bankiers ... eine sehr schlimme Gesellschaft, sie waren gierige Wucherer, steinherzige Aussauger." &lt;D. Hardcastle, "Banks and Bankers", 2nd ed. London 1843, p. 19, 20.)</P>
<P>"Das von Venedig gegebne Beispiel" (der Bildung einer Bank) "wurde also rasch nachgeahmt; alle Seest&auml;dte und &uuml;berhaupt alle St&auml;dte, die sich durch ihre Unabh&auml;ngigkeit und ihren Handel einen Namen gemacht hatten, gr&uuml;ndeten ihre ersten Banken. Die R&uuml;ckkehr ihrer Schiffe, die oft lange auf sich warten lie&szlig;, f&uuml;hrte unvermeidlich zur Gewohnheit des Kreditgebens, die die Entdeckung Amerikas und der Handel dorthin in der Folge noch weiter verst&auml;rkte." (Dies ein Hauptpunkt.) "Die Schiffsbefrachtungen zwangen zur Aufnahme starker Vorsch&uuml;sse, was bereits im Altertum in Athen und Griechenland vorgekommen. 1308 besa&szlig; die Hansestadt Br&uuml;gge eine Assekuranzkammer." (M. Augier, l.c.p. 202, 203.)</P>
</FONT><P>Wie sehr das Verleihen an die Grundeigent&uuml;mer und damit &uuml;berhaupt an den genie&szlig;enden Reichtum, selbst noch in England vorwog im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, vor der Entwicklung des modernen Kreditsystems, kann man u.a. ersehn aus Sir Dudley North, nicht nur einem der ersten englischen Kaufleute, sondern auch einem der bedeutendsten theoretischen &Ouml;konomen seiner Zeit:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die in unserm Volk auf Zinsen ausgelegten Gelder werden noch lange nicht zum zehnten Teil an Gesch&auml;ftsleute ausgegeben, um damit ihre Gesch&auml;fte zu betreiben; sie werden zum gr&ouml;&szlig;ten Teil ausgeliehen f&uuml;r Luxusartikel und f&uuml;r die Ausgaben von Leuten, die, obwohl gro&szlig;e Grundbesitzer, doch rascher Geld ausgeben, als ihr Grundbesitz es einbringt; und da sie den Verkauf ihrer G&uuml;ter scheuen, sie lieber verhypothekieren." (</FONT><FONT SIZE=1>"</FONT><FONT SIZE=2>Discourses upon Trade", London 1691, p. 6, 7.)</P>
</FONT><P>Im 18. Jahrhundert in Polen:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Warschau machte ein gro&szlig;es Wechselgesch&auml;ft, das aber haupts&auml;chlich den Wucher seiner Bankiers zum Grunde und zur Absicht hatte. Um sich Geld zu verschaffen, welches sie den verschwenderischen Gro&szlig;en zu 8 und zu mehr Prozent leihen konnten, suchten und fanden sie au&szlig;er Landes einen Wechselkredit in Blanco, d.h. der gar keinen Warenhandel zu Grunde hatte, welchen der ausl&auml;ndische Trassat aber so lange geduldig akzeptierte, als noch die durch Wechselreiterei erschaffnen Rimessen nicht ausblieben. Daf&uuml;r haben diese durch die Bankrotte eines Tepper und andrer gro&szlig;- <A NAME="S626"><B>&lt;626&gt;</A></B> geachteter Warschauer Bankiers schwer geb&uuml;&szlig;t." G. G. B&uuml;sch, "Theoretisch-praktische Darstellung der Handlung etc.", 3. Auflage, Hamburg 1808, Band II, p. 232,</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">Nutzen f&uuml;r die Kirche </I>vom <I>Zinsverbot</P>
</I><FONT SIZE=2><P>"Zins zu nehmen hatte die Kirche verboten; aber nicht das Eigentum zu verkaufen, um sich aus der Not zu helfen; ja auch nicht einmal, dasselbe dem Geldleihenden auf eine bestimmte Zeit und bis zur Wiederbezahlung abzutreten, damit derselbe seine Sicherheit darin finden, aber auch w&auml;hrend des Besitzes in dessen Nutzung den Ersatz des von ihm entlehnten Geldes genie&szlig;en m&ouml;chte ... Die Kirche selbst, oder die ihr angeh&ouml;renden Kommunen und pia corpora &lt;frommen K&ouml;rperschaften&gt; zogen ihren gro&szlig;en Nutzen davon, zumal in den Zeiten der Kreuzz&uuml;ge. Dies brachte einen so gro&szlig;en Teil des Nationalreichtums in den Besitz der sog. 'toten Hand', zumal da der Jude in diesem Wege nicht wuchern durfte, weil der Besitz eines so festen Unterpfandes nicht verhehlt werden konnte ... Ohne das Verbot der Zinsen w&uuml;rden die Kirchen und Kl&ouml;ster nimmermehr so reich haben werden k&ouml;nnen." (l.c.p. 55.)</P>
</FONT><P><HR></P>
<P><A NAME="M21">Fu&szlig;noten</P>
