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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Karl Marx - Die Chartisten</TITLE>
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<P><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 8, 3. Auflage 1972, unver<65>nderter Nachdruck der 1. Auflage 1960, Berlin/DDR. S. 342-350</SMALL>
<H2>Karl Marx</H2>
<H1>Die Chartisten</H1>
<FONT SIZE=2><P>Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 3543 vom 25. August 1852]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S342">&lt;342&gt;</A></B> London, Dienstag, 10. August 1852</P>
<P>Tories, Whigs, Peeliten, kurz, alle bis jetzt von uns behandelten Parteien geh&ouml;ren mehr oder weniger der Vergangenheit an. Die Partei, die die <I>moderne englische Gesellschaft</I>, jenes England, das den Weltmarkt beherrscht, <I>offiziell repr&auml;sentiert</I>, ist die der Freih&auml;ndler (der Manchesterm&auml;nner, der Parlaments- und der Finanzreformer). Sie sind die Partei der selbstbewu&szlig;ten Bourgeoisie, des industriellen Kapitals, das seine soziale Macht auch als politische Macht ausn&uuml;tzen und die letzten arroganten Reste der Feudalgesellschaft ausrotten will. Diese Partei wird gef&uuml;hrt von dem aktivsten und energischsten Teil der englischen Bourgeoisie, von den <I>Fabrikanten</I>. Was sie verlangen, ist die v&ouml;llige, unverh&uuml;llte Vorherrschaft der Bourgeoisie, ist die offene, offiziell vollstreckte Unterwerfung der ganzen Gesellschaft unter die Gesetze der modernen Bourgeoisproduktion und unter die Herrschaft jener M&auml;nner, die diese Produktion leiten. Sie verstehen unter Freihandel die ungehemmte Bewegung des von allen politischen, nationalen und religi&ouml;sen Fesseln befreiten Kapitals. Der Grund und Boden soll verk&auml;ufliche Ware und seine Ausbeutung den allgemeinen Gesetzen des Warenverkehrs unterworfen sein. So wie es Garn- und Baumwollfabrikanten gibt, soll es Nahrungsmittelfabrikanten, aber keine Grundherren geben. Kurz, es sollen keine wie auch immer gearteten politischen oder sozialen Einschr&auml;nkungen, Bestimmungen oder Monopole geduldet werden, es sei denn, sie entspr&auml;ngen "den ewigen Gesetzen der politischen &Ouml;konomie", d.h. den Bedingungen, unter denen das Kapital produziert und distributiert. Die Losung im Kampfe dieser Partei gegen die alten englischen Einrichtungen, jenen Produkten eines &uuml;beralteten, im Schwinden begriffenen Stadiums der sozialen <A NAME="S343"><B>&lt;343&gt;</A></B> Entwicklung, lautet: <I>Produziere, so billig du kannst, und r&auml;ume auf mit den faux frais der Produktion </I>(das hei&szlig;t mit allen &uuml;berfl&uuml;ssigen, unn&ouml;tigen Produktionskosten). Und diese Losung wendet sich nicht nur an die einzelne Privatperson, sondern vor allem an <I>die ganze Nation</I>.</P>
<P>Das K&ouml;nigtum mit seinem "barbarischen Glanz", seiner Hofhaltung, seiner Zivilliste und seinem Lakaientro&szlig; - geh&ouml;ren nicht auch sie nur zu den faux frais der Produktion? Die Nation kann auch ohne K&ouml;nigtum produzieren und austauschen: also fort mit dem Thron! Die Sinekuren des Adels, das Oberhaus - faux frais der Produktion. Das gro&szlig;e stehende Heer - faux frais der Produktion! Faux frais auch die Kolonien; faux frais die Staatskirche mit ihrem Reichtum, der Beute aus Pl&uuml;nderung und Bettelei! Sollen doch die Geistlichen frei miteinander konkurrieren, und soll doch jeder ihnen das bezahlen, was seinen Bed&uuml;rfnissen entspricht! Der ganze umst&auml;ndliche Apparat der englischen Gesetzgebung, mit seinem Court of Chancery - faux frais der Produktion. Faux frais ebenfalls die nationalen Kriege: England kann fremde Nationen billiger ausbeuten, wenn es in Frieden mit ihnen verkehrt.</P>
