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<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
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<!-- #BeginTemplate "/Templates/Mehring - Karl Marx.dwt" -->
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<TITLE>Franz Mehring: Karl Marx - »Das Kapital«</TITLE>
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<!--Hier war ein falsch terminierter Kommentar -->
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<TR>
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Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
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Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../default.htm"><SMALL>Franz
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Mehring</SMALL></A></TD>
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</TR>
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<HR size="1">
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<P><SMALL>Seitenzahlen nach: Franz Mehring - Gesammelte Schriften, Band 3. Berlin/DDR,
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1960, S. <!-- #BeginEditable "Seitenzahlen" -->364-393<!-- #EndEditable -->.<BR>
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1. Korrektur<BR>
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Erstellt am 30.10.1999</SMALL></P>
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<H2>Franz Mehring: Karl Marx - Geschichte seines Lebens</H2>
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<H1><!-- #BeginEditable "Titel" -->Zwölftes Kapitel: »Das Kapital«<!-- #EndEditable --></H1>
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<!-- #BeginEditable "Text" -->
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<H3 ALIGN="CENTER">1. Die Geburtswehen<A name="Kap_1"></A></H3>
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<P><B>|364|</B> Wenn Marx die Teilnahme an dem Genfer Kongreß ablehnte,
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weil ihm die Vollendung seines Hauptwerks - er meinte, bisher habe er nur Kleinigkeiten
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gemacht - für die Arbeiter wichtiger zu sein schien als die Beteiligung an
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irgendeinem Kongresse, so hatte er im Auge, daß er seit dem 1. Januar 1866
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mit der Reinschrift und Stilisierung des ersten Bandes begonnen hatte. Und die
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Sache ging zunächst flott voran, da es ihm »natürlich Spaß machte,
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das Kind glatt zu lecken nach so vielen Geburtswehen«.</P>
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<P>Diese Geburtswehen hatten ziemlich zweimal so viele Jahre gewährt wie
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die Physiologie Monate zur Herausgabe eines fertigen Menschenkindes gebraucht.
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Marx durfte mit Recht sagen, vielleicht niemals sei ein Werk dieser Art unter
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schwierigeren Verhältnissen geschrieben worden. Immer wieder hatte er sich
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einen Zeitpunkt festgesetzt, um »in fünf Wochen«, wie 1851, oder »in sechs
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Wochen«, wie 1859, fertigzuwerden, aber immer wieder scheiterten diese Vorsätze
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an seiner unerbittlichen Selbstkritik und seiner unvergleichlichen Gewissenhaftigkeit,
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die ihn zu immer neuen Untersuchungen trieben und auch durch die ungeduldige Mahnung
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seines treuesten Freundes nicht erschüttert werden konnten.</P>
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<P>Ende 1865 war er mit der Arbeit fertig, aber doch nur in der Form eines riesigen
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Manuskripts, das in seiner nunmehrigen Gestalt von niemand herausgegeben werden
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konnte, außer von ihm selbst, nicht einmal von Engels. Aus dieser gewaltigen
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Masse hat Marx vom Januar 1866 bis März 1867 den ersten Band des »Kapitals«
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in seiner klassischen Fassung herausgearbeitet als ein »artistisches Ganzes«,
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was seiner fabelhaften Arbeitskraft immer noch das glänzendste Zeugnis ausstellt.
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Denn diese fünf Vierteljahre waren daneben erfüllt durch beständige
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und wie im Februar 1866, selbst lebensgefährliche Krankheitszustände,
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durch eine Aufhäufung von Schulden, die ihm »das Gehirn zusammendrückten«,
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und nicht zuletzt auch durch die zeitraubenden Vorarbeiten für den Genfer
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Kongreß der Internationalen.</P>
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<P><B><A NAME="S365">|365|</A></B> Im November 1866 ging das erste Bündel
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Manuskript an Otto Meißner in Hamburg ab, einen Verleger demokratischer
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Literatur, bei dem Engels schon seine kleine Schrift über die preußische
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Militärfrage hatte erscheinen lassen. Mitte April 1867 brachte Marx den Rest
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des Manuskripts selbst nach Hamburg und fand in Meißner einen »netten Kerl«,
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mit dem nach kurzem Verhandeln alles in Ordnung war. Um die ersten Proben des
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Druckes abzuwarten, der in Leipzig hergestellt wurde, besuchte Marx seinen Freund
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Kugelmann in Hannover, wo er in einer liebenswürdigen Familie die gastlichste
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Aufnahme fand. Er verlebte hier glückliche Wochen, die er selbst zu »den
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schönsten und freudigsten Oasen in der Lebenswüste« zählte. Ein
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wenig zu seiner frohen Stimmung trug auch bei, daß ihm, dem in dieser Beziehung
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ganz Unverwöhnten, die gebildeten Kreise Hannovers mit Achtung und Sympathie
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entgegenkamen; »wir zwei haben doch«, schrieb er am 24. April an Engels, »eine
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ganz andere Stellung ... unter dem ›gebildeten‹ Beamtentum, als wir wissen«. Und
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Engels antwortete am 27. April: »Es ist mir immer so gewesen, als wenn dies verdammte
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Buch, an dem Du so lange getragen hast, der Grundkern von allem Deinem Pech war
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und Du nie herauskommen würdest und könntest, solange dies nicht abgeschüttelt.
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Dies ewig unfertige Ding drückte Dich körperlich, geistig und finanziell
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zu Boden, und ich kann sehr gut begreifen, daß Du jetzt, nach Abschüttelung
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dieses Alps, Dir wie ein ganz andrer Kerl vorkommst, besonders da die Welt, sobald
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Du nur erst wieder einmal hineinkommst, auch nicht so trübselig aussieht
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wie vorher.« Daran knüpfte Engels die Hoffnung, nun bald vom »hündischen
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Kommerz« erlöst zu sein. Solange er da drin stecke, sei er zu nichts fähig;
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besonders seitdem er Prinzipal sei, wäre das viel schlimmer geworden, wegen
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der größeren Verantwortlichkeit.</P>
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<P>Marx antwortete ihm darauf am 7. Mai: »Ich hoffe und glaube zuversichtlich,
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nach Jahresfrist so weit ein gemachter Mann zu sein, daß ich von Grund aus
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meine ökonomischen Verhältnisse reformieren und endlich wieder auf eigenen
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Füßen stehn kann. Ohne Dich hätte ich das Werk nie zu Ende bringen
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können, und ich versichere Dir, es hat mir immer wie ein Alp auf dem Gewissen
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gelastet, daß Du Deine famose Kraft hauptsächlich meinetwegen kommerziell
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vergeuden und verrosten ließest und, into the bargain [Mehring übersetzt:
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obendrein] noch alle meine petites misères [Mehring übersetzt: kleines
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Elend] mit durchleben mußtest.« Marx ist nun freilich weder im nächsten
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Jahre, noch überhaupt ein »gemachter Mann« geworden, und Engels mußte
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den »hündischen Kommerz« noch einige Jahre mit ansehen, aber der Horizont
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begann sich doch zu lichten.</P>
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<P><B><A NAME="S366">|366|</A></B> Eine lang gestundete Briefschuld an einen Anhänger,
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den Bergwerksingenieur Siegfried Meyer, der bis dahin in Berlin gelebt hatte und
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um diese Zeit nach den Vereinigten Staaten übersiedelte, trug Marx in diesen
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hannöverschen Tagen mit Worten ab, die seine »Herzlosigkeit« abermals in
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helles Licht setzen. Er schrieb: »Sie müssen sehr schlecht von mir denken
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und um so schlechter, wenn ich Ihnen sage, daß Ihre Briefe mir nicht nur
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eine große Freude bereitet haben, sondern ein <I>wahrer Trost</I> für
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mich waren während der sehr qualvollen Periode, worin sie mir zukamen. Einen
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tüchtigen Mann, à la hauteur des principes [Mehring übersetzt:
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auf der Höhe des Prinzips] für unsre Partei gesichert zu wissen, entschädigt
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mich für das Schlimmste. Zudem waren Ihre Briefe voll der liebenswürdigsten
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Freundschaft für mich persönlich, und Sie begreifen, daß ich,
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der mit der Welt (der offiziellen) im bittersten Kampfe stehe, dies am wenigsten
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unterschätzen kann. - Warum ich Ihnen also nicht antwortete? Weil ich fortwährend
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am Rande des Grabe schwebte. Ich mußte also <I>jeden</I> arbeitsfähigen
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Moment benutzen, um mein Werk fertigzumachen, dem ich Gesundheit, Lebensglück
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und Familie geopfert habe. Ich hoffe, daß diese Erklärung keines weiteren
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Zusatzes bedarf. Ich lache über die sogenannten ›praktischen‹ Männer
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und ihre Weisheit. Wenn man ein Ochse sein wollte, könnte man natürlich
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den Menschheitsqualen den Rücken kehren und für seine eigne Haut sorgen.
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Aber ich hätte mich wirklich für <I>unpraktisch</I> gehalten, wenn ich
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krepiert wäre, ohne mein Buch, wenigstens im Manuskript, ganz fertig zumachen.«</P>
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<P>In der gehobenen Stimmung dieser Tage hat Marx es auch ernsthaft aufgenommen,
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als ihm ein sonst unbekannter Advokat Warnebold den angeblichen Wunsch Bismarcks
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übermittelte, ihn und seine großen Talente im Interesse des deutschen
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Volks zu verwerten. Nicht als ob Marx von dieser Lockung berauscht gewesen wäre;
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er wird darüber gedacht haben wie Engels: »Es ist bezeichnend für die
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Denkweise und den Horizont des Kerls, daß er alle Leute nach sich beurteilt.«
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Aber in de nüchternen Alltagsstimmung würde Marx schwerlich an die Botschaft
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Warnebolds geglaubt haben. In den noch ganz unfertigen Zuständen des Norddeutschen
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Bundes, nachdem kaum die Gefahr eines Krieges mit Frankreich wegen des Luxemburgischen
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Handels beschworen worden war, konnte Bismarck unmöglich daran denken, die
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kaum erst in sein Lager übergegangene Bourgeoisie, die schon zu seinen Gehilfen
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Bucher und Wagener sehr scheel sah, noch dadurch vor den Kopf zu stoßen,
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daß er den Verfasser des »Kommunistischen Manifestes« in seine Dienst, nahm.</P>
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<P><B><A NAME="S367">|367|</A></B> Nicht mit Bismarck, aber mit einer Verwandten
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Bismarcks erlebte Marx auf seiner Rückreise nach London ein kleines Abenteuer,
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über das er nicht ohne Behagen an Kugelmann berichtete. Auf dem Dampfer bat
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ihn ein deutsches Fräulein, das ihm schon durch seine militärische Haltung
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aufgefallen war, um nähere Auskunft über die Londoner Eisenbahnstationen,
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wobei sich ergab, daß sie einige Stunden auf den Zug warten mußte,
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den sie zu benutzen hatte, und diese Zeit verkürzte ihr Marx ritterlich durch
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Spazierengehen im Hyde Park. »Es ergab sich, daß sie Elisabeth von Puttkamer
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hieß, <I>Nichte Bismarcks</I>, bei dem sie eben einige Wochen in Berlin
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zugebracht hatte. Sie hatte die ganze Armeeliste bei sich, da diese Familie unser
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›tapferes Kriegsheer‹ überreichlich mit Herren von Ehr' und Taille versieht.
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Sie war ein munteres, gebildetes Mädchen, aber aristokratisch und schwarzweiß
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bis zur Nasenspitze. Sie war nicht wenig erstaunt, als sie erfuhr, daß sie
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in <I>›rote‹</I> Hände gefallen sei.« Doch die kleine Dame verlor deshalb
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die gute Laune nicht. In einem zierlichen Brieflein sagte sie voll »kindlicher
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Hochachtung« ihrem Ritter »herzinnigsten Dank« für alle Mühe, die er
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mit ihr als einem »unerfahrenen Geschöpf« gehabt habe, und so ließen
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auch ihre Eltern vermelden, sie seien glücklich zu erfahren, daß es
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noch gute Menschen auf der Reise gebe.</P>
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<P>In London erledigte Marx die Korrekturen seines Buches. Ohne ein gelegentliches
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Schelten über die Saumseligkeit des Druckes ging es auch diesmal nicht ab,
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aber schon am 16. August 1867, um 2 Uhr nachts, konnte er Engels melden, daß
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er eben den letzten (49.) Bogen fertig korrigiert habe. »Also <I>dieser Band ist
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fertig</I>. Bloß <I>Dir</I> verdanke ich es, daß dies möglich
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war! Ohne Deine Aufopferung für mich konnte ich unmöglich die ungeheuren
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Arbeiten zu den drei Bänden machen. I embrace you, full of thanks ... Salut
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[Mehring übersetzt: Ich umarme Dich, voller Dank! Gruß], mein lieber,
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teurer Freund!«</P>
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<H3 ALIGN="CENTER">2. Der erste Band<A name="Kap_2"></A></H3>
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<P>In dem ersten Kapitel seines Werkes faßte Marx noch einmal zusammen,
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was er in seiner Schrift von 1859 über Ware und Geld ausgeführt hatte.
