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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Friedrich Engels - Die englische Armee</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_ak64.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1863</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 605-620.</P></FONT>
<H2>Friedrich Engels </H2>
<H1>Die englische Armee </H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben Anfang 1864.<BR>
Nach der Handschrift.</P>
</FONT><P><HR></P>
<B><P><A NAME="S605">|605|</A></B> Die "Allg[emeine] Mil[it&auml;r] Z[ei]t[un]g" hat vor kurzem in einer ausf&uuml;hrlichen Besprechung des Werkchens von Petrie und James die Organisation der englischen Armee, und seitdem in einem andern Artikel die Stellung dieses Heers im englischen Staate geschildert. Es bleibt nun noch &uuml;brig, diese Armee selbst in ihrer geschichtlichen Entwicklung in den letzten siebenzig Jahren, in ihrer jetzigen Erscheinung, ihrem Material, ihrem inneren Dienstbetrieb, ihrer taktischen Ausbildung und ihren eigent&uuml;mlichen Gefechtsformen zu betrachten. Dies ist der Zweck der gegenw&auml;rtigen Zeilen. </P>
<P>Die englische Armee bietet f&uuml;r den milit&auml;rischen Beobachter ganz besondres Interesse. Sie ist die einzige der Welt, die noch an der alten Lineartaktik steif und starr festh&auml;lt, insofern wenigstens, da&szlig; sie Kolonnen im Feuerbereich der Infanterie (ausgenommen im Defil&eacute;gefecht) nie gekannt hat. Sie feuert nicht nur in Linie, sie greift auch mit dem Bajonett nur in Linie an. Trotzdem - oder vielleicht ebendeswegen - ist sie unleugbar diejenige Armee, die die wenigsten Niederlagen erlitten hat, Es ist jedenfalls der M&uuml;he wert, die Kampfweise einer solchen Armee n&auml;her zu untersuchen, namentlich jetzt, wo zum Erstaunen der ganzen Welt das unm&ouml;glich Geglaubte m&ouml;glich wird: da&szlig; England uns Deutschen mit Krieg droht. </P>
<FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">I</P>
</FONT><P>Wir fangen nat&uuml;rlich mit der<I> Infanterie</I> an. Der robur peditum |Die Elite-Infanterie| ist die Hauptst&auml;rke und der Hauptstolz der englischen Armee. Seit William Napier ist es Glaubensartikel geworden in ganz England, da&szlig; das Massenfeuer einer englischen Linie dem jeder andern Truppe &uuml;berlegen, und da&szlig; das <A NAME="S606"><B>|606|</A></B> britische Bajonett unwiderstehlich ist, und wahr ist es, da&szlig; die Engl&auml;nder, wie freilich andere Leute auch, ihre Siege vor allem der Infanterie verdanken. </P>
<P>Die englische Infanterie hat 3 Garderegimenter mit 7 Bataillonen, 109 Linienregimenter, wovon Nr. 1 bis 25 zwei Bataillone, Nr. 60 (J&auml;ger) 4 Bataillone und die &uuml;brigen jedes nur ein Bataillon haben. Dazu die J&auml;gerbrigade mit 4 Bataillonen, im ganzen 141 Bataillone. Die Zahl der Bataillone im Linienregiment, ob eins oder zwei, richtet sich lediglich nach dem Bed&uuml;rfnis; sobald die Umst&auml;nde es erlauben, werden die zweiten Bataillone der ersten 25 Regimenter sicher wieder aufgel&ouml;st. Das Avancement der Offiziere geht auch im Regiment voran, woraus dann h&auml;ufig fatale St&ouml;rungen entstehen, wenn z.B. wie jetzt beim 13. Regt. das erste Bataillon in Jamaica, das andre in Neuseeland steht. </P>
<P>Als Reserve- und Elitetruppen gelten vor allem die Garden und die acht hochschottischen Regimenter, die ihrem Ruf auch stets Ehre gemacht haben. Als leichte Infanterie gelten 9 sogenannte "leichte" und 5 "F&uuml;silier"-Regimenter, doch unterscheiden sie sich nur durch wenige Abzeichen von der Linie, und nur die 8 J&auml;gerbataillone sind wirkliche leichte Infanterie. Die Regimenter Nr. 101 bis 109, ehemalige europ&auml;ische Regimenter der Ostindischen Kompanie, dienen nur in Indien. </P>
<P>Au&szlig;er diesen 141 Bataillonen britischer Infanterie gibt es im Inlande noch verschiedne Korps, auf die wir sp&auml;ter zur&uuml;ckkommen, und in den Kolonien: </P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=550>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>In Nordamerika: 1 Bataillon und 2 Kompanien britische Truppen</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.350 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>in Westindien: 4 Bat. Neger und Mulatten</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">3.700 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>Auf St. Helena: 1 britisches Bataillon</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">560 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>Auf Malta: eingeborne Festungsartillerie</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">560 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>Am Kap der Guten Hoffnung: berittene J&auml;ger, <FONT size="-1"><SUP>5</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">6</FONT> Hottentotten, <FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">6</FONT> Europ&auml;er, meist Deutsche und Schweizer</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="BOTTOM">
<P ALIGN="RIGHT">900 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP">
<P>In Ceylon: 3 Bat. eingeborne J&auml;ger</TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="BOTTOM">
<P ALIGN="RIGHT">1.460 Mann</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP" HEIGHT=1></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="BOTTOM" BGCOLOR="#000000" HEIGHT=1></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="79%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="21%" VALIGN="BOTTOM">
