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<TITLE>Josef W. Stalin: Über die rechte Gefahr in der KPdSU</TITLE>
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<BODY BGCOLOR="#ff8080">
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Quelle: Zu den Fragen des Leninismus, Fischer, Frankfurt / Main 1970, Seite
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209 ff.
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Josef W. Stalin
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19. Oktober 1928
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<A name="top"></A><h1>Über die rechte Gefahr in der KPdSU </h1>
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<P class="RedNote">Rede auf dem Plenum des Moskauer Komitees und der Moskauer Kontrollkommission<P>
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Ich glaube, Genossen, daß man vor allem vom Kleinkram, von
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persönlichen Momenten usw. absehen muß, will man die uns
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interessierende Frage der rechten Abweichung lösen. Gibt es bei uns
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in der Partei eine rechte, opportunistische Gefahr, existieren objektive
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Bedingungen, die eine solche Gefahr begünstigen, wie ist diese Gefahr
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zu bekämpfen - das sind die Fragen, vor denen wir jetzt stehen. Wir
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werden aber diese Frage nicht lösen, wenn wir sie nicht von all dem
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Kleinkram und den Nebensächlichkeiten säubern, die sie überlagern
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und uns daran hindern, das Wesen der Frage zu begreifen.
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<P>
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Im Unrecht ist Sapolski, wenn er glaubt, daß die Frage der rechten
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Abweichung eine zufällige Frage sei. Er behauptet, daß es sich
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hier nicht um eine rechte Abweichung, sondern um Zänkereien, um
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persönliche Intrigen usw. handele. Nehmen wir für einen Moment
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an, daß Zänkereien und persönliche Intrigen hier eine gewisse
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Rolle spielen, wie es bei jedem Kampf der Fall ist. Aber alles mit
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Zänkereien zu erklären und hinter den Zänkereien das Wesen
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der Frage nicht zu sehen, das bedeutet, vom richtigen, vom marxistischen
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Wege abzugehen. Es kann nicht sein, daß eine so große, alte,
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geschlossene Organisation, wie es die Moskauer Organisation zweifellos ist,
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durch die Bemühungen einiger Stänkerer oder Intriganten in Bewegung,
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von unten bis oben in Wallung gebracht werden könnte. Nein, Genossen,
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solche Wunder gibt es nicht auf der Welt. Ich spreche schon gar nicht davon,
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daß man die Kraft und Stärke der Moskauer Organisation nicht so
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gering einschätzen darf. Es ist offenkundig, daß hier tiefere
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Gründe wirksam waren, die weder mit Zänkereien noch mit Intrigen
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etwas gemein haben.
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<P>
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Im Unrecht ist auch Fruntow, der zwar das Vorhandensein einer rechten Gefahr
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zugibt, sie jedoch nicht für wert hält, daß ernste, sachliche
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Leute sich ernsthaft mit ihr beschäftigen. Seiner Meinung nach ist die
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Frage der rechten Abweichung ein Gegenstand der Beschäftigung von
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Schreihälsen, nicht aber von sachlichen Leuten. Ich verstehe sehr gut
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Fruntow, der so tief in der praktischen Tagesarbeit steckt, daß er
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keine Zeit hat, über die Perspektiven unserer Entwicklung nachzudenken.
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Das aber bedeutet noch nicht, daß wir den engen und "sachlichen"
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Praktizismus mancher Parteiarbeiter in ein Dogma unseres Aufbaus verwandeln
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sollen. Ein gesunder Praktizismus ist eine gute Sache, wenn er aber die
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Perspektive in der Arbeit verliert und seine Arbeit nicht der Generallinie
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der Partei unterordnet, so verwandelt er sich in einen Nachteil. Es ist indes
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nicht schwer zu begreifen, daß die Frage der rechten Abweichung die
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Frage der Grundlinie unserer Partei ist, die Frage danach, ob die Perspektive
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der Entwicklung, die unsere Partei auf dem XV. Parteitag gegeben hat, richtig
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oder falsch ist.
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<P>
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Im Unrecht sind auch jene Genossen, die bei der Erörterung des Problems
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der rechten Abweichung die Frage auf die Personen zuspitzen, die die rechte
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Abweichung vertreten. Zeigt uns die Rechten oder die Versöhnler, sagen
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diese Genossen, nennt die Personen, damit wir mit ihnen abrechnen können.
