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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Rosa Luxemburg - Die Krise der Sozialdemokratie - II</TITLE>
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<H2>Rosa Luxemburg - Die Krise der Sozialdemokratie</H2>
<H1><!-- #BeginEditable "%DCberschrift" -->II.<BR>
&raquo;Jetzt stehen wir vor der ehernen Tatsache des Krieges&laquo;<!-- #EndEditable --></H1>
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<P><SMALL>&raquo;Jetzt stehen wir vor der ehernen Tatsache des Krieges. Uns drohen
die Schrecken feindlicher Invasionen. Nicht f&uuml;r oder gegen den Krieg
haben wir heute zu entscheiden, sondern &uuml;ber die Frage der f&uuml;r
die Verteidigung des Landes erforderlichen Mittel... F&uuml;r unser Volk
und seine freiheitliche Zukunft steht bei einem Sieg des russischen Despotismus,
der sich mit dem Blute der Besten des eigenen Volkes befleckt hat, viel,
wenn nicht alles auf dem Spiel. Es gilt, diese Gefahr abzuwehren, die Kultur
und die Unabh&auml;ngigkeit unseres eigenen Landes sicherzustellen. Da
machen wir wahr, was wir immer betont haben: Wir lassen in der Stunde der
Gefahr das eigene Vaterland nicht im Stich. Wir f&uuml;hlen uns dabei im
Einklang mit der Internationale, die das Recht jedes Volkes auf nationale
Selbst&auml;ndigkeit und Selbstverteidigung jederzeit anerkannt hat, wie
wir auch in &Uuml;bereinstimmung mit ihr jeden Eroberungskrieg verurteilen...
Von diesen Grunds&auml;tzen geleitet, bewilligen wir die geforderten Kriegskredite.&laquo;</SMALL></P>
<P>Mit dieser Erkl&auml;rung gab die Reichstagsfraktion am 4. August die
Parole, welche die Haltung der deutschen Arbeiterschaft im Kriege bestimmen
und beherrschen sollte. Vaterland in Gefahr, nationale Verteidigung, Volkskrieg
um Existenz, Kultur und Freiheit - das war das Stichwort, das von der parlamentarischen
Vertretung der
Sozialdemokratie gegeben wurde. Alles andere ergab sich
daraus als einfache Folge: die Haltung der Parteipresse und der Gewerkschaftspresse,
der patriotische Taumel der Massen, der Burgfrieden, die pl&ouml;tzliche
Aufl&ouml;sung der Internationale &shy; alles war nur unvermeidliche Konsequenz
der ersten Orientierung, die im Reichstag getroffen wurde.
</P>
<P>Wenn es sich wirklich um die Existenz der Nation, um die Freiheit handelt,
wenn diese nur mit dem Mordeisen verteidigt werden kann, wenn der Krieg
eine heilige Volkssache ist &shy; dann wird alles selbstverst&auml;ndlich
und klar, dann mu&szlig; alles in Kauf genommen werden. Wer den Zweck will,
mu&szlig; die Mittel wollen. Der Krieg ist ein methodisches, organisiertes,
riesenhaftes Morden. Zum systematischen Morden mu&szlig; aber bei normal
veranlagten Menschen erst der entsprechende Rausch erzeugt werden. Dies
ist seit jeher die wohlbegr&uuml;ndete Methode der Kriegf&uuml;hrenden.
Der Bestialit&auml;t der Praxis mu&szlig; die Bestialit&auml;t der Gedanken
und der Gesinnung entsprechen, diese mu&szlig; jene vorbereiten und begleiten.
Alsdann sind der <B>&raquo;Wahre Jacob&laquo; </B>vom 28. August mit dem
Bild des deutschen &raquo;Dreschers&laquo;, die Parteibl&auml;tter in Chemnitz,
Hamburg, Kiel, Frankfurt, Koburg und andere mit ihrer patriotischen Hetze
in Poesie und Prosa das entsprechende und notwendige geistige Narkotikum
f&uuml;r ein Proletariat, das nur noch seine Existenz und Freiheit retten
kann, indem es das t&ouml;dliche Eisen in die Brust russischer, franz&ouml;sischer
und englischer Br&uuml;der st&ouml;&szlig;t. Jene Hetzbl&auml;tter sind
dann konsequenter als diejenigen, die Berg und Tal zusammenbringen, Krieg
mit &raquo;Humanit&auml;t&laquo;, Morden mit Bruderliebe, Bewilligung von
Mitteln zum Kriege mit sozialistischer V&ouml;lkerverbr&uuml;derung verm&auml;hlen
wollen.</P>
<P>War aber die von der deutschen Reichstagsfraktion am 4. August ausgegebene
Parole richtig, dann w&auml;re damit &uuml;ber die Arbeiterinternationale
das Urteil nicht nur f&uuml;r diesen Krieg, sondern &uuml;berhaupt gesprochen.
Zum ersten Male, seit die moderne Arbeiterbewegung besteht, g&auml;hnt
hier ein Abgrund zwischen den Geboten der internationalen Solidarit&auml;t
der Proletarier und den Interessen der Freiheit und nationalen Existenz
der V&ouml;lker, zum ersten Male stehen wir vor der Entscheidung, da&szlig;
Unabh&auml;ngigkeit und Freiheit der Nationen gebieterisch erfordern, da&szlig;
die Proletarier verschiedener Zungen einander niedermachen und ausrotten.
