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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Karl Marx - Die Erregung in Italien - Die Ereignisse in Spanien - Die Haltung der deutschen Staaten - Englische Richter</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 10, S. 332-341<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</P>
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>[Die Erregung in Italien - <BR>
Die Ereignisse in Spanien - <BR>
Die Haltung der deutschen Staaten - <BR>
Englische Richter]</H1>
<FONT SIZE=2><P>Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 4142 vom 28. Juli 1854]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S332">&lt;332&gt;</A></B> London, Freitag, 14. Juli 1854.</P>
<P>Sir Charley &lt;Admiral Charles Napier&gt; ist ganz still von Kronstadt zur&uuml;ckgekehrt und hat weiter keinen Verlust an Toten und Verwundeten zu beklagen als die wenigen tapferen Teerjacken, die die Cholera hinwegraffte. Um die &Ouml;ffentlichkeit bei guter Laune zu erhalten, soll sich dieselbe Farce nun vor Sewastopol wiederholen, und bei Odessa sind schon f&uuml;nfzig Schiffe der vereinigten Flotten gesehen worden mit "direktem Kurs" auf diesen Ort.</P>
<P>Die Einschiffung der franz&ouml;sischen Truppen in Calais, die f&uuml;r heute festgesetzt war, ist auf den 20. d.M. verschoben worden, um, wie es hei&szlig;t, die Entwicklung der Ereignisse in Spanien abzuwarten.</P>
<P>General Budberg hat von den Bewohnern der F&uuml;rstent&uuml;mer eine Adresse erpre&szlig;t, in der sie dem Kaiser Nikolaus ihren Dank f&uuml;r die Okkupation ihres Landes und dessen Verteidigung gegen den "grausamen und barbarischen T&uuml;rken" aussprechen. Die "Euphrates", die Konstantinopel am 5. d.M. verlie&szlig; und in Marseille am 13. ankam, bringt die wichtigen Meldungen, da&szlig; die Dobrudscha von den Russen noch immer nicht ger&auml;umt ist und da&szlig; der "glorreiche" Reschid (wretched &lt;abscheuliche (Wortspiel)&gt;) Pascha wieder das Amt des Ministers des Ausw&auml;rtigen angenommen hat.</P>
<P>Aus Krakau wird vom 8. Juli gemeldet, F&uuml;rst Paskewitsch sei in Schlo&szlig; Gomel auf seinen Besitzungen in Litauen angekommen und werde an dem gegenw&auml;rtigen Feldzug nicht mehr teilnehmen. Hinzugef&uuml;gt wird noch, nicht nur er selbst, sondern auch sein Feldzugsplan sei aufgegeben, und dies klingt um so glaubw&uuml;rdiger, als die russischen Truppen, die sich bereits nach der Moldau zur&uuml;ckzogen, von F&uuml;rst Gortschakow wieder vorw&auml;rts beordert <A NAME="S333"><B>&lt;333&gt;</A></B> wurden, der, wie es hei&szlig;t, eine starke Streitmacht vor Bukarest konzentrieren will. Die Situation der russischen Truppen ist also jetzt folgende: ihr rechter Fl&uuml;gel an der oberen Jalomitza erstreckt sich bis an die Transsylvanischen Alpen, wo sie mit 24 schweren Gesch&uuml;tzen den Temeser Pa&szlig; besetzt halten, w&auml;hrend das Zentrum sich von Fokschani nach Bukarest ausdehnt; ihr linker Fl&uuml;gel steht unter L&uuml;ders bei Braila und ihr &auml;u&szlig;erster linker Fl&uuml;gel unter Uschakow in der Dobrudscha.</P>
<P>Der letzte Bericht vom Kriegsschauplatz meldet, da&szlig; die T&uuml;rken mit starken Kr&auml;ften (40.000, inklusive 12.000 Verb&uuml;ndete) die Donau &uuml;berschritten und Giurgewo besetzt haben. Franz&ouml;sische Zeitungen berichten, da&szlig; die russische Niederlassung an der M&uuml;ndung der Sulina von abkommandierten Dampfern der vereinigten Flotte bombardiert und zerst&ouml;rt wurde; aber m&ouml;glicherweise verh&auml;lt es sich mit dieser Nachricht ebenso wie mit dem M&auml;rchen vom zweiten Bombardement und der Zerst&ouml;rung von Bomarsund in der Ostsee. Die Operationen des Marschalls Saint-Arnaud im Orient scheinen ob ihrer Gro&szlig;artigkeit den Tuilerien einen gelinden Schrecken in die Glieder gejagt zu haben. Wenigstens hei&szlig;t es, die franz&ouml;sische Regierung habe einen besonderen Oberaufseher abgeschickt - nat&uuml;rlich einen <I>finanziellen Sachverst&auml;ndigen </I>-, um sein &Uuml;berma&szlig; an Eifer zu z&uuml;geln (son exc&egrave;s de z&egrave;le).</P>