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Das ist eine falsche Fragestellung. Personen spielen natürlich eine
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gewisse Rolle. Doch handelt es sich hier nicht um Personen, sondern um die
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Umstände, um die Verhältnisse, die die rechte Gefahr in der Partei
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erzeugen. Man kann die Personen entfernen, aber das bedeutet noch nicht,
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daß wir damit die rechte Gefahr in unserer Partei mit der Wurzel
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ausgerottet haben. Die Personenfrage entscheidet daher die Sache nicht, wenn
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sie auch zweifellos von Interesse ist. Im Zusammenhang damit muß man
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sich einer Episode in Odessa erinnern, die sich Ende 1919 und Anfang 1920
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zugetragen hat, als unsere Truppen, die die Denikinleute aus der Ukraine
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vertrieben hatten, mit den letzten Resten der Denikintruppen in der Umgebung
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von Odessa aufräumten. Ein Teil der Rotarmisten suchte damals in Odessa
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wie wütend die Entente, überzeugt, daß der Krieg ein Ende
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nehmen würde, wenn sie die Entente erwischten. Man kann sich vorstellen,
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daß die Rotarmisten irgendeinen von den Vertretern der Entente in Odessa
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erwischen konnten. Damit wäre aber die Frage der Entente natürlich
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nicht erledigt gewesen, da die Entente, obwohl Odessa damals das letzte
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Territorium der Denikinleute war, ihre Wurzeln nicht in Odessa hat, sondern
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im Weltkapitalismus. Das gleiche kann man von manchen unserer Genossen sagen,
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die in der Frage der rechten Abweichung die Sache auf die Personen zuspitzen,
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die die rechte Abweichung vertreten, und die Verhältnisse vergessen,
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die diese Abweichungen erzeugen.
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Deshalb müssen wir hier vor allem die Frage klären, unter welchen
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Bedingungen die rechte und auch die "linke" (trotzkistische) Abweichung von
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der Leninschen Lehre entstanden sind.
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<P>
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Die rechte Abweichung im Kommunismus bedeutet UNTER DEN BEDINGUNGEN DES
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KAPITALISMUS die Tendenz, die Neigung, die, wenn auch nicht herausgebildete
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und wohl auch noch nicht zum Bewußtsein gelangte, immerhin aber vorhandene
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Neigung eines Teils der Kommunisten, von der vorhandenen Linie des Marxismus
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zur Sozialdemokratie hin abzuschwenken. Wenn gewisse Kreise von Kommunisten
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die Zweckmäßigkeit der Losung "Klasse gegen Klasse" im Wahlkampf
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leugnen (Frankreich), oder gegen selbständige Kandidaturen der
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Kommunistischen Partei auftreten (England), oder die Frage des Kampfes gegen
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die "linke" Sozialdemokratie nicht zuspitzen wollen (Deutschland) usw. usf.,
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so bedeutet dies, daß es innerhalb der kommunistischen Parteien Leute
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gibt, die bestrebt sind, den Kommunismus dem Sozialdemokratismus anzupassen.
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Der Sieg der rechten Abweichung in den kommunistischen Parteien der
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kapitalistischen Länder würde den ideologischen Zusammenbruch der
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kommunistischen Parteien und eine gewaltige Stärkung des Sozialdemokratismus
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bedeuten. Was heißt aber eine gewaltige Stärkung des
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Sozialdemokratismus? Es ist dies eine Stärkung und Festigung des
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Kapitalismus, denn die Sozialdemokratie ist die Hauptstütze des Kapitalismus
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in der Arbeiterklasse. Folglich würde ein Sieg der rechten Abweichung
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in den kommunistischen Parteien der kapitalistischen Länder zur
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Förderung der Vorbedingungen führen, die zur ERHALTUNG des Kapitalismus
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notwendig sind.
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<P>
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Die rechte Abweichung im Kommunismus bedeutet unter den SOWJETISCHEN
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ENTWICKLUNGSBEDINGUNGEN, wo der Kapitalismus bereits gestürzt, aber
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noch nicht mit der Wurzel ausgerottet ist, die Tendenz, die Neigung, die,
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wenn auch nicht herausgebildete und wohl auch noch nicht zum Bewußtsein
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gelangte, immerhin aber vorhandene Neigung eines Teils der Kommunisten, von
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der Generallinie unserer Partei zur bürgerlichen Ideologie hin
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abzuschwenken. Wenn gewisse Kreise unserer Kommunisten die Partei von den
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Beschlüssen des XV. Parteitages zurückzuzerren suchen und die
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Notwendigkeit der Offensive gegen die kapitalistischen Elemente des Dorfes
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leugnen, oder wenn sie die Einschränkung unserer Industrie fordern,
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da sie ihr gegenwärtiges Entwicklungstempo als für das Land verderblich
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betrachten, oder wenn sie die Zweckmäßigkeit der staatlichen
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Zuwendungen für die Kollektiv- und Sowjetwirtschaften leugnen und sie
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(die Zuwendungen) als hinausgeworfenes Geld betrachten, oder wenn sie die
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Zweckmäßigkeit des Kampfes gegen den Bürokratismus auf der
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Grundlage der Selbstkritik leugnen, indem sie annehmen, daß die
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Selbstkritik unseren Apparat zerrütte, oder wenn sie die Lockerung des
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Außenhandelsmonopols verlangen usw. usf. - so bedeutet dies, daß
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es in den Reihen unserer Partei Leute gibt, die, vielleicht ohne es selber
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zu bemerken, bemüht sind, die Sache unseres sozialistischen Aufbaus
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dem Geschmack und den Bedürfnissen der "Sowjet"-Bourgeoisie anzupassen.