Bisher lebten wir in der &Uuml;berzeugung, da&szlig; Interessen der Nationen
und Klasseninteressen der Proletarier sich harmonisch vereinigen, da&szlig;
sie identisch sind, da&szlig; sie unm&ouml;glich in Gegensatz zueinander
geraten k&ouml;nnen. Das war die Basis unserer Theorie und Praxis, die
Seele unserer Agitation in den Volksmassen. Waren wir in diesem Kardinalpunkt
unserer Weltanschauung in einem ungeheuren Irrtum befangen? Wir stehen
vor der Lebensfrage des internationalen Sozialismus.</P>
<P>Der Weltkrieg ist nicht die erste Probe aufs Exempel unserer internationalen
Grunds&auml;tze. Die erste Probe hat unsere Partei vor 45 Jahren bestanden.
Damals am 21. Juli 1870 gaben Wilhelm Liebknecht und August Bebel die folgende
historische Erkl&auml;rung im Norddeutschen Reichstag ab:</P>
<P><SMALL>&raquo;Der gegenw&auml;rtige Krieg ist ein dynastischer
Krieg, unternommen im Interesse der Dynastie Bonaparte, wie der Krieg von
1866 im Interesse der Dynastie Hohenzollern.</SMALL></P>
<P><SMALL>Die zur F&uuml;hrung des Krieges dem Reichstag abverlangten
Geldmittel k&ouml;nnen wir nicht bewilligen, weil dies ein Vertrauensvotum
f&uuml;r die preu&szlig;ische Regierung w&auml;re, die durch ihr Vorgehen
im Jahre 1866 den gegenw&auml;rtigen Krieg vorbereitet hat.</SMALL></P>
<P><SMALL>Ebensowenig k&ouml;nnen wir die geforderten Geldmittel
verweigern, denn es k&ouml;nnte dies als Billigung der frevelhaften und
verbrecherischen Politik Bonapartes aufgefa&szlig;t werden.</SMALL></P>
<P><SMALL>Als prinzipielle Gegner jedes dynastischen Krieges, als
Sozial-Republikaner und Mitglieder der Internationalen Arbeiterassoziation,
die ohne Unterschied der Nationalit&auml;t alle Unterdr&uuml;cker bek&auml;mpft,
alle Unterdr&uuml;ckten zu einem gro&szlig;en Bruderbunde zu vereinigen
sucht, k&ouml;nnen wir uns weder direkt noch indirekt f&uuml;r den gegenw&auml;rtigen
Krieg erkl&auml;ren und enthalten uns daher der Abstimmung, indem wir die
zuversichtliche Hoffnung aussprechen, da&szlig; die V&ouml;lker Europas,
durch die jetzigen unheilvollen Ereignisse belehrt, alles aufbieten werden,
um sich ihr Selbstbestimmungsrecht zu erobern und die heutige S&auml;bel-
und Klassenherrschaft als Ursache aller staatlichen und gesellschaftlichen
&Uuml;bel zu beseitigen.&laquo;</SMALL></P>
<P>Mit dieser Erkl&auml;rung stellten die Vertreter des deutschen Proletariats
dessen Sache klar und unzweideutig unter das Zeichen der Internationale
und sprachen dem Kriege gegen Frankreich den Charakter eines nationalen,
freiheitlichen Krieges rundweg ab. Es ist bekannt, da&szlig; Bebel in seinen
Lebenserinnerungen sagt, da&szlig; er gegen die Bewilligung der Anleihe
gestimmt haben w&uuml;rde, wenn er bei der Abstimmung schon alles gewu&szlig;t
h&auml;tte, was erst in den n&auml;chsten Jahren bekanntgeworden ist.</P>
<P>In jenem Kriege also, den die gesamte b&uuml;rgerliche &Ouml;ffentlichkeit
und die ungeheure Mehrheit des Volkes, damals, unter dem Einflu&szlig;
der Bismarckschen Mache f&uuml;r ein nationales Lebensinteresse Deutschlands
hielt, vertraten die F&uuml;hrer der Sozialdemokratie den Standpunkt: die
Lebensinteressen der Nation und die Klasseninteressen des internationalen
Proletariats sind eins, beide sind <B>gegen</B> den Krieg. Erst der heutige
Weltkrieg, erst die Erkl&auml;rung der sozialdemokratischen Fraktion vom
4. August 1914 deckten zum erstenmal das furchtbare Dilemma auf: hie nationale
Freiheit &shy; hie der internationale Sozialismus!</P>
<P>Nun, die fundamentale Tatsache in der Erkl&auml;rung unserer Reichstagsfraktion,
die grunds&auml;tzliche Neuorientierung der proletarischen Politik war
jedenfalls eine ganz pl&ouml;tzliche Erleuchtung. Sie war einfaches Echo
der Version der Thronrede und der Kanzlerrede am 4. August. &raquo;Uns treibt
nicht Eroberungslust&laquo; &shy; hie&szlig; es in der Thronrede &shy;, &raquo;uns beseelt der unbeugsame Wille, den Platz zu bewahren, auf den
Gott uns gestellt hat, f&uuml;r uns und alle kommenden Geschlechter. Aus
den Schriftst&uuml;cken, die Ihnen zugegangen sind, werden Sie ersehen, wie Meine
Regierung und vor allem Mein Kanzler bis zum letzten Augenblick
bem&uuml;ht waren, das &Auml;u&szlig;erste abzuwenden. In aufgedrungener
Notwehr, mit reinem Gewissen und reiner Hand ergreifen wir das Schwert.&laquo;
Und Bethmann Hollweg erkl&auml;rte: &raquo;Meine Herren, wir sind jetzt
in der Notwehr, und Not kennt kein Gebot... Wer so bedroht ist wie wir
und um sein H&ouml;chstes k&auml;mpft, der darf nur daran denken, wie er
sich durchhaut... Wir k&auml;mpfen um die Fr&uuml;chte unserer friedlichen
Arbeit, um das Erbe einer gro&szlig;en Vergangenheit und um unsere Zukunft.&laquo;
Das ist genau der Inhalt der sozialdemokratischen Erkl&auml;rung: 1. wir
haben alles getan, um den Frieden zu erhalten, der Krieg ist uns aufgezwungen
worden von anderen, 2. nun der Krieg da ist, m&uuml;ssen wir uns verteidigen,
3. in diesem Kriege steht f&uuml;r das deutsche Volk alles auf dem Spiele.
