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<TITLE>Karl Marx - Unruhen in Syrien - Die englische Parlamentssession - Die Situation im britischen Handel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_ak60.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Artikel und Korrespondenzen 1860</FONT></A></P>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 15, 4. Auflage 1972, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 98-102.</P>
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<P>1. Korrektur<BR>
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Erstellt am 18.09.1998</P>
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</FONT><H2>Karl Marx </H2>
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<H1>[Unruhen in Syrien -<BR>
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Die englische Parlamentssession -<BR>
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Die Situation im britischen Handel] </H1>
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<FONT SIZE=2><P>Aus dem Englischen.</P>
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</FONT><P><HR></P>
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<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 6021 vom 11. August 1860] </P>
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</FONT><B><P><A NAME="S98"><98></A></B> London, 28. Juli 1860 </P>
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<P>Da das Blaubuch über die Unruhen in Syrien gerade erst veröffentlicht worden ist und Lord Stratford de Redcliffe für nächsten Dienstag seine Anfrage bezüglich der syrischen Angelegenheiten angekündigt hat, zögere ich, auf diesen wichtigen Gegenstand einzugehen und möchte Ihre Leser nur warnen, sich nicht durch die sentimentalen Deklamationen der Dezembristen-Presse, durch Schaudergefühle über entsetzliche Greueltaten wilder Stämme und durch die für die Leidenden empfundene natürliche Sympathie täuschen zu lassen. Aber es gibt einige Punkte, die beachtet werden sollten. Erstens befindet sich das Russische Reich infolge der Erschütterungen im Inneren, die sich aus der Bewegung der Leibeigenen-Emanzipation und der zerrütteten Finanzlage ergeben haben, in einer Klemme, aus der die gegenwärtige Regierung keinen Ausweg weiß, außer durch einen Krieg großen Ausmaßes. Krieg scheint ihnen das einzige Mittel, sich die drohende Revolution vom Halse zu schaffen, die in Fürst Dolgorukows "La vérité sur la Russie" so zuverlässig vorausgesagt wird. Daher versuchte Fürst Gortschakow vor etwa drei Monaten, die Orientfrage wieder aufzuwerfen, indem er sein Zirkular über die Beschwerden der Christen in der Türkei herausgab; aber sein Appell, der nur von einer einzelnen Stimme aus den Tuilerien erwidert wurde, verhallte ungehört vor den Ohren Europas. Genau von diesem Zeitpunkt an bemühten sich die russischen und französischen Agenten, einen politisch-religiösen Streit zustande zu bringen - die ersteren an der dalmatinischen, die letzteren an der syrischen Küste - wobei sich beide Bewegungen unterstützten, seit die Unruhen in Montenegro und der Herzegowina die Pforte <A NAME="S99"><B><99></A></B> zwangen, fast die ganze in Syrien stationierte türkische Armee zurückzuziehen und so das Feld dem hochgetriebenen Widerstand der barbarischen Stämme des Libanon einzuräumen. Der Kaiser der Franzosen fand sich wie der orthodoxe Zar. vor die gleiche Notwendigkeit gestellt, nach einem frischen, erregenden Kreuzzug Ausschau zu halten und sein Reich wiederum in den Lethe <Fluß der Vergessenheit> der Kriegshalluzinationen zu stürzen. Die italienische Bewegung, die seinen lenkenden Zügeln entglitt und einen der Richtung, die er ihr zu verleihen wünschte, entgegengesetzten Kurs einschlug, ist, wie im "Constitutionnel" behutsam angedeutet wurde, nach der Pariser Meinung eine Last geworden. Seine Versuche, den Prinzregenten von Preußen zu einer gewaltsamen "Konsolidierung Deutschlands" zu beschwatzen, die an Frankreich durch "eine moralische Kompensation" in Gestalt der Rheinprovinzen zu bezahlen wäre, erwiesen sich als einziger Fehlschlag und warfen sogar einen Schein von Lächerlichkeit auf den entrepreneur <Schöpfer> der Finte von der Emanzipation der Nationalitäten. Der Konflikt mit dem Papst, in den sich Louis-Napoleon verwickelt fand, beschädigte die Stütze, auf der seine Herrschaft über die Bauern beruht - die katholische Geistlichkeit Frankreichs. Die kaiserliche Staatskasse war für einige Zeit beschränkt auf einen Zustand der Erschöpfung, in dem sie sich noch befindet und den man vergeblich dadurch zu beheben suchte, daß man die Ausschreibung einer emprunt de la paix (Friedensanleihe) andeutete. Das war zuviel, selbst für das Frankreich der Dezembristen. Eine unter dem Vorwand des Krieges ausgeschriebene Anleihe durch eine ihr folgende unter dem Vorwand des Friedens ausgeschriebene zu ergänzen, das war eine verabscheuungswürdige Vermessenheit selbst für Pariser Börsenjobber. Eine leise Stimme in der weibischen Pariser Presse wagte es, darauf hinzuweisen, daß die Wohltaten des Zweiten Kaiserreichs ebenso groß wie kostspielig seien, da die Nation sie durch eine Vermehrung der öffentlichen Schulden um einen Betrag v
