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<title>"Neue Rheinische Zeitung" - Die "Reforme" ueber die Juniinsurektion</title>
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<p align="center"><a href="me05_431.htm"><font size="2">Antwort Friedrich Wilhelm IV. an die
Deputation der B&uuml;rgerwehr</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
"../me_nrz48.htm"><font size="2">Inhalt</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
"me05_435.htm"><font size="2">Die englisch-franz&ouml;sische Vermittlung in
Italien</font></a></p>
<small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 433-434<br>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959</small><br>
<br>
<h1>Die "R&eacute;forme" &uuml;ber die Juniinsurrektion</font></p>
<p><font size="2">["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 123 vom 21. Oktober 1848]</font></p>
<p><b><a name="S433">&lt;433&gt;</a></b> *<i>Paris</i>. Als die <i>"Neue Rheinische
Zeitung"</i> am 29. Juni mit Ausnahme des englischen <i>"Northern Star"</i> das <i>einzige</i>
europ&auml;ische Blatt war, welches den Mut und die Einsicht hatte, die Junirevolution richtig
zu w&uuml;rdigen &lt;Siehe <a href="me05_133.htm">"Die Junirevolution"</a>&gt;, wurde sie nicht
widerlegt, sondern denunziert.</p>
<p>Die Tatsachen best&auml;tigen nachtr&auml;glich unsere Auffassung selbst f&uuml;r das
bl&ouml;deste Auge, soweit das Interesse nicht alle Sehkraft raubt.</p>
<p>Damals blamierte sich auch die <i>franz&ouml;sische</i> Presse. Die entschiedenen Pariser
Zeitungen waren unterdr&uuml;ckt. Die "R&eacute;forme", das einzige radikale Journal, dem
Cavaignac fortzuexistieren erlaubte, stotterte Entschuldigungen f&uuml;r die hochherzigen
Junik&auml;mpfer und bettelte bei dem Sieger um ein Almosen Humanit&auml;t f&uuml;r die
Besiegten. Man h&ouml;rte nat&uuml;rlich nicht auf den Bettler. Es bedurfte erst des
vollst&auml;ndigen Verlaufs des Junisiegs, der monatlangen Diatriben der nicht von dem
Belagerungszustand gefesselten Provinzialbl&auml;tter, der augenf&auml;lligen Auferstehung der
Thierspartei, um die "R&eacute;forme" zur Besinnung zu bringen.</p>
<p>Bei Gelegenheit des Amnestieprojekts der &auml;u&szlig;ersten Linken bemerkt sie in ihrer
Nummer vom 18. Oktober:</p>
<p><font size="2">"Das Volk, als es von den Barrikaden stieg, bestrafte niemanden. Das Volk!
Damals war es der Herrscher, der Souver&auml;n, der Sieger; man k&uuml;&szlig;te ihm die
F&uuml;&szlig;e, die H&auml;nde, man salutierte vor seinen Blusen, man akklamierte seinen edlen
Gef&uuml;hlen. Und mit Recht. Es war gro&szlig;m&uuml;tig.</font></p>
<p>Heute hat das Volk seine Kinder, seine Br&uuml;der in den Kerkern, auf den Galeeren und vor
den Kriegsgerichten. Nachdem es die Geduld des Hungers ersch&ouml;pft hatte, nachdem es eine
ganze Bev&ouml;lkerung von Ehrs&uuml;chtigen, die es von der Stra&szlig;e aufgerafft, ruhig an
sich hatte vorbeigehen und Pal&auml;ste hinaufsteigen gesehn, nachdem es <a name=
"S434"><b>&lt;434&gt;</b></a> drei lange Monate hindurch der Republik Kredit geschenkt hatte,
verlor es eines Tages den Kopf mitten zwischen seinen ausgehungerten Kindern und seinen
hinsiechenden V&auml;tern und st&uuml;rzte sich in die Schlacht.</p>
<p>Es hat teuer gezahlt. Seine S&ouml;hne sind unter den Kugeln gesunken, und diejenigen, die
&uuml;brigblieben, teilte man in zwei Teile. Den einen warf man den Kriegsgerichten vor, den
andern verpackte man zur Deportation, ohne Untersuchung, ohne das Recht der Verteidigung, ohne
Urteil! Diese Methode ist jedem Lande fremd, selbst dem Lande der Kabylen.</p>
<p>Nie w&auml;hrend ihrer zwanzigj&auml;hrigen Dauer hatte die Monarchie &auml;hnliches gewagt.
Damals kamen die Journale, die in Dynastien spekulieren, berauscht von dem Geruche der
Leichname, k&uuml;hn und schnell bereit zum Insulte gegen die Toten" (vgl. die
<i>"K&ouml;lnische Zeitung"</i> vom 29. Juni), "spien sie alle Verleumdungen geh&auml;ssiger
Bosheit aus, vierteilten sie das Volk vor der gerichtlichen Untersuchung in seiner Ehre, und
schleiften sie die Besiegten, Tote und Lebende, vor die Ausnahmsgerichte; sie denunzierten sie
der Raserei der Nationalgarden und des Heers, sie machten sich zu M&auml;klern des Henkers, zu
Knechten des Prangers, Lakaien wahnsinniger Rachgel&uuml;ste, erfanden sie Verbrechen; sie
vergifteten unsern Unstern und sie raffinierten die Beleidigung und die L&uuml;ge!" <font size=
"1">(</font><a href="me05_138.htm"><font size="3">Vgl. die "N[eue] Rh[einische] Z[eitung]" vom
1. Juli &uuml;ber den franz&ouml;sischen "Constitutionnel", die belgische "Ind&eacute;pendance"
und die "K&ouml;lnische Zeitung"</font></a><font size="1">.)</font></p>
<p><font size="2">"Der 'Constitutionnel' hielt offene Butik mit gr&auml;&szlig;lichen
Verst&uuml;mmelungen und unw&uuml;rdigen Greueln. Er wu&szlig;te sehr wohl, da&szlig; er
<i>log</i>, aber das pa&szlig;te nun einmal in seinen Handel und in seine Politik, und,
Handelsmann und Diplomat zugleich, verkaufte er 'nach dem Verbrechen', wie man sonst 'nach der
Elle' verkauft. Diese sch&ouml;ne Spekulation mu&szlig;te einmal ein Ende nehmen. Die
Widerspr&uuml;che regneten: nicht der Name eines einzigen Galeerenstr&auml;flings auf den Akten
der Kriegsgerichte, auf den Bulletins der Transportation. Es gab kein Mittel mehr, die
Verzweiflung herabzuw&uuml;rdigen, und man schwieg, nachdem man den Profit einkassiert
hatte."</font></p>
<p>Geschrieben von Karl Marx.</p>
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</html>