<P>In Italien hat sich eine seltsame Erregung sowohl der Regierungen wie auch des Volkes bem&auml;chtigt. General la Marmora, der piemontesische Kriegsminister, hat die Bildung von Heerlagern in Savoyen, in St. Maurice, in Alessandria und sogar auf der Insel Sardinien befohlen. Eine gro&szlig;e Anzahl Soldaten auf unbegrenztem Urlaub sind zu den Waffen zur&uuml;ckberufen worden. Gleichzeitig werden die Festungen Alessandria und Casale verproviantiert. Andrerseits hat Marschall Radetzky ebenfalls die Bildung eines Lagers zwischen Verona und Volta befohlen, wo mehr als 20.000 Mann t&auml;glich in den Operationen des Kleinkriegs (petite guerre) ausgebildet werden. Wegen der Teuerung f&uuml;r Lebensmittel brachen Unruhen aus in Codogno, Casale, Pusterlengo und in einigen lombardischen St&auml;dten. Ungef&auml;hr zweihundert Personen sind verhaftet und nach Mantua gebracht worden. Nach Briefen aus Neapel sind dort ebenfalls zahlreiche Verhaftungen vorgenommen worden, wie auch in Sizilien, wo der Sohn des Grafen Caraffa eingekerkert worden ist. K&ouml;nig Bomba &lt;Ferdinand II.&gt; f&uuml;hrt au&szlig;erordentliche Ma&szlig;nahmen zur Bewaffnung zu Lande und zur See durch. Er hat befohlen, die Festung Gaeta f&uuml;r alle Eventualit&auml;ten in Bereitschaft zu setzen. Ganz Europa ist von ihm als verpestet erkl&auml;rt und eine strenge Quarant&auml;ne f&uuml;r alle eintreffenden Schiffe <A NAME="S334"><B>&lt;334&gt;</A></B> eingerichtet worden. Der ganze Schiffsverkehr aus Portugal, Glasgow und den sardinischen Staaten ist einer Quarant&auml;ne von zehn Tagen, der von Toskana und den r&ouml;mischen Staaten von sieben Tagen unterworfen. Da nahezu jedes andere Land bereits &auml;hnlichen Beschr&auml;nkungen unterworfen ist, ist das freie Eintreffen von Schiffen &uuml;berhaupt eine seltene Ausnahme. Die Auslandskorrespondenz zu Lande ist all den Vorsichtsma&szlig;nahmen ausgesetzt, die gegen&uuml;ber ankommenden Schiffen aus verpesteten L&auml;ndern beobachtet werden. Verbindung mit den Papststaaten wird noch &uuml;ber Monte Cassino und Sora und &uuml;ber die Abruzzen aufrechterhalten, aber gerade ist man dabei, einen Sicherheitsg&uuml;rtel entlang der ganzen Grenze zu errichten.</P>
<P>Die letzte von Madrid &uuml;ber Bordeaux f&auml;llige Post war bis gestern abend nicht in Paris eingetroffen. Von den k&ouml;niglichen Truppen wird behauptet, da&szlig; sie noch in der Verfolgung der Rebellen begriffen sind, da&szlig; sie diese erreicht haben und gerade dabei sind, sie in St&uuml;cke zu hauen. Zuerst wurde uns erz&auml;hlt, da&szlig; sich die Rebellen auf der Flucht in die Estremadura bef&auml;nden, um die portugiesische Grenze zu erreichen. Jetzt h&ouml;ren wir, da&szlig; sie sich auf dem Weg nach Andalusien befinden, ein Umstand, welcher keine sehr gro&szlig;e Entschlossenheit auf ihrer Seite zeigt, schnellstens das Land zu verlassen. Nach Privatbriefen ist General Serrano mit 300 Mann Kavallerie zu ihnen gesto&szlig;en, w&auml;hrend die "Gaceta" behauptet, da&szlig; er sich ihnen allein angeschlossen habe. In Madrid ging das Ger&uuml;cht um, da&szlig; das K&ouml;nigsregiment (del Rey) zu den Insurgenten &uuml;bergegangen ist. Der Korrespondent des "Morning Chronicle" f&uuml;gt hinzu, da&szlig; au&szlig;erdem 200 Offiziere aller