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<TITLE>Karl Marx - Die Kriegsdebatten im Parlament</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 10, S. 356-363<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</FONT> </P>
<H2>Karl Marx</H2>
<H1>Die Kriegsdebatten im Parlament</H1>
<FONT SIZE=2><P>Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 4150 vom 7. August 1854]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S356">&lt;356&gt;</A></B> London, Dienstag, 25. Juli 1854.</P>
<P>In der Sitzung des Unterhauses am vergangenen Freitag abend teilte Lord John Russell als Antwort auf eine Anfrage von Herrn Disraeli mit, da&szlig; Ihre Majest&auml;t geruht habe, die Absendung einer Botschaft an das Haus zu verf&uuml;gen, derzufolge er vorschlage, am Montag eine Kreditvorlage &uuml;ber 3.000.000 Pfd.St. einzubringen. Es best&uuml;nde keine Notwendigkeit f&uuml;r eine Budgetkommission. Auf Herrn Disraelis Frage, ob es in diesem Jahre eine Herbstsession geben wurde, gab Lord John keine Antwort. Folglich wurde die Kreditvorlage in der gestrigen Sitzung beider H&auml;user ohne Abstimmung angenommen.</P>
<P>Beim Einbringen der Vorlage im Oberhaus hielt Lord Aberdeen die k&uuml;rzeste, trockenste und allt&auml;glichste Rede, mit der er uns je seit Antritt seiner Ministerpr&auml;sidentschaft beehrt hat. Er m&uuml;sse um drei Millionen bitten, und er sei sicher, da&szlig; Ihre Lordschaften keinen Einwand erheben w&uuml;rden. Sie k&ouml;nnten verschiedene Meinungen haben, doch alle m&uuml;&szlig;ten einig sein &uuml;ber "die Notwendigkeit, alle Ma&szlig;nahmen zu ergreifen, die am besten geeignet w&auml;ren, eine baldige und erfolgreiche Beendigung des Krieges herbeizuf&uuml;hren". Dieses Ziel sei in erster Linie "durch die wirksamen und energischen Anstrengungen Englands und Frankreichs, unter Mitwirkung der anderen M&auml;chte, zu erreichen". Er sagte nicht, ob er die durch den Krieg zu machenden Anstrengungen oder die in Verhandlungen zu unternehmenden meinte, er nahm nicht einmal Ru&szlig;land von den "anderen M&auml;chten" aus, mit denen England und Frankreich zusammenarbeiten m&uuml;ssen. Angesichts der bevorstehenden Vertagung des Parlaments sei um so mehr Grund vorhanden, die Regierung mit Geld zu versehen. M&ouml;glicherweise w&uuml;rden es <A NAME="S357"><B>&lt;357&gt;</A></B> einige der edlen Lords vorziehen, das Geld anderen H&auml;nden als den seinen anzuvertrauen, doch solche seltsamen W&uuml;nsche d&uuml;rften sich nicht st&ouml;rend auf die Angelegenheit auswirken. Diese Angelegenheit, die jetzt die vordringliche ist, sei es, drei Millionen Pfund zu bewilligen.<B> </B>Earl of Ellenborough, der die besondere Gabe besitzt, niemals zur Sache zu sprechen, "hielt dies f&uuml;r die beste Gelegenheit, der Regierung zu empfehlen, in all jenen Departements, die keine Beziehung zum Kriege haben, strengste Sparsamkeit zu &uuml;ben".</P>
<P>Earl of Hardwicke war der Meinung, da&szlig; eine sehr gro&szlig;e Seestreitmacht in der Ostsee f&uuml;r jede Eventualit&auml;t bereitstehe, eine &auml;hnliche Streitmacht im Schwarzen Meer sowie die gr&ouml;&szlig;te Armee, die dieses Land je verlassen hat. Er wisse nicht, was die Regierung mit ihnen vorhabe, und daher appelliere er an jeden edlen Lord, den von ihnen geforderten Kredit zu bewilligen.</P>