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Der Sieg der rechten Abweichung in unserer Partei würde eine ungeheure
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Stärkung der kapitalistischen Elemente in unserem Lande bedeuten. Was
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bedeutet aber die Stärkung der kapitalistischen Elemente in unserem
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Lande? Sie bedeutet die Schwächung der proletarischen Diktatur und die
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Erhöhung der Chancen für die Wiederherstellung des Kapitalismus.
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Folglich würde ein Sieg der rechten Abweichung in unserer Partei bedeuten,
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daß die Vorbedingungen gefördert werden, die FÜR DIE
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WIEDERHERSTELLUNG des Kapitalismus in unserem Lande nötig sind.
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<P>
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Gibt es bei uns, in unserem Sowjetlande, Vorbedingungen, die eine
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Wiederherstellung (Restauration) des Kapitalismus MÖGLICH machen? Jawohl,
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es gibt solche Vorbedingungen. Das mag sonderbar erscheinen, ist aber Tatsache,
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Genossen. Wir haben den Kapitalismus gestürzt, haben die Diktatur des
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Proletariats errichtet und entwickeln in gesteigertem Tempo unsere sozialistische
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Industrie, indem wir die bäuerliche Wirtschaft mit ihr eng verbinden.
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Aber wir haben den Kapitalismus noch nicht mit der Wurzel ausgetrocknet.
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Wo stecken diese Wurzeln des Kapitalismus? Sie stecken in der Warenproduktion,
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in der Kleinproduktion der Stadt und insbesondere des Dorfes. Die Kraft des
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Kapitalismus besteht, wie Lenin sagt, "in der Stärke der KLEINPRODUKTION.
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Denn Kleinproduktion gibt es auf der Welt leider noch sehr, sehr viel, die
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Kleinproduktion aber ERZEUGT Kapitalismus und Bourgeoisie unausgesetzt,
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täglich, stündlich, elementar und im Massenumfange." (Lenin, Ausgew.
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Werke, Bd. 10, Seite 57) Es ist klar, daß bei uns - da die Kleinproduktion
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Massencharakter trägt und sogar vorherrscht und da sie, besonders unter
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den Verhältnissen der NÖP, unausgesetzt und im Massenumfang
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Kapitalismus und Bourgeoisie ERZEUGT - die Vorbedingungen bestehen, die eine
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Wiederherstellung des Kapitalismus MÖGLICH machen.
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<P>
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Gibt es bei uns, in unserem Sowjetlande, die Mittel und Kräfte, die
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notwendig sind, um die MÖGLICHKEIT der Wiederherstellung des Kapitalismus
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zunichte zu machen, zu beseitigen? Jawohl, die gibt es. Gerade darauf beruht
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die Richtigkeit der These Lenins von der MÖGLICHKEIT der Errichtung
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der vollendeten sozialistischen Gesellschaft in der Sowjetunion. Notwendig
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dazu ist die Festigung der proletarischen Diktatur, die Stärkung des
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Bündnisses zwischen Arbeiterklasse und Bauernschaft, die Entwicklung
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unserer Kommandohöhen unter dem Gesichtswinkel der Industrialisierung
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des Landes, ein rasches Entwicklungstempo der Industrie, die Elektrifizierung
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des Landes, die Umstellung der gesamten Volkswirtschaft auf eine neue technische
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Basis, die genossenschaftliche Organisierung der Bauernschaft im
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Massenmaßstab und die Hebung der Ernteerträge ihrer Wirtschaft,
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die allmähliche Vereinigung der individuellen Bauernwirtschaften zu
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gesellschaftlichen Wirtschaften, die Entwicklung der Sowjetwirtschaften,
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die Einschränkung und Überwindung der kapitalistischen Elemente
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in Stadt und Land usw. usf.
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<P>
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Lenin sagt darüber folgendes:
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<P>
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"Solange wir in einem kleinbäuerlichen Lande leben, besteht für
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den Kapitalismus in Rußland eine festere ökonomische Basis als
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für den Kommunismus. Das darf man nicht vergessen. Jeder, der aufmerksam
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das Leben auf dem Lande beobachtet und es mit dem Leben in der Stadt verglichen
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hat, weiß, daß wir die Wurzeln des Kapitalismus nicht ausgerissen
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und dem inneren Feind das Fundament, den Boden nicht entzogen haben. Dieser
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Feind behauptet sich dank dem Kleinbetrieb, und um ihm den Boden zu entziehen,
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gibt es nur ein Mittel: die Wirtschaft des Landes, auch die Landwirtschaft,
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auf eine neue technische Grundlage, auf die technische Grundlage der modernen
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Großproduktion zu stellen. Eine solche Grundlage bildet nur die
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Elektrizität. Kommunismus - das ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung
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des ganzen Landes. Sonst wird das Land ein kleinbäuerliches Land bleiben,
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und das müssen wir klar erkennen. Wir sind schwächer als der
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Kapitalismus, nicht nur im Weltmaßstab, sondern auch im Inneren unseres
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Landes. Das ist allbekannt. Wir haben das erkannt, und wir werden es dahin
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bringen, daß die wirtschaftliche Grundlage aus einer kleinbäuerlichen
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zu einer großindustriellen wird. Erst dann, wenn das Land elektrifiziert
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ist, wenn die Industrie, die Landwirtschaft und das Verkehrswesen eine moderne
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großindustrielle technische Grundlage erhalten, erst dann werden wir
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endgültig gesiegt haben." (Lenin, Sämtl. Werke, Band XXVI, Seite
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58)
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<P>
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Daraus folgt erstens, daß, solange wir in einem kleinbäuerlichen
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Lande leben, solange wir die Wurzeln des Kapitalismus noch nicht ausgerissen
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haben, für den Kapitalismus eine festere ökonomische Basis besteht
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als für den Kommunismus. Es kommt vor, daß man einen Baum
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gefällt, die Wurzeln aber nicht ausgerissen hat, weil die Kräfte
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nicht ausreichten. Daraus eben ergibt sich die MÖGLICHKEIT der
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Wiederherstellung des Kapitalismus in unserem Lande.