Waffengattungen, einige Kompanien der in Toledo stationierten Regimenter und zwei Bataillone Freiwilliger aus Madrid zu ihnen &uuml;bergelaufen sind. Die "Gaceta" teilt mit, da&szlig; die Division, die dazu beordert war, die Rebellen zu verfolgen, Madrid am Abend des 5. verlassen hat. Sie war aus drei Brigaden Infanterie, einer Brigade Kavallerie, zwei Batterien Artillerie, einer Kompanie Geniesoldaten und einem Detachement Arbeiter der Milit&auml;radministration zusammengesetzt. Sie brach auf unter dem Kommando von General Vistahermosa, der jedoch am folgenden Tage durch General Blaser, den Kriegsminister, abgel&ouml;st wurde. Ein k&ouml;nigliches Dekret vom 7. Juli hat das Kriegsministerium w&auml;hrend der Abwesenheit Blasers General San Rom&aacute;n anvertraut. Die "Gaceta" meldet, da&szlig; die oben erw&auml;hnte Division sich in Tembleque aufh&auml;lt und sich durch das Tal des Guadiana in Richtung auf Ciudad Real bewegt. Am gleichen Tage ver&ouml;ffentlichte Blaser eine Proklamation an die Soldaten und Unteroffiziere in der Rebellenarmee, worin er sie auffordert, zu ihren Fahnen zur&uuml;ckzukehren, und ihnen Generalpardon im Namen der K&ouml;nigin verspricht.</P>
<B><P><A NAME="S335">&lt;335&gt;</A></B> Im "Messager de Bayonne" lesen wir folgendes:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Nach den letzten bei uns eingegangenen Nachrichten hat General O'Donnell sich in Richtung auf Valdepe&ntilde;as bewegt. Die Vorhut der k&ouml;niglichen Armee war bei Tembleque konzentriert. General O'Donnell nutzt die Zeit, um seine kleine Armee, bestehend aus 2.000 Reitern, sechs Artilleriegesch&uuml;tzen und 800 Infanteristen, auszubilden."</P>
</FONT><P>Die Proklamationen von O'Donnell und Dulce tragen verschiedenartigen Charakter; die eine appelliert an die Verfassung von 1837, die andere an das alte kastilische Recht der Auflehnung gegen Monarchen, die sich des Bruchs des Kr&ouml;nungseides schuldig gemacht haben. Eine neue Erscheinung ist die Bildung von republikanischen Guerillas in Valencia. Mit dem Datum des 6. d.M. ist eine Mitteilung eingegangen, die besagt, da&szlig; einige St&auml;dte und D&ouml;rfer sich gegen die Regierung erhoben haben, unter andern Alcira, Jativa und Carlet. Orozco, ein Oberst im Ruhestand, ist an der Spitze eines bewaffneten Trupps in die letztgenannte Stadt eingedrungen; er beschlagnahmte Feuerwaffen und lud durch Proklamation die Bewohner ein, sich der Bewegung anzuschlie&szlig;en. Die Regierung hat Detachements von Kavallerie, Infanterie und Zivilgarde abgesandt, um die Aufst&auml;nde in Valencia zu unterdr&uuml;cken.</P>
<P>Die "Ind&eacute;pendance Belge" gibt der Note Ru&szlig;lands an &Ouml;sterreich und Preu&szlig;en eine ganz neue Auslegung. Dieses Blatt, das als der Privatmoniteur der russischen Exdiplomaten in Br&uuml;ssel angesehen werden kann, meint, die russische Note sei nicht direkt an das &ouml;sterreichische Kabinett, sondern an den F&uuml;rsten Gortschakow gerichtet gewesen, der dem Grafen von Buol eine Abschrift &uuml;berlie&szlig; und die Ansicht vertrat, &Ouml;sterreich h&auml;tte, als es die R&auml;umung der F&uuml;rstent&uuml;mer durch die Russen verlangte, damit eigentlich nur einen Waffenstillstand vorschlagen wollen; denn es k&ouml;nne doch nicht sein Wunsch sein, die abziehenden russischen Truppen einem Angriff der alliierten Streitkr&auml;fte preiszugeben. &Ouml;sterreich k&ouml;nne also nur einen Waffenstillstand beabsichtigt haben. T&uuml;rken, Engl&auml;nder und Franzosen h&auml;tten sich daher jeder Offensivbewegung und jedes Aktes neuerlicher Feindseligkeit gegen Ru&szlig;land zu enthalten. In bezug auf die R&auml;umung der F&uuml;rstent&uuml;mer von russischen Truppen