<P>Diese K&auml;mpen der britischen Bourgeoisie, diese M&auml;nner der Manchesterschule sehen eben in jeder Einrichtung Old Englands eine Maschinerie, die ebenso kostspielig wie nutzlos ist und die keinen anderen Zweck erf&uuml;llt, als die Nation daran zu hindern, soviel wie m&ouml;glich und so billig wie m&ouml;glich zu produzieren und ihre Produkte frei auszutauschen. Ihr letztes Wort ist notwendigerweise die Bourgeoisrepublik, in der die freie Konkurrenz auf allen Gebieten unumschr&auml;nkt herrscht und in der nur jenes <I>Minimum </I>an Regierungsgewalt &uuml;brigbleibt, das unerl&auml;&szlig;lich ist f&uuml;r die &auml;u&szlig;ere und innere Administration der allgemeinen Klasseninteressen und Gesch&auml;fte der Bourgeoisie, wobei auch dieses <I>Minimum </I>so einfach, so sparsam wie nur m&ouml;glich organisiert sein soll. In anderen L&auml;ndern hie&szlig;e eine solche Partei eine <I>demokratische</I>. Sie ist aber notgedrungen revolution&auml;r und betreibt in letzter Instanz, mehr oder weniger bewu&szlig;t, die g&auml;nzliche Aufl&ouml;sung Old Englands als aristokratisches Land. Ihr n&auml;chstes Ziel jedoch ist eine Parlamentsreform, die in ihre H&auml;nde jene gesetzgeberische Gewalt legt, die man f&uuml;r eine derartige Revolution braucht.</P>
<P>Die britischen Bourgeois sind keine leicht erregbaren Franzosen. Wenn sie eine parlamentarische Reform durchsetzen wollen, so machen sie deshalb noch keine Februarrevolution. Im Gegenteil. Als sie 1846 durch die Abschaffung der Korngesetze einen gro&szlig;artigen Sieg &uuml;ber die Landaristokratie errungen hatten, beschieden sie sich damit, die materiellen Vorteile aus diesem Siege einzuheimsen, vers&auml;umten aber, die notwendigen politischen und &ouml;konomischen Konsequenzen daraus zu ziehen und gaben so den Whigs <A NAME="S344"><B>&lt;344&gt;</A></B> die M&ouml;glichkeit, sich wieder in den Besitz ihres ererbten Regierungsmonopols zu setzen. In all den Jahren von 1846 bis 1852 machten sie sich l&auml;cherlich durch ihr Kampfgeschrei: Gro&szlig;z&uuml;gige Grunds&auml;tze und praktische (lies: <I>kleine</I>) Ma&szlig;nahmen. Und warum das alles? Weil sie bei jeder gewaltsamen Bewegung an die <I>Arbeiterklasse </I>appellieren m&uuml;ssen. Ist aber die Aristokratie ihr schwindender Gegner, so ist die Arbeiterklasse ihr aufkommender Feind. Lieber aber wollen sie mit dem schwindenden Gegner paktieren, als den heranwachsenden Feind, dem die Zukunft geh&ouml;rt, durch Konzessionen st&auml;rken, die von mehr als nur scheinbarer Bedeutung sind. Darum suchen sie jeden heftigen Zusammensto&szlig; mit der Aristokratie zu vermeiden; aber die historische Notwendigkeit und die Tories treiben sie voran. Sie m&uuml;ssen notgedrungen ihre Mission erf&uuml;llen und Old England, das England der Vergangenheit, zerschmettern. Von dem Augenblick aber, wo sie die politische Macht f&uuml;r sich allein erobert haben, wo politische Macht und &ouml;konomische Herrschaft in ihren H&auml;nden vereint sind und der Kampf gegen das Kapital sich daher nicht mehr von dem Kampfe gegen die bestehende Regierung unterscheidet - genau von diesem Augenblick datiert <I>die soziale Revolution in England</I>.</P>
