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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<title>Friedrich Engels - Die Zehnstundenfrage</title>
</head>
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<p><font size="2">Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz
Verlag, Berlin. Band 7, 5. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1960,
Berlin/DDR. S. 226-232.</font></p>
<h2>Friedrich Engels</h2>
<h1>Die Zehnstundenfrage</h1>
<p><font size="2">Aus dem Englischen.</font></p>
<hr>
<p><font size="2"><a name="S226">"The Democratic Review", M&auml;rz 1850.</a></font></p>
<p><font size="2"><b>&lt;226&gt;</b> Die Wortf&uuml;hrer der Arbeiterklasse haben sich bisher in
der Regel darauf verlegt, den Argumenten der freih&auml;ndlerischen Bourgeoisie, der sogenannten
"Manchesterschule", blo&szlig; Entr&uuml;stungsausbr&uuml;che &uuml;ber den unmoralischen und
schamlos-selbsts&uuml;chtigen Charakter ihrer Lehren entgegenzusetzen. Der von einer
hochm&uuml;tigen Klasse geldgieriger Fabrikherren bis zum &auml;u&szlig;ersten geschundene, mit
F&uuml;&szlig;en getretene, physisch zerr&uuml;ttete und geistig ersch&ouml;pfte Arbeiter
w&uuml;rde auch sicherlich sein Schicksal verdienen, geriete nicht sein Blut in Wallung, wenn ihm
in ganz unverfrorener Weise erkl&auml;rt wird, da&szlig; er in alle Ewigkeit dazu verdammt sei,
als ein Teil der Maschinerie zu dienen, gebraucht und mi&szlig;braucht zu werden, wie es seinem
Herrn beliebt, zum gr&ouml;&szlig;eren Ruhme und zur rascheren Akkumulation des Kapitals, und
da&szlig; nur unter dieser Bedingung die "&Uuml;berlegenheit seines Landes" und die Existenz der
Arbeiterklasse selbst forterhalten werden k&ouml;nne. Ohne dies Gef&uuml;hl leidenschaftlicher,
revolution&auml;rer Entr&uuml;stung w&auml;re die Sache der proletarischen Emanzipation
hoffnungslos. Aber es ist etwas ganz anderes, den mannhaften Geist der Opposition unter den
Arbeitern aufrechtzuerhalten, als ihren Feinden in &ouml;ffentlicher Debatte zu begegnen. Hier
kann die blo&szlig;e Entr&uuml;stung, der blo&szlig;e Ausbruch heftigen Gef&uuml;hls, mag er noch
so gerechtfertigt sein, nichts ausrichten; hier bedarf es der Argumente. Und es steht au&szlig;er
Frage, da&szlig; die Freihandelsschule auch in ruhiger, sachlicher Diskussion, sogar auf ihrem
Lieblingsfeld, der politischen &Ouml;konomie, von den Sachwaltern der Arbeiterinteressen leicht
zu schlagen ist.</font></p>
<p><font size="2">Zu der schamlosen Dreistigkeit, mit der die freih&auml;ndlerischen Fabrikanten
erkl&auml;ren, die Existenz der modernen Gesellschaft h&auml;nge davon ab, da&szlig; sie
fortfahren, aus dem Blut und Schwei&szlig; des arbeitenden Volkes Reichtum anzuh&auml;ufen, nur
ein Wort: In allen Geschichtsperioden ist die gro&szlig;e Mehrheit des Volkes in der einen oder
anderen Form nur Werkzeug der Bereicherung der <a name="S227"><b>&lt;227&gt;</b></a></font>
wenigen Privilegierten gewesen. Jedoch wurde in allen fr&uuml;heren Zeiten dies blutsaugerische
System unter dem Deckmantel von mannigfaltigen moralischen, religi&ouml;sen und politischen
Vorw&auml;nden ausge&uuml;bt: Pfarrer, Philosophen, Juristen und Staatsm&auml;nner erz&auml;hlten
dem Volke, da&szlig; es zu seinem eigenen Besten und weil Gott es so gewollt habe, dem Hunger und