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Es geschah nicht nur der Vollständigkeit wegen, sondern weil selbst gute
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Köpfe die Sache nicht ganz richtig begriffen hätten, also in der Darstellung
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etwas Mangelhaftes sein müsse, speziell der Analyse der Ware.</P>
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<P><B><A NAME="S368">|368|</A></B> Zu diesen guten Köpfen gehörten freilich
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nicht die deutschen Gelehrten, die gerade das erste Kapitel des »Kapitals« wegen
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seiner »unklaren Mystik« verwünscht haben. »Eine Ware scheint auf den ersten
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Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß
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sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer
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Mucken. Soweit sie <I>Gebrauchswert</I>, ist nichts Mysteriöses an ihr ...
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Die Form des Holzes z.B. wird verändert, wenn man aus ihm einen Tisch macht.
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Nichtsdestoweniger bleibt der Tisch Holz, ein ordinäres sinnliches Ding.
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Aber sobald er <I>als Ware</I> auftritt, verwandelt es sich in ein sinnlich übersinnliches
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Ding. Er steht nicht nur mit seinen Füßen auf dem Boden, sondern er
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stellt sich allen andren Waren gegenüber auf den Kopf, und entwickelt aus
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seinem Holzkopf Grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien Stücken
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zu tanzen begänne.«<A name="ZT1"></A><A href="fm03_364.htm#Z1"><SPAN class="top">[1]</SPAN></A> Das nahmen alle Holzköpfe übel, die übersinnliche
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Spitzfindigkeiten und theologische Mucken in schwerer Menge produzieren, aber
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nicht so viel sinnliches Ding produzieren können, wie ein ordinärer
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sinnlicher Tisch von Holz sein mag.</P>
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<P>Tatsächlich gehört dies erste Kapitel, unter rein schriftstellerischem
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Gesichtspunkt, zu dem Bedeutendsten, was Marx geschrieben hat. Er ging dann zu
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der Untersuchung über, wie sich Geld in Kapital verwandelt. Tauschen sich
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in der Warenzirkulation gleiche Werte gegeneinander aus, wie kann der Geldbesitzer
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Waren zu ihrem Werte kaufen und zu ihrem Werte verkaufen, dennoch aber mehr Wert
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herausziehen, als er hineingeworfen hatte? Er kann es deshalb, weil er unter den
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gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen auf dem Warenmarkt eine
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Ware von so eigentümlicher Beschaffenheit vorfindet, daß ihr Verbrauch
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eine Quelle von neuem Wert ist. Diese Ware ist die Arbeitskraft.</P>
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<P>Sie existiert in der Gestalt des lebendigen Arbeiters, der zu seiner Existenz
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sowie zur Erhaltung seiner Familie, die die Fortdauer der Arbeitskraft auch nach
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seinem Tode sichert, einer bestimmten Summe von Lebensmitteln bedarf. Die zur
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Hervorbringung dieser Lebensmittel nötige Arbeitszeit stellt den Wert der
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Arbeitskraft dar. Dieser im Lohne gezahlte Wert ist aber weit geringer als der
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Wert, den der Käufer der Arbeitskraft aus ihr zu schöpfen vermag. Die
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Mehrarbeit des Arbeiters über die zur Ersetzung seines Lohnes nötige
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Zeit hinaus ist die Quelle des Mehrwerts, der stets wachsenden Anschwellung des
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Kapitals. Die unbezahlte Arbeit des Arbeiters erhält alle nichtarbeitenden
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Mitglieder der Gesellschaft; auf ihr beruht der ganze gesellschaftliche Zustand
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worin wir leben.</P>
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<P><B><A NAME="S369">|369|</A></B> Zwar ist die unbezahlte Arbeit an sich keine
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Eigentümlichkeit der modernen bürgerlichen Gesellschaft. Solange es
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besitzende und besitzlose Klassen gibt, hat die besitzlose Klasse stets unbezahlte
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Arbeit leisten müssen. Solange ein Teil der Gesellschaft das Monopol der
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Produktionsmittel besitzt, muß der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner
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Selbsterhaltung nötigen Arbeitszeit überschüssige Arbeitszeit zusetzen,
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um die Lebensmittel für die Eigner der Produktionsmittel zu produzieren.
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Die Lohnarbeit ist nur eine besondere historische Form des seit der Klassenscheidung
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herrschenden Systems unbezahlter Arbeit, eine besondere historische Form, die
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als solche untersucht werden muß, um richtig verstanden zu werden.</P>
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<P>Zur Verwandlung von Geld in Kapital muß der Geldbesitzer den freien Arbeiter
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auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinne, daß er als freie
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Person über seine Arbeitskraft als seine Ware verfügt und daß
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er andere Waren nicht zu verkaufen hat, daß er los und ledig ist von allen
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zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft nötigen Sachen. Es ist kein naturgeschichtliches
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Verhältnis, denn die Natur produziert nicht auf der einen Seite Geld- oder
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Warenbesitzer und auf der anderen Seite bloße Besitzer der eigenen Arbeitskraft.
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Es ist aber auch kein gesellschaftliches Verhältnis, das allen Geschichtsperioden
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gemeinsam wäre, sondern das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung,
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das Produkt vieler ökonomischer Umwälzungen, des Untergangs einer ganzen
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Reihe älterer Formationen der gesellschaftlichen Produktion.</P>
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<P>Die Warenproduktion ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion, Warenzirkulation
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und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die geschichtlichen Voraussetzungen,
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|
unter denen es entsteht. Von der Schöpfung des modernen Welthandels und Weltmarktes
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im sechzehnten Jahrhundert datiert die moderne Lebensgeschichte des Kapitals.
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Die Illusion der Vulgärökonomen, als habe es einmal eine fleißige
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Elite gegeben, die Reichtum akkumulierte, und eine Masse faulenzender Lumpen,
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die schließlich nichts zu verkaufen hatten als ihre eigene Haut, ist eine
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fade Kinderei; eine ebenso fade Kinderei wie das Halbdunkel, worin die bürgerlichen
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Historiker die Auflösung der feudalen Produktionsweise darstellen als Emanzipation
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|
des Arbeiters und nicht zugleich als Verwandlung der feudalen in die kapitalistische
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Produktionsweise. Indem die Arbeiter aufhörten, unmittelbar zu den Produktionsmitteln
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zu gehören wie Sklaven und Leibeigene, hörten die Produktionsmittel
|
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auf, ihnen zu gehören wie beim selbstwirtschaftenden Bauern und Handwerker.
|
||
|
Durch eine Reihe gewaltsamer und grausamer Methoden, die Marx im Kapitel über
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||
|
die ursprüngliche Akkumulation an der englischen <A NAME="S370"></A><B>|370|*</B>
|
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|
Geschichte ausführlich schildert, wurde die große Volksmasse von Grund
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||
|
und Boden und Lebensmitteln und Arbeitswerkzeugen enteignet. So entstanden die
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||
|
freien Arbeiter, deren die kapitalistische Produktionsweise bedarf; vom Kopf bis
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||
|
zur Zehe, aus allen Poren blut- und schmutztriefend, kam das Kapital zur Welt.
|
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|
Sobald es einmal auf eigenen Füßen stand, erhielt es nicht nur die
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||
|
Scheidung zwischen dem Arbeiter und dem Eigentum an den Verwirklichungsbedingungen
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||
|
der Arbeit, sondern reproduzierte sie auf stets wachsender Stufenleiter.</P>
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||
|
<P>Von den früheren Arten unbezahlter Arbeit unterscheidet sich die Lohnarbeit
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||
|
dadurch, daß die Bewegung des Kapitals maßlos, sein Heißhunger
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||
|
nach Mehrarbeit unersättlich ist. In ökonomischen Gesellschaftsformationen,
|
||
|
wo nicht der Tauschwert, sondern der Gebrauchswert des Produkts überwiegt,
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||
|
wird die Mehrarbeit durch einen engeren oder weiteren Kreis von Bedürfnissen
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||
|
beschränkt, aber aus der Art der Produktion entspringt kein schrankenloses
|
||
|
Bedürfnis nach Mehrarbeit. Anders wo der Tauschwert vorwiegt. Als Produzent
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||
|
von fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Ausbeuter von Arbeitskraft
|
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|
übergipfelt das Kapital an Energie, Maßlosigkeit und Wirksamkeit alle
|
||
|
früheren, auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionsprozesse. Es kommt
|
||
|
ihm nicht auf den Arbeitsprozeß an, die Erzeugung von Gebrauchswerten, sondern
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||
|
auf den Verwertungsprozeß, die Erzeugung von Tauschwerten, aus denen es
|
||
|
mehr Wert herausschlagen kann, als es hineingesteckt hat. Der Hunger nach Mehrwert
|
||
|
kennt kein Gefühl der Sättigung; die Produktion von Tauschwerten besitzt
|
||
|
die Schranke nicht, die der Produktion der Gebrauchswerte in der Befriedigung
|
||
|
der Bedürfnisse gezogen ist.</P>
|
||
|
<P>Wie die Ware Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert, so ist der Produktionsprozeß
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der Ware Einheit von Arbeits- und Wertbildungsprozeß. Der Wertbildungsprozeß
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dauert bis zu dem Punkte, wo der im Lohne gezahlte Wert der Arbeitskraft durch
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einen gleichen Wert ersetzt ist. Über diesen Punkt hinaus wird er zum Erzeugungsprozeß
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|
von Mehrwert, zum Verwertungsprozeß. Als Einheit von Arbeits- und Verwertungsprozeß
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||
|
wird er kapitalistischer Produktionsprozeß, kapitalistische Form der Warenproduktion.
|
||
|
Im Arbeitsprozesse wirken Arbeitskraft und Produktionsmittel zusammen; im Verwertungsprozeß
|
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|
erscheinen dieselben Kapitalbestandteile als konstantes und variables Kapital.
|
||
|
Das konstante Kapital setzt sich in Produktionsmittel um, in Rohmaterial, Hilfsstoffe,
|
||
|
Arbeitsmittel und verändert seine Wertgröße nicht im Produktionsprozesse.
|
||
|
Das variable Kapital setzt sich in Arbeitskraft um und verändert im Produktionsprozesse
|
||
|
seinen Wert; es reproduziert seinen <A NAME="S371"></A><B>|371|</B> eigenen Wert
|
||
|
und einen Überschuß darüber, Mehrwert, der selbst wechseln, größer
|
||
|
oder kleiner sein kann. So schafft sich Marx klare Bahn für die Untersuchung
|
||
|
des Mehrwerts, von dem er zwei Formen findet, den absoluten und den relativen
|
||
|
Mehrwert, die eine verschiedene, aber jeder eine entscheidende Rolle in der Geschichte
|
||
|
der kapitalistischen Produktionsweise gespielt haben.</P>
|
||
|
<P>Absoluter Mehrwert wird produziert, indem der Kapitalist die Arbeitszeit über
|
||
|
die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Zeit ausdehnt. Ginge es nach
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||
|
seinem Wunsche, so hätte der Arbeitstag vierundzwanzig Stunden, denn je länger
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||
|
der Arbeitstag ist, um so größeren Mehrwert produziert er. Umgekehrt
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hat der Arbeiter das richtige Gefühl, daß jede Stunde Arbeit, die er
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über die Ersetzung des Arbeitslohnes hinaus arbeitet, ihm unrechtmäßig
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entzogen wird; er hat an seinem eigenen Körper durchzumachen, was es heißt,
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überlange Zeit zu arbeiten. Der Kampf um die Länge des Arbeitstages
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dauert vom ersten geschichtlichen Auftreten freier Arbeiter bis auf den heutigen
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Tag. Der Kapitalist kämpft für seinen Profit, und die Konkurrenz zwingt
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ihn, mag er persönlich ein edler Mensch oder ein schlechter Kerl sein, den
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Arbeitstag bis an die äußerste Grenze menschlicher Leistungsfähigkeit
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auszurecken. Der Arbeiter kämpft für seine Gesundheit, für ein
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paar Stunden täglicher Ruhe, um außer Arbeiten, Essen und Schlafen
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sich auch sonst noch als Mensch betätigen zu können. Marx schildert
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in eindrucksvollster Weise den halbhundertjährigen Bürgerkrieg, den
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die Kapitalisten- und die Arbeiterklasse in England gekämpft hat, von der
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Geburt der großen Industrie an, die die Kapitalisten antrieb, jede Schranke
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zu zertrümmern, die Natur und Sitte, Alter und Geschlecht, Tag und Nacht
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der Ausbeutung des Proletariats setzten, bis zum Erlaß der Zehnstundenbill,
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die die Arbeiterklasse erkämpfte, als ein übermächtiges gesellschaftliches
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Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital
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sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.</P>
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<P>Relativer Mehrwert wird produziert, indem die zur Reproduktion der Arbeitskraft
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notwendige Arbeitszeit zugunsten der Mehrarbeit verkürzt wird. Der Wert der
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Arbeitskraft wird dadurch gesenkt, daß die Produktivkraft der Arbeit in
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denjenigen Industriezweigen gesteigert wird, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft
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bestimmen. Dazu ist notwendig eine fortwährende Umwälzung der Produktionsweise,
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der technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses. Die historischen,
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ökonomischen, technologischen und sozialpsychologischen Ausführungen,
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|
die Marx hierüber macht, in einer Reihe von Kapiteln, <A NAME="S372"></A><B>|372|</B>
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die die Kooperation, die Teilung der Arbeit und die Manufaktur, die Maschinerie
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und die große Industrie behandeln, sind auch von bürgerlicher Seite
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als eine reiche Fundgrube der Wissenschaft anerkannt worden.</P>
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<P>Marx zeigt nicht nur, daß die Maschinerie und große Industrie ein
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so furchtbares Elend geschaffen hat wie keine Produktionsweise vor ihr, sondern
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er zeigt auch, daß sie in ihrer unausgesetzten Revolutionierung der kapitalistischen
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Gesellschaft eine höhere Gesellschaftsform vorbereitet. Die Fabrikgesetzgebung
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ist die erste bewußte und planmäßige Rückwirkung der Gesellschaft
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auf die naturwidrige Gestalt ihres Produktionsprozesses. Indem sie die Arbeit
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in Fabriken und Manufakturen reguliert, erscheint sie zunächst nur als Einmischung
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in die Ausbeutungsrechte des Kapitals.</P>
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<P>Aber die Gewalt der Tatsachen zwingt sie alsbald, auch die Hausarbeit zu regulieren
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und in die elterliche Autorität einzugreifen, damit aber anzuerkennen, daß
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die große Industrie mit der ökonomischen Grundlage des alten Familienwesens
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und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch die alten Familienverhältnisse
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selbst auflöst. »So furchtbar und ekelhaft nun die Auflösung des alten
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Familienwesens innerhalb des kapitalistischen Systems erscheint, so schafft nichtsdestoweniger
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die große Industrie mit der entscheidenden Rolle, die sie den Weibern, jungen
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Personen und Kindern beiderlei Geschlechts in gesellschaftlich organisierten Produktionsprozessen
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jenseits der Sphäre des Hauswesens zuweist, die neue ökonomische Grundlage
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für eine höhere Form der Familie und des Verhältnisses beider Geschlechter.
