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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Karl Liebknecht - Franz&ouml;sische Friedenskundgebung mit Karl
Liebknecht</TITLE>
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<H2>Karl Liebknecht</H2>
<H1> <!-- #BeginEditable "Titel" -->Franz&ouml;sische Friedenskundgebung mit Karl
Liebknecht<!-- #EndEditable --></H1>
<P><!-- #BeginEditable "Nachweis" --><SMALL>&raquo;Volksfreund&laquo; (Karlsruhe),
Nr. 164, 18. Juli 1914.</SMALL><!-- #EndEditable --></P>
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<!-- #BeginEditable "Text" -->
<H3>
</H3>
<DIV align=center>
<H3>Deutsch-franz&ouml;sische Friedenskundgebung
</H3>
<H3>14. Juli 1914 </H3>
</DIV>
<P>Bei herrlichem Sonnenschein fand gestern in Cond&eacute; sur l'Escaut
(Nordfrankreich) eine Friedensversammlung statt, der mehr als 20.000 Arbeiter
aus der ganzen Umgegend mit zahlreichen roten Fahnen und Musikkorps beiwohnten.
Karl Liebknecht hatte seine Anwesenheit zugesagt, und das gen&uuml;gte, um dieses
sonst so ruhige Pl&auml;tzchen Cond&eacute; sur l'Escaut, das kaum 4.000 Einwohner z&auml;hlt, in
einen Wallfahrtsort zu verwandeln, der - wie mir von verschiedenen Seiten
versichert wurde - noch nie so viele Menschen zu sehen bekam. Au&szlig;er Liebknecht
waren auch der franz&ouml;sische sozialdemokratische Abgeordnete Jean Longuet aus
Paris - bekanntlich ein naher Verwandter zu Karl Marx -, ferner Maxence Roldes,
Vertreter des Nationalrats der franz&ouml;sischen Arbeiterpartei, und Vandersmissen,
Generalsekret&auml;r der belgischen Arbeiterpartei, anwesend. Vormittags hatten sich
die Vorstandsmitglieder der verschiedenen Arbeitersyndikate im kleinen Maison du
Peuple (Volkshaus) zu einem Willkomm zusammengefunden, um dem Vertreter der
deutschen Br&uuml;der f&uuml;r sein Erscheinen herzlichst zu danken. Liebknecht erwiderte
mit einigen Worten und forderte zur immer m&auml;chtigeren Organisation auf, denn
wenn auch die Kapitalisten f&uuml;r den Krieg, den sie allein wollen, verantwortlich
sind - meinte Liebknecht -, dann d&uuml;rften aber die Arbeiter nicht denken, es
tr&auml;fe sie keine Verantwortung, denn die Arbeiter haben die Pflicht, sich immer
st&auml;rker zu organisieren und dann durch ihre Macht - denn sie sind die Macht,
wenn sie es nur wollen - jede kriegerische Freveltat der heutigen
militaristischen Parteien zu verhindern.
<P>Nachmittags fand dann, nach einem wohlgelungenen Umzug, die Versammlung unter
freiem Himmel auf einer gro&szlig;en Wiese statt. Maxence Roldes machte den Arbeitern
verst&auml;ndlich, wie n&ouml;tig es sei, sich gegen den Militarismus und gegen die
industrielle Feudalit&auml;t - h&uuml;ben und dr&uuml;ben - zusammenzuschlie&szlig;en. Er zeigte,
welch schmutzige, infame Mittel die Waffenindustrie beider L&auml;nder benutzte, um
auf dieser und jener Seite zu sch&uuml;ren. Er erinnerte daran, wie man von Berlin
aus in dem so patriotischen &raquo;Figaro&laquo; Scharfmacherartikel erscheinen lie&szlig; und wie
diese Artikel dann wieder von den deutschen Kriegsparteien, die mit schwerem
Gold diese Artikel selbst inserieren lie&szlig;en, in Deutschland zu R&uuml;stungszwecken
ausgebeutet wurden. Wenn Deutschland seinen Krupp hat, so habe Frankreich seinen
Creusot, und die Skandale, die in Deutschland mit der Krupp-Aff&auml;re enth&uuml;llt
wurden, hat Frankreich genauso mit dem Creusot, und Morizet hat in der &raquo;Humanit&eacute;&laquo; nachgewiesen, da&szlig; sogar kein Geringerer als der General W... in den
Creusot-Skandal verwickelt ist.
