emacs.d/clones/www.mlwerke.de/kl/kl_004.htm

182 lines
11 KiB
HTML
Raw Normal View History

2022-08-25 20:29:11 +02:00
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<!-- #BeginTemplate "/Templates/Karl Liebknecht.dwt" -->
<HEAD>
<!-- #BeginEditable "doctitle" -->
<TITLE>Karl Liebknecht - Trotz alledem!</TITLE>
<!-- #EndEditable -->
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<link rel=stylesheet type="text/css" href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">
</HEAD>
<BODY link="#6000FF" vlink="#8080C0" alink="#FF0000" bgcolor="#FFFFCC">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="../index.htm"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="default.htm"><SMALL>Karl Liebknecht</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
<HR size="1">
<H2>Karl Liebknecht</H2>
<H1> <!-- #BeginEditable "Titel" -->Trotz alledem!<!-- #EndEditable --></H1>
<P><!-- #BeginEditable "Nachweis" --><SMALL>Rote Fahne, 15. Januar 1919.</SMALL><!-- #EndEditable --></P>
<HR size="1">
<!-- #BeginEditable "Text" -->
<P><I><B>Generalsturm auf Spartakus!</B></I></P>
<P><B><I>&raquo;Nieder mit den Spartakisten!&laquo;</I></B> heult es durch
die Gassen.</P>
<P><B><I>&raquo;Packt sie, peitscht sie, stecht sie, schie&szlig;t sie,
spie&szlig;t sie, trampelt sie nieder, rei&szlig;t sie in Fetzen!&laquo;</I></B></P>
<P>Greuel werden ver&uuml;bt, die jene belgischen Greuel deutscher Truppen
in den Schatten stellen.</P>
<P><B><I>&raquo;Spartakus niedergerungen!&laquo;&raquo;</I></B> jubiliert es von &raquo;Post&laquo; bis &raquo;Vorw&auml;rts&laquo;.</P>
<P><B><I>&raquo;Spartakus niedergerungen!&laquo; </I></B>Und die S&auml;bel,
Revolver und Karabiner der wiederhergestellten altgermanischen Polizei
und die Entwaffnung der revolution&auml;ren Arbeiter werden seine Niederlage
besiegeln.</P>
<P><B><I>&raquo;Spartakus niedergerungen!&laquo; </I></B>Unter den Bajonetten
des Oberst Reinhardt, unter den Maschinengewehren und Kanonen des Generals
L&uuml;ttwitz sollen die Wahlen zur Nationalversammlung vollzogen werden
&shy; ein Plebiszit f&uuml;r Napoleon-Ebert.</P>
<P><B><I>&raquo;Spartakus niedergerungen !&laquo; </I></B><B>Jawohl!</B>
Geschlagen wurden die revolution&auml;ren Arbeiter Berlins! <B>Jawohl!</B>
Niedergemetzelt an die hundert ihrer Besten! Jawohl! In Kerker geworfen
viele Hunderte ihrer Getreuesten!</P>
<P><B>Jawohl !</B> Sie wurden geschlagen. Denn sie wurden verlassen von
den Matrosen, von den Soldaten, von den Sicherheitsmannschaften, von der
Volkswehr, auf deren Hilfe sie fest gebaut hatten. Und ihre Kraft wurde
gel&auml;hmt durch Unentschlossenheit und Schw&auml;che ihrer Leitung.
Und die ungeheure gegenrevolution&auml;re Schlammflut aus den zur&uuml;ckgebliebenen
Volksteilen und den besitzenden Klassen ers&auml;ufte sie.</P>
<P>Jawohl, sie wurden geschlagen. Und es war historisches Gebot, da&szlig;
sie geschlagen wurden. Denn die Zeit war noch nicht reif. Und dennoch &shy;
der Kampf war unvermeidlich. Denn das Polizeipr&auml;sidium, dieses Palladium
der Revolution, den Eugen Ernst und Hirsch kampflos preisgeben, w&auml;re
ehrlose Niederlage gewesen. Der Kampf war dem Proletariat aufgezwungen
von der Ebert-Bande; und elementar brauste er aus den Berliner Massen hervor
&shy; &uuml;ber alle Zweifel und Bedenken hinweg.</P>
<P>Jawohl! Die revolution&auml;ren Arbeiter Berlins wurden geschlagen!
