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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Friedrich Engels - Das k<>erzliche Gemetzel in Elberfeld</TITLE>
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<SMALL><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 2, S. 558 - 561<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1972 </SMALL></P>
<H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Das k&uuml;rzliche Gemetzel in Leipzig -<BR>
Die deutsche Arbeiterbewegung</H1>
<SMALL>Geschrieben zwischen dem 8. und 11. September 1845<BR>
aus dem Englischen</SMALL>
<HR>
<SMALL><P ALIGN="RIGHT">["The Northern Star Nr. 409 vom 13. September 1845]</P>
</SMALL><P>Das Gemetzel in Leipzig, das Sie in Ihrer letzten Nummer kommentiert und &uuml;ber das Sie vor einigen Wochen einen ausf&uuml;hrlichen Bericht gebracht haben, besch&auml;ftigt noch immer die Aufmerksamkeit der deutschen Zeitungen. Dieses Gemetzel, das an Niedertracht nur von der Peterloo-Metzelei &uuml;bertroffen wird, ist bei weitem der sch&auml;ndlichste Schurkenstreich, den der Milit&auml;rdespotismus in unserem Lande je ersonnen hat. Als das Volk rief: "Es lebe Ronge, nieder mit dem Papsttum", versuchte Prinz Johann von Sachsen, nebenbei bemerkt, einer von unseren vielen reimenden und b&uuml;cherschreibenden Prinzen, der eine sehr schlechte &Uuml;bersetzung der "H&ouml;lle" des italienischen Dichters Dante ver&ouml;ffentlicht hat - dieser "h&ouml;llische" &Uuml;bersetzer also versuchte, seinem literarischen Ruf milit&auml;rischen Ruhm hinzuzuf&uuml;gen, indem er eine h&ouml;chst heimt&uuml;ckische Kampagne gegen die unbewaffneten Massen in die Wege leitete. Er befahl dem von der Obrigkeit herbeigerufenen Sch&uuml;tzenbataillon, sich in mehrere Abteilungen aufzuteilen und die Zug&auml;nge zu dem Hotel zu besetzen, in dem seine literarische "k&ouml;nigliche Hoheit" ihr Hauptquartier aufgeschlagen hatte. Die Soldaten gehorchten, sie pre&szlig;ten die Menschen in einem kleinen Ring zusammen und gingen in der Richtung auf den Hoteleingang gegen sie vor; und dieses unvermeidliche Eindringen der Leute in den geheiligten Eingang der k&ouml;niglichen Residenz, das durch die von Prinz Johann befohlene milit&auml;rische Handlung verursacht worden war -, eben dieser Umstand wurde zum Vorwand genommen, auf die Menschen zu schie&szlig;en; mit eben diesem Umstand haben die Regierungszeitungen die Schie&szlig;erei zu rechtfertigen versucht! Das ist noch nicht alles; die Menschen wurden zwischen den einzelnen Abteilungen zusammengedr&auml;ngt, und der Plan seiner k&ouml;niglichen Hoheit wurde durch ein <STRONG>&lt;559&gt;</STRONG> Kreuzfeuer auf die wehrlosen Massen ausgef&uuml;hrt; wohin sie sich auch wandten, wurden sie von wiederholten Gewehrsalven empfangen; und h&auml;tten nicht die Soldaten, die menschlicher waren als Prinz Johann, zumeist &uuml;ber die K&ouml;pfe der Menschen geschossen, h&auml;tte es ein f&uuml;rchterliches Blutbad gegeben. Die Emp&ouml;rung, die dieser Schurkenstreich hervorgerufen hat, ist allgemein; die loyalsten Untertanen, die w&auml;rmsten Anh&auml;nger der gegenw&auml;rtigen Ordnung teilen sie und wenden sich mit Abscheu gegen diese Vorg&auml;nge. Die Sache wird eine sehr starke Wirkung in Sachsen haben, dem Teil Deutschlands, der mehr als alle anderen stets eine Neigung zum <EM>Reden </EM>an den Tag gelegt hat, w&auml;hrend Taten bitter n&ouml;tig waren. Die Sachsen, mit ihrer kleinen konstitutionellen Regierung, mit ihrem schwatzenden Parlament, ihren liberalen Abgeordneten, liberalen und aufgekl&auml;rten Pfaffen etc., waren in Norddeutschland die Vertreter des gem&auml;&szlig;igten Liberalismus, des deutschen Whiggismus, und bei alledem mehr die Sklaven des K&ouml;nigs von Preu&szlig;en als die Preu&szlig;en selbst. Was die preu&szlig;ische Regierung auch immer beschlo&szlig;, mu&szlig;te das s&auml;chsische Ministerium ausf&uuml;hren; ja, k&uuml;rzlich