<P>Jean Longuet dr&uuml;ckte seine Freude dar&uuml;ber aus, da&szlig; er heute auf franz&ouml;sischem
Boden Seite an Seite mit Karl Liebknecht sitze, um gegen den Krieg zu
protestieren; mit Karl Liebknecht, dem Sohne des unverge&szlig;lichen Wilhelm
Liebknecht, der mit Bebel zusammen Begr&uuml;nder der gro&szlig;en deutschen
sozialdemokratischen Partei ist. - Er erinnerte daran, wie Bebel und Liebknecht
am 27. M&auml;rz 1872 durch das Reichsgericht zu Leipzig wegen Hochverrats zu 2
Jahren Festung verurteilt wurden wegen ihres mannhaften Betragens im Reichstage,
wo sie zwei allein als Sozialisten und als Republikaner, als Mitglieder der
Internationale erkl&auml;rten, gegen jede Unterdr&uuml;ckung irgendeiner Nationalit&auml;t zu
protestieren, und durch br&uuml;derliche Bande alle Unterdr&uuml;ckten zu vereinigen
suchten. Berauscht von Patriotismus, lie&szlig; der damalige Reichstag diese Helden
festnehmen. H&uuml;ben und dr&uuml;ben der Vogesen dauern die Hetzereien einer
gewissenlosen Chauvinistenbande fort. Aber warum sollen denn wir Arbeiter uns
gegenseitig t&ouml;ten? Wir kennen uns ja nicht und haben uns nie was zuleide getan,
und wir w&uuml;nschen doch auf beiden Seiten nur Friede miteinander. Wenn unsere
Chauvinisten und die Pangermanisten (Alldeutschen) es so n&ouml;tig haben, sich zu
pr&uuml;geln, meint Longuet, ei, da stelle man ihnen doch schnell ein gro&szlig;es
abgeschlossenes Feld zur Verf&uuml;gung, und da sollen sie sich niedermetzeln, bis
kein einziger mehr davon &uuml;brigbleibt. Dann k&ouml;nnen wir in Ruhe unsere Wege
weiterwandeln und bald die Vereinigten Staaten Europas gr&uuml;nden, wo
Gerechtigkeit, Br&uuml;derlichkeit und Gleichheit gelten.
<P>Vandersmissen sagte, er sei der Vertreter eines kleinen Landes und k&ouml;nne
nicht wie die Deutschen und Franzosen &uuml;ber Millionen Soldaten, Hunderte von
Kriegsschiffen oder gro&szlig;e Kolonialtruppen reden, aber wenn schon Belgien kaum
sieben Millionen Einwohner z&auml;hle, so sei es doch auch schon von der
militaristischen Verr&uuml;cktheit angesteckt und habe ein Kriegsbudget von 160
Millionen. Vandersmissen schilderte die horrenden Ausgaben f&uuml;r Kriegszwecke,
Ausgaben, die sich j&auml;hrlich auf zw&ouml;lf Milliarden belaufen. Was f&uuml;r eine immense
Summe!! Zw&ouml;lf Milliarden!! Und wie k&ouml;nnte man damit Schulen, Spit&auml;ler,
Krankenheime bauen! Ist es nicht entsetzlich, da&szlig; es Arbeiter gibt, die sich und
ihre Frau und Kinder hungern lassen m&uuml;ssen wegen Arbeitslosigkeit; es gibt
Tausende und Tausende M&uuml;tter, die keine Milch haben f&uuml;r ihre neugeborenen armen
Gesch&ouml;pfe, es gibt Greise, die ihr Leben lang schwer gearbeitet haben und
betteln m&uuml;ssen, es gibt Millionen Menschen, M&auml;nner, Frauen, Kinder und Greise,
die im Winter keine Kleider haben, keine Kohlen, um sich zu erw&auml;rmen, kein
Licht, um die langen Wintern&auml;chte zu verk&uuml;rzen, und f&uuml;r Mordwaffen, f&uuml;r Kanonen,
Gewehre, S&auml;bel, Pulver gibt man j&auml;hrlich zw&ouml;lf Milliarden aus! Das mu&szlig; aufh&ouml;ren.
Die Arbeiterorganisationen aller L&auml;nder m&uuml;ssen verst&auml;rkt werden, um diesen
namenlosen Treibereien endlich ein Ende zu bereiten.
<P>Nun kam Genosse Liebknecht, von unaufh&ouml;rlichen Rufen empfangen: &raquo;Vive
Liebknecht!&laquo; &raquo;Vive Bebel!&laquo; &raquo;Vive Karl Marx!&laquo; &raquo;Vive l'Internationale!&laquo; &raquo;&agrave; bas la
guerre!&laquo; &raquo;Vive l'Allemagne!&laquo; Ja, aus Tausenden und Tausenden Kehlen erscholl auf
franz&ouml;sischem Boden der Ruf: &raquo;Vive l'Allemagne!&laquo; als Liebknecht aufstand, um das
Wort zu ergreifen. Dieses &raquo;Vive l'Allemagne!&laquo; hatte in dem Munde der Tausenden
franz&ouml;sischen Arbeiter auf franz&ouml;sischem Boden, hundert Meter von einer
Infanteriekaserne entfernt, etwas recht Ergreifendes f&uuml;r sich. Als die Ovationen
f&uuml;r Liebknecht immer nicht enden wollten, erhob sich der Vorsitzende der
Versammlung und dr&uuml;ckte seine Freude dar&uuml;ber aus, da&szlig; die franz&ouml;sischen Arbeiter &raquo;Es lebe Deutschland!&laquo; rufen, damit sei aber nicht das Deutschland der
Hohenzollern, der Krupp, der deutschen Waffen- und Munitionsfabriken, der
Liebert oder der ganzen militaristischen Clique gemeint, sondern das Deutschland
der Goethe und Schiller, das Deutschland der Kunst, der Wissenschaft, der
Literatur und haupts&auml;chlich das sozialdemokratische Deutschland.
