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<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 4.0 Transitional//EN">
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<META HTTP-EQUIV="CONTENT-TYPE" CONTENT="text/html; charset=windows-1252">
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<TITLE>Lenin: Das Manifest der armenischen Sozialdemokraten</TITLE>
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<div class="NaviTop">
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<TR>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A href="../../index.shtml.html"><SMALL>Gesamtverzeichnis "MLWerke"</SMALL></A></TD>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Übersicht Lenin</SMALL></A></TD>
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<div class="Vorspann">
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<p class="AutorInfo">Wladimir I. Lenin</p>
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<H1>Das Manifest der armenischen Sozialdemokraten</H1>
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<p class="Erstpub">"Iskra" Nr. 33, l. Februar 1903</p>
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<p class="RedNote">Die Seitenzahlen verweisen auf: Lenin Werke, Band 6,
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Seite 320-323; Dietz Verlag Berlin, 1975</P>
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</div>
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<div class="Textteil">
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<P><a class="Seitenzahl" name="S320">|320|</a>Im Kaukasus hat sich eine neue
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sozialdemokratische Organisation ge­bildet: der <I>„Bund
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der armenischen Sozialdemokraten"</I>. Dieser Bund hat, wie uns
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bekannt ist, vor mehr als einem halben Jahr seine praktische
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Tä­tigkeit begonnen und besitzt bereits ein eigenes Organ
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in armenischer Sprache. Wir haben Nr. 1 dieses Organs erhalten, das
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sich „Proletariat" nennt und am Kopf den Vermerk trägt:
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„Sozialdemokratische Arbeiter­partei Rußlands".
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Es enthält eine Reihe von Artikeln, Notizen und
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Korre­spondenzen, welche die sozialen und politischen
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Verhältnisse schildern, denen der „Bund der armenischen
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Sozialdemokraten" seine Entstehung verdankt, und in allgemeinen
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Zügen das Programm seiner Tätigkeit umreißen.</P>
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<P >Im Leitartikel, der „Manifest der
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armenischen Sozialdemokraten" betitelt ist, lesen wir: „Der
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,Bund der armenischen Sozialdemokraten', ein Zweig der
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Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands, die das ganze
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Gebiet Rußlands mit ihrem dichten Netz überzogen hat, ist
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in seiner Tätigkeit mit dieser Partei vollkommen solidarisch
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und wird mit ihr zusammen für die Interessen des Proletariats
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Rußlands im allgemeinen und des armenischen im besonderen
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kämpfen." Weiter weisen die Verfasser auf die rasche
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Entwicklung des Kapitalismus im Kaukasus und auf die ihrer Tragweite
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und Vielseitigkeit nach ungeheuerlichen Folgen hin, die diesen
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Prozeß begleiten, und gehen dann zur gegenwärtigen Lage
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der Arbeiterbewegung im Kaukasus über. In den Industriezentren
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des Kaukasus, in Baku, Tiflis und Batum, mit ihren
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kapitalistischen Großbetrieben und ihrem zahlreichen
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Fabrikproletariat, hat diese Bewegung bereits tief Wurzel gefaßt.
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Aber der Kampf der kaukasischen Arbeiter gegen die
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<a class="Seitenzahl" name="S321">|321|</a>Unternehmer
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ist natürlich infolge ihres äußerst niedrigen
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Kulturstandes bisher mehr oder weniger unbewußt, spontan
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gewesen. Es bedurfte einer Kraft, die imstande war, die
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zersplitterten Kräfte der Arbeiter zu ver­einigen, ihren
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Forderungen eine klar umrissene Form zu geben und in ihnen das
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Klassenbewußtsein herauszuarbeiten. Eine solche Kraft ist der
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Sozialismus.</P>
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<P >Nach einer kurzen Darlegung der Grundsätze
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des wissen­schaftlichen Sozialismus setzt der Bund dann seine
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Stellung zu den heuti­gen Strömungen in der internationalen
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und insbesondere in der russischen Sozialdemokratie auseinander.
