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<title>Lenin: Staat und Revolution</title>
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<TD ALIGN="CENTER" width= 299 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><FONT size=2><A HREF="../default.htm"><FONT color=#CC3333><= Inhaltsverzeichnis W. I. Lenin</A></TD>
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<h3>
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W.I. Lenin</h3>
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<h3>
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Gedruckt nachzulesen in: Lenin Werke, Band 25, Seite 393 - 507, Dietz Verlag Berlin, 1972</h3>
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<hr>
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<h1>
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Staat und Revolution Teil 4</h1></center>
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<h2>
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IV. Kapitel</h2></center>
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<center>Fortsetzung
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<p>Ergänzende Erläuterungen von Engels</center>
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<p>Marx hat zur Beurteilung der Erfahrungen der Kommune das Grundlegende
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beigetragen. Engels kam wiederholt auf dasselbe Thema zurück, wobei
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er die Analyse und die Schlußfolgerungen von Marx erläuterte
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und mitunter mit einer solchen Kraft und Anschaulichkeit ANDERE Seiten
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der Frage beleuchtete, daß man auf diese Erläuterungen besonders
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eingehen muß.
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<p>1. "Zur Wohnungsfrage"
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<p>In seiner Abhandlung über die Wohnungsfrage (1872) verwertet Engels
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bereits die Erfahrungen der Kommune und kommt einige Male auf die Aufgaben
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der Revolution in bezug auf den Staat zu sprechen. Es ist interessant,
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daß an einem konkreten Thema anschaulich aufgezeigt werden: einerseits
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die Züge, worin der proletarische und der jetzige Staat einander ähnlich
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sind, Züge, die in beiden Fällen erlauben, vom Staat zu sprechen,
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und anderseits die Unterscheidungsmerkmale oder der Übergang zur Aufhebung
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des Staates.
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<p>"Wie ist nun die Wohnungsfrage zu lösen? In der heutigen Gesellschaft
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gerade wie eine jede andere gesellschaftliche Frage gelöst wird: durch
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die allmähliche ökonomische Ausgleichung von Nachfrage und Angebot,
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eine Lösung, die die Frage selbst immer wieder von neuem erzeugt,
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also keine Lösung ist. Wie eine soziale Revolution diese Frage lösen
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würde, hängt nicht nur von den jedesmaligen Umständen ab,
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sondern auch zusammen mit viel weitergehenden Fragen, unter denen die Aufhebung
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des Gegensatzes von Stadt und Land eine der wesentlichsten ist. Da wir
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keine utopischen Systeme für die Einrichtung der künftigen Gesellschaft
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zu machen haben, wäre es mehr als müßig, hierauf einzugehn.
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Soviel aber ist sicher, daß schon jetzt in den großen Städten
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hinreichend Wohngebäude vorhanden sind, um bei rationeller Benutzung
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derselben jeder wirklichen 'WohnungsNOT' sofort abzuhelfen. Dies kann natürlich
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nur durch Expropriation der heutigen Besitzer, resp. durch Bequartierung
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ihrer Häuser mit obdachlosen oder in ihren bisherigen Wohnungen übermäßig
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zusammengedrängten Arbeitern geschehn, und sobald das Proletariat
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die politische Macht erobert hat, wird eine solche, durch das öffentliche
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Wohl gebotene Maßregel ebenso leicht ausführbar sein, wie andere
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Expropriationen und Einquartierungen durch den heutigen Staat." (S. 22
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der deutschen Ausgabe von 1877.) (21)
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<p>Hier wird nicht die Veränderung der Form der Staatsmacht behandelt,
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sondern nur der Inhalt ihrer Tätigkeit. Expropriationen und Einquartierungen
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erfolgen auch auf Verfügung des jetzigen Staates. Formell betrachtet,
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wird auch der proletarische Staat Einquartierungen und Expropriationen
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von Häusern "verfügen". Es ist aber klar, daß der alte
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Vollzugsapparat, die mit der Bourgeoisie verbundene Beamtenschaft, zur
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Durchführung der Verfügungen des proletarischen Staates einfach
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untauglich wäre.
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<p>"Übrigens muß konstatiert werden, daß die 'faktische
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Besitzergreifung' sämtlicher Arbeitsinstrumente, die Inbesitznahme
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der gesamten Industrie von seiten des arbeitenden Volkes, das gerade Gegenteil
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ist von der proudhonistischen 'Ablösung'. Bei der letzteren wird der
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EINZELNE ARBEITER Eigentümer der Wohnung, des Bauernhofs, des Arbeitsinstruments;
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bei der ersteren bleibt das 'arbeitende Volk' Gesamteigentümer der
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Häuser, Fabriken und Arbeitsinstrumente, und wird deren Nießbrauch,
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wenigstens während einer Übergangszeit, schwerlich ohne Entschädigung
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der Kosten an einzelne oder Gesellschaften überlassen. Gerade wie
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die Abschaffung des Grundeigentums nicht die Abschaffung der Grundrente
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ist, sondern ihre Übertragung, wenn auch in modifizierter Weise, an
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die Gesellschaft. Die faktische Besitznahme sämtlicher Arbeitsinstrumente
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durch das arbeitende Volk schließt also die Beibehaltung des Mietverhältnisses
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keineswegs aus." (S. 68.)
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<p>Die in diesen Darstellungen angeschnittene Frage, nämlich die Frage
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nach den ökonomischen Grundlagen des Absterbens des Staates, wollen
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wir im nächsten Kapitel behandeln. Engels drückt sich äußerst
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vorsichtig aus, wenn er sagt, daß der proletarische Staat "schwerlich"
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die Wohnungen ohne Entgelt verteilen werde, "wenigstens während einer
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Übergangszeit". Das Überlassen von Wohnungen, die dem ganzen
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Volk gehören, an einzelne Familien gegen Entgelt setzt auch die Erhebung
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dieses Mietgeldes, eine gewisse Kontrolle und diese oder jene Normierung
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bei der Verteilung der Wohnungen voraus. Alles das erfordert eine gewisse
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Staatsform, erfordert aber keineswegs einen besonderen militärischen
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und bürokratischen Apparat mit beamteten Personen in besonders bevorzugter
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Stellung. Der Übergang zu einer Ordnung der Dinge jedoch, bei der
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es möglich sein wird, die Wohnungen kostenlos zu überlassen,
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ist mit dem völligen "Absterben" des Staates verknüpft.
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<p>Wo Engels darauf zu sprechen kommt, daß die Blanquisten nach der
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Kommune, beeinflußt durch deren Erfahrungen, prinzipiell die Stellung
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des Marxismus bezogen, formuliert er beiläufig diese Stellung folgendermaßen:
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<p>"... Notwendigkeit der politischen Aktion des Proletariats und seiner
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Diktatur als Übergang zur Abschaffung der Klassen und, mit ihnen,
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des Staats ..." (S. 55.)
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<p>Liebhaber von Wortklaubereien oder bürgerliche "Marxistenfresser"
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mögen wohl einen Widerspruch finden zwischen diesem BEKENNTNIS zur
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"Abschaffung des Staats" und der Ablehnung einer Formel wie der anarchistischen
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in dem früher zitierten Passus aus dem "Anti-Dühring". Es wäre
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nicht verwunderlich, wenn die Opportunisten auch Engels zum "Anarchisten"
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stempelten - wird es doch bei den Sozialchauvinisten jetzt immer mehr Sitte,
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die Internationalisten des Anarchismus zu bezichtigen.
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<p>Daß mit der Abschaffung der Klassen auch die Abschaffung des Staates
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erfolgen wird, das hat der Marxismus stets gelehrt. Die allgemein bekannte
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Stelle über das "Absterben des Staates" im "Anti-Dühring" macht
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den Anarchisten nicht einfach zum Vorwurf, daß sie für die Abschaffung
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des Staates eintreten, sondern daß sie predigen, man könne den
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Staat "von heute auf morgen" abschaffen.
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<p>Da die gegenwärtig herrschende "sozialdemokratische" Doktrin das
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Verhältnis des Marxismus zum Anarchismus in der Frage der Abschaffung
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des Staates vollkommen entstellt, wird es besonders nützlich sein,
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an eine Polemik von Marx und Engels gegen die Anarchisten zu erinnern.
