emacs.d/clones/www.mlwerke.de/fm/fm03/fm03_364.htm

1134 lines
92 KiB
HTML
Raw Normal View History

2022-08-25 20:29:11 +02:00
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<!-- #BeginTemplate "/Templates/Mehring - Karl Marx.dwt" -->
<HEAD>
<TITLE>Franz Mehring: Karl Marx - &raquo;Das Kapital&laquo;</TITLE>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<link rel=stylesheet type="text/css" href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">
</HEAD>
<BODY link="#6000FF" vlink="#8080C0" alink="#FF0000" bgcolor="#FFFFCC">
<!--Hier war ein falsch terminierter Kommentar -->
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../../index.shtml.html"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link1a" --><A HREF="fm03_322.htm"><SMALL>11.
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="fm03_000.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link1b" --><A HREF="fm03_394.htm"><SMALL>13.
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../default.htm"><SMALL>Franz
Mehring</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
<HR size="1">
<P><SMALL>Seitenzahlen nach: Franz Mehring - Gesammelte Schriften, Band 3. Berlin/DDR,
1960, S. <!-- #BeginEditable "Seitenzahlen" -->364-393<!-- #EndEditable -->.<BR>
1. Korrektur<BR>
Erstellt am 30.10.1999</SMALL></P>
<H2>Franz Mehring: Karl Marx - Geschichte seines Lebens</H2>
<H1><!-- #BeginEditable "Titel" -->Zw&ouml;lftes Kapitel: &raquo;Das Kapital&laquo;<!-- #EndEditable --></H1>
<hr size="1">
<!-- #BeginEditable "Text" -->
<H3 ALIGN="CENTER">1. Die Geburtswehen<A name="Kap_1"></A></H3>
<P><B>|364|</B> Wenn Marx die Teilnahme an dem Genfer Kongre&szlig; ablehnte,
weil ihm die Vollendung seines Hauptwerks - er meinte, bisher habe er nur Kleinigkeiten
gemacht - f&uuml;r die Arbeiter wichtiger zu sein schien als die Beteiligung an
irgendeinem Kongresse, so hatte er im Auge, da&szlig; er seit dem 1. Januar 1866
mit der Reinschrift und Stilisierung des ersten Bandes begonnen hatte. Und die
Sache ging zun&auml;chst flott voran, da es ihm &raquo;nat&uuml;rlich Spa&szlig; machte,
das Kind glatt zu lecken nach so vielen Geburtswehen&laquo;.</P>
<P>Diese Geburtswehen hatten ziemlich zweimal so viele Jahre gew&auml;hrt wie
die Physiologie Monate zur Herausgabe eines fertigen Menschenkindes gebraucht.
Marx durfte mit Recht sagen, vielleicht niemals sei ein Werk dieser Art unter
schwierigeren Verh&auml;ltnissen geschrieben worden. Immer wieder hatte er sich
einen Zeitpunkt festgesetzt, um &raquo;in f&uuml;nf Wochen&laquo;, wie 1851, oder &raquo;in sechs
Wochen&laquo;, wie 1859, fertigzuwerden, aber immer wieder scheiterten diese Vors&auml;tze
an seiner unerbittlichen Selbstkritik und seiner unvergleichlichen Gewissenhaftigkeit,
die ihn zu immer neuen Untersuchungen trieben und auch durch die ungeduldige Mahnung
seines treuesten Freundes nicht ersch&uuml;ttert werden konnten.</P>
<P>Ende 1865 war er mit der Arbeit fertig, aber doch nur in der Form eines riesigen
Manuskripts, das in seiner nunmehrigen Gestalt von niemand herausgegeben werden
konnte, au&szlig;er von ihm selbst, nicht einmal von Engels. Aus dieser gewaltigen
Masse hat Marx vom Januar 1866 bis M&auml;rz 1867 den ersten Band des &raquo;Kapitals&laquo;
in seiner klassischen Fassung herausgearbeitet als ein &raquo;artistisches Ganzes&laquo;,
was seiner fabelhaften Arbeitskraft immer noch das gl&auml;nzendste Zeugnis ausstellt.
Denn diese f&uuml;nf Vierteljahre waren daneben erf&uuml;llt durch best&auml;ndige
und wie im Februar 1866, selbst lebensgef&auml;hrliche Krankheitszust&auml;nde,
durch eine Aufh&auml;ufung von Schulden, die ihm &raquo;das Gehirn zusammendr&uuml;ckten&laquo;,
und nicht zuletzt auch durch die zeitraubenden Vorarbeiten f&uuml;r den Genfer
Kongre&szlig; der Internationalen.</P>
<P><B><A NAME="S365">|365|</A></B> Im November 1866 ging das erste B&uuml;ndel
Manuskript an Otto Mei&szlig;ner in Hamburg ab, einen Verleger demokratischer
Literatur, bei dem Engels schon seine kleine Schrift &uuml;ber die preu&szlig;ische
Milit&auml;rfrage hatte erscheinen lassen. Mitte April 1867 brachte Marx den Rest
des Manuskripts selbst nach Hamburg und fand in Mei&szlig;ner einen &raquo;netten Kerl&laquo;,
mit dem nach kurzem Verhandeln alles in Ordnung war. Um die ersten Proben des
Druckes abzuwarten, der in Leipzig hergestellt wurde, besuchte Marx seinen Freund
Kugelmann in Hannover, wo er in einer liebensw&uuml;rdigen Familie die gastlichste
Aufnahme fand. Er verlebte hier gl&uuml;ckliche Wochen, die er selbst zu &raquo;den
sch&ouml;nsten und freudigsten Oasen in der Lebensw&uuml;ste&laquo; z&auml;hlte. Ein
wenig zu seiner frohen Stimmung trug auch bei, da&szlig; ihm, dem in dieser Beziehung
ganz Unverw&ouml;hnten, die gebildeten Kreise Hannovers mit Achtung und Sympathie
entgegenkamen; &raquo;wir zwei haben doch&laquo;, schrieb er am 24. April an Engels, &raquo;eine
ganz andere Stellung ... unter dem &#155;gebildeten&#139; Beamtentum, als wir wissen&laquo;. Und
Engels antwortete am 27. April: &raquo;Es ist mir immer so gewesen, als wenn dies verdammte
Buch, an dem Du so lange getragen hast, der Grundkern von allem Deinem Pech war
und Du nie herauskommen w&uuml;rdest und k&ouml;nntest, solange dies nicht abgesch&uuml;ttelt.
Dies ewig unfertige Ding dr&uuml;ckte Dich k&ouml;rperlich, geistig und finanziell
zu Boden, und ich kann sehr gut begreifen, da&szlig; Du jetzt, nach Absch&uuml;ttelung
dieses Alps, Dir wie ein ganz andrer Kerl vorkommst, besonders da die Welt, sobald
Du nur erst wieder einmal hineinkommst, auch nicht so tr&uuml;bselig aussieht
wie vorher.&laquo; Daran kn&uuml;pfte Engels die Hoffnung, nun bald vom &raquo;h&uuml;ndischen
Kommerz&laquo; erl&ouml;st zu sein. Solange er da drin stecke, sei er zu nichts f&auml;hig;
besonders seitdem er Prinzipal sei, w&auml;re das viel schlimmer geworden, wegen
der gr&ouml;&szlig;eren Verantwortlichkeit.</P>
<P>Marx antwortete ihm darauf am 7. Mai: &raquo;Ich hoffe und glaube zuversichtlich,
nach Jahresfrist so weit ein gemachter Mann zu sein, da&szlig; ich von Grund aus
meine &ouml;konomischen Verh&auml;ltnisse reformieren und endlich wieder auf eigenen
F&uuml;&szlig;en stehn kann. Ohne Dich h&auml;tte ich das Werk nie zu Ende bringen
k&ouml;nnen, und ich versichere Dir, es hat mir immer wie ein Alp auf dem Gewissen
gelastet, da&szlig; Du Deine famose Kraft haupts&auml;chlich meinetwegen kommerziell
vergeuden und verrosten lie&szlig;est und, into the bargain [Mehring &uuml;bersetzt:
obendrein] noch alle meine petites mis&egrave;res [Mehring &uuml;bersetzt: kleines
Elend] mit durchleben mu&szlig;test.&laquo; Marx ist nun freilich weder im n&auml;chsten
Jahre, noch &uuml;berhaupt ein &raquo;gemachter Mann&laquo; geworden, und Engels mu&szlig;te
den &raquo;h&uuml;ndischen Kommerz&laquo; noch einige Jahre mit ansehen, aber der Horizont
begann sich doch zu lichten.</P>
<P><B><A NAME="S366">|366|</A></B> Eine lang gestundete Briefschuld an einen Anh&auml;nger,
den Bergwerksingenieur Siegfried Meyer, der bis dahin in Berlin gelebt hatte und
um diese Zeit nach den Vereinigten Staaten &uuml;bersiedelte, trug Marx in diesen
hann&ouml;verschen Tagen mit Worten ab, die seine &raquo;Herzlosigkeit&laquo; abermals in
helles Licht setzen. Er schrieb: &raquo;Sie m&uuml;ssen sehr schlecht von mir denken
und um so schlechter, wenn ich Ihnen sage, da&szlig; Ihre Briefe mir nicht nur
eine gro&szlig;e Freude bereitet haben, sondern ein <I>wahrer Trost</I> f&uuml;r
mich waren w&auml;hrend der sehr qualvollen Periode, worin sie mir zukamen. Einen
t&uuml;chtigen Mann, &agrave; la hauteur des principes [Mehring &uuml;bersetzt:
auf der H&ouml;he des Prinzips] f&uuml;r unsre Partei gesichert zu wissen, entsch&auml;digt
mich f&uuml;r das Schlimmste. Zudem waren Ihre Briefe voll der liebensw&uuml;rdigsten
Freundschaft f&uuml;r mich pers&ouml;nlich, und Sie begreifen, da&szlig; ich,
der mit der Welt (der offiziellen) im bittersten Kampfe stehe, dies am wenigsten
untersch&auml;tzen kann. - Warum ich Ihnen also nicht antwortete? Weil ich fortw&auml;hrend
am Rande des Grabe schwebte. Ich mu&szlig;te also <I>jeden</I> arbeitsf&auml;higen
Moment benutzen, um mein Werk fertigzumachen, dem ich Gesundheit, Lebensgl&uuml;ck
und Familie geopfert habe. Ich hoffe, da&szlig; diese Erkl&auml;rung keines weiteren
Zusatzes bedarf. Ich lache &uuml;ber die sogenannten &#155;praktischen&#139; M&auml;nner
und ihre Weisheit. Wenn man ein Ochse sein wollte, k&ouml;nnte man nat&uuml;rlich
den Menschheitsqualen den R&uuml;cken kehren und f&uuml;r seine eigne Haut sorgen.
Aber ich h&auml;tte mich wirklich f&uuml;r <I>unpraktisch</I> gehalten, wenn ich
krepiert w&auml;re, ohne mein Buch, wenigstens im Manuskript, ganz fertig zumachen.&laquo;</P>
<P>In der gehobenen Stimmung dieser Tage hat Marx es auch ernsthaft aufgenommen,
als ihm ein sonst unbekannter Advokat Warnebold den angeblichen Wunsch Bismarcks
&uuml;bermittelte, ihn und seine gro&szlig;en Talente im Interesse des deutschen
Volks zu verwerten. Nicht als ob Marx von dieser Lockung berauscht gewesen w&auml;re;
er wird dar&uuml;ber gedacht haben wie Engels: &raquo;Es ist bezeichnend f&uuml;r die
Denkweise und den Horizont des Kerls, da&szlig; er alle Leute nach sich beurteilt.&laquo;
Aber in de n&uuml;chternen Alltagsstimmung w&uuml;rde Marx schwerlich an die Botschaft
Warnebolds geglaubt haben. In den noch ganz unfertigen Zust&auml;nden des Norddeutschen
Bundes, nachdem kaum die Gefahr eines Krieges mit Frankreich wegen des Luxemburgischen
Handels beschworen worden war, konnte Bismarck unm&ouml;glich daran denken, die
kaum erst in sein Lager &uuml;bergegangene Bourgeoisie, die schon zu seinen Gehilfen
Bucher und Wagener sehr scheel sah, noch dadurch vor den Kopf zu sto&szlig;en,
da&szlig; er den Verfasser des &raquo;Kommunistischen Manifestes&laquo; in seine Dienst, nahm.</P>
<P><B><A NAME="S367">|367|</A></B> Nicht mit Bismarck, aber mit einer Verwandten
Bismarcks erlebte Marx auf seiner R&uuml;ckreise nach London ein kleines Abenteuer,
&uuml;ber das er nicht ohne Behagen an Kugelmann berichtete. Auf dem Dampfer bat
ihn ein deutsches Fr&auml;ulein, das ihm schon durch seine milit&auml;rische Haltung
aufgefallen war, um n&auml;here Auskunft &uuml;ber die Londoner Eisenbahnstationen,
wobei sich ergab, da&szlig; sie einige Stunden auf den Zug warten mu&szlig;te,
den sie zu benutzen hatte, und diese Zeit verk&uuml;rzte ihr Marx ritterlich durch
Spazierengehen im Hyde Park. &raquo;Es ergab sich, da&szlig; sie Elisabeth von Puttkamer
hie&szlig;, <I>Nichte Bismarcks</I>, bei dem sie eben einige Wochen in Berlin
zugebracht hatte. Sie hatte die ganze Armeeliste bei sich, da diese Familie unser
&#155;tapferes Kriegsheer&#139; &uuml;berreichlich mit Herren von Ehr' und Taille versieht.