Die Erkl&auml;rung unserer Reichstagsfraktion ist nur eine etwas andere
Stilisierung der Regierungserkl&auml;rungen. Wie diese auf die diplomatischen
Friedensbem&uuml;hungen Bethmann Hollwegs und auf kaiserliche Telegramme,
beruft sich die Fraktion auf Friedensdemonstrationen der Sozialdemokraten
vor dem Ausbruch des Krieges. Wie die Thronrede jede Eroberungslust weit
von sich weist, so lehnt die Fraktion den Eroberungskrieg unter Hinweis
auf den Sozialismus ab. Und wenn Kaiser und Kanzler rufen: Wir k&auml;mpfen
um unser H&ouml;chstes! Ich kenne keine Parteien, ich kenne nur noch Deutsche,
so antwortet das Echo in der sozialdemokratischen Erkl&auml;rung: F&uuml;r
unser Volk steht alles auf dem Spiele, wir lassen in der Stunde der Gefahr
das eigene Vaterland nicht im Stich. Nur in einem Punkt weicht die sozialdemokratische
Erkl&auml;rung vom Regierungsschema ab: sie stellt in den Vordergrund der
Orientierung den russischen Despotismus als die Gefahr f&uuml;r Deutschlands
Freiheit. In der Thronrede hie&szlig; es in bezug auf Ru&szlig;land bedauernd: &raquo;Mit schwerem Herzen habe ich meine Armee gegen einen Nachbar mobilisieren
m&uuml;ssen, mit dem sie auf so vielen Schlachtfeldern gemeinsam gefochten
hat. Mit aufrichtigem Leid sah ich eine von Deutschland treu bewahrte Freundschaft
zerbrechen.&laquo; Die sozialdemokratische Fraktion hat den schmerzlichen
Bruch einer treu bewahrten Freundschaft mit dem russischen Zarismus in
eine Fanfare der Freiheit gegen die Despotie umstilisiert, und so in dem
einzigen Punkt, wo sie Selbst&auml;ndigkeit gegen&uuml;ber der Regierungserkl&auml;rung
zeigt, revolution&auml;re &Uuml;berlieferungen des Sozialismus gebraucht,
um den Krieg demokratisch zu adeln, ihm eine volkst&uuml;mliche Glorie
zu schaffen.
<P></P>
<P>Dies alles leuchtete der Sozialdemokratie, wie gesagt, ganz pl&ouml;tzlich
am 4. August ein. Alles, was sie bis zu jenem Tage, was sie am Vorabend
des Ausbruchs des Krieges sagte, war das gerade Gegenteil der Fraktionserkl&auml;rung.
So schrieb der <B>&raquo;Vorw&auml;rts&laquo; </B>am 25. Juli, als das &ouml;sterreichische
Ultimatum an Serbien, an dem sich der Krieg entz&uuml;ndete, ver&ouml;ffentlicht
wurde:</P>
<P><SMALL>&raquo;<B>Sie wollen den Krieg</B>, die <B>gewissenlosen
Elemente</B>, die in der Wiener Hofburg Einflu&szlig; haben und Ausschlag
geben. Sie wollen den Krieg &shy; <B>aus dem wilden Geschrei der schwarzgelben
Hetzpresse klang es seit Wochen heraus</B>. Sie wollen den Krieg &shy;
das &ouml;sterreichische Ultimatum an Serbien macht es deutlich und aller
Welt offenbar...</SMALL></P>
<P><SMALL>Weil das Blut Franz Ferdinands und seiner Gattin unter
den Sch&uuml;ssen eines irren Fanatikers geflossen ist, soll das <B>Blut
Tausender von Arbeitern und Bauern flie&szlig;en, ein wahnwitziges Verbrechen</B>
soll von einem <B>weit wahnwitzigeren Verbrechen &uuml;bergipfelt werden!</B>...