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<p>2. Polemik gegen die Anarchisten
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<p>Diese Polemik fällt in das Jahr 1873. Marx und Engels schrieben
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für einen italienischen sozialistischen Almanach Artikel gegen die
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Proudhonisten, die "Autonomisten" oder "Antiautoritären", aber erst
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im Jahre 1913 erschienen diese Artikel in deutscher Übersetzung in
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der "Neuen Zeit". (22)
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<p>"Wenn der politische Kampf der Arbeiterklasse", schrieb Marx, über
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die Anarchisten und ihre Ablehnung der Politik spottend, "revolutionäre
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Form annimmt, wenn die Arbeiter an Stelle der Diktatur der Bourgeoisie
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ihre revolutionäre Diktatur setzen, dann begehen sie das schreckliche
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Verbrechen der Prinzipienbeleidigung, denn um ihre kläglichen profanen
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Tagesbedürfnisse zu befriedigen, um den Widerstand der Bourgeoisie
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zu brechen, geben sie dem Staat eine revolutionäre und vorübergehende
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Form, statt die Waffen niederzulegen und den Staat abzuschaffen." ("Neue
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Zeit", 32. Jahrgang, 1913/14, Bd. I, S. 40.)
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<p>Also ausschließlich gegen diese "Abschaffung" des Staates wandte
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sich Marx bei seiner Widerlegung der Anarchisten! Durchaus nicht dagegen,
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daß der Staat mit dem Verschwinden der Klassen verschwinden oder
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mit der Abschaffung der Klassen abgeschafft werden wird, sondern dagegen,
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daß die Arbeiter auf die Anwendung von Waffen, auf die organisierte
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Gewalt, DAS HEIßT AUF DEN STAAT, verzichten sollen, der dem Ziel
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zu dienen hat: "den Widerstand der Bourgeoisie zu brechen".
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<p>Marx betont absichtlich - um einer Entstellung des wahren Sinnes seines
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Kampfes gegen den Anarchismus vorzubeugen - die "revolutionäre und
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VORÜBERGEHENDE Form des Staates, den das Proletariat braucht. Das
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Proletariat braucht den Staat nur zeitweilig. In der Frage der Abschaffung
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des Staates als ZIEL gehen wir mit den Anarchisten keineswegs auseinander.
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Wir behaupten, daß zur Erreichung dieses Ziels ein zeitweiliges Ausnutzen
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der Organe, Mittel und Methoden der Staatsgewalt GEGEN die Ausbeuter notwendig
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ist, ebenso wie zur Aufhebung der Klassen die vorübergehende Diktatur
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der unterdrückten Klasse notwendig ist. Marx greift gegen die Anarchisten
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zur schärfsten und klarsten Fragestellung: Sollen die Arbeiter "die
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Waffen niederlegen", wenn sie das Joch der Kapitalisten abwerfen, oder
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sollen sie diese Waffen gegen die Kapitalisten ausnutzen, um deren Widerstand
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zu brechen? Aber die systematische Ausnutzung der Waffen durch eine Klasse
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gegen eine andere Klasse, was ist das denn anderes als eine "vorübergehende
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Form" des Staates?
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<p>Jeder Sozialdemokrat möge sich fragen, ob er in seiner Polemik
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gegen die Anarchisten die Frage des Staates SO gestellt hat, ob die überwältigende
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Mehrheit der offiziellen sozialistischen Parteien der II. Internationale
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diese Frage SO gestellt hat?
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<p>Engels entwickelt dieselben Gedanken noch viel ausführlicher und
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gemeinverständlicher. Zunächst verspottet er die Konfusion in
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den Köpfen der Proudhonisten, die sich als "Antiautoritäre" bezeichneten,
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d.h. jegliche Autorität, jegliche Unterordnung, jegliche Regierungsgewalt
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ablehnten. Man nehme eine Fabrik, eine Eisenbahn, ein Schiff auf hoher
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See, sagt Engels, ist es denn nicht klar, daß ohne eine gewisse Unterordnung,
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also ohne eine gewisse Autorität oder Macht ein Funktionieren keines
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dieser komplizierten technischen Betriebe, die auf der Verwendung von Maschinen
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und dem planmäßigen Zusammenarbeiten vieler Personen beruhen,
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möglich wäre? "Wenn ich diese Argumente den rabiatesten Antiautoritären
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entgegenstelle, können sie mir nur die folgende Antwort geben: Ah!
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Das ist wahr, es handelt sich aber hier nicht um die Autorität, die
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wir den Delegierten verleihen, SONDERN UM EINEN AUFTRAG. Diese Leute glauben,
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daß sie eine Sache ändern können, wenn sie ihren Namen
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ändern."
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<p>Nachdem Engels so gezeigt hat, daß Autorität und Autonomie
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relative Begriffe sind, daß sich ihr Geltungsbereich mit den verschiedenen
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Phasen der gesellschaftlichen Entwicklung ändert, daß es ein
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Widersinn ist, sie für etwas Absolutes zu halten, und nachdem er hinzugefügt
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hat, daß der Geltungsbereich der Maschinen und der Großproduktion
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sich immer mehr erweitert, geht er von den allgemeinen Betrachtungen über
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Autorität zur Frage des Staates über.
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<p>"Hätten sich die Autonomisten", schreibt er, "begnügt, zu
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sagen, daß die soziale Organisation der Zukunft die Autorität
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nur in den Grenzen zulassen wird, die durch die Produktionsverhältnisse
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unvermeidlich gezogen werden, dann hätte man sich mit ihnen verständigen
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können; sie sind aber blind für alle Tatsachen, welche die Autorität
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notwendig machen, und kämpfen leidenschaftlich gegen das Wort.
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<p>Warum beschränken sich die Antiautoritären nicht darauf, gegen
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die politische Autorität, gegen den Staat zu schreien? Alle Sozialisten
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sind darin einverstanden, daß der Staat und mit ihm die politische
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Autorität infolge der künftigen sozialen Revolution verschwinden
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werden; das heißt, daß die öffentlichen Funktionen ihren
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politischen Charakter verlieren und sich in einfache administrative Funktionen
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verwandeln werden, die die sozialen Interessen überwachen. Die Antiautoritären
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aber fordern, daß der politische Staat mit einem Schlage abgeschafft
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werde, noch früher, als die sozialen Verhältnisse abgeschafft
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sind, die ihn erzeugt haben. Sie fordern, daß der erste Akt der sozialen
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Revolution die Abschaffung der Autorität sein soll.
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|
<p>Haben sie einmal eine Revolution gesehen, diese Herren? Eine Revolution
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ist gewiß die autoritärste Sache, die es gibt, ein Akt, durch
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den ein Teil der Bevölkerung seinen Willen dem anderen Teil durch
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Flinten, Bajonette und Kanonen, alles das sehr autoritäre Mittel,
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||
|
aufzwingt; und die Partei, die gesiegt hat, muß ihre Herrschaft durch
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den Schrecken, den ihre Waffen den Reaktionären einflößen,
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behaupten. Und hätte sich die Pariser Kommune nicht der Autorität
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||
|
eines bewaffneten Volkes gegen die Bourgeoisie bedient, hätte sie
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sich länger als einen Tag behauptet? Können wir sie nicht umgekehrt
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tadeln, daß sie sich zuwenig dieser Autorität bedient habe?
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|
Also: entweder - oder: Entweder die Antiautoritären wissen selbst
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nicht, was sie sagen, und in diesem Falle schaffen sie nur Konfusion, oder
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sie wissen es, und in diesem Falle verraten sie die Sache des Proletariats.
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In beiden Fällen dienen sie nur der Reaktion." (S. 39.)
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<p>In dieser Betrachtung sind Fragen berührt, die im Zusammenhang
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mit dem Verhältnis zwischen Politik und Ökonomie beim Absterben
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|
des Staates betrachtet werden müssen (diesem Thema ist das nachfolgende
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|
Kapitel gewidmet). Das sind: die Frage der Umwandlung der öffentlichen
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||
|
Funktionen aus politischen in einfache administrative und die Frage des
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|
"politischen Staates". Dieser letzte Ausdruck, der besonders geeignet ist,
|
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|
Mißverständnisse hervorzurufen, deutet auf den Prozeß
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||
|
des Absterbens des Staates hin: Den absterbenden Staat kann man auf einer
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||
|
gewissen Stufe seines Absterbens als unpolitischen Staat bezeichnen.
|
||
|
<p>Am bemerkenswertesten ist in dieser Engelsschen Betrachtung wiederum
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||
|
die gegen die Anarchisten gebrauchte Fragestellung. Die Sozialdemokraten,
|
||
|
die Schüler von Engels sein wollen, haben sich seit 1873 millionenmal
|
||
|
mit den Anarchisten herumgestritten, aber eben NICHT so, wie Marxisten
|
||
|
streiten können und sollen. Die anarchistische Vorstellung von der
|
||
|
Abschaffung des Staates ist konfus und UNREVOLUTIONÄR - so stellte
|
||
|
Engels die Frage. Die Anarchisten wollen gerade die Revolution in ihrem
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||
|
Entstehen und in ihrer Entwicklung, in ihren spezifischen Aufgaben hinsichtlich
|
||
|
der Gewalt, der Autorität, der Macht und des Staates nicht sehen.