<P>Wenden wir uns nun den <I>Chartisten </I>zu, dem politisch aktiven Teil der britischen <I>Arbeiterklasse</I>. Die sechs Punkte der <I>Charte</I>, f&uuml;r die sie k&auml;mpfen, enthalten weiter nichts als die Forderung des <I>allgemeinen Wahlrechts </I>und jener Bedingungen, ohne die das allgemeine Wahlrecht f&uuml;r die Arbeiterklasse illusorisch w&auml;re - z.B. geheime Abstimmung, Di&auml;ten f&uuml;r die Parlamentsmitglieder, allj&auml;hrliche allgemeine Wahlen. Das allgemeine Wahlrecht ist aber f&uuml;r die Arbeiterklasse Englands gleichbedeutend mit politischer Macht; denn das Proletariat bildet dort die gro&szlig;e Majorit&auml;t der Bev&ouml;lkerung und hat sich in langem, wenn auch versteckt gef&uuml;hrtem B&uuml;rgerkrieg zum klaren Bewu&szlig;tsein seiner Klassenlage durchgerungen. Ja sogar die l&auml;ndlichen Distrikte Englands kennen keine Bauern mehr, sondern nur Grundherren, kapitalistische Unternehmer (P&auml;chter) und Lohnarbeiter. Das Durchsetzen des allgemeinen Wahlrechts w&auml;re daher in England in weit h&ouml;herem Ma&szlig;e eine Errungenschaft sozialistischen Inhalts als irgendeine Ma&szlig;nahme, die auf dem Kontinent mit dieser Bezeichnung beehrt worden ist.</P>
<P>Hier w&auml;re ihr unvermeidliches Ergebnis <I>die politische Herrschaft der Arbeiterklasse</I>.</P>
<P>&Uuml;ber das Wiederaufleben und die Reorganisation der Chartistenpartei werde ich bei<A HREF="me08_387.htm"> anderer Gelegenheit berichten</A>. Heute habe ich mich nur mit den k&uuml;rzlich durchgef&uuml;hrten Wahlen zu befassen.</P>
<B><P><A NAME="S345">&lt;345&gt;</A></B> Um sich an der Wahl des britischen Parlaments beteiligen zu k&ouml;nnen, mu&szlig; der W&auml;hler in den st&auml;dtischen Gemeinden ein Haus besitzen, das bei der Veranlagung der Armensteuer auf 10 Pfd.St. Jahresertrag gesch&auml;tzt ist; in den Grafschaften sind die freeholders wahlberechtigt, deren Grundbesitz mindestens 40 sh. im Jahre abwirft, und die P&auml;chter, die mindestens 50 Pfd.St. Pacht zahlen. Schon daraus geht hervor, da&szlig; die Chartisten an der eben beendeten Wahlschlacht offiziell nur wenig teilnehmen konnten. Um aber zu erkl&auml;ren, wieso sie sich doch daran beteiligten, mu&szlig; ich an eine Besonderheit des britischen Wahlsystems erinnern:</P>
<P>Tag der Nominierung &lt;nomination day&gt; und Tag der Deklarierung &lt;declaration day&gt;! Wahl durch das Handzeichen und Abstimmung durch die Stimmberechtigten!</P>
<P>Nachdem die Kandidaten am Wahltag aufgetreten sind und mit ihrer Wahlrede &ouml;ffentlich das Volk harangiert haben, werden sie in der ersten Instanz durch das Handzeichen gew&auml;hlt. Jeder darf seine Hand erheben, gleichviel, ob er W&auml;hler oder Nichtw&auml;hler ist. Als (provisorisch) gew&auml;hlt erkl&auml;rt der Wahlkommissar denjenigen, f&uuml;r den sich die meisten H&auml;nde erheben. Nun aber kommt die Kehrseite der Medaille. Die Wahl durch das Handzeichen ist eine blo&szlig;e Zeremonie, ein Akt formaler H&ouml;flichkeit gegen&uuml;ber dem "souver&auml;nen Volk". Die H&ouml;flichkeit h&ouml;rt aber auf, sobald Privilegien bedroht sind. Denn wenn durch das Handzeichen die Wahl nicht auf die Kandidaten der privilegierten W&auml;hler f&auml;llt, so verlangen diese Kandidaten die Abstimmung durch die Stimmberechtigten; an dieser k&ouml;nnen nur die privilegierten W&auml;hler teilnehmen, und nur wer dort die Mehrheit der Stimmen bekommt, gilt als rechtm&auml;&szlig;ig gew&auml;hlt. Die erste Wahl durch das Handzeichen ist nichts als eine momentane Scheinkonzession an die &ouml;ffentliche Meinung, um dieser dann im n&auml;chsten Augenblick um so nachdr&uuml;cklicher ihre Ohnmacht zu beweisen.</P>