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Es ist natürlich ebenso albern, die christlich germanische Form der Familie
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für absolut zu halten, als die altrömische Form oder die altgriechische
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oder die orientalische, die übrigens untereinander eine geschichtliche Entwicklungsreihe
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bilden. Ebenso leuchtet ein, daß die Zusammensetzung des kombinierten Arbeitspersonals
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aus Individuen beiderlei Geschlechts und der verschiedensten Altersstufen, obgleich
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in ihrer naturwüchsig brutalen, kapitalistischen Form, wo der Arbeiter für
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den Produktionsprozeß, nicht der Produktionsprozeß für den Arbeiter
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da ist, Pestquelle des Verderbs und der Sklaverei, unter entsprechenden Verhältnissen
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umgekehrt zur Quelle humaner Entwicklung umschlagen muß.«<A name="ZT2"></A><A href="fm03_364.htm#Z2"><SPAN class="top">[2]</SPAN></A> Die Maschine,
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|
die den Arbeiter zu ihrem bloßen Anhängsel entwürdigt, schafft
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zugleich die Möglichkeit, die Produktivkräfte der Gesellschaft auf einen
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Höhegrad zu steigern, der eine gleich menschenwürdige Entwicklung für
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alle Glieder der Gesellschaft möglich machen wird, wofür alle früheren
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Gesellschaftsformen zu arm waren.</P>
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<P><B><A NAME="S373">|373|</A></B> Nachdem Marx die Produktion des absoluten und
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des relativen Mehrwerts untersucht hat, gibt er die erste rationelle Theorie des
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Arbeitslohnes, die die Geschichte der politischen Ökonomie kennt. Der Preis
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einer Ware ist ihr in Geld ausgedrückter Wert, und der Arbeitslohn ist der
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Preis der Arbeitskraft. Nicht die Arbeit erscheint auf dem Warenmarkte, sondern
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der Arbeiter, der seine Arbeitskraft feilbietet, und Arbeit entsteht erst durch
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den Verbrauch der Ware Arbeitskraft. Die Arbeit ist die Substanz und das immanente
|
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Maß der Werte, aber sie selbst hat keinen Wert. Dennoch scheint im Arbeitslohn
|
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die Arbeit bezahlt zu werden, weil der Arbeiter erst nach getaner Arbeit seinen
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Lohn erhält. Die Form des Arbeitslohnes löscht jede Spur der Teilung
|
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des Arbeitstages in bezahlte und nichtbezahlte Arbeit aus. Es ist umgekehrt wie
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beim Sklaven. Der Sklave scheint nur für seinen Herrn zu arbeiten, auch in
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dem Teile des Arbeitstages, worin er nur den Wert seiner eigenen Lebensmittel
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ersetzt; alle seine Arbeit erscheint als unbezahlte Arbeit. Bei der Lohnarbeit
|
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|
erscheint umgekehrt selbst die unbezahlte Arbeit als bezahlt. Dort verbirgt das
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Eigentumsverhältnis das Fürsichselbstarbeiten des Sklaven, hier das
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Geldverhältnis das Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters. Man begreift daher,
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sagt Marx, die entscheidende Wichtigkeit der Verwandlung von Wert und Preis der
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Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohnes oder in Wert und Preis der Arbeit selbst.
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Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht
|
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und gerade sein Gegenteil zeigt, beruhen alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters
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wie des Kapitalisten, alle Mystifikationen der kapitalistischen Produktionsweise,
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alle ihre Freiheitsillusionen, alle beschönigenden Flausen der Vulgärökonomie.</P>
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<P>Die beiden Grundformen des Arbeitslohnes sind der Zeitlohn und der Stücklohn.
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An den Gesetzen des Zeitlohnes weist Marx namentlich die interessierte Hohlheit
|
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der Redensarten nach, wonach durch eine Beschränkung des Arbeitstages der
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|
Lohn gesenkt werden soll. Genau das Gegenteil ist richtig. Vorübergehende
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|
Verkürzung des Arbeitstages senkt den Lohn, aber dauernde Verkürzung
|
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|
hebt ihn; je länger der Arbeitstag, desto niedriger der Lohn.</P>
|
||
|
<P>Der Stücklohn ist nichts als eine verwandelte Form des Zeitlohnes; er
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ist die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechendste Form des Arbeitslohnes.
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Er gewann größeren Spielraum während der eigentlichen Manufakturperiode
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|
und diente in der Sturm- und Drangperiode der englischen Großindustrie als
|
||
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Hebel zur Verlängerung der Arbeitszeit und Verkürzung des Arbeitslohnes.
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Der Stücklohn ist sehr vorteilhaft für den Kapitalisten, da er großenteils
|
||
|
die Arbeitsaufsicht überflüssig macht und obendrein die mannigfachste
|
||
|
Gelegenheit zu Lohnabzügen und sonstigen <A NAME="S374"></A><B>|374|*</B>
|
||
|
Prellereien bietet. Für die Arbeiter bringt er dagegen große Nachteile
|
||
|
mit sich: Abrackern durch Überarbeit, die den Lohn steigern soll, während
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||
|
sie ihn tatsächlich zu senken strebt, gesteigerte Konkurrenz unter den Arbeitern
|
||
|
und Abschwächung ihres Solidaritätsbewußtseins, Dazwischenschiebung
|
||
|
von Schmarotzerexistenzen zwischen Kapitalisten und Arbeitern, von Mittelspersonen,
|
||
|
die dem gezahlten Lohn ein erkleckliches Stück abzwacken, und anderes mehr.</P>
|
||
|
<P>Das Verhältnis von Mehrwert und Arbeitslohn bedingt, daß die kapitalistische
|
||
|
Produktionsweise nicht nur dem Kapitalisten sein Kapital stets neu reproduziert,
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||
|
sondern daß sie auch immer wieder die Armut der Arbeiter produziert: auf
|
||
|
der einen Seite die Kapitalisten, die die Eigentümer aller Lebensmittel,
|
||
|
aller Rohprodukte und aller Arbeitswerkzeuge sind, und auf der anderen Seite die
|
||
|
große Masse der Arbeiter, die gezwungen ist, ihre Arbeitskraft diesen Kapitalisten
|
||
|
für ein Quantum Lebensmittel zu verkaufen, das im besten Falle eben hinreicht,
|
||
|
sie in arbeitsfähigem Zustande zu erhalten und ein neues Geschlecht arbeitsfähiger
|
||
|
Proletarier heranzuziehen. Aber das Kapital reproduziert sich nicht bloß,
|
||
|
sondern es vergrößert und vermehrt sich beständig; diesem »Akkumulationsprozesse«
|
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|
widmet Marx den letzten Abschnitt des ersten Bandes.</P>
|
||
|
<P>Nicht nur entspringt Mehrwert aus Kapital, sondern Kapital entspringt auch
|
||
|
aus Mehrwert. Ein Teil des jährlich produzierten Mehrwerts wird von den besitzenden
|
||
|
Klassen, unter die er sich verteilt, als Revenue verzehrt, ein anderer Teil aber
|
||
|
als Kapital akkumuliert. Die unbezahlte Arbeit, die der Arbeiterklasse ausgepumpt
|
||
|
worden ist, dient jetzt als Mittel, ihr immer mehr unbezahlte Arbeit auszupumpen.
|
||
|
Im Strome der Produktion wird überhaupt alles ursprünglich vorgeschossene
|
||
|
Kapital eine verschwindende Größe, verglichen mit dem direkt akkumulierten
|
||
|
Kapital, das heißt dem in Kapital rückverwandelten Mehrwert oder Mehrprodukt,
|
||
|
ob nun funktionierend in der Hand, die akkumuliert hat, oder in fremder Hand.
|
||
|
Das auf Warenproduktion und Warenzirkulation beruhende Gesetz des Privateigentums
|
||
|
schlägt durch seine eigene, innere, unvermeidliche Dialektik in sein direktes
|
||
|
Gegenteil um. Die Gesetze der Warenproduktion scheinen das Eigentumsrecht auf
|
||
|
eigene Arbeit zu gründen. Gleichberechtigte Warenbesitzer standen sich gegenüber;
|
||
|
das Mittel zur Aneignung der fremden Ware war nur die Veräußerung der
|
||
|
eigenen Ware, und die eigene Ware konnte nur durch Arbeit hergestellt werden.
|
||
|
Jetzt erscheint Eigentum, auf Seite des Kapitalisten, als das Recht, fremde unbezahlte
|
||
|
Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters, als die Unmöglichkeit,
|
||
|
sich sein eigenes Produkt anzueignen.</P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S375">|375|</A></B> Als die modernen Proletarier hinter diesen
|
||
|
Zusammenhang zu kommen begannen, als das städtische Proletariat in Lyon die
|
||
|
Sturmglocke läutete und das ländliche Proletariat in England den roten
|
||
|
Hahn fliegen ließ, da erfanden die Vulgärökonomen die »Abstinenztheorie«,
|
||
|
wonach das Kapital durch »freiwillige Enthaltung« der Kapitalisten entsteht, eine
|
||
|
Theorie, die Marx ebenso unbarmherzig geißelt, wie Lassalle sie vor ihm
|
||
|
gegeißelt hatte. Was aber wirklich zur Akkumulation des Kapitals beiträgt,
|
||
|
das ist die erzwungene »Enthaltung« der Arbeiter, die gewaltsame Herabdrückung
|
||
|
des Lohnes unter den Wert der Arbeitskraft zu dem Zweck, den notwendigen Konsumtionsfonds
|
||
|
der Arbeiter teilweise in einen Akkumulationsfonds des Kapitals zu verwandeln.
|
||
|
Hier haben die Jammerschreie über das »luxuriöse« Leben der Arbeiter,
|
||
|
die endlosen Litaneien über jene Flasche Sekt, die einmal Maurer zum Frühstück
|
||
|
getrunken haben sollen, die wohlfeilen Kochrezepte christlicher Sozialreformer
|
||
|
und was sonst in dies Gebiet kapitalistischer Klopffechterei gehört, ihren
|
||
|
tatsächlichen Ursprung.</P>
|
||
|
<P>Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation ist nun dieses. Wachstum
|
||
|
des Kapitals schließt Wachstum seines variabeln oder in Arbeitskraft umgesetzten
|
||
|
Bestandteils ein. Bleibt die Zusammensetzung des Kapitals unverändert, erheischt
|
||
|
eine bestimmte Menge Produktionsmittel stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in
|
||
|
Bewegung gesetzt zu werden, so wächst offenbar die Nachfrage nach Arbeit
|
||
|
und der Subsistenzfonds der Arbeiter verhältnismäßig mit dem Kapital,
|
||
|
und zwar um so rascher, je rascher das Kapital wächst. Wie die einfache Reproduktion
|
||
|
fortwährend das Kapitalverhältnis selbst reproduziert, so reproduziert
|
||
|
die Akkumulation das Kapitalverhältnis auf erweiterter Stufenleiter: mehr
|
||
|
Kapitalisten oder größere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter
|
||
|
auf jenem. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats, und
|
||
|
zwar erfolgt sie in dem vorausgesetzten Falle unter den für die Arbeiter
|
||
|
günstigsten Bedingungen. Von ihrem eigenen anschwellenden und schwellend
|
||
|
in neues Kapital verwandelten Mehrprodukt strömt ihnen ein größerer
|
||
|
Teil in der Form von Zahlungsmitteln zurück, so daß sie den Kreis ihrer
|
||
|
Genüsse erweitern, ihren Konsumtionsfonds von Kleidern, Möbeln usw.