Sie war ein munteres, gebildetes M&auml;dchen, aber aristokratisch und schwarzwei&szlig;
bis zur Nasenspitze. Sie war nicht wenig erstaunt, als sie erfuhr, da&szlig; sie
in <I>&#155;rote&#139;</I> H&auml;nde gefallen sei.&laquo; Doch die kleine Dame verlor deshalb
die gute Laune nicht. In einem zierlichen Brieflein sagte sie voll &raquo;kindlicher
Hochachtung&laquo; ihrem Ritter &raquo;herzinnigsten Dank&laquo; f&uuml;r alle M&uuml;he, die er
mit ihr als einem &raquo;unerfahrenen Gesch&ouml;pf&laquo; gehabt habe, und so lie&szlig;en
auch ihre Eltern vermelden, sie seien gl&uuml;cklich zu erfahren, da&szlig; es
noch gute Menschen auf der Reise gebe.</P>
<P>In London erledigte Marx die Korrekturen seines Buches. Ohne ein gelegentliches
Schelten &uuml;ber die Saumseligkeit des Druckes ging es auch diesmal nicht ab,
aber schon am 16. August 1867, um 2 Uhr nachts, konnte er Engels melden, da&szlig;
er eben den letzten (49.) Bogen fertig korrigiert habe. &raquo;Also <I>dieser Band ist
fertig</I>. Blo&szlig; <I>Dir</I> verdanke ich es, da&szlig; dies m&ouml;glich
war! Ohne Deine Aufopferung f&uuml;r mich konnte ich unm&ouml;glich die ungeheuren
Arbeiten zu den drei B&auml;nden machen. I embrace you, full of thanks ... Salut
[Mehring &uuml;bersetzt: Ich umarme Dich, voller Dank! Gru&szlig;], mein lieber,
teurer Freund!&laquo;</P>
<H3 ALIGN="CENTER">2. Der erste Band<A name="Kap_2"></A></H3>
<P>In dem ersten Kapitel seines Werkes fa&szlig;te Marx noch einmal zusammen,
was er in seiner Schrift von 1859 &uuml;ber Ware und Geld ausgef&uuml;hrt hatte.
Es geschah nicht nur der Vollst&auml;ndigkeit wegen, sondern weil selbst gute
K&ouml;pfe die Sache nicht ganz richtig begriffen h&auml;tten, also in der Darstellung
etwas Mangelhaftes sein m&uuml;sse, speziell der Analyse der Ware.</P>
<P><B><A NAME="S368">|368|</A></B> Zu diesen guten K&ouml;pfen geh&ouml;rten freilich
nicht die deutschen Gelehrten, die gerade das erste Kapitel des &raquo;Kapitals&laquo; wegen
seiner &raquo;unklaren Mystik&laquo; verw&uuml;nscht haben. &raquo;Eine Ware scheint auf den ersten
Blick ein selbstverst&auml;ndliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, da&szlig;
sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer
Mucken. Soweit sie <I>Gebrauchswert</I>, ist nichts Mysteri&ouml;ses an ihr ...
Die Form des Holzes z.B. wird ver&auml;ndert, wenn man aus ihm einen Tisch macht.
Nichtsdestoweniger bleibt der Tisch Holz, ein ordin&auml;res sinnliches Ding.
Aber sobald er <I>als Ware</I> auftritt, verwandelt es sich in ein sinnlich &uuml;bersinnliches
Ding. Er steht nicht nur mit seinen F&uuml;&szlig;en auf dem Boden, sondern er
stellt sich allen andren Waren gegen&uuml;ber auf den Kopf, und entwickelt aus
seinem Holzkopf Grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien St&uuml;cken
zu tanzen beg&auml;nne.&laquo;<A name="ZT1"></A><A href="fm03_364.htm#Z1"><SPAN class="top">[1]</SPAN></A> Das nahmen alle Holzk&ouml;pfe &uuml;bel, die &uuml;bersinnliche
Spitzfindigkeiten und theologische Mucken in schwerer Menge produzieren, aber
nicht so viel sinnliches Ding produzieren k&ouml;nnen, wie ein ordin&auml;rer
sinnlicher Tisch von Holz sein mag.</P>
<P>Tats&auml;chlich geh&ouml;rt dies erste Kapitel, unter rein schriftstellerischem
Gesichtspunkt, zu dem Bedeutendsten, was Marx geschrieben hat. Er ging dann zu
der Untersuchung &uuml;ber, wie sich Geld in Kapital verwandelt. Tauschen sich
in der Warenzirkulation gleiche Werte gegeneinander aus, wie kann der Geldbesitzer
Waren zu ihrem Werte kaufen und zu ihrem Werte verkaufen, dennoch aber mehr Wert
herausziehen, als er hineingeworfen hatte? Er kann es deshalb, weil er unter den
gegenw&auml;rtigen gesellschaftlichen Verh&auml;ltnissen auf dem Warenmarkt eine
Ware von so eigent&uuml;mlicher Beschaffenheit vorfindet, da&szlig; ihr Verbrauch
eine Quelle von neuem Wert ist. Diese Ware ist die Arbeitskraft.</P>
<P>Sie existiert in der Gestalt des lebendigen Arbeiters, der zu seiner Existenz
sowie zur Erhaltung seiner Familie, die die Fortdauer der Arbeitskraft auch nach
seinem Tode sichert, einer bestimmten Summe von Lebensmitteln bedarf. Die zur
Hervorbringung dieser Lebensmittel n&ouml;tige Arbeitszeit stellt den Wert der
Arbeitskraft dar. Dieser im Lohne gezahlte Wert ist aber weit geringer als der
Wert, den der K&auml;ufer der Arbeitskraft aus ihr zu sch&ouml;pfen vermag. Die
Mehrarbeit des Arbeiters &uuml;ber die zur Ersetzung seines Lohnes n&ouml;tige
Zeit hinaus ist die Quelle des Mehrwerts, der stets wachsenden Anschwellung des
Kapitals. Die unbezahlte Arbeit des Arbeiters erh&auml;lt alle nichtarbeitenden
Mitglieder der Gesellschaft; auf ihr beruht der ganze gesellschaftliche Zustand
worin wir leben.</P>
<P><B><A NAME="S369">|369|</A></B> Zwar ist die unbezahlte Arbeit an sich keine
Eigent&uuml;mlichkeit der modernen b&uuml;rgerlichen Gesellschaft. Solange es
besitzende und besitzlose Klassen gibt, hat die besitzlose Klasse stets unbezahlte
Arbeit leisten m&uuml;ssen. Solange ein Teil der Gesellschaft das Monopol der
Produktionsmittel besitzt, mu&szlig; der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner
Selbsterhaltung n&ouml;tigen Arbeitszeit &uuml;bersch&uuml;ssige Arbeitszeit zusetzen,
um die Lebensmittel f&uuml;r die Eigner der Produktionsmittel zu produzieren.
Die Lohnarbeit ist nur eine besondere historische Form des seit der Klassenscheidung
herrschenden Systems unbezahlter Arbeit, eine besondere historische Form, die
als solche untersucht werden mu&szlig;, um richtig verstanden zu werden.</P>
<P>Zur Verwandlung von Geld in Kapital mu&szlig; der Geldbesitzer den freien Arbeiter
auf dem Warenmarkt vorfinden, frei in dem Doppelsinne, da&szlig; er als freie
Person &uuml;ber seine Arbeitskraft als seine Ware verf&uuml;gt und da&szlig;
er andere Waren nicht zu verkaufen hat, da&szlig; er los und ledig ist von allen
zur Verwirklichung seiner Arbeitskraft n&ouml;tigen Sachen. Es ist kein naturgeschichtliches
Verh&auml;ltnis, denn die Natur produziert nicht auf der einen Seite Geld- oder
Warenbesitzer und auf der anderen Seite blo&szlig;e Besitzer der eigenen Arbeitskraft.
Es ist aber auch kein gesellschaftliches Verh&auml;ltnis, das allen Geschichtsperioden
gemeinsam w&auml;re, sondern das Ergebnis einer langen historischen Entwicklung,
das Produkt vieler &ouml;konomischer Umw&auml;lzungen, des Untergangs einer ganzen
Reihe &auml;lterer Formationen der gesellschaftlichen Produktion.</P>
<P>Die Warenproduktion ist der Ausgangspunkt des Kapitals. Warenproduktion, Warenzirkulation
und entwickelte Warenzirkulation, Handel, bilden die geschichtlichen Voraussetzungen,
unter denen es entsteht. Von der Sch&ouml;pfung des modernen Welthandels und Weltmarktes
im sechzehnten Jahrhundert datiert die moderne Lebensgeschichte des Kapitals.
Die Illusion der Vulg&auml;r&ouml;konomen, als habe es einmal eine flei&szlig;ige
Elite gegeben, die Reichtum akkumulierte, und eine Masse faulenzender Lumpen,
die schlie&szlig;lich nichts zu verkaufen hatten als ihre eigene Haut, ist eine
fade Kinderei; eine ebenso fade Kinderei wie das Halbdunkel, worin die b&uuml;rgerlichen
Historiker die Aufl&ouml;sung der feudalen Produktionsweise darstellen als Emanzipation
des Arbeiters und nicht zugleich als Verwandlung der feudalen in die kapitalistische
Produktionsweise. Indem die Arbeiter aufh&ouml;rten, unmittelbar zu den Produktionsmitteln
zu geh&ouml;ren wie Sklaven und Leibeigene, h&ouml;rten die Produktionsmittel
auf, ihnen zu geh&ouml;ren wie beim selbstwirtschaftenden Bauern und Handwerker.
Durch eine Reihe gewaltsamer und grausamer Methoden, die Marx im Kapitel &uuml;ber
die urspr&uuml;ngliche Akkumulation an der englischen <A NAME="S370"></A><B>|370|*</B>
Geschichte ausf&uuml;hrlich schildert, wurde die gro&szlig;e Volksmasse von Grund
und Boden und Lebensmitteln und Arbeitswerkzeugen enteignet. So entstanden die
freien Arbeiter, deren die kapitalistische Produktionsweise bedarf; vom Kopf bis
zur Zehe, aus allen Poren blut- und schmutztriefend, kam das Kapital zur Welt.
Sobald es einmal auf eigenen F&uuml;&szlig;en stand, erhielt es nicht nur die
Scheidung zwischen dem Arbeiter und dem Eigentum an den Verwirklichungsbedingungen
der Arbeit, sondern reproduzierte sie auf stets wachsender Stufenleiter.</P>
<P>Von den fr&uuml;heren Arten unbezahlter Arbeit unterscheidet sich die Lohnarbeit
dadurch, da&szlig; die Bewegung des Kapitals ma&szlig;los, sein Hei&szlig;hunger
nach Mehrarbeit uners&auml;ttlich ist. In &ouml;konomischen Gesellschaftsformationen,
wo nicht der Tauschwert, sondern der Gebrauchswert des Produkts &uuml;berwiegt,
wird die Mehrarbeit durch einen engeren oder weiteren Kreis von Bed&uuml;rfnissen
beschr&auml;nkt, aber aus der Art der Produktion entspringt kein schrankenloses
Bed&uuml;rfnis nach Mehrarbeit. Anders wo der Tauschwert vorwiegt. Als Produzent
von fremder Arbeitsamkeit, als Auspumper von Mehrarbeit und Ausbeuter von Arbeitskraft
&uuml;bergipfelt das Kapital an Energie, Ma&szlig;losigkeit und Wirksamkeit alle
fr&uuml;heren, auf direkter Zwangsarbeit beruhenden Produktionsprozesse. Es kommt
ihm nicht auf den Arbeitsproze&szlig; an, die Erzeugung von Gebrauchswerten, sondern
auf den Verwertungsproze&szlig;, die Erzeugung von Tauschwerten, aus denen es
mehr Wert herausschlagen kann, als es hineingesteckt hat. Der Hunger nach Mehrwert
kennt kein Gef&uuml;hl der S&auml;ttigung; die Produktion von Tauschwerten besitzt
die Schranke nicht, die der Produktion der Gebrauchswerte in der Befriedigung
der Bed&uuml;rfnisse gezogen ist.</P>
<P>Wie die Ware Einheit von Gebrauchs- und Tauschwert, so ist der Produktionsproze&szlig;
der Ware Einheit von Arbeits- und Wertbildungsproze&szlig;. Der Wertbildungsproze&szlig;
dauert bis zu dem Punkte, wo der im Lohne gezahlte Wert der Arbeitskraft durch
einen gleichen Wert ersetzt ist. &Uuml;ber diesen Punkt hinaus wird er zum Erzeugungsproze&szlig;
von Mehrwert, zum Verwertungsproze&szlig;. Als Einheit von Arbeits- und Verwertungsproze&szlig;
wird er kapitalistischer Produktionsproze&szlig;, kapitalistische Form der Warenproduktion.
Im Arbeitsprozesse wirken Arbeitskraft und Produktionsmittel zusammen; im Verwertungsproze&szlig;
erscheinen dieselben Kapitalbestandteile als konstantes und variables Kapital.
Das konstante Kapital setzt sich in Produktionsmittel um, in Rohmaterial, Hilfsstoffe,
Arbeitsmittel und ver&auml;ndert seine Wertgr&ouml;&szlig;e nicht im Produktionsprozesse.