Elend &uuml;berliefert worden sei. Jetzt dagegen erkl&auml;ren die Freih&auml;ndler offen: Ihr
Arbeiter seid Sklaven und sollt Sklaven bleiben, weil wir nur auf Grund eurer Sklaverei unseren
Reichtum und unser Wohlergehen steigern k&ouml;nnen, weil wir, die herrschende Klasse dieses
Landes, nicht fortfahren k&ouml;nnen zu herrschen, ohne da&szlig; ihr Sklaven seid. So ist denn
das Geheimnis der Unterdr&uuml;ckung endlich gel&uuml;ftet; dank den Freih&auml;ndlern kann das
Volk jetzt endlich seine Lage deutlich erkennen, jetzt ist die Frage endlich klar und
unmi&szlig;verst&auml;ndlich gestellt: <i>Entweder wir oder ihr!</i> Und daher, genau wie wir dem
falschen Freund den offenen Feind vorziehen, ziehen wir dem scheinheiligen, philanthropischen
Aristokraten den unversch&auml;mten Freih&auml;ndler, dem Lord Ashley den Qu&auml;ker Bright
vor.</p>
<p>Die Zehnstundenbill wurde nach einem langen und heftigen Kampf, der vierzig Jahre lang im
Parlament, auf der Rednertrib&uuml;ne, in der Presse und in jeder Fabrik und Werkstatt der
Industriebezirke gef&uuml;hrt worden war, durchgesetzt. Auf der einen Seite wurden die
herzzerrei&szlig;endsten Bilder vorgef&uuml;hrt: in ihrem Wachstum verk&uuml;mmerte und
hingemordete Kinder; Frauen, von ihrem Heim und ihren Kleinen gerissen; ganze Generationen, mit
schleichender Krankheit angesteckt, in Massen hingeopferte menschliche Leben und in nationalem
Umfange zerst&ouml;rtes menschliches Gl&uuml;ck - alles das nur, um ein paar ohnehin
&uuml;berreiche Individuen noch reicher zu machen.</p>
<p>Und das waren keine Phantasien, es war alles Tatsache, hartn&auml;ckige Tatsache. Dennoch
wagte niemand zu fordern, dieses sch&auml;ndliche System zu beseitigen; man verlangte nur,
da&szlig; es einigerma&szlig;en eingeschr&auml;nkt werde. Auf der anderen Seite kamen die kalten,
herzlosen politischen &Ouml;konomen, die bezahlten Diener derjenigen, die sich bei diesem System
m&auml;sten, und bewiesen an Hand einer Reihe von Schlu&szlig;folgerungen, so unwiderleglich und
zwingend wie das Einmaleins, da&szlig; es bei Strafe, "das Land zu ruinieren", keine
M&ouml;glichkeit gibt, dieses System irgendwie anzutasten.</p>
<p>Es mu&szlig; zugegeben werden, da&szlig; die Wortf&uuml;hrer der Fabrikarbeiter die Argumente
der politischen &Ouml;konomen nie zu widerlegen vermocht und es sogar selten gewagt haben, sich
mit ihnen auseinanderzusetzen. Dies hat seinen Grund darin, da&szlig; unter der heutigen
Gesellschaftsordnung, solange das Kapital sich in den H&auml;nden der Wenigen befindet, denen die
Vielen ihre Arbeitskraft verkaufen m&uuml;ssen, diese Argumente gleich ebenso vielen Tatsachen
<a name="S228"><b>&lt;228&gt;</b></a> sind - Tatsachen, so unbestreitbar wie jene, welche die
Gegenseite vorgebracht hat. Jawohl, unter der heutigen Gesellschaftsordnung h&auml;ngt England
mit allen Klassen seiner Bev&ouml;lkerung ganz und gar von der Prosperit&auml;t seiner Industrie
ab, und diese Prosperit&auml;t h&auml;ngt unter dem gegenw&auml;rtigen System ganz und gar von
der v&ouml;llig uneingeschr&auml;nkten Freiheit des Marktes ab, sowie davon, da&szlig; alle
Ressourcen des Landes zur Erzielung gr&ouml;&szlig;tm&ouml;glicher Profite ausgenutzt werden.</p>
<p>Jawohl, die einzige M&ouml;glichkeit, diese Prosperit&auml;t der Industrie irgendwie