|
||
|
besser ausstatten können. Jedoch wird dadurch das Abhängigkeitsverhältnis,
|
||
|
worin sie stehen, sowenig berührt, wie ein gut gekleideter und genährter
|
||
|
Sklave aufhört, Sklave zu sein. Immer müssen sie ein bestimmtes Quantum
|
||
|
unbezahlter Arbeit liefern, das zwar abnehmen kann, aber nie bis zu dem Punkte,
|
||
|
wo der kapitalistische Charakter des Produktionsprozesses ernsthaft gefährdet
|
||
|
werden würde. Steigen die Löhne über diesen Punkt, so stumpft der
|
||
|
Stachel des <A NAME="S376"></A><B>|376|</B> Gewinnes ab, und die Akkumulation
|
||
|
des Kapitals erschlafft, bis die Löhne wieder auf ein seinen Verwertungsbedürfnissen
|
||
|
entsprechendes Niveau gesunken sind.</P>
|
||
|
<P>Jedoch nur dann, wenn sich bei der Akkumulation des Kapitals das Verhältnis
|
||
|
zwischen seinem konstanten und variabeln Bestandteile nicht verändert, spannt
|
||
|
sich die goldene Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst schmiedet, loser nach
|
||
|
Umfang und Wucht. Tatsächlich tritt aber mit dem Fortgange der Akkumulation
|
||
|
eine große Revolution in der, wie Marx sie nennt, organischen Zusammensetzung
|
||
|
des Kapitals ein. Das konstante Kapital wächst auf Kosten des variabeln Kapitals;
|
||
|
die wachsende Produktivität der Arbeit bewirkt, daß die Masse der Produktionsmittel
|
||
|
schneller wächst als die Masse der ihnen einverleibten Arbeitskraft; die
|
||
|
Nachfrage nach Arbeit steigt nicht gleichmäßig mit der Akkumulation
|
||
|
des Kapitals, sondern sinkt verhältnismäßig. Dieselbe Wirkung
|
||
|
hat in anderer Form die Konzentration des Kapitals, die sich, unabhängig
|
||
|
von seiner Akkumulation, dadurch vollzieht, daß die Gesetze des kapitalistischen
|
||
|
Konkurrenzkampfs zur Verschlingung des kleinen Kapitals durch das große
|
||
|
führen. Während das im Fortgange der Akkumulation gebildete Zuschußkapital,
|
||
|
im Verhältnis zu seiner Größe, weniger und weniger Arbeiter anzieht,
|
||
|
stößt das in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr
|
||
|
und mehr von ihm früher beschäftigte Arbeiter ab. So entsteht eine relative,
|
||
|
das heißt für die Verwertungsbedürfnisse des Kapitals überschüssige
|
||
|
Arbeiterbevölkerung, eine industrielle Reservearmee, die während schlechter
|
||
|
oder mittelmäßiger Geschäftszeiten unter dem Wert ihrer Arbeitskraft
|
||
|
bezahlt und unregelmäßig beschäftigt wird, oder der öffentlichen
|
||
|
Armenpflege anheimfällt, unter allen Umständen aber dazu dient, die
|
||
|
Widerstandskraft der beschäftigten Arbeiter zu lähmen und ihre Löhne
|
||
|
niedrig zu halten.</P>
|
||
|
<P>Ist die industrielle Reservearmee notwendiges Produkt der Akkumulation oder
|
||
|
der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage, so wird sie umgekehrt
|
||
|
zum Hebel der kapitalistischen Produktionsweise. Mit der Akkumulation und der
|
||
|
sie begleitenden Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit wächst die plötzliche
|
||
|
Expansionskraft des Kapitals, die großer Menschenmassen bedarf, um sie plötzlich
|
||
|
und ohne Abbruch der Produktionsleiter in anderen Sphären auf neue Märkte
|
||
|
oder in neue Produktionszweige zu werfen. Der charakteristische Lebenslauf der
|
||
|
modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochenen,
|
||
|
zehnjährigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter
|
||
|
Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der beständigen Bildung, größeren
|
||
|
oder geringeren Absorption, und <A NAME="S377"></A><B>|377|</B> Wiederbildung
|
||
|
der industriellen Reservearmee. Je größer der gesellschaftliche Reichtum,
|
||
|
das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die
|
||
|
absolute Größe der Arbeiterbevölkerung und die Produktivkraft
|
||
|
ihrer Arbeit, desto größer die relative Überbevölkerung oder
|
||
|
industrielle Reservearmee. Ihre verhältnismäßige Größe
|
||
|
wächst mit den Potenzen des Reichtums. Je größer aber die industrielle
|
||
|
Reservearmee im Verhältnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter
|
||
|
die Arbeiterschichten, deren Elend im umgekehrten Verhältnis zu ihrer Arbeitsqual
|
||
|
steht. Je größer endlich die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und
|
||
|
die industrielle Reservearmee, desto größer der offizielle Pauperismus.
|
||
|
Dies ist das absolute allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation.</P>
|
||
|
<P>Aus ihm ergibt sich auch ihre geschichtliche Tendenz. Hand in Hand mit der
|
||
|
Akkumulation und Konzentration des Kapitals entwickelt sich die kooperative Form
|
||
|
des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewußte technologische
|
||
|
Anwendung der Wissenschaft, die planmäßig gemeinsame Ausbeutung der
|
||
|
Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel
|
||
|
und die Ökonomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als gemeinsame
|
||
|
Produktionsmittel kombinierter gesellschaftlicher Arbeit. Mit der beständig
|
||
|
abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, die alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses
|
||
|
usurpieren und monopolisieren, wächst die Masse des Elendes, des Druckes,
|
||
|
der Knechtung, der Degradation, der Ausbeutung, aber auch die Empörung der
|
||
|
stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses
|
||
|
selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol
|
||
|
wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgeblüht ist.
|
||
|
Die Konzentration der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit
|
||
|
erreichen einen Punkt, wo sie unverträglich werden mit ihrer kapitalistischen
|
||
|
Hülle. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schlägt, die
|
||
|
Enteigner werden enteignet.</P>
|
||
|
<P>Das individuelle, auf eigene Arbeit gegründete Eigentum stellt sich wieder
|
||
|
her, aber auf Grundlage der Errungenschaft der kapitalistischen Ära: als
|
||
|
Kooperation freier Arbeiter und als ihr Gemeineigentum an der Erde und den durch
|
||
|
die Arbeit selbst produzierten Produktionsmitteln. Natürlich ist die Verwandlung
|
||
|
des faktisch bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetriebe beruhenden kapitalistischen
|
||
|
Eigentums in gesellschaftliches Eigentum bei weitem nicht so langwierig, hart
|
||
|
und schwierig, wie die Verwandlung des auf eigener Arbeit der Individuen beruhenden,
|
||
|
zersplitterten Eigentums in kapitalistisches Eigentum war. <A NAME="S378"></A><B>|378|</B>
|
||
|
Hier handelte es sich um die Enteignung der Volksmasse durch wenige Usurpatoren,
|
||
|
dort wird es sich um die Enteignung weniger Usurpatoren durch die Volksmasse handeln.</P>
|
||
|
<H3 ALIGN="CENTER">3. Der zweite und dritte Band<A name="Kap_3"></A></H3>
|
||
|
<P>Mit dem zweiten und dritten Bande seines Werkes hatte Marx dasselbe Schicksal
|
||
|
wie mit dem ersten; er hoffte, sie bald nach dessen Erscheinen veröffentlichen
|
||
|
zu können, aber darüber vergingen lange Jahre, und es ist ihm nicht
|
||
|
mehr gelungen, sie druckfertig herzustellen.</P>
|
||
|
<P>Immer neue und immer tiefer dringende Studien, langwierige Krankheiten und
|
||
|
endlich der Tod hinderten ihn, das ganze Werk zu vollenden, und so hat Engels
|
||
|
die beiden Bände aus den unfertigen Manuskripten zusammengestellt, die sein
|
||
|
Freund hinterlassen hatte. Es waren Niederschriften, Entwürfe, Notizen, bald
|
||
|
zusammenhängende große Abschnitte, bald kurze hingeworfene Bemerkungen,
|
||
|
wie sie ein Forscher zur eigenen Verständigung macht - eine gewaltige geistige
|
||
|
Arbeit, die sich mit längeren Unterbrechungen auf die große Zeitspanne
|
||
|
von 1861 bis 1878 erstreckte.</P>
|
||
|
<P>Diese Umstände erklären, daß wir in den beiden letzten Bänden
|
||
|
des Kapitals nicht etwa eine abgeschlossene fertige Lösung aller wichtigster
|
||
|
Probleme der Nationalökonomie zu suchen haben, sondern zum Teil nur die Aufstellung
|
||
|
solcher Probleme, und dazu Fingerzeige, nach welcher Richtung die Lösung
|
||
|
zu suchen wäre. Wie die ganze Weltanschauung Marxens ist sein Hauptwerk keine
|
||
|
Bibel, mit fertigen, ein für allemal gültigen Wahrheiten letzter Instanz,
|
||
|
sondern ein unerschöpflicher Born der Anregung zur weiteren geistigen Arbeit,
|
||
|
zum weiteren Forschen und Kämpfen um die Wahrheit.</P>
|
||
|
<P>Dieselben Umstände erklären, daß auch äußerlich,
|
||
|
in der literarischen Form, der zweite und dritte Band nicht so vollendet sind,
|
||
|
nicht so von Geist blitzen und funkeln wie der erste Band. Doch bieten sie, gerade
|
||
|
in ihrer um jede Form unbekümmerten, einfachen Gedankenarbeit für manchen
|
||
|
Leser noch höheren Genuß als der erste. Inhaltlich bilden die beiden
|
||
|
Bände, obwohl sie leider bis jetzt in keiner Popularisation berücksichtigt,
|
||
|
also der breiten Masse der aufgeklärten Arbeiter unbekannt geblieben sind,
|
||
|
eine wesentliche Ergänzung und Weiterentwicklung des ersten Bandes, die für
|
||
|
das Verständnis des ganzen Systems unentbehrlich ist.</P>
|
||
|
<P><B><A NAME="S379">|379|</A></B> Im ersten Bande befaßt sich Marx mit
|
||
|
der Kardinalfrage der Nationalökonomie: Woher entspringt die Bereicherung,
|
||
|
wo ist die Quelle des Profits? Die Beantwortung dieser Frage wurde in der Zeit,
|
||
|
ehe Marx auftrat, nach zwei verschiedenen Richtungen gegeben.</P>
|
||
|
<P>Die »wissenschaftlichen« Verteidiger der besten der Welten, in der wir leben,
|
||
|
Männer, die zum Teil, wie Schulze-Delitzsch, auch bei den Arbeitern Ansehen
|
||
|
und Vertrauen genossen, erklärten den kapitalistischen Reichtum durch eine
|
||
|
ganze Reihe mehr oder minder plausibler Rechtfertigungsgründe und schlauer
|
||
|
Manipulationen: als die Frucht systematischen Preisaufschlags auf die Waren zur
|
||
|
»Entschädigung« des Unternehmers für das von ihm zur Produktion edelmütig
|
||
|
»überlassene« Kapital, als Vergütung für das »Risiko«, das jeder
|
||
|
Unternehmer laufe, als Lohn für die »geistige Leitung« des Unternehmens und
|
||
|
dergleichen mehr. Nach diesen Erklärungen kam es jedesmal nur darauf an,
|
||
|
den Reichtum der einen, also auch die Armut der andern als etwas »Gerechtes«,
|
||
|
mithin Unabänderliches hinzustellen.</P>
|
||
|
<P>Demgegenüber erklärten die Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft,
|
||
|
also die Schulen der Sozialisten, die vor Marx auftraten, die Bereicherung der
|
||
|
Kapitalisten zu allermeist als glatte Prellerei, ja als Diebstahl an den Arbeitern,
|
||
|
der durch die Dazwischenkunft des Geldes oder durch Mangel an Organisation des
|
||
|
Produktionsprozesses ermöglicht werde. Von hier aus kamen jene Sozialisten
|
||
|
zu verschiedenen utopischen Plänen, wie man durch Abschaffung des Geldes,
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||
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durch »Organisation der Arbeit« und dergleichen mehr die Ausbeutung beseitigen
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könne.</P>
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<P>Marx deckt nun im ersten Bande des »Kapitals« die wirkliche Wurzel der kapitalistischen
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Bereicherung auf. Er befaßt sich weder mit Rechtfertigungsgründen für
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die Kapitalisten noch mit Anklagen gegen ihre Ungerechtigkeit: er zeigt zum ersten
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Male, wie der Profit entsteht, und wie er in die Tasche des Kapitalisten wandert.
