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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Rosa Luxemburg - Die Akkumulation des Kapitals, 32. Kapitel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="lu05_365.htm"><FONT SIZE=2>31. Kapitel</FONT></A><FONT SIZE=1> | </FONT><A HREF="lu05_005.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A> </P>
<FONT SIZE=2><P>Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Herausgegeben vom Institut f&uuml;r Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 5. Berlin/DDR. 1975. "Die Akkumulation des Kapitals", S. 398-411.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 20.10.1998</P>
<HR>
</FONT><FONT SIZE=5><P ALIGN="CENTER">Zweiunddrei&szlig;igstes Kapitel</P>
<I><P ALIGN="CENTER">Der Militarismus auf dem Gebiet der Kapitalakkumulation</P>
</I></FONT><B><P><A NAME="S398">&lt;398&gt;</A></B> Der Militarismus &uuml;bt in der Geschichte des Kapitals eine ganz bestimmte Funktion aus. Er begleitet die Schritte der Akkumulation in allen ihren geschichtlichen Phasen. In der Periode der sogenannten "primitiven Akkumulation", d.h. in den Anf&auml;ngen des europ&auml;ischen Kapitals, spielt der Militarismus die entscheidende Rolle bei der Eroberung der Neuen Welt und der Gew&uuml;rzl&auml;nder Indiens, sp&auml;ter bei der Eroberung der modernen Kolonien, Zerst&ouml;rung der sozialen Verb&auml;nde der primitiven Gesellschaften und Aneignung ihrer Produktionsmittel, bei der Erzwingung des Warenhandels in L&auml;ndern, deren soziale Struktur der Warenwirtschaft hinderlich ist, bei der gewaltsamen Proletarisierung der Eingeborenen und der Erzwingung der Lohnarbeit in den Kolonien, bei der Bildung und Ausdehnung von Interessensph&auml;ren des europ&auml;ischen Kapitals in au&szlig;ereurop&auml;ischen Gebieten, bei der Erzwingung von Eisenbahnkonzessionen in r&uuml;ckst&auml;ndigen L&auml;ndern und bei der Vollstreckung der Forderungsrechte des europ&auml;ischen Kapitals aus internationalen Anleihen, endlich als Mittel des Konkurrenzkampfes der kapitalistischen L&auml;nder untereinander um Gebiete nichtkapitalistischer Kultur.</P>
<P>Dazu kommt noch eine andere wichtige Funktion. Der Militarismus erscheint auch rein &ouml;konomisch f&uuml;r das Kapital als ein Mittel ersten Ranges zur Realisierung des Mehrwerts, d.h. als ein Gebiet der Akkumulation. Bei der Untersuchung der Frage, wer als Abnehmer der Produktenmasse <A NAME="S399"><B>&lt;399&gt;</A></B> in Betracht k&auml;me, in der der kapitalisierte Mehrwert steckt, haben wir mehrfach den Hinweis auf den Staat und seine Organe als Konsumenten abgelehnt. Wir haben sie als Vertreter abgeleiteter Einkommenquellen in dieselbe Kategorie der Nutznie&szlig;er des Mehrwerts (oder zum Teil des Arbeitslohns) eingereiht, der auch die Vertreter liberaler Berufe sowie allerlei Schmarotzerexistenzen der heutigen Gesellschaft ("K&ouml;nig, Pfaff, Professor, Hure, Kriegsknecht") angeh&ouml;ren. Diese Erledigung der Frage ist aber ersch&ouml;pfend nur unter zwei Voraussetzungen: einmal, wenn wir, im Sinne des Marxschen Schemas der Reproduktion, annehmen, da&szlig; der Staat keine anderen Steuerquellen besitzt als den kapitalistischen Mehrwert und den kapitalistischen Arbeitslohn <A NAME="ZF1"><A HREF="lu05_398.htm#F1">(1)</A></A>; und zweitens, wenn wir den Staat mit seinen Organen nur als Konsumenten ins Auge fassen. Handelt es sich n&auml;mlich um pers&ouml;nliche Konsumtion der Staatsbeamten (so auch des "Kriegsknechts"), so bedeutet das - sofern sie aus Arbeitermitteln bestritten wird - partielle &Uuml;bertragung der Konsumtion von der Arbeiterklasse auf den Anhang der Kapitalistenklasse.</P>