Das <B>&ouml;sterreichische Ultimatum</B> Serbien kann der <B>Fidibus</B>
sein, mit dem <B>Europa an allen vier Ecken in Brand gesteckt wird!</B></SMALL></P>
<P><SMALL>Denn dieses <B>Ultimatum ist in seiner Fassung wie in
seinen Forderungen derart unversch&auml;mt</B>, da&szlig; eine serbische
Regierung, die dem&uuml;tig vor dieser Note zur&uuml;ckwiche, mit der M&ouml;glichkeit
rechnen mu&szlig;, von den Volksmassen zwischen Diner und Dessert davongejagt
zu werden... </SMALL></P>
<P><SMALL>Ein <B>Frevel der chauvinistischen Presse Deutschlands</B>
war es, den teuren <B>Bundesgenossen in seinen Kriegsgel&uuml;sten auf
das &auml;u&szlig;erste anzustacheln</B>, und sonder Zweifel hat auch Herr
v. Bethmann Hollweg Herrn Berchtold seine R&uuml;ckendeckung zugesagt.
<B>Aber in Berlin spielt man dabei ein genau so gef&auml;hrliches Spiel
wie in Wien</B>...&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Leipziger Volkszeitung&laquo; </B>schrieb am 24. Juli:</P>
<P><SMALL>&raquo;Die &ouml;sterreichische Milit&auml;rpartei ...
setzt alles auf eine Karte, weil der nationale und militaristische Chauvinismus
in keinem Lande der Welt etwas zu verlieren hat... In <B>&Ouml;sterreich
sind die chauvinistischen Kreise ganz besonders bankrott, ihr nationales
Geheul soll ihren wirtschaftlichen Ruin verdecken und der Raub und Mord
des Krieges ihre Kassen f&uuml;llen</B>...&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Dresdner Volkszeitung&laquo; </B>&auml;u&szlig;erte sich
am gleichen Tage:</P>
<P><SMALL>&raquo;... Vorl&auml;ufig sind die Kriegstreiber am Wiener
Ballplatz noch immer jene schl&uuml;ssigen Beweise schuldig, die &Ouml;sterreich
berechtigen w&uuml;rden, Forderungen an Serbien zu stellen.</SMALL></P>
<P><SMALL>Solange die <B>&ouml;sterreichische Regierung</B> dazu
nicht in der Lage ist, <B>setzt sie sich mit ihrer provokatorischen, beleidigenden
Anrempelung Serbiens vor ganz Europa ins Unrecht, und selbst wenn die serbische
Schuld erwiesen w&uuml;rde</B>, wenn unter den Augen der serbischen Regierung
das Attentat von Sarajewo vorbereitet worden w&auml;re, <B>gingen die in
der Note gestellten Forderungen weit &uuml;ber alle normalen Grenzen hinaus</B>.
Nur die <B>frivolsten Kriegsabsichten</B> einer Regierung k&ouml;nnen ein
<B>solches Ansinnen</B> an einen anderen Staat erkl&auml;rlich machen ...&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;M&uuml;nchener Post&laquo; </B>meinte am 25. Juli:</P>
<P><SMALL>&raquo;<B>Diese &ouml;sterreichische Note ist ein Aktenst&uuml;ck,
das in der Geschichte der letzten beiden Jahrhunderte nicht seinesgleichen
hat.</B> Es stellt auf Grund von Untersuchungsakten, deren Inhalt der europ&auml;ischen
&Ouml;ffentlichkeit bis jetzt vorenthalten wird, und ohne durch eine &ouml;ffentliche
Gerichtsverhandlung gegen die M&ouml;rder des Thronfolgerpaares gedeckt
zu sein, <B>Forderungen an Serbien, deren Annahme dem Selbstmord dieses
Staates gleichkommt</B>...&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Schleswig-Holsteinsche Volkszeitung&laquo; </B>erkl&auml;rte
am 24. Juli:</P>
<P><SMALL>&raquo;<B>&Ouml;sterreich provoziert Serbien, &Ouml;sterreich-Ungarn
will den Krieg, begeht ein Verbrechen, das ganz Europa in Blut ers&auml;ufen
kann</B>... </SMALL>
<P><SMALL>&Ouml;sterreich spielt va banque. Es wagt eine <B>Provokation</B>
des serbischen Staates, die sich dieser, wenn er nicht ganz wehrlos sein
sollte, sicher nicht gefallen l&auml;&szlig;t ...</SMALL></P>
<P><SMALL><B>Jeder Kulturmensch hat auf das entschiedenste gegen
dieses verbrecherische Benehmen der &ouml;sterreichischen Machtbaber zu
protestieren. Sache der Arbeiter</B> vor allem und aller anderen Menschen,
die f&uuml;r Frieden und Kultur auch nur das geringste &uuml;brig haben,
<B>mu&szlig; es sein, das &Auml;u&szlig;erste zu versuchen, um die Folgen
des in Wien ausgebrochenen Blutwahnsinns zu verhindern</B>.&laquo; </SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Magdeburger Volksstimme&laquo; </B>vom 25. Juli sagte:</P>
<P><SMALL>&raquo;Eine jede serbische Regierung, die auch nur entfernt
Miene machte, ernsthaft an eine dieser Forderungen heranzutreten, w&uuml;rde
in derselben Stunde vom Parlament wie vom Volke hinweggefegt werden.</SMALL></P>
<P><SMALL>Das Vorgehen &Ouml;sterreichs ist um so verwerflicher,
als die Berchtold mit leeren Behauptungen vor die serbische Regierung und
damit vor Europa treten ...</SMALL></P>
<P><SMALL>So kann man heute nicht mehr einen Krieg, der ein Weltkrieg
w&uuml;rde, anzetteln. So kann man nicht vorgehen, wenn man nicht die Ruhe
eines ganzen Weltteils st&ouml;ren will. So kann man keine moralischen
Eroberungen machen oder die Unbeteiligten von dem eigenen Recht &uuml;berzeugen.