<P>Fast k&ouml;nnte es scheinen, als sei diese Wahl durch das Handzeichen, diese gef&auml;hrliche Formalit&auml;t nur zu dem Zweck erfunden, das allgemeine Wahlrecht l&auml;cherlich zu machen und ein echt aristokratisches Pl&auml;sierchen auf Kosten des "P&ouml;bels" (wie Major Beresford, der Kriegsminister, zu sagen pflegt) zu genie&szlig;en. Aber das w&auml;re falsch. Die Tradition der alten Br&auml;uche, die urspr&uuml;nglich allen germanischen V&ouml;lkern gemein waren, vermochte sich nur deshalb bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein fortzuschleppen, weil sie dem britischen Klassenparlament auf billige und gefahrlose Weise den Anschein der Verbundenheit mit dem Volke verlieh. Den herrschenden Klassen verhalf dieser Brauch zur Gewi&szlig;heit, da&szlig; das Volk an ihren Sonderinteressen mehr oder weniger leidenschaftlich Anteil nahm, als handle es sich um seine <A NAME="S346"><B>&lt;346&gt;</A> </B>nationalen Interessen. Und erst als die Bourgeoisie neben den beiden offiziellen Parteien, den Whigs und Tories, eine selbst&auml;ndige Stellung einzunehmen begann, fingen auch die arbeitenden Massen an, am Tage der Nominierung selbst&auml;ndig vorzugehen. Noch nie zuvor war aber der Gegensatz zwischen der Wahl durch das Handzeichen und der Abstimmung durch die Stimmberechtigten, zwischen dem Tag der Nominierung und dem Tag der Deklarierung, so ernst, so drohend, so klar, so gleichm&auml;&szlig;ig im ganzen Lande durch gegens&auml;tzliche Prinzipien gekennzeichnet wie bei dieser letzten Wahl im Jahre 1852.</P>
<P>Und was f&uuml;r ein Gegensatz! Wer durch das Handzeichen nominiert wurde, der fiel bei der Abstimmung unweigerlich durch. Und wer bei der Abstimmung die Majorit&auml;t bekam, der wurde unweigerlich vom Volke mit faulen &Auml;pfeln und Steinen begr&uuml;&szlig;t. Besonders die rechtm&auml;&szlig;ig gew&auml;hlten Parlamentsmitglieder hatten alle H&auml;nde voll zu tun, um ihr parlamentarisches k&ouml;rperliches Ich in Sicherheit zu bringen. Auf der einen Seite die Majorit&auml;t des Volkes, auf der andern ein Zw&ouml;lftel der ganzen Bev&ouml;lkerung bzw. ein F&uuml;nftel aller erwachsenen m&auml;nnlichen Einwohner des Landes. Auf der einen Seite Enthusiasmus, auf der andern Bestechung. Auf der einen Seite Parteien, die das verleugneten, was ihrem Wesen entsprach - Liberale, die Konservativismus, Konservative, die Liberalismus predigten; auf der andern Seite das Volk, das laut sein Vorhandensein proklamierte und seine eigene Sache verfocht. Auf der einen Seite eine ausgeleierte Maschine, die sich ewig in ihrem Teufelskreis bewegt und dabei nicht einen Schritt weit vorankommen kann; dazu der sterile Proze&szlig; steter Reibereien, durch den sich die offiziellen Parteien alle gegenseitig langsam zu Staub zermahlen. Auf der andern Seite die Masse der Nation auf dem Vormarsch, die den Teufelskreis zu sprengen und die offizielle Maschine zu vernichten droht.</P>