Das variable Kapital setzt sich in Arbeitskraft um und ver&auml;ndert im Produktionsprozesse
seinen Wert; es reproduziert seinen <A NAME="S371"></A><B>|371|</B> eigenen Wert
und einen &Uuml;berschu&szlig; dar&uuml;ber, Mehrwert, der selbst wechseln, gr&ouml;&szlig;er
oder kleiner sein kann. So schafft sich Marx klare Bahn f&uuml;r die Untersuchung
des Mehrwerts, von dem er zwei Formen findet, den absoluten und den relativen
Mehrwert, die eine verschiedene, aber jeder eine entscheidende Rolle in der Geschichte
der kapitalistischen Produktionsweise gespielt haben.</P>
<P>Absoluter Mehrwert wird produziert, indem der Kapitalist die Arbeitszeit &uuml;ber
die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Zeit ausdehnt. Ginge es nach
seinem Wunsche, so h&auml;tte der Arbeitstag vierundzwanzig Stunden, denn je l&auml;nger
der Arbeitstag ist, um so gr&ouml;&szlig;eren Mehrwert produziert er. Umgekehrt
hat der Arbeiter das richtige Gef&uuml;hl, da&szlig; jede Stunde Arbeit, die er
&uuml;ber die Ersetzung des Arbeitslohnes hinaus arbeitet, ihm unrechtm&auml;&szlig;ig
entzogen wird; er hat an seinem eigenen K&ouml;rper durchzumachen, was es hei&szlig;t,
&uuml;berlange Zeit zu arbeiten. Der Kampf um die L&auml;nge des Arbeitstages
dauert vom ersten geschichtlichen Auftreten freier Arbeiter bis auf den heutigen
Tag. Der Kapitalist k&auml;mpft f&uuml;r seinen Profit, und die Konkurrenz zwingt
ihn, mag er pers&ouml;nlich ein edler Mensch oder ein schlechter Kerl sein, den
Arbeitstag bis an die &auml;u&szlig;erste Grenze menschlicher Leistungsf&auml;higkeit
auszurecken. Der Arbeiter k&auml;mpft f&uuml;r seine Gesundheit, f&uuml;r ein
paar Stunden t&auml;glicher Ruhe, um au&szlig;er Arbeiten, Essen und Schlafen
sich auch sonst noch als Mensch bet&auml;tigen zu k&ouml;nnen. Marx schildert
in eindrucksvollster Weise den halbhundertj&auml;hrigen B&uuml;rgerkrieg, den
die Kapitalisten- und die Arbeiterklasse in England gek&auml;mpft hat, von der
Geburt der gro&szlig;en Industrie an, die die Kapitalisten antrieb, jede Schranke
zu zertr&uuml;mmern, die Natur und Sitte, Alter und Geschlecht, Tag und Nacht
der Ausbeutung des Proletariats setzten, bis zum Erla&szlig; der Zehnstundenbill,
die die Arbeiterklasse erk&auml;mpfte, als ein &uuml;berm&auml;chtiges gesellschaftliches
Hindernis, das sie selbst verhindert, durch freiwilligen Kontrakt mit dem Kapital
sich und ihr Geschlecht in Tod und Sklaverei zu verkaufen.</P>
<P>Relativer Mehrwert wird produziert, indem die zur Reproduktion der Arbeitskraft
notwendige Arbeitszeit zugunsten der Mehrarbeit verk&uuml;rzt wird. Der Wert der
Arbeitskraft wird dadurch gesenkt, da&szlig; die Produktivkraft der Arbeit in
denjenigen Industriezweigen gesteigert wird, deren Produkte den Wert der Arbeitskraft
bestimmen. Dazu ist notwendig eine fortw&auml;hrende Umw&auml;lzung der Produktionsweise,
der technischen und gesellschaftlichen Bedingungen des Arbeitsprozesses. Die historischen,
&ouml;konomischen, technologischen und sozialpsychologischen Ausf&uuml;hrungen,
die Marx hier&uuml;ber macht, in einer Reihe von Kapiteln, <A NAME="S372"></A><B>|372|</B>
die die Kooperation, die Teilung der Arbeit und die Manufaktur, die Maschinerie
und die gro&szlig;e Industrie behandeln, sind auch von b&uuml;rgerlicher Seite
als eine reiche Fundgrube der Wissenschaft anerkannt worden.</P>
<P>Marx zeigt nicht nur, da&szlig; die Maschinerie und gro&szlig;e Industrie ein
so furchtbares Elend geschaffen hat wie keine Produktionsweise vor ihr, sondern
er zeigt auch, da&szlig; sie in ihrer unausgesetzten Revolutionierung der kapitalistischen
Gesellschaft eine h&ouml;here Gesellschaftsform vorbereitet. Die Fabrikgesetzgebung
ist die erste bewu&szlig;te und planm&auml;&szlig;ige R&uuml;ckwirkung der Gesellschaft
auf die naturwidrige Gestalt ihres Produktionsprozesses. Indem sie die Arbeit
in Fabriken und Manufakturen reguliert, erscheint sie zun&auml;chst nur als Einmischung
in die Ausbeutungsrechte des Kapitals.</P>
<P>Aber die Gewalt der Tatsachen zwingt sie alsbald, auch die Hausarbeit zu regulieren
und in die elterliche Autorit&auml;t einzugreifen, damit aber anzuerkennen, da&szlig;
die gro&szlig;e Industrie mit der &ouml;konomischen Grundlage des alten Familienwesens
und der ihr entsprechenden Familienarbeit auch die alten Familienverh&auml;ltnisse
selbst aufl&ouml;st. &raquo;So furchtbar und ekelhaft nun die Aufl&ouml;sung des alten
Familienwesens innerhalb des kapitalistischen Systems erscheint, so schafft nichtsdestoweniger
die gro&szlig;e Industrie mit der entscheidenden Rolle, die sie den Weibern, jungen
Personen und Kindern beiderlei Geschlechts in gesellschaftlich organisierten Produktionsprozessen
jenseits der Sph&auml;re des Hauswesens zuweist, die neue &ouml;konomische Grundlage
f&uuml;r eine h&ouml;here Form der Familie und des Verh&auml;ltnisses beider Geschlechter.
Es ist nat&uuml;rlich ebenso albern, die christlich germanische Form der Familie
f&uuml;r absolut zu halten, als die altr&ouml;mische Form oder die altgriechische
oder die orientalische, die &uuml;brigens untereinander eine geschichtliche Entwicklungsreihe
bilden. Ebenso leuchtet ein, da&szlig; die Zusammensetzung des kombinierten Arbeitspersonals
aus Individuen beiderlei Geschlechts und der verschiedensten Altersstufen, obgleich
in ihrer naturw&uuml;chsig brutalen, kapitalistischen Form, wo der Arbeiter f&uuml;r
den Produktionsproze&szlig;, nicht der Produktionsproze&szlig; f&uuml;r den Arbeiter
da ist, Pestquelle des Verderbs und der Sklaverei, unter entsprechenden Verh&auml;ltnissen
umgekehrt zur Quelle humaner Entwicklung umschlagen mu&szlig;.&laquo;<A name="ZT2"></A><A href="fm03_364.htm#Z2"><SPAN class="top">[2]</SPAN></A> Die Maschine,
die den Arbeiter zu ihrem blo&szlig;en Anh&auml;ngsel entw&uuml;rdigt, schafft
zugleich die M&ouml;glichkeit, die Produktivkr&auml;fte der Gesellschaft auf einen
H&ouml;hegrad zu steigern, der eine gleich menschenw&uuml;rdige Entwicklung f&uuml;r
alle Glieder der Gesellschaft m&ouml;glich machen wird, wof&uuml;r alle fr&uuml;heren
Gesellschaftsformen zu arm waren.</P>
<P><B><A NAME="S373">|373|</A></B> Nachdem Marx die Produktion des absoluten und
des relativen Mehrwerts untersucht hat, gibt er die erste rationelle Theorie des
Arbeitslohnes, die die Geschichte der politischen &Ouml;konomie kennt. Der Preis
einer Ware ist ihr in Geld ausgedr&uuml;ckter Wert, und der Arbeitslohn ist der
Preis der Arbeitskraft. Nicht die Arbeit erscheint auf dem Warenmarkte, sondern
der Arbeiter, der seine Arbeitskraft feilbietet, und Arbeit entsteht erst durch
den Verbrauch der Ware Arbeitskraft. Die Arbeit ist die Substanz und das immanente
Ma&szlig; der Werte, aber sie selbst hat keinen Wert. Dennoch scheint im Arbeitslohn
die Arbeit bezahlt zu werden, weil der Arbeiter erst nach getaner Arbeit seinen
Lohn erh&auml;lt. Die Form des Arbeitslohnes l&ouml;scht jede Spur der Teilung
des Arbeitstages in bezahlte und nichtbezahlte Arbeit aus. Es ist umgekehrt wie
beim Sklaven. Der Sklave scheint nur f&uuml;r seinen Herrn zu arbeiten, auch in
dem Teile des Arbeitstages, worin er nur den Wert seiner eigenen Lebensmittel
ersetzt; alle seine Arbeit erscheint als unbezahlte Arbeit. Bei der Lohnarbeit
erscheint umgekehrt selbst die unbezahlte Arbeit als bezahlt. Dort verbirgt das
Eigentumsverh&auml;ltnis das F&uuml;rsichselbstarbeiten des Sklaven, hier das
Geldverh&auml;ltnis das Umsonstarbeiten des Lohnarbeiters. Man begreift daher,
sagt Marx, die entscheidende Wichtigkeit der Verwandlung von Wert und Preis der
Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohnes oder in Wert und Preis der Arbeit selbst.
Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verh&auml;ltnis unsichtbar macht
und gerade sein Gegenteil zeigt, beruhen alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters
wie des Kapitalisten, alle Mystifikationen der kapitalistischen Produktionsweise,
alle ihre Freiheitsillusionen, alle besch&ouml;nigenden Flausen der Vulg&auml;r&ouml;konomie.</P>
<P>Die beiden Grundformen des Arbeitslohnes sind der Zeitlohn und der St&uuml;cklohn.
An den Gesetzen des Zeitlohnes weist Marx namentlich die interessierte Hohlheit
der Redensarten nach, wonach durch eine Beschr&auml;nkung des Arbeitstages der
Lohn gesenkt werden soll. Genau das Gegenteil ist richtig. Vor&uuml;bergehende
Verk&uuml;rzung des Arbeitstages senkt den Lohn, aber dauernde Verk&uuml;rzung
hebt ihn; je l&auml;nger der Arbeitstag, desto niedriger der Lohn.</P>
<P>Der St&uuml;cklohn ist nichts als eine verwandelte Form des Zeitlohnes; er
ist die der kapitalistischen Produktionsweise entsprechendste Form des Arbeitslohnes.
Er gewann gr&ouml;&szlig;eren Spielraum w&auml;hrend der eigentlichen Manufakturperiode
und diente in der Sturm- und Drangperiode der englischen Gro&szlig;industrie als
Hebel zur Verl&auml;ngerung der Arbeitszeit und Verk&uuml;rzung des Arbeitslohnes.
Der St&uuml;cklohn ist sehr vorteilhaft f&uuml;r den Kapitalisten, da er gro&szlig;enteils
die Arbeitsaufsicht &uuml;berfl&uuml;ssig macht und obendrein die mannigfachste
Gelegenheit zu Lohnabz&uuml;gen und sonstigen <A NAME="S374"></A><B>|374|*</B>
Prellereien bietet. F&uuml;r die Arbeiter bringt er dagegen gro&szlig;e Nachteile
mit sich: Abrackern durch &Uuml;berarbeit, die den Lohn steigern soll, w&auml;hrend
sie ihn tats&auml;chlich zu senken strebt, gesteigerte Konkurrenz unter den Arbeitern
und Abschw&auml;chung ihres Solidarit&auml;tsbewu&szlig;tseins, Dazwischenschiebung
von Schmarotzerexistenzen zwischen Kapitalisten und Arbeitern, von Mittelspersonen,
die dem gezahlten Lohn ein erkleckliches St&uuml;ck abzwacken, und anderes mehr.</P>
<P>Das Verh&auml;ltnis von Mehrwert und Arbeitslohn bedingt, da&szlig; die kapitalistische
Produktionsweise nicht nur dem Kapitalisten sein Kapital stets neu reproduziert,
sondern da&szlig; sie auch immer wieder die Armut der Arbeiter produziert: auf
der einen Seite die Kapitalisten, die die Eigent&uuml;mer aller Lebensmittel,
aller Rohprodukte und aller Arbeitswerkzeuge sind, und auf der anderen Seite die
gro&szlig;e Masse der Arbeiter, die gezwungen ist, ihre Arbeitskraft diesen Kapitalisten
f&uuml;r ein Quantum Lebensmittel zu verkaufen, das im besten Falle eben hinreicht,
sie in arbeitsf&auml;higem Zustande zu erhalten und ein neues Geschlecht arbeitsf&auml;higer
Proletarier heranzuziehen. Aber das Kapital reproduziert sich nicht blo&szlig;,
sondern es vergr&ouml;&szlig;ert und vermehrt sich best&auml;ndig; diesem &raquo;Akkumulationsprozesse&laquo;
widmet Marx den letzten Abschnitt des ersten Bandes.</P>
<P>Nicht nur entspringt Mehrwert aus Kapital, sondern Kapital entspringt auch
aus Mehrwert. Ein Teil des j&auml;hrlich produzierten Mehrwerts wird von den besitzenden
Klassen, unter die er sich verteilt, als Revenue verzehrt, ein anderer Teil aber
als Kapital akkumuliert. Die unbezahlte Arbeit, die der Arbeiterklasse ausgepumpt
worden ist, dient jetzt als Mittel, ihr immer mehr unbezahlte Arbeit auszupumpen.
Im Strome der Produktion wird &uuml;berhaupt alles urspr&uuml;nglich vorgeschossene
Kapital eine verschwindende Gr&ouml;&szlig;e, verglichen mit dem direkt akkumulierten
Kapital, das hei&szlig;t dem in Kapital r&uuml;ckverwandelten Mehrwert oder Mehrprodukt,
ob nun funktionierend in der Hand, die akkumuliert hat, oder in fremder Hand.
Das auf Warenproduktion und Warenzirkulation beruhende Gesetz des Privateigentums
schl&auml;gt durch seine eigene, innere, unvermeidliche Dialektik in sein direktes
Gegenteil um. Die Gesetze der Warenproduktion scheinen das Eigentumsrecht auf
eigene Arbeit zu gr&uuml;nden. Gleichberechtigte Warenbesitzer standen sich gegen&uuml;ber;
das Mittel zur Aneignung der fremden Ware war nur die Ver&auml;u&szlig;erung der
eigenen Ware, und die eigene Ware konnte nur durch Arbeit hergestellt werden.
Jetzt erscheint Eigentum, auf Seite des Kapitalisten, als das Recht, fremde unbezahlte
Arbeit oder ihr Produkt, auf Seite des Arbeiters, als die Unm&ouml;glichkeit,
sich sein eigenes Produkt anzueignen.</P>
<P><B><A NAME="S375">|375|</A></B> Als die modernen Proletarier hinter diesen
Zusammenhang zu kommen begannen, als das st&auml;dtische Proletariat in Lyon die
Sturmglocke l&auml;utete und das l&auml;ndliche Proletariat in England den roten
Hahn fliegen lie&szlig;, da erfanden die Vulg&auml;r&ouml;konomen die &raquo;Abstinenztheorie&laquo;,
wonach das Kapital durch &raquo;freiwillige Enthaltung&laquo; der Kapitalisten entsteht, eine
Theorie, die Marx ebenso unbarmherzig gei&szlig;elt, wie Lassalle sie vor ihm
gegei&szlig;elt hatte. Was aber wirklich zur Akkumulation des Kapitals beitr&auml;gt,
das ist die erzwungene &raquo;Enthaltung&laquo; der Arbeiter, die gewaltsame Herabdr&uuml;ckung
des Lohnes unter den Wert der Arbeitskraft zu dem Zweck, den notwendigen Konsumtionsfonds
der Arbeiter teilweise in einen Akkumulationsfonds des Kapitals zu verwandeln.