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<P>Sie haben bemerkt, daß die jetzige Parlamentssession durch eine erschreckende Reihe von Fehlschlägen der Regierung nicht ihresgleichen hat. Abgesehen von Herrn Gladstones Fehlgeburt der Schutzzölle ist nicht eine einzige bedeutende Maßnahme durchgeführt worden. Aber während die Regierung Gesetzentwurf um Gesetzentwurf zurückzog, plante sie, eine kleine Resolution durch die zweite Lesung zu schmuggeln, die eine einzige <A NAME="S101"><B><101></A></B> kleine Klausel beinhaltet, die jedoch, wenn durchgeführt, die größte Verfassungsänderung seit 1689 hervorgerufen hätte. Diese Resolution schlug lediglich die Abschaffung der lokalen englischen Armee in Indien und ihre Einbeziehung in die britische Armee vor und folglich die Übertragung ihres Oberkommandos vom Generalgouverneur in Kalkutta auf die Londoner Horse Guards, alias den Herzog von Cambridge. Ganz abgesehen von den anderen ernsten Folgen, die eine solche Veränderung mit sich gebracht hätte, würde sie einen Teil der Armee der Kontrolle des Parlaments entziehen und im größten Ausmaße das königliche Patronat verstärken. Es scheint, daß einige Mitglieder des Indienrates, die einmütig gegen den Plan der Regierung opponierten, aber auf Grund der Indien-Bill von 1858 keinen Sitz im Unterhause einnehmen können, einigen Parlamentsmitgliedern ihre Proteste in die Ohren geflüstert haben, und so geschah es, daß, als die Regierung ihren Winkelzug schon gelungen wähnte, eine plötzliche Parlamentsemeute, von Herrn Horsman geführt, gerade zur rechten Zeit ihre Intrige zerschlug. Diese Verlegenheit eines unerwartet ertappten Kabinetts und die Bestürzung eines Unterhauses, erregt über die Schlingen, die seiner tiefen Unwissenheit gelegt wurden, sind ein wahrhaft lächerliches Schauspiel. </P>
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<P>Der deklarierte Wert der Exporte im letzten Monat zeigt die ständige Abwärtsentwicklung des britischen Handels. Ich habe in einem <A HREF="me15_073.htm">früheren Artikel</A> dargelegt, daß im Vergleich zu den Exporten vom Juni 1859 ein Rückgang um nahezu anderthalb Millionen Pfund Sterling im Juni 1860 zu verzeichnen ist. </P>
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<P>Die Angaben für die Monate Juni der letzten drei Jahre lauten wie folgt:</P>
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<P ALIGN="CENTER">1858</TD>
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<P ALIGN="CENTER">1859</TD>
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<P ALIGN="CENTER">1860</TD>
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<P ALIGN="CENTER">10.241.433 Pfd.St.</TD>
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<P ALIGN="CENTER">10.665.891 Pfd.St.</TD>
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<P ALIGN="CENTER">9.236.454 Pfd.St.</TD>
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<P>In dem Halbjahr bis zum 30. Juni ist der deklarierte Wert der Exporte um eine Million geringer als in den gleichen sechs Monaten des vergangenen Jahres: </P>
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<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=4 WIDTH=469>
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<P ALIGN="CENTER">1858</TD>
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<P ALIGN="CENTER">1859</TD>
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<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP" HEIGHT=22>
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<P ALIGN="CENTER">1860</TD>
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</TR>
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<TR><TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP" HEIGHT=22>
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<P ALIGN="CENTER">53.467.804 Pfd.St.</TD>
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<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP" HEIGHT=22>
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<P ALIGN="CENTER">63.003.159 Pfd.St.</TD>
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<TD WIDTH="33%" VALIGN="TOP" HEIGHT=22>
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<P ALIGN="CENTER">62.019.989 Pfd.St.</TD>
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<P>Das Absinken im letzten Monat verteilt sich auf den Baumwoll- und Baumwollgarnhandel, auf den Leinen-, Metall- und Messerwaren-, Eisen- und Kammgarnhandel. Sogar im Export von Wollwaren zeigt der Handel, <A NAME="S102"><B><102></A></B> der bisher darin eine ständig wachsende Prosperität aufwies, diesen Monat ein Absinken - ausgenommen Woll- und Kammgarn. Der Export von Baumwollwaren nach Britisch-Indien für sechs Monate ist von 6.094.430 Pfd.St. in der ersten Hälfte 1859 auf 4.738.440 Pfd.St. in der ersten Hälfte 1860 oder um 1.360.000 Pfd.St. Warenwert gesunken. </P>
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<P>Hinsichtlich der Importe ist das auffallendste Merkmal der ungeheure Umfang der Baumwolleinfuhren. Im Juni 1860 wurden 2.102.048 cwts. eingeführt, gegen 1.665.306 cwts. im Juni letzten Jahres und 1.339.108 cwts. im Juni 1858. Die Zunahme in den sechs Monaten beträgt nicht weniger als drei Millionen cwts., so daß die Halbjahrimporte um mehr als sechzig Prozent größer sind. Die im Monat Mai 1860 eingeführte Baumwolle ist im Wert 1.800.000 Pfd.St. höher als der Import im Mai 1859. Nicht weniger als 6<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Millionen Pfund Sterling sind in den ersten fünf Monaten 1860 für Rohbaumwolle mehr ausgegeben worden gegenüber der in der gleichen Periode des vorigen Jahres hierfür ausgegebenen Summe. </P>
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<P>Wenn man die rasche Abnahme im Export von Baumwollwaren und Garnen mit dem noch entschiedeneren Anstieg in den Baumwollimporten vergleicht, wird verständlich, daß eine Baumwollkrise herannaht, um so mehr, als die neuen Eingänge des Rohmaterials in ungewöhnlich volle Baumwoll-Lager kommen. </P>
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