aufrechtzuerhalten, von der heute geradezu der Bestand des Empire abh&auml;ngt, besteht unter dem
gegenw&auml;rtigen System darin, jedes Jahr mit weniger Kosten mehr zu produzieren. Und wie kann
man mit weniger Kosten mehr produzieren? Erstens dadurch, da&szlig; man die
Produktionsinstrumente - die Maschine und den Arbeiter - jedes Jahr mehr als im vorhergegangenen
arbeiten l&auml;&szlig;t; zweitens dadurch, da&szlig; man an die Stelle der bisher &uuml;blichen
Produktionsmethode eine neue und vollkommenere setzt, d.h. Arbeiter durch verbesserte Maschinerie
ersetzt, und drittens dadurch, da&szlig; man die Kosten des Arbeiters durch Verringerung seiner
Unterhaltskosten (Freihandel mit Getreide usw.) herabsetzt oder einfach seinen Lohn auf das
niedrigstm&ouml;gliche Niveau herunterdr&uuml;ckt. Folglich ist der Arbeiter in allen F&auml;llen
der Verlierer - folglich kann England nur durch den Ruin seiner Arbeiterbev&ouml;lkerung erhalten
werden! So ist die Lage - das sind die Unvermeidlichkeiten, zu denen der Fortschritt der
Maschinerie, die Akkumulation des Kapitals und demzufolge die Konkurrenz im In- und Auslande
England getrieben haben.</p>
<p>So war die Zehnstundenbill an sich und als abschlie&szlig;ende Ma&szlig;regel entschieden ein
falscher Schritt, eine unpolitische und sogar reaktion&auml;re Ma&szlig;regel, die den Keim ihrer
eigenen Zerst&ouml;rung in sich trug. Einerseits beseitigte sie nicht die gegenw&auml;rtige
Gesellschaftsordnung, und andererseits f&ouml;rderte sie auch nicht ihre Entwicklung. Statt das
System auf seine &auml;u&szlig;erste Spitze zu treiben - auf einen Punkt, wo die herrschende
Klasse all ihre Ressourcen ersch&ouml;pft finden w&uuml;rde, auf jenen Punkt, wo die Herrschaft
einer anderen Klasse, wo eine soziale Revolution notwendig werden w&uuml;rde - sollte die
Zehnstundenbill die Gesellschaft auf einen Zustand zur&uuml;ckschrauben, der seit langem durch
das gegenw&auml;rtige System abgel&ouml;st worden ist. Dies tritt deutlich zutage, wenn wir
blo&szlig; auf die Parteien blicken, die das Gesetz gegen den Widerstand der Freih&auml;ndler im
Parlament durchgesetzt haben. War es die Arbeiterklasse, deren erregter Zustand, deren drohende
Haltung ihm zum Sieg verhalf? Sicherlich nicht. W&auml;re dem so, so h&auml;tten die Arbeiter
bereits vor Jahren die Charta durchgesetzt; zudem waren die Leute aus der Arbeiterklasse, welche
in der Bewegung f&uuml;r die Verk&uuml;rzung der Arbeitszeit die <a name=
"S229"><b>&lt;229&gt;</b></a> F&uuml;hrung hatten, alles andere als gef&auml;hrliche und
revolution&auml;re Charaktere. Es waren zumeist gem&auml;&szlig;igte, ehrbare Leute, die Thron
und Altar respektierten. Sie hielten sich vom Chartismus fern und neigten zumeist einer Art von
sentimentalem Torysmus zu. Sie haben niemals einer Regierung Furcht eingefl&ouml;&szlig;t. Die
Zehnstundenbill wurde von den <i>reaktion&auml;ren</i> Gegnern des Freihandels durchgesetzt, von
den verb&uuml;ndeten Grundbesitzer-, Hochfinanz-, Kolonial- und Reederinteressen, von der
vereinigten Aristokratie und jenen Schichten der Bourgeoisie, die selbst die &Uuml;bermacht der
freih&auml;ndlerischen Fabrikanten f&uuml;rchteten. Setzten sie sie aus irgendwelcher Sympathie
mit dem Volke durch? Sie gewi&szlig; nicht. Sie lebten und leben von der Ausbeutung des Volkes.