Hier haben die Jammerschreie &uuml;ber das &raquo;luxuri&ouml;se&laquo; Leben der Arbeiter,
die endlosen Litaneien &uuml;ber jene Flasche Sekt, die einmal Maurer zum Fr&uuml;hst&uuml;ck
getrunken haben sollen, die wohlfeilen Kochrezepte christlicher Sozialreformer
und was sonst in dies Gebiet kapitalistischer Klopffechterei geh&ouml;rt, ihren
tats&auml;chlichen Ursprung.</P>
<P>Das allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation ist nun dieses. Wachstum
des Kapitals schlie&szlig;t Wachstum seines variabeln oder in Arbeitskraft umgesetzten
Bestandteils ein. Bleibt die Zusammensetzung des Kapitals unver&auml;ndert, erheischt
eine bestimmte Menge Produktionsmittel stets dieselbe Masse Arbeitskraft, um in
Bewegung gesetzt zu werden, so w&auml;chst offenbar die Nachfrage nach Arbeit
und der Subsistenzfonds der Arbeiter verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig mit dem Kapital,
und zwar um so rascher, je rascher das Kapital w&auml;chst. Wie die einfache Reproduktion
fortw&auml;hrend das Kapitalverh&auml;ltnis selbst reproduziert, so reproduziert
die Akkumulation das Kapitalverh&auml;ltnis auf erweiterter Stufenleiter: mehr
Kapitalisten oder gr&ouml;&szlig;ere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter
auf jenem. Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats, und
zwar erfolgt sie in dem vorausgesetzten Falle unter den f&uuml;r die Arbeiter
g&uuml;nstigsten Bedingungen. Von ihrem eigenen anschwellenden und schwellend
in neues Kapital verwandelten Mehrprodukt str&ouml;mt ihnen ein gr&ouml;&szlig;erer
Teil in der Form von Zahlungsmitteln zur&uuml;ck, so da&szlig; sie den Kreis ihrer
Gen&uuml;sse erweitern, ihren Konsumtionsfonds von Kleidern, M&ouml;beln usw.
besser ausstatten k&ouml;nnen. Jedoch wird dadurch das Abh&auml;ngigkeitsverh&auml;ltnis,
worin sie stehen, sowenig ber&uuml;hrt, wie ein gut gekleideter und gen&auml;hrter
Sklave aufh&ouml;rt, Sklave zu sein. Immer m&uuml;ssen sie ein bestimmtes Quantum
unbezahlter Arbeit liefern, das zwar abnehmen kann, aber nie bis zu dem Punkte,
wo der kapitalistische Charakter des Produktionsprozesses ernsthaft gef&auml;hrdet
werden w&uuml;rde. Steigen die L&ouml;hne &uuml;ber diesen Punkt, so stumpft der
Stachel des <A NAME="S376"></A><B>|376|</B> Gewinnes ab, und die Akkumulation
des Kapitals erschlafft, bis die L&ouml;hne wieder auf ein seinen Verwertungsbed&uuml;rfnissen
entsprechendes Niveau gesunken sind.</P>
<P>Jedoch nur dann, wenn sich bei der Akkumulation des Kapitals das Verh&auml;ltnis
zwischen seinem konstanten und variabeln Bestandteile nicht ver&auml;ndert, spannt
sich die goldene Kette, die der Lohnarbeiter sich selbst schmiedet, loser nach
Umfang und Wucht. Tats&auml;chlich tritt aber mit dem Fortgange der Akkumulation
eine gro&szlig;e Revolution in der, wie Marx sie nennt, organischen Zusammensetzung
des Kapitals ein. Das konstante Kapital w&auml;chst auf Kosten des variabeln Kapitals;
die wachsende Produktivit&auml;t der Arbeit bewirkt, da&szlig; die Masse der Produktionsmittel
schneller w&auml;chst als die Masse der ihnen einverleibten Arbeitskraft; die
Nachfrage nach Arbeit steigt nicht gleichm&auml;&szlig;ig mit der Akkumulation
des Kapitals, sondern sinkt verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig. Dieselbe Wirkung
hat in anderer Form die Konzentration des Kapitals, die sich, unabh&auml;ngig
von seiner Akkumulation, dadurch vollzieht, da&szlig; die Gesetze des kapitalistischen
Konkurrenzkampfs zur Verschlingung des kleinen Kapitals durch das gro&szlig;e
f&uuml;hren. W&auml;hrend das im Fortgange der Akkumulation gebildete Zuschu&szlig;kapital,
im Verh&auml;ltnis zu seiner Gr&ouml;&szlig;e, weniger und weniger Arbeiter anzieht,
st&ouml;&szlig;t das in neuer Zusammensetzung reproduzierte alte Kapital mehr
und mehr von ihm fr&uuml;her besch&auml;ftigte Arbeiter ab. So entsteht eine relative,
das hei&szlig;t f&uuml;r die Verwertungsbed&uuml;rfnisse des Kapitals &uuml;bersch&uuml;ssige
Arbeiterbev&ouml;lkerung, eine industrielle Reservearmee, die w&auml;hrend schlechter
oder mittelm&auml;&szlig;iger Gesch&auml;ftszeiten unter dem Wert ihrer Arbeitskraft
bezahlt und unregelm&auml;&szlig;ig besch&auml;ftigt wird, oder der &ouml;ffentlichen
Armenpflege anheimf&auml;llt, unter allen Umst&auml;nden aber dazu dient, die
Widerstandskraft der besch&auml;ftigten Arbeiter zu l&auml;hmen und ihre L&ouml;hne
niedrig zu halten.</P>
<P>Ist die industrielle Reservearmee notwendiges Produkt der Akkumulation oder
der Entwicklung des Reichtums auf kapitalistischer Grundlage, so wird sie umgekehrt
zum Hebel der kapitalistischen Produktionsweise. Mit der Akkumulation und der
sie begleitenden Entwicklung der Produktivkraft der Arbeit w&auml;chst die pl&ouml;tzliche
Expansionskraft des Kapitals, die gro&szlig;er Menschenmassen bedarf, um sie pl&ouml;tzlich
und ohne Abbruch der Produktionsleiter in anderen Sph&auml;ren auf neue M&auml;rkte
oder in neue Produktionszweige zu werfen. Der charakteristische Lebenslauf der
modernen Industrie, die Form eines durch kleinere Schwankungen unterbrochenen,
zehnj&auml;hrigen Zyklus von Perioden mittlerer Lebendigkeit, Produktion unter
Hochdruck, Krise und Stagnation, beruht auf der best&auml;ndigen Bildung, gr&ouml;&szlig;eren
oder geringeren Absorption, und <A NAME="S377"></A><B>|377|</B> Wiederbildung
der industriellen Reservearmee. Je gr&ouml;&szlig;er der gesellschaftliche Reichtum,
das funktionierende Kapital, Umfang und Energie seines Wachstums, also auch die
absolute Gr&ouml;&szlig;e der Arbeiterbev&ouml;lkerung und die Produktivkraft
ihrer Arbeit, desto gr&ouml;&szlig;er die relative &Uuml;berbev&ouml;lkerung oder
industrielle Reservearmee. Ihre verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ige Gr&ouml;&szlig;e
w&auml;chst mit den Potenzen des Reichtums. Je gr&ouml;&szlig;er aber die industrielle
Reservearmee im Verh&auml;ltnis zur aktiven Arbeiterarmee, desto massenhafter
die Arbeiterschichten, deren Elend im umgekehrten Verh&auml;ltnis zu ihrer Arbeitsqual
steht. Je gr&ouml;&szlig;er endlich die Lazarusschicht der Arbeiterklasse und
die industrielle Reservearmee, desto gr&ouml;&szlig;er der offizielle Pauperismus.
Dies ist das absolute allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation.</P>
<P>Aus ihm ergibt sich auch ihre geschichtliche Tendenz. Hand in Hand mit der
Akkumulation und Konzentration des Kapitals entwickelt sich die kooperative Form
des Arbeitsprozesses auf stets wachsender Stufenleiter, die bewu&szlig;te technologische
Anwendung der Wissenschaft, die planm&auml;&szlig;ig gemeinsame Ausbeutung der
Erde, die Verwandlung der Arbeitsmittel in nur gemeinsam verwendbare Arbeitsmittel
und die &Ouml;konomisierung aller Produktionsmittel durch ihren Gebrauch als gemeinsame
Produktionsmittel kombinierter gesellschaftlicher Arbeit. Mit der best&auml;ndig
abnehmenden Zahl der Kapitalmagnaten, die alle Vorteile dieses Umwandlungsprozesses
usurpieren und monopolisieren, w&auml;chst die Masse des Elendes, des Druckes,
der Knechtung, der Degradation, der Ausbeutung, aber auch die Emp&ouml;rung der
stets anschwellenden und durch den Mechanismus des kapitalistischen Produktionsprozesses
selbst geschulten, vereinten und organisierten Arbeiterklasse. Das Kapitalmonopol
wird zur Fessel der Produktionsweise, die mit und unter ihm aufgebl&uuml;ht ist.
Die Konzentration der Produktionsmittel und die Vergesellschaftung der Arbeit
erreichen einen Punkt, wo sie unvertr&auml;glich werden mit ihrer kapitalistischen
H&uuml;lle. Die Stunde des kapitalistischen Privateigentums schl&auml;gt, die
Enteigner werden enteignet.</P>
<P>Das individuelle, auf eigene Arbeit gegr&uuml;ndete Eigentum stellt sich wieder
her, aber auf Grundlage der Errungenschaft der kapitalistischen &Auml;ra: als
Kooperation freier Arbeiter und als ihr Gemeineigentum an der Erde und den durch
die Arbeit selbst produzierten Produktionsmitteln. Nat&uuml;rlich ist die Verwandlung
des faktisch bereits auf gesellschaftlichem Produktionsbetriebe beruhenden kapitalistischen
Eigentums in gesellschaftliches Eigentum bei weitem nicht so langwierig, hart
und schwierig, wie die Verwandlung des auf eigener Arbeit der Individuen beruhenden,
zersplitterten Eigentums in kapitalistisches Eigentum war. <A NAME="S378"></A><B>|378|</B>
Hier handelte es sich um die Enteignung der Volksmasse durch wenige Usurpatoren,
dort wird es sich um die Enteignung weniger Usurpatoren durch die Volksmasse handeln.</P>
<H3 ALIGN="CENTER">3. Der zweite und dritte Band<A name="Kap_3"></A></H3>
<P>Mit dem zweiten und dritten Bande seines Werkes hatte Marx dasselbe Schicksal
wie mit dem ersten; er hoffte, sie bald nach dessen Erscheinen ver&ouml;ffentlichen
zu k&ouml;nnen, aber dar&uuml;ber vergingen lange Jahre, und es ist ihm nicht
mehr gelungen, sie druckfertig herzustellen.</P>
<P>Immer neue und immer tiefer dringende Studien, langwierige Krankheiten und
endlich der Tod hinderten ihn, das ganze Werk zu vollenden, und so hat Engels
die beiden B&auml;nde aus den unfertigen Manuskripten zusammengestellt, die sein
Freund hinterlassen hatte. Es waren Niederschriften, Entw&uuml;rfe, Notizen, bald
zusammenh&auml;ngende gro&szlig;e Abschnitte, bald kurze hingeworfene Bemerkungen,
wie sie ein Forscher zur eigenen Verst&auml;ndigung macht - eine gewaltige geistige
Arbeit, die sich mit l&auml;ngeren Unterbrechungen auf die gro&szlig;e Zeitspanne
von 1861 bis 1878 erstreckte.</P>
<P>Diese Umst&auml;nde erkl&auml;ren, da&szlig; wir in den beiden letzten B&auml;nden
des Kapitals nicht etwa eine abgeschlossene fertige L&ouml;sung aller wichtigster
Probleme der National&ouml;konomie zu suchen haben, sondern zum Teil nur die Aufstellung
solcher Probleme, und dazu Fingerzeige, nach welcher Richtung die L&ouml;sung
zu suchen w&auml;re. Wie die ganze Weltanschauung Marxens ist sein Hauptwerk keine
Bibel, mit fertigen, ein f&uuml;r allemal g&uuml;ltigen Wahrheiten letzter Instanz,
sondern ein unersch&ouml;pflicher Born der Anregung zur weiteren geistigen Arbeit,
zum weiteren Forschen und K&auml;mpfen um die Wahrheit.</P>
<P>Dieselben Umst&auml;nde erkl&auml;ren, da&szlig; auch &auml;u&szlig;erlich,
in der literarischen Form, der zweite und dritte Band nicht so vollendet sind,
nicht so von Geist blitzen und funkeln wie der erste Band. Doch bieten sie, gerade
in ihrer um jede Form unbek&uuml;mmerten, einfachen Gedankenarbeit f&uuml;r manchen
Leser noch h&ouml;heren Genu&szlig; als der erste. Inhaltlich bilden die beiden
B&auml;nde, obwohl sie leider bis jetzt in keiner Popularisation ber&uuml;cksichtigt,
also der breiten Masse der aufgekl&auml;rten Arbeiter unbekannt geblieben sind,
eine wesentliche Erg&auml;nzung und Weiterentwicklung des ersten Bandes, die f&uuml;r
das Verst&auml;ndnis des ganzen Systems unentbehrlich ist.</P>
<P><B><A NAME="S379">|379|</A></B> Im ersten Bande befa&szlig;t sich Marx mit
der Kardinalfrage der National&ouml;konomie: Woher entspringt die Bereicherung,
wo ist die Quelle des Profits? Die Beantwortung dieser Frage wurde in der Zeit,
ehe Marx auftrat, nach zwei verschiedenen Richtungen gegeben.</P>
<P>Die &raquo;wissenschaftlichen&laquo; Verteidiger der besten der Welten, in der wir leben,
M&auml;nner, die zum Teil, wie Schulze-Delitzsch, auch bei den Arbeitern Ansehen
und Vertrauen genossen, erkl&auml;rten den kapitalistischen Reichtum durch eine
ganze Reihe mehr oder minder plausibler Rechtfertigungsgr&uuml;nde und schlauer
Manipulationen: als die Frucht systematischen Preisaufschlags auf die Waren zur
&raquo;Entsch&auml;digung&laquo; des Unternehmers f&uuml;r das von ihm zur Produktion edelm&uuml;tig
&raquo;&uuml;berlassene&laquo; Kapital, als Verg&uuml;tung f&uuml;r das &raquo;Risiko&laquo;, das jeder
Unternehmer laufe, als Lohn f&uuml;r die &raquo;geistige Leitung&laquo; des Unternehmens und
dergleichen mehr. Nach diesen Erkl&auml;rungen kam es jedesmal nur darauf an,
den Reichtum der einen, also auch die Armut der andern als etwas &raquo;Gerechtes&laquo;,
mithin Unab&auml;nderliches hinzustellen.</P>
<P>Demgegen&uuml;ber erkl&auml;rten die Kritiker der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft,
also die Schulen der Sozialisten, die vor Marx auftraten, die Bereicherung der
Kapitalisten zu allermeist als glatte Prellerei, ja als Diebstahl an den Arbeitern,
der durch die Dazwischenkunft des Geldes oder durch Mangel an Organisation des
Produktionsprozesses erm&ouml;glicht werde. Von hier aus kamen jene Sozialisten
zu verschiedenen utopischen Pl&auml;nen, wie man durch Abschaffung des Geldes,
durch &raquo;Organisation der Arbeit&laquo; und dergleichen mehr die Ausbeutung beseitigen
k&ouml;nne.</P>
<P>Marx deckt nun im ersten Bande des &raquo;Kapitals&laquo; die wirkliche Wurzel der kapitalistischen
Bereicherung auf. Er befa&szlig;t sich weder mit Rechtfertigungsgr&uuml;nden f&uuml;r
die Kapitalisten noch mit Anklagen gegen ihre Ungerechtigkeit: er zeigt zum ersten
Male, wie der Profit entsteht, und wie er in die Tasche des Kapitalisten wandert.