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Das erklärt er durch zwei entscheidende ökonomische Tatsachen: erstens
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dadurch, daß die Masse der Arbeiter aus Proletariern besteht, die ihre Arbeitskraft
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als Ware verkaufen müssen, und zweitens dadurch, daß diese Ware Arbeitskraft
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heute einen so hohen Grad von Produktivität besitzt, daß sie ein viel
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größeres Produkt in einer gewissen Zeit herzustellen vermag, als zu
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ihrer eigenen Erhaltung in dieser Zeit notwendig ist. Diese beiden rein ökonomischen
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und zugleich durch objektive historische Entwicklung gegebenen Tatsachen bringen
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es mit sich, daß die Frucht, die die Arbeit des Proletariers schafft, ganz
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von selbst dem Kapitalisten in den Schoß fällt, sich mechanisch mit
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der Fortdauer des Lohnsystems zu immer gewaltigeren Kapitalvermögen ansammelt.</P>
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<P><B><A NAME="S380">|380|</A></B> Marx erklärt also die kapitalistische
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Bereicherung nicht als irgendeine Vergütung des Kapitalisten für eingebildete
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Opfer und Wohltaten und ebensowenig als Prellerei und Diebstahl im landläufigen
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Sinne des Wortes, sondern als ein im Sinne des Strafrechts völlig rechtmäßiges
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Austauschgeschäft zwischen Kapitalist und Arbeiter, das sich genau nach denselben
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Gesetzen abwickelt wie jeder andere Warenkauf und Warenverkauf. Um dieses tadellose
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Geschäft, das dem Kapitalisten die goldenen Früchte trägt, gründlich
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aufzuhellen, mußte Marx das von den großen englischen Klassikern Smith
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und Ricardo zu Ende des achtzehnten und zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts
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aufgestellte Wertgesetz, das heißt die Erklärung der inneren Gesetze
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des Warenaustausches, zu Ende entwickeln und auf die Ware Arbeitskraft anwenden.
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Das Wertgesetz, daraus abgeleitet der Lohn und der Mehrwert, das heißt die
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Erklärung, wie ohne jede gewaltsame Prellerei sich das Produkt der Lohnarbeit
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von selbst in einen kümmerlichen Lebensunterhalt für den Arbeiter und
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den arbeitslosen Reichtum des Kapitalisten teilt, das ist der Hauptinhalt vom
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ersten Bande des »Kapitals«. Und darin liegt die große geschichtliche Bedeutung
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dieses Bandes: er hat dargetan, daß die Ausbeutung erst dadurch und lediglich
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dadurch beseitigt werden kann, daß der Verkauf der Arbeitskraft, will sagen
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das Lohnsystem, aufgehoben wird.</P>
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<P>Wir befinden uns im ersten Bande des »Kapitals« die ganze Zeit in der Werkstatt
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der Arbeit: in einer einzelnen Fabrik, im Bergwerk oder einem modernen landwirtschaftlichen
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Betriebe. Was hier ausgeführt wird, gilt für jedes kapitalistische Unternehmen.
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Es ist das Einzelkapital als Typus der ganzen Produktionsweise, womit wir allein
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zu tun haben. Wenn wir den Band schließen, ist uns die tägliche Entstehung
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des Profits klar, der Mechanismus der Ausbeutung bis in die Tiefen durchleuchtet.
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Vor uns liegen Berge von Waren jeglicher Art, wie sie unmittelbar aus der Werkstatt,
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noch vom Schweiß der Arbeiter befeuchtet, hervorkommen, und in ihnen allen
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können wir scharf unterscheiden den Teil ihres Wertes, der aus unbezahlter
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Arbeit des Proletariers herrührt und der ebenso rechtmäßig wie
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die ganze Ware in den Besitz des Kapitalisten wandert. Wir greifen hier die Wurzel
|
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der Ausbeutung mit den Händen.</P>
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<P>Aber damit ist die Ernte des Kapitalisten noch lange nicht in die Scheunen
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gebracht. Die Frucht der Ausbeutung ist da, aber sie steckt noch in einer für
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den Unternehmer ungenießbaren Form. Solange er sie erst in Gestalt von aufgestapelten
|
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|
Waren besitzt, kann der Kapitalist der Ausbeutung nicht froh werden. Er ist eben
|
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|
nicht der Sklavenhalter der antiken, griechisch-römischen Welt, auch nicht
|
||
|
der feudale Herr de Mittelalters, die nur für den eigenen Luxus und die große
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|
Hofhaltung <A NAME="S381"></A><B>|381|</B> das arbeitende Volk geschunden haben.
|
||
|
Der Kapitalist braucht seinen Reichtum in klingendem Geld, um dieses neben der
|
||
|
»standesgemäßen Lebenshaltung« für sich zur fortwährenden
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Vergrößerung seines Kapitals zu verwenden. Dazu ist der Verkauf der
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vom Lohnarbeiter erzeugten Waren mitsamt des in ihnen steckenden Mehrwerts nötig.
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Die Ware muß aus dem Fabriklager und dem landwirtschaftlichen Speicher auf
|
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den Markt; der Kapitalist folgt ihr aus dem Kontor auf die Börse, in den
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Laden, und wir folgen ihm dahin im zweiten Bande des »Kapitals«.</P>
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<P>Im Bereich des Warenaustausches, wo sich das zweite Lebenskapitel des Kapitalisten
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abspielt, erwachsen ihm manche Schwierigkeiten. In seiner Fabrik, auf seinem Vorwerk
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war er Herr. Dort herrschte strengste Organisation, Disziplin und Planmäßigkeit.
|
||
|
Auf dem Warenmarkt dagegen herrscht völlige Anarchie, die sogenannte freie
|
||
|
Konkurrenz. Hier kümmert sich keiner um den anderen und niemand um das Ganze.
|
||
|
Und doch fühlt der Kapitalist gerade mitten durch diese Anarchie seine Abhängigkeit
|
||
|
von anderen, von der Gesellschaft nach jeder Richtung.</P>
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<P>Er muß mit allen seinen Konkurrenten Schritt halten. Versäumt er
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|
bis zum endgültigen Verkauf seiner Waren mehr Zeit, als unbedingt erforderlich
|
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ist, versorgt er sich nicht mit genügendem Geld, um rechtzeitig Rohstoffe
|
||
|
und alles Nötige einzukaufen, damit der Betrieb mittlerweise keine Unterbrechung
|
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|
erleidet, sorgt er nicht dafür, daß sein Geld, wie er es aus dem Erlös
|
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|
der Waren wieder in die Hand bekommt, nicht etwa müßig liegt, sondern
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irgendwo profitlich angelegt wird, so kommt er auf diese oder jene Weise ins Hintertreffen.
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Den letzten beißen die Hunde, und der einzelne Unternehmer, der nicht achtgibt,
|
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|
daß sein Geschäft in dem fortwährenden Hin und Her zwischen der
|
||
|
Werkstatt und dem Warenmarkt so gut klappt wie in der Werkstatt selbst, wird,
|
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so gewissenhaft er seine Lohnarbeiter ausnutzen mag, doch nicht zu dem üblichen
|
||
|
Profit gelangen. Ein Stück seines »wohlerworbenen« Profits wird irgendwo
|
||
|
hängenbleiben, nur nicht in seiner eigenen Tasche.</P>
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|
<P>Damit nicht genug. Der Kapitalist kann nur Reichtum ansammeln, wenn er Waren,
|
||
|
also Gebrauchsgegenstände herstellt. Er muß aber gerade diejenigen
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||
|
Arten und Sorten herstellen, die die Gesellschaft braucht, und nur so viel, wie
|
||
|
sie braucht. Sonst bleiben die Waren unverkauft, und der darin steckende Mehrwert
|
||
|
geht wiederum flöten. Aber wie soll ein Einzelkapitalist das alles wissen?
|
||
|
Niemand sagt ihm, was und wieviel die Gesellschaft jeweilen an Gebrauchsgütern
|
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|
braucht, eben weil es niemand weiß. Leben wir doch in einer planlosen, anarchischen
|
||
|
Gesellschaft! Jeder einzelne Unternehmer ist in derselben Lage. Und doch muß
|
||
|
aus diesem Chaos, diesem Durcheinander etwas Ganzes entstehen <A NAME="S382"></A><B>|382|*</B>,
|
||
|
das sowohl das Einzelgeschäft der Kapitalisten und ihre Bereicherung als
|
||
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auch die Bedarfsdeckung und die Fortexistenz der Gesellschaft im Ganzen ermöglicht.</P>
|
||
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<P>Genauer gesprochen, muß aus dem Durcheinander auf dem regellosen Markt
|
||
|
ermöglicht werden, erstens die ständige Kreisbewegung des Einzelkapitals,
|
||
|
die Möglichkeit zu produzieren, zu verkaufen, einzukaufen und wieder zu produzieren,
|
||
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wobei das Kapital beständig aus seine Geldgestalt in Warengestalt schlüpft
|
||
|
und umgekehrt: Diese Phasen müssen miteinander klappen, Geld muß auf
|
||
|
Vorrat vorhanden sein, um jede Marktkonjunktur zum Einkauf wahrzunehmen, um laufende
|
||
|
Ausgaben des Betriebes zu decken; anderseits muß das im Maße des Warenverkaufs
|
||
|
allmählich zurückfließende Geld sich sofort wieder betätigen
|
||
|
können. Die scheinbar voneinander völlig unabhängigen Einzelkapitalisten
|
||
|
schließen sich schon hier tatsächlich zu einer großen Bruderschaft
|
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|
zusammen, indem sie durch das System des Kredits, der Banken einander fortwährend
|
||
|
das benötigte Geld vorschießen und das vorrätige Geld abnehmen
|
||
|
und so den ununterbrochenen Fortgang der Produktion und des Warenverkaufs für
|
||
|
die einzelnen wie für die Gesellschaft ermöglichen. Den Kredit, den
|
||
|
die bürgerliche Nationalökonomie nur als schlaue Einrichtung zur »Erleichterung
|
||
|
des Warenverkehrs« erklären kann, weiß Marx so im zweiten Bande seines
|
||
|
Werkes, ganz im Vorbeigehen, als eine einfache Lebensweise des Kapitals aufzuzeigen
|
||
|
als Verknüpfung zwischen den beiden Lebensphasen des Kapitals: in der Produktion
|
||
|
und auf dem Warenmarkt sowie zwischen den scheinbar selbstherrlichen Bewegungen
|
||
|
der Einzelkapitale.</P>
|
||
|
<P>Zweitens muß in dem Durcheinander der Einzelkapitale die ständige
|
||
|
Kreisbewegung der Produktion und Konsumtion der Gesellschaft im Ganzen im Fluß
|
||
|
erhalten werden und zwar so, daß die Bedingungen für die kapitalistische
|
||
|
Produktion: Herstellung der Produktionsmittel, Ernährung der Arbeiterklasse,
|
||
|
progressive Bereicherung der Kapitalistenklasse, das heißt steigende Ansammlung
|
||
|
und Betätigung des Gesamtkapitals der Gesellschaft gesichert bleiben. Wie
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||
|
sich das Ganze aus den zahllosen auseinanderfallenden Bewegungen der Einzelkapital
|
||
|
knüpft, wie diese Bewegung des Ganzen durch fortwährende Abschweifungen
|
||
|
bald in den Überfluß der Hochkonjunktur, bald in den Zusammenbruch
|
||
|
der Krise doch immer wieder in das richtige Verhältnis eingerenkt wird, um
|
||
|
im nächsten Augenblicke wieder aus ihm herauszufallen, wie aus alledem das,
|
||
|
was der heutigen Gesellschaft nur Mittel: ihre eigene Ernährung nebst dem
|
||
|
ökonomischen Fortschritt, und das was ihr Zweck ist: die fortschreitende
|
||
|
Kapitalansammlung, in immer <A NAME="S383"></A><B>|383|</B> gewaltigeren Dimensionen
|
||
|
hervorgeht, das hat Marx im zweiten Bande seines Werkes zwar nicht endgültig
|
||
|
aufgelöst, aber zum ersten Male seit hundert Jahren, seit Adam Smith, auf
|
||
|
die feste Grundlage der Gesetzmäßigkeit gestellt.</P>
|
||
|
<P>Aber mit alledem ist die dornenvolle Aufgabe des Kapitalisten noch nicht erschöpft.
|
||
|
Denn nun kommt, nachdem und indem der Profit in steigendem Maße zu Golde
|
||
|
geworden ist und wird, die große Frage, wie die Beute verteilt werden soll.
|
||
|
Gar verschiedene Gruppen melden da ihre Ansprüche an: neben dem Unternehmer
|
||
|
der Kaufmann, der Leihkapitalist, der Grundbesitzer. Sie alle haben die Ausbeutung
|
||
|
des Lohnarbeiters wie den Verkauf der von ihm hergestellten Waren, jeder an seinem
|
||
|
Teil ermöglicht, und fordern nun ihren Teil am Profit. Diese Verteilung ist
|
||
|
aber eine viel verzwicktere Aufgabe, als auf den ersten Blick erscheinen mag.