<P>Earl Fitzwilliam, ein Whig au&szlig;er Dienst, protestierte dagegen, da&szlig; "dieses Land als das h&ouml;chstbesteuerte in Europa bezeichnet werde; es m&uuml;&szlig;te als das Land bezeichnet werden, in dem die Steuern leichter vom Volke getragen werden als in irgendeinem andern Teil der europ&auml;ischen V&ouml;lkerfamilie". Wenn der edle Lord von den Lords statt vom Volk gesprochen h&auml;tte, dann h&auml;tte er recht gehabt. "Was die Rede seines edlen Freundes, der an der Spitze der Regierung steht, betreffe", so w&auml;re niemals bei einer solchen Gelegenheit eine gehalten worden, "von der mit gr&ouml;&szlig;erer Berechtigung gesagt werden k&ouml;nne, da&szlig; sie dem Haus kaum einen neuen Gedanken vermittelt habe"; der edle Lord m&uuml;&szlig;te am besten die Bed&uuml;rfnisse des Hauses in bezug auf Gedanken kennen. Earl Fitzwilliam w&uuml;nschte von Lord Aberdeen zu erfahren, wer "die anderen M&auml;chte" seien, auf deren Mitwirkung er so gro&szlig;en Wert lege. Vielleicht &Ouml;sterreich? Er f&uuml;rchte, sie k&ouml;nnten von jener Macht dazu veranla&szlig;t werden, bestimmte unbedeutende Fragen, wie die R&auml;umung der F&uuml;rstent&uuml;mer und die freie Schiffahrt auf der Donau, als Rechtfertigung f&uuml;r einen Friedensabschlu&szlig; zu betrachten. (L&auml;cherliche Furcht, da Lord Aberdeen sicher von niemand dazu &uuml;berredet werden wird, soviel zu fordern.) Er w&uuml;nschte auch zu wissen, was unter der Integrit&auml;t der T&uuml;rkei zu verstehen sei - ob es das sei, was der Vertrag von Adrianopel darunter verstehe oder etwas anderes? Abschlie&szlig;end bemerkte er, da&szlig; sie sich in einer sehr seltsamen Lage bef&auml;nden, da das Parlament auch nicht die geringste Kenntnis von den Absichten der Regierung habe. Dementsprechend w&uuml;rde er f&uuml;r den Kredit stimmen.</P>
<P>Marquis von Clanricarde, dessen Laune mit jedem Tag, der ihn weiter vom Amt entfernt, schlechter wird, verlangte als Anerkennung f&uuml;r seine beispiellose Gro&szlig;mut, mit der er dem Ministerium bisher begegnet sei, <A NAME="S358"><B>&lt;358&gt;</A></B> wenigstens eine Erkl&auml;rung - eine Erkl&auml;rung &uuml;ber die Fortschritte, die erzielt wurden, und den Kurs, der eingeschlagen wurde, seit die letzten Gelder gefordert wurden. Er w&uuml;nschte etwas &uuml;ber den Stand und die Aussichten des Krieges und &uuml;ber den Standpunkt des Landes im Hinblick auf seine Alliierten zu wissen. Es h&auml;tte Erfolge seitens der T&uuml;rken, doch nicht seitens der britischen Regierung oder der britischen Waffen gegeben, was ihn jedoch nicht daran hindern k&ouml;nnte, die Matrosen der Ostsee und des Schwarzen Meerei wegen ihrer Tapferkeit zu loben. Hinsichtlich der Beziehungen zu ihren Alliierten w&uuml;rde er einen Tag festlegen, an dem er beantragen w&uuml;rde, des j&uuml;ngst zwischen der T&uuml;rkei und &Ouml;sterreich abgeschlossenen Vertrag sowie andere Dokumente vorzulegen, die &uuml;ber die gegenw&auml;rtige Stellung Aufschlu&szlig; geben k&ouml;nnten.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Aus allgemein verbreiteten Ger&uuml;chten geht hervor, da&szlig; durch den Druck und die &Uuml;berredung der britischen Regierung der Diwan und die t&uuml;rkischen Minister, die dem sehr abgeneigt waren, k&uuml;rzlich ein Abkommen mit &Ouml;sterreich abgeschlossen haben, nach dem die &ouml;sterreichischen Truppen in die Donauprovinzen einziehen und einen Teil des T&uuml;rkischen Reiches besetzen sollten."</P>