betont die Note, Ru&szlig;land m&uuml;sse sich in diesen Provinzen unbedingt gewisse strategische Punkte vorbehalten, solange der Friedensschlu&szlig; auf sich warten lie&szlig;e, denn sonst befinde es sich gegen&uuml;ber den Armeen der Alliierten in einer zu unvorteilhaften Position. Andrerseits protestiert die Note gegen jegliche Unterstellung der Absicht, &Ouml;sterreich durch die erw&auml;hnte strategische Okkupation bedrohen zu wollen. Von diesen Pr&auml;missen ausgehend, schl&auml;gt die russische Note neue Friedensverhandlungen <A NAME="S336"><B>&lt;336&gt;</A></B> auf folgender Basis vor: Integrit&auml;t des Ottomanischen Reiches, die die russische Regierung niemals anzutasten beabsichtigt hat; Gleichheit zwischen den christlichen und muselmanischen Untertanen der Pforte, wie sie im Protokoll vom 9. April aufgefa&szlig;t wird; schlie&szlig;lich Revision der Konventionen, die sich auf die Meerengen beziehen. Die Note l&auml;&szlig;t ein gemeinsames Protektorat der M&auml;chte &uuml;ber die Christen in der T&uuml;rkei zu; aber der Artikel in der "Ind&eacute;pendance" gesteht, da&szlig; in bezug auf das russische Protektorat &uuml;ber die griechischen Christen einige unbestimmte Phrasen angeh&auml;ngt sind, die gen&uuml;gend Raum auch f&uuml;r abweichende Deutungen bieten. F&uuml;rst Gortschakow schl&auml;gt, wie es hei&szlig;t, noch ged&auml;mpftere T&ouml;ne an als die Note selbst. Seine Depesche enth&auml;lt nicht das <I>letzte Wort </I>Ru&szlig;lands; er d&uuml;rfte erm&auml;chtigt sein, weiter zu gehen, um &Ouml;sterreich den Eintritt in neue Verhandlungen zu erm&ouml;glichen. Am 9. d.M. war das Wiener Kabinett jedoch noch zu keiner Entscheidung gekommen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Jetzt", sagt die Ind&eacute;pendance oder vielmehr Baron Brunnow, "d&uuml;rfen wir es uns nicht verhehlen, da&szlig;, was immer auch die Absichten St. Petersburgs sein m&ouml;gen, ein einziger Zwischenfall, eine tats&auml;chliche Kriegshandlung, ein Angriff auf Kronstadt oder, was noch wahrscheinlicher ist, auf Sewastopol oder gar die Okkupation der Alandsinseln durch die englisch-franz&ouml;sischen Truppen diese Absichten notwendigerweise &auml;ndern und diejenige Partei st&auml;rken mu&szlig;, die jeder Konzession abgeneigt ist."</P>
</FONT><P>Auf alle F&auml;lle ist Preu&szlig;en von dieser russischen Note befriedigt und betrachtet sie als eine Art Mittel zu neuen Verhandlungen und zur Hinderung der &Ouml;sterreicher am Einmarsch in die Walachei. Selbst der "Moniteur" gibt zu, da&szlig; die Einw&auml;nde, die Preu&szlig;en gegen diesen &ouml;sterreichischen Einmarsch erhob, die Ursache der neuen Unschl&uuml;ssigkeit des Wiener Hofes bilden. Andrerseits erz&auml;hlt uns der scheinheilige "Morning Chronicle",</P>
<FONT SIZE=2><P>"in Berlin behaupte man, der preu&szlig;ische Hof habe die ihm zukommende Verpflichtung &uuml;bernommen, das &ouml;sterreichische Gebiet vor Invasion zu sch&uuml;tzen, und das erm&auml;chtige ihn, gegen jede neue Provokation Ru&szlig;lands zu protestieren".</P>
</FONT><P>Au&szlig;erdem ist bekannt, da&szlig; der Vertrag zwischen &Ouml;sterreich und Preu&szlig;en just in einer Weise abgefa&szlig;t ist, da&szlig; er jeder der beiden M&auml;chte erlaubt, ihre milit&auml;rischen Operationen so lange zu unterbrechen, bis sie von der Notwendigkeit der kriegerischen Schritte &uuml;berzeugt w&auml;re, die die andere beabsichtige. So mag &Ouml;sterreich anscheinend darauf erpicht sein, gemeinsam mit den Westm&auml;chten vorzugehen, und k&ouml;nnte sich durch den Einspruch Preu&szlig;ens daran gehindert sehen. Ich meinesteils bin sicher, da&szlig; alle diese Eventualit&auml;ten von den drei n&ouml;rdlichen