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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Friedrich Engels - &Uuml;ber den Krieg - III</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="me17_015.htm"><FONT SIZE=2>&Uuml;ber den Krieg - II</FONT></A><FONT SIZE=1> </FONT><FONT SIZE=2>| </FONT><A HREF="me17_udk.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="me17_022.htm"><FONT SIZE=2>&Uuml;ber den Krieg - IV</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 17, 5. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 19-21.</P>
<P>Erstellt am 13.12.1998.<BR>
1. Korrektur.</P>
</FONT><H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>&Uuml;ber den Krieg - III</H1>
<P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["The Pall Mall Gazette" Nr. 1706 vom 2. August 1870]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S19">|19|</A></B> Endlich lichtet sich das Dunkel um den Feldzugsplan der Preu&szlig;en. Der Leser wird sich erinnern, da&szlig; man, obgleich gewaltige Truppentransporte auf dem rechten Ufer des Rheins, vom Osten nach Westen und S&uuml;dwesten, stattgefunden haben, sehr wenig von Truppenzusammenziehungen in unmittelbarer N&auml;he der bedrohten Grenze geh&ouml;rt hat. Die Festungen erhielten von den in der N&auml;he liegenden Truppen recht erhebliche Verst&auml;rkungen. Bei Saarbr&uuml;cken lieferten 500 Mann des 40. Infanterieregiments und drei Schwadronen der 7. Ulanen (beide vom VIII. Armeekorps) dem Feinde ein Scharm&uuml;tzel. Bayrische J&auml;ger und badische Dragoner verl&auml;ngerten die Vorpostenlinie bis zum Rhein. Aber allem Anschein nach sind keine gr&ouml;&szlig;eren Truppenmassen unmittelbar hinter diesem aus wenigen leichten Truppenteilen gebildeten Schieier aufgestellt worden. In keiner Meldung &uuml;ber die Gefechte ist die Artillerie auch nur mit einem Wort erw&auml;hnt worden. Trier war vollkommen frei von Truppen. Andererseits haben wir von gro&szlig;en Massen an der belgischen Grenze geh&ouml;rt, von 30.000 Mann Kavallerie um K&ouml;ln (wo das ganze Land auf dem linken Rheinufer, bis in die Gegend von Aachen, Fourage im &Uuml;berflu&szlig; hat) und von 70.000 Mann vor Mainz. Dies alles schien sonderbar; es sah aus wie eine fast str&auml;fliche Zersplitterung der Truppen im Gegensatz zu der straffen Konzentration der Franzosen, wenige Marschstunden von der Grenze entfernt. Pl&ouml;tzlich tauchen einige Mitteilungen aus verschiedenen Gegenden auf, die das Geheimnis zu l&uuml;ften scheinen.</P>
<P>Der Korrespondent des "Temps", der sich bis Trier gewagt hatte, war am 25. und 26. Juli Zeuge des Durchmarschs eines gro&szlig;en Heeresk&ouml;rpers aller Waffengattungen durch diese Stadt zur Saarlinie. Die schwache Garnison von Saarbr&uuml;cken wurde zur selben Zelt betr&auml;chtlich verst&auml;rkt, <A NAME="S20"><B>|20|</A></B> wahrscheinlich von Koblenz aus, dem Hauptquartier des VIII. Armeekorps. Die Truppen, die durch Trier marschierten, m&uuml;ssen zu anderen Korps geh&ouml;rt haben und von Norden her &uuml;ber die Eifel gekommen sein. Schlie&szlig;lich erfahren wir aus einer privaten Quelle, da&szlig; sich das VII. Armeekorps am 27. Juli auf dem Marsch von Aachen &uuml;ber Trier zur Grenze befand.</P>
<P>Wir haben hier also wenigstens drei Armeekorps oder ungef&auml;hr 100.000 Mann, die an die Saarlinie geworfen worden sind. Zwei von diesen sind das VII. und VIII., die beide einen Teil der Nordarmee unter General von Steinmetz bilden (VII., VIII., IX. und X. Korps). Wir k&ouml;nnen als ziemlich sicher annehmen, da&szlig; diese gesamte Armee augenblicklich zwischen Saarburg und Saarbr&uuml;cken konzentriert ist. Wenn die 30.000 Mann Kavallerie (vielleicht mehr, vielleicht weniger) wirklich in der N&auml;he von K&ouml;ln waren, m&uuml;ssen sie ebenfalls den Weg &uuml;ber die Eifel und Mosel zur Saar genommen haben. Alle diese Anordnungen deuten darauf hin, da&szlig; die Hauptattacke der Deutschen mit ihrem rechten Fl&uuml;gel erfolgen wird, und zwar durch den Raum zwischen Metz und Saarlouis zum oberen Niedtal hin. Wenn die Reservekavallerie <I>wirklich</I> diesen Weg genommen hat, wird unsere Vermutung zur Gewi&szlig;heit.</P>