Das erkl&auml;rt er durch zwei entscheidende &ouml;konomische Tatsachen: erstens
dadurch, da&szlig; die Masse der Arbeiter aus Proletariern besteht, die ihre Arbeitskraft
als Ware verkaufen m&uuml;ssen, und zweitens dadurch, da&szlig; diese Ware Arbeitskraft
heute einen so hohen Grad von Produktivit&auml;t besitzt, da&szlig; sie ein viel
gr&ouml;&szlig;eres Produkt in einer gewissen Zeit herzustellen vermag, als zu
ihrer eigenen Erhaltung in dieser Zeit notwendig ist. Diese beiden rein &ouml;konomischen
und zugleich durch objektive historische Entwicklung gegebenen Tatsachen bringen
es mit sich, da&szlig; die Frucht, die die Arbeit des Proletariers schafft, ganz
von selbst dem Kapitalisten in den Scho&szlig; f&auml;llt, sich mechanisch mit
der Fortdauer des Lohnsystems zu immer gewaltigeren Kapitalverm&ouml;gen ansammelt.</P>
<P><B><A NAME="S380">|380|</A></B> Marx erkl&auml;rt also die kapitalistische
Bereicherung nicht als irgendeine Verg&uuml;tung des Kapitalisten f&uuml;r eingebildete
Opfer und Wohltaten und ebensowenig als Prellerei und Diebstahl im landl&auml;ufigen
Sinne des Wortes, sondern als ein im Sinne des Strafrechts v&ouml;llig rechtm&auml;&szlig;iges
Austauschgesch&auml;ft zwischen Kapitalist und Arbeiter, das sich genau nach denselben
Gesetzen abwickelt wie jeder andere Warenkauf und Warenverkauf. Um dieses tadellose
Gesch&auml;ft, das dem Kapitalisten die goldenen Fr&uuml;chte tr&auml;gt, gr&uuml;ndlich
aufzuhellen, mu&szlig;te Marx das von den gro&szlig;en englischen Klassikern Smith
und Ricardo zu Ende des achtzehnten und zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts
aufgestellte Wertgesetz, das hei&szlig;t die Erkl&auml;rung der inneren Gesetze
des Warenaustausches, zu Ende entwickeln und auf die Ware Arbeitskraft anwenden.
Das Wertgesetz, daraus abgeleitet der Lohn und der Mehrwert, das hei&szlig;t die
Erkl&auml;rung, wie ohne jede gewaltsame Prellerei sich das Produkt der Lohnarbeit
von selbst in einen k&uuml;mmerlichen Lebensunterhalt f&uuml;r den Arbeiter und
den arbeitslosen Reichtum des Kapitalisten teilt, das ist der Hauptinhalt vom
ersten Bande des &raquo;Kapitals&laquo;. Und darin liegt die gro&szlig;e geschichtliche Bedeutung
dieses Bandes: er hat dargetan, da&szlig; die Ausbeutung erst dadurch und lediglich
dadurch beseitigt werden kann, da&szlig; der Verkauf der Arbeitskraft, will sagen
das Lohnsystem, aufgehoben wird.</P>
<P>Wir befinden uns im ersten Bande des &raquo;Kapitals&laquo; die ganze Zeit in der Werkstatt
der Arbeit: in einer einzelnen Fabrik, im Bergwerk oder einem modernen landwirtschaftlichen
Betriebe. Was hier ausgef&uuml;hrt wird, gilt f&uuml;r jedes kapitalistische Unternehmen.
Es ist das Einzelkapital als Typus der ganzen Produktionsweise, womit wir allein
zu tun haben. Wenn wir den Band schlie&szlig;en, ist uns die t&auml;gliche Entstehung
des Profits klar, der Mechanismus der Ausbeutung bis in die Tiefen durchleuchtet.
Vor uns liegen Berge von Waren jeglicher Art, wie sie unmittelbar aus der Werkstatt,
noch vom Schwei&szlig; der Arbeiter befeuchtet, hervorkommen, und in ihnen allen
k&ouml;nnen wir scharf unterscheiden den Teil ihres Wertes, der aus unbezahlter
Arbeit des Proletariers herr&uuml;hrt und der ebenso rechtm&auml;&szlig;ig wie
die ganze Ware in den Besitz des Kapitalisten wandert. Wir greifen hier die Wurzel
der Ausbeutung mit den H&auml;nden.</P>
<P>Aber damit ist die Ernte des Kapitalisten noch lange nicht in die Scheunen
gebracht. Die Frucht der Ausbeutung ist da, aber sie steckt noch in einer f&uuml;r
den Unternehmer ungenie&szlig;baren Form. Solange er sie erst in Gestalt von aufgestapelten
Waren besitzt, kann der Kapitalist der Ausbeutung nicht froh werden. Er ist eben
nicht der Sklavenhalter der antiken, griechisch-r&ouml;mischen Welt, auch nicht
der feudale Herr de Mittelalters, die nur f&uuml;r den eigenen Luxus und die gro&szlig;e
Hofhaltung <A NAME="S381"></A><B>|381|</B> das arbeitende Volk geschunden haben.
Der Kapitalist braucht seinen Reichtum in klingendem Geld, um dieses neben der
&raquo;standesgem&auml;&szlig;en Lebenshaltung&laquo; f&uuml;r sich zur fortw&auml;hrenden
Vergr&ouml;&szlig;erung seines Kapitals zu verwenden. Dazu ist der Verkauf der
vom Lohnarbeiter erzeugten Waren mitsamt des in ihnen steckenden Mehrwerts n&ouml;tig.
Die Ware mu&szlig; aus dem Fabriklager und dem landwirtschaftlichen Speicher auf
den Markt; der Kapitalist folgt ihr aus dem Kontor auf die B&ouml;rse, in den
Laden, und wir folgen ihm dahin im zweiten Bande des &raquo;Kapitals&laquo;.</P>
<P>Im Bereich des Warenaustausches, wo sich das zweite Lebenskapitel des Kapitalisten
abspielt, erwachsen ihm manche Schwierigkeiten. In seiner Fabrik, auf seinem Vorwerk
war er Herr. Dort herrschte strengste Organisation, Disziplin und Planm&auml;&szlig;igkeit.
Auf dem Warenmarkt dagegen herrscht v&ouml;llige Anarchie, die sogenannte freie
Konkurrenz. Hier k&uuml;mmert sich keiner um den anderen und niemand um das Ganze.
Und doch f&uuml;hlt der Kapitalist gerade mitten durch diese Anarchie seine Abh&auml;ngigkeit
von anderen, von der Gesellschaft nach jeder Richtung.</P>
<P>Er mu&szlig; mit allen seinen Konkurrenten Schritt halten. Vers&auml;umt er
bis zum endg&uuml;ltigen Verkauf seiner Waren mehr Zeit, als unbedingt erforderlich
ist, versorgt er sich nicht mit gen&uuml;gendem Geld, um rechtzeitig Rohstoffe
und alles N&ouml;tige einzukaufen, damit der Betrieb mittlerweise keine Unterbrechung
erleidet, sorgt er nicht daf&uuml;r, da&szlig; sein Geld, wie er es aus dem Erl&ouml;s
der Waren wieder in die Hand bekommt, nicht etwa m&uuml;&szlig;ig liegt, sondern
irgendwo profitlich angelegt wird, so kommt er auf diese oder jene Weise ins Hintertreffen.
Den letzten bei&szlig;en die Hunde, und der einzelne Unternehmer, der nicht achtgibt,
da&szlig; sein Gesch&auml;ft in dem fortw&auml;hrenden Hin und Her zwischen der
Werkstatt und dem Warenmarkt so gut klappt wie in der Werkstatt selbst, wird,
so gewissenhaft er seine Lohnarbeiter ausnutzen mag, doch nicht zu dem &uuml;blichen
Profit gelangen. Ein St&uuml;ck seines &raquo;wohlerworbenen&laquo; Profits wird irgendwo
h&auml;ngenbleiben, nur nicht in seiner eigenen Tasche.</P>
<P>Damit nicht genug. Der Kapitalist kann nur Reichtum ansammeln, wenn er Waren,
also Gebrauchsgegenst&auml;nde herstellt. Er mu&szlig; aber gerade diejenigen
Arten und Sorten herstellen, die die Gesellschaft braucht, und nur so viel, wie
sie braucht. Sonst bleiben die Waren unverkauft, und der darin steckende Mehrwert
geht wiederum fl&ouml;ten. Aber wie soll ein Einzelkapitalist das alles wissen?
Niemand sagt ihm, was und wieviel die Gesellschaft jeweilen an Gebrauchsg&uuml;tern
braucht, eben weil es niemand wei&szlig;. Leben wir doch in einer planlosen, anarchischen
Gesellschaft! Jeder einzelne Unternehmer ist in derselben Lage. Und doch mu&szlig;
aus diesem Chaos, diesem Durcheinander etwas Ganzes entstehen <A NAME="S382"></A><B>|382|*</B>,
das sowohl das Einzelgesch&auml;ft der Kapitalisten und ihre Bereicherung als
auch die Bedarfsdeckung und die Fortexistenz der Gesellschaft im Ganzen erm&ouml;glicht.</P>
<P>Genauer gesprochen, mu&szlig; aus dem Durcheinander auf dem regellosen Markt
erm&ouml;glicht werden, erstens die st&auml;ndige Kreisbewegung des Einzelkapitals,
die M&ouml;glichkeit zu produzieren, zu verkaufen, einzukaufen und wieder zu produzieren,
wobei das Kapital best&auml;ndig aus seine Geldgestalt in Warengestalt schl&uuml;pft
und umgekehrt: Diese Phasen m&uuml;ssen miteinander klappen, Geld mu&szlig; auf
Vorrat vorhanden sein, um jede Marktkonjunktur zum Einkauf wahrzunehmen, um laufende
Ausgaben des Betriebes zu decken; anderseits mu&szlig; das im Ma&szlig;e des Warenverkaufs
allm&auml;hlich zur&uuml;ckflie&szlig;ende Geld sich sofort wieder bet&auml;tigen
k&ouml;nnen. Die scheinbar voneinander v&ouml;llig unabh&auml;ngigen Einzelkapitalisten
schlie&szlig;en sich schon hier tats&auml;chlich zu einer gro&szlig;en Bruderschaft
zusammen, indem sie durch das System des Kredits, der Banken einander fortw&auml;hrend
das ben&ouml;tigte Geld vorschie&szlig;en und das vorr&auml;tige Geld abnehmen
und so den ununterbrochenen Fortgang der Produktion und des Warenverkaufs f&uuml;r
die einzelnen wie f&uuml;r die Gesellschaft erm&ouml;glichen. Den Kredit, den
die b&uuml;rgerliche National&ouml;konomie nur als schlaue Einrichtung zur &raquo;Erleichterung
des Warenverkehrs&laquo; erkl&auml;ren kann, wei&szlig; Marx so im zweiten Bande seines
Werkes, ganz im Vorbeigehen, als eine einfache Lebensweise des Kapitals aufzuzeigen
als Verkn&uuml;pfung zwischen den beiden Lebensphasen des Kapitals: in der Produktion
und auf dem Warenmarkt sowie zwischen den scheinbar selbstherrlichen Bewegungen
der Einzelkapitale.</P>
<P>Zweitens mu&szlig; in dem Durcheinander der Einzelkapitale die st&auml;ndige
Kreisbewegung der Produktion und Konsumtion der Gesellschaft im Ganzen im Flu&szlig;
erhalten werden und zwar so, da&szlig; die Bedingungen f&uuml;r die kapitalistische
Produktion: Herstellung der Produktionsmittel, Ern&auml;hrung der Arbeiterklasse,
progressive Bereicherung der Kapitalistenklasse, das hei&szlig;t steigende Ansammlung
und Bet&auml;tigung des Gesamtkapitals der Gesellschaft gesichert bleiben. Wie
sich das Ganze aus den zahllosen auseinanderfallenden Bewegungen der Einzelkapital
kn&uuml;pft, wie diese Bewegung des Ganzen durch fortw&auml;hrende Abschweifungen
bald in den &Uuml;berflu&szlig; der Hochkonjunktur, bald in den Zusammenbruch
der Krise doch immer wieder in das richtige Verh&auml;ltnis eingerenkt wird, um
im n&auml;chsten Augenblicke wieder aus ihm herauszufallen, wie aus alledem das,
was der heutigen Gesellschaft nur Mittel: ihre eigene Ern&auml;hrung nebst dem
&ouml;konomischen Fortschritt, und das was ihr Zweck ist: die fortschreitende
Kapitalansammlung, in immer <A NAME="S383"></A><B>|383|</B> gewaltigeren Dimensionen
hervorgeht, das hat Marx im zweiten Bande seines Werkes zwar nicht endg&uuml;ltig
aufgel&ouml;st, aber zum ersten Male seit hundert Jahren, seit Adam Smith, auf
die feste Grundlage der Gesetzm&auml;&szlig;igkeit gestellt.</P>
<P>Aber mit alledem ist die dornenvolle Aufgabe des Kapitalisten noch nicht ersch&ouml;pft.