|
||
|
<p>Die bei den heutigen Sozialdemokraten übliche Kritik am Anarchismus
|
||
|
läuft auf die reinste kleinbürgerliche Plattheit hinaus: "Wir
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||
|
erkennen den Staat an, die Anarchisten nicht!" Natürlich muß
|
||
|
eine solche Plattheit auf einigermaßen denkende und revolutionäre
|
||
|
Arbeiter abstoßend wirken. Engels sagt etwas anderes: Er betont,
|
||
|
daß alle Sozialisten das Verschwinden des Staates als Folge der sozialistischen
|
||
|
Revolution anerkennen. Er stellt dann konkret die Frage der Revolution,
|
||
|
eben jene Frage, die die Sozialdemokraten aus Opportunismus zu umgehen
|
||
|
pflegen, deren "Bearbeitung" sie sozusagen ausschließlich den Anarchisten
|
||
|
überlassen. Und mit dieser Frage packt Engels den Stier bei den Hörnern:
|
||
|
Hätte sich die Kommune nicht MEHR der REVOLUTIONÄREN Macht des
|
||
|
STAATES, d.h. des bewaffneten, als herrschende Klasse organisierten Proletariats,
|
||
|
bedienen sollen? Die herrschende offizielle Sozialdemokratie pflegt die
|
||
|
Frage nach den konkreten Aufgaben des Proletariats in der Revolution entweder
|
||
|
einfach mit Philisterspötteleien oder bestenfalls mit der ausweichenden
|
||
|
sophistischen Redewendung abzutun: "Das werden wir dann sehen." Und die
|
||
|
Anarchisten durften mit Recht von dieser Sozialdemokratie behaupten, daß
|
||
|
sie ihre Aufgabe preisgebe, die Arbeiter im revolutionären Geist zu
|
||
|
erziehen. Engels nutzt die Erfahrungen der letzten proletarischen Revolution
|
||
|
zur ganz konkreten Erforschung dessen aus, was das Proletariat sowohl in
|
||
|
bezug auf die Banken als auch in bezug auf den Staat zu tun hat und wie
|
||
|
das zu tun ist.
|
||
|
<p>3. Ein Brief an Bebel
|
||
|
<p>Eine der bemerkenswertesten, wenn nicht die bemerkenswerteste Betrachtung
|
||
|
in den Werken von Marx und Engels über den Staat ist folgende Stelle
|
||
|
in einem Brief von Engels an Bebel vom 18./28. März 1875. Dieser Brief
|
||
|
ist, nebenbei bemerkt, unseres Wissens zum ersten Male von Bebel im Zweiten
|
||
|
Teil seiner Memoiren ("Aus meinem Leben") veröffentlicht worden, der
|
||
|
1911, also 36 Jahre nach Niederschrift und Absendung des Briefes, erschienen
|
||
|
ist.
|
||
|
<p>Engels kritisierte in seinem Brief an Bebel denselben Entwurf des Gothaer
|
||
|
Programms, an dem auch Marx in seinem berühmten Brief an Bracke Kritik
|
||
|
übte. Speziell zur Frage des Staates schrieb Engels folgendes:
|
||
|
<p>"Der freie Volksstaat ist in den freien Staat verwandelt. Grammatikalisch
|
||
|
genommen ist ein freier Staat ein solcher, wo der Staat frei gegenüber
|
||
|
seinen Bürgern ist, also ein Staat mit despotischer Regierung. Man
|
||
|
sollte das ganze Gerede vom Staat fallenlassen, besonders seit der Kommune,
|
||
|
die schon kein Staat im eigentlichen Sinne mehr war. Der 'Volksstaat' ist
|
||
|
uns von den Anarchisten bis zum Überdruß in die Zähne geworfen
|
||
|
worden, obwohl schon die Schrift Marx' gegen Proudhon und nachher das 'Kommunistische
|
||
|
Manifest' direkt sagen, daß mit Einführung der sozialistischen
|
||
|
Gesellschaftsordnung der Staat sich von selbst auflöst und verschwindet.
|
||
|
Da nun der Staat doch nur eine vorübergehende Einrichtung ist, deren
|
||
|
man sich im Kampf, in der Revolution bedient, um seine Gegner gewaltsam
|
||
|
niederzuhalten, so ist es purer Unsinn, von freiem Volksstaat zu sprechen:
|
||
|
solange das Proletariat den Staat noch GEBRAUCHT, gebraucht es ihn nicht
|
||
|
im Interesse der Freiheit, sondern der Niederhaltung seiner Gegner, und
|
||
|
sobald von Freiheit die Rede sein kann, hört der Staat als solcher
|
||
|
auf zu bestehen. Wir würden daher vorschlagen, überall statt
|
||
|
Staat 'Gemeinwesen' zu setzen, ein gutes altes deutsches Wort, das das
|
||
|
französische 'Kommune' sehr gut vertreten kann." (S. 321/322 des deutschen
|
||
|
Originals.) (23)
|
||
|
<p>Man muß im Auge behalten, daß dieser Brief sich auf das
|
||
|
Parteiprogramm bezieht, das Marx in einem nur wenige Wochen später
|
||
|
geschriebenen Brief (vom 5. Mai 1875) kritisierte, und daß Engels
|
||
|
damals mit Marx zusammen in London lebte. Wenn also Engels im letzten Satz
|
||
|
"wir" sagt, so empfiehlt er zweifellos in seinem und in Marx' Namen dem
|
||
|
Führer der deutschen Arbeiterpartei, das Wort "Staat" AUS DEM PROGRAMM
|
||
|
ZU STREICHEN und es durch das Wort "Gemeinwesen" zu ersetzen.
|
||
|
<p>Welches Geheul über "Anarchismus" würden die Häuptlinge
|
||
|
des jetzigen, für die Opportunisten gebrauchsfertig zurechtgemachten
|
||
|
"Marxismus" erheben, wenn man ihnen eine solche Korrektur am Programm vorschlagen
|
||
|
wollte!
|
||
|
<p>Mögen sie heulen. Dafür wird sie die Bourgeoisie loben.
|
||
|
<p>Wir aber werden unser Werk weiter tun. Bei der Überprüfung
|
||
|
unseres Parteiprogramms muß der Ratschlag von Engels und Marx unbedingt
|
||
|
berücksichtigt werden, um der Wahrheit näher zu kommen, um den
|
||
|
Marxismus wiederherzustellen und ihn von Entstellungen zu säubern,
|
||
|
um den Kampf der Arbeiterklasse für ihre Befreiung sicherer zu lenken.
|
||
|
Unter den Bolschewiki werden sich gewiß keine Gegner des Ratschlags
|
||
|
von Engels und Marx finden. Die Schwierigkeit dürfte wohl nur im Terminus
|
||
|
liegen. Im Deutschen gibt es zwei Wörter: "Gemeinde" und "Gemeinwesen",
|
||
|
von denen Engels dasjenige wählte, das NICHT die einzelne Gemeinde,
|
||
|
sondern die Gesamtheit, das System der Gemeinden, bedeutet. Im Russischen
|
||
|
gibt es kein entsprechendes Wort, und man wird sich vielleicht für
|
||
|
das französische Wort "Kommune" entscheiden müssen, obgleich
|
||
|
auch das seine Nachteile hat.
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<p>"Die Kommune, die schon kein Staat im eigentlichen Sinne mehr war" -
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das ist eine theoretisch höchst wichtige Behauptung von Engels. Nach
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dem oben Dargelegten ist diese Behauptung durchaus begreiflich. Die Kommune
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HÖRTE AUF, ein Staat zu sein, insofern sie nicht die Mehrheit der
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Bevölkerung, sondern eine Minderheit (die Ausbeuter) niederzuhalten
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hatte; die bürgerliche Staatsmaschine wurde von ihr zerschlagen; an
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der Stelle einer BESONDEREN Repressionsgewalt trat die Bevölkerung
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selbst auf den Plan. Alles das sind Abweichungen vom Staat im eigentlichen
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Sinne. Und hätte sich die Kommune behauptet, so wären in ihr
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die Spuren des Staates von selbst "abgestorben", sie hätten seine
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Institutionen nicht "abzuschaffen" brauchen, diese hätten in dem Maße
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aufgehört zu funktionieren, wie sie nichts mehr zu tun gehabt hätten.
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<p>"Der 'Volksstaat' ist uns von den Anarchisten bis zum Überdruß
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in die Zähne geworfen worden", sagt Engels und meint in erster Linie
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Bakunin und dessen Ausfälle gegen die deutschen Sozialdemokraten.