<P ALIGN="RIGHT">8.610 Mann</TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Endlich in Indien die eingeborne Armee. 151 Bataillone mit im ganzen an 110.000 Mann. Diese Truppen sind mit wenig Ausnahmen von britischen Offizieren gef&uuml;hrt und in ihrer ganzen Organisation der englischen Linie sehr &auml;hnlich. Nur die indische Armee hat aus der Zeit der Ostindischen Kompanie her noch manches Eigent&uuml;mliche; sie kennt z.B. den Stellenkauf nicht, wenigstens nicht offiziell, obgleich indirekt &auml;hnliche Dinge dort auch vorkommen. </P>
<B><P><A NAME="S607">|607|</A></B> Von der englischen Infanterie waren am 5. Februar d.J. in Indien 58 Bataillone, in China 3, auf Mauritius (Isle-de-France) 2, am Kap 4, in Kanada und den &uuml;brigen nordamerikanischen Besitzungen 12, in Bermuda 1, Westindien 2, Neuseeland (wegen des Kriegs mit den Eingebornen) 10, Gibraltar 5, den Ionischen Inseln 4, Malta 5, in England und auf der Heimfahrt 42. Von diesen letzteren waren in London 6, im Lager von Aldershot 9, in Portsmouth, Plymouth und Dover 10, in Jersey 1, im Innern von England 2, in Schottland 2, in Irland 10, auf der R&uuml;ckreise 2. Man sieht hier den m&auml;chtigen Beistand, den die Flotte der Armee gew&auml;hrt; ohne ihren Schutz und die raschen Transportmittel, die sie gew&auml;hrt, w&auml;ren diese schwachen Garnisonen bei weitem nicht ausreichend. Wo aber die Flotte nur wenig Schutz gew&auml;hren kann, wie in Indien und Kanada, da finden wir starke Besatzungen, und ebenso in den strategischen Positionen im Mittelmeer, wo man sich auf K&auml;mpfe mit europ&auml;ischen Truppen gefa&szlig;t machen mu&szlig;. </P>
<P>Fr&uuml;her war es Regel, die Garden nur im Kriegsfall au&szlig;er Landes zu schicken; jetzt befinden sich indes zwei Bataillone in Kanada. </P>
<P>Die Gesamtst&auml;rke der aktiven Infanterie betr&auml;gt jetzt 133.500 Mann; also 884 Mann durchschnittlich per Bataillon, die in 10 Kompanien eingeteilt sind, jede mit einem Hauptmann, einem Lieutenant und einem F&auml;hnrich (ensign, gleich unserm Sekondelieutenant). Au&szlig;erdem hat jedes Bataillon, mit Ausnahme der Garden, noch zwei Depotkompanien zur Ein&uuml;bung der Rekruten; 6 bis 8 dieser Depots werden in ein Depotbataillon vereinigt, deren es 23 gibt, in der Gesamtst&auml;rke von etwa 18.000 Mann. Diese Depots stehen alle im Inlande, meist an oder nahe der See. Die Gesamtst&auml;rke der englischen Infanterie ist also etwas &uuml;ber 150.000 Mann. </P>
<FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">II</P>
</FONT><P>Die Offiziere rekrutieren sich aus allen gebildeten Klassen der Nation. Viel theoretische Schulbildung wird von den Aspiranten nicht verlangt; die vorgeschriebnen Examina machen Anforderungen, &uuml;ber die ein preu&szlig;ischer Portepeef&auml;hnrich l&auml;cheln w&uuml;rde. Man sucht indes mehr und mehr junge Leute aus der Milit&auml;rschule zu Sandhurst in die Armee zu bringen, namentlich dadurch, da&szlig; man denen, die das beste Examen machen, F&auml;hnrichsstellen<I> ohne Kauf</I> &uuml;berweist. Sprachkenntnisse werden nur wenige verlangt, und dabei ist dem Aspiranten eine gro&szlig;e Freiheit der Wahl zwischen mehreren europ&auml;ischen und indischen Sprachen gelassen; die mathemati- <A NAME="S608"><B>|608|</A></B> schen Anforderungen sind &auml;u&szlig;erst niedrig; dagegen wird auf gute, klare, einfache Ausdrucksweise in englischen Aufs&auml;tzen praktischer Art weit mehr gesehn als bei uns, wo fast jede deutsche Armee ihr apartes Deutsch schreibt, und nicht immer das Deutsch des gesunden Menschenverstandes. Da&szlig; man nicht nach politischen Meinungen inquiriert, versteht sich in einem Lande von selbst, wo die beiden Hauptparteien in der Aristokratie fast gleich vertreten sind; die gr&ouml;&szlig;te Soldatenfamilie Englands, die Napiers, bestand und besteht fast aus lauter Radikalen. Im allgemeinen wird mehr auf m&auml;nnlichen Charakter gesehn als auf Kenntnisse, und da der englische Offizier mit Sicherheit darauf rechnen kann, in alle Enden der Welt kommandiert und bald ins Feuer gef&uuml;hrt zu werden, so kann man sich wohl denken, da&szlig; die englische Armee nicht in dem Grade, wie manche andre, eine Versorgungsanstalt f&uuml;r Leute wird, denen fast alle k&ouml;rperlichen und moralischen Eigenschaften zum Soldaten fehlen. Dies letztere ist aber auch die Hauptgarantie f&uuml;r ein gutes Offizierkorps; denn trotz aller obigen sch&ouml;nen Regeln existiert nirgends mehr Nepotismus und Familienbevorzugung als in der englischen Armee. Ohne einflu&szlig;reiche Verbindungen kommt niemand in das Offizierkorps, und ohne Geld kommt niemand voran, der nicht das Gl&uuml;ck hat, da&szlig; sein Vormann im Gefecht erschossen wird. Allerdings gibt es auch hier ehrenvolle Ausnahmen; ein gewisser Schuhmacherssohn aus Glasgow starb voriges Jahr als Feldmarschall Lord Clyde, nachdem er das verlorne Indien wiedererobert hatte; aber der arme Colin Campbell hatte daf&uuml;r auch schon 1807 den Feldzug gegen Buenos Aires als Offizier mitmachen m&uuml;ssen und war 1854, als er nach der Krim ging, erst Oberst. Und ohne einen entfernten Verwandten, der ein Regiment kommandierte, w&auml;re er nie Offizier geworden. </P>