<P>(21)</A> "Es ist infolge h&auml;ufiger Versetzungen und Einl&ouml;sungen im selben Monat und durch Versatz eines Artikels, um einen andern herauszunehmen und dabei eine kleine Gelddifferenz zu erhalten, da&szlig; der Pfandhauszins so &uuml;berm&auml;&szlig;ig wird. In London sind 240 konzessionierte Pfandverleiher und in der Provinz ungef&auml;hr 450. Das angewandte Kapital wird auf ungef&auml;hr 1 Mill. gesch&auml;tzt. Es wird wenigstens dreimal im Jahre umgeschlagen und jedesmal im Durchschnitt f&uuml;r 33<FONT SIZE="-1"><SUP>1</SUP></FONT>/<FONT SIZE=2>2</FONT>% so da&szlig; die untern Klassen von England 100% j&auml;hrlich bezahlen f&uuml;r den tempor&auml;ren Vorschu&szlig; einer Million, abgesehn von dem Verlust durch verwirkte Ausl&ouml;sungsfrist versetzter Artikel." (J. D. Tuckett, "A History of the Past and Present State of the Labouring Population", London 1846,I, p. 114.) <A HREF="me25_607.htm#Z21">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M22">(22)</A> Selbst in den Titeln ihrer Werke gaben sie als Hauptzweck an "das allgemeine Wohl der Grundbesitzer, die gro&szlig;e Steigerung des Wertes von Grundbesitz, die Befreiung des Adels und der gentry etc. von Steuern, die Vermehrung ihres j&auml;hrlichen Einkommens etc." Nur die Wucherer w&uuml;rden verlieren, diese schlimmsten Feinde der Nation, die dem Adel und der yeomanry &lt;Siehe Band 23, S. 750-752&gt; mehr Schaden getan, als eine Invasionsarmee aus Frankreich h&auml;tte tun k&ouml;nnen. <A HREF="me25_607.htm#Z22">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M23">(23)</A> "Karl II. von England z.B. hatte noch enorme Wucherzinsen und Agios an 'die Goldschmiede'" (die Vorl&auml;ufer der Bankiers) "zu zahlen, 20-30%. Ein so profitliches Gesch&auml;ft veranla&szlig;te 'die Goldschmiede', mehr und mehr dem K&ouml;nige Vorsch&uuml;sse zu machen, die gesamten Steuereing&auml;nge zu antizipieren, jede parlamentarische Geldbewilligung in Pfand zu nehmen, sobald sie gemacht war, auch miteinander zu wetteifern im Aufkauf und Pfandnahme von bills &lt;Wechseln&gt;, orders &lt;Zahlungsauftr&auml;gen&gt; und tallies &lt;Kerbh&ouml;lzern&gt;, so da&szlig; in Wirklichkeit s&auml;mtliche Staatseinnahmen durch ihre Hand gingen." (John Francis, <FONT SIZE=2>"</FONT>History of the Bank of England", London 1848, I., p. 30, 31.) "Die Errichtung einer Bank war schon fr&uuml;her manchmal vorgeschlagen. Sie war endlich notwendig geworden." (l.c.p. 38.) "Die Bank war schon n&ouml;tig allein f&uuml;r die von den Wucherern ausgesaugte Regierung, um Geld zu einem ertr&auml;glichen Zinsfu&szlig; zu erhalten, auf die Sicherheit von parlamentarischen Bewilligungen." (l.c.p. 59, 60.) <A HREF="me25_607.htm#Z23">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M24">(24)</A> Bei der &Uuml;berarbeitung des Manuskripts h&auml;tte Marx diese Stelle unbedingt stark modifiziert. Sie ist inspiriert durch die Rolle der Ex-Saint-Simonisten unter dem zweiten Kaiserreich in Frankreich, wo grade, als Marx obiges schrieb, die welterl&ouml;senden Kreditphantasien der Schule kraft der geschichtlichen Ironie sich realisierten als Schwindel auf bisher unerh&ouml;rter Potenz. Sp&auml;ter sprach Marx nur mit Bewunderung vom Genie und enzyklop&auml;dischen Kopf Saint-Simons. Wenn dieser in seinen fr&uuml;hern Schriften den Gegensatz zwischen der Bourgeoisie und dem in Frankreich eben erst entstehenden Proletariat ignorierte, wenn er den in der Produktion t&auml;tigen Teil der Bourgeoisie mit zu den travailleurs rechnete, so entspricht dies der Auffassung Fouriers, der Kapital und Arbeit vers&ouml;hnen wollte, und erkl&auml;rt sich aus der &ouml;konomischen und politischen Lage des damaligen Frankreichs. Wenn Owen hier weiter sah, so, weil er in einem andern umgebenden Mittel lebte, inmitten der industriellen Revolution und dem sich bereits akut zuspitzenden Klassengegensatz. - F. E. <A HREF="me25_607.htm#Z24">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="M25">(25)</A> Karl Marx, "Mis&eacute;re de la Philosophie", Bruxelles et Paris 1847 &lt;Siehe Band 4, S. 63-182&gt;. - Karl Marx. "Kritik der Polit. Oekonomie", p. 64 &lt;siehe Band 13, S. 68/69&gt; <A HREF="me25_607.htm#Z25">&lt;=</A> </P></BODY>
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