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Engels erkennt diese Ausfälle INSOWEIT für berechtigt an, als
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der "Volksstaat" ein ebensolcher Unsinn und ein ebensolches Abweichen vom
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Sozialismus ist wie auch der "freie Volksstaat". Engels ist bemüht,
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den Kampf der deutschen Sozialdemokraten gegen die Anarchisten zu korrigieren,
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diesem Kampf die prinzipiell richtige Linie zu geben, ihn von den opportunistischen
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Vorurteilen in bezug auf den "Staat" zu reinigen. Aber leider! Der Brief
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von Engels hat 36 Jahre lang in einer Schreibtischschublade gelegen. Wir
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werden weiter unten sehen, daß auch nach der Veröffentlichung
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dieses Briefes Kautsky im wesentlichen die gleichen Fehler hartnäckig
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wiederholt, vor denen Engels warnte.
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<p>Bebel antwortet Engels mit einem Brief vom 21. September 1875, in dem
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er unter anderem schrieb, daß er mit Engels' Urteil über die
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Programmvorlage "vollkommen übereinstimme" und daß er Liebknecht
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Nachgiebigkeit vorgeworfen habe (Bebel, "Aus meinem Leben", Zweiter Teil,
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S. 334). Nimmt man jedoch Bebels Broschüre "Unsere Ziele" zur Hand,
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so findet man in ihr vollkommen falsche Betrachtungen über den Staat:
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<p>"Der Staat soll also aus einem auf KLASSENHERRSCHAFT beruhenden Staat
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in einen VOLKSSTAAT verwandelt werden." ("Unsere Ziele", deutsche Ausgabe
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von 1886, S. 14.)
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<p>So zu lesen in der NEUNTEN (neunten!) Auflage der Bebelschen Broschüre!
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Kein Wunder, daß die so hartnäckig wiederholten opportunistischen
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Betrachtungen über den Staat der deutschen Sozialdemokratie in Fleisch
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und Blut übergingen, besonders da man die revolutionären Erläuterungen
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von Engels vor der Welt geheimhielt und da die ganzen Lebensverhältnisse
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für lange Zeit von der Revolution "entwöhnten".
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<p>4. Kritik des Entwurfs des Erfurter Programms
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<p>Die Kritik des Entwurfs des Erfurter Programms (24), die Engels am 29.
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Juni 1891 an Kautsky sandte und die erst zehn Jahre später in der
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"Neuen Zeit" veröffentlicht wurde, darf bei der Analyse der marxistischen
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Lehre vom Staat nicht übergangen werden, da sie hauptsächlich
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gerade der Kritik der OPPORTUNISTISCHEN Anschauungen der Sozialdemokratie
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in den Fragen der STAATSordnung gewidmet ist.
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<p>Nebenbei sei bemerkt, daß Engels in Fragen der Ökonomik ebenfalls
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einen außerordentlich wertvollen Fingerzeig gibt, der beweist, wie
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aufmerksam und überlegt er namentlich die Veränderungen des modernen
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Kapitalismus verfolgte und wie er es daher verstand, bis zu einem gewissen
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Grad die Aufgaben unserer, der imperialistischen, Epoche vorwegzunehmen.
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Hier dieser Fingerzeig: Über das Wort "Planlosigkeit", das im Programmentwurf
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zur Kennzeichnung des Kapitalismus angewendet wurde, schreibt Engels:
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<p>"... wenn wir von den Aktiengesellschaften übergehen zu den Trusts,
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die ganze Industriezweige beherrschen und monopolisieren, so hört
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da nicht nur die Privatproduktion auf, sondern auch die Planlosigkeit"
|
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("Neue Zeit", XX. Jahrgang, 1901/02, Bd. 1, S. 8).
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<p>Hier ist das Grundlegende in der theoretischen Einschätzung des
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neuesten Kapitalismus, d.h. des Imperialismus, gegeben, nämlich, daß
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sich der Kapitalismus in monopolistischen KAPITALISMUS verwandelt. Das
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letztere muß besonders hervorgehoben werden, denn zu den meistverbreiteten
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Irrtümern gehört die bürgerlich-reformistische Behauptung,
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der monopolistische oder staatsmonopolistische Kapitalismus sei SCHON KEIN
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Kapitalismus mehr, er könne bereits als "Staatssozialismus" bezeichnet
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werden und ähnliches mehr. Eine vollständige Planmäßigkeit
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boten die Trusts natürlich nicht, bieten sie bis auf den heutigen
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Tag nicht und können sie nicht bieten. Soweit sie auch Planmäßigkeit
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bieten, soweit die Kapitalmagnaten den Umfang der Produktion in nationalem
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oder gar internationalem Maßstab auch im voraus berechnen, soweit
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sie die Produktion auch planmäßig regulieren - wir verbleiben
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|
trotz allem im KAPITALISMUS, wenn auch in einem neuen Stadium, aber doch
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unverkennbar im Kapitalismus. Die "Nähe" eines SOLCHEN Kapitalismus
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zum Sozialismus muß für wirkliche Vertreter des Proletariats
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ein Beweisgrund sein für die Nähe, Leichtigkeit, Durchführbarkeit
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und Dringlichkeit der sozialistischen Revolution, keineswegs aber ein Argument
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dafür, daß man die Ablehnung dieser Revolution und die Beschönigung
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des Kapitalismus, wie dies bei allen Reformisten zu finden ist, tolerant
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hinnehmen solle.
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<p>Doch kehren wir zur Frage des Staates zurück. Engels gibt hier
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dreierlei besonders wertvolle Hinweise: erstens in der Frage der Republik,
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|
zweitens über den Zusammenhang zwischen der nationalen Frage und der
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Staatsordnung und drittens über die lokale Selbstverwaltung.
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<p>Was die Republik betrifft, so hat Engels sie zum Schwerpunkt seiner
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Kritik am Entwurf des Erfurter Programms gemacht. Und wenn wir bedenken,
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welche Bedeutung das Erfurter Programm in der ganzen internationalen Sozialdemokratie
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gewonnen hat, daß es für die gesamte II. Internationale zum
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Vorbild geworden ist, so wird man ohne Übertreibung sagen dürfen,
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|
daß Engels hier den Opportunismus der gesamten II. Internationale
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kritisiert.
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<p>"Die politischen Forderungen des Entwurfs", schreibt Engels, "haben
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einen großen Fehler. Das, was eigentlich gesagt werden sollte, STEHT
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NICHT DRIN" (hervorgehoben von Engels).
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|
<p>Und weiter wird auseinandergesetzt, daß die deutsche Reichsverfassung
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im Grunde einen Abklatsch der äußerst reaktionären Verfassung
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|
von 1850 bilde, daß der Reichstag nach einem Ausspruch Wilhelm Liebknechts
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nur das "Feigenblatt des Absolutismus" sei, daß auf Grundlage dieser
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Verfassung, die die Kleinstaaterei und den Bund der deutschen Kleinstaaten
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sanktioniert, eine "Umwandlung aller Arbeitsmittel in Gemeineigentum" durchführen
|
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|
zu wollen, "augenscheinlich sinnlos" sei.
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<p>"Daran zu tasten ist aber gefährlich", fügt Engels hinzu,
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|
der nur zu gut weiß, daß es unmöglich ist, in Deutschland
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im Programm die Forderung der Republik legal zu erheben. Aber mit dieser
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einleuchtenden Erwägung, mit der sich "alle" zufriedengeben, findet
|
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|
sich Engels nicht ohne weiteres ab. Er fährt fort: "Und dennoch muß
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|
so oder so die Sache angegriffen werden. Wie nötig das ist, beweist
|
||
|
gerade jetzt der in einem großen Teile der sozialdemokratischen Presse
|
||
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einreißende Opportunismus. Aus Furcht vor einer Erneuerung des Sozialistengesetzes,
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aus der Erinnerung an allerlei unter der Herrschaft jenes Gesetzes gefallenen
|
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voreiligen Äußerungen soll jetzt auf einmal der gegenwärtige
|
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gesetzliche Zustand in Deutschland der Partei genügen können,
|
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|
alle ihre Forderungen auf friedlichem Wege durchzuführen."
|
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|
<p>Daß die deutschen Sozialdemokraten aus Furcht vor einer Wiedereinführung
|
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|
des Ausnahmegesetzes handelten, diese grundlegende Tatsache rückt
|
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|
Engels in den Vordergrund und bezeichnet sie ohne Umschweife als Opportunismus;
|
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|
gerade weil in Deutschland Republik und Freiheit fehlen, erklärt er
|
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die Träume von einem "friedlichen" Weg für völlig sinnlos.
|
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|
Engels ist vorsichtig genug, sich nicht die Hände zu binden. Er gibt
|
||
|
zu, daß man sich in Republiken oder sonst in Ländern mit weitgehender
|
||
|
Freiheit eine friedliche Entwicklung zum Sozialismus "vorstellen kann"
|
||
|
(nur "vorstellen"!), aber in Deutschland, wiederholt er,
|
||
|
<p>"... in Deutschland, wo die Regierung fast allmächtig und der Reichstag
|
||
|
und alle anderen Vertretungskörperschaften ohne wirkliche Macht, in
|
||
|
Deutschland so etwas proklamieren und noch dazu ohne Not, heißt das
|
||
|
Feigenblatt dem Absolutismus abnehmen und sich selbst vor die Blöße
|
||
|
binden."