<P>Dieser Plan setzt die Konzentration des ganzen deutschen Heeres zwischen den Vogesen und der Mosel voraus. Die Mittelarmee (Prinz Friedrich Karl, mit dem II., III., IV. und XII. Armeekorps) w&uuml;rde eine Stellung einzunehmen haben entweder anschlie&szlig;end an die linke Flanke von Steinmetz oder hinter ihm als Reserve. Die S&uuml;darmee (der Kronprinz, mit dem V. Korps, der Garde und den S&uuml;ddeutschen) w&uuml;rde den linken Fl&uuml;gel, irgendwo bei Zweibr&uuml;cken, bilden. Wo all diese Truppen sind und wie sie in ihre Stellungen bef&ouml;rdert werden sollen - davon wissen wir nichts. Wir wissen nur, da&szlig; das III. Armeekorps begonnen hat, mit der Eisenbahn am <I>linken</I> Rheinufer K&ouml;ln auf dem Wege nach S&uuml;den zu passieren. Aber wir d&uuml;rfen annehmen, da&szlig; dieselbe Hand, welche die Pl&auml;ne vorzeichnete, nach denen 100.000 bis 150.000 Mann von entfernten und offensichtlich divergierenden Punkten her rasch an der Saar zusammengezogen wurden, ebenfalls &auml;hnliche, in einem Punkte zusammenlaufende Marschlinien f&uuml;r den Rest der Armee vorgezeichnet hat.</P>
<P>Dies ist in der Tat ein k&uuml;hner Plan und wahrscheinlich geeignet, sich als denkbar wirksam zu erweisen. Er ist f&uuml;r eine Schlacht bestimmt, in der die deutsche Linke, von Zweibr&uuml;cken bis nahe an Saarlouis, ein rein defensives Gefecht unterh&auml;lt, w&auml;hrend die Rechte, unterst&uuml;tzt durch die vollen Reserven, von Saarlouis aus und westlich davon vorst&ouml;&szlig;t, mit aller Macht <A NAME="S21"><B>|21|</A></B> &uuml;ber den Feind herf&auml;llt und seine Verbindungen mit Metz durch eine Flankenbewegung der gesamten Reservekavallerie abschneidet. Falls dieser Plan Erfolg hat und die erste gro&szlig;e Schlacht von den Deutschen gewonnen wird, riskiert die franz&ouml;sische Armee nicht nur, von ihrer n&auml;chsten Basis - von Metz und der Mosel - abgeschnitten, sondern auch in eine Stellung gedr&auml;ngt zu werden, in der die Deutschen zwischen ihr und Paris w&auml;ren. </P>
<P>Die Deutschen, die Ihrer Verbindung mit Koblenz und K&ouml;ln vollkommen sicher sind, k&ouml;nnen es sich leisten, eine Niederlage in dieser Stellung zu riskieren; f&uuml;r sie w&uuml;rde eine solche Niederlage mit allen ihren Konsequenzen bei weitem nicht so unheilvoll sein. Dennoch ist es ein verwegener Plan. Es w&auml;re &auml;u&szlig;erst schwierig, eine geschlagene Armee, besonders den rechten Fl&uuml;gel, gl&uuml;cklich durch die Schluchten der Mosel und ihrer Nebenfl&uuml;sse zu bringen. Viele Gefangene und ein gro&szlig;er Teil der Artillerie w&uuml;rden zweifellos verlorengehen, und die Reorganisation der Armee unter dem Schutz der Rheinfestungen w&uuml;rde lange Zelt in Anspruch nehmen. Es w&uuml;rde Torheit sein, einen solchen Plan aufzunehmen, wenn nicht General Moltke vollkommen sicher w&auml;re, eine so &uuml;berw&auml;ltigende Macht unter seinem Kommando zu haben, da&szlig; der Sieg fast gewi&szlig; ist, und wenn er ferner nicht w&uuml;&szlig;te, da&szlig; die Franzosen nicht in der Lage sind, &uuml;ber seine Truppen herzufallen, solange sie noch von allen Seiten zu der f&uuml;r die erste Schlacht ausgew&auml;hlten Stellung zusammenstr&ouml;men. Ob dies wirklich der Fall ist, werden wir bald erfahren, vielleicht schon morgen.</P>
<P>Vorl&auml;ufig aber w&auml;re es gut, daran zu denken, da&szlig; man sich bei solchen strategischen Pl&auml;nen niemals darauf verlassen darf, da&szlig; sie die erwarteten Ergebnisse haben werden. Es kommen dauernd hier und dort St&ouml;rungen vor: Korps kommen nicht genau in dem Moment an, wenn sie gebraucht werden; der Feind f&uuml;hrt unerwartete Bewegungen durch oder hat unvorhergesehene Vorsichtsma&szlig;regeln getroffen; oft bewahren schlie&szlig;lich z&auml;he, hartn&auml;ckige Gefechte oder der gesunde Menschenverstand eines Generals die geschlagene Armee vor den schlimmsten Konsequenzen, die eine Niederlage haben kann - vor dem Verlust der Verbindungen mit ihrer Basis.</P>
<P ALIGN="RIGHT">Z.</P>
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