M&auml;chten gemeinsam von langer Hand vorbereitet waren, und da&szlig; selbst die neuen Schwierigkeiten gegen&uuml;ber <A NAME="S337"><B>&lt;337&gt;</A></B> &Ouml;sterreich lediglich bezwecken, seiner Okkupation der Walachei den Anstrich eines heroischen Widerstandes gegen Ru&szlig;land zu geben. Ein kleiner Scheinkrieg wie der &ouml;sterreichisch-preu&szlig;ische von 1850 ist vielleicht bei diesem &Uuml;bereinkommen nicht ausgeschlossen, denn er w&uuml;rde nur dazu beitragen, &Ouml;sterreich beim Friedensschlu&szlig; eine entscheidendere Stimme zu geben. Es sei bemerkt, da&szlig; die "Oesterreichische Correspondenz" ausdr&uuml;cklich ank&uuml;ndigte, &Ouml;sterreich stimme in jedem Punkt der Politik der Westm&auml;chte zu, <I>au&szlig;er </I>einer eventuellen Verletzung der bestehenden russischen Grenzen.</P>
<P>Zur Beurteilung der Stellung &Ouml;sterreichs ist es wichtig, den "Protest der serbischen Regierung gegen die &ouml;sterreichische Okkupation" zu beachten, der vom 22. Juni datiert ist und jetzt dem Unterhaus vorgelegt wurde. Die serbische Regierung richtete diesen Protest an die Hohe Pforte. Er beginnt mit der Feststellung:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Je nachdem &Ouml;sterreich vermutete, da&szlig; die serbische Regierung mehr oder weniger g&uuml;nstig f&uuml;r Ru&szlig;land oder die T&uuml;rkei gestimmt sei, f&uuml;hrte es eine Sprache, die zu jenen mutma&szlig;lichen Gesinnungen pa&szlig;te, und versprach ihm best&auml;ndig seinen Beistand zum Schutz der Grenzen des F&uuml;rstentums gegen jeden feindlichen Angriff."</P>
</FONT><P>Nun fand eine sehr bedeutende Truppenkonzentration an den serbischen Grenzen statt. Die serbische Regierung hat "direkt beim Wiener Kabinett und indirekt bei der Hohen Pforte dem Zweck und der Bedeutung dieser milit&auml;rischen Vorbereitungen &Ouml;sterreichs nachgefragt". &Ouml;sterreich gab ausweichende Erkl&auml;rungen, w&auml;hrend die Pforte und die Vertreter der Westm&auml;chte in Konstantinopel vorgaben, den Zweck der &ouml;sterreichischen Demonstrationen nicht zu kennen, und sogar die Besorgnisse und Zweifel der serbischen Regierung zu teilen schienen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Der Pascha von Belgrad blieb ohne Instruktionen oder, genauer zu reden er behielt seine alten, die ihm fr&uuml;her erteilt worden und laut welchen er jede milit&auml;rische Intervention &Ouml;sterreichs in Serbien als feindlichen Angriff gegen das Ottomanische Reich ansehen und als solchen mit allen Kr&auml;ften zur&uuml;ckweisen sollte."</P>
</FONT><P>Als es schien, da&szlig; &Ouml;sterreich sich mehr und mehr den Westm&auml;chten zuneige, begannen deren Vertreter in Belgrad, beruhigende Zusicherungen &uuml;ber die Absichten &Ouml;sterreichs zu geben. Gleichzeitig versicherte das Wiener Kabinett der serbischen Regierung, da&szlig; die fraglichen milit&auml;rischen Ma&szlig;regeln keine Feindseligkeiten gegen Serbien bedeuteten; da&szlig; &Ouml;sterreich nur seine eigenen Grenzen sch&uuml;tzen und in Serbien nur dann einschreiten wolle, wenn russische Truppen einr&uuml;ckten oder Revolten gegen die legitime Regierung dort ausbr&auml;chen; da&szlig; es folglich auch im letztem Fall nur als Freund und zur Unterst&uuml;tzung der Regierung und der legitimen Obrigkeit erscheinen <A NAME="S338"><B>&lt;338&gt;</A></B> w&uuml;rde. Die serbische Regierung wurde durch diese Versicherungen &Ouml;sterreichs nicht beruhigt. Sie sah, wie &Ouml;sterreich sich auf der einen Seite schiedsrichterliche Gewalt anma&szlig;te und auf der anderen Seite unter dem Vorwand, dem Ottomanischen Reich gemeinsam mit den Westm&auml;chten zu Hilfe zu kommen, isoliert vorging. Schlie&szlig;lich