Es ist deshalb anzunehmen, da&szlig; die Presse Europas und danach die
Regierungen die eitlen und &uuml;bergeschnappten Wiener Staatsm&auml;nner
energisch und unzweideutig zur Ordnung rufen werden.&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Frankfurter Volksstimme&laquo; </B>schrieb am 24. Juli:</P>
<P><SMALL>&raquo;Gest&uuml;tzt auf die <B>Treibereien der ultramontanen
Presse</B>, die in Franz Ferdinand ihren besten Freund betrauerte und seinen
Tod an dem Serbenvolke r&auml;chen wollte; gest&uuml;tzt auch auf einen
Teil der <B>reichsdeutschen Kriegshetzer</B>, deren Sprache von Tag zu
Tag drohender und gemeiner wurde, hat sich die &ouml;sterreichische Regierung
dazu verleiten lassen, an das Serbenreich ein <B>Ultimatum</B> zu richten,
das nicht nur in einer an <B>Anma&szlig;ung</B> nichts zu w&uuml;nschen
&uuml;briglassenden Sprache abgefa&szlig;t ist, sondern auch einige <B>Forderungen
enth&auml;lt, deren Erf&uuml;llung der serbischen Regierung schlechterdings
unm&ouml;glich ist</B>.&laquo;</SMALL></P>
<P>Die <B>&raquo;Elberfelder Freie Presse&laquo; </B>schrieb am gleichen
Tage: </P>
<P><SMALL>&raquo;Ein Telegramm des offizi&ouml;sen Wolffschen B&uuml;ros
gibt die &ouml;sterreichischen Forderungen an Serbien wieder. Daraus ist
ersichtlich, da&szlig; die <B>Machtbaber in Wien mit aller Gewalt zum Kriege</B>
dr&auml;ngen, denn was in der gestern abend in Belgrad &uuml;berreichten
Note verlangt wird, ist schon eine Art von Protektorat &Ouml;sterreichs
&uuml;ber Serbien. Es w&auml;re <B>dringend vonn&ouml;ten, da&szlig; die
Berliner Diplomatie den Wiener Hetzern zu verstehen g&auml;be, da&szlig;
Deutschland f&uuml;r die Unterst&uuml;tzung derartiger anma&szlig;ender
Forderungen keinen Finger r&uuml;hren kann</B> und da&szlig; daher ein
Zur&uuml;ckstecken der &ouml;sterreichischen Anspr&uuml;che geboten sei.&laquo;
</SMALL></P>
<P>Und die <B>&raquo;Bergische Arbeiterstimme&laquo; </B>in Solingen:</P>
<P><SMALL>&raquo;&Ouml;sterreich <B>will</B> den Konflikt mit Serbien
und benutzt das Attentat von Sarajewo nur als Vorwand, um Serbien moralisch
ins Unrecht zu setzen. Aber die Sache ist doch zu plump angefangen worden,
als da&szlig; die T&auml;uschung der &ouml;ffentlichen Meinung Europas
gelingen k&ouml;nnte...</SMALL></P>
<P><SMALL>Wenn aber die <B>Kriegshetzer</B> des Wiener Ballplatzes
etwa <B>glauben</B>, da&szlig; ihnen bei einem Konflikt, in den auch Ru&szlig;land
hineingezogen w&uuml;rde, die <B>Dreibundsgenossen Italien und Deutschland
zu Hilfe kommen m&uuml;&szlig;ten, so geben sie sich leeren Illusionen
hin</B>. Italien w&auml;re eine Schw&auml;chung &Ouml;sterreich-Ungarns,
des Konkurrenten in der Adria und auf dem Balkan, sehr gelegen, und es
wird sich deshalb nicht die Finger verbrennen, &Ouml;sterreich zu unterst&uuml;tzen.