|
||
|
Denn auch unter den Unternehmern gibt es, je nach der Art des Unternehmens, große
|
||
|
Unterschiede im erzielten Profit, wie er sozusagen frisch aus der Werkstatt der
|
||
|
Arbeit geschöpft wird.</P>
|
||
|
<P>In einem Produktionszweig wird die Herstellung der Waren und ihr Verkauf sehr
|
||
|
schnell erledigt, und das Kapital kehrt nebst Zuwachs in kürzester Zeit zurück;
|
||
|
es läßt sich damit flott immer wieder Geschäft und Profit machen.
|
||
|
In einem anderen Zweig ist das Kapital in der Produktion jahrelang festgeklemmt
|
||
|
und bringt erst nach langer Zeit Profit ein. In gewissen Zweigen muß der
|
||
|
Unternehmer den größten Teil seines Kapitals in tote Produktionsmittel:
|
||
|
Baulichkeiten, kostspielige Maschinen usw. stecken, die ja an sich nichts einbringen,
|
||
|
keinen Profit hecken, so sehr sie zur Profitmacherei notwendig sind. In anderen
|
||
|
Zweigen kann der Unternehmer bei ganz geringen Auslagen sein Kapital hauptsächlich
|
||
|
für Anwerbung von Arbeitern verwenden, deren jeder das fleißige Huhn
|
||
|
ist, das ihm goldene Eier legt.</P>
|
||
|
<P>So entstehen in der Profitmacherei selbst große Unterschiede zwischen
|
||
|
den Einzelkapitalen, die vor dem Antlitz der bürgerlichen Gesellschaft eine
|
||
|
viel schreiendere »Ungerechtigkeit« darstellen als die eigenartige »Teilung« zwischen
|
||
|
dem Kapitalisten und dem Arbeiter. Wie nun hier einen Ausgleich, eine »gerechte«
|
||
|
Verteilung der Beute herstellen, so daß jeder Kapitalist »zu dem Seinen«
|
||
|
kommt? Und zwar müssen alle diese Aufgaben ohne jede bewußte, planmäßige
|
||
|
Regelung gelöst werden. Ist doch die Verteilung in der heutigen Gesellschaft
|
||
|
ebenso anarchisch wie die Produktion. Es findet ja gar keine eigentliche »Verteilung«
|
||
|
im Sinne irgendeiner gesellschaftlichen Maßnahme statt; es findet lediglich
|
||
|
Austausch, nur Warenverkehr, nur Kauf und Verkauf statt. Wie kommt also, nur auf
|
||
|
dem Wege des blinden Warenaustausches, jede Schicht der <A NAME="S384"></A><B>|384|</B>
|
||
|
Ausbeuter, und jeder einzelne unter ihnen, zu einer vom Standpunkt der Kapitalherrschaft
|
||
|
»gerechten« Portion des aus der Arbeitskraft des Proletariats geschöpften
|
||
|
Reichtums?</P>
|
||
|
<P>Auf diese Fragen antwortet Marx in seinem dritten Bande. Wie er im ersten Bande
|
||
|
die Produktion des Kapitals und darin das Geheimnis der Profitmacherei zergliedert
|
||
|
hat, wie er im zweiten Bande die Bewegung des Kapitals zwischen der Werkstatt
|
||
|
und dem Warenmarkt, zwischen der Produktion und der Konsumtion der Gesellschaft
|
||
|
geschildert hat, so spürt er im dritten Bande der Profitverteilung nach.
|
||
|
Und zwar immer wieder unter Innehaltung derselben drei Grundbedingungen: daß
|
||
|
alles, was in der kapitalistischen Gesellschaft vorgeht, ohne Willkür, das
|
||
|
heißt nach bestimmten, regelmäßig wirkenden, wenn auch den Beteiligten
|
||
|
ganz unbewußten Gesetzen verläuft, daß ferner die wirtschaftlichen
|
||
|
Verhältnisse nicht auf gewaltsamen Maßnahmen des Raubes und des Diebstahls
|
||
|
beruhen, und endlich, daß keine gesellschaftliche Vernunft sich in planmäßigem
|
||
|
Wirken auf das Ganze geltend macht. Es ist ausschließlich der Mechanismus
|
||
|
des Austausches, das heißt das Wertgesetz und der aus ihm abgeleitete Mehrwert,
|
||
|
woraus Marx nach und nach alle Erscheinungen und Verhältnisse der kapitalistischen
|
||
|
Wirtschaft mit durchsichtiger Folgerichtigkeit und Klarheit entwickelt.</P>
|
||
|
<P>Überblickt man das große Werk im ganzen, so kann man sagen: der
|
||
|
erste Band mit dem darin entwickelten Wertgesetz, Lohn und Mehrwert, legt das
|
||
|
Fundament der heutigen Gesellschaft bloß, der zweite und dritte Band zeigen
|
||
|
die Stockwerke des Gebäudes, das auf jenem ruht. Oder man kann auch mit einem
|
||
|
ganz anderen Bilde sagen: der erste Band zeigt uns das Herz des sozialen Organismus,
|
||
|
wo der belebende Saft erzeugt wird, der zweite und dritte Band zeigen die Blutzirkulation
|
||
|
und Ernährung des Ganzen bis an die äußersten Hautzellen.</P>
|
||
|
<P>Entsprechend dem Inhalt, bewegen wir uns in den beiden letzten Bänden
|
||
|
auf einer anderen Fläche als im ersten. Hier war es die Werkstatt, der tiefe
|
||
|
soziale Schacht der Arbeit, wo wir den Quell der kapitalistischen Bereicherung
|
||
|
aufspürten. Im zweiten und dritten Bande bewegen wir uns an der Oberfläche,
|
||
|
auf der offiziellen Bühne der Gesellschaft. Warenmagazine, Banken, Börse,
|
||
|
Geldgeschäfte, notleidende Agrarier und ihre Sorgen füllen hier den
|
||
|
Vordergrund aus. Der Arbeiter spielt hier nicht mit. Er kümmert sich auch
|
||
|
in Wirklichkeit nicht um diese Dinge, die hinter seinem Rücken vorgehen, nachdem
|
||
|
sein Fell bereits gegerbt ist. Und im lärmenden Gewühl der geschäftetreibenden
|
||
|
Menge begegnen wir auch in der Wirklichkeit den Arbeitern nur, wenn sie am dämmernden
|
||
|
Morgen in Trupps in ihre Werkstätten trotten und am <A NAME="S385"></A><B>|385|</B>
|
||
|
dämmernden Abend, wenn sie in langen Zügen von ihren Werkstätten
|
||
|
wieder ausgespien werden.</P>
|
||
|
<P>Danach mag es nicht ersichtlich erscheinen, welches Interesse die verschiedenen
|
||
|
Privatsorgen der Kapitalisten bei der Profitmacherei und ihr Zank um die Verteilung
|
||
|
der Beute für die Arbeiter haben mögen. Tatsächlich aber gehören
|
||
|
der zweite und dritte Band des »Kapitals« zur erschöpfenden Erkenntnis des
|
||
|
heutigen Wirtschaftsmechanismus so gut wie der erste. Freilich sind sie nicht
|
||
|
von der entscheidenden und grundlegenden historischen Bedeutung für die moderne
|
||
|
Arbeiterbewegung wie dieser. Sie enthalten aber eine reiche Fülle von Einblicken,
|
||
|
die auch für die geistige Ausrüstung des Proletariats zum praktischen
|
||
|
Kampf von unschätzbarer Bedeutung sind. Hierfür nur zwei Beispiele.</P>
|
||
|
<P>Im zweiten Bande berührt Marx bei der Frage, wie sich aus dem chaotischen
|
||
|
Walten der Einzelkapitale die regelmäßige Ernährung der Gesellschaft
|
||
|
ergeben könne, naturgemäß auch die Frage der Krisen. Keine systematische
|
||
|
und lehrhafte Abhandlung über Krisen darf man hier erwarten, nur einige beiläufige
|
||
|
Bemerkungen. Aber ihre Verwertung wäre für die aufgeklärten und
|
||
|
denkenden Arbeiter von großem Nutzen. Es gehört sozusagen zum eisernen
|
||
|
Bestand der sozialdemokratischen und namentlich der gewerkschaftlichen Agitation,
|
||
|
daß die Krisen mit in erster Reihe durch die Kurzsichtigkeit der Kapitalisten
|
||
|
entstehen, die schlechterdings nicht begreifen wollen, daß die Massen ihrer
|
||
|
Arbeiter ihre besten Abnehmer seien und daß sie diesen nur höhere Löhne
|
||
|
zu zahlen brauchen, um sich die kauffähige Kundschaft zu erhalten und der
|
||
|
Krisengefahr vorzubeugen.</P>
|
||
|
<P>So populär diese Vorstellung ist, so ist sie doch völlig verkehrt,
|
||
|
und Marx widerlegt sie mit folgenden Worten: »Es ist eine reine Tautologie, zu
|
||
|
sagen, daß die Krisen aus Mangel an zahlungsfähiger Konsumtion oder
|
||
|
an zahlungsfähigen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende,
|
||
|
kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis [von
|
||
|
Mehring übersetzt: unter der Form der Armenunterstützung] oder die des
|
||
|
›Spitzbuben‹. Daß Waren unverkäuflich sind, heißt nichts, als
|
||
|
daß sich keine zahlungsfähigen Käufer für sie fanden, also
|
||
|
Konsumenten ... Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begründung
|
||
|
dadurch geben, daß man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen
|
||
|
Teil ihres eignen Produkts, und dem Übelstand werde mithin abgeholfen, sobald
|
||
|
sie größern Anteil davon empfängt, ihr Arbeitslohn folglich wächst,
|
||
|
so ist nur zu bemerken, daß die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden
|
||
|
durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse
|
||
|
realiter <A NAME="S386"></A><B>|386|</B> größern Anteil an dem für
|
||
|
Konsumtion bestimmten Teil des jährlichen Produkts erhält. Jene Periode
|
||
|
müßte - von dem Gesichtspunkt diese Ritter vom gesunden und ›einfachen‹
|
||
|
(!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen. Es scheint also, daß
|
||
|
die kapitalistische Produktion vom guten oder bösen Willen unabhängige
|
||
|
Bedingungen einschließt, die jene relative Prosperität der Arbeiterklasse
|
||
|
nur momentan zulassen und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.«<A name="ZT3"></A><A href="fm03_364.htm#Z3"><SPAN class="top">[3]</SPAN></A></P>
|
||
|
<P>In der Tat führen die Darlegungen des zweiten wie des dritten Bandes zu
|
||
|
gründlichem Einblick in das Wesen der Krisen, die sich einfach als unvermeidliche
|
||
|
Folgen der Bewegung des Kapitals ergeben, einer Bewegung, die, im ungestümen,
|
||
|
unstillbaren Drang nach Ansammlung, nach Wachstum, über jede Schranke der
|
||
|
Konsumtion alsbald hinauszustreben pflegt, mag diese Konsumtion durch erhöhte
|
||
|
Kaufmittel einer einzelnen Gesellschaftsschicht oder durch Eroberung ganz neuer
|
||
|
Absatzgebiete noch so sehr erweitert werden. So muß auch der im Hintergrunde
|
||
|
jener populären gewerkschaftlichen Agitation lauernde Gedanke von der Interessenharmonie
|
||
|
zwischen Kapital und Arbeit, der nur durch die Kurzsichtigkeit der Unternehmer
|
||
|
verkannt werde, verabschiedet und alle Hoffnung auf mildernde Flickarbeit an der
|
||
|
wirtschaftlichen Anarchie des Kapitalismus aufgegeben werden. Der Kampf um die
|
||
|
materielle Hebung der Lohnproletarier hat tausend allzu gute Waffen in seinem
|
||
|
geistigen Rüstzeug, als daß er eines theoretisch unhaltbaren und praktisch
|
||
|
zweideutigen Arguments bedürfte.</P>
|
||
|
<P>Ein anderes Beispiel. Im dritten Band gibt Marx zum ersten Male eine wissenschaftliche
|
||
|
Erklärung für die von der Nationalökonomie seit ihrem Entstehen
|
||
|
ratlos angestaunte Erscheinung, daß die Kapitale in allen Produktionszweigen,
|
||
|
obgleich sie unter verschiedensten Bedingungen angelegt sind, den sogenannten
|
||
|
»landesüblichen« Profit abzuwerfen pflegen. Auf den ersten Blick scheint
|
||
|
diese Erscheinung einer Erklärung zu widersprechen, die Marx selbst gegeben
|
||
|
hat, nämlich der Erklärung des kapitalistischen Reichtums lediglich
|
||
|
aus unbezahlter Arbeit des Lohnproletariats. Wie kann in der Tat der Kapitalist,
|
||
|
der verhältnismäßig große Portionen seines Kapitals in toten
|
||
|
Produktionsmitteln anlegen muß, den gleichen Profit erzielen, wie sein Kollege,
|
||
|
der geringe Ausgaben dieser Art hat und desto mehr lebendige Arbeit anspannen
|
||
|
kann?</P>
|
||
|
<P>Nun, Marx löst das Rätsel mit erstaunlicher Einfachheit auf, indem
|
||
|
er zeigt, wie durch den Verkauf der einen Warensorten über ihrem Wert, der
|
||
|
anderen aber unter ihrem Wert, sich die Unterschiede des Profits ausgleichen und
|
||
|
ein für alle Zweige der Produktion gleicher »Durchschnittsprofit« sich herausbildet.