Denn nun kommt, nachdem und indem der Profit in steigendem Ma&szlig;e zu Golde
geworden ist und wird, die gro&szlig;e Frage, wie die Beute verteilt werden soll.
Gar verschiedene Gruppen melden da ihre Anspr&uuml;che an: neben dem Unternehmer
der Kaufmann, der Leihkapitalist, der Grundbesitzer. Sie alle haben die Ausbeutung
des Lohnarbeiters wie den Verkauf der von ihm hergestellten Waren, jeder an seinem
Teil erm&ouml;glicht, und fordern nun ihren Teil am Profit. Diese Verteilung ist
aber eine viel verzwicktere Aufgabe, als auf den ersten Blick erscheinen mag.
Denn auch unter den Unternehmern gibt es, je nach der Art des Unternehmens, gro&szlig;e
Unterschiede im erzielten Profit, wie er sozusagen frisch aus der Werkstatt der
Arbeit gesch&ouml;pft wird.</P>
<P>In einem Produktionszweig wird die Herstellung der Waren und ihr Verkauf sehr
schnell erledigt, und das Kapital kehrt nebst Zuwachs in k&uuml;rzester Zeit zur&uuml;ck;
es l&auml;&szlig;t sich damit flott immer wieder Gesch&auml;ft und Profit machen.
In einem anderen Zweig ist das Kapital in der Produktion jahrelang festgeklemmt
und bringt erst nach langer Zeit Profit ein. In gewissen Zweigen mu&szlig; der
Unternehmer den gr&ouml;&szlig;ten Teil seines Kapitals in tote Produktionsmittel:
Baulichkeiten, kostspielige Maschinen usw. stecken, die ja an sich nichts einbringen,
keinen Profit hecken, so sehr sie zur Profitmacherei notwendig sind. In anderen
Zweigen kann der Unternehmer bei ganz geringen Auslagen sein Kapital haupts&auml;chlich
f&uuml;r Anwerbung von Arbeitern verwenden, deren jeder das flei&szlig;ige Huhn
ist, das ihm goldene Eier legt.</P>
<P>So entstehen in der Profitmacherei selbst gro&szlig;e Unterschiede zwischen
den Einzelkapitalen, die vor dem Antlitz der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft eine
viel schreiendere &raquo;Ungerechtigkeit&laquo; darstellen als die eigenartige &raquo;Teilung&laquo; zwischen
dem Kapitalisten und dem Arbeiter. Wie nun hier einen Ausgleich, eine &raquo;gerechte&laquo;
Verteilung der Beute herstellen, so da&szlig; jeder Kapitalist &raquo;zu dem Seinen&laquo;
kommt? Und zwar m&uuml;ssen alle diese Aufgaben ohne jede bewu&szlig;te, planm&auml;&szlig;ige
Regelung gel&ouml;st werden. Ist doch die Verteilung in der heutigen Gesellschaft
ebenso anarchisch wie die Produktion. Es findet ja gar keine eigentliche &raquo;Verteilung&laquo;
im Sinne irgendeiner gesellschaftlichen Ma&szlig;nahme statt; es findet lediglich
Austausch, nur Warenverkehr, nur Kauf und Verkauf statt. Wie kommt also, nur auf
dem Wege des blinden Warenaustausches, jede Schicht der <A NAME="S384"></A><B>|384|</B>
Ausbeuter, und jeder einzelne unter ihnen, zu einer vom Standpunkt der Kapitalherrschaft
&raquo;gerechten&laquo; Portion des aus der Arbeitskraft des Proletariats gesch&ouml;pften
Reichtums?</P>
<P>Auf diese Fragen antwortet Marx in seinem dritten Bande. Wie er im ersten Bande
die Produktion des Kapitals und darin das Geheimnis der Profitmacherei zergliedert
hat, wie er im zweiten Bande die Bewegung des Kapitals zwischen der Werkstatt
und dem Warenmarkt, zwischen der Produktion und der Konsumtion der Gesellschaft
geschildert hat, so sp&uuml;rt er im dritten Bande der Profitverteilung nach.
Und zwar immer wieder unter Innehaltung derselben drei Grundbedingungen: da&szlig;
alles, was in der kapitalistischen Gesellschaft vorgeht, ohne Willk&uuml;r, das
hei&szlig;t nach bestimmten, regelm&auml;&szlig;ig wirkenden, wenn auch den Beteiligten
ganz unbewu&szlig;ten Gesetzen verl&auml;uft, da&szlig; ferner die wirtschaftlichen
Verh&auml;ltnisse nicht auf gewaltsamen Ma&szlig;nahmen des Raubes und des Diebstahls
beruhen, und endlich, da&szlig; keine gesellschaftliche Vernunft sich in planm&auml;&szlig;igem
Wirken auf das Ganze geltend macht. Es ist ausschlie&szlig;lich der Mechanismus
des Austausches, das hei&szlig;t das Wertgesetz und der aus ihm abgeleitete Mehrwert,
woraus Marx nach und nach alle Erscheinungen und Verh&auml;ltnisse der kapitalistischen
Wirtschaft mit durchsichtiger Folgerichtigkeit und Klarheit entwickelt.</P>
<P>&Uuml;berblickt man das gro&szlig;e Werk im ganzen, so kann man sagen: der
erste Band mit dem darin entwickelten Wertgesetz, Lohn und Mehrwert, legt das
Fundament der heutigen Gesellschaft blo&szlig;, der zweite und dritte Band zeigen
die Stockwerke des Geb&auml;udes, das auf jenem ruht. Oder man kann auch mit einem
ganz anderen Bilde sagen: der erste Band zeigt uns das Herz des sozialen Organismus,
wo der belebende Saft erzeugt wird, der zweite und dritte Band zeigen die Blutzirkulation
und Ern&auml;hrung des Ganzen bis an die &auml;u&szlig;ersten Hautzellen.</P>
<P>Entsprechend dem Inhalt, bewegen wir uns in den beiden letzten B&auml;nden
auf einer anderen Fl&auml;che als im ersten. Hier war es die Werkstatt, der tiefe
soziale Schacht der Arbeit, wo wir den Quell der kapitalistischen Bereicherung
aufsp&uuml;rten. Im zweiten und dritten Bande bewegen wir uns an der Oberfl&auml;che,
auf der offiziellen B&uuml;hne der Gesellschaft. Warenmagazine, Banken, B&ouml;rse,
Geldgesch&auml;fte, notleidende Agrarier und ihre Sorgen f&uuml;llen hier den
Vordergrund aus. Der Arbeiter spielt hier nicht mit. Er k&uuml;mmert sich auch
in Wirklichkeit nicht um diese Dinge, die hinter seinem R&uuml;cken vorgehen, nachdem
sein Fell bereits gegerbt ist. Und im l&auml;rmenden Gew&uuml;hl der gesch&auml;ftetreibenden
Menge begegnen wir auch in der Wirklichkeit den Arbeitern nur, wenn sie am d&auml;mmernden
Morgen in Trupps in ihre Werkst&auml;tten trotten und am <A NAME="S385"></A><B>|385|</B>
d&auml;mmernden Abend, wenn sie in langen Z&uuml;gen von ihren Werkst&auml;tten
wieder ausgespien werden.</P>
<P>Danach mag es nicht ersichtlich erscheinen, welches Interesse die verschiedenen
Privatsorgen der Kapitalisten bei der Profitmacherei und ihr Zank um die Verteilung
der Beute f&uuml;r die Arbeiter haben m&ouml;gen. Tats&auml;chlich aber geh&ouml;ren
der zweite und dritte Band des &raquo;Kapitals&laquo; zur ersch&ouml;pfenden Erkenntnis des
heutigen Wirtschaftsmechanismus so gut wie der erste. Freilich sind sie nicht
von der entscheidenden und grundlegenden historischen Bedeutung f&uuml;r die moderne
Arbeiterbewegung wie dieser. Sie enthalten aber eine reiche F&uuml;lle von Einblicken,
die auch f&uuml;r die geistige Ausr&uuml;stung des Proletariats zum praktischen
Kampf von unsch&auml;tzbarer Bedeutung sind. Hierf&uuml;r nur zwei Beispiele.</P>
<P>Im zweiten Bande ber&uuml;hrt Marx bei der Frage, wie sich aus dem chaotischen
Walten der Einzelkapitale die regelm&auml;&szlig;ige Ern&auml;hrung der Gesellschaft
ergeben k&ouml;nne, naturgem&auml;&szlig; auch die Frage der Krisen. Keine systematische
und lehrhafte Abhandlung &uuml;ber Krisen darf man hier erwarten, nur einige beil&auml;ufige
Bemerkungen. Aber ihre Verwertung w&auml;re f&uuml;r die aufgekl&auml;rten und
denkenden Arbeiter von gro&szlig;em Nutzen. Es geh&ouml;rt sozusagen zum eisernen
Bestand der sozialdemokratischen und namentlich der gewerkschaftlichen Agitation,
da&szlig; die Krisen mit in erster Reihe durch die Kurzsichtigkeit der Kapitalisten
entstehen, die schlechterdings nicht begreifen wollen, da&szlig; die Massen ihrer
Arbeiter ihre besten Abnehmer seien und da&szlig; sie diesen nur h&ouml;here L&ouml;hne
zu zahlen brauchen, um sich die kauff&auml;hige Kundschaft zu erhalten und der
Krisengefahr vorzubeugen.</P>
<P>So popul&auml;r diese Vorstellung ist, so ist sie doch v&ouml;llig verkehrt,
und Marx widerlegt sie mit folgenden Worten: &raquo;Es ist eine reine Tautologie, zu
sagen, da&szlig; die Krisen aus Mangel an zahlungsf&auml;higer Konsumtion oder
an zahlungsf&auml;higen Konsumenten hervorgehn. Andre Konsumarten, als zahlende,
kennt das kapitalistische System nicht, ausgenommen die sub forma pauperis [von
Mehring &uuml;bersetzt: unter der Form der Armenunterst&uuml;tzung] oder die des
&#155;Spitzbuben&#139;. Da&szlig; Waren unverk&auml;uflich sind, hei&szlig;t nichts, als
da&szlig; sich keine zahlungsf&auml;higen K&auml;ufer f&uuml;r sie fanden, also
Konsumenten ... Will man aber dieser Tautologie einen Schein tiefrer Begr&uuml;ndung
dadurch geben, da&szlig; man sagt, die Arbeiterklasse erhalte einen zu geringen
Teil ihres eignen Produkts, und dem &Uuml;belstand werde mithin abgeholfen, sobald
sie gr&ouml;&szlig;ern Anteil davon empf&auml;ngt, ihr Arbeitslohn folglich w&auml;chst,
so ist nur zu bemerken, da&szlig; die Krisen jedesmal gerade vorbereitet werden
durch eine Periode, worin der Arbeitslohn allgemein steigt und die Arbeiterklasse
realiter <A NAME="S386"></A><B>|386|</B> gr&ouml;&szlig;ern Anteil an dem f&uuml;r
Konsumtion bestimmten Teil des j&auml;hrlichen Produkts erh&auml;lt. Jene Periode
m&uuml;&szlig;te - von dem Gesichtspunkt diese Ritter vom gesunden und &#155;einfachen&#139;
(!) Menschenverstand - umgekehrt die Krise entfernen. Es scheint also, da&szlig;
die kapitalistische Produktion vom guten oder b&ouml;sen Willen unabh&auml;ngige
Bedingungen einschlie&szlig;t, die jene relative Prosperit&auml;t der Arbeiterklasse
nur momentan zulassen und zwar immer nur als Sturmvogel einer Krise.&laquo;<A name="ZT3"></A><A href="fm03_364.htm#Z3"><SPAN class="top">[3]</SPAN></A></P>
<P>In der Tat f&uuml;hren die Darlegungen des zweiten wie des dritten Bandes zu
gr&uuml;ndlichem Einblick in das Wesen der Krisen, die sich einfach als unvermeidliche
Folgen der Bewegung des Kapitals ergeben, einer Bewegung, die, im ungest&uuml;men,
unstillbaren Drang nach Ansammlung, nach Wachstum, &uuml;ber jede Schranke der
Konsumtion alsbald hinauszustreben pflegt, mag diese Konsumtion durch erh&ouml;hte
Kaufmittel einer einzelnen Gesellschaftsschicht oder durch Eroberung ganz neuer
Absatzgebiete noch so sehr erweitert werden. So mu&szlig; auch der im Hintergrunde
jener popul&auml;ren gewerkschaftlichen Agitation lauernde Gedanke von der Interessenharmonie
zwischen Kapital und Arbeit, der nur durch die Kurzsichtigkeit der Unternehmer
verkannt werde, verabschiedet und alle Hoffnung auf mildernde Flickarbeit an der
wirtschaftlichen Anarchie des Kapitalismus aufgegeben werden. Der Kampf um die
materielle Hebung der Lohnproletarier hat tausend allzu gute Waffen in seinem
geistigen R&uuml;stzeug, als da&szlig; er eines theoretisch unhaltbaren und praktisch
zweideutigen Arguments bed&uuml;rfte.</P>
<P>Ein anderes Beispiel. Im dritten Band gibt Marx zum ersten Male eine wissenschaftliche
Erkl&auml;rung f&uuml;r die von der National&ouml;konomie seit ihrem Entstehen
ratlos angestaunte Erscheinung, da&szlig; die Kapitale in allen Produktionszweigen,
obgleich sie unter verschiedensten Bedingungen angelegt sind, den sogenannten
&raquo;landes&uuml;blichen&laquo; Profit abzuwerfen pflegen. Auf den ersten Blick scheint
diese Erscheinung einer Erkl&auml;rung zu widersprechen, die Marx selbst gegeben
hat, n&auml;mlich der Erkl&auml;rung des kapitalistischen Reichtums lediglich
aus unbezahlter Arbeit des Lohnproletariats. Wie kann in der Tat der Kapitalist,
der verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig gro&szlig;e Portionen seines Kapitals in toten
Produktionsmitteln anlegen mu&szlig;, den gleichen Profit erzielen, wie sein Kollege,
der geringe Ausgaben dieser Art hat und desto mehr lebendige Arbeit anspannen
kann?</P>
<P>Nun, Marx l&ouml;st das R&auml;tsel mit erstaunlicher Einfachheit auf, indem
er zeigt, wie durch den Verkauf der einen Warensorten &uuml;ber ihrem Wert, der
anderen aber unter ihrem Wert, sich die Unterschiede des Profits ausgleichen und
ein f&uuml;r alle Zweige der Produktion gleicher &raquo;Durchschnittsprofit&laquo; sich herausbildet.