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</P>
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<P >„Die Verwirklichung des sozialistischen
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Ideals", heißt es im Manifest, „ist unseres
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Erachtens weder durch die wirt­schaftliche Selbsttätigkeit
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der Arbeiterklasse noch durch politische und soziale Teilreformen
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denkbar, sie ist nur möglich, wenn die ganze be­stehende
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Gesellschaftsordnung von Grund aus geändert wird, und zwar
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durch eine soziale Revolution, deren notwendiger Prolog die
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politische Diktatur des Proletariats sein muß." Weiter
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weist der Bund darauf hin, daß das in Rußland bestehende
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politische Regime jeder sozialen Bewegung und insbesondere der
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Arbeiterbewegung feindlich ist, und erklärt, daß er sich
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die politische Erziehung des armenischen Proletariats und dessen
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Gewinnung für den Kampf des gesamten russischen Proletariats
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zum Sturz der zaristischen Selbstherrschaft zur nächsten
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Aufgabe macht. Der Bund leugnet nicht glattweg die Notwendigkeit
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wirtschaftlicher Teil­kämpfe der Arbeiter gegen die
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Unternehmer, aber er mißt ihnen keine selbständige
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Bedeutung bei. Er erkennt diesen Kampf an, soweit er die materielle
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Lage der Arbeiter bessert und in ihnen die Herausbildung des
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politischen Selbstbewußtseins und der Klassensolidarität
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fördert.</P>
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<P >Besonders interessant ist für uns die
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Stellung des Bundes zur nationalen Frage. „Im Hinblick
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darauf", heißt es im Manifest, „daß zum
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Bestand des Russischen Reiches viele verschiedene Völkerschaften
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gehören, die sich auf verschiedenen Stufen der kulturellen
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Entwicklung befinden, und in der Erkenntnis, daß nur eine
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breite Entwicklung der örtlichen Selbstverwaltung die
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Interessen dieser verschiedenartigen Elemente sichern kann, halten
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wir es für notwendig, im künftigen freien Rußland
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eine <I>föderative</I> (hervorgehoben von uns) Republik zu
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errichten. Was den Kau­kasus anbelangt, so werden wir angesichts
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der extremen Vielstämmigkeit seiner Bevölkerung danach
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streben, alle örtlichen sozialistischen Elemente und alle
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Arbeiter, die den verschiedenen Nationalitäten angehören,
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zu-<a class="Seitenzahl" name="S322">|322|</a>sammenzuschließen; wir werden danach streben, eine
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einheitliche starke sozialdemokratische Organisation zu schaffen, um
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den Kampf gegen die Selbstherrschaft erfolgreicher führen zu
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können. Im künftigen Rußland erkennen wir für
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alle Nationen das Recht auf freie Selbstbestimmung an, denn in der
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nationalen Freiheit sehen wir nur eine der Formen der bür­gerlichen
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Freiheit überhaupt. Von diesem Satz ausgehend und dem bereits
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erwähnten Umstand Rechnung tragend, daß die kaukasische
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Bevölkerung sich aus vielen Stämmen zusammensetzt,
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zwischen denen es keine geo­graphischen Grenzen gibt, halten wir
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es nicht für tragbar, die Forderung der politischen Autonomie
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für die kaukasischen Völkerschaften in unser Programm
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aufzunehmen; wir fordern nur die Autonomie im kulturellen Leben,
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d. h. die Freiheit der Sprache, der Schulen, der Bildung usw."</P>
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<P >Wir begrüßen von ganzem Herzen das
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Manifest des „Bundes der ar­menischen Sozialdemokraten"
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und besonders seinen beachtenswerten Versuch, eine richtige Lösung
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der nationalen Frage zu finden. Es wäre sehr wünschenswert,
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daß man diesen Versuch zu Ende führt. Die zwei
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Grund­prinzipien, an die sich alle Sozialdemokraten Rußlands
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in der nationalen Frage halten müssen, hat der Bund vollkommen
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richtig umrissen. Das ist erstens die Forderung nicht der nationalen
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Autonomie, sondern der politi­schen und bürgerlichen
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Freiheit und der vollständigen Gleichberechtigung; das ist
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zweitens die Forderung des Selbstbestimmungsrechtes für jede
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|
Na­tionalität, die zum Bestand des Reiches gehört.</P>
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<P >Aber diese beiden Prinzi­pien werden vom „Bund der
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armenischen Sozialdemokraten" noch nicht ganz folgerichtig
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angewandt. In der Tat, kann man <I>von ihrem Standpunkt</I> aus die
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Forderung einer <I>föderativen</I> Republik erheben? Eine
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Föderation setzt autonome nationale politische Einheiten
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voraus, der Bund aber lehnt die Forderung der nationalen Autonomie