|
||
|
<p>Die offiziellen Führer der deutschen sozialdemokratischen Partei,
|
||
|
die diese Hinweise "zu den Akten" gelegt hatte, erwiesen sich in ihrer
|
||
|
überwiegenden Mehrheit denn auch in der Tat als Schirmer des Absolutismus.
|
||
|
<p>"Eine solche Politik kann nur die eigene Partei auf die Dauer irreführen.
|
||
|
Man schickt allgemeine, abstrakte politische Fragen in den Vordergrund
|
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|
und verdeckt dadurch die nächsten konkreten Fragen, die Fragen, die
|
||
|
bei den ersten großen Ereignissen, bei der ersten politischen Krise
|
||
|
sich selbst auf die Tagesordnung setzen. Was kann dabei herauskommen, als
|
||
|
daß die Partei plötzlich im entscheidenden Moment ratlos ist,
|
||
|
daß über die entscheidendsten Punkte Unklarheit und Uneinigkeit
|
||
|
herrscht, weil diese Punkte nie diskutiert worden sind ...
|
||
|
<p>Dies Vergessen der großen Hauptgesichtspunkte über den augenblicklichen
|
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Interessen des Tages, dies Ringen und Trachten nach dem Augenblickserfolg
|
||
|
ohne Rücksicht auf die späteren Folgen, dies Preisgeben der Zukunft
|
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der Bewegung um der Gegenwart der Bewegung willen mag 'ehrlich' gemeint
|
||
|
sein, aber Opportunismus ist und bleibt es, und der 'ehrliche' Opportunismus
|
||
|
ist vielleicht der gefährlichste von allen ...
|
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|
<p>Wenn etwas feststeht, so ist es dies, daß unsere Partei und die
|
||
|
Arbeiterklasse nur zur Herrschaft kommen kann unter der Form der demokratischen
|
||
|
Republik. Diese ist sogar die spezifische Form für die Diktatur des
|
||
|
Proletariats, wie schon die große französische Revolution gezeigt
|
||
|
hat."
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||
|
<p>Engels wiederholt hier in besonders plastischer Form jenen Grundgedanken,
|
||
|
der sich wie ein roter Faden durch alle Werke von Marx zieht, nämlich,
|
||
|
daß die demokratische Republik der unmittelbare Zugang zur Diktatur
|
||
|
des Proletariats ist. Denn diese Republik, die in keiner Weise die Herrschaft
|
||
|
des Kapitals und somit die Unterdrückung der Massen und den Klassenkampf
|
||
|
beseitigt, führt unvermeidlich zu solcher Ausdehnung, Entfaltung,
|
||
|
Entblößung und Verschärfung dieses Kampfes, daß,
|
||
|
sobald einmal die Möglichkeit entsteht, die Grundinteressen der unterdrückten
|
||
|
Massen zu befriedigen, diese Möglichkeit unausbleiblich und allein
|
||
|
durch die Diktatur des Proletariats verwirklicht wird, dadurch, daß
|
||
|
das Proletariat die Massen führt. Für die gesamte II. Internationale
|
||
|
sind auch das "vergessene Worte" des Marxismus, und das Vergessen dieser
|
||
|
Worte trat außerordentlich kraß in der Geschichte der Partei
|
||
|
der Menschewiki während des ersten halben Jahres der russischen Revolution
|
||
|
von 1917 zutage.
|
||
|
<p>Zur Frage der Föderativrepublik im Zusammenhang mit der nationalen
|
||
|
Zusammensetzung der Bevölkerung schrieb Engels:
|
||
|
<p>"Was soll an die Stelle" (des jetzigen Deutschlands mit seiner reaktionären
|
||
|
monarchistischen Verfassung und der ebenso reaktionären Kleinstaaterei,
|
||
|
die das spezifische "Preußentum" verewigt, statt beides in Deutschland
|
||
|
als Ganzem aufgehen zu lassen) "treten? Nach meiner Ansicht kann das Proletariat
|
||
|
nur die Form der einen und unteilbaren Republik gebrauchen. Die Föderativrepublik
|
||
|
ist auf dem Riesengebiet der Vereinigten Staaten jetzt noch im ganzen eine
|
||
|
Notwendigkeit, obgleich sie im Osten bereits ein Hindernis wird. Sie wäre
|
||
|
ein Fortschritt in England, wo vier Nationen auf den beiden Inseln wohnen
|
||
|
und trotz eines Parlaments schon jetzt dreierlei Gesetzsysteme nebeneinander
|
||
|
bestehen. Sie ist in der kleinen Schweiz schon längst ein Hindernis
|
||
|
geworden, erträglich nur, weil die Schweiz sich damit begnügt,
|
||
|
ein rein passives Glied des europäischen Staatensystems zu sein. Für
|
||
|
Deutschland wäre die föderalistische Verschweizerung ein enormer
|
||
|
Rückschritt. Zwei Punkte unterscheiden den Bundesstaat vom Einheitsstaat,
|
||
|
daß jeder verbündete Einzelstaat, jeder Kanton seine eigene
|
||
|
Zivil- und Kriminalgesetzgebung und Gerichtsverfassung hat, und dann, daß
|
||
|
neben dem Volkshaus ein Staatenhaus besteht, worin jeder Kanton, groß
|
||
|
oder klein, als solcher stimmt." In Deutschland ist der Bundesstaat der
|
||
|
Übergang zum Einheitsstaat, und die 1866 und 1870 gemachte "Revolution
|
||
|
von oben" darf man nicht wieder rückgängig machen, sondern muß
|
||
|
sie durch eine "Bewegung von unten" ergänzen.
|
||
|
<p>Die Staatsformen sind Engels keineswegs gleichgültig, er ist im
|
||
|
Gegenteil bemüht, mit außerordentlicher Sorgfalt gerade die
|
||
|
Übergangsformen zu analysieren, um je nach den konkret-historischen
|
||
|
Eigentümlichkeiten jedes Einzelfalles festzustellen, WOVON und WOZU
|
||
|
die betreffende Form den Übergang bildet.
|
||
|
<p>Engels, wie auch Marx, verficht vom Standpunkt des Proletariats und
|
||
|
der proletarischen Revolution aus den demokratischen Zentralismus, die
|
||
|
eine und unteilbare Republik. Die föderative Republik betrachtet er
|
||
|
entweder als Ausnahmefall und als Hindernis der Entwicklung oder als Übergang
|
||
|
von der Monarchie zur zentralistischen Republik, unter bestimmten besonderen
|
||
|
Verhältnissen als einen "Fortschritt". Und unter diesen besonderen
|
||
|
Verhältnissen rückt die nationale Frage in den Vordergrund.
|
||
|
<p>Bei Engels wie auch bei Marx findet man, trotz ihrer schonungslosen
|
||
|
Kritik an der reaktionären Kleinstaaterei und an der Verschleierung
|
||
|
dieses ihres reaktionären Charakters durch die nationale Frage in
|
||
|
bestimmten konkreten Fällen, nirgends die leiseste Spur eines Bestrebens,
|
||
|
der nationalen Frage aus dem Wege zu gehen, eines Bestrebens, das sich
|
||
|
häufig die holländischen und polnischen Marxisten zuschulden
|
||
|
kommen lassen, die von dem durchaus berechtigten Kampf gegen den spießerhaft-beschränkten
|
||
|
Nationalismus "ihrer" kleinen Staaten ausgehen.
|
||
|
<p>Selbst in England, wo sowohl die geographischen Bedingungen als auch
|
||
|
die Gemeinsamkeit der Sprache und die Geschichte vieler Jahrhunderte die
|
||
|
nationale Frage in den einzelnen kleinen Teilen Englands "erledigt" zu
|
||
|
haben scheinen, selbst hier trägt Engels der klaren Tatsache Rechnung,
|
||
|
daß die nationale Frage noch nicht überwunden ist, und sieht
|
||
|
darum in der föderativen Republik einen "Fortschritt". Selbstverständlich
|
||
|
ist hier auch nicht der geringste Verzicht auf eine Kritik an den Mängeln
|
||
|
der föderativen Republik, auf die entschiedenste Propaganda und den
|
||
|
Kampf für eine einheitliche, zentralistisch-demokratische Republik
|
||
|
zu finden.