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<P>
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Daraus folgt zweitens, daß bei uns außer der Möglichkeit
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der Wiederherstellung des Kapitalismus auch die MÖGLICHKEIT DES SIEGES
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DES SOZIALISMUS besteht, denn wir KÖNNEN die MÖGLICHKEIT der
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Wiederherstellung des Kapitalismus beseitigen, können die Wurzeln des
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Kapitalismus ausreißen und den endgültigen Sieg über den
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Kapitalismus erlangen, WENN wir angestrengt an der Elektrifizierung des Landes
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arbeiten, WENN wir für die Industrie, die Landwirtschaft und das
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Verkehrswesen als technische Basis eine moderne Großindustrie schaffen.
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Daraus eben ergibt sich die MÖGLICHKEIT des Sieges des Sozialismus in
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unserem Lande.
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<P>
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Daraus folgt schließlich, daß es unmöglich ist, den Sozialismus
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nur in der Industrie aufzubauen und die Landwirtschaft der Willkür einer
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spontanen Entwicklung zu überlassen, in der Voraussetzung, daß
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das Dorf der Stadt "von selbst folgen" werde. Das Bestehen einer sozialistischen
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Industrie in der Stadt ist der grundlegende Faktor der sozialistischen
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Umgestaltung des Dorfes. Das bedeutet aber noch nicht, daß dieser Faktor
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vollauf genügt. Damit die sozialistische Stadt das bäuerliche Dorf
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uneingeschränkt führen könne, ist es notwendig, wie Lenin
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sagt, "die Wirtschaft des Landes, AUCH DIE LANDWIRTSCHAFT, auf eine neue
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technische Grundlage, auf die technische Grundlage der modernen
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Großproduktion überzuleiten".
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<P>
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Steht dieses Lenin-Zitat nicht in Widerspruch mit einem anderen Lenin-Zitat,
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wonach "die NÖP uns vollauf die MÖGLICHKEIT sichert, das Fundament
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der sozialistischen Ökonomik zu errichten"? Nein, es steht nicht im
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Widerspruch. Im Gegenteil, die beiden Zitate stimmen völlig miteinander
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überein. Lenin sagt durchaus nicht, daß uns die NÖP den fertigen
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Sozialismus gibt. Lenin sagt nur, daß die NÖP uns die
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MÖGLICHKEIT sichert, das Fundament der sozialistischen Ökonomik
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zu errichten. Zwischen der MÖGLICHKEIT der Errichtung des Sozialismus
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und SEINER WIRKLICHEN ERRICHTUNG besteht ein großer Unterschied. Man
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darf die Möglichkeit nicht mit der Wirklichkeit verwechseln. Gerade
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um diese Möglichkeit in Wirklichkeit zu verwandeln, gerade darum
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schlägt Lenin die Elektrifizierung des Landes und die Schaffung der
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technischen Basis der modernen Großindustrie für Industrie,
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Landwirtschaft und Verkehrswesen vor, als Bedingung für den
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endgültigen Sieg des Sozialismus.
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<P>
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Doch kann diese Bedingung für die Errichtung des Sozialismus nicht in
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ein, zwei Jahren geschaffen werden. Man kann nicht in ein, zwei Jahren das
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Land industrialisieren, eine mächtige Industrie erbauen, die Millionenmassen
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der Bauernschaft genossenschaftlich organisieren, der Landwirtschaft eine
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neue technische Basis geben, die individuellen Bauernwirtschaften zu großen
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Kollektivwirtschaften vereinigen, die Sowjetwirtschaften entwickeln, die
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kapitalistischen Elemente in Stadt und Land einschränken und
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überwinden. Dazu sind Jahre und Jahre angestrengter Aufbauarbeit der
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proletarischen Diktatur nötig. Solange das nicht getan ist - und es
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kann nicht auf einmal getan werden -, bleiben wir immer noch ein
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kleinbäuerliches Land, wo die Kleinproduktion unausgesetzt und im
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Massenumfang Kapitalismus und Bourgeoisie erzeugt und wo die Gefahr einer
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Wiederherstellung des Kapitalismus bestehen bleibt. Und da das Proletariat
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||
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nicht im luftleeren Raum lebt, sondern im wirklichsten, realsten Leben mit
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all seiner Mannigfaltigkeit, umgeben die auf der Basis der Kleinproduktion
|
||
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entstehenden bürgerlichen Elemente "das Proletariat von allen Seiten
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|
mit einer kleinbürgerlichen Atmosphäre, durchtränken,
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demoralisieren es mit ihr, rufen beständig innerhalb des Proletariats
|
||
|
Rückfälle in kleinbürgerliche Charakterlosigkeit, Zersplitterung,
|
||
|
Individualismus, wechselnde Begeisterung und Mutlosigkeit hervor" (Lenin,
|
||
|
Ausgew. Werke, Band 10, Seite 78) und tragen auf diese Weise in das Proletariat
|
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|
und seine Partei gewisse Schwankungen, eine gewissen Wankelmut hinein.