hat sich die preu&szlig;ische Regierung nicht einmal die M&uuml;he gemacht, sich an das s&auml;chsische Ministerium zu wenden, sondern wandte sich direkt an die unteren s&auml;chsischen Beh&ouml;rden, als ob es sich nicht um s&auml;chsische, sondern um ihre eigenen Beamten handelte! Sachsen wird von Berlin regiert, nicht von Dresden! Und bei ihrem ganzen Reden und Prahlen wissen die Sachsen sehr gut, da&szlig; die bleierne Hand Preu&szlig;ens schwer genug auf ihnen lastet. All diesem Reden und Prahlen, all diesem Eigend&uuml;nkel und dieser Selbstzufriedenheit, das die Sachsen zu einer besonderen, gegen Preu&szlig;en in Opposition stehenden Nation machen m&ouml;chte etc., wird das Leipziger Gemetzel ein Ende bereiten. Die Sachsen m&uuml;ssen jetzt einsehen, da&szlig; sie sich unter der gleichen Milit&auml;rherrschaft befinden wie alle an
<P>Lassen Sie mich Ihre Aufmerksamkeit etwas mehr auf die Bewegung der Arbeiterklasse in Deutschland lenken. In der vergangenen Woche haben Sie unserem Lande in Ihrer Zeitung eine glorreiche Revolution - keine wie die von 1688 - vorausgesagt. Damit haben Sie vollkommen recht, nur m&ouml;chte ich Ihre &Auml;u&szlig;erung, da&szlig; es die Jugend Deutschlands sei, die eine solche &Auml;nderung zustande bringen werde, berichtigen oder vielmehr klarer definieren. Diese Jugend darf man nicht im B&uuml;rgertum suchen. Die revolution&auml;re Tat wird in Deutschland aus der Mitte der Arbeiterschaft heraus ihren Anfang nehmen. Es stimmt, da&szlig; es in unserem B&uuml;rgertum eine betr&auml;chtliche Anzahl Republikaner und sogar Kommunisten gibt sowie auch junge Menschen, die, wenn es jetzt zu einem allgemeinen Aufstand k&auml;me, in der Bewegung sehr n&uuml;tzlich w&auml;ren, aber diese Menschen sind "Bourgeois", Profitmacher, berufsm&auml;&szlig;ige Fabrikanten; und wer gibt uns die Garantie, da&szlig; sie nicht durch ihren Beruf, durch ihre soziale Stellung demoralisiert werden, die sie zwingen, von der Arbeit anderer Menschen zu leben und die fett werden als Blutsauger, als "Exploiteurs" der Arbeiterklasse? Und sofern sie der Gesinnung nach Proletarier bleiben, obwohl sie dem Beruf nach Bourgeois sind, so wird ihre Zahl unendlich klein sein, im Vergleich zur wirklichen Zahl der Angeh&ouml;rigen des B&uuml;rgertums, die ihres Interesses wegen an der bestehenden Ordnung festhalten und deren einzige Sorge es ist, sich die Taschen zu f&uuml;llen. Gl&uuml;cklicherweise rechnen wir mit dem B&uuml;rgertum &uuml;berhaupt nicht. Die Bewegung der Proletarier hat sich mit so erstaunlicher Geschwindigkeit entwickelt, da&szlig; wir in ein oder zwei Jahren eine glorreiche Heerschau &uuml;ber Demokraten und Kommunisten aus der Arbeiterschaft werden abhalten k&ouml;nnen - denn hierzulande sind Demokratie und Kommunismus, soweit es sich um die Arbeiterklasse handelt, v&ouml;llig identisch. Die schlesischen Weber gaben im Jahre 1844 das Signal; die b&ouml;hmischen und s&auml;chsischen Kattundrucker und Eisenbahnarbeiter, die Berliner Kattundrucker und tats&auml;chlich die Industriearbeiter in fast allen Teilen Deutschlands antworteten mit Streiks und Teilrevolten; die letzteren wurden fast immer durch die gesetzlichen Verbote von Vereinigungen hervorgerufen. Die Bewegung hat jetzt fast das ganze Land ergriffen und nimmt ruhig, aber stetig ihren Fortgang, w&auml;hrend das B&uuml;rgertum seine Zeit mit der Agitation f&uuml;r "Verfassungen", <STRONG>&lt;561&gt;</STRONG> "Pre&szlig;freiheit", "Schutzz&ouml;lle", "Deutschkatholizismus" und "protestantische Kirchenreform" verbringt. Obwohl alle diese b&uuml;rgerlichen Bewegungen nicht ganz ohne Verdienste sind, ber&uuml;hren sie die arbeitenden Klassen &uuml;berhaupt nicht; sie haben ihre eigene Bewegung - a knife-and-fork movement &lt;eine Messer und Gabel-Bewegung&gt;. Mehr dar&uuml;ber in meinem n&auml;chsten Brief.</P></BODY>
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