<P>Die englischen Offiziere bilden, namentlich im Lande selbst, ein sehr exklusives Korps. Sie haben sogar, wie in Preu&szlig;en, einen eignen Dialekt oder vielmehr Akzent, und verkehren nur sehr wenig mit den B&uuml;rgern ihrer Garnisonst&auml;dte. Zu dieser Abgeschlossenheit tr&auml;gt bei, da&szlig; die unverheirateten Offiziere in der Kaserne (d.h. einem separaten Nebengeb&auml;ude im Kasernenhof) wohnen und am gemeinsamen Offizierstisch teilnehmen m&uuml;ssen. In einem Lande, wo die Armee in allen Strafsachen, die nicht streng milit&auml;rischer Natur sind, unter der b&uuml;rgerlichen Gerichtsbarkeit steht, ist dies Zusammenwohnen in der Kaserne eine Notwendigkeit. Die jungen Offiziere werden f&uuml;r tolle Streiche drau&szlig;en in der Stadt, welche sie mit den Zivilbeh&ouml;rden in Kollision bringen k&ouml;nnten, streng bestraft; daf&uuml;r herrscht aber auch eine ziemlich gro&szlig;e Freiheit in der Kaserne selbst. Weiblicher Besuch aller Art geht aus und ein, es wird t&uuml;chtig gezecht und gespielt, und <A NAME="S609"><B>|609|</A></B> die jungen Herren spielen sich untereinander die derbsten Sp&auml;&szlig;e mit. Wenn sich ein Duckm&auml;user unter sie verl&auml;uft, desto schlimmer f&uuml;r ihn. Vor einigen Jahren f&uuml;hrten diese in einigen Regimentern bis zum Exze&szlig; getriebenen practical jokes |derben Sp&auml;&szlig;e| zu skandal&ouml;sen Kriegsrechtsverhandlungen, und seitdem sind strenge Verordnungen dagegen erlassen; in der Wirklichkeit aber werden derartige Scherze meist ganz gern gesehn, nur mu&szlig; eben der &ouml;ffentliche Skandal vermieden werden. Zum Offizierstisch steuert die Regierung 25 Pfund Sterling per Kompanie j&auml;hrlich bei; derselbe soll anst&auml;ndig, aber sparsam gehalten werden und die unbemittelten Offiziere nie in den Fall setzen, Ausgaben &uuml;ber ihre Kr&auml;fte hinaus zu machen. Trotzdem aber ist Gelegenheit genug zum Geldausgeben da, und die Wucherjuden reiten mit Wechseln und Ehrenscheinen hier ebensoviel junge Offiziere ins Ungl&uuml;ck wie anderswo. </P>
<P>Diese Lebensweise gibt dem &auml;u&szlig;eren Auftreten des englischen Offiziers sein Gepr&auml;ge. Gegen&uuml;ber dem Zivil - obgleich er au&szlig;er Dienst fast immer Zivilkleider tr&auml;gt - ist er meist vornehm zur&uuml;ckhaltend; anma&szlig;endes, vorlautes Wesen gegen&uuml;ber B&uuml;rgerlichen findet sich als Ausnahme wohl in Garnisonsst&auml;dten wie Portsmouth oder in Schie&szlig;schulen, wo viele Offiziere zusammen sind und den Ton angeben. Im allgemeinen hat der Offizier zu beweisen, da&szlig; er "ein Offizier und ein Gentleman" ist; er kann jeden Augenblick vor ein Kriegsgericht gestellt, entlassen und selbst kassiert werden "wegen eines f&uuml;r einen Offizier und Gentleman unpassenden Betragens", und dies geschieht ohne alle Gnade, sobald ein Offizier durch seine &ouml;ffentliche Auff&uuml;hrung einen Skandal hervorgerufen hat, es sei denn, er danke vorher freiwillig ab. Vertuschungen &ouml;ffentlicher Skandalgeschichten, wie solche in Deutschland unsres Wissens vorgekommen sind, sind in England nicht m&ouml;glich, und der Geist der Armee kann dabei nur gewinnen. </P>
<P>Das Recht der Offiziere, au&szlig;er Dienst Zivilkleider zu tragen, so ungewohnt es uns Deutschen auch ist, hat doch seine sehr guten Seiten, und da&szlig; es keineswegs ung&uuml;nstig auf den milit&auml;rischen Geist der Offiziere einwirkt, beweist England hinl&auml;nglich. &Uuml;brigens ist zu bemerken, da&szlig; in den Hauptgarnisonsorten, wie Chatham, Portsmouth usw., wo viel Dienst ist, die Offiziere auch seltener in Zivil erscheinen. Das Duell ist aus der englischen Armee g&auml;nzlich verschwunden. Das letzte Duell zwischen zwei Offizieren fand vor zwanzig Jahren zwischen zwei Schw&auml;gern, einem Major und einem Lieutenant, statt; der Major fiel, <A NAME="S610"><B>|610|</A></B> der Lieutenant wurde wegen der vorhergegangenen unerh&ouml;rten Provokation von den Geschwornen freigesprochen. Die Ansichten von Ehre, welche man - und niemand eifriger als Wellington selbst - in dem englischen Offizierkorps durchgesetzt hat, beruhen auf der Grundanschauung: da&szlig; derjenige, welcher einen andern ohne Grund beleidigt, sich selbst, nicht aber den Beleidigten, entehrt; und da&szlig; er seine Ehre nur dadurch wiederherstellen kann, da&szlig; er sein Unrecht, soweit es in seiner Kraft steht, wiedergutmacht. Wer also einen Kameraden zuerst insultiert, f&auml;llt damit unter die Anklage des eines Gentleman unw&uuml;rdigen Betragens, wenn er sein Unrecht nicht wiedergutmacht, oder wenn der Insult &uuml;berhaupt der Art ist, da&szlig; er nicht wiedergutgemacht werden kann; ein Kriegsgericht bringt die Sache bald in Ordnung. Diese Anschauungsweise mag in gewissen Kreisen, besonders der preu&szlig;ischen Armee, befremdlich genug erscheinen, sie hat aber sicher den gesunden Verstand mehr auf ihrer Seite, als dies bei dem phantastisch &uuml;bertriebnen Duell-Point d'honneur |Ehrenduell| mancher Leute der Fall ist. Da&szlig; das milit&auml;rische Ehrgef&uuml;hl dabei ganz gut bestehen kann, beweisen die englischen Offiziere selbst, die in dieser Beziehung keinen Vergleich zu scheuen haben. </P>
<P>Das Avancement geschieht im Regiment durchweg nach dem Dienstalter, verbunden mit Stellenkauf, und zwar so: Sobald eine Vakanz eintritt, hat der &auml;lteste Offizier des folgenden Grades die Wahl, ob er sie kaufen will oder nicht; schl&auml;gt er sie aus, was nur bei Mangel an Geldmitteln geschieht, so kommt der Zweit&auml;lteste an die Reihe usw. Dieser Stellenkauf ist unbedingt eine der schlechtesten Einrichtungen in der englischen Armee, ein Punkt, mit dem ausl&auml;ndische Soldaten sich nie vers&ouml;hnen werden. Die Sache bleibt abgeschmackt und verwerflich, selbst wenn man alle die Milderungsgr&uuml;nde gelten l&auml;&szlig;t, die die Engl&auml;nder zu ihrer Verteidigung anf&uuml;hren: da&szlig; dadurch j&uuml;ngere Offiziere rascher in h&ouml;here Stellen r&uuml;cken, da&szlig; es eine alt&uuml;berkommene Einrichtung ist, die schwer abzuschaffen ist, usw. Es ist und bleibt eine Schande f&uuml;r die englische Armee, da&szlig; sie dies System nicht hat &uuml;berwinden k&ouml;nnen, und es schadet dem Geist des Offizierkorps unbedingt im h&ouml;chsten Grad, da&szlig; t&uuml;chtige Offiziere in niedern Graden versauern m&uuml;ssen, weil sie eben nur ihre Gage, aber kein Kapital haben. </P>