<P>Ich will hier nicht verfolgen, wie sich dieser Gegensatz zwischen Nominierung und Abstimmung, zwischen der bedrohlichen Kundgebung des Willens der Arbeiterklasse und den feigen Wahlman&ouml;vern der herrschenden Klassen im ganzen Lande zeigte. Ich will nur einen Wahlkreis von vielen nehmen, wo sich dieser Gegensatz wie in einem Brennpunkt konzentrierte - die Wahl in Halifax. Dort standen sich als Kandidaten gegen&uuml;ber: Edwards (Tory); Sir Charles Wood (ehemaliger Schatzkanzler der Whigs und Schwager des Earl of Grey); Frank Crossley (Manchestermann) und endlich Ernest Jones, der begabteste, energischste und konsequenteste Vertreter des Chartismus. Da Halifax eine Fabrikstadt ist, hatte der Tory von vornherein wenig Chancen. Crossley, der Manchestermann, ging mit den Whigs. Wirklichen Kampf gab es also nur zwischen Wood und Jones, zwischen dem Whig und dem Chartisten.</P>
<B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S347">&lt;347&gt;</A></B> Sir Charles Wood sprach etwa eine halbe Stunde; zu Beginn konnte man ihn kaum h&ouml;ren, und die zweite H&auml;lfte seiner Rede blieb wegen der lauten Mi&szlig;fallens&auml;u&szlig;erungen der ungeheuren Menschenmenge fast unverst&auml;ndlich. Nach dem Bericht des Reporters, der in seiner N&auml;he sa&szlig;, bestand seine Rede nur in einem Rekapitulieren bereits angenommener freih&auml;ndlerischer Reformen, einem Angriff auf Lord Derbys Regierung und einer Lobeshymne auf <I>"die beispiellose Prosperit&auml;t des Landes und des Volkes"</I>. ("H&ouml;rt, h&ouml;rt!") Er schlug keine einzige neue Reform vor und spielte nur fl&uuml;chtig, in wenigen Worten, auf Lord John Russells Wahlrechtsbill an.</P>
</FONT><P>Ich gebe einen ausf&uuml;hrlicheren Auszug aus E. Jones' Rede, da Sie diese in keiner der gro&szlig;en Londoner Zeitungen der herrschenden Klasse finden werden.</P>
<FONT SIZE=2><P>Ernest Jones wurde mit ungeheurem Enthusiasmus empfangen. Er sagte:</P>
<P>"W&auml;hler und Nichtw&auml;hler, ihr seid hier aus einem gro&szlig;en und feierlichen Anla&szlig; zusammengekommen. Heute erkennt die Konstitution das allgemeine Wahlrecht in der Theorie an, um es vielleicht morgen in der Praxis zu verleugnen. Heute stehen vor euch die Vertreter zweier Systeme, und ihr habt zu entscheiden, nach welchem System ihr die n&auml;chsten sieben Jahre regiert werdet. Sieben Jahre - die Spanne eines Kinderlebens! An der Schwelle dieser sieben Jahre mahne ich euch zur Besinnung; la&szlig;t sie heute an eurem Geiste langsam und in aller Ruhe vor&uuml;berziehen. Heute entscheidet ihr 20.000 M&auml;nner, damit morgen vielleicht 500 euren Willen zuschanden machen k&ouml;nnen!" ("H&ouml;rt, h&ouml;rt!") "Ich sage, vor euch stehen die Vertreter zweier Systeme. Zu meiner Linken seht ihr zwar Whigs, Tories und Geldmenschen - im Grunde sind sie sich aber alle gleich. Der Geldmensch sagt, kaufe billig und verkaufe teuer. Der Tory sagt, kaufe teuer und verkaufe noch teurer. F&uuml;r den Arbeiter l&auml;uft das auf eins hinaus. Heute setzt sich aber das System der Geldmenschen immer mehr durch, und was es mit sich bringt, woran es zutiefst krankt, ist wachsende Verarmung. Es gr&uuml;ndet sich auf die Konkurrenz mit dem Ausland. Ich aber behaupte, da&szlig; bei diesem Prinzip des billigen Einkaufs und des teuren Verkaufs, angewandt auf die Konkurrenz mit dem Ausland, die Ruinierung der Arbeiterklasse und des Kleingewerbes fortschreiten mu&szlig;. Und warum? Weil die Arbeit allen Reichtum hervorbringt. Soll auch nur ein K&ouml;rnchen wachsen oder eine Elle Stoff entstehen, so mu&szlig; der Mensch arbeiten. In diesem Lande kann aber der Arbeiter nicht arbeiten, ohne da&szlig; ihn ein anderer besch&auml;ftigt. Die Arbeit ist eine gedingte Ware, eine Sache, die auf dem Markt gekauft und verkauft wird. Da nun die Arbeit allen Reichtum schafft, so mu&szlig; zuallererst sie gekauft werden: 'Kauft billig, kauft billig!' Die Arbeit wird also auf dem billigsten Markt gekauft. Nun aber geht es weiter: 'Verkauft teuer, verkauft teuer!' Verkauft was? <I>Das Produkt der Arbeit. </I>Und an wen? An das Ausland. Sicherlich - aber auch <I>an den Arbeiter selbst</I>. Denn da der Arbeiter nicht Herr &uuml;ber seine eigene Arbeit ist, kommt er auch nicht in den Genu&szlig; des direkten Ertrags seiner Arbeit. 