Und die Ebert-Scheidemann-Noske haben gesiegt. Sie haben gesiegt, denn
die Generalit&auml;t, die B&uuml;rokratie, die Junker von Schlot und Kraut,
die Pfaffen und die Gelds&auml;cke und alles, was engbr&uuml;stig, beschr&auml;nkt,
r&uuml;ckst&auml;ndig ist, stand bei ihnen. Und siegte f&uuml;r sie mit
Kart&auml;tschen, Gasbomben und Minenwerfern.</P>
<P><B>Aber es gibt Niederlagen, die Siege sind; und Siege, verh&auml;ngnisvoller
als Niederlagen.</B></P>
<P>Die Besiegten der blutigen Januarwoche, sie haben ruhmvoll bestanden;
sie haben um Gro&szlig;es gestritten, ums edelste Ziel der leidenden Menschheit,
um geistige und materielle Erl&ouml;sung der darbenden Massen; sie haben
um Heiliges Blut vergossen, das so geheiligt wurde. Und aus jedem Tropfen
dieses Bluts, dieser Drachensaat f&uuml;r die Sieger von heute, werden
den Gefallenen R&auml;cher erstehen, aus jeder zerfetzten Fiber neue K&auml;mpfer
der hohen Sache, die ewig ist und unverg&auml;nglich wie das Firmament.</P>
<P>Die Geschlagenen von heute werden die Sieger von morgen sein. Denn die
Niederlage ist ihre Lehre. Noch entbehrt ja das deutsche Proletariat der
revolution&auml;ren &Uuml;berlieferung und Erfahrung. Und nicht anders
als in tastenden Versuchen, in jugendhaften Irrt&uuml;mern, in schmerzlichen
R&uuml;ckschl&auml;gen und Mi&szlig;erfolgen kann es die praktische Schulung
gewinnen, die den k&uuml;nftigen Erfolg gew&auml;hrleistet.</P>
<P>F&uuml;r die lebendigen Urkr&auml;fte der sozialen Revolution, deren
unaufhaltsames Wachstum das Naturgesetz der Gesellschaftsentwicklung ist,
bedeutet Niederlage Aufpeitschung. Und &uuml;ber Niederlage und Niederlage
f&uuml;hrt ihr Weg zum Siege.</P>
<P>Die Sieger aber von heute ? F&uuml;r eine ruchlose Sache verrichteten
sie ihre ruchlose Blutarbeit. F&uuml;r die M&auml;chte der Vergangenheit,
f&uuml;r die Todfeinde des Proletariats.</P>
<P>Und sie sind schon heute unterlegen! Denn sie sind schon heute die Gefangenen
derer, die sie als ihre Werkzeuge zu gebrauchen dachten und deren Werkzeuge
sie seit je waren.</P>
<P>Noch geben sie der Firma den Namen. Aber nur eine kurze Galgenfrist
bleibt ihnen.</P>
<P>Schon stehen sie am Pranger der Geschichte. Nie waren solche Judasse
in der Welt wie sie, die nicht nur ihr Heiligstes verrieten, sondern auch
mit eigenen H&auml;nden ans Kreuz schlagen. Wie die offizielle deutsche
Sozialdemokratie im August 1914 tiefer sank als jede andere, so bietet
sie jetzt, beim Morgengrauen der sozialen Revolution, das abscheuerregendste
Bild.</P>
<P>Die franz&ouml;sische Bourgeoisie mu&szlig;te die Junischl&auml;chter
von 1848 und die Maischl&auml;chter von l871 aus ihren eigenen Reihen nehmen.
Die deutsche Bourgeoisie braucht sich nicht selbst zu bem&uuml;hen &shy; &raquo;<I>Sozialdemokraten&laquo; </I>vollf&uuml;hren das schmutzig-ver&auml;chtliche,
das blutig-feige Werk; ihr Cavaignac, ihr Gallifet hei&szlig;t Noske, der &raquo;<I>deutsche Arbeiter&laquo; </I>.</P>
<P>Glockengel&auml;ute rief zur Schl&auml;chterei, Musik und T&uuml;cherschwenken,
Siegesjubel der vom &raquo;bolschewistischen Schrecken&laquo; geretteten
Kapitalisten feiert die rettende Soldateska. Noch raucht das Pulver, noch
schwelt der Brand des Arbeitermordes, noch liegen die get&ouml;teten, noch
st&ouml;hnen die verwundeten Proletarier, da halten sie Parade &uuml;ber
die M&ouml;rdertruppen, aufgebl&auml;ht im Siegerstolze, die Ebert, Scheideman
und Noske.</P>
<P><B>Drachensaat !</B> Schon wendet sich das Proletariat der Welt schaudernd
von ihnen. die es wagen, ihre vom Blut der deutschen Arbeiter dampfenden
H&auml;nde der Internationale entgegenzustrecken! Mit Abscheu und Verachtung
werden sie sogar von denen zur&uuml;ckgesto&szlig;en, die im Toben des
Weltkrieges selbst die Pflichten des Sozialismus preisgegeben hatten. Beschmutzt,
ausgesto&szlig;en aus den Reihen der anst&auml;ndigen Menschheit, hinausgepeitscht