<P>Der Preis eines F&auml;hnrichs- (d.h. Unterlieutenants-) Patents ist bei der Linien-Infanterie 450 Pfd.St. (3.000 Taler); will der F&auml;hnrich zum Lieutenant avancieren, so mu&szlig; er weitere 250 Pfd. (1.700 Tlr.) zahlen; f&uuml;r das Hauptmannspatent weitere 1.100 Pfd. (7.030 Tlr.); Majorspatent weitere 1.400 Pfd. <A NAME="S611"><B>|611|</A></B> (9.030 Tlr.); Oberstlieutenantspatent noch 1.300 Pfd. (8.700 Tlr.). Dies Patent ist also summa summarum 4.540 Pfd.St. oder &uuml;ber 30.000 Taler wert, die der Besitzer auch von seinem Nachfolger zur&uuml;ckerh&auml;lt, sobald er zum Obersten avanciert. In der Garde und der Kavallerie sind die Preise noch weit h&ouml;her; in der Artillerie und im Genie findet kein Stellenkauf statt. Stirbt der Offizier, so ist das ganze angelegte Kapital verloren, und der n&auml;chste im Dienstalter r&uuml;ckt ohne Kauf an seine Stelle. Vom Obersten an findet kein Kauf mehr statt; jeder Oberstlieutenant, der 3 Jahre im aktiven Dienst als solcher gestanden hat, wird von Rechts wegen Oberst. Es ist bei Kassation verboten, mehr als den festgestellten Preis f&uuml;r eine Offiziersstelle zu zahlen, doch geschieht dies durchweg. </P>
<P>Da &uuml;brigens die Anforderungen zum F&auml;hnrichsexamen gar keine milit&auml;rischen Kenntnisse in sich schlie&szlig;en, so findet vor dem Aufr&uuml;cken zum Lieutenant und Hauptmann noch ein besondres Examen statt, das sich auf den praktischen Dienst, die Dienstvorschriften, die Milit&auml;rgesetzgebung und das Exerzitium beschr&auml;nkt. Theoretische Kenntnisse in der Taktik werden<I> nicht</I> verlangt. </P>
<P>Die Offiziere in der Garde haben h&ouml;heren Rang; der F&auml;hnrich den des Lieutenants, der Lieutenant den des Hauptmanns, der Hauptmann den des Oberstlieutenants. Dies setzt viel &Auml;rger in der Linie. </P>
<P>Das Avancement von Unteroffizieren zu Offizieren kommt nur in Ausnahmsf&auml;llen vor. In jedem Bataillon f&auml;llt die Hauptroutinearbeit drei Offizieren zu: dem Adjutanten, dem Quartiermeister und dem Zahlmeister. Zu diesen Posten werden daher h&auml;ufig alte verl&auml;&szlig;liche Unteroffiziere genommen, die dann auch nie &uuml;ber den ihnen gratis erteilten Lieutenantsrang hinausr&uuml;cken. Sonst findet Bef&ouml;rderung zum Offizier nur in seltnen F&auml;llen statt f&uuml;r besondre Auszeichnung vor dem Feinde. Der Charakter der englischen Werbearmee, der eine sehr starke Mischung von niedrigen und rohen Elementen bedingt, der davon abh&auml;ngige Ton unter der Truppe und die dabei notwendige Art der Disziplin macht es n&ouml;tig, da&szlig; die Offiziere von vornherein einer h&ouml;heren Gesellschaftsklasse angeh&ouml;ren als die Soldaten. Der Abstand zwischen Offizier und Soldat ist daher in England gr&ouml;&szlig;er als irgendwo anders. Daher ist die Bef&ouml;rderung von der Pike auf hier sehr erschwert und wird, solange einerseits der Stellenkauf und andrerseits das Werbsystem dauert, immer nur seltne Ausnahme bleiben. Da&szlig; gebildete junge Leute als Freiwillige in die Armee treten, um auf Avancement zu dienen, wie dies in Preu&szlig;en und Frankreich so h&auml;ufig geschieht, kann in England nicht vorkommen; der Charakter der Truppe ist eben der Art, da&szlig; man allgemein glauben w&uuml;rde, der junge Mann habe aus ganz andren <A NAME="S612"><B>|612|</A></B> Motiven, die er lieber verschweigt, zum Soldatenhandwerk gegriffen. Es ist also ganz begreiflich, da&szlig; das englische Offizierskorps fast ausschlie&szlig;lich aus Leuten besteht, die als Gentlemen erzogen sind, und da&szlig; die Masse der Soldaten mehr Respekt vor Offizieren hat, die schon von vornherein ihre "nat&uuml;rlichen Vorgesetzten" sind, wie man in England sagt. </P>
<P>Dementsprechend ist auch der Ton, der zwischen Offizieren und Soldaten herrscht, kalt und gesch&auml;ftsm&auml;&szlig;ig. Die beiden Klassen sind eben nur durch das Verh&auml;ltnis des Befehlens und Gehorchens miteinander verbunden. Es fallen weder Vertraulichkeiten und Sp&auml;&szlig;e noch Ausbr&uuml;che der Leidenschaft vor. Lob und Tadel werden den Soldaten von den Offizieren nur selten direkt erteilt und dann stets mit derselben ruhigen Gesch&auml;ftsstimme. Dies bezieht sich nat&uuml;rlich nur auf das dienstliche Verh&auml;ltnis beim Exerzieren usw.; unter der Hand k&ouml;nnen die englischen Offiziere fluchen |Die folgenden zwei Worte sind unleserlich| ..., wovon ihre Burschen genug erz&auml;hlen k&ouml;nnten. </P>
<P>Eine der englischen Armee ganz eigent&uuml;mliche Einrichtung ist die, wonach ein Offizier zweierlei Rang haben kann: einen niederen in seinem Regiment und einen h&ouml;heren in der Armee. Dieser zweite Rang, wenn er permanent und unbedingt erteilt ist, hei&szlig;t Brevet-Rang. So kann ein Hauptmann in der Armee Brevet-Major oder Brevet-Oberstlieutenant sein; es ist sogar schon vorgekommen (namentlich bei Kommandeurs indischer irregul&auml;rer Truppen), da&szlig; sie in ihrem Regiment nur Lieutenants, in der Armee aber Majore waren. Ein solcher Hauptmann und Brevet-Major tut in seinem Regiment Hauptmannsdienst, z&auml;hlt aber f&uuml;r den Dienst in der Garnison oder dem Lager als Stabsoffizier. Dieser h&ouml;here Rang kann auch nur f&uuml;r eine gewisse Zeit oder f&uuml;r eine gewisse Kolonie oder Kriegsschauplatz erteilt werden. So wurden in den letzten 10 Jahren manche Obersten f&uuml;r die Dauer des Krimkriegs oder auch f&uuml;r die Dauer ihres Aufenthalts in der Levante zu "Brigadier-Gener&auml;len" oder auch "General-Majors" ernannt, und ebenso in Indien. Es ist dies System ein Mittel, trotz der Anciennit&auml;t einzelne beg&uuml;nstigte oder besonders brauchbare Leute in h&ouml;here Stellungen zu bringen; es hat aber, wie auf der Hand liegt, viele Unannehmlichkeiten und Verwirrung zur Folge. Den Franzosen in der Krim konnten die Engl&auml;nder es nie begreiflich machen, da&szlig; ein Mann gleichzeitig Hauptmann und Major sein k&ouml;nne. Im Avancement gilt die Regel, da&szlig; niemand Hauptmann werden kann, der nicht mindestens zwei Jahre als F&auml;hnrich und Lieutenant seinen vollen Dienst getan, niemand Major, der nicht sechs Jahre Offizier war. </P>