|
||
|
Ohne daß die Kapitalisten eine Ahnung <A NAME="S387"></A><B>|387|*</B> davon
|
||
|
haben, ohne jede bewußte Verständigung unter ihnen, verfahren sie beim
|
||
|
Austausch ihrer Waren so, daß sie gewissermaßen jeder den aus seinen
|
||
|
Arbeitern geschöpften Mehrwert mit zu Hauf tragen und diese Gesamternte der
|
||
|
Ausbeutung brüderlich untereinander verteilen, jedem nach der Größe
|
||
|
seines Kapitals. Der Einzelkapitalist genießt also gar nicht den von ihm
|
||
|
persönlich erzielten Profit, sondern nur einen auf ihn entfallenden Teil
|
||
|
der von allen seinen Kollegen erzielten Profite. »Die verschiednen Kapitalisten
|
||
|
verhalten sich hier, soweit der Profit in Betracht kommt, als bloße Aktionäre
|
||
|
einer Aktiengesellschaft, worin die Anteile am Profit gleichmäßig pro
|
||
|
Hundert verteilt werden, und daher für die verschiednen Kapitalisten sich
|
||
|
nur unterscheiden nach der Größe des von jedem in das Gesamtunternehmen
|
||
|
gesteckten Kapitals, nach seiner verhältnismäßigen Beteiligung
|
||
|
am Gesamtunternehmen.«<A name="ZT4"></A><A href="fm03_364.htm#Z4"><SPAN class="top">[4]</SPAN></A></P>
|
||
|
<P>Welch tiefen Einblick gewährt dies anscheinend ganz trockene Gesetz der
|
||
|
»durchschnittlichen Profitrate« in die feste materielle Grundlage der Klassensolidarität
|
||
|
der Kapitalisten, die, obschon im täglichen Treiben feindliche Brüder,
|
||
|
doch gegenüber der Arbeiterklasse einen Freimaurerbund bilden, der an ihrer
|
||
|
Gesamtausbeutung aufs höchste und aufs persönlichste interessiert ist!
|
||
|
Ohne daß sich die Kapitalisten natürlich im geringsten dieser objektiven
|
||
|
ökonomischen Gesetze bewußt sind, äußert sich in ihrem untrüglichen
|
||
|
Instinkt der herrschenden Klasse ein Sinn für die eigenen Klasseninteressen
|
||
|
und deren Gegensatz zum Proletariat, der sich leider durch alle Stürme der
|
||
|
Geschichte viel sicherer bewährt, als das wissenschaftlich - eben durch die
|
||
|
Werke von Marx und Engels - aufgeklärte und begründete Klassenbewußtsein
|
||
|
der Arbeiter.</P>
|
||
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<P>Diese beiden kurzen und aufs Geratewohl herausgerissenen Belege mögen
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eine Vorstellung davon geben, wieviel ungehobene Schätze an geistiger Anregung
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und Vertiefung für die aufgeklärte Arbeiterschaft in den beiden letzten
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Bänden des »Kapitals« noch liegen und einer populären Darstellung harren.
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Unfertig wie sie sind, bieten sie unendlich Wertvolleres als jede fertige Wahrheit:
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Ansporn zum Denken, zur Kritik und zur Selbstkritik, die das ureigenste Element
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der Lehre ist, die Marx hinterlassen hat.</P>
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<H3 ALIGN="CENTER">4. Die Aufnahme des Werks<A name="Kap_4"></A></H3>
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<P>Die Hoffnung, die Engels nach Vollendung des ersten Bandes ausgesprochen hatte,
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daß Marx sich nach »Abschüttelung des Alps« wie ein ganz anderer Kerl
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vorkommen werde, erfüllte sich zunächst doch nur zum Teil. </P>
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<P><B><A NAME="S388">|388|</A></B> Gesundheitlich besserte sich Marx nicht dauernd,
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und auch seine ökonomischen Verhältnisse blieben in peinlicher Schwebe.
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Damals hat er ernstlich den Plan erwogen, nach Genf überzusiedeln, wo er
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viel billiger leben konnte, aber das Schicksal band ihn einstweilen an London,
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an die Schätze des Britischen Museums; er hoffte auf einen Verleger für
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eine englische Übersetzung seines Werkes, und er konnte weder noch wollte
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er die geistige Leitung der Internationalen aus der Hand geben, ehe die Bewegung
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in sichere Geleise geraten sei.</P>
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<P>Eine häusliche Freude bereitete ihm die Vermählung seiner zweiten
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Tochter Laura mit seinem »medizinischen Kreolen«, mit Paul Lafargue. Die jungen
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Leute hatten sich schon im August 1866 versprochen, doch sollte der Bräutigam
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erst seine ärztliche Ausbildung abschließen, ehe an die Hochzeit zu
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denken war. Wegen seiner Beteiligung an einem Studentenkongreß in Lüttich
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war Lafargue auf zwei Jahre aus den Listen der Pariser Universität gestrichen
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worden und in Sachen der Internationalen nach London gekommen; als Anhänger
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Proudhons hatte er keine näheren Beziehungen zu Marx und in dessen Hause
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nur aus Höflichkeit eine Empfehlungskarte Tolains abgegeben. Indessen es
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kam, wie es oft zu kommen pflegt. »Der Junge attachierte sich erst an mich«, schrieb
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Marx nach der Verlobung an Engels, ȟbertrug aber bald die attraktion vom
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Alten auf die Tochter. Seine ökonomischen Verhältnisse sind mittlerer
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Natur, da er das einzige Kind einer früheren Pflanzerfamilie.« Marx schilderte
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ihn dem Freunde als einen hübschen, intelligenten, energischen und gymnastisch
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entwickelten Burschen, einen kreuzguten Kerl, der nur verzogen und zu sehr Naturkind
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sei.</P>
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<P>Lafargue war in Sanjago auf der Insel Kuba geboren, aber schon als Kind von
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neun Jahren nach Frankreich gekommen. Von der Mutter seines Vaters her, einer
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Mulattin, hatte er Negerblut in den Adern, wovon er selbst gern sprach und wovon
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auch die matte Hautfarbe und die großer weißen Augäpfel des sonst
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sehr regelmäßig geschnittenen Gesichts zeugten. Von dieser Blutmischung
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mochte ein gewisses Maß von Hartnäckigkeit herrühren, das Marx
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manches Mal zu ärgerlich-lustigem Spott über den »Niggerschädel«
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veranlaßte. Doch der Ton gutmütiger Neckerei worin sie miteinander
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verkehrten, zeigte doch nur, wie trefflich sie sich verstanden. Marx hatte in
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Lafargue nicht nur den Schwiegersohn, der daß Lebensglück seiner Tochter
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begründete, sondern auch einen fähigen und geschickten Helfer, einen
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treuen Hüter seines geistigen Erbes gefunden.</P>
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<P>Seine Hauptsorge blieb einstweilen der Erfolg seines Buches. An 2. November
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1867 schrieb er an Engels: »Das Stillschweigen über mein Buch macht mich
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fidgety [Mehring übersetzt: nervös]. Ich höre und sehe <A NAME="S389"></A><B>|389|</B>
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nichts. Die Deutschen sind gute Kerle. <I>Ihre</I> Leistungen als Bediente der
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Engländer, Franzosen und selbst Italiener auf diesem Gebiete berechtigen
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sie in der Tat, meine Geschichte zu ignorieren. Unsre Leut drüben verstehen
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nicht zu agitieren. Indes muß man's machen, wie die Russen - warten. Die
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Geduld ist der Kern der russischen Diplomatie und Erfolge. Aber unsereiner, der
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nur einmal lebt, kann darüber verrecken.« Die Ungeduld, die aus diesen Zeilen
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spricht, war sehr begreiflich, aber bei alledem nicht ganz berechtigt.</P>
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<P>Das Buch war noch nicht zwei Monate an das Licht der Öffentlichkeit gelangt,
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als Marx so schrieb, und binnen so kurzer Frist ließ sich keine gründliche
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Kritik schreiben. Soweit es aber nicht auf die Gründlichkeit, sondern auf
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das »Lärmmachen« ankam, was Marx wegen der Rückwirkung auf England zunächst
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auch als das Notwendigste ansah, gaben sich Engels und Kugelmann die menschenmöglichste
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Mühe, ohne daß sich ihnen der Vorwurf allzu großer Peinlichkeit
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hätte machen lassen. Sie hatten immerhin nicht unbeträchtliche Erfolge.
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In einer ganz hübschen Anzahl auch von bürgerlichen Blättern wußten
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sie vorläufige Notizen über das Erscheinen des Buches oder den Abdruck
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der Vorrede unterzubringen.<A name="ZT5"></A><A href="fm03_364.htm#Z5"><SPAN class="top">[5]</SPAN></A> Sogar eine Bombenreklame nach den Begriffen der damaligen
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Zeit, die Veröffentlichung eines biographischen Artikels über Marx sowie
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seines Bildnisses in der »Gartenlaube«, hatten sie fertig, als Marx selbst sie
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bat, von dem »Spaße« abzustehen. »Ich halte dergleichen eher für schädlich
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als nützlich und unter dem Charakter eines wissenschaftlichen Manns. Zum
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Beispiel Meyers Konversationslexikon hat mir seit längerer Zeit schriftlich
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eine Biographie abverlangt. Ich habe sie nicht nur nicht geliefert, sondern auf
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den Brief nicht einmal geantwortet. Jeder muß nach seiner Art selig werden.«
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Der für die »Gartenlaube« von Engels bestimmte Aufsatz <A name="ZT6"></A><A href="fm03_364.htm#Z6"><SPAN class="top">[6]</SPAN></A> - einen »in höchster
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Eile und in möglichst Betaischer Form hingeschmierten Wisch« nennt ihn der
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Verfasser selbst - erschien darauf in der »Zukunft«, dem Organ Johann Jacobys,
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das Guido Weiß seit 1861 in Berlin herausgab, hatte dann aber das eigentümliche
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Schicksal, von Liebknecht in dem »Demokratischen Wochenblatt« nur verkürzt
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wiedergegeben zu werden, wozu Engels unwirsch bemerkte: »Wilhelmchen ist jetzt
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so tief gesunken, daß er nicht einmal mehr sagen darf, Lassalle habe Dich,
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und zwar falsch, abgeschrieben. Damit sind der ganzen Biographie die Hoden abgeschnitten,
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und wozu er sie dann noch abdruckt, kann nur er wissen.« Bekanntlich waren die
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weggestrichenen Sätze genau die Ansicht Liebknechts selbst, nur wollte er
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nicht eine Anzahl Lassalleaner, die eben von Schweitzer abgefallen waren und gerade
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damals die Fraktion der Eisenacher gründen <A name="S390"></A><B>|390|</B>
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halfen, vor den Kopf stoßen. So haben nicht nur Bücher, sondern auch Aufsätze
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ihre Schicksale.</P>
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<P>Jedoch wenn auch nicht gleich in den ersten Monaten, so erhielt Marx doch bald
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nachher einige gute Kritiken seines Buches. So von Engels im »Demokratischen
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Wochenblatt«, dann von Schweitzer im »Social-Demokraten« und
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von Josef Dietzgen wieder im »Demokratischen Wochenblatt». Ganz abgesehen
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von Engels, bei dem es sich von selbst verstand, so erkannte Marx auch von Schweitzer
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an, daß er trotz einzelner Irrtümer die Sache geochst habe und wisse,
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wo die Schwerpunkte lägen, und in Dietzgen, von dem er nach dem Erscheinen
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seines Buches zum ersten Male hörte, begrüßte er einen philosophisch
|
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begabten Kopf, ohne ihn sonst zu überschätzen. </P>
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<P>Auch der erste »Fachmann« ließ sich noch im Jahre 1867 hören.
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|
Es war Dühring, der in Meyers Ergänzungsblättern das Buch besprach,
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|
ohne, wie Marx meinte, die neuen Grundelemente seiner Darstellung herauszufühlen,
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|
aber doch so, daß Marx nicht unzufrieden mit dieser Kritik war. Er nannte
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|
sie sogar »sehr anständig«, wenngleich er vermutete, Dühring
|
||
|
habe weniger aus Interesse und Verständnis für die Sache, als aus Haß
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|
gegen Roscher und sonstige Universitätsgrößen geschrieben. Ungünstiger
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urteilte Engels von vornherein über Dührings Aufsatz, und daß
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er den schärferen Blick hatte, zeigte sich sehr bald, als Dühring umschlug
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und das Buch nicht genug herunterreißen konnte. </P>
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|
<P>Mit anderen »Fachleuten« hat Marx ebenfalls die trübstem Erfahrungen
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gemacht; noch acht Jahre später hat einer dieser Biedermänner, der vorsichtigerweise
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seinen Namen verschwieg, den erbaulichen Orakelspruch von sich gegeben, Marx habe
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als »Autodidakt« ein volles Menschenalter der Wissenschaft verschlafen.