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||
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<P>
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||
|
Hier sind die Wurzeln und die Grundlage für allerlei Schwankungen und
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||
|
Abweichungen von der Leninschen Linie in den Reihen unserer Partei.
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||
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<P>
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|
Deshalb darf man die Frage der rechten oder "linken" Abweichung in unserer
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|
Partei nicht als belanglose Frage betrachten.
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<P>
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|
Worin besteht die Gefahr der RECHTEN, offen opportunistischen Abweichung
|
||
|
in unserer Partei? Darin, daß sie die Kraft unserer Feinde, die Kraft
|
||
|
des Kapitalismus UNTERSCHÄTZT, die Gefahr der Wiederherstellung des
|
||
|
Kapitalismus nicht sieht, die Mechanik des Klassenkampfes unter den Bedingungen
|
||
|
der Diktatur des Proletariats nicht versteht und daher so leicht auf
|
||
|
Zugeständnisse an den Kapitalismus eingeht, indem sie fordert, das
|
||
|
Entwicklungstempo unserer Industrie zu verlangsamen, den kapitalistischen
|
||
|
Elementen in Stadt und Land Erleichterungen zu gewähren, die Frage der
|
||
|
Kollektiv- und Sowjetwirtschaften in den Hintergrund zu stellen, das
|
||
|
Außenhandelsmonopol zu lockern usw. usf. Es steht außer Zweifel,
|
||
|
daß ein Sieg der rechten Abweichung in unserer Partei die Kräfte
|
||
|
des Kapitalismus entfesseln, die revolutionären Positionen des Proletariats
|
||
|
untergraben und die Chancen für die Wiederherstellung des Kapitalismus
|
||
|
in unserem Land erhöhen würde.
|
||
|
<P>
|
||
|
Worin besteht die Gefahr der "LINKEN" (trotzkistischen) Abweichung in unserer
|
||
|
Partei? Darin, daß sie die Kraft unserer Feinde, die Kraft des Kapitalismus
|
||
|
ÜBERSCHÄTZT, nur die Möglichkeit der Wiederherstellung des
|
||
|
Kapitalismus sieht, aber die Möglichkeit der Errichtung des Sozialismus
|
||
|
mit den Kräften unseres Landes nicht sieht, der Verzweiflung verfällt
|
||
|
und gezwungen ist, sich mit dem Geschwätz von Thermidortendenzen in
|
||
|
unserer Partei zu trösten. Aus den Worten Lenins, "solange wir in einem
|
||
|
kleinbäuerlichen Lande leben, besteht für den Kapitalismus in
|
||
|
Rußland eine festere ökonomische Basis als für den Kommunismus",
|
||
|
aus diesen Worten Lenins ziehen die Vertreter der "linken" Abweichung den
|
||
|
unrichtigen Schluß, daß es in der Sowjetunion überhaupt
|
||
|
unmöglich sei, den Sozialismus zu errichten, daß mit der Bauernschaft
|
||
|
nichts zu machen sei, daß die Idee des Bündnisses der Arbeiterklasse
|
||
|
und der Bauernschaft eine überholte Idee sei, daß, wenn uns von
|
||
|
der siegreichen Revolution im Westen keine Hilfe zuteil wird, die Diktatur
|
||
|
des Proletariats in der Sowjetunion zu Fall kommen oder entarten müsse
|
||
|
und daß, wenn der phantastische Plan der Überindustrialisierung,
|
||
|
der selbst um den Preis des Bruches mit der Bauernschaft durchgeführt
|
||
|
werden soll, nicht angenommen wird, die Sache des Sozialismus in der Sowjetunion
|
||
|
als verloren zu betrachten sei. Daher das Abenteurertum in der Politk der
|
||
|
"linken" Abweichung. Daher die "übermenschlichen" Sprünge in der
|
||
|
Politik. Es steht außer Zweifel, daß ein Sieg der "linken" Abweichung
|
||
|
in unserer Partei zur Loslösung der Arbeiterklasse von ihrer
|
||
|
bäuerlichen Basis, zur Loslösung der Avantgarde der Arbeiterklasse
|
||
|
von den übrigen Arbeitermassen und folglich zu einer Niederlage des
|
||
|
Proletariats sowie zur Förderung der Vorbedingungen für eine
|
||
|
Wiederherstellung des Kapitalismus führen würde.
|
||
|
<P>
|
||
|
Wie ihr seht, führen beide Gefahren, die "linke" wie die rechte, beide
|
||
|
Abweichungen von der Leninschen Lehre, die rechte wie die "linke", zu ein
|
||
|
und demselben Ergebnis, wenn auch von verschiedenen Seiten her.
|
||
|
<P>
|
||
|
Welche von diesen Gefahren ist schlimmer? Ich glaube, beide sind "schlimmer".
|
||
|
Der Unterschied zwischen diesen Abweichungen, vom Standpunkte ihrer erfolgreichen
|
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Bekämpfung, besteht darin, daß die "linke" Abweichung
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gegenwärtig für die Partei klarer ist als die rechte Abweichung.