</FONT><P>Wie kam es, da&szlig; &Ouml;sterreich in der Stunde der Gefahr, statt auf den Plan zu treten, sich zur&uuml;ckhielt und neue Verhandlungen begonnen hat? Er w&uuml;nschte auch zu wissen, ob die Wiener Konferenz fortgesetzt w&uuml;rde und wor&uuml;ber sie beriete? Insgesamt gesehen verlie&szlig;en sie sich zu sehr auf die deutschen M&auml;chte.</P>
<P>Um zu beweisen, da&szlig; &Ouml;sterreich der bestm&ouml;gliche Verb&uuml;ndete sein "m&uuml;&szlig;te", zeigte Lord Clarendon, wie es von Ru&szlig;land eingekreist ist und seine Gebiete von allen Seiten bedroht werden. Der &ouml;sterreichisch-t&uuml;rkische Vertrag h&auml;tte dem Haus nicht vorgelegt werden k&ouml;nnen, da man bisher noch kein ratifiziertes Exemplar erhalten habe. Er glaube ihnen versichern zu k&ouml;nnen, da&szlig; die Zeit nicht mehr fern sei, da &Ouml;sterreich mit England zusammenarbeiten w&uuml;rde; er "stehe jedoch f&uuml;r nichts ein". Ihre Lordschaften k&ouml;nnten jedoch aus dem allgemeinen Charakter &Ouml;sterreichs und aus seiner eigenen Verwaltung des Ministeriums des Ausw&auml;rtigen die erfreulichsten Schlu&szlig;folgerungen ziehen. Lord Clarendon, der bereits zweimal der schamlosesten L&uuml;gen &uuml;berf&uuml;hrt worden war, erwartet jetzt nat&uuml;rlich unbedingten Glauben an seine Versicherung,</P>
<FONT SIZE=2><P>"da&szlig; nicht beabsichtigt ist, zum Status quo zur&uuml;ckzukehren, und da&szlig; keine Absicht besteht, sich mit einem zusammengeflickten Frieden zu begn&uuml;gen, der nur ein wertloser Waffenstillstand sein k&ouml;nnte und eine R&uuml;ckkehr zum Kriege unvermeidlich machen w&uuml;rde".</P>
</FONT><B><P><A NAME="S359">&lt;359&gt;</A></B> Nach dieser gl&auml;nzenden Schaustellung ihrer eigenen hohen Bildung wandten sich die Lords nat&uuml;rlich dem Problem der nationalen Erziehung zu, und wir trennen uns nun von ihnen.</P>
<P>W&auml;hrend der Diskussion im Oberhaus besch&auml;ftigte sich das Unterhaus mit einigen unbedeutenden Fragen, bis ihnen die Rede Lord Aberdeens &uuml;bermittelt wurde, die "einen unangenehmen Eindruck" hervorrief. Lord John Russell sp&uuml;rte sofort, da&szlig; es notwendig war, einen gegenteiligen Eindruck hervorzurufen.</P>
<P>Als die erste au&szlig;erordentliche Summe gefordert werden sollte, schickte die Regierung die "herrliche" Ostseeflotte auf den Weg; bei der zweiten mu&szlig;te das ber&uuml;hmte Bombardement von Odessa herhalten; jetzt lautete das gew&auml;hlte Losungswort Sewastopol.</P>