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Nach solchen und ähnlichen Leistungen war die Bitterkeit, womit Marx von
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diesen Leuten zu sprechen pflegte, vollauf berechtigt. Nun schrieb er vielleicht
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zuviel aufs Konto ihres bösen Willens, und zuwenig aufs Konto ihrer Unwissenheit.
|
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Seine dialektische Methode war ihnen in der Tat unverständlich. Dies zeigte
|
||
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sich namentlich darin, daß auch Männer, denen es weder an gutem Willen
|
||
|
noch an ökonomischen Kenntnissen fehlte, sich in dem Buche nur schwer zurechtfanden,
|
||
|
während umgekehrt Männer, die auf ökonomischem Gebiete in keiner
|
||
|
Weise beschlagen waren und dem Kommunismus mehr oder weniger feindlich gegenüberstanden,
|
||
|
aber einmal in der Hegelschen Dialektik um sich gewußt hatten, mit großer
|
||
|
Begeisterung davon sprachen. So urteilte Marx unbillig hart über die zweite
|
||
|
Auflage von F. A. Langes Schrift über die Arbeiterfrage, worin der Verfasser
|
||
|
sich eingehend mit dem ersten Bande des »Kapitals« befaßte:
|
||
|
»Herr Lange macht mir <B><A NAME="S391">|391|</A></B> große Elogen,
|
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|
aber zu dem Behuf, sich selbst wichtig zu machen.« Das war sicherlich nicht der
|
||
|
Zweck Langes, dessen aufrichtiges Interesse an der Arbeiterfrage über jeden
|
||
|
Zweifel erhaben gewesen ist. Aber darin hatte Marx sicherlich recht, zu sagen,
|
||
|
daß Lange erstens nichts von Hegels Methode verstände und zweitens
|
||
|
noch viel weniger von der kritischen Weise, worin Marx sie angewandt habe. In
|
||
|
der Tat stellte Lange die Dinge auf den Kopf, wenn er meinte, Lassalle stehe in
|
||
|
bezug auf die spekulative Grundlage gegenüber Hegel freier und unabhängiger
|
||
|
da als Marx, bei dem sich die spekulative Form eng an die Manier des philosophischen
|
||
|
Vorbildes anschließe und sich in manchen Teilen des Werkes - so in der Werttheorie,
|
||
|
der Lange keine bleibende Bedeutung beilegen wollte - mühsam in den Stoff
|
||
|
eindränge.</P>
|
||
|
<P>Viel seltsamer noch lautete das Urteil Freiligraths über den ersten Band,
|
||
|
den ihm Marx geschenkt hatte. Der freundschaftliche Verkehr beider Männer
|
||
|
hatte seit dem Jahre 1859 fortgedauert, wenn auch gelegentlich getrübt durch
|
||
|
die Schuld dritter Personen. Freiligrath war im Begriff, nach Deutschland zurückzukehren,
|
||
|
wo ihm die bekannte Sammlung einen sorgenfreien Lebensabend gesichert hatte, nachdem
|
||
|
der nahezu sechzigjährige Mann durch die Auflösung der von ihm geleiteten
|
||
|
Bankfiliale brotlos geworden war. Der letzte Brief, den er an den alten Freund
|
||
|
richtete -, später haben sie sich nicht mehr geschrieben -, war ein herzlicher
|
||
|
Glückwunsch, zu der Hochzeit der jungen Lafargues und ein nicht minder herzlicher
|
||
|
Dank für den ersten Band des »Kapitals«. Freiligrath bekannte, aus dem Studium
|
||
|
des Buches die mannigfachste Belehrung, den reichsten Genuß geschöpft
|
||
|
zu haben. Der Erfolg werde vielleicht kein überschneller und überlauter,
|
||
|
aber die Wirkung im stillen werde darum um so tiefer und nachhaltiger sein. »Ich
|
||
|
weiß, daß am Rhein viele Kaufleute und Fabrikbesitzer sich für
|
||
|
das Buch begeistern. In diesen Kreisen wird es seinen eigentlichen Zweck erfüllen
|
||
|
- für den Gelehrten wird es nebenbei als Quellenwerk unentbehrlich sein.«
|
||
|
Nun nannte Freiligrath sich selbst nur einen »Nationalökonomen mit dem Gemüte«,
|
||
|
und das »Hegeln und Hecheln« war ihm all sein Lebtag zuwider gewesen, allein er
|
||
|
hatte doch fast zwei Jahrzehnte mitten im Weltverkehr Londons gestanden, und so
|
||
|
blieb es eine erstaunliche Leistung, wenn er im ersten Bande des »Kapitals« nur
|
||
|
eine Art Leitfaden für junge Kaufleute und höchstens nebenbei ein wissenschaftliches
|
||
|
Quellenwerk sah.</P>
|
||
|
<P>Ganz anders lautete das Urteil Ruges, der dem Kommunismus spinnefeind und mit
|
||
|
irgendwelchen ökonomischen Kenntnissen nicht beschwert war, aber einmal als
|
||
|
Junghegelianer seinen Mann gestanden hatte. »Es <A NAME="S392"></A><B>|392|</B>
|
||
|
ist ein epochemachendes Werk und schüttet glänzendes, oft stechendem
|
||
|
Licht aus über die Entwicklung, über die Untergänge und die Geburtswehen
|
||
|
und die furchtbaren Schmerzenstage der Gesellschaftsperioden. Der Nachweis über
|
||
|
den Mehrwert durch unbezahlte Arbeit, über die Expropriierung der Arbeiter,
|
||
|
die für sich arbeiteten, und die bevorstehende Expropriierung der Expropriateure
|
||
|
sind klassisch. Marx besitzt eine ausgebreitete Gelehrsamkeit und ein prächtiges
|
||
|
dialektisches Talent. Das Buch geht über den Horizont vieler Menschen und
|
||
|
Zeitungsschreiber, aber es wird ganz gewiß durchdringen und trotz der breiter
|
||
|
Anlage, ja gerade durch sie, eine mächtige Wirkung ausüben.« Ähnlich
|
||
|
Ludwig Feuerbach, nur daß es ihm, entsprechend seiner eigenen Entwicklung,
|
||
|
weniger auf die Dialektik des Verfassers ankam, als auf die »an unbestreitbaren
|
||
|
Tatsachen interessantester, aber auch schauerlichster Art reiche Schrift«, die
|
||
|
ihm seine Moralphilosophie beweisen sollte: wo das zum Leben Notwendige fehle,
|
||
|
da fehle auch die sittliche Notwendigkeit.</P>
|
||
|
<P>Eine Übersetzung des ersten Bandes erschien zuerst in Rußland. Bereits
|
||
|
am 12. Oktober 1868 meldete Marx an Kugelmann, ein Petersburger Buchhändler
|
||
|
habe ihn mit der Nachricht überrascht, die Übersetzung sei bereits im
|
||
|
Druck, und er möchte sein Photogramm als Titelvignette einsenden. Marx wollte
|
||
|
seinen »guten Freunden«, den Russen, diese Kleinigkeit nicht abschlagen; es sei
|
||
|
eine Ironie des Schicksals, daß die Russen, die er seit 25 Jahren unausgesetzt
|
||
|
nicht nur deutsch, sondern auch französisch und englisch bekämpft habe,
|
||
|
immer seine »Gönner« gewesen seien; auch seine Schrift gegen Proudhon und
|
||
|
seine »Kritik der politischen Ökonomie« hätten nirgends größern
|
||
|
Absatz gefunden als in Rußland. Jedoch wollte er das nicht hoch anschlagen;
|
||
|
es sei reine Gourmandise, die nach dem Extremsten hasche, was der Westen liefere.</P>
|
||
|
<P>So lag die Sache nun aber doch nicht. Die Übersetzung kam zwar erst im
|
||
|
Jahre 1872 heraus, aber sie war ein ernsthaftes, wissenschaftlichem Unternehmen,
|
||
|
das »meisterhaft« gelang, wie Marx selbst nach ihrer Vollendung anerkannte. Übersetzer
|
||
|
war Danielson, bekannter unter seinem Schriftstellernamen Nikolaj-on, und neben
|
||
|
ihm für einige der wichtigsten Kapitel Lopatin, ein junger kühner Revolutionär,
|
||
|
»ein sehr aufgeweckter, <I>kritischer</I> Kopf, heitrer Charakter, stoisch wie
|
||
|
ein russischer Bauer, der mit allem vorlieb nimmt, was er findet« - so schilderte
|
||
|
ihn Marx, als Lopatin ihn im Sommer 1870 besuchte. Die russische Zensur hatte
|
||
|
ihre Erlaubnis zur Herausgabe der Übersetzung unter folgender Begründung
|
||
|
erteilt: »Obgleich der Verfasser nach seinen Überzeugungen ein vollständiger
|
||
|
Sozialist ist und das ganze Buch einen vollständig <A NAME="S393"></A><B>|393|*</B>
|
||
|
bestimmten sozialistischen Charakter führt; jedoch mit Rücksicht darauf,
|
||
|
daß die Darstellung durchaus nicht für jeden zugänglich genannt
|
||
|
werden kann, und daß sie von der andern Seite die Form streng mathematisch
|
||
|
wissenschaftlicher Beweisführung besitzt, erklärt das Komitee die Verfolgung
|
||
|
dieses Werkes vor Gericht für unmöglich.« In die Öffentlichkeit
|
||
|
kam die Übersetzung am 27. März 1872, und am 25. Mai waren schon 1.000
|
||
|
Exemplare abgesetzt, ein Drittel der ganzen Auflage.</P>
|
||
|
<P>Zu gleicher Zeit begann eine französische Übersetzung zu erscheinen,
|
||
|
und zwar ebenso wie zur selben Zeit die zweite Auflage des deutschen Originalwerks,
|
||
|
in Lieferungen. Sie war von J. Roy verfaßt, unter wesentlicher Beihilfe
|
||
|
von Marx selbst, der damit eine »Teufelsarbeit« hatte, so daß er manchmal
|
||
|
klagte, daß sie ihm mehr zu schaffen mache, als wenn er sie allein unternommen
|
||
|
hätte. Dafür durfte er ihr einen besondern wissenschaftlichen Wert auch
|
||
|
neben dem Original zuschreiben. </P>
|
||
|
<P>Einen geringeren Erfolg als in Deutschland, Rußland und Frankreich hatte
|
||
|
der erste Band des »Kapitals« in England. Er scheint nur eine kurze Besprechung
|
||
|
in der »Saturday Review« gefunden zu haben, die der Darstellung nachrühmte,
|
||
|
daß sie den trockensten ökonomischen Fragen einen eigenen Reiz verleihe.
|
||
|
Ein größerer Aufsatz, den Engels für die »Fortnightly Review«
|
||
|
schrieb, wurde von der Redaktion als »zu trocken« abgelehnt, obgleich Beesly,
|
||
|
der nahe Beziehungen zu dieser Zeitschrift hatte, sich für die Aufnahme bemühte.
|
||
|
Eine englische Übersetzung, von der sich Marx so viel versprach, hat er nicht
|
||
|
mehr erlebt.</P>
|
||
|
<HR size="1">
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|
<P><A name="Z1"></A><SPAN class="top">[1]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band I, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me23/me23_049.htm#S85">Bd. 23, S. 85.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT1"><=</A></P>
|
||
|
<P><A name="Z2"></A><SPAN class="top">[2]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band I, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me23/me23_483.htm#S514">Bd. 23, S. 514.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT2"><=</A></P>
|
||
|
<P><A name="Z3"></A><SPAN class="top">[3]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band II, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S409">Bd. 24, S. 409/410.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT3"><=</A></P>
|
||
|
<P><A name="Z4"></A><SPAN class="top">[4]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band III, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me25/me25_164.htm#S168">Bd. 25, S. 168.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT4"><=</A></P>
|
||
|
<P><A name="Z5"></A><SPAN class="top">[5]</SPAN> Friedrich Engels: Rezensionen des ersten Bandes »Das Kapitals«, <A href="../../me/me_rk67.htm">1867</A>, <A href="../../me/me_rk68.htm">1868.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT5"> <=</A></P>
|
||
|
<P><A name="Z6"></A><SPAN class="top">[6]</SPAN> Friedrich Engels: Karl Marx, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me16/me16_361.htm">Bd. 16, S. 361-366.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT6"><=</A></P>
|
||
|
<!-- #EndEditable -->
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|
<HR size="1" align="left" width="200">
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||
|
<P><SMALL>Pfad: »../fm/fm03«<BR>
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|
Verknüpfte Dateien: »<A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">../../css/format.css</A>«
|
||
|
</SMALL>
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||
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<HR size="1">
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<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
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|
<TR>
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<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../../index.shtml.html"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link2a" --><A HREF="fm03_322.htm"><SMALL>11.
|
||
|
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center">|</TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="fm03_000.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center">|</TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link2b" --><A HREF="fm03_394.htm"><SMALL>13.
|
||
|
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../default.htm"><SMALL>Franz
|
||
|
Mehring</SMALL></A></TD>
|
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|
</TR>
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</TABLE>
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</BODY>
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|
<!-- #EndTemplate -->
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</HTML>
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