Sie sind ebenso schlecht, wenn auch sentimentaler und nicht so schamlos wie die Fabrikanten. Aber
sie wollten nicht von diesen beiseite geschoben werden und nahmen so aus Ha&szlig; gegen sie dies
Gesetz an, das ihnen die Gunst des Volkes sichern und zugleich das rasche Wachstum der sozialen
und politischen Macht der Fabrikanten aufhalten sollte. Die Annahme der Zehnstundenbill bewies
nicht, da&szlig; die Arbeiterklasse stark war, sie bewies nur, da&szlig; die Fabrikanten noch
nicht stark genug waren, ihren Willen durchzusetzen.</p>
<p>Seitdem haben die Fabrikanten ihr &Uuml;bergewicht im wesentlichen dadurch gefestigt,
da&szlig; sie die Proklamierung des Freihandels mit Getreide und im Schiffsverkehr durch das
Parlament erzwangen. Die Grundbesitzer- wie die Reederinteressen sind dem aufgehenden Stern der
Fabrikanten geopfert worden. Je mehr aber ihre Macht wuchs, um so mehr f&uuml;hlten sie die
Fesseln, die ihnen durch die Zehnstundenbill angelegt worden waren. Sie haben ihr offen Trotz
geboten; sie haben das Schichtsystem wieder eingef&uuml;hrt und den Minister des Innern
gen&ouml;tigt, Rundschreiben zu erlassen, in denen die Fabrikinspektoren angewiesen wurden, von
dieser Gesetzesverletzung keine Notiz zu nehmen. Und als schlie&szlig;lich die wachsende
Nachfrage nach ihrem Produkt die Proteste einiger l&auml;stiger Inspektoren unertr&auml;glich
machte, haben sie die Frage vor den Court of Exchequer gebracht, der mit einem einzigen
Urteilsspruch die Zehnstundenbill bis auf die letzte Spur annullierte.</p>
<p>So wurde die Frucht einer vierzigj&auml;hrigen Agitation an einem Tage zunichte gemacht von
der wachsenden Macht der Fabrikanten, denen ein einziger Ergu&szlig; von "Prosperit&auml;t" und
"wachsender Nachfrage" zu Hilfe kam, und die Richter Englands haben bewiesen, da&szlig; sie,
nicht weniger als die Pfarrer, die Anw&auml;lte, die Staatsm&auml;nner und die &Ouml;konomen,
blo&szlig; die bezahlten Diener der herrschenden Klasse sind, gleichviel ob es sich um die Klasse
der Grundbesitzer, der Finanzaristokraten oder der Fabrikherren handelt.</p>
<p><b><a name="S230">&lt;230&gt;</a></b> Sind wir darum Gegner der Zehnstundenbill? Wollen wir
dies scheu&szlig;liche System, aus dem Mark und Blut von Frauen und Kindern Geld
herauszuschlagen, fortgesetzt sehen? Ganz gewi&szlig; nicht. Wir sind so wenig Gegner des
Gesetzes, da&szlig; wir der Meinung sind, da&szlig; die Arbeiterklasse schon am ersten Tage, an
dem sie die politische Macht erlangt, viel einschneidendere Ma&szlig;regeln gegen die
&Uuml;berarbeit von Frauen und Kindern zu treffen haben wird als ein Zehnstunden- oder selbst ein
Achtstundengesetz. Aber wir behaupten, da&szlig; das Gesetz, wie es im Jahre 1847 beschlossen
worden ist, nicht von der Arbeiterklasse, sondern von ihren zeitweiligen Verb&uuml;ndeten, den
reaktion&auml;ren Gesellschaftsklassen, beschlossen wurde und da&szlig; es, weil ihm keine