<B><P><A NAME="S613">|613|</A></B> Die milit&auml;rische Ausbildung der Offiziere, welche nicht von der Sandhurster Schule herkommen, geschieht in der Pelotons- und Kompanieschule ganz wie die der Soldaten; erst nach einem Examen vor dem Bataillonskommandeur werden sie vom Exerzieren befreit und zum Dienst als Offiziere zugelassen. S&auml;mtliche Subaltern-Offiziere eines Bataillons werden j&auml;hrlich einmal, ehe der Fr&uuml;hjahrs-Exerzierkursus des Bataillons beginnt, unter Befehl eines Stabsoffiziers in einem Zug vereinigt und m&uuml;ssen in dieser Gestalt, die B&uuml;chse in der Hand, die Mannes-, Pelotons- und Kompanieschule vollst&auml;ndig durchexerzieren. Doch mag dies meist wohl nur sehr oberfl&auml;chlich geschehen. </P>
<FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">III</P>
</FONT><P>Die Unteroffiziere und Soldaten werden bekanntlich durch Werbung erg&auml;nzt, und zwar ausschlie&szlig;lich in Gro&szlig;britannien und Irland. Nur das 100. Regiment l&auml;&szlig;t in Kanada werben. Der Werbedienst steht unter dem General-Adjutanten der Armee und wird auf doppelte Weise betrieben: Erstens k&ouml;nnen die einzelnen Regimenter und Depotbataillone in ihren eignen Garnisonen werben lassen. Zweitens besteht unabh&auml;ngig hiervon ein organisierter Werbedienst &uuml;ber das ganze Land, f&uuml;r welchen Zweck er in neun Werbbezirke geteilt ist (England 4, Schottland 2, Irland 3). Jeder Distrikt steht unter einem inspizierenden Stabsoffizier (gew&ouml;hnlich Brevet-Oberst) und wird n&ouml;tigenfalls in kleinere Kreise unter Lieutenants oder Hauptleuten geteilt. - Im ganzen werden f&uuml;r diesen Dienst verwandt: 8 Stabsoffiziere, 9 Adjutanten, 9 Zahlmeister, 9 &Auml;rzte, 11 rekrutierende Subaltern-Offiziere (auf Halbsold), 8 Feldwebel, 48 Sergeanten und eine angemessene Anzahl Soldaten. Au&szlig;erdem rekrutiert die Garde noch ausschlie&szlig;lich zu ihrer eignen Erg&auml;nzung. Jeder Rekrut hat das Recht, sich das Korps zu w&auml;hlen, bei dem er eintreten will. Als frommer Wunsch wird ausgesprochen, da&szlig; jedes Korps m&ouml;glichst in derjenigen Grafschaft sich erg&auml;nzen soll, deren Namen es tr&auml;gt. Ausl&auml;nder sollen nur mit besonderer Erlaubnis angenommen werden, weshalb man sie h&auml;ufig als "Schotten" passieren l&auml;&szlig;t. </P>
<P>In Kriegszeiten mu&szlig; die Miliz haupts&auml;chlich als Pflanzschule f&uuml;r die Linie dienen; auf eine jedesmal festzustellende Anzahl Leute, die aus der Miliz in die Linie treten, erh&auml;lt ein Offizier des betreffenden Milizregiments ein Patent in der Linie. W&auml;hrend der indischen Rebellion 1857 ging man sogar so weit, jedem damaligen oder fr&uuml;heren Stabsoffizier, der 1.000 Rekruten zusammenbrachte, das Oberstlieutenants-Patent zu geben. </P>
<B><P><A NAME="S614">|614|</A></B> Jeder Rekrut oder Kapitulant erh&auml;lt seine volle Equipierung gratis und ein Handgeld, das nach dem Bedarf an Rekruten wechselt, das aber nie unter 1 Pfund, und sehr selten &uuml;ber 10 Pfund Sterling (67 Tlr.) betr&auml;gt. Es ist auch f&uuml;r verschiedne Truppenteile h&auml;ufig verschieden; f&uuml;r die Genietruppen wird am meisten bezahlt, da hier nur die besten Leute verwendbar sind. Das Handgeld wird teilweise bei der Attestation, gr&ouml;&szlig;tenteils aber erst beim Eintritt ins Regiment und nach Annahme des Rekruten durch dessen Chef ausbezahlt. Diese Attestation besteht darin, da&szlig; der Rekrut nicht eher als 24 Stunden nach der Anwerbung vor den Polizeirichter gef&uuml;hrt wird und hier eidlich erkl&auml;rt, da&szlig; er freiwillig eingetreten und da&szlig; seinem Eintritt in das Heer kein gesetzliches Hindernis entgegenstehe. </P>
<P>F&uuml;r die Kavallerie, Artilleriefahrer, Genietruppen, Train und f&uuml;r die in Indien, China, Australien und St. Helena stehende Infanterie werden Rekruten im Alter von l 8 bis 25 Jahren, f&uuml;r die &uuml;brige Artillerie und Infanterie von 17 bis 25 Jahren angenommen. Die K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e ist festgestellt wie folgt: </P>
<TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=4 WIDTH=547>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Kavallerie;</TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Gardek&uuml;rassiere: 5'10" bis 6'.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Schwere Dragoner-Regimenter: 5'8" bis 5'11".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Mittlere Dragoner und Ulanen: 5'7" bis 5'9".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Husaren: 5'6" bis 5'8".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Artillerie;</TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Kanoniere: Minimum 5'7", wenn unter 18 Jahren, 5'6".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Fahrer: 5'4" bis 5'6".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Handwerker: Minimum 5'6".</TD>
</TR>
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<P>Infanterie;</TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<P>Minimum Garde: 5'8<FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT>", Linie 5'6".</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12></TD>