<B>In Deutschland aber d&uuml;rfen es die Machtbaber</B> &shy; selbst wenn
sie so t&ouml;richt w&auml;ren, es zu wollen &shy; <B>nicht wagen, das
Leben eines einzigen Soldaten f&uuml;r die verbrecherische Machtpolitik
der Habsburger aufs Spiel zu setzen, ohne den Volkszorn gegen sich heraufzubeschw&ouml;ren.&laquo;</B></SMALL></P>
<P>So beurteilte unsere gesamte Parteipresse ohne Ausnahme den Krieg noch
eine Woche vor seinem Ausbruch. Danach handelte es sich nicht um die Existenz
und um die Freiheit Deutschlands, sondern um ein frevelhaftes Abenteuer
der &ouml;sterreichischen Kriegspartei, nicht um Notwehr, nationale Verteidigung
und aufgedrungenen heiligen Krieg im Namen der eigenen Freiheit, sondern
um frivole Provokation, um unversch&auml;mte Bedrohung fremder, serbischer
Selbst&auml;ndigkeit und Freiheit.</P>
<P>Was geschah am 4. August, um diese so scharf ausgepr&auml;gte, so allgemein
verbreitete Auffassung der Sozialdemokratie pl&ouml;tzlich auf den Kopf
zu stellen? Nur eine neue Tatsache trat hinzu: das am gleichen Tage von
der deutschen Regierung dem Reichstag vorgelegte Wei&szlig;buch. Und dieses
enthielt auf S. 4:</P>
<P><SMALL>&raquo;Unter diesen Umst&auml;nden mu&szlig;te &Ouml;sterreich
sich sagen, da&szlig; es weder mit der W&uuml;rde noch mit der Selbsterhaltung
der Monarchie vereinbar w&auml;re, dem Treiben jenseits der Grenze noch
l&auml;nger tatenlos zuzusehen. <B>Die K. u. K. Regierung benachrichtigte
uns von dieser Auffassung und erbat unsere Ansicht.</B> Aus vollem Herzen
konnten wir unserem Bundesgenossen unser Einverst&auml;ndnis mit seiner
Einsch&auml;tzung der Sachlage geben und ihm versichern, da&szlig; eine
Aktion, die er f&uuml;r notwendig hielte, um der gegen den Bestand der
Monarchie gerichteten Bewegung in Serbien ein Ende zu machen, unsere Billigung
finden w&uuml;rde. <B>Wir waren uns hierbei wohl bewu&szlig;t, da&szlig;
ein etwaiges kriegerisches Vorgehen &Ouml;sterreich-Ungarns gegen Serbien
Ru&szlig;land auf den Plan bringen und uns hiermit unserer Bundespflicht
entsprechend in einen Krieg verwickeln k&ouml;nnte.</B> Wir konnten aber
in der Erkenntnis der vitalen Interessen &Ouml;sterreich-Ungarns, die auf
dem Spiele standen, unserem Bundesgenossen weder <B>zu einer mit seiner
W&uuml;rde nicht zu vereinbarenden Nachgiebigkeit</B> raten, noch auch
ihm unseren Beistand in diesem schweren Moment versagen. Wir konnten dies
um so weniger, als auch unsere Interessen durch die andauernde serbische
W&uuml;hlarbeit auf das empfindlichste bedroht waren. Wenn es den Serben
mit Ru&szlig;lands und Frankreichs Hilfe noch l&auml;nger gestattet geblieben
w&auml;re, den Bestand der Nachbarmonarchie zu gef&auml;hrden, so w&uuml;rde
dies den allm&auml;hlichen Zusammenbruch &Ouml;sterreichs und eine Unterwerfung
des gesamten Slawentums unter russisches Zepter zur Folge haben, wodurch
die Stellung der germanischen Rasse in Mitteleuropa unhaltbar w&uuml;rde.
<B>Ein moralisch geschw&auml;chtes, durch das Vordringen des russischen Panslawismus zusammenbrechendes &Ouml;sterreich w&auml;re f&uuml;r uns
kein Bundesgenosse mehr, mit dem wir rechnen</B> k&ouml;nnten und auf den
wir uns verlassen k&ouml;nnten, wie wir es angesichts der immer drohender
werdenden Haltung unserer &ouml;stlichen und westlichen Nachbarn m&uuml;ssen.
<B>Wir lie&szlig;en daher &Ouml;sterreich v&ouml;llig freie Hand in seiner
Aktion gegen Serbien. </B>Wir haben an den Vorbereitungen dazu nicht teilgenommen.&laquo;</SMALL></P>
<P>Diese Worte lagen der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion am 4.
August vor, Worte, die die einzig wichtige ausschlaggebende Stelle des
ganzen Wei&szlig;buchs ausmachen, b&uuml;ndige Erkl&auml;rungen der deutschen
Regierung, neben denen alle &uuml;brigen Gelb-, Grau-, Blau- und Orangeb&uuml;cher
f&uuml;r die Aufkl&auml;rung der diplomatischen Vorgeschichte des Krieges
und ihrer n&auml;chsten treibenden Kr&auml;fte v&ouml;llig belanglos und
gleichg&uuml;ltig sind. Hier hatte die Reichstagsfraktion den Schl&uuml;ssel
zur Beurteilung der Situation in der Hand. Die gesamte sozialdemokratische
Presse schrie eine Woche vorher, da&szlig; das &ouml;sterreichische Ultimatum
eine verbrecherische Provokation des Weltkrieges w&auml;re, und hoffte
auf die hemmende, m&auml;&szlig;igende Einwirkung der deutschen Regierung
auf die Wiener Kriegshetzer. Die gesamte Sozialdemokratie und die gesamte
deutsche &Ouml;ffentlichkeit war &uuml;berzeugt, da&szlig; die deutsche
Regierung seit dem &ouml;sterreichischen Ultimatum im Schwei&szlig;e ihres
Angesichts f&uuml;r die Erhaltung des europ&auml;ischen Friedens arbeitete.