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ab. Um ganz folgerichtig zu sein, mußte der Bund die Forderung
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der <I>föderativen</I> Republik aus seinem Pro­gramm
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streichen und sich auf die Forderung der demokratischen Republik
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schlechthin beschränken. Es ist nicht Sache des Proletariats,
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Föderalismus und nationale Autonomie zu <I>propagieren</I>, es
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ist nicht Sache des Proleta­riats, Forderungen aufzustellen, die
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unweigerlich auf die Forderung hin­auslaufen, einen autonomen
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Klassenstaat zu bilden. Sache des Proletariats ist es, möglichst
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breite <I>Massen</I> der Arbeiter aller Nationalitäten
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möglichst fest zusammenzuschweißen, sie <I>in einer
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möglichst breiten Arena</I> zum Kampf für die
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demokratische Republik und den Sozialismus zusammen-
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<a class="Seitenzahl" name="">|323|</a>zuschweißen.</P>
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<P >Und wenn die staatliche Arena, die uns heute zur
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Verfügung steht, durch eine Reihe empörender Gewalttaten
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geschaffen worden ist, gestützt und erweitert wird, so dürfen
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wir — eben zum erfolgreichen Kampf gegen Ausbeutung und
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Unterdrückung jeder Art — die Kräfte der
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<I>Arbeiter­klasse</I>, die am meisten unterdrückt und am
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kampffähigsten ist, nicht zer­splittern, sondern müssen
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sie vereinigen. Die Forderung nach Anerken­nung des
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Selbstbestimmungsrechtes für jede Nationalität bedeutet an
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und für sich nur, daß wir, die Partei des Proletariats,
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uns immer und unbe­dingt <I>gegen jeden Versuch</I> auflehnen
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müssen, die <I>Selbst</I>bestimmung des Volkes durch <I>Gewalt
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oder Ungerechtigkeit</I> von außen zu beeinflussen. Wenn wir
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diese unsere negative Pflicht (des Kampfes und Protestes gegen die
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Gewalt) stets erfüllen, so sorgen wir selber von uns aus für
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die Selbst­bestimmung nicht der Völker und Nationen,
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sondern des <I>Proletariats</I> innerhalb jeder Nationalität.
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Somit muß das allgemeine, grundlegende, stets verbindliche
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|
Programm der Sozialdemokraten Rußlands nur in der Forderung
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der vollständigen Gleichberechtigung der Staatsbürger
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(unab­hängig von Geschlecht, Sprache, Religion, Rasse,
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|
Nationalität usw.) und ihres Rechtes auf freie demokratische
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Selbstbestimmung bestehen. Was hingegen die <I>Unterstützung</I>
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der Forderungen nach <I>nationaler</I> Autonomie betrifft, so ist
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|
diese Unterstützung durchaus keine bleibende, programma­tische
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Pflicht des Proletariats. Diese Unterstützung kann für das
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|
Prole­tariat nur in einzelnen, außerordentlichen Fällen
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|
notwendig werden. Hin­sichtlich der armenischen Sozialdemokratie
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ist das Nichtvorhandensein solcher außerordentlichen Umstände
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|
vom „Bund der armenischen Sozial­demokraten" selber
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|
anerkannt worden.</P>
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|
<P >Wir hoffen, zur Föderations- und Nationalitätenfrage noch zurückzukehren.
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|
<A CLASS="FNzeichen" NAME="FNanker1" HREF="le06_320.htm#FNtext1">1</A>
|
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|
Jetzt aber wollen wir schließen, indem wir das neue Mitglied
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|
der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands — den
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|
„Bund der ar­menischen Sozialdemokraten" — noch
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|
einmal begrüßen.</P>
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</DIV>
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<HR size="1">
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|
<div class="Fussnoten">
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<h4>Fußnoten</h4>
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<p><a class="FNzeichen" name="FNtext1" href="le06_320.htm#FNanker1">1</a>
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|
Siehe <a href="le06_452.htm">Die nationale Frage in unserem Programm"</a> in diesem Archiv.
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||
|
</P>
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</DIV>
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|
<DIV class="Abspann">
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<HR size="1">
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|
<p class="RedNote">Nach dem Text der "Iskra"</p>
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</DIV>
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<div class="NaviBottom">
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<TABLE summary="Navigation" width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
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<TR>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A href="../../index.shtml.html"><SMALL>Gesamtverzeichnis "MLWerke"</SMALL></A></TD>
|
||
|
<TD ALIGN="center">|</TD>
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||
|
<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A href="../default.htm"><SMALL>Übersicht Lenin</SMALL></A></TD>
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|
</TR>
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</TABLE>
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|
<HR size="1">
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</div>
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</BODY>
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</HTML>
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