|
||
|
<p>Engels faßt aber den demokratischen Zentralismus keineswegs in
|
||
|
dem bürokratischen Sinne auf, in dem die bürgerlichen und kleinbürgerlichen
|
||
|
Ideologen, darunter auch die Anarchisten, diesen Begriff gebrauchen. Der
|
||
|
Zentralismus schließt für Engels nicht im geringsten jene weitgehende
|
||
|
lokale Selbstverwaltung aus, die, bei freiwilliger Wahrung der Einheit
|
||
|
des Staates durch die "Kommunen" und Provinzen, jeden Bürokratismus
|
||
|
und jedes "Kommandieren" von oben unbedingt beseitigt.
|
||
|
<p>"Also einheitliche Republik", schreibt Engels, die programmatischen
|
||
|
Ansichten des Marxismus über den Staat entwickelnd. "Aber nicht im
|
||
|
Sinne der heutigen französischen, die weiter nichts ist als das 1798
|
||
|
begründete Kaiserreich ohne den Kaiser. Von 1792 bis 1798 besaß
|
||
|
jedes französische Departement, jede Gemeinde vollständige Selbstverwaltung
|
||
|
nach amerikanischem Muster, und das müssen wir auch haben. Wie die
|
||
|
Selbstverwaltung einzurichten ist und wie man ohne Bürokratie fertig
|
||
|
werden kann, das bewies uns Amerika und die erste französische Republik,
|
||
|
und noch heute Australien, Kanada und die anderen englischen Kolonien.
|
||
|
Und eine solche provinzielle und gemeindliche Selbstverwaltung ist weit
|
||
|
freier als zum Beispiel der Schweizer Föderalismus, wo der Kanton
|
||
|
zwar sehr unabhängig ist gegenüber dem Bund" (d.h. dem föderativen
|
||
|
Gesamtstaat), "aber auch gegenüber dem Bezirk und der Gemeinde. Die
|
||
|
Kantonalregierungen ernennen Bezirksstatthalter und Präfekten, wovon
|
||
|
man in den Ländern englischer Zunge nichts weiß und die wir
|
||
|
uns ebenso höflichst in Zukunft verbeten haben wollen, wie die preußischen
|
||
|
Landräte und Regierungsräte" (Kommissare, Kreispolizeichefs,
|
||
|
Gouverneure, überhaupt alle von oben ernannten Beamten). Engels empfiehlt
|
||
|
dementsprechend, im Programm den Punkt über die Selbstverwaltung wie
|
||
|
folgt zu formulieren: "Vollständige Selbstverwaltung in Provinz" (Gouvernement
|
||
|
oder Gebiet), "Kreis und Gemeinde durch nach allgemeinem Stimmrecht gewählte
|
||
|
Beamte. Abschaffung aller von Staats wegen ernannten Lokal- und Provinzialbehörden."
|
||
|
<p>In der von der Regierung Kerenskis und der anderen "sozialistischen"
|
||
|
Minister verbotenen "Prawda" (Nr. 68 vom 28. Mai 1917) (25) hatte ich bereits
|
||
|
Gelegenheit, darauf hinzuweisen, wie in diesem Punkt - freilich bei weitem
|
||
|
nicht nur in diesem allein - unsere angeblich sozialistischen Vertreter
|
||
|
einer angeblich revolutionären angeblichen Demokratie sich himmelschreiende
|
||
|
Verstöße GEGEN DEN DEMOKRATISMUS leisteten. Es ist begreiflich,
|
||
|
daß Leute, die sich durch eine "Koalition" mit der imperialistischen
|
||
|
Bourgeoisie gebunden haben, für diese Hinweise taub blieben.
|
||
|
<p>Es ist äußerst wichtig hervorzuheben, daß Engels an
|
||
|
Hand von Tatsachen, an einem ganz exakten Beispiel, das - besonders unter
|
||
|
der kleinbürgerlichen Demokratie - weitverbreitete Vorurteil widerlegt,
|
||
|
die föderative Republik bedeute unbedingt mehr Freiheit als die zentralistische.
|
||
|
Das ist falsch. Das widerlegen die Tatsachen, die Engels über die
|
||
|
zentralistische französische Republik von 1792 bis 1798 und die föderalistische
|
||
|
schweizerische Republik anführt. Die wirklich demokratische zentralistische
|
||
|
Republik bot MEHR Freiheit als die föderalistische. Oder anders ausgedrückt:
|
||
|
Die GRÖßTE lokale, provinzielle, usw. Freiheit, die die Geschichte
|
||
|
kennt, hat die ZENTRALISTISCHE und nicht die föderative Republik geboten.
|
||
|
<p>Dieser Tatsache, wie überhaupt der ganzen Frage der föderativen
|
||
|
und der zentralistischen Republik sowie der lokalen Selbstverwaltung, wurde
|
||
|
und wird in unserer Parteipropaganda und -agitation nicht genügend
|
||
|
Beachtung geschenkt.
|
||
|
<p>5. Die Einleitung vom Jahre 1891 zu Marx' "Der Bürgerkrieg in Frankreich"
|
||
|
<p>In seiner Einleitung zur dritten Auflage des "Bürgerkriegs in Frankreich"
|
||
|
- diese Einleitung datiert vom 18. März 1891 und war ursprünglich
|
||
|
in der "Neuen Zeit" veröffentlicht - gibt Engels neben interessanten
|
||
|
beiläufigen Bemerkungen zu Fragen, die mit dem Verhältnis zum
|
||
|
Staat zusammenhängen, eine überaus prägnante Zusammenfassung
|
||
|
der Lehren der Kommune (26). Diese Zusammenfassung, vertieft durch die
|
||
|
ganze Erfahrung eines Zeitabschnitts von zwanzig Jahren, der den Verfasser
|
||
|
von der Kommune trennte, und speziell gegen die in Deutschland verbreitete
|
||
|
"abergläubische Verehrung des Staats" gerichtet, kann mit Recht als
|
||
|
das LETZTE WORT des Marxismus zu der Frage, die wir hier untersuchen, bezeichnet
|
||
|
werden.
|
||
|
<p>In Frankreich, bemerkt Engels, waren die Arbeiter nach jeder Revolution
|
||
|
bewaffnet, "für die am Staatsruder befindlichen Bourgeois war daher
|
||
|
Entwaffnung der Arbeiter erstes Gebot. Daher nach jeder, durch die Arbeiter
|
||
|
erkämpften Revolution ein neuer Kampf, der mit der Niederlage der
|
||
|
Arbeiter endigt."
|
||
|
<p>Diese Bilanz der Erfahrungen der bürgerlichen Revolutionen ist
|
||
|
ebenso kurz wie bedeutungsvoll. Das Wesen der Sache - unter anderem auch
|
||
|
in der Frage des Staates (OB DIE UNTERDRÜCKTE KLASSE WAFFEN BESITZT)
|
||
|
- ist hier treffend erfaßt. Gerade diesen Kern umgehen meistenteils
|
||
|
sowohl die unter dem Einfluß der bürgerlichen Ideologie stehenden
|
||
|
Professoren als auch die kleinbürgerlichen Demokraten. In der russischen
|
||
|
Revolution von 1917 fiel dem "Menschewik" und "Auch-Marxisten" Zereteli
|
||
|
die Ehre zu (eine Cavaignacsche Ehre), dieses Geheimnis der bürgerlichen
|
||
|
Revolutionen auszuplaudern. In seiner "historischen" Rede vom 11. Juni
|
||
|
plauderte Zereteli aus der Schule, die Bourgeoisie sei entschlossen, die
|
||
|
Petrograder Arbeiter zu entwaffnen, wobei er natürlich diesen Beschluß
|
||
|
auch als seinen eigenen wie überhaupt als eine "Staats"notwendigkeit
|
||
|
hinstellte!
|
||
|
<p>Die historische Rede Zeretelis vom 11. Juni wird natürlich für
|
||
|
jeden Geschichtsschreiber der Revolution von 1917 eine der anschaulichsten
|
||
|
Illustrationen dafür bieten, wie sich der von Herrn Zereteli geführte
|
||
|
Block der Sozialrevolutionäre und Menschewiki GEGEN das revolutionäre
|
||
|
Proletariat auf die Seite der Bourgeoisie geschlagen hat.
|
||
|
<p>Eine andere beiläufige Bemerkung von Engels, die ebenfalls mit
|
||
|
der Frage des Staates zusammenhängt, bezieht sich auf die Religion.
|
||
|
Es ist bekannt, daß die deutsche Sozialdemokratie in dem Maße,
|
||
|
wie sie versumpfte und immer opportunistischer wurde, immer häufiger
|
||
|
zu einer philisterhaften Falschdeutung der berühmten Formel "Erklärung
|
||
|
der Religion zur Privatsache" hinabsank. Nämlich: Diese Formel wurde
|
||
|
so gedeutet, als sei AUCH FÜR DIE PARTEI des revolutionären Proletariats
|
||
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die Frage der Religion Privatsache!! Gegen diesen völligen Verrat
|
||
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am revolutionären Programm des Proletariats macht Engels Front, der
|
||
|
1891 erst GANZ SCHWACHE Keime des Opportunismus in seiner Partei beobachtete
|
||
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und sich daher äußerst vorsichtig ausdrückte:
|
||
|
<p>"Wie in der Kommune fast nur Arbeiter oder anerkannte Arbeitervertreter
|
||
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saßen, so trugen auch ihre Beschlüsse einen entschieden proletarischen
|
||
|
Charakter. Entweder dekretierten sie Reformen, die die republikanische
|
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Bourgeoisie nur aus Feigheit unterlassen hatte, die aber für die freie
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Aktion der Arbeiterklasse eine notwendige Grundlage bildeten, wie die Durchführung
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des Satzes, daß DEM STAAT GEGENÜBER die Religion bloße
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Privatsache sei; oder sie erließ Beschlüsse direkt im Interesse
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der Arbeiterklasse und teilweise tief einschneidend in die alte Gesellschaftsordnung."