<P>Gen. Liebknecht machte hierauf den Zuh&ouml;rern verst&auml;ndlich, wie l&auml;cherlich die
Grenzen sind. Was bedeuten Grenzen? Was sind Grenzen? Was bezwecken Grenzen?
Vorgestern in Berlin, gestern &uuml;ber Rheinland und Westfalen in Belgien, in
L&uuml;ttich und Charleroi, heute im gro&szlig;en industriellen Viertel bei Valenciennes;
&uuml;berall und &uuml;berall arme Arbeiter, die m&uuml;hsam um ihr t&auml;gliches Brot k&auml;mpfen
gegen&uuml;ber einer Handvoll reicher Ausbeuter, die &uuml;ber Millionen und Millionen
verf&uuml;gen. Wir Arbeiter haben keine Grenzen n&ouml;tig; diese dienen nur gewissen
Schichten jedes Landes, denen alle Mittel gut genug sind, die V&ouml;lker zu
verhetzen. Wenn wir dem Chauvinismus erfolgreich entgegentreten wollen, dann
gibt's vor allen Dingen das eine Mittel: die Arbeiterorganisation. Es mu&szlig; dahin
gearbeitet werden, da&szlig; die Arbeiter aller L&auml;nder ihren Willen dank ihrer
Einigkeit durchsetzen und durch ihre Macht, die sie in der Tat besitzen, alles
niederwerfen, was sich der Emanzipation der Arbeiterklasse und dem Vormarsch zur
Gr&uuml;ndung der Vereinigten Staaten Europas widersetzt. Liebknechts Aufruf zur
Sammlung aller Kr&auml;fte der Internationale gegen den Militarismus, zur Sicherung
des Friedens fand st&uuml;rmischen Beifall. Eine junge Arbeiterin trug dann La
Marseillaise de la Paix von Lamartine vor. Eine Resolution, worin die zu vielen
Tausenden versammelten Arbeiter dem Genossen Liebknecht F&uuml;r sein Erscheinen
dankten, sich verpflichteten, alles, was in ihren Kr&auml;ften steht, gegen den Krieg
zu tun, wurde einstimmig und begeistert mit den Rufen: &raquo;Nieder mit dem Krieg!&laquo; &raquo;Es lebe der Friede!&laquo; &raquo;Es lebe Deutschland!&laquo; &raquo;Es lebe die Internationale!&laquo; angenommen, und unter Absingen sozialistischer Lieder zogen alle - die roten
Fahnen weit aufgerollt - ins ruhige St&auml;dtchen und nach ihren Orten zur&uuml;ck, ohne
da&szlig; die sch&ouml;ne Versammlung irgendwie gest&ouml;rt wurde.
<P>N. B. Es l&auml;ge nach meiner Ansicht sehr im Interesse der heiligen Sache des
Friedens, wenn derartige internationale Versammlungen viel &ouml;fter stattfinden
w&uuml;rden und wo auch Arbeiter neben bekannten Abgeordneten das Wort ergreifen
w&uuml;rden, auch wenn es eine noch so kurze Ansprache w&auml;re. Die Arbeiter m&uuml;ssen sich
kennenlernen, wenn sie international denken lernen sollen. Scheidemann, Frank,
Liebknecht waren in Frankreich; das gen&uuml;gt nicht; sie und andere, von Arbeitern
begleitet, m&uuml;ssen wiederkommen, oft kommen, und franz&ouml;sische Abgeordnete, von
franz&ouml;sischen Arbeitern begleitet, m&uuml;ssen Deutschland bereisen. B&uuml;low hat zwar
seinerzeit Jaures ausgewiesen, aber das hat der sozialdemokratischen Sache
nichts geschadet. Ob Bethmann Hollweg wie sein Vorg&auml;nger handeln w&uuml;rde? Wenn die
kaiserlichen und k&ouml;niglichen staatserhaltenden Elemente heute in Stra&szlig;burg,
morgen in Mannheim, bald in Frankfurt, bald in Leipzig, in Hamburg oder M&uuml;nchen
gezwungen sind, derartige vexatorische Ma&szlig;nahmen gegen die Friedensk&auml;mpfer zu
ergreifen, so kommen diese Ma&szlig;nahmen ja doch wieder der Friedensidee zugute, und
um so heftiger, energischer w&uuml;rden dann in den St&auml;dten, wo man gegen
franz&ouml;sische Redner vorgegangen ist, die Ansprachen der anwesenden deutschen
Redner ausfallen. Das Volk mu&szlig; aufgekl&auml;rt werden, und der Kampf gegen den
Militarismus darf keine Minute unterbrochen werden, wenn wir ernstlich auf einen
Sieg unserer Sache rechnen wollen.
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<P><SMALL>Pfad: &raquo;../kl/&laquo;<BR>
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