Ohne da&szlig; die Kapitalisten eine Ahnung <A NAME="S387"></A><B>|387|*</B> davon
haben, ohne jede bewu&szlig;te Verst&auml;ndigung unter ihnen, verfahren sie beim
Austausch ihrer Waren so, da&szlig; sie gewisserma&szlig;en jeder den aus seinen
Arbeitern gesch&ouml;pften Mehrwert mit zu Hauf tragen und diese Gesamternte der
Ausbeutung br&uuml;derlich untereinander verteilen, jedem nach der Gr&ouml;&szlig;e
seines Kapitals. Der Einzelkapitalist genie&szlig;t also gar nicht den von ihm
pers&ouml;nlich erzielten Profit, sondern nur einen auf ihn entfallenden Teil
der von allen seinen Kollegen erzielten Profite. &raquo;Die verschiednen Kapitalisten
verhalten sich hier, soweit der Profit in Betracht kommt, als blo&szlig;e Aktion&auml;re
einer Aktiengesellschaft, worin die Anteile am Profit gleichm&auml;&szlig;ig pro
Hundert verteilt werden, und daher f&uuml;r die verschiednen Kapitalisten sich
nur unterscheiden nach der Gr&ouml;&szlig;e des von jedem in das Gesamtunternehmen
gesteckten Kapitals, nach seiner verh&auml;ltnism&auml;&szlig;igen Beteiligung
am Gesamtunternehmen.&laquo;<A name="ZT4"></A><A href="fm03_364.htm#Z4"><SPAN class="top">[4]</SPAN></A></P>
<P>Welch tiefen Einblick gew&auml;hrt dies anscheinend ganz trockene Gesetz der
&raquo;durchschnittlichen Profitrate&laquo; in die feste materielle Grundlage der Klassensolidarit&auml;t
der Kapitalisten, die, obschon im t&auml;glichen Treiben feindliche Br&uuml;der,
doch gegen&uuml;ber der Arbeiterklasse einen Freimaurerbund bilden, der an ihrer
Gesamtausbeutung aufs h&ouml;chste und aufs pers&ouml;nlichste interessiert ist!
Ohne da&szlig; sich die Kapitalisten nat&uuml;rlich im geringsten dieser objektiven
&ouml;konomischen Gesetze bewu&szlig;t sind, &auml;u&szlig;ert sich in ihrem untr&uuml;glichen
Instinkt der herrschenden Klasse ein Sinn f&uuml;r die eigenen Klasseninteressen
und deren Gegensatz zum Proletariat, der sich leider durch alle St&uuml;rme der
Geschichte viel sicherer bew&auml;hrt, als das wissenschaftlich - eben durch die
Werke von Marx und Engels - aufgekl&auml;rte und begr&uuml;ndete Klassenbewu&szlig;tsein
der Arbeiter.</P>
<P>Diese beiden kurzen und aufs Geratewohl herausgerissenen Belege m&ouml;gen
eine Vorstellung davon geben, wieviel ungehobene Sch&auml;tze an geistiger Anregung
und Vertiefung f&uuml;r die aufgekl&auml;rte Arbeiterschaft in den beiden letzten
B&auml;nden des &raquo;Kapitals&laquo; noch liegen und einer popul&auml;ren Darstellung harren.
Unfertig wie sie sind, bieten sie unendlich Wertvolleres als jede fertige Wahrheit:
Ansporn zum Denken, zur Kritik und zur Selbstkritik, die das ureigenste Element
der Lehre ist, die Marx hinterlassen hat.</P>
<H3 ALIGN="CENTER">4. Die Aufnahme des Werks<A name="Kap_4"></A></H3>
<P>Die Hoffnung, die Engels nach Vollendung des ersten Bandes ausgesprochen hatte,
da&szlig; Marx sich nach &raquo;Absch&uuml;ttelung des Alps&laquo; wie ein ganz anderer Kerl
vorkommen werde, erf&uuml;llte sich zun&auml;chst doch nur zum Teil. </P>
<P><B><A NAME="S388">|388|</A></B> Gesundheitlich besserte sich Marx nicht dauernd,
und auch seine &ouml;konomischen Verh&auml;ltnisse blieben in peinlicher Schwebe.
Damals hat er ernstlich den Plan erwogen, nach Genf &uuml;berzusiedeln, wo er
viel billiger leben konnte, aber das Schicksal band ihn einstweilen an London,
an die Sch&auml;tze des Britischen Museums; er hoffte auf einen Verleger f&uuml;r
eine englische &Uuml;bersetzung seines Werkes, und er konnte weder noch wollte
er die geistige Leitung der Internationalen aus der Hand geben, ehe die Bewegung
in sichere Geleise geraten sei.</P>
<P>Eine h&auml;usliche Freude bereitete ihm die Verm&auml;hlung seiner zweiten
Tochter Laura mit seinem &raquo;medizinischen Kreolen&laquo;, mit Paul Lafargue. Die jungen
Leute hatten sich schon im August 1866 versprochen, doch sollte der Br&auml;utigam
erst seine &auml;rztliche Ausbildung abschlie&szlig;en, ehe an die Hochzeit zu
denken war. Wegen seiner Beteiligung an einem Studentenkongre&szlig; in L&uuml;ttich
war Lafargue auf zwei Jahre aus den Listen der Pariser Universit&auml;t gestrichen
worden und in Sachen der Internationalen nach London gekommen; als Anh&auml;nger
Proudhons hatte er keine n&auml;heren Beziehungen zu Marx und in dessen Hause
nur aus H&ouml;flichkeit eine Empfehlungskarte Tolains abgegeben. Indessen es
kam, wie es oft zu kommen pflegt. &raquo;Der Junge attachierte sich erst an mich&laquo;, schrieb
Marx nach der Verlobung an Engels, &raquo;&uuml;bertrug aber bald die attraktion vom
Alten auf die Tochter. Seine &ouml;konomischen Verh&auml;ltnisse sind mittlerer
Natur, da er das einzige Kind einer fr&uuml;heren Pflanzerfamilie.&laquo; Marx schilderte
ihn dem Freunde als einen h&uuml;bschen, intelligenten, energischen und gymnastisch
entwickelten Burschen, einen kreuzguten Kerl, der nur verzogen und zu sehr Naturkind
sei.</P>
<P>Lafargue war in Sanjago auf der Insel Kuba geboren, aber schon als Kind von
neun Jahren nach Frankreich gekommen. Von der Mutter seines Vaters her, einer
Mulattin, hatte er Negerblut in den Adern, wovon er selbst gern sprach und wovon
auch die matte Hautfarbe und die gro&szlig;er wei&szlig;en Aug&auml;pfel des sonst
sehr regelm&auml;&szlig;ig geschnittenen Gesichts zeugten. Von dieser Blutmischung
mochte ein gewisses Ma&szlig; von Hartn&auml;ckigkeit herr&uuml;hren, das Marx
manches Mal zu &auml;rgerlich-lustigem Spott &uuml;ber den &raquo;Niggersch&auml;del&laquo;
veranla&szlig;te. Doch der Ton gutm&uuml;tiger Neckerei worin sie miteinander
verkehrten, zeigte doch nur, wie trefflich sie sich verstanden. Marx hatte in
Lafargue nicht nur den Schwiegersohn, der da&szlig; Lebensgl&uuml;ck seiner Tochter
begr&uuml;ndete, sondern auch einen f&auml;higen und geschickten Helfer, einen
treuen H&uuml;ter seines geistigen Erbes gefunden.</P>
<P>Seine Hauptsorge blieb einstweilen der Erfolg seines Buches. An 2. November
1867 schrieb er an Engels: &raquo;Das Stillschweigen &uuml;ber mein Buch macht mich
fidgety [Mehring &uuml;bersetzt: nerv&ouml;s]. Ich h&ouml;re und sehe <A NAME="S389"></A><B>|389|</B>
nichts. Die Deutschen sind gute Kerle. <I>Ihre</I> Leistungen als Bediente der
Engl&auml;nder, Franzosen und selbst Italiener auf diesem Gebiete berechtigen
sie in der Tat, meine Geschichte zu ignorieren. Unsre Leut dr&uuml;ben verstehen
nicht zu agitieren. Indes mu&szlig; man's machen, wie die Russen - warten. Die
Geduld ist der Kern der russischen Diplomatie und Erfolge. Aber unsereiner, der
nur einmal lebt, kann dar&uuml;ber verrecken.&laquo; Die Ungeduld, die aus diesen Zeilen
spricht, war sehr begreiflich, aber bei alledem nicht ganz berechtigt.</P>
<P>Das Buch war noch nicht zwei Monate an das Licht der &Ouml;ffentlichkeit gelangt,
als Marx so schrieb, und binnen so kurzer Frist lie&szlig; sich keine gr&uuml;ndliche
Kritik schreiben. Soweit es aber nicht auf die Gr&uuml;ndlichkeit, sondern auf
das &raquo;L&auml;rmmachen&laquo; ankam, was Marx wegen der R&uuml;ckwirkung auf England zun&auml;chst
auch als das Notwendigste ansah, gaben sich Engels und Kugelmann die menschenm&ouml;glichste
M&uuml;he, ohne da&szlig; sich ihnen der Vorwurf allzu gro&szlig;er Peinlichkeit
h&auml;tte machen lassen. Sie hatten immerhin nicht unbetr&auml;chtliche Erfolge.
In einer ganz h&uuml;bschen Anzahl auch von b&uuml;rgerlichen Bl&auml;ttern wu&szlig;ten
sie vorl&auml;ufige Notizen &uuml;ber das Erscheinen des Buches oder den Abdruck
der Vorrede unterzubringen.<A name="ZT5"></A><A href="fm03_364.htm#Z5"><SPAN class="top">[5]</SPAN></A> Sogar eine Bombenreklame nach den Begriffen der damaligen
Zeit, die Ver&ouml;ffentlichung eines biographischen Artikels &uuml;ber Marx sowie
seines Bildnisses in der &raquo;Gartenlaube&laquo;, hatten sie fertig, als Marx selbst sie
bat, von dem &raquo;Spa&szlig;e&laquo; abzustehen. &raquo;Ich halte dergleichen eher f&uuml;r sch&auml;dlich
als n&uuml;tzlich und unter dem Charakter eines wissenschaftlichen Manns. Zum
Beispiel Meyers Konversationslexikon hat mir seit l&auml;ngerer Zeit schriftlich
eine Biographie abverlangt. Ich habe sie nicht nur nicht geliefert, sondern auf
den Brief nicht einmal geantwortet. Jeder mu&szlig; nach seiner Art selig werden.&laquo;
Der f&uuml;r die &raquo;Gartenlaube&laquo; von Engels bestimmte Aufsatz <A name="ZT6"></A><A href="fm03_364.htm#Z6"><SPAN class="top">[6]</SPAN></A> - einen &raquo;in h&ouml;chster
Eile und in m&ouml;glichst Betaischer Form hingeschmierten Wisch&laquo; nennt ihn der
Verfasser selbst - erschien darauf in der &raquo;Zukunft&laquo;, dem Organ Johann Jacobys,
das Guido Wei&szlig; seit 1861 in Berlin herausgab, hatte dann aber das eigent&uuml;mliche
Schicksal, von Liebknecht in dem &raquo;Demokratischen Wochenblatt&laquo; nur verk&uuml;rzt
wiedergegeben zu werden, wozu Engels unwirsch bemerkte: &raquo;Wilhelmchen ist jetzt
so tief gesunken, da&szlig; er nicht einmal mehr sagen darf, Lassalle habe Dich,
und zwar falsch, abgeschrieben. Damit sind der ganzen Biographie die Hoden abgeschnitten,
und wozu er sie dann noch abdruckt, kann nur er wissen.&laquo; Bekanntlich waren die
weggestrichenen S&auml;tze genau die Ansicht Liebknechts selbst, nur wollte er
nicht eine Anzahl Lassalleaner, die eben von Schweitzer abgefallen waren und gerade
damals die Fraktion der Eisenacher gr&uuml;nden <A name="S390"></A><B>|390|</B>
halfen, vor den Kopf sto&szlig;en. So haben nicht nur B&uuml;cher, sondern auch Aufs&auml;tze
ihre Schicksale.</P>
<P>Jedoch wenn auch nicht gleich in den ersten Monaten, so erhielt Marx doch bald
nachher einige gute Kritiken seines Buches. So von Engels im &raquo;Demokratischen
Wochenblatt&laquo;, dann von Schweitzer im &raquo;Social-Demokraten&laquo; und
von Josef Dietzgen wieder im &raquo;Demokratischen Wochenblatt&raquo;. Ganz abgesehen
von Engels, bei dem es sich von selbst verstand, so erkannte Marx auch von Schweitzer
an, da&szlig; er trotz einzelner Irrt&uuml;mer die Sache geochst habe und wisse,
wo die Schwerpunkte l&auml;gen, und in Dietzgen, von dem er nach dem Erscheinen
seines Buches zum ersten Male h&ouml;rte, begr&uuml;&szlig;te er einen philosophisch
begabten Kopf, ohne ihn sonst zu &uuml;bersch&auml;tzen. </P>
<P>Auch der erste &raquo;Fachmann&laquo; lie&szlig; sich noch im Jahre 1867 h&ouml;ren.