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<p>Engels unterstrich die Worte "dem Staat gegenüber" mit Vorbedacht,
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um haargenau den deutschen Opportunismus zu treffen, der die Religion DER
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PARTEI GEGENÜBER zur Privatsache erklärte und auf diese Weise
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die Partei des revolutionären Proletariats auf das Niveau eines banalen
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"freidenkerischen" Spießertums hinabdrückte, das bereit ist,
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Konfessionslosigkeit zu dulden, aber auf den Kampf der PARTEI gegen das
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volksverdummende Opium Religion verzichtet.
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<p>Der künftige Geschichtsschreiber der deutschen Sozialdemokratie
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wird beim Aufspüren der Wurzeln ihres schmachvollen Zusammenbruchs
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im Jahre 1914 nicht wenig interessantes Material zu dieser Frage vorfinden,
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angefangen von den ausweichenden, dem Opportunismus Tür und Tor öffnenden
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Erklärungen in den Artikeln Kautskys, des ideologischen Führers
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der Partei, bis zu dem Verhalten der Partei zu der "Los-von-der-Kirche-Bewegung"
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im Jahre 1913. Gehen wir jedoch zu den Lehren über, die Engels zwanzig
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Jahre nach der Kommune aus ihren Erfahrungen für das kämpfende
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Proletariat zog. Das sind die Lehren, die Engels in den Vordergrund rückte:
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<p>"Gerade die unterdrückende Macht der bisherigen zentralisierten
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Regierung, Armee, politische Polizei, Bürokratie, die Napoleon 1798
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geschaffen und die seitdem jede neue Regierung als willkommenes Werkzeug
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übernommen und gegen ihre Gegner ausgenutzt hatte, gerade diese Macht
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sollte überall fallen, wie sie in Paris bereits gefallen war.
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<p>Die Kommune mußte gleich von vornherein anerkennen, daß
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die Arbeiterklasse, einmal zur Herrschaft gekommen, nicht fortwirtschaften
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könne mit der alten Staatsmaschine; daß diese Arbeiterklasse,
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um nicht ihrer eignen, erst eben eroberten Herrschaft wieder verlustig
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zu gehn, einerseits alle die alte, bisher gegen sie selbst ausgenutzte
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Unterdrückungsmaschinerie beseitigen, andrerseits aber sich sichern
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müsse gegen ihre eignen Abgeordneten und Beamten, indem sie diese,
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ohne alle Ausnahme, für jederzeit absetzbar erklärte."
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<p>Engels unterstreicht immer wieder, daß nicht nur in der Monarchie,
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sondern AUCH IN DER DEMOKRATISCHEN REPUBLIK der Staat Staat bleibt, d.h.
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sein grundlegendes Unterscheidungsmerkmal beibehält: die beamteten
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Personen, die "Diener der Gesellschaft", ihre Organe in HERREN über
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die Gesellschaft zu verwandeln.
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<p>"Gegen diese, in allen bisherigen Staaten unumgängliche Verwandlung
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des Staates und der Staatsorgane aus Dienern der Gesellschaft in Herren
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der Gesellschaft wandte die Kommune zwei unfehlbare Mittel an. Erstens
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besetzte sie alle Stellen, verwaltende, richtende, lehrende, durch Wahl
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nach allgemeinem Stimmrecht der Beteiligten, und zwar auf jederzeitigen
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Widerruf durch dieselben Beteiligten. Und zweitens zahlte sie für
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alle Dienste, hohe wie niedrige, nur den Lohn, den andre Arbeiter empfingen.
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Das höchste Gehalt, das sie überhaupt zahlte, war 6000 Franken
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(27). Damit war der Stellenjägerei und dem Strebertum ein sichrer
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Riegel vorgeschoben, auch ohne die gebundnen Mandate bei Delegierten zu
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Vertretungskörpern, die noch zum Überfluß hinzugefügt
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wurden."
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<p>Engels gelangt hier an jene denkwürdige Grenze, wo eine konsequente
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Demokratie sich auf der einen Seite in Sozialismus VERWANDELT und auf der
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andern Seite den Sozialismus ERFORDERT. Denn zur Aufhebung des Staates
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ist nötig, daß die Funktionen des Staatsdienstes in solche einfachen
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Operationen der Kontrolle und Rechnungsführung verwandelt werden,
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die für die ungeheure Mehrheit der Bevölkerung und später
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für die gesamte Bevölkerung ohne Ausnahme verständlich und
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ausführbar sind. Zur völligen Beseitigung des Strebertums ist
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es erforderlich, daß ein "Ehrenamt" im Staatsdienst, auch wenn es
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nichts einbringt, NICHT als Sprungbrett dienen kann, um in hochbezahlte
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Stellungen bei Banken und Aktiengesellschaften zu gelangen, wie das in
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allen kapitalistischen Ländern, auch den freiesten, STÄNDIG vorkommt.
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<p>Engels begeht aber nicht den Fehler, den z.B. manche Marxisten in der
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Frage des Selbstbestimmungsrechts der Nationen begehen: im Kapitalismus
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sei die Selbstbestimmung unmöglich und im Sozialismus überflüssig.
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Eine derartige, anscheinend geistreiche, in Wirklichkeit aber falsche Argumentation
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ließe sich über jede BELIEBIGE demokratische Einrichtung wiederholen,
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auch über die bescheidenen Beamtengehälter, denn ein vollauf
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konsequenter Demokratismus ist unter dem Kapitalismus unmöglich, im
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Sozialismus wird aber jede Demokratie ABSTERBEN.
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<p>Das ist eine Sophisterei, die an die alte Scherzfrage erinnert, ob ein
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Mensch beginnt kahlköpfig zu werden, wenn er EIN Haar verliert.
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<p>Entwicklung der Demokratie BIS ZU ENDE, Auffinden der FORMEN einer solchen
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Entwicklung, ihre Erprobung in der PRAXIS usw. - das alles bildet eine
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der integrierten Aufgaben des Kampfes um die soziale Revolution. Für
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sich genommen wird kein Demokratismus den Sozialismus bringen. Im Leben
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aber wird der Demokratismus nie "für sich genommen", sondern er wird
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mit anderen Erscheinungen "zusammengenommen", er wird seinen Einfluß
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auch auf die Ökonomik ausüben, IHRE Umgestaltung fördern,
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dem Einfluß der ökonomischen Entwicklung unterliegen usw. Das
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ist die Dialektik der lebendigen Geschichte. Engels fährt fort:
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<p>"Diese Sprengung der bisherigen Staatsmacht und ihre Ersetzung durch
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eine neue, in Wahrheit demokratische, ist im dritten Abschnitt des 'Bürgerkriegs'
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eingehend geschildert. Es war aber nötig, hier nochmals kurz auf einige
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Züge derselben einzugehn, weil gerade in Deutschland der Aberglaube
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an den Staat aus der Philosophie sich in das allgemeine Bewußtsein
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der Bourgeoisie und selbst vieler Arbeiter übertragen hat. Nach der
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philosophischen Vorstellung ist der Staat die 'Verwirklichung der Idee'
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oder das ins Philosophische übersetzte Reich Gottes auf Erden, das
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Gebiet, worauf die ewige Wahrheit und Gerechtigkeit sich verwirklicht oder
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verwirklichen soll. Und daraus folgt dann eine abergläubische Verehrung
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des Staats und alles dessen, was mit dem Staat zusammenhängt, und
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die sich um so leichter einstellt, als man sich von Kindesbeinen daran
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gewöhnt hat, sich einzubilden, die der ganzen Gesellschaft gemeinsamen
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Geschäfte und Interessen könnten nicht anders besorgt werden,
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als wie sie bisher besorgt worden sind, nämlich durch den Staat und
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seine wohlbestallten Behörden. Und man glaubt schon einen ganz gewaltig
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kühnen Schritt getan zu haben, wenn man sich frei gemacht vom Glauben
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an die erbliche Monarchie und auf die demokratische Republik schwört.