aus der Internationale, geha&szlig;t und verflucht von jedem revolution&auml;ren
Proletarier, so stehen sie vor der Welt.</P>
<P>Und ganz Deutschland ist durch sie in Schande gest&uuml;rzt. Bruderverr&auml;ter
regieren das deutsche Volk, Bruderm&ouml;rder. &raquo;Schreibtafel her, ich mu&szlig;
es schreiben<I>.&laquo;</I></P>
<P>Oh, ihre Herrlichkeit kann nicht lange w&auml;hren; eine Galgenfrist,
und sie werden gerichtet sein.</P>
<P>Feuerbr&auml;nde schleudern ihre Thesen in Millionen Herzen, Feuerbr&auml;nde
der Emp&ouml;rung.</P>
<P>Die Revolution des Proletariats, die sie im Blute zu ers&auml;ufen dachten,
sie wird sich &uuml;ber sie erheben, riesengro&szlig;. Ihr erstes Wort
wird sein: Nieder mit den Arbeiterm&ouml;rdern Ebert-Scheidemann-Noske!</P>
<P>Die Geschlagenen von heute, sie haben gelernt. Sie sind geheilt vom
Wahne, ihr Heil in der Hilfe verworrener Truppenmassen finden zu k&ouml;nnen;
geheilt vom Wahne, sich auf F&uuml;hrer verlassen zu k&ouml;nnen, die sich
kraftlos und unf&auml;hig erwiesen; geheilt vom Glauben an die unabh&auml;ngige
Sozialdemokratie, die sie schn&ouml;de im Stich lie&szlig;. Nur auf sich
selbst gestellt, werden sie ihre k&uuml;nftigen Schlachten schlagen, ihre
k&uuml;nftigen Siege erfechten. Und das Wort, da&szlig; die Befreiung der
Arbeiterklasse nur das eigene Werk der Arbeiterklasse selbst sein kann,
es hat durch die bittere Lehre dieser Woche eine neue, tiefere Bedeutung
f&uuml;r sie gewonnen.</P>
<P>Und auch jene irregeleiteten Soldaten werden bald genug erkennen, welches
Spiel mit ihnen getrieben wird, wenn sie die Knute des wiederhergestellten
Militarismus von neuem &uuml;ber sich f&uuml;hlen; auch sie werden erwachen
aus dem Rausch, der sie heute umf&auml;ngt.</P>
<P>&raquo;Spartakus niedergerungen!&laquo; O gemach! Wir sind nicht geflohen,
wir sind nicht geschlagen. Und wenn sie uns in Bande werfen &shy; <I>wir
sind da, und wir bleiben da ! </I>Und der Sieg wird unser sein.</P>
<P><B>Denn Spartakus &shy; das hei&szlig;t: Feuer und Geist, das hei&szlig;t:
Seele und Herz, das hei&szlig;t Wille und Tat der Revolution des Proletariats.
Und Spartakus &shy; das hei&szlig;t alle Not und Gl&uuml;ckssehnsucht,
alle Kampfentschlossenheit des klassenbewu&szlig;ten Proletariats. Denn
Spartakus, das hei&szlig;t Sozialismus und Weltrevolution.</B></P>
<P>Noch ist der Golgathaweg der deutschen Arbeiterklasse nicht beendet
&shy; aber der Tag der Erl&ouml;sung naht. Der Tag des Gerichts f&uuml;r
die Ebert-Scheidemann-Noske und f&uuml;r die kapitalistischen Machthaber,
die sich noch heute hinter ihnen verstecken. Himmelhoch schlagen die Wogen
der Ereignisse &shy; wir sind es gewohnt, vom Gipfel in die Tiefe geschleudert
zu werden. <I>Aber unser Schiff zieht seinen geraden Kurs fest und stolz
dahin bis zum Ziel.</I></P>
<P><B>Und ob wir dann noch leben werden, wenn es erreicht wird &shy; leben
wird unser Programm; es wird die Welt der erl&ouml;sten Menschheit beherrschen.
Trotz alledem!</B></P>
<P>Unter dem Dr&ouml;hnen des herangrollenden wirtschaftlichen Zusammenbruchs
werden die noch schlafenden Scharen der Proletarier erwachen wie von den
Posaunen des J&uuml;ngsten Gerichts, und die Leichen der hingemordeten
K&auml;mpfer werden auferstehen und Rechenschaft heischen von den Fluchbeladenen.
Heute noch das unterirdische Grollen des Vulkans &shy; morgen wird er ausbrechen
und sie alle in gl&uuml;hender Asche und Lavastr&ouml;men begraben.</P>
<!-- #EndEditable -->
<HR size="1" align="left" width="200">
<P><SMALL>Pfad: &raquo;../kl/&laquo;<BR>
Verkn&uuml;pfte Dateien: <A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">&raquo;../css/format.css&laquo;</A></SMALL></P>
<HR size="1">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="../index.htm"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle> <A HREF="default.htm"><SMALL>Karl Liebknecht</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
</BODY>
<!-- #EndTemplate -->
</HTML>