argw&ouml;hnte Serbien &Ouml;sterreichs Absicht, gerade die Verwirrung zu sch&uuml;ren, die zu bek&auml;mpfen es sich angeblich so sehr angelegen sein lie&szlig;. Da die milit&auml;rischen Vorbereitungen &Ouml;sterreichs von Tag zu Tag einen drohenderen Anschein gewannen, unternahm die serbische Regierung im Einverst&auml;ndnis mit Izzet Pascha energische Schritte in Wien und Konstantinopel, um jeden Plan zu hindern, der &Ouml;sterreich zum Gebieter &uuml;ber die Schicksale Serbiens machen k&ouml;nnte. Das war der Zweck, warum Aziz Pascha zuerst nach Wien gesandt wurde und er jetzt in Konstantinopel ist. Gleichzeitig wurden alle Ma&szlig;regeln zur Verteidigung des Landes im Einverst&auml;ndnis mit dem t&uuml;rkischen Vertreter getroffen. &Ouml;sterreich gibt zwei Gr&uuml;nde an, die sein Einschreiten in Serbien veranlassen k&ouml;nnten: 1. den Einmarsch der Russen und 2. den Ausbruch eines Aufstandes in Serbien. Der erste ist absurd, denn der Kriegsschauplatz ist zu weit von Serbien entfernt; sollten die Russen versuchen, in Serbien einzudringen, so gen&uuml;gten die serbischen und t&uuml;rkischen Truppen vollst&auml;ndig, sie zur&uuml;ckzuwerfen. W&auml;ren Hilfstruppen n&ouml;tig, so w&auml;ren andere den &Ouml;sterreichern vorzuziehen.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die serbische Nation hegt ein so ausgesprochenes Mi&szlig;trauen, wo nicht Ha&szlig; gegen &Ouml;sterreich, da&szlig; jedermann das Einr&uuml;cken der &Ouml;sterreicher in Serbien augenblicklich als eine so drohende Gefahr, als ein so gro&szlig;es Ungl&uuml;ck betrachtete, da&szlig; sich die ganze T&auml;tigkeit der Serben gegen die &ouml;sterreichischen Truppen kehren, die ganze Tatkraft der Nation sich auf Bek&auml;mpfung dieser Feinde richten w&uuml;rde, in denen man stets die Personifikation jener Gel&uuml;ste s&auml;he, welche &Ouml;sterreich antreiben, in Serbien - gleichviel unter welchem Rechtstitel - nach Aus&uuml;bung eines egoistischen Einflusses zu streben."</P>
</FONT><P>Was innere Aufst&auml;nde betrifft, so bef&uuml;rchtet man sie nur als Folgeerscheinungen einer &ouml;sterreichischen Intervention. Serbien wird immer loyal gegen die Pforte sein.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Alles, was die serbische Regierung verlangt, ist, da&szlig; sie von nun an mit dem Vertrauen beehrt wird, welches ihr die Hohe Pforte bis diesen Augenblick bezeugt. und da&szlig; man ihr Vaterland nicht einer &ouml;sterreichischen Besetzung &uuml;berliefere, welche das Zeichen und der Anfang unberechenbarer Katastrophen w&auml;re. Unter dieser Bedingung b&uuml;rgt die serbische Regierung vollkommen f&uuml;r die Aufrechterhaltung du Ruhe und der &ouml;ffentlichen Ordnung in Serbien."</P>
</FONT><B><P><A NAME="S339">&lt;339&gt;</A></B> Dieser Protest der Serben zeigt gleichzeitig auch deutlich, mit welchem Enthusiasmus das walachische Volk dem Einmarsch &Ouml;sterreichs in die Walachei entgegensieht.</P>
<P>Die neutrale oder besser feindselige Haltung der kleineren M&auml;chte gegen England kann niemanden &uuml;berraschen, der seine jetzigen Kriegstaten gegen Ru&szlig;land verfolgte, die Pl&uuml;nderungsexpeditionen der englischen Flotte in der Ostsee und die Ma&szlig;nahmen beobachtete, die getroffen wurden, um die Truppen bei Varna zu jeder Leistung im Felde unf&auml;hig zu machen. Haben doch sogar die Krankenwagen f&uuml;r die britischen Truppen in der T&uuml;rkei erst jetzt mit der "Himalaya" Southampton verlassen. Schweden hat demgem&auml;&szlig; definitiv seinen Entschlu&szlig; kundgetan, neutral zu bleiben und von allen gemeinsamen Schritten mit den Westm&auml;chten abzusehen, w&auml;hrend D&auml;nemark und Holland als Mitglieder des Deutschen Bundes dem &ouml;sterreichischen Kommuniqu&eacute; vom 24. Mai nur unter dem ausdr&uuml;cklichen Vorbehalt zugestimmt haben, da&szlig; es nichts anderes bedeutet als unbedingte Neutralit&auml;t und das Bestreben, den Frieden wiederherzustellen.</P>