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Der Umstand, daß wir schon einige Jahre lang einen verstärkten
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Kampf gegen die "linke" Abweichung führen, konnte natürlich für
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die Partei nicht ergebnislos bleiben. Es ist klar, daß die Partei in
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den Jahren des Kampfes gegen die "linke", die trotzkistische Abweichung viel
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gelernt hat, und es ist nicht mehr leicht, sie mit "linken" Phrasen zu
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täuschen. Was die rechte Gefahr betrifft, die auch früher schon
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bestand und die jetzt, infolge der Verstärkung der kleinbürgerlichen
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Elementargewalt, im Zusammenhang mit der Getreidebeschaffungskrise im vergangenen
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Jahre krasser in Erscheinung tritt, so ist sie, wie ich glaube, gewissen
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Schichten unserer Partei nicht so klar. Deshalb ist es unsere Aufgabe, ohne
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den Kampf gegen die "linke", die trotzkistische Gefahr auch nur ein Jota
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abzuschwächen, das Schwergewicht auf den Kampf gegen die rechte Abweichung
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zu verlegen und alle Maßnahmen zu treffen, damit die Gefahr dieser
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Abweichung der Partei ebenso klar wird, wie ihr die trotzkistische Gefahr
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klar ist.
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Die Frage der rechten Abweichung bestünde bei uns vielleicht nicht in
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dieser Schärfe, wie das jetzt der Fall ist, wenn sie nicht mit der Frage
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der SCHWIERIGKEITEN unserer Entwicklung zusammenhinge. Aber das ist es ja
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gerade, daß das Bestehen der rechten Abweichung die Schwierigkeiten
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unserer Entwicklung vergrößert und die Überwindung dieser
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Schwierigkeiten hemmt. Und gerade weil die rechte Gefahr den Kampf für
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die Überwindung der Schwierigkeiten erschwert, gerade darum gewinnt
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die Frage der Überwindung der rechten Gefahr für uns besonders
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große Bedeutung.
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<P>
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Ein paar Worte über den Charakter unserer Schwierigkeiten. Man muß
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im Auge behalten, daß unsere Schwierigkeiten nicht Schwierigkeiten
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des Stillstands oder des Verfalls sind. Es gibt Schwierigkeiten, die beim
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Verfall der Wirtschaft oder bei ihrem Stillstand eintreten; in diesem Falle
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bemüht man sich, den Stillstand weniger schmerzhaft zu machen oder dem
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Verfall der Wirtschaft Einhalt zu gebieten. Unsere Schwierigkeiten haben
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mit solchen Schwierigkeiten nichts gemein. Das Charakteristische an unseren
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Schwierigkeiten ist, daß sie Schwierigkeiten des AUFSTIEGS, Schwierigkeiten
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des Wachstums sind. Wenn man bei uns von Schwierigkeiten spricht, so handelt
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es sich gewöhnlich darum, um wieviel Prozent die Industrieproduktion
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ERHÖHT, um wieviel Prozent die Anbaufläche VERGRÖSSERT, um
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wieviel Pud die Ertragsfähigkeit GESTEIGERT werden soll usw. usw. Und
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gerade weil unsere Schwierigkeiten Schwierigkeiten des Aufstiegs und nicht
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des Verfalls oder Stillstands sind, gerade deshalb brauchen sie für
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die Partei nicht etwas besonders Gefährliches darzustellen. Aber
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Schwierigkeiten sind immerhin Schwierigkeiten. Und da zur Überwindung
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von Schwierigkeiten die Anspannung aller Kräfte erforderlich ist, da
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Festigkeit und Ausdauer erforderlich sind, Festigkeit und Ausdauer aber nicht
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bei jedem ausreichen - vielleicht als Folge der Ermüdung und Abspannung
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oder weil man es vorzieht, möglichst ruhig, ohne Kampf und Aufregungen
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zu leben -, setzen gerade hier allerlei Schwankungen ein, Abschwenkungen
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in der Richtung des geringsten Widerstands, Gerede von der Verlangsamung
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des Entwicklungstempos der Industrie, von Erleichterungen für die
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kapitalistischen Elemente, von Ablehnung der Kollektiv- und Sowjetwirtschaften
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und überhaupt alles dessen, was über den Rahmen der gewohnten und
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ruhigen Verhältnisse der Tagesarbeit hinausgeht. Wir können uns
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jedoch nicht vorwärtsbewegen, ohne die Schwierigkeiten zu überwinden,
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vor denen wir stehen. Um aber der Schwierigkeiten Herr zu werden, muß
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man vor allem die rechte Gefahr niederkämpfen, muß man vor allem
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die rechte Abweichung überwinden, die den Kampf gegen die Schwierigkeiten
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hemmt und den Willen unserer Partei, für die Überwindung der
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Schwierigkeiten zu kämpfen, zu untergraben versucht. Gemeint ist
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natürlich ein wirklicher Kampf, kein Scheinkampf, kein auf dem Papier
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geführter Kampf gegen die rechte Abweichung. Es gibt in unserer Partei