<P>Lord John begann damit, da&szlig; er dem "patriotischen" Geist des Hauses bescheinigte, seine Unterst&uuml;tzung so gro&szlig;z&uuml;gig f&uuml;r die ersten Bewilligungen gegeben zu haben, und er dankte dem Hause, da&szlig; es bisher so verst&auml;ndnisvoll davon abgesehen habe, unangenehme Fragen an die Regierung zu richten. Dadurch seien gro&szlig;e, sehr gro&szlig;e Dinge erzielt worden, d.h. eine sehr gro&szlig;e Zahl von Schiffen und Mannschaften w&auml;re beschafft worden. Von Dampfschiffen ersten, zweiten und dritten Ranges h&auml;tten sie jetzt 17 im Vergleich zu nur einem am 1. Januar 1853; von segelnden Linienschiffen 17 gegen&uuml;ber 11 und eine Seestreitmacht von 57.200 Mann gegen&uuml;ber 33.910. An der t&uuml;rkischen K&uuml;ste h&auml;tten sie ebenfalls eine Streitmacht von &uuml;ber 30.000 Soldaten aufgestellt, "von der sich ein gro&szlig;er Teil k&uuml;rzlich in Varna befand". Soviel &uuml;ber das Kriegsmaterial. &Uuml;ber die Kriegsoperationen k&ouml;nne gesagt werden, da&szlig; sie</P>
<FONT SIZE=2><P>"gerade erst begonnen h&auml;tten, und alles, was er sagen k&ouml;nne, sei, da&szlig; die t&uuml;rkische Armee Heldentaten vollbracht habe. Niemand w&uuml;rde jetzt sagen, da&szlig; es nur eines Nasenst&uuml;bers des Zaren von Ru&szlig;land bed&uuml;rfe, um das gesamte Ottomanische Reich zu st&uuml;rzen. Neben den tapferen Taten der T&uuml;rken best&auml;nde der Ruhm dieses Krieges in der vollkommenen Einigkeit und Harmonie zwischen den franz&ouml;sischen und englischen Armeen."</P>
</FONT><P>Im Hinblick auf die von ihm geforderte Summe konnte er ihnen jedoch nicht sagen, wof&uuml;r das Geld im einzelnen ben&ouml;tigt werde. Etwa zwei Millionen k&ouml;nnten Kommissariat, Feldzeugamt und Transport verschlingen; au&szlig;erdem k&ouml;nnte eine gr&ouml;&szlig;ere t&uuml;rkische Truppeneinheit der britischen Armee angegliedert werden und den Sold von der britischen Regierung erhalten. Insgesamt gesehen, erbitte er das Geld nicht auf der Grundlage detaillierter Sch&auml;tzungen, sondern zur Verwendung der Regierung, "wie sie es f&uuml;r n&ouml;tig erachtet".</P>
<B><P><A NAME="S360">&lt;360&gt;</A></B> Der edle Lord sagte, da&szlig; &Ouml;sterreich sogar ein gr&ouml;&szlig;eres Interesse als Frankreich und England daran habe, die T&uuml;rkei zu sch&uuml;tzen. Sobald der Zar &uuml;ber die F&uuml;rstent&uuml;mer herrsche und einen vorherrschenden Einflu&szlig; in der T&uuml;rkei aus&uuml;be, w&uuml;rde er die &ouml;sterreichische Regierung v&ouml;llig in der Gewalt haben. Um &Ouml;sterreich jedoch gerecht zu beurteilen, sollte man ber&uuml;cksichtigen, von welchen Schwierigkeiten es bedr&auml;ngt sei. Von mehr als einer Seite k&ouml;nnten sich die russischen Armeen bis auf eine geringe Entfernung der &ouml;sterreichischen Hauptstadt n&auml;hern, und andrerseits herrsche in einigen der &Ouml;sterreich unterworfenen K&ouml;nigreiche eine solche Unruhe, da&szlig; es f&uuml;r &Ouml;sterreich gef&auml;hrlich w&auml;re, sich in Feindseligkeiten einzulassen. Deshalb habe seine Politik darin bestanden, so lange wie m&ouml;glich zu versuchen, die Losung dieser Fragen durch Verhandlungen zu erreichen. Doch k&uuml;rzlich habe es dem Kaiser von Ru&szlig;land eine Botschaft &uuml;bersandt, deren Beantwortung nicht als ausweichend bezeichnet werden k&ouml;nne.