'Kauft billig, verkauft teuer!' Wie gef&auml;llt es euch - dieses 'Kauft billig, verkauft teuer!'? Kauft billig die Arbeit des Arbeiters und verkauft teuer an denselben Arbeiter das Produkt seiner eigenen Arbeit! Da&szlig; der Arbeiter dabei <A NAME="S348"><B>&lt;348&gt;</A></B> verlieren mu&szlig;, darin liegt das Wesen dieses Gesch&auml;fts. Der Lohnherr kauft die Arbeit billig ein. Dann verkauft er, und dabei mu&szlig; er einen Profit machen. Er verkauft an den Arbeiter selbst - und demzufolge ist jedes Abkommen zwischen Lohnherr und Lohnarbeiter ein Betrug, den der Lohnherr mit Vorbedacht begeht. So wird die Arbeit durch steten Verlust gedr&uuml;ckt, damit das Kapital durch steten Betrug steige. Aber das System h&ouml;rt damit nicht auf. <I>Es wird auf die Konkurrenz mit dem Ausland ausgedehnt, d.h., wir sind gezwungen, den Handel anderer L&auml;nder zugrunde zu richten, so wie wir die Arbeit im eigenen Lande bereits zugrunde gerichtet haben. </I>Wie geht das nun zu? Ein Land mit hohen Steuern mu&szlig; das niedriger besteuerte unterbieten. Die Konkurrenz des Auslandes w&auml;chst st&auml;ndig, also m&uuml;ssen auch in gleichem Ma&szlig;e die Waren wohlfeiler werden. Folglich m&uuml;ssen die L&ouml;hne in England st&auml;ndig fallen. Und wie wird das erreicht? Durch den <I>&Uuml;berschu&szlig; an Arbeitern</I>. Und wie kommt man zu diesem? Durch das Monopol am Boden, das mehr Arbeiter in die Fabriken treibt als gebraucht werden; durch das Monopol an den Maschinen, das wiederum diese Arbeiter auf die Stra&szlig;e treibt; durch Frauenarbeit, die den Mann vom Webstuhl verdr&auml;ngt, durch Kinderarbeit, die wiederum die Frau vertreibt. Und dann setzen die Lohnherren ihren Fu&szlig; auf dieses lebendige Postament der &Uu
</FONT><P>Darauf entwickelte Ernest Jones seine eigenen Ansichten &uuml;ber politische und &ouml;konomische Reformen und fuhr dann fort:</P>
<FONT SIZE=2><P>"W&auml;hler und Nichtw&auml;hler, ich habe euch nun einige der sozialen und politischen Ma&szlig;nahmen dargelegt, f&uuml;r deren unmittelbare Einf&uuml;hrung ich heute eintrete, wie ich es auch schon 1847 getan habe. Daf&uuml;r aber, da&szlig; ich <I>eure </I>Freiheiten erweitern wollte, wurde <I>meine </I>Freiheit beschnitten." ("H&ouml;rt, h&ouml;rt!") "Weil ich den Tempel der Freiheit f&uuml;r euch alle errichten wollte, warf man mich wie einen gemeinen Verbrecher in die Kerkerzelle. Und hier zu meiner Linken sitzt einer meiner obersten Kerkermeister." (Lautes, fortgesetztes, nach links gerichtetes Murren.) "Weil ich der Wahrheit meine Stimme lieh, wurde ich zum Schweigen verdammt. Zwei Jahre und eine Woche lang sperrte er mich ins Gef&auml;ngnis, in Einzelhaft und mit Schweigegebot. Man gab mir weder Tinte noch Feder noch Papier, sondern Werg zum Zupfen. - Ja" (er wandte sich Sir Charles Wood zu), "zwei Jahre und eine Woche lang triumphierten Sie, heute bin ich dran! Den Engel der Rache rufe ich, der lebendig ist im Herzen eines jeden Engl&auml;nders, der hier vor uns steht!" (Ungeheurer Beifallssturm.) "Horchen Sie! Im Atem dieser