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In Wirklichkeit aber ist der Staat nichts als eine Maschine zur Unterdrückung
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einer Klasse durch eine andre, und zwar in der demokratischen Republik
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nicht minder als in der Monarchie; und im besten Fall ein Übel, das
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dem im Kampf um die Klassenherrschaft siegreichen Proletariat vererbt wird,
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und dessen schlimmste Seiten es, ebensowenig wie die Kommune, umhinkönnen
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wird, sofort möglichst zu beschneiden, bis ein in neuen, freien Gesellschaftszuständen
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herangewachsenes Geschlecht imstande sein wird, den ganzen Staatsplunder
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von sich abzutun."
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<p>Engels ermahnte die Deutschen, bei der Ersetzung der Monarchie durch
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eine Republik nicht die Grundlagen des Sozialismus in der Frage des Staates
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überhaupt zu vergessen. Seine Warnungen lesen sich jetzt geradezu
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wie eine Lektion für die Herren Zereteli und Tschernow, die in ihrer
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"Koalitions"praxis ihren Aberglauben an den Staat und ihre abergläubische
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Verehrung des Staates offenbart haben!
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<p>Noch zwei Bemerkungen. Erstens: Wenn Engels sagt, daß in einer
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demokratischen Republik der Staat "nicht minder" als in der Monarchie eine
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"Maschine zur Unterdrückung einer Klasse durch eine andre" bleibt,
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so bedeutet das durchaus nicht, daß die FORM der Unterdrückung
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dem Proletariat gleichgültig sei, wie manche Anarchisten "lehren".
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Eine breitere, freiere, offenere FORM des Klassenkampfes und der Klassenunterdrückung
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bedeutet für das Proletariat eine riesige Erleichterung im Kampf um
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die Aufhebung der Klassen überhaupt.
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<p>Zweitens: Die Frage, warum erst ein neues Geschlecht imstande sein wird,
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den ganzen Staatsplunder von sich abzutun, hängt mit der Frage der
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Überwindung der Demokratie zusammen, einer Frage, zu der wir nun übergehen.
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<p>6. Engels über die Überwindung der Demokratie
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<p>Engels hatte Gelegenheit, sich darüber zu äußern im
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Zusammenhang mit der Frage der WISSENSCHAFTLICHEN Unrichtigkeit der Bezeichnung
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"Sozialdemokrat".
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<p>Im Vorwort zu einer Ausgabe seiner Aufsätze zu verschiedenen Themen
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aus den siebziger Jahren hauptsächlich "internationalen" Inhalts ("Internationales
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aus dem 'Volksstaat'"), datiert vom 3. Januar 1894, also anderthalb Jahre
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vor seinem Tod, schrieb Engels, er habe in allen Aufsätzen das Wort
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"Kommunist" UND NICHT "Sozialdemokrat" gebraucht, weil sich damals die
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Proudhonisten in Frankreich und die Lassalleaner in Deutschland Sozialdemokraten
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nannten.
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<p>"Für Marx und mich", fährt Engels fort, "war es daher rein
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unmöglich, zur Bezeichnung unseres speziellen Standpunkts einen Ausdruck
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von solcher Dehnbarkeit zu wählen. Heute ist das anders, und so mag
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das Wort" ("Sozialdemokrat") "passieren, so unpassend es bleibt für
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eine Partei, deren ökonomisches Programm nicht bloß allgemein
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sozialistisch, sondern direkt kommunistisch, und deren politisch letztes
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Endziel die Überwindung des ganzen Staates, also auch der Demokratie
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ist. Die Namen WIRKLICHER" (hervorgehoben von Engels) "politischer Parteien
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stimmen aber nie ganz; die Partei entwickelt sich, der Name bleibt." (28)
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<p>Der Dialektiker Engels bleibt am Ende seiner Tage der Dialektik treu.
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Marx und ich, sagt er, hatten einen ausgezeichneten, wissenschaftlich exakten
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Namen für die Partei, aber es fehlte die wirkliche, d.h. die proletarische
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Massenpartei. Jetzt (Ende des 19. Jahrhunderts) existiert eine wirkliche
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Partei, aber ihr Name ist wissenschaftlich unrichtig. Tut nichts, er "mag
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passieren", wenn nur die Partei SICH ENTWICKELT, wenn nur die wissenschaftliche
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Ungenauigkeit ihres Namens der Partei selbst nicht verborgen bleibt und
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sie nicht daran hindert, sich in der richtigen Richtung zu entwickeln!
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<p>Mancher Spaßvogel könnte am Ende auch uns, die Bolschewiki,
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nach der Art von Engels trösten wollen: Wir haben eine wirkliche Partei,
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sie entwickelt sich vorzüglich; es mag also auch ein so sinnloses
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und monströses Wort wie "Bolschewik" "passieren", das nichts weiter
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ausdrückt als den rein zufälligen Umstand, daß wir 1903
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auf dem Parteitag in Brüssel-London die Mehrheit hatten ... Jetzt,
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da die Verfolgungen unserer Partei im Juli und August durch die Republikaner
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und die "revolutionäre" kleinbürgerliche Demokratie das Wort
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"Bolschewik" im ganzen Volk zu einem Ehrennamen gemacht, jetzt, da diese
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Verfolgungen außerdem einen so gewaltigen, historischen Fortschritt
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unserer Partei in ihrer WIRKLICHEN Entwicklung markiert haben - jetzt hätte
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auch ich vielleicht Bedenken, wie im April vorzuschlagen, den Namen unserer
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Partei zu ändern. Vielleicht würde ich meinen Genossen einen
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"Kompromiß" vorschlagen: uns Kommunistische Partei zu nennen und
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das Wort Bolschewiki in Klammern beizubehalten ...
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<p>Doch die Frage nach der Benennung der Partei ist unvergleichlich weniger
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wichtig als die Frage nach dem Verhältnis des revolutionären
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Proletariats zum Staat.
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<p>In den landläufigen Betrachtungen über den Staat wird fortwährend
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der Fehler begangen, vor dem hier Engels warnt und den wir in den vorhergegangenen
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Darlegungen beiläufig gestreift haben. Man vergißt nämlich
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immer, daß die Aufhebung des Staates auch die Aufhebung der Demokratie
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bedeutet, daß das Absterben des Staates ein Absterben der Demokratie
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ist.
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<p>Auf den ersten Blick mag diese Behauptung höchst sonderbar und
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unverständlich erscheinen; bei manchem dürfte sogar die Befürchtung
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aufkommen, daß wir den Anbruch einer Gesellschaftsordnung erwarten,
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in der das Prinzip der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit nicht
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eingehalten werden würde, denn Demokratie sei doch gerade die Anerkennung
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dieses Prinzips!
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<p>Nein. Demokratie ist NICHT identisch mit der Unterordnung der Minderheit
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unter die Mehrheit. Demokratie ist ein die Unterordnung der Minderheit
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unter die Mehrheit anerkennender STAAT, d.h. eine Organisation zur systematischen
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GEWALTANWENDUNG einer Klasse gegen die andere, eines Teils der Bevölkerung
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gegen den anderen.
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<p>Als Endziel setzen wir uns die Abschaffung des Staates, d.h. jeder organisierten
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und systematischen Gewalt, jeder Gewaltanwendung gegen Menschen überhaupt.
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Wir erwarten nicht, daß eine Gesellschaftsordnung anbricht, in der
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das Prinzip der Unterordnung der Minderheit unter die Mehrheit nicht eingehalten
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werden würde. Doch in unserem Streben zum Sozialismus sind wir überzeugt,
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daß er in den Kommunismus hinüberwachsen wird und daß
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im Zusammenhang damit jede Notwendigkeit der Gewaltanwendung gegen Menschen
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überhaupt, der UNTERORDNUNG eines Menschen unter den anderen, eines
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Teils der Bevölkerung unter den anderen verschwinden wird, denn die
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Menschen werden sich daran GEWÖHNEN, die elementaren Regeln des gesellschaftlichen
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Zusammenlebens OHNE GEWALT und OHNE UNTERDRÜCKUNG einzuhalten.
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<p>Um dieses Element der Gewohnheit zu betonen, spricht Engels eben von
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einem neuen GESCHLECHT, das, "in neuen, freien Gesellschaftszuständen
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herangewachsen, imstande sein wird, den ganzen Staatsplunder von sich abzutun"
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- jedes Staatswesen abzuschaffen, auch das demokratisch-republikanische.
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<p>Um sich das klarzumachen, bedarf es einer Untersuchung der Frage nach
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den ökonomischen Grundlagen für das Absterben des Staates.
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<center>
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<p><a href="le25_470.htm">nächster Teil</a></center>
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<p>
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<hr>
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<p>
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<hr>
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</body>
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</html>
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