Es war D&uuml;hring, der in Meyers Erg&auml;nzungsbl&auml;ttern das Buch besprach,
ohne, wie Marx meinte, die neuen Grundelemente seiner Darstellung herauszuf&uuml;hlen,
aber doch so, da&szlig; Marx nicht unzufrieden mit dieser Kritik war. Er nannte
sie sogar &raquo;sehr anst&auml;ndig&laquo;, wenngleich er vermutete, D&uuml;hring
habe weniger aus Interesse und Verst&auml;ndnis f&uuml;r die Sache, als aus Ha&szlig;
gegen Roscher und sonstige Universit&auml;tsgr&ouml;&szlig;en geschrieben. Ung&uuml;nstiger
urteilte Engels von vornherein &uuml;ber D&uuml;hrings Aufsatz, und da&szlig;
er den sch&auml;rferen Blick hatte, zeigte sich sehr bald, als D&uuml;hring umschlug
und das Buch nicht genug herunterrei&szlig;en konnte. </P>
<P>Mit anderen &raquo;Fachleuten&laquo; hat Marx ebenfalls die tr&uuml;bstem Erfahrungen
gemacht; noch acht Jahre sp&auml;ter hat einer dieser Biederm&auml;nner, der vorsichtigerweise
seinen Namen verschwieg, den erbaulichen Orakelspruch von sich gegeben, Marx habe
als &raquo;Autodidakt&laquo; ein volles Menschenalter der Wissenschaft verschlafen.
Nach solchen und &auml;hnlichen Leistungen war die Bitterkeit, womit Marx von
diesen Leuten zu sprechen pflegte, vollauf berechtigt. Nun schrieb er vielleicht
zuviel aufs Konto ihres b&ouml;sen Willens, und zuwenig aufs Konto ihrer Unwissenheit.
Seine dialektische Methode war ihnen in der Tat unverst&auml;ndlich. Dies zeigte
sich namentlich darin, da&szlig; auch M&auml;nner, denen es weder an gutem Willen
noch an &ouml;konomischen Kenntnissen fehlte, sich in dem Buche nur schwer zurechtfanden,
w&auml;hrend umgekehrt M&auml;nner, die auf &ouml;konomischem Gebiete in keiner
Weise beschlagen waren und dem Kommunismus mehr oder weniger feindlich gegen&uuml;berstanden,
aber einmal in der Hegelschen Dialektik um sich gewu&szlig;t hatten, mit gro&szlig;er
Begeisterung davon sprachen. So urteilte Marx unbillig hart &uuml;ber die zweite
Auflage von F. A. Langes Schrift &uuml;ber die Arbeiterfrage, worin der Verfasser
sich eingehend mit dem ersten Bande des &raquo;Kapitals&laquo; befa&szlig;te:
&raquo;Herr Lange macht mir <B><A NAME="S391">|391|</A></B> gro&szlig;e Elogen,
aber zu dem Behuf, sich selbst wichtig zu machen.&laquo; Das war sicherlich nicht der
Zweck Langes, dessen aufrichtiges Interesse an der Arbeiterfrage &uuml;ber jeden
Zweifel erhaben gewesen ist. Aber darin hatte Marx sicherlich recht, zu sagen,
da&szlig; Lange erstens nichts von Hegels Methode verst&auml;nde und zweitens
noch viel weniger von der kritischen Weise, worin Marx sie angewandt habe. In
der Tat stellte Lange die Dinge auf den Kopf, wenn er meinte, Lassalle stehe in
bezug auf die spekulative Grundlage gegen&uuml;ber Hegel freier und unabh&auml;ngiger
da als Marx, bei dem sich die spekulative Form eng an die Manier des philosophischen
Vorbildes anschlie&szlig;e und sich in manchen Teilen des Werkes - so in der Werttheorie,
der Lange keine bleibende Bedeutung beilegen wollte - m&uuml;hsam in den Stoff
eindr&auml;nge.</P>
<P>Viel seltsamer noch lautete das Urteil Freiligraths &uuml;ber den ersten Band,
den ihm Marx geschenkt hatte. Der freundschaftliche Verkehr beider M&auml;nner
hatte seit dem Jahre 1859 fortgedauert, wenn auch gelegentlich getr&uuml;bt durch
die Schuld dritter Personen. Freiligrath war im Begriff, nach Deutschland zur&uuml;ckzukehren,
wo ihm die bekannte Sammlung einen sorgenfreien Lebensabend gesichert hatte, nachdem
der nahezu sechzigj&auml;hrige Mann durch die Aufl&ouml;sung der von ihm geleiteten
Bankfiliale brotlos geworden war. Der letzte Brief, den er an den alten Freund
richtete -, sp&auml;ter haben sie sich nicht mehr geschrieben -, war ein herzlicher
Gl&uuml;ckwunsch, zu der Hochzeit der jungen Lafargues und ein nicht minder herzlicher
Dank f&uuml;r den ersten Band des &raquo;Kapitals&laquo;. Freiligrath bekannte, aus dem Studium
des Buches die mannigfachste Belehrung, den reichsten Genu&szlig; gesch&ouml;pft
zu haben. Der Erfolg werde vielleicht kein &uuml;berschneller und &uuml;berlauter,
aber die Wirkung im stillen werde darum um so tiefer und nachhaltiger sein. &raquo;Ich
wei&szlig;, da&szlig; am Rhein viele Kaufleute und Fabrikbesitzer sich f&uuml;r
das Buch begeistern. In diesen Kreisen wird es seinen eigentlichen Zweck erf&uuml;llen
- f&uuml;r den Gelehrten wird es nebenbei als Quellenwerk unentbehrlich sein.&laquo;
Nun nannte Freiligrath sich selbst nur einen &raquo;National&ouml;konomen mit dem Gem&uuml;te&laquo;,
und das &raquo;Hegeln und Hecheln&laquo; war ihm all sein Lebtag zuwider gewesen, allein er
hatte doch fast zwei Jahrzehnte mitten im Weltverkehr Londons gestanden, und so
blieb es eine erstaunliche Leistung, wenn er im ersten Bande des &raquo;Kapitals&laquo; nur
eine Art Leitfaden f&uuml;r junge Kaufleute und h&ouml;chstens nebenbei ein wissenschaftliches
Quellenwerk sah.</P>
<P>Ganz anders lautete das Urteil Ruges, der dem Kommunismus spinnefeind und mit
irgendwelchen &ouml;konomischen Kenntnissen nicht beschwert war, aber einmal als
Junghegelianer seinen Mann gestanden hatte. &raquo;Es <A NAME="S392"></A><B>|392|</B>
ist ein epochemachendes Werk und sch&uuml;ttet gl&auml;nzendes, oft stechendem
Licht aus &uuml;ber die Entwicklung, &uuml;ber die Unterg&auml;nge und die Geburtswehen
und die furchtbaren Schmerzenstage der Gesellschaftsperioden. Der Nachweis &uuml;ber
den Mehrwert durch unbezahlte Arbeit, &uuml;ber die Expropriierung der Arbeiter,
die f&uuml;r sich arbeiteten, und die bevorstehende Expropriierung der Expropriateure
sind klassisch. Marx besitzt eine ausgebreitete Gelehrsamkeit und ein pr&auml;chtiges
dialektisches Talent. Das Buch geht &uuml;ber den Horizont vieler Menschen und
Zeitungsschreiber, aber es wird ganz gewi&szlig; durchdringen und trotz der breiter
Anlage, ja gerade durch sie, eine m&auml;chtige Wirkung aus&uuml;ben.&laquo; &Auml;hnlich
Ludwig Feuerbach, nur da&szlig; es ihm, entsprechend seiner eigenen Entwicklung,
weniger auf die Dialektik des Verfassers ankam, als auf die &raquo;an unbestreitbaren
Tatsachen interessantester, aber auch schauerlichster Art reiche Schrift&laquo;, die
ihm seine Moralphilosophie beweisen sollte: wo das zum Leben Notwendige fehle,
da fehle auch die sittliche Notwendigkeit.</P>
<P>Eine &Uuml;bersetzung des ersten Bandes erschien zuerst in Ru&szlig;land. Bereits
am 12. Oktober 1868 meldete Marx an Kugelmann, ein Petersburger Buchh&auml;ndler
habe ihn mit der Nachricht &uuml;berrascht, die &Uuml;bersetzung sei bereits im
Druck, und er m&ouml;chte sein Photogramm als Titelvignette einsenden. Marx wollte
seinen &raquo;guten Freunden&laquo;, den Russen, diese Kleinigkeit nicht abschlagen; es sei
eine Ironie des Schicksals, da&szlig; die Russen, die er seit 25 Jahren unausgesetzt
nicht nur deutsch, sondern auch franz&ouml;sisch und englisch bek&auml;mpft habe,
immer seine &raquo;G&ouml;nner&laquo; gewesen seien; auch seine Schrift gegen Proudhon und
seine &raquo;Kritik der politischen &Ouml;konomie&laquo; h&auml;tten nirgends gr&ouml;&szlig;ern
Absatz gefunden als in Ru&szlig;land. Jedoch wollte er das nicht hoch anschlagen;
es sei reine Gourmandise, die nach dem Extremsten hasche, was der Westen liefere.</P>
<P>So lag die Sache nun aber doch nicht. Die &Uuml;bersetzung kam zwar erst im
Jahre 1872 heraus, aber sie war ein ernsthaftes, wissenschaftlichem Unternehmen,
das &raquo;meisterhaft&laquo; gelang, wie Marx selbst nach ihrer Vollendung anerkannte. &Uuml;bersetzer
war Danielson, bekannter unter seinem Schriftstellernamen Nikolaj-on, und neben
ihm f&uuml;r einige der wichtigsten Kapitel Lopatin, ein junger k&uuml;hner Revolution&auml;r,
&raquo;ein sehr aufgeweckter, <I>kritischer</I> Kopf, heitrer Charakter, stoisch wie
ein russischer Bauer, der mit allem vorlieb nimmt, was er findet&laquo; - so schilderte
ihn Marx, als Lopatin ihn im Sommer 1870 besuchte. Die russische Zensur hatte
ihre Erlaubnis zur Herausgabe der &Uuml;bersetzung unter folgender Begr&uuml;ndung
erteilt: &raquo;Obgleich der Verfasser nach seinen &Uuml;berzeugungen ein vollst&auml;ndiger
Sozialist ist und das ganze Buch einen vollst&auml;ndig <A NAME="S393"></A><B>|393|*</B>
bestimmten sozialistischen Charakter f&uuml;hrt; jedoch mit R&uuml;cksicht darauf,
da&szlig; die Darstellung durchaus nicht f&uuml;r jeden zug&auml;nglich genannt
werden kann, und da&szlig; sie von der andern Seite die Form streng mathematisch
wissenschaftlicher Beweisf&uuml;hrung besitzt, erkl&auml;rt das Komitee die Verfolgung
dieses Werkes vor Gericht f&uuml;r unm&ouml;glich.&laquo; In die &Ouml;ffentlichkeit
kam die &Uuml;bersetzung am 27. M&auml;rz 1872, und am 25. Mai waren schon 1.000
Exemplare abgesetzt, ein Drittel der ganzen Auflage.</P>
<P>Zu gleicher Zeit begann eine franz&ouml;sische &Uuml;bersetzung zu erscheinen,
und zwar ebenso wie zur selben Zeit die zweite Auflage des deutschen Originalwerks,
in Lieferungen. Sie war von J. Roy verfa&szlig;t, unter wesentlicher Beihilfe
von Marx selbst, der damit eine &raquo;Teufelsarbeit&laquo; hatte, so da&szlig; er manchmal
klagte, da&szlig; sie ihm mehr zu schaffen mache, als wenn er sie allein unternommen
h&auml;tte. Daf&uuml;r durfte er ihr einen besondern wissenschaftlichen Wert auch
neben dem Original zuschreiben. </P>
<P>Einen geringeren Erfolg als in Deutschland, Ru&szlig;land und Frankreich hatte
der erste Band des &raquo;Kapitals&laquo; in England. Er scheint nur eine kurze Besprechung
in der &raquo;Saturday Review&laquo; gefunden zu haben, die der Darstellung nachr&uuml;hmte,
da&szlig; sie den trockensten &ouml;konomischen Fragen einen eigenen Reiz verleihe.
Ein gr&ouml;&szlig;erer Aufsatz, den Engels f&uuml;r die &raquo;Fortnightly Review&laquo;
schrieb, wurde von der Redaktion als &raquo;zu trocken&laquo; abgelehnt, obgleich Beesly,
der nahe Beziehungen zu dieser Zeitschrift hatte, sich f&uuml;r die Aufnahme bem&uuml;hte.
Eine englische &Uuml;bersetzung, von der sich Marx so viel versprach, hat er nicht
mehr erlebt.</P>
<HR size="1">
<P><A name="Z1"></A><SPAN class="top">[1]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band I, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me23/me23_049.htm#S85">Bd. 23, S. 85.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT1">&lt;=</A></P>
<P><A name="Z2"></A><SPAN class="top">[2]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band I, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me23/me23_483.htm#S514">Bd. 23, S. 514.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT2">&lt;=</A></P>
<P><A name="Z3"></A><SPAN class="top">[3]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band II, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me24/me24_391.htm#S409">Bd. 24, S. 409/410.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT3">&lt;=</A></P>
<P><A name="Z4"></A><SPAN class="top">[4]</SPAN> Karl Marx: Das Kapital. Band III, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me25/me25_164.htm#S168">Bd. 25, S. 168.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT4">&lt;=</A></P>
<P><A name="Z5"></A><SPAN class="top">[5]</SPAN> Friedrich Engels: Rezensionen des ersten Bandes &raquo;Das Kapitals&laquo;, <A href="../../me/me_rk67.htm">1867</A>, <A href="../../me/me_rk68.htm">1868.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT5"> &lt;=</A></P>
<P><A name="Z6"></A><SPAN class="top">[6]</SPAN> Friedrich Engels: Karl Marx, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke, <A href="../../me/me16/me16_361.htm">Bd. 16, S. 361-366.</A> <A href="fm03_364.htm#ZT6">&lt;=</A></P>
<!-- #EndEditable -->
<HR size="1" align="left" width="200">
<P><SMALL>Pfad: &raquo;../fm/fm03&laquo;<BR>
Verkn&uuml;pfte Dateien: &raquo;<A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">../../css/format.css</A>&laquo;
</SMALL>
<HR size="1">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../../index.shtml.html"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link2a" --><A HREF="fm03_322.htm"><SMALL>11.
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="fm03_000.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
<TD ALIGN="center">|</TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "link2b" --><A HREF="fm03_394.htm"><SMALL>13.
Kapitel</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD ALIGN="center"><B>|</B></TD>
<TD ALIGN="center" width="19%" height=20 valign=middle><A HREF="../default.htm"><SMALL>Franz
Mehring</SMALL></A></TD>
</TR>
</TABLE>
</BODY>
<!-- #EndTemplate -->
</HTML>