<TD WIDTH="83%" VALIGN="TOP" HEIGHT=12>
<FONT SIZE=2><P>' = Fu&szlig;, '' = Zoll</FONT></TD>
</TR>
</TABLE>
<P>Doch ist dies Minimum sehr variabel; jede ernsthafte Kriegsgefahr zwingt die Regierung sofort, es herabzusetzen, und selbst der Umstand, da&szlig; durch Verk&uuml;rzung der Dienstzeit von 12 auf 10 Jahre in der n&auml;chsten Zeit sehr viele Soldaten frei werden, war hinreichend, die Regierung vor wenigen Wochen zu veranlassen, das Minimum f&uuml;r die Infanterie auf 5'5" zu reduzieren. Im allgemeinen wird auch hier, wie anderwo, das Ma&szlig; immer mehr herabgesetzt, obwohl begreiflicherweise bei einer Werbe-Armee man sich immer noch durchschnittlich gr&ouml;&szlig;ere Soldaten verschaffen kann als bei allgemeiner Dienstpflicht oder Konskription. Da&szlig; dies auch in England der Fall ist, sieht man aus obigen Zahlen, die sich leicht auf rheinisches Ma&szlig; reduzieren lassen, wenn man bei 5' bis 5'6", 2<FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">4</FONT> Zoll und bei 5'7" bis 6', 2<FONT size="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT>" in Abzug bringt, was hinreichend genau ist.</P>
<B><P><A NAME="S615">|615|</A></B> Au&szlig;er der Gr&ouml;&szlig;e ist auch das Minimum des Brustumfangs bestimmt, welches bei 5'6" bis 5'8", 33 Zoll; [5']8" bis [4']10", 34 Zoll; &uuml;ber 5'10", 35 Zoll betr&auml;gt. Fahrkanoniere, Trainsoldaten und Sch&uuml;tzen m&uuml;ssen unter allen Umst&auml;nden 34" Brustumfang haben. Doch werden Fahrkanoniere auch dann angenommen, wenn sie diese Bedingungen nicht vollst&auml;ndig erf&uuml;llen, dagegen mit Pferden umzugehn gewohnt sind. </P>
<P>Zu Trommlern und Hornisten werden Knaben von mindestens 14 Jahren mit Einwilligung ihrer Eltern angeworben. Sie erhalten kein Handgeld. </P>
<P>Die Dienstzeit betr&auml;gt 10 Jahre f&uuml;r die Infanterie, 12 f&uuml;r Kavallerie, Artillerie, Genie und Train, nach deren Ablauf der Austretende, wenn er noch t&uuml;chtig befunden wird, auf weitere 11 Jahre in der Infanterie, 9 Jahre in den andern Truppengattungen, kapitulieren kann. Nach Ablauf dieser zweiten Kapitulation kann er auf dreimonatliche K&uuml;ndigung weiterdienen. Befindet sich das Korps beim Ablauf der Dienstzeit im Auslande, so hat der die Station kommandierende Offizier das Recht, sie bis zu zwei Jahren zu verl&auml;ngern. </P>
<P>Jeder Soldat von guter F&uuml;hrung erh&auml;lt in der Regel die Erlaubnis, sich freizukaufen. Die Loskaufsumme richtet sich nach der bereits geleisteten und noch zu leistenden Dienstzeit, nach der Auff&uuml;hrung etc. und betr&auml;gt im Maximum in der Kavallerie 30 Pfd., in der Infanterie 20 Pfd., f&uuml;r farbige Soldaten in den Kolonialkorps 12 Pfd. </P>
<P>Nach 21j&auml;hrigem Dienst ist jeder Soldat pensionsberechtigt. Der Betrag der Pension richtet sich nach der Dienstzeit, der Auff&uuml;hrung und den w&auml;hrend des Dienstes erworbenen k&ouml;rperlichen Gebrechen; er ist f&uuml;r Soldaten und Unteroffiziere mindestens 8 Pence (6 Sgr. 8 Pf.) und h&ouml;chstens 3 Schill. 6 Pence (1 Tlr. 5 Sgr.) t&auml;glich. Unter Umst&auml;nden wird auch bei k&uuml;rzerer Dienstzeit Pension bewilligt. </P>
<P>Die Werbesergeanten mit ihren beigegebenen Soldaten halten sich meist in den schlechteren Vierteln der gro&szlig;en St&auml;dte auf und beobachten haupts&auml;chlich die Wirtsh&auml;user. Oft auch ziehen sie, mit B&auml;ndern an der M&uuml;tze, in Begleitung einiger Trommler und Pfeifer in Prozession durch die Stra&szlig;en, ziehen so eine Volksmenge an und suchen darunter zu fischen. Findet sich das gesuchte Wild darunter, so wird es baldm&ouml;glichst ins Wirtshaus gelockt, wo dann alle K&uuml;nste aufgeboten werden, dasselbe zur Annahme des symbolischen Schillings zu bewegen, welche den Kontrakt festmacht. Hat der neue Ruhmeskandidat diesen Schilling erst genommen, so kann er sich gegen Zahlung eines "Schmerzensgeldes" (smart-money) von einem Pfd.St. vor dem Polizeirichter wieder frei machen. Das Gesetz schreibt zwar vor, da&szlig; der angehende Held nach Verlauf von mindestens 24 Stunden nach der <A NAME="S616"><B>|616|</A></B> Anwerbung vor diesem Richter erkl&auml;ren mu&szlig;, da&szlig; er freiwillig eintritt und auf seinem Entschlusse beharrt. Das Gesetz nimmt hierbei ganz richtig an, da&szlig; der Angeworbene in der Regel nicht n&uuml;chtern ist, wenn er den Schilling nimmt, und sucht ihm so Gelegenheit zu geben, erst wieder n&uuml;chtern zu werden. Es m&uuml;&szlig;te aber ein schlechter Werbesergeant sein, der sich sein Wild so leicht entgehen lie&szlig;e. Er und seine Leute lassen den Rekruten nicht aus den Augen, und ehe er vor den Richter kommt, haben Schnaps und Bier ihre Wirkung schon wieder hinreichend getan. Das Beste dabei ist, da&szlig; ein gro&szlig;er Teil der Zeche gew&ouml;hnlich vom Rekruten selbst bezahlt wird, f&uuml;r den der Sergeant auf Rechnung des Handgelds flott vorschie&szlig;t. Unter diesen Umst&auml;nden ist es naiv, aber richtig, wenn ausdr&uuml;cklich vorgeschrieben ist: Zum Rekrutierungsdienst sollen nur unverheiratete Soldaten und Trommler, und nur im &auml;u&szlig;ersten Notfall verheiratete Sergeanten, jedenfalls aber nur gesunde, kr&auml;ftige Leute genommen werden. Wer nicht gut zechen kann, taugt f&uuml;r diesen Dienst nicht. </P>
<P>Man glaubt sich f&ouml;rmlich ins achtzehnte Jahrhundert zur&uuml;ckversetzt, wenn man diese Werberei sieht. Trotz der sch&uuml;tzenden F&ouml;rmlichkeiten, womit das Gesetz diese Praxis eingeschr&auml;nkt hat, steht es doch fest, da&szlig; weitaus der gr&ouml;&szlig;te Teil der "ganz aus Freiwilligen bestehenden englischen Armee" sehr unfreiwillig in diese Anstalt ger&auml;t; ob im Durchschnitt zu seinem schlie&szlig;lichen eignen Besten, ist eine andre Frage. </P>