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Leute, die nicht abgeneigt sind, zur Erleichterung ihres Gewissens den Kampf
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gegen die rechte Gefahr zu verkünden, in der Art, wie Pfaffen manchmal
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"Halleluja, Halleluja" rufen, die aber keinerlei, auch nicht die geringsten
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praktischen Maßnahmen ergreifen, um den Kampf gegen die rechte Abweichung
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in der nötigen Weise in Gang zu bringen und diese Abweichung in der
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Tat zu überwinden. Diese Strömung wird bei uns eine gegenüber
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der rechten, der offen opportunistischen Abweichung VERSÖHNLERISCHE
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Strömung genannt. Es ist nicht schwer zu begreifen, daß der Kampf
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gegen ein solches Versöhnlertum ein Bestandteil des allgemeinen Kampfes
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gegen die rechte Abweichung, gegen die rechte Gefahr ist. Denn es ist
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unmöglich, die rechte, die opportunistische Abweichung zu überwinden,
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wenn man nicht einen systematischen Kampf gegen das Versöhnlertum
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führt, das die Opportunisten unter seine Fittiche nimmt.
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<P>
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Die Frage nach den Trägern der rechten Abweichung ist zweifellos von
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Interesse, wenn auch nicht entscheidend. Wir sind auf Träger der rechten
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Gefahr in den unteren Organisationen unserer Partei während der
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Getreidebeschaffungskrise im vergangenen Jahre gestoßen, als eine ganze
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Reihe von Kommunisten in den Landbezirken und Dörfern gegen die Politik
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der Partei auftrat und auf den Zusammenschluß mit den Kulakenelementen
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hinarbeitete. Ihr wißt, daß Elemente dieser Art im Frühjahr
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dieses Jahres aus unserer Partei hinausgesäubert wurden, was in dem
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bekannten Dokument des Zentralkomitees unserer Partei vom Februar dieses
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Jahres ausdrücklich erwähnt wird. Es wäre jedoch falsch zu
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behaupten, daß solche Elemente nicht in unserer Partei geblieben seien.
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Geht man höher hinauf, in die Kreis- und Gouvernementsorganisationen
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der Partei, forscht man im Sowjet- und Genossenschaftsapparat gründlich
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nach, so wird man dort ohne Mühe Träger der rechten Gefahr und
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des Versöhnlertums gegenüber dieser Gefahr finden können.
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Bekannt sind die "Briefe", "Erklärungen" und sonstigen Dokumente einer
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Reihe von Funktionären unseres Partei- und Sowjetapparates, in denen
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sich die Neigung zur rechten Abweichung mit aller Bestimmtheit gezeigt hat.
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Ihr wißt, daß diese Briefe und Dokumente im Stenogramm des
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Juliplenums des ZK erwähnt wurden. Geht man noch höher hinauf und
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fragt man, wie die Dinge im ZK liegen, so muß man zugeben, daß
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auch unter den Mitgliedern des ZK gewisse, wenn auch überaus unbedeutende
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Elemente versöhnlerischer Haltung gegenüber der rechten Gefahr
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vorhanden sind. Das Stenogramm des Juliplenums des ZK ist ein direkter Beweis
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dafür. Und wie sieht es im Politbüro aus? Gibt es im Politbüro
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irgendwelche Abweichungen? Im Politbüro gibt es weder Rechte noch Linke
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noch Versöhnler ihnen gegenüber. Das muß hier ganz kategorisch
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gesagt werden. Es ist höchste Zeit, dem Klatsch ein Ende zu bereiten,
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der von Elementen, die der Partei nicht wohlwollend gesinnt sind, sowie von
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Oppositionellen aller Art verbreitet wird, wonach es im Politbüro unseres
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ZK eine rechte Abweichung oder eine versöhnlerische Haltung gegenüber
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dieser Abweichung gebe.
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Gab es in der Moskauer Organisation oder in ihrer Spitze, im Moskauer Komitee,
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Schwankungen? Ja, die gab es. Es wäre töricht, jetzt behaupten
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zu wollen, daß es dort keine Schwankungen gegeben habe. Die offenherzige
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Rede Penjkows ist ein direkter Beweis dafür. Penjkow ist nicht der Letzte
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in der Moskauer Organisation und im Moskauer Komitee. Ihr habt gehört,
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daß er seine Fehler in einer ganzen Reihe äußerst wichtiger
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Fragen unserer Parteipolitik unumwunden und offen zugegeben hat. Das bedeutet
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natürlich nicht, daß das gesamte Moskauer Komitee Schwankungen
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durchgemacht hat. Nein, keineswegs. Ein solches Dokument wie der Aufruf des
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Moskauer Komitees an die Mitglieder der Moskauer Organisation vom Oktober
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dieses Jahres zeugt unzweifelhaft davon, daß es dem Moskauer Komitee
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gelungen ist, die Schwankungen einiger seiner Mitglieder zu überwinden.