Die gesamte sozialdemokratische Presse nahm an, da&szlig; dieses Ultimatum
f&uuml;r die deutsche Regierung genau so ein Blitz aus heiterem Himmel
war, wie f&uuml;r die deutsche &Ouml;ffentlichkeit. Das Wei&szlig;buch
erkl&auml;rte nun klipp und klar: 1. da&szlig; die &ouml;sterreichische
Regierung vor ihrem Schritt gegen Serbien Deutschlands Einwilligung eingeholt
hatte; 2. da&szlig; die deutsche Regierung sich vollkommen bewu&szlig;t
war, da&szlig; das Vorgehen &Ouml;sterreichs zum Kriege mit Serbien und
im weiteren Verfolg zum europ&auml;ischen Kriege f&uuml;hren w&uuml;rde;
3. da&szlig; die deutsche Regierung &Ouml;sterreich nicht zur Nachgiebigkeit
riet, sondern umgekehrt erkl&auml;rte, da&szlig; ein nachgiebiges, geschw&auml;chtes
&Ouml;sterreich kein w&uuml;rdiger Bundesgenosse mehr f&uuml;r Deutschland
sein k&ouml;nnte; 4. da&szlig; die deutsche Regierung &Ouml;sterreich vor
dessen Vorgehen gegen Serbien auf alle F&auml;lle den Beistand im Kriege
fest zugesichert hatte, und endlich 5. da&szlig; die deutsche Regierung
sich bei alledem die Kontrolle &uuml;ber das entscheidende Ultimatum &Ouml;sterreichs
an Serbien, an dem der Weltkrieg hing, nicht vorbehalten, sondern &Ouml;sterreich &raquo;v&ouml;llig freie Hand gelassen hatte&laquo;.</P>
<P>Dies alles erfuhr unsere Reichstagsfraktion am 4. August. Und noch eine
neue Tatsache erfuhr sie aus dem Munde der Regierung am gleichen Tage:
da&szlig; die deutschen Heere bereits in Belgien einmarschiert waren. Aus
alledem schlo&szlig; die sozialdemokratische Fraktion, da&szlig; es sich
um einen Verteidigungskrieg Deutschlands gegen eine fremde Invasion, um
die Existenz des Vaterlandes, um Kultur und einen Freiheitskrieg gegen
den russischen Despotismus handle.</P>
<P>Konnte der deutsche Hintergrund des Krieges und die ihn notd&uuml;rftig
verdeckende Kulisse, konnte das ganze diplomatische Spiel, das den Kriegsausbruch
umrankte, das Geschrei von der Welt von Feinden, die alle Deutschland nach
dem Leben trachten, es schw&auml;chen, erniedrigen, unterjochen wollen,
konnte das alles f&uuml;r die deutsche Sozialdemokratie eine &Uuml;berraschung
sein, an ihr Urteilsverm&ouml;gen, an ihren kritischen Scharfsinn zu hohe
Anforderungen stellen? Gerade f&uuml;r unsere Partei am allerwenigsten!
Zwei gro&szlig;e deutsche Kriege hatte sie bereits erlebt und aus beiden
denkw&uuml;rdige Lehren sch&ouml;pfen k&ouml;nnen.</P>
<P>Jeder Abc-Sch&uuml;tze der Geschichte wei&szlig; heute, da&szlig; der
erste Krieg von 1866 gegen &Ouml;sterreich von Bismarck planm&auml;&szlig;ig
von langer Hand vorbereitet war, da&szlig; seine Politik von der ersten
Stunde an zum Bruch, zum Krieg mit &Ouml;sterreich f&uuml;hrte. Der Kronprinz
und nachmalige Kaiser Friedrich selbst hat in seinem Tagebuch unter dem
14. November jenes Jahres diese Absicht des Kanzlers niedergeschrieben:</P>
<P><SMALL>&raquo;Er (Bismarck) habe bei &Uuml;bernahme seines Amtes
den festen Vorsatz gehabt, Preu&szlig;en zum Krieg mit &Ouml;sterreich
zu bringen, aber sich wohl geh&uuml;tet, damals oder &uuml;berhaupt zu
fr&uuml;h mit Seiner Majest&auml;t davon zu sprechen, bis er den Zeitpunkt
f&uuml;r geeignet angesehen.&laquo; </SMALL></P>
<P><SMALL>&raquo;Mit dem Bekenntnis&laquo; &shy; sagt Auer in seiner
Brosch&uuml;re &raquo;Die Sedanfeier und die Sozialdemokratie&laquo; &shy; &raquo;vergleiche man nun den Wortlaut des Aufrufs, den K&ouml;nig Wilhelm
'an sein Volk' richtete:</SMALL></P>
<UL>
<P><SMALL>Das Vaterland ist in Gefahr!</SMALL></P>
<P><SMALL>&Ouml;sterreich und ein gro&szlig;er Teil Deutschlands
steht gegen dasselbe in Waffen!</SMALL></P>
<P><SMALL>Nur wenige Jahre sind es her, seit ich aus freiem Entschlusse
und ohne fr&uuml;herer Unbill zu gedenken, dem Kaiser von &Ouml;sterreich
die Bundeshand reichte, als es galt, ein deutsches Land von fremder Herrschaft
zu befreien. &shy; &shy; Aber Meine Hoffnung ist get&auml;uscht worden.