<P>Welche Bestandteile der Nation auf diese Weise in die Armee kommen, ist einleuchtend genug. Das Heer bleibt in gro&szlig;em Ma&szlig;, wie unsre fr&uuml;heren Werbeheere, ein refugium peccatorum |Zufluchtsort f&uuml;r S&uuml;nder|, in dem der gr&ouml;&szlig;ere und bessere Teil aller abenteuernden Elemente des Volks sich zusammenfindet, um hier durch einen scharfen Exerzierkursus und eine sehr strenge Disziplin geb&auml;ndigt zu werden. Die englische Armee steht daher auch, was ihren moralischen und intellektuellen Charakter angeht, weit unter allen denen, welche durch Konskription (selbst mit Stellvertretung) oder gar durch allgemeine Wehrpflicht ohne Stellvertretung gebildet werden. Nur die franz&ouml;sische Fremdenlegion und die sonst haupts&auml;chlich durch Stellvertreter gebildeten franz&ouml;sischen Korps, wie die Zuaven, k&ouml;nnen mit ihr auf &auml;hnliche Linie gestellt werden; obwohl sich nicht leugnen l&auml;&szlig;t, da&szlig; die ganze franz&ouml;sische Armee durch die steigende Beg&uuml;nstigung der Berufssoldaten in Reih und Glied sich mehr und mehr dem Charakter der englischen n&auml;hert. Aber selbst der franz&ouml;sische Rempla&ccedil;ant steht an gesellschaftlicher, &auml;u&szlig;erlicher Bildung weit &uuml;ber den rohen w&uuml;sten Burschen aus dem Ab- <A NAME="S617"><B>|617|</A></B> schaum der gro&szlig;en St&auml;dte, welche in den englischen Kasernen den Ton angeben. In die franz&ouml;sische Armee kann doch noch ein gebildeter junger Mann als Freiwilliger eintreten, um auf Avancement zu dienen, ohne da&szlig; ihm die Pr&uuml;fungszeit als gemeiner Soldat gar zu unertr&auml;glich vorkommt; in England m&uuml;&szlig;te einer wahnsinnig sein, um diesen Schritt zu tun. So stolz der Engl&auml;nder auf seine Armee als Ganzes ist, so verachtet ist noch immer der einzelne gemeine Soldat; selbst in den unteren Volksschichten gilt es noch immer f&uuml;r einigerma&szlig;en unr&uuml;hmlich, sich anwerben zu lassen oder einen Soldaten zum Verwandten zu haben. &Uuml;brigens hat sich der Charakter der Angeworbenen in den letzten zehn Jahren unleugbar sehr gebessert. Man sucht &uuml;ber die Antezedenzien der Rekruten m&ouml;glichste Aufkl&auml;rung sich zu verschaffen und entschieden schlechte Subjekte fernzuhalten. Die starken Werbungen, die der Krimkrieg und die indische Rebellion n&ouml;tig machten, ersch&ouml;pften bald die verkommene Klasse, aus der sich das Heer w&auml;hrend der langen Friedenszeit in der Regel erg&auml;nzt hatte. Man mu&szlig;te nicht nur das Ma&szlig; heruntersetzen (einmal bis auf 5'3" f&uuml;r die Infanterie), sondern auch das Soldatenleben anziehender machen und den Ton in den Kasernen zu heben suchen, damit auch die solidere Arbeiterklasse in den Bereich der Werbung gezogen werden konnte. Der Mangel an tauglichen Subjekten f&uuml;r die vielen neuen Unteroffiziersstellen (im Krimkrieg wurden die Bataillone beinahe auf doppelte St&auml;rke gesetzt) kam noch dazu. Auch sah man ein, da&szlig; eine Kriegf&uuml;hrung, wie die Wellingtons in Spanien, mit obligater Pl&uuml;nderung aller erst&uuml;rmten Festungen, jetzt in Europa nicht mehr an der Zeit sei. Die Presse nahm sich der Soldaten an, und bald wurde es Mode unter den h&ouml;heren Offizieren, die Philanthropie auf die Truppen auszudehnen. Man bem&uuml;hte sich, den Soldaten das Leben angenehmer zu machen, ihnen f&uuml;r die Mu&szlig;estunden die Mittel zur Zerstreuung und Selbstbesch&auml;ftigung in der Kaserne oder im Lager zu verschaffen und sie von den Wirtsh&auml;usern fernzuhalten. So entstanden, besonders in den letzten sieben Jahren, meist durch Privatsubskription, Bibliotheken, Lesezimmer, Gesellschaftszimmer mit allerlei Spielen, Soldatenklubs usw. In den Lagern wurde nach franz&ouml;sischem Muster den Soldaten, wo m&ouml;glich, etwas Gartenland angewiesen, Versuche mit theatralischen Vorstellungen und Vorlesungen gemacht und von Zeit zu Zeit Ausstellungen von allerlei kleinen, von ihnen verfertigten Kunstprodukten u.a. arrangiert. Alle diese Sachen sind erst in der Kindheit, werden aber immer allgemeiner. Sie sind auch d
<P>Trotzdem bilden die letzteren immer noch den gr&ouml;&szlig;eren Teil der Truppe, und danach sind alle Einrichtungen getroffen. Eine englische Kaserne mit Nebengeb&auml;uden und Hof ist nach allen Seiten von hohen Mauern umgeben, welche in der Regel nur ein Tor haben. Ein separates Geb&auml;ude enth&auml;lt die Offizierswohnungen, eins oder mehrere andre die der Soldaten. Wo das Soldatenquartier Fenster nach der Stra&szlig;e hat, wird bei neueren Anlagen dieser Teil des Geb&auml;udes meist mit einem tiefen Graben und starken Eisenzaun am &auml;u&szlig;ern Grabenrand abgeschlossen. In gro&szlig;en St&auml;dten findet man, namentlich bei Milizkasernen, welche ein Zeughaus enthalten (die Miliz ist blo&szlig; 4 Wochen im Jahr versammelt), die ganze Stra&szlig;enfront des Geb&auml;udes mit Gewehrscharten statt Fenstern und die Fl&uuml;gelecken mit f&uuml;r Gewehr-Flankierung eingerichteten kleinen T&uuml;rmen versehen - ein Beweis, da&szlig; man Arbeiteraufst&auml;nde doch nicht f&uuml;r so unm&ouml;glich h&auml;lt. In diesem gro&szlig;en Kasernengef&auml;ngnis verbringt der Soldat sein Leben mit Ausnahme seiner Freistunden. Der Zugang f&uuml;r B&uuml;rgerliche wird streng &uuml;berwacht, und das ganze Geb&auml;ude ist gegen Einsicht von au&szlig;en m&ouml;glichst defiliert, so da&szlig; der Soldat m&ouml;glichst unter Kontrolle gehalten und von Zivilisten abgesondert wird. Der gem&uuml;tliche Verkehr zwischen B&uuml;rgern und Soldaten, der in Deutschland so allgemein ist, die Leichtigkeit des Zutritts in die Kaserne f&uuml;r jeden, fehlen hier g&auml;nzlich, und damit keine dauernden Verbindungen gekn&uuml;pft werden k&ouml;nnen, wechseln die Garnisonen in der Regel j&auml;hrlich. </P>