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Ich zweifle nicht daran, daß es dem führenden Kern des Moskauer
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Komitees gelingen wird, die Lage endgültig einzurenken.
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<P>
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Manche Genossen sind unzufrieden damit, daß die Rayonorganisationen
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in diese Angelegenheit eingegriffen und die Frage der Beseitigung der Fehler
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und Schwankungen einzelner Leiter der Moskauer Organisation aufgeworfen haben.
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Ich weiß nicht, wie man eine solche Unzufriedenheit rechtfertigen kann.
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Was kann Schlechtes daran sein, daß die Rayonaktivs der Moskauer
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Organisation ihre Stimme erhoben und die Abstellung der Fehler und Schwankungen
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gefordert haben? Arbeiten wir etwa nicht im Zeichen der Selbstkritik von
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unten? Ist es etwa nicht Tatsache, daß die Selbstkritik die Aktivität
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der Parteimitgliedschaft und überhaupt der proletarischen Masse steigert?
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Was ist Schlechtes oder Gefährliches daran, daß die Rayonaktivs
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sich der Lage gewachsen gezeigt haben?
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<P>
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Hat das ZK richtig gehandelt, als es in diese Sache eingriff? Ich glaube,
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daß das ZK richtig gehandelt hat. Bersin glaubt, das ZK gehe zu scharf
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vor, wenn es die Frage der Absetzung eines Rayonleiters stellt, gegen den
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sich die Parteiorganisation des Rayons gewandt hat. Das ist völlig falsch.
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Ich könnte Bersin einige Episoden aus dem Jahre 1919 und 1920 ins
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Gedächtnis rufen, als einige Mitglieder des ZK, die sich einige, wie
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ich glaube, nicht sehr schwerwiegende Fehler gegenüber der Parteilinie
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zuschulden kommen ließen, auf Vorschlag Lenins exemplarisch bestraft
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wurden, wobei einer von ihnen nach Turkestan geschickt wurde, ein anderer
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beinahe aus dem ZK ausgeschlossen worden wäre. War Lenin im Recht, als
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er so vorging? Ich glaube, daß er völlig im Recht war. Die Lage
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im ZK war damals nicht so wie heute. Damals stand die Hälfte des ZK
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hinter Trotzki, und im ZK selbst war die Lage nicht stabil. Heute geht das
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ZK unvergleichlich milder vor. Weshalb? Vielleicht weil wir milder sein wollen,
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als Lenin es war? Nein, nicht das ist der Kern der Sache. Der Kern der Sache
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ist der, daß die Lage im ZK heute stabiler ist, als sie damals war,
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und daß das ZK jetzt die Möglichkeit hat, milder vorzugehen. Auch
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Sacharow ist im Unrecht mit seiner Behauptung, das ZK habe verspätet
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eingegriffen. Er ist im Unrecht, weil er offensichtlich nicht weiß,
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daß das Eingreifen des ZK eigentlich schon im Februar dieses Jahres
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begonnen hat. Sacharow kann sich davon überzeugen, wenn er es wünscht.
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Allerdings hat das Eingreifen des ZK nicht sofort positive Resultate gezeitigt.
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Es wäre jedoch sonderbar, wollte man daraus dem ZK einen Vorwurf machen.
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<P>
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SCHLUSSFOLGERUNGEN: 1. die rechte Gefahr in unserer Partei ist eine ernste
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Gefahr, denn sie wurzelt in den sozialen und ökonomischen
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Verhältnissen unseres Landes; 2. die Gefahr der rechten Abweichung wird
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durch das Bestehen von Schwierigkeiten vergrößert, die nicht
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überwunden werden können, ohne daß die rechte Abweichung
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und das Versöhnlertum ihr gegenüber überwunden werden; 3.
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in der Moskauer Organisation waren Schwankungen, Elemente der
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Unbeständigkeit vorhanden; 4. der Kern des Moskauer Komitees hat mit
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Hilfe des ZK und der Rayonaktivs alle Maßnahmen ergriffen, um die
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Schwankungen zu beseitigen; 5. es ist nicht zu bezweifeln, daß es dem
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Moskauer Komitee gelingen wird, die früher zum Vorschein gekommenen
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Fehler abzustellen; 6. die Aufgabe besteht darin, den inneren Kampf zu
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liquidieren, die Moskauer Organisation zu einem einheitlichen Ganzen
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zusammenzuschließen und die Neuwahl der Zellenleitungen auf der Grundlage
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der vollentfalteten Selbstkritik erfolgreich durchzuführen.
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</P>
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<HR>
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<P>19. Oktober 1928</P>
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<HR>
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</BODY>
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</HTML>
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