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Erstens zeigt sich Ru&szlig;land nicht bereit, eine Frist f&uuml;r die R&auml;umung der F&uuml;rstent&uuml;mer festzusetzen. Es versichert, da&szlig; jetzt, da der Krieg erkl&auml;rt worden ist und England und Frankreich in diesen Krieg verwickelt und Ru&szlig;land im Schwarzen Meer und in der Ostsee &uuml;berlegen sind, w&auml;hrend seine Flotte die H&auml;fen nicht verl&auml;&szlig;t, nur der Kriegsschauplatz in den F&uuml;rstent&uuml;mern und die Schiffahrt auf der Donau &uuml;brigbleiben, wo Ru&szlig;land hoffen kann, das Gleichgewicht wiederherzustellen und durch die Erfolge seiner Waffen einen Sieg f&uuml;r sich zu erringen. Es lehnt daher unter diesen Bedingungen die R&auml;umung der F&uuml;rstent&uuml;mer ab."</P>
</FONT><P>Ru&szlig;land sei bereit, die in dem Protokoll vom 9. April enthaltenen Prinzipien zu akzeptieren, ausgenommen den Punkt &uuml;ber die Aufnahme der T&uuml;rkei in das europ&auml;ische Staatensystem. Im Hinblick auf die k&uuml;nftige Haltung &Ouml;sterreichs ist Lord John einerseits der Meinung, da&szlig; es sich in seiner gegenw&auml;rtigen Politik irrt, doch andrerseits k&ouml;nne er nicht glauben, da&szlig; &Ouml;sterreich die &uuml;bernommenen Verpflichtungen nicht einh&auml;lt. Durch jene Verpflichtungen gegen&uuml;ber den Westm&auml;chten und der T&uuml;rkei sei &Ouml;sterreich gebunden, an den Bem&uuml;hungen teilzunehmen, Ru&szlig;land zur&uuml;ckzutreiben. Es sei m&ouml;glich, da&szlig; es erneut versuche, von St. Petersburg bessere Zusicherungen zu erhalten, Sie bes&auml;&szlig;en nat&uuml;rlich keine Kontrolle &uuml;ber die Regierungsorgane &Ouml;sterreich:, und &Ouml;sterreich h&auml;tte seinerseits keine Kontrolle &uuml;ber den K&ouml;nig von Preu&szlig;en. Dementsprechend seien alle M&auml;chte in der g&uuml;nstigsten Lage, um Ru&szlig;land gemeinsam entgegenzutreten.</P>
<P>Lord John ging dann zu einer ausf&uuml;hrlichen und begeisterten Darlegung &uuml;ber, was sie - England und Frankreich - zu tun vorschlagen. Die Integrit&auml;t der T&uuml;rkei sei mit einer R&uuml;ckkehr zum Status quo in den F&uuml;rstent&uuml;mern nicht zu vereinbaren.</P>
<B><P><A NAME="S361">&lt;361&gt;</A></B> Er sagte:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Doch noch in anderer Weise bedroht die Stellung Ru&szlig;lands die Unabh&auml;ngigkeit und Integrit&auml;t der T&uuml;rkei. Ich meine die Errichtung einer gro&szlig;en Festung, die nach allen Regeln der Kunst ausger&uuml;stet ist, so uneinnehmbar, wie das mit Hilfe der Befestigungskunst m&ouml;glich ist, mit einer sehr gro&szlig;en Flotte von Linienschiffen in ihrem Hafen, die jederzeit bereit ist, bei g&uuml;nstigem Wind in den Bosporus einzufahren. Ich denke, da&szlig; das f&uuml;r die T&uuml;rkei eine so bedrohliche Stellung ist, da&szlig; kein Friedensvertrag als vern&uuml;nftig betrachtet werden kann, der den Kaiser von Ru&szlig;land in dieser bedrohlichen Stellung bel&auml;&szlig;t." (Starker Beifall.) "Wir sind bereit, wie wir bisher bereit gewesen sind, uns in dieser Frage mit der Regierung Frankreichs in Verbindung zu setzen, und ich habe allen Grund anzunehmen, da&szlig; die Ansichten der Regierung des Kaisers der Franzosen in dieser Hinsicht mit unseren eigenen &uuml;bereinstimmen." (Beifall.)</P>