<P>Vor dem Polizeirichter von Bow Street, Herrn Jardine, hat sich ein Fall zugetragen, der eine erheblich gr&ouml;&szlig;ere Aufregung in London hervorgerufen hat als Bonapartes Rede in Boulogne oder Charleys glorreicher R&uuml;ckzug von Kronstadt. Ein Deutscher, namens Dr. Peithmann, der vier Tage eingesperrt worden war, wurde mittels Haftbefehls vorgef&uuml;hrt und beschuldigt, eine Person von nicht klarem Verstand zu sein und untauglich, frei umherzulaufen. Herr Reynolds, der Anwalt der Schatzkammer, w&uuml;nschte den Ausschlu&szlig; der &Ouml;ffentlichkeit und der Presse, und die Verhandlungen wurden dementsprechend mit der gr&ouml;&szlig;ten Geheimhaltung im Privatraum des Polizeirichters durchgef&uuml;hrt. Herr Otway, Mitglied des Parlaments, ein Freund des Beklagten, protestierte aufgebracht gegen den Versuch, ihn von der Untersuchung auszuschlie&szlig;en und wurde daraufhin zugelassen; Herr Lewis, ein Rechtsanwalt, forderte und erhielt ebenfalls die Zulassung als Anwalt des Beklagten. Herr Lewis fragte, warum Dr. Peithmann vier volle Tage in eine Angeklagtenzelle gesperrt worden sei, ohne ihn einem Polizeirichter vorzuf&uuml;hren. Herr Jardine antwortete, da&szlig; zwei &Auml;rzte Atteste unterzeichnet h&auml;tten, welche die Geistesgest&ouml;rtheit des Beklagten bescheinigen; auf Grund derer m&uuml;sse er dessen &Uuml;berf&uuml;hrung in eine Anstalt f&uuml;r Geisteskranke anordnen. Herr Lewis erbot sich, gegenteilige Atteste vorzulegen, doch Herr Jardine lehnte es ab, irgendeinen Vorschlag auf Vertagung des Falles zu h&ouml;ren, da er entsprechend den vor ihm liegenden Attesten handeln m&uuml;sse. Herr Lewis erkl&auml;rte darauf, er werde die Angelegenheit vor einen h&ouml;heren Gerichtshof bringen, wo der Fall vorurteilsfrei behandelt und beide Parteien geh&ouml;rt w&uuml;rden. Er werde f&uuml;r <A NAME="S340"><B>&lt;340&gt;</A></B> jetzt seinem Klienten den Rat geben, auf die Beschuldigung nicht zu antworten, obwohl er dazu vom Polizeirichter aufgefordert wurde. Herr Otway protestierte gegen den ex parte &lt;einseitigen&gt; Charakter des ganzen Verfahrens und erkl&auml;rte, er werde die ganze Angelegenheit vor das Unterhaus bringen, indem er die Bekanntgabe der Einzelheiten der voraufgegangenen Verhaftung und der &Uuml;berf&uuml;hrung in eine Anstalt f&uuml;r Geisteskranke beantragen werde. Der Beklagte wurde nach Colney Hatch &lt;psychiatrische Klinik&gt; &uuml;berf&uuml;hrt.</P>
<P>Ich f&uuml;ge nun unten die im heutigen "Morning Advertiser" ver&ouml;ffentlichte Erkl&auml;rung von Herrn Percival hinzu, des Arztes, der k&uuml;rzlich Dr. Peithmann von Bedlam &lt;psychiatrische Klinik&gt; entlie&szlig;:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Dr. Peithmann, ein deutscher Professor, der zu Bonn, Berlin und Halle studiert hat, ist der Sohn eines hannoverschen Offiziers, der f&uuml;r Georg III. k&auml;mpfte und in seinem Dienst starb, und der Stiefsohn Baron Rippertas, eines russischen Landrats. Er kam nach England vor ungef&auml;hr drei&szlig;ig Jahren; da er bald mit dem schmachvoll mangelhaften Erziehungssystem in unseren h&ouml;heren und Hochschulen bekannt wurde, ging er nach Oxford und Cambridge, um dort Vorlesungen &uuml;ber dieses Thema zu halten. 