einzige andere Ma&szlig;regel zur grundlegenden Umgestaltung des Verh&auml;ltnisses von Kapital
und Arbeit folgte, eine unzeitgem&auml;&szlig;e, unhaltbare und sogar reaktion&auml;re
Ma&szlig;regel war.</p>
<p>Aber wenn die Zehnstundenbill verlorengehen sollte, so wird in diesem Falle die Arbeiterklasse
trotzdem der Gewinner sein. Sie kann den Fabrikherren ruhig ein paar Augenblicke Jubel
g&ouml;nnen, schlie&szlig;lich werden sie es sein, die jammern. Denn erstens sind die Zeit und
die Anstrengungen, die bei der so langj&auml;hrigen Agitation f&uuml;r die Zehnstundenbill
aufgewendet wurden, nicht verloren, auch wenn ihr unmittelbares Ziel vereitelt sein sollte. Die
arbeitenden Klassen fanden in dieser Agitation ein wirksames Mittel, miteinander bekannt zu
werden, zur Erkenntnis ihrer sozialen Lage und ihrer Interessen zu gelangen, sich zu organisieren
und ihrer Kraft bewu&szlig;t zu werden. Der Arbeiter, der eine solche Agitation mitgemacht hat,
ist nicht mehr derselbe, der er vorher war; die Arbeiterklasse als Ganzes ist, nachdem sie sie
durchgemacht hat, hundertmal st&auml;rker, aufgekl&auml;rter und besser organisiert als zu
Beginn. Sie war eine Zusammenballung blo&szlig; Einzelner, ohne irgendeine Kenntnis voneinander,
ohne irgendeine gemeinsame Bindung; heute aber ist sie ein machtvoller K&ouml;rper, der sich
seiner St&auml;rke bewu&szlig;t ist, der als der "vierte Stand" anerkannt ist und bald der erste
sein wird.</p>
<p>Zweitens wird die Arbeiterklasse durch die Erfahrung gelernt haben, da&szlig; ihr durch andere
keinerlei dauernder Vorteil verschafft werden kann, sondern da&szlig; sie ihn sich selbst
verschaffen mu&szlig;, indem sie zuallererst die politische Macht erobert. Sie mu&szlig; jetzt
erkennen, da&szlig; sie unter keinen Umst&auml;nden irgendwelche Gew&auml;hr f&uuml;r die
Verbesserung ihrer sozialen Lage hat, ausgenommen durch das allgemeine Wahlrecht, das sie in den
Stand versetzen w&uuml;rde, eine Mehrheit von Arbeitern in das Unterhaus zu bringen. Und so wird
die Erdrosselung der Zehnstundenbill der demokratischen Bewegung von gro&szlig;em Nutzen
sein.</p>
<p><b><a name="S231">&lt;231&gt;</a></b> Drittens wird die faktische Aufhebung des Gesetzes von
1847 die Fabrikanten zu so ungest&uuml;mer &Uuml;berproduktion antreiben, da&szlig;
R&uuml;ckschlag auf R&uuml;ckschlag erfolgen wird. Sehr bald werden alle Quellen und Hilfsmittel
des gegenw&auml;rtigen Systems ersch&ouml;pft sein, und eine <i>Revolution</i> wird unvermeidlich
werden, welche die Gesellschaft viel tiefer als 1793 und 1848 umw&auml;lzen und welche schnell
zur politischen und sozialen Herrschaft des Proletariats f&uuml;hren wird. Wir haben bereits
gesehen, wie das gegenw&auml;rtige Gesellschaftssystem auf der Herrschaft der industriellen
Kapitalisten beruht und wie diese Herrschaft von der M&ouml;glichkeit abh&auml;ngt, die
Produktion immer wieder zu erweitern und zugleich ihre Kosten zu verringern. Aber diese