</FONT><P>Zu Herrn Disraelis Vorschlag f&uuml;r eine Herbstsession erkl&auml;rte Lord John, er "lehne es ab, von Mitgliedern dieses Hauses Einschr&auml;nkungen der Freiheit der Minister zu akzeptieren".</P>
<P>Es w&auml;re ebenso erm&uuml;dend wie &uuml;berfl&uuml;ssig, die Meinungen der Hume, Bankes, Knight, Alcock und tutti quanti &lt;ihresgleichen&gt; zu dieser Frage wiederzugeben.</P>
<P>Herr Cobden, der den Worten von Lord John Glauben schenkte und der Meinung war, da&szlig; er das Haus in einen Kriegsrat verwandelt hat, bem&uuml;hte sich sehr eifrig zu beweisen, warum Sewastopol und die Krim auf keinen Fall genommen werden d&uuml;rften. Ein interessanterer Punkt wurde von ihm mit der Frage angeschnitten, ob England sich im B&uuml;ndnis mit den Regierungen gegen die Nationalit&auml;ten bef&auml;nde. Ein gro&szlig;er Irrtum herrsche im Volke, das w&auml;hne, der Krieg werde im Interesse unterdr&uuml;ckter Nationalit&auml;ten unternommen. Er werde im Gegenteil mit dem Ziel gef&uuml;hrt, die Ketten, die Ungarn und Italien an die Macht &Ouml;sterreichs schmieden, noch enger zu ziehen. Im Hause g&auml;be es ehrenwerte und genasf&uuml;hrte Herren, die</P>
<FONT SIZE=2><P>"sich dar&uuml;ber beklagten, da&szlig; die Regierung den Krieg nicht so f&uuml;hre, wie sie m&uuml;&szlig;te, da&szlig; sie einen anderen Mann an der Spitze des Kriegsdepartements haben m&uuml;&szlig;te; manchmal h&auml;tten sie sogar gesagt, an der Spitze der Regierung. Sie h&auml;tten Lord Palmerston verlangt. Das alles sei im Interesse Ungarns und der Italiener geschehen. Er h&auml;tte es aus dem Munde von zwei der gr&ouml;&szlig;ten F&uuml;hrer Ungarns und Italiens geh&ouml;rt, da&szlig; sie weit davon entfernt seien, ihre Erwartungen und Hoffnungen auf jenen edlen Lord zu setzen; sie w&uuml;&szlig;ten, wenn der edle Lord eine M&ouml;glichkeit h&auml;tte, ihnen moralische Unterst&uuml;tzung zu geben, w&uuml;rde er nicht einen Finger f&uuml;r sie r&uuml;hren. Wenn es im Moment in der gegenw&auml;rtigen Regierung ein Mitglied g&auml;be, dem diese F&uuml;hrer weniger bereit w&auml;ren zu vertrauen als einem anderen, so w&auml;re es jener edle Lord. Er <A NAME="S362"><B>&lt;362&gt;</A></B> glaube nicht, da&szlig; sich der edle Lord des gro&szlig;en Betruges, der in seinem Namen praktiziert w&uuml;rde, bewu&szlig;t sei, doch die T&auml;uschung sei gl&uuml;cklicherweise geplatzt.</P>
</FONT><P>Herr Layard und Lord Dudley Stuart beschr&auml;nkten sich auf die Wiederholung ihrer alten Reden mit dem Unterschied, da&szlig; Lord Dudleys &Uuml;berzeugung von der Zauberkraft des Namens "Palmerston" "st&auml;rker als je" sei.</P>
<P>Es blieb Herrn Disraeli vorbehalten, mit einem einzigen Atemzug die ganze Seifenblasenrede Lord Johns zum Platzen zu bringen. Nachdem er kurz seinen Vorschlag f&uuml;r eine Herbstsession mit einem Hinweis auf Sinope und andere Heldentaten, die sich w&auml;hrend der letzten Herbstferien zugetragen hatten, begr&uuml;ndet hatte, bekannte er, &uuml;berrascht, verwirrt und beunruhigt zu sein &uuml;ber die Ank&uuml;ndigung der bevorstehenden Zerst&ouml;rung von Sewastopol und der Eroberung der Krim. Lord John widersprach