<P>Die gew&ouml;hnlichsten Disziplinarvergehen lassen sich aus dem Charakter der Armee leicht erraten. Es sind Trunkenheit, Abwesenheit nach dem Zapfenstreich ohne Erlaubnis, Diebstahl von Kameraden, Schl&auml;gereien, Widersetzlichkeit und t&auml;tliches Vergreifen an Vorgesetzten. Die leichteren Vergehen straft der Bataillonskommandeur summarisch. Er hat ausschlie&szlig;liche Strafgewalt, doch kann er den Kompaniechefs Strafgewalt bis zu drei Tagen Kasernenarrest delegieren. Seine eigne Strafgewalt erstreckt sich auf: 1. Gef&auml;ngnis bis zu 7 Tagen, mit oder ohne Einzelhaft, mit oder ohne Strafarbeit. Soldaten, die hierzu verurteilt werden, haben das<I> Recht</I>, vom Bataillonschef an ein Kriegsgericht zu appellieren. 2. Einsperrung in dunkler Zelle (black-hole) bis zu 48 Stunden. 3. Kasernenarrest bis zu <A NAME="S619"><B>|619|</A></B> einem Monat, wobei der Arrestant allen Dienst und au&szlig;erdem noch alle ihm vom Kommandeur &uuml;bertragnen Extra-Arbeiten verrichten mu&szlig;. Au&szlig;erdem zieht jeder Kasernenarrest Strafexerzieren mit vollem Gep&auml;ck bis zu 14 Tagen nach sich. Das Strafexerzieren soll nie l&auml;nger als eine Stunde auf einmal dauern, kann aber bis viermal t&auml;glich wiederholt werden. In den F&auml;llen ad 2 und 3<I> kann</I> der Kommandeur Appell an ein Kriegsgericht gestatten. Einsame oder dunkle Einsperrung sollen m&ouml;glichst f&uuml;r F&auml;lle von Trunkenheit, Schl&auml;gerei und Insolenz gegen Vorgesetzte aufgespart, und k&ouml;nnen in schweren F&auml;llen mit Kasernenarrest in der Weise kombiniert werden, da&szlig; die ganze Periode des Arrests einen Monat nicht &uuml;berschreitet. </P>
<P>Wie man sieht, hat ein englischer Bataillonschef Mittel genug in H&auml;nden, unter seinen wilden Burschen Ordnung zu halten. Reichen diese Mittel nicht hin, so schafft ein Kriegsgericht Rat, wo dann in letzter Instanz dem rebellischen Gesellen die neunschw&auml;nzige Katze winkt. Dies ist eins der barbarischsten Z&uuml;chtigungswerkzeuge, welche es gibt: eine kurzstielige Peitsche mit neun langen, harten und knotigen Schn&uuml;ren. Der Str&auml;fling, bis auf die H&uuml;ften nackt, wird in ein dreieckiges Gestell gebunden und die Hiebe mit der &auml;u&szlig;ersten Kraft erteilt. Schon der erste Hieb zerfetzt die Haut und holt Blut. Nach wenig Hieben wird Peitsche und Peitschenf&uuml;hrer gewechselt, damit dem Delinquenten ja nichts geschenkt werde. Der Arzt steht nat&uuml;rlich immer dabei. F&uuml;nfzig solcher Hiebe machen immer eine langwierige Kur im Lazarett n&ouml;tig. Und doch finden sich h&auml;ufig Leute, die diese f&uuml;nfzig ohne einen Schmerzenslaut ertragen, weil es f&uuml;r eine gr&ouml;&szlig;ere Schande gilt, den Schmerz zu zeigen als die Hiebe zu bekommen. </P>
<P>Bis vor zw&ouml;lf Jahren wurde die Katze sehr h&auml;ufig angewandt, und es waren bis zu 150 Hieben gestattet. Wenn ich nicht irre, konnte auch bis um dieselbe Zeit der Regimentskommandeur summarisch eine gewisse Anzahl Hiebe erteilen lassen. Dann wurde die Zahl auf 50 Hiebe beschr&auml;nkt und die Befugnis, sie zu diktieren, ausschlie&szlig;lich den Kriegsgerichten &uuml;berwiesen. Endlich, nach dem Krimkrieg, wurde besonders auf Veranlassung des Prinzen Albert die preu&szlig;ische Einteilung der Soldaten in zwei Klassen eingef&uuml;hrt und bestimmt, da&szlig; nur Soldaten, welche bereits wegen fr&uuml;herer Vergehen in die zweite Klasse versetzt worden und sich nicht durch ein Jahr tadelloser Dienstzeit wieder in die erste Klasse aufgeschwungen h&auml;tten, f&uuml;r ein neues Vergehen k&ouml;rperlich gez&uuml;chtigt werden k&ouml;nnen. Dieser Unterschied h&ouml;rt jedoch vor dem Feind auf; hier wird wieder jeder gemeine Soldat der Peitsche unterworfen. Im Jahre 1862 wurden in der Armee 126 Mann k&ouml;rperlich gez&uuml;chtigt, wovon 114 die h&ouml;chste gesetzliche Zahl von 50 Hieben erhielten. </P>
<B><P><A NAME="S620">|620|</A></B> Im allgemeinen sieht man, da&szlig; sowohl das Bed&uuml;rfnis wie die Lust, die Peitsche anzuwenden, sehr abgenommen haben, und da dieselben Ursachen in der Armee noch fortwirken, ist anzunehmen, da&szlig; dies auch fernerhin der Fall sein und die Katze mehr und mehr als ein exzeptionelles, &auml;u&szlig;erstes Schreckmittel gelten wird, das man f&uuml;r schlimme F&auml;lle vor dem Feind in Reserve h&auml;lt. Man hat eben gesehen, da&szlig; der Appell an das Ehrgef&uuml;hl der Soldaten mehr hilft als entehrende Strafen, und dar&uuml;ber ist in der ganzen englischen Armee nur eine Stimme, da&szlig; ein gepeitschter Soldat nachher nie mehr etwas wert ist. Trotzdem wird man in England sobald nicht zur vollst&auml;ndigen Abschaffung der Katze kommen. Wir alle wissen, wie stark die Vorurteile f&uuml;r k&ouml;rperliche Strafen gewesen sind und teilweise noch sind, selbst in Armeen, die aus weit besseren sozialen Elementen bestehen als die englische; und bei einer Werbearmee hat ein solches &auml;u&szlig;erstes Schreckinstrument noch am ehesten seine Entschuldigung. Darin aber haben die Engl&auml;nder sicher recht, wenn einmal K&ouml;rperstrafe sein soll, da&szlig; sie sie nur als &auml;u&szlig;erstes Mittel, dann aber auch sehr ernsthaft, anwenden. Die ewige Stockpr&uuml;gelei in gelindem Ma&szlig;stabe, wie sie in manchen und leider auch deutschen Armeen noch vorkommt, und die nur dazu dienen kann, die Furcht vor dieser Strafe abzuschw&auml;chen ... |Hier bricht die Handschrift ab| </P>
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