&Ouml;sterreich will nicht vergessen, da&szlig; seine F&uuml;rsten einst
Deutschland beherrschten: in dem j&uuml;ngeren, aber kr&auml;ftig sich
entwickelnden Preu&szlig;en will es keinen nat&uuml;rlichen Bundesgenossen,
sondern nur einen feindlichen Nebenbuhler erkennen. Preu&szlig;en &shy;
so meint es &shy; mu&szlig; in allen seinen Bestrebungen bek&auml;mpft
werden, weil, was Preu&szlig;en frommt, &Ouml;sterreich schade. Die alte
unselige Eifersucht ist in hellen Flammen wieder aufgelodert: <B>Preu&szlig;en
soll geschw&auml;cht, vernichtet, entehrt werden.</B> Ihm gegen&uuml;ber
gelten keine Vertr&auml;ge mehr, gegen Preu&szlig;en werden deutsche Bundesf&uuml;rsten
nicht blo&szlig; aufgerufen, sondern zum Bundesbruch verleitet. Wohin wir
in Deutschland schauen, sind wir von Feinden umgeben, deren Kampfgeschrei
ist: Erniedrigung Preu&szlig;ens.</SMALL></P>
</UL>
<P><SMALL>Um f&uuml;r diesen gerechten Krieg den Segen des Himmels
zu erflehen, erlie&szlig; K&ouml;nig Wilhelm f&uuml;r den 18. Juni die
Anordnung eines allgemeinen Landes-Bet- und Bu&szlig;tages, worin er sagte:
'Es hat Gott nicht gefallen, Meine Bem&uuml;hungen, die Segnungen des Friedens
Meinem Volke zu erhalten, mit Erfolg zu kr&ouml;nen.'&laquo;</SMALL></P>
<P>Mu&szlig;te unserer Fraktion, wenn sie ihre eigene Parteigeschichte
nicht g&auml;nzlich vergessen hatte, die offizielle Begleitmusik des Kriegsausbruchs
am 4. August nicht wie eine lebhafte Erinnerung an l&auml;ngst bekannte
Melodien und Worte vorkommen?</P>
<DIV ALIGN="LEFT">
<P>Aber nicht genug. Im Jahre 1870 folgte der Krieg mit Frankreich, und
mit dessen Ausbruch ist in der Geschichte ein Dokument unaufl&ouml;slich
verkn&uuml;pft: die <B>Emser Depesche</B>, ein Dokument, das f&uuml;r alle
b&uuml;rgerliche Staatskunst im Kriegmachen ein klassisches Erkennungswort
geworden ist und das auch eine denkw&uuml;rdige Episode in der Geschichte
unserer Partei bezeichnet. Es war ja der alte Liebknecht, es war die deutsche
Sozialdemokratie, die damals f&uuml;r ihre Aufgabe und ihre Pflicht hielt,
aufzudecken und den Volksmassen zu zeigen: &raquo;Wie Kriege gemacht werden.&laquo;</P>
</DIV>
<P>Das &raquo;Kriegmachen&laquo; einzig und allein zur Verteidigung des bedrohten
Vaterlandes war &uuml;brigens nicht Bismarcks Erfindung. Er befolgte nur
mit der ihm eigenen Skrupellosigkeit ein altes, allgemeines, wahrhaft internationales
Rezept der b&uuml;rgerlichen Staatskunst. Wann und wo hat es denn einen
Krieg gegeben, seit die sogenannte &ouml;ffentliche Meinung bei den Rechnungen
der Regierungen eine Rolle spielt, in dem nicht jede kriegf&uuml;hrende
Partei einzig und allein zur Verteidigung des Vaterlandes und der eigenen
gerechten Sache vor dem schn&ouml;den &Uuml;berfall des Gegners schweren
Herzens das Schwert aus der Scheide zog? Die Legende geh&ouml;rt so gut
zum Kriegf&uuml;hren wie Pulver und Blei. Das Spiel ist alt. Neu ist nur,
da&szlig; eine sozialdemokratische Partei an diesem Spiel teilgenommen
hat.</P>
<!-- #EndEditable -->
<HR size="1" align="left" width="200">
<P><SMALL>Quelle: &raquo;die nicht mehr existierende Website "Unser Kampf" auf fr<66>her "http://felix2.2y.net/deutsch/index.html"&laquo;<BR>
Pfad: &raquo;../lu/&laquo;<BR>
Verkn&uuml;pfte Dateien: &raquo;<A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">../css/format.css</A>&laquo;</SMALL>
<HR size="1">
<TABLE width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
<TR>
<TD align="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="../index.shtml.html"><SMALL>MLWerke</SMALL></A></TD>
<TD align="center"><B>|</B></TD>
<TD align="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "Link%201b" --><A href="luf_1.htm"><SMALL>Teil</SMALL> 1</A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD align="center">|</TD>
<TD align="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="luf.htm"><SMALL>Inhalt</SMALL></A></TD>
<TD align="center">|</TD>
<TD align="center" width="19%" height=20 valign=middle><!-- #BeginEditable "Link%202b" --><A href="luf_3.htm"><SMALL>Teil 3</SMALL></A><!-- #EndEditable --></TD>
<TD align="center"><B>|</B></TD>
<TD align="center" width="19%" height=20 valign=middle><A href="default.htm"><SMALL>Rosa Luxemburg</SMALL></A></TD>
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