hier, erhob sich jedoch nicht. Herr Disraeli jedoch, der sich seinerseits setzte, zwang Lord John zu einer Erkl&auml;rung. Mit dem&uuml;tiger und verwirrter Stimme trat er endlich nach vorn:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Ich kann ebensogut sagen, da&szlig; das, was ich sagte, bedeutet, da&szlig; ich der Meinung war, Ru&szlig;land d&uuml;rfte nicht gestattet werden, die bedrohliche Stellung weiterhin aufrechtzuerhalten, die es durch die Stationierung einer so gro&szlig;en Flotte in Sewastopol eingenommen hat."</P>
</FONT><P>Nachdem Herr Disraeli dieses Gest&auml;ndnis aus Lord John herausgelockt hatte, hielt er eine seiner sch&auml;rfsten und sarkastischsten Reden, die je protokolliert wurden, die wohl ein Durchlesen in extenso &lt;vollst&auml;ndig&gt; lohnen w&uuml;rde {sie wird ausf&uuml;hrlich weiter unten unter der Rubrik Meldungen aus Gro&szlig;britannien gebracht} und die mit folgenden Worten schlie&szlig;t:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Wahrlich, nach dem, was wir geh&ouml;rt haben, scheint es sehr ungerecht zu sein, einen so peinlichen Unterschied zwischen der Politik von Lord Aberdeen und der Politik einiger seiner Kollegen zu machen, wie das manchmal der Fall ist. Ich bin kein Bewunderer oder Anh&auml;nger von Lord Aberdeen, doch ich bin ebensowenig ein Bewunderer der Parlamentspolitik, die Mitglieder eines Kabinetts auf Kosten ihrer Kollegen freispricht. Nach der Erkl&auml;rung, die der mir gegen&uuml;bersitzende edle Lord dar&uuml;ber abgegeben hat, was er, wie er glaubt, gesagt habe, scheint es mir nicht so, da&szlig; seine Politik gegen&uuml;ber Ru&szlig;land sich wesentlich von der Lord Aberdeens unterscheidet, und das ist &uuml;brigens eine gewisse Genugtuung f&uuml;r das englische Volk. Wir haben folglich kein gespaltenes Kabinett, und die Session endet schlie&szlig;lich mit der Einm&uuml;tigkeit der Minister zu dieser Frage. In der Frage der Durchf&uuml;hrung des Krieges um kleine Ziele und darin, da&szlig; die gro&szlig;en Ziele der Politik erb&auml;rmliche und unbedeutende Ergebnisse zeitigen, scheint in der Koalitionsregierung Einm&uuml;tigkeit zu herrschen."</P>
</FONT><B><P><A NAME="S363">&lt;363&gt;</A></B> Lord Palmerstons Scherze verfehlten ihren Zweck. Nach der Rede von Herrn Disraeli und nachdem eine Anzahl anderer Mitglieder aufgetreten waren, um zu protestieren, da&szlig; sie durch Lord Johns erste Rede v&ouml;llig irregef&uuml;hrt worden waren, wurden die beantragten Geldmittel zwar bewilligt, jedoch nur unter der Bedingung, da&szlig; die Debatte heute abend wieder aufgenommen wird, wobei Lord Dudley Stuart gleichzeitig seine Absicht bekanntgab, eine Adresse an die K&ouml;nigin einzubringen,</P>
<FONT SIZE=2><P>"um sie zu bitten, da&szlig; sie gn&auml;digst geruhen m&ouml;ge, das Parlament nicht eher zu vertagen, bis sie in der Lage sei, dem Haus genauere Informationen &uuml;ber die zu ausw&auml;rtigen M&auml;chten bestehenden Beziehungen zu geben und &uuml;ber ihre Ansichten und Perspektiven in dem Kampf, in den Ihre Majest&auml;t verwickelt ist".</P>
</FONT><I><P ALIGN="RIGHT">Karl Marx</P>
</I>
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