gewaltigen Menge vernehmen Sie das Rauschen seiner Fl&uuml;gel!" (Neuer, lang anhaltender Beifall.) "Sie meinen vielleicht, das sei keine &ouml;ffentliche Angelegenheit. Das stimmt aber nicht." ("H&ouml;rt, h&ouml;rt!") "Es geh&ouml;rt vor die &Ouml;ffentlichkeit, denn wer kein Mitleid kennt f&uuml;r das Weib des Gefangenen, der hat es auch nicht f&uuml;r das Weib des Arbeiters. Wer kein Mitgef&uuml;hl kennt f&uuml;r die Kinder des Gefangenen, der hat es auch nicht mit den Kindern des Arbeitssklaven." ("H&ouml;rt, h&ouml;rt!" und Beifall.) "Seine Vergangenheit beweist es; seine heutigen Versprechungen widerlegen es nicht. Wer stimmte f&uuml;r die irische Zwangsbill, f&uuml;r Knebelgesetze gegen die irische Presse und f&uuml;r die Einmischung in deren Angelegenheiten? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte f&uuml;nfzehnmal gegen den Antrag Humes f&uuml;r die Erweiterung des Wahlrechts; gegen Locke Kings Vorschlag f&uuml;r die l&auml;ndlichen Wahlbezirke; gegen Ewarts Vorschlag, die Legislaturperioden zu verk&uuml;rzen; gegen Berkeleys Antrag, die geheime Abstimmung einzuf&uuml;hren? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte gegen die Freilassung von Frost, Williams und Jones? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte <A NAME="S350"><B>&lt;350&gt;</A></B> gegen die Untersuchung der Kolonialgreuel und zugunsten Wards und Torringtons, der Tyrannen &uuml;ber die Ionischen Inseln und Ceylon? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte dagegen, die zw&ouml;lftausend Pfund Sterling Gehalt des Herzogs von Cambridge zu k&uuml;rzen? Wer gegen alle Abstreichungen beim Heer und in der Marine, wer gegen die Abschaffung der Fenstersteuer? Wer stimmte achtundvierzigmal gegen jedweden Vorschlag, die Steuern herabzusetzen, und auch gegen die K&uuml;rzung seines eigenen Gehalts? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte gegen die Abschaffung der Zeitungssteuer, der Annoncensteuer, der Besteuerung des Wissens? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte f&uuml;r einen Haufen neuer Bischofssitze und Pfr&uuml;nde? F&uuml;r den Zuschu&szlig; an Maynooth und gegen dessen Reduktion? Wer gegen die Befreiung der Dissenters von der Kirchensteuer? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte gegen jegliche Untersuchung der Nahrungsmittelverf&auml;lschungen? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer gegen das Herabsetzen der Zuckersteuer und gegen das Abschaffen der Malzsteuer? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Wer stimmte gegen die Verk&uuml;rzung der Nachtarbeit der B&auml;cker, gegen eine Enquete &uuml;ber die Lage der Maschinenwirker, gegen die Gesundheitsinspektion der Arbeitsh&auml;user, gegen das Verbot der Arbeit kleiner Kinder vor 6 Uhr morgens, gegen die Unterst&uuml;tzung armer schwangerer Frauen aus der Gemeindekasse und gegen die Zehnstundenbill? Der Whig! Dort sitzt er! Jagt ihn davon! Im Namen Gottes und
<P>Der B&uuml;rgermeister stellte fest, da&szlig; Ernest Jones und Henry Edwards durch das Handzeichen gew&auml;hlt seien. Sir Charles Wood und Herr Crossley verlangten darauf die Abstimmung durch die Stimmberechtigten.</P>
</FONT><P>Und es kam, wie Jones vorausgesagt hatte: Er war mit 20.000 Stimmen nominiert worden, aber gew&auml;hlt wurden der Whig Sir Charles Wood und der Manchestermann Crossley mit 500 Stimmen.</P>
<I><P ALIGN="RIGHT">Karl Marx</P></I></BODY>
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