Ausdehnung der Produktion hat eine gewisse Grenze: Sie kann den Rahmen der bestehenden
M&auml;rkte nicht &uuml;berschreiten. Geschieht es doch, so erfolgt ein R&uuml;ckschlag und mit
ihm Ruin, Bankrott und Elend. Wir haben verschiedene solche R&uuml;ckschl&auml;ge erlebt, die
aber durch Er&ouml;ffnung neuer M&auml;rkte (1842 in China) oder durch bessere Ausbeutung der
alten M&auml;rkte infolge Verringerung der Produktionskosten (z.B. durch Freihandel mit Getreide)
bisher gl&uuml;cklich &uuml;berwunden wurden. Aber auch das hat seine Grenze. Es gibt keine neuen
M&auml;rkte mehr, die er&ouml;ffnet werden k&ouml;nnten, und es gibt nur noch ein Mittel, die
L&ouml;hne herabzusetzen, n&auml;mlich eine radikale Finanzreform und Erm&auml;&szlig;igung der
Steuern durch <i>Nichtanerkennung der Staatsschuld</i>. Und wenn die freih&auml;ndlerischen
Fabrikherren nicht den Mut haben, so weit zu gehen, oder wenn auch diese zeitweiligen Hilfsmittel
einmal ersch&ouml;pft sind, nun, dann werden sie an &Uuml;berflu&szlig; zugrunde gehen. Es liegt
auf der Hand, da&szlig; bei einem System, das darauf angewiesen ist, die Produktion mit jedem Tag
zu erweitern, angesichts der Unm&ouml;glichkeit, die M&auml;rkte weiter auszudehnen, <i>die
Herrschaft der Fabrikherren ihr Ende erreicht hat</i>. Und <i>was dann?</i> Allgemeiner Ruin und
Chaos - sagen die Freih&auml;ndler. <i>Soziale Revolution und Herrschaft des Proletariats - sagen
wir.</i></p>
<p>Arbeiter Englands! Wenn ihr, eure Frauen und Kinder von neuem dreizehn Stunden t&auml;glich in
die "Rasselk&auml;sten" eingeschlossen werden sollt, so verzweifelt darum nicht. Es ist ein
Kelch, der, so bitter er ist, geleert werden mu&szlig;. Je schneller ihr dar&uuml;ber
hinwegkommt, um so besser. Seid &uuml;berzeugt, eure hochm&uuml;tigen Herren haben mit der
Erlangung dessen, was sie einen Sieg &uuml;ber euch nennen, ihr eigenes Grab gegraben. Die
faktische Aufhebung der Zehnstundenbill ist ein Ereignis, das die nahende Stunde eurer Befreiung
wesentlich beschleunigen wird. Eure Br&uuml;der, die franz&ouml;sischen und deutschen Arbeiter,
haben sich nie mit Zehnstundengesetzen zufriedengegeben. Sie verlangten <i>v&ouml;llige Befreiung
von der Tyrannei des Kapitals</i>. Und ihr - die ihr in der Maschinerie, im Arbeitsgeschick und
zahlenm&auml;&szlig;ig weit mehr Mittel zur <a name="S232"><b>&lt;232&gt;</b></a> Hand habt, eure
eigene Erl&ouml;sung zu erwirken und genug f&uuml;r euch alle zu produzieren -, <i>ihr werdet
euch sicherlich nicht mit einer kleinen Abschlagszahlung zufriedengeben</i>. So verlangt denn
nicht l&auml;nger nach "Arbeitsschutz", sondern k&auml;mpft k&uuml;hn und unverz&uuml;glich
f&uuml;r jene <i>politische und soziale Herrschaft der Klasse des Proletariats, die euch in die
Lage versetzen wird, eure Arbeit selbst zu sch&uuml;tzen</i>.</p>
<p align="right"><i>F. E.</i></p>
</body>
</html>