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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Rosa Luxemburg - Einf&uuml;hrung in die National&ouml;konomie - IV. 6</TITLE>
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<!--Hier war ein unzureichend terminierter Kommentar -->
<P ALIGN="CENTER"><A HREF="lu05_762.htm"><FONT SIZE=2>IV. 6</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="lu05_en.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="lu05_770.htm"><FONT SIZE=2>VII. 1</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Herausgegeben vom Institut f&uuml;r Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 5. Berlin/DDR. 1975. "Einf&uuml;hrung in die National&ouml;konomie", S. 768/769.</P>
<P>1. Korrektur<BR>
Erstellt am 06.01.1999.</FONT> </P>
<FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">IV. 7</P>
</FONT><B><P><A NAME="S768">|768|</A></B> Wir haben in unserer Betrachtung des Lohngesetzes mit dem Kauf und Verkauf der Ware Arbeitskraft angefangen. Dazu geh&ouml;ren aber bereits ein Lohnproletarier ohne Produktionsmittel und ein Kapitalist, der solche besitzt, und zwar in einem gen&uuml;gend gro&szlig;en Umfang besitzt, um eine moderne Unternehmung zu gr&uuml;nden. Woher sind sie auf den Warenmarkt gekommen? Bei der fr&uuml;heren Darstellung hatten wir nur die Warenproduzenten im Auge, das hei&szlig;t lauter Leute mit eigenen Produktionsmitteln, die selbst Waren produzierten und sie austauschten, Wie kann bei dem Austausch gleicher Warenwerte auf der einen Seite Kapital und auf der anderen v&ouml;llige Mittellosigkeit entstehen? Wir haben jetzt gesehen: Der Kauf der Ware Arbeitskraft auch zu ihrem vollen Wert f&uuml;hrt bei Gebrauch dieser Ware zur Bildung von unbezahlter Arbeit oder Mehrwert, das hei&szlig;t von Kapital. Gewi&szlig;, die Bildung von Kapital und von Ungleichheit wird klar, wenn wir die Lohnarbeit und ihre Wirkungen betrachten. Aber dazu m&uuml;ssen schon vorher Kapital und Proletarier da sein! Die Frage lautet also: Woher und wie sind die ersten Proletarier und die ersten Kapitalisten entstanden, wie ist der erste Sprung von der einfachen Warenproduktion zur kapitalistischen Produktion gemacht worden? Mit <A NAME="S769"><B>|769|</A></B> anderen Worten lautet die Frage: Wie hat sich der &Uuml;bergang von dem kleinen mittelalterlichen Handwerk zu dem modernen Kapitalismus vollzogen?</P>
<P>&Uuml;ber die Entstehung des ersten modernen Proletariats gibt uns Antwort die Geschichte der Aufl&ouml;sung des Feudalismus. Damit der Arbeitende als Lohnarbeiter auf dem Markt erscheinen konnte, mu&szlig;te er pers&ouml;nliche Freiheit erlangt haben. Die erste Bedingung war also die Befreiung von Leibeigenschaft und vom Zunftzwang. Er mu&szlig;te aber auch aller Produktionsmittel verlustig gegangen sein. Dies wurde bewerkstelligt durch das massenhafte "Bauernlegen", wodurch der grundbesitzende Adel bei Anbruch der Neuzeit seine jetzigen G&uuml;ter bildete. Die Bauern wurden zu Tausenden einfach vom Grund und Boden, der ihnen seit Jahrhunderten geh&ouml;rte, verjagt, und die b&auml;uerlichen Gemeindegrundst&uuml;cke wurden zu den herrschaftlichen geschlagen. Der englische Adel zum Beispiel tat dies, als sich durch Erweiterung des Handels im Mittelalter und das Aufbl&uuml;hen der flandrischen Wollmanufaktur die Aufzucht von Schafen f&uuml;r die Wollindustrie als lohnendes Gesch&auml;ft darstellte. Um den Acker in Schafweidepl&auml;tze zu verwandeln, jagte man einfach die Bauern von Haus und Hof fort. Dieses "Bauernlegen" dauerte in England vom 15. bis ins 19. Jahrhundert, So wurden zum Beispiel noch in den Jahren 1814-1820 auf den G&uuml;tern der Gr&auml;fin von Sutherland nicht weniger als 15.000 Einwohner fortgetrieben, ihre D&ouml;rfer niedergebrannt und ihre Felder in Weide verwandelt, worauf an Stelle von Bauern 131.000 Hammel gehalten wurden. Was in Deutschland, namentlich vom preu&szlig;ischen Adel, an dieser gewaltsamen Fabrikation von "freien" Proletariern aus vogelfreien Bauern geleistet wurde, dar&uuml;ber gibt die Brosch&uuml;re "Die schlesische Milliarde" von Wolff [1] einen Begriff. Die existenzlos gemachten vogelfreien Bauern hatten nichts anderes &uuml;brig als die Freiheit, entweder zu verhungern oder frei, wie sie waren, sich f&uuml;r einen Hungerlohn zu verkaufen.[2]</P>
<P><HR></P>
<P>Redaktionelle Anmerkungen</P>
<P><A NAME="F1">[1]</A> Wilhelm Wolff: Die schlesische Milliarde, Hottingen-Z&uuml;rich 1886.</P>
<P><A NAME="F2">[2]</A> Am Schlu&szlig; dieses Kapitels stehen im Manuskript mit Bleistift geschrieben die Worte: Reformation!, Bl. 293 ff. Bildung des psychol. <I>Typus </I>des modernen Lohneklavwn aus dem verfolgten Bettler. BL 350.</P>
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