1835 wurde er dem Marquis von Normanby empfohlen, unter dessen Protektion er nach Irland ging. Lady Normanby, die bereits einen Hauslehrer f&uuml;r Lord Mulgrave hatte, empfahl Dr. P. an einen irischen Edelmann, f&uuml;r dessen beide S&ouml;hne er Hauslehrer wurde. Nach sieben Monaten entdeckte man, da&szlig; der &auml;lteste Sohn ein tiefgehendes Liebesverh&auml;ltnis mit einem s&auml;chsischen Dienstm&auml;dchen der Familie unterhielt, die von ihm <I>schwanger </I>war. Seine Mutter wandte sich an Dr. Peithmann, er m&ouml;ge ihr helfen, das M&auml;dchen zur&uuml;ck nach Deutschland zu schaffen, aber der Doktor lehnte es ab, sich einzumischen. Er verlie&szlig; die Familie und begann in Dublin &ouml;ffentliche Vorlesungen zu halten, als ungef&auml;hr im M&auml;rz 1836 das s&auml;chsische M&auml;dchen, nachdem es auf dem Wohnsitz des Edelmannes ein Kind zu Welt gebracht hatte, in einem Zustand gro&szlig;er Not dort hinkam und ihm bald darauf mitteilte, da&szlig; sie einen Anwalt in Anspruch nehmen werde, um einen Proze&szlig; wegen Verf&uuml;hrung gegen den Sohn des Edelmannes in die Wege zu leiten, und da&szlig; er als Zeuge vorgeladen werde. Dr. Peithmann entschlo&szlig; sich dann, bei Oberst Phipps vorzusprechen, der Kammerherr des Marquis von Normanby und sehr vertraut mit der Familie jenes Edelmannes war. Er sprach wiederholt vergeblich bei diesem Phipps, dem Bruder Normanbys und gegenw&auml;rtigen Sekret&auml;r Prinz Alberts, vor, erhielt aber weder Antwort noch Zutritt, und wurde endlich Herrn Studdert, einem Polizeirichter in Dublin, &uuml;bergeben, der ihn auf Grund der Beweismittel des gleichen Phipps, ohne irgendein Zeugnis der Ruhest&ouml;rung, im Mai 1836 in eine Anstalt f&uuml;r Geisteskranke sandte. Unter Lord Normanbys Vizek&ouml;nigtum wurde er auf Grund des Attestes eines Dr. Lytton, das nach dessen Meinung keine Grundlage f&uuml;r Peithmanns Geistesst&ouml;rung enthielt, in Dean Swift's Hospital &uuml;berf&uuml;hrt. Er wurde neun Monate sp&auml;ter durch das Eingreifen Dr. Dawsons, <A NAME="S341"><B>&lt;341&gt;</A></B> des Dekans von St. Patrick's freigelassen, auf dessen Empfehlung hin er einige Vorlesungen vor der Royal Society of Dublin &lt;Akademie der Wissenschaften von Dublin&gt; hielt und von Lord Fortescues Familie engagiert wurde. Beim Eintreffen Prinz Alberts in England bewarb er sich beim Prinzen um den Posten eines Bibliothekars und bat um die Erlaubnis, seine Schulreformen durchzuf&uuml;hren. Nach einer langen Unterredung gab der Herzog von Sussex seinem Bibliothekar die Anweisung, ihm freien Zutritt zu seiner Bibliothek zu geben. Danach sandte er seine Bewerbung an Prinz Albert, zusammen mit seinen Zeugnissen und elf von ihm ver&ouml;ffentlichten B&auml;nden. Der Prinz beantwortete seine Bewerbung nicht; schlie&szlig;lich sprach Dr. Peithmann dort vor, um eine Unterredung zu erbitten oder um seine Zeugnisse zur&uuml;ckzuerhalten. Ungef&auml;hr zu dieser Zeit feuerte der junge Oxford auf die K&ouml;nigin, <I>und eine Frauensperson kam aus Deutschland, mit der der Prinz enge Beziehungen in Bonn unterhalten hatte</I>, wo er mit Peithmann unter dem gleichen Professor studiert hatte. Der Hof wurde nerv&ouml;s, und Dr. Peithmanns Hartn&auml;ckigkeit erregte Mi&szlig;trauen. Ein Bericht wurde an den Innenminister, den Marquis von Normanby, gesandt, &uuml;ber den Peithmann sich beschwerte, da&szlig; der ihn unberechtigt in einer Dubliner Anstalt f&uuml;r Geisteskranke eingesperrt gehalten habe; und eines Morgens im Juni 1840 wurde ein Polizist in Zivil geschickt, um den
</FONT><P>Ihre Leser m&ouml;gen aus diesem Beispiel ersehen, wie gef&auml;hrlich es in diesem freien Lande ist, die Nervosit&auml;t des Hofes zu erregen und in die Familienskandale der moralischen englischen Aristokratie eingeweiht zu werden.</P>
<I><P ALIGN="RIGHT">Karl Marx</P>
</I>
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</HTML>