<P>Nehmen wir f&uuml;r einen Augenblick an, der gesamte den Arbeitern abgepre&szlig;te Betrag an indirekten Steuern, der einen Abzug an ihrer Konsumtion bedeutet, werde darauf verwendet, den Staatsbeamten Geh&auml;lter auszuzahlen und das stehende Heer mit Lebensmitteln zu verproviantieren. Dann wird in der Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtkapitals keine Verschiebung eintreten. Sowohl die Abteilung der Lebensmittel wie infolgedessen auch die Abteilung der Produktionsmittel bleiben unver&auml;ndert, denn der Gesamtbedarf der Gesellschaft hat nach Art und Menge keinen Wechsel erlitten. Was jetzt ver&auml;ndert worden, ist blo&szlig; das Wertverh&auml;ltnis zwischen v als Ware Arbeitskraft und den Produkten der Abteilung II, d.h. Lebensmitteln. Dasselbe v, derselbe Geldausdruck der Arbeitskraft wird jetzt mit einer geringeren Menge Lebensmittel ausgetauscht. Was geschieht mit dem so entstehenden Rest an Produkten der <A NAME="S400"><B>&lt;400&gt;</A></B> Abteilung II? Er wandert statt an die Arbeiter an Staatsbeamte und das Heer. An Stelle der Konsumtion der Arbeiter tritt in demselben Umfang die Konsumtion der Organe des kapitalistischen Staates. Es ist also bei gleichbleibenden Reproduktionsbedingungen eine &Auml;nderung in der Verteilung des Gesamtprodukts eingetreten: Eine Portion der fr&uuml;her zur Konsumtion der Arbeiterklasse, zur Deckung des v, bestimmten Produkte der Abteilung II wird nunmehr dem Anhang der Kapitalistenklasse zur Konsumtion zugeteilt. Vom Standpunkt der gesellschaftlichen Reproduktion l&auml;uft diese Verschiebung auf dasselbe hinaus wie wenn von vornherein der relative Mehrwert um den bestimmten Wertbetrag gr&ouml;&szlig;er, und zwar dieser Zuwachs dem zur Konsumtion der Kapitalistenklasse nebst Anhang bestimmten Teil des Mehrwerts zugewiesen w&auml;re.</P>
<P>Insofern l&auml;uft das Schr&ouml;pfen der Arbeiterklasse durch den Mechanismus der indirekten Besteuerung, um daraus die St&uuml;tzen der kapitalistischen Staatsmaschinerie zu erhalten, einfach auf eine Vergr&ouml;&szlig;erung des Mehrwerts, und zwar des <I>konsumierten</I> Teils des Mehrwerts, hinaus; nur da&szlig; diese erg&auml;nzende Teilung zwischen Mehrwert und variablem Kapital post festum, <I>nach</I> dem vollzogenen Austausch zwischen Kapital und Arbeitskraft geschieht. Haben wir es aber so mit einem nachtr&auml;glichen Zuwachs des konsumierten Mehrwerts zu tun, dann kommt diese Konsumtion der Organe des kapitalistischen Staates - auch wenn sie auf Kosten der Arbeiterklasse geschieht - als Mittel der Realisierung des kapitalisierten Mehrwerts nicht in Betracht. Umgekehrt kann man sagen: Wenn die Arbeiterklasse nicht die Erhaltungskosten der Staatsbeamten und des "Kriegsknechts" zum gr&ouml;&szlig;ten Teil tragen w&uuml;rde, so m&uuml;&szlig;ten die Kapitalisten selbst diese Kosten ganz tragen. Sie m&uuml;&szlig;ten der Erhaltung dieser Organe ihrer Klassenherrschaft direkt aus dem Mehrwert eine entsprechende Portion zuweisen, und zwar entweder auf Kosten der eigenen Konsumtion, die sie entsprechend einschr&auml;nken m&uuml;&szlig;ten, oder, was das Wahrscheinlichere, auf Kosten des zur Kapitalisierung bestimmten Teils des Mehrwerts. Sie k&ouml;nnten weniger kapitalisieren, weil sie mehr zur direkten Erhaltung ihrer eigenen Klasse verwenden m&uuml;&szlig;ten. Die Abw&auml;lzung der Erhaltungskosten ihres Anhangs zum gr&ouml;&szlig;ten Teil auf die Arbeiterklasse (und auf die Vertreter der einfachen Warenproduktion: Bauern, Handwerker) erlaubt es den Kapitalisten, eine gr&ouml;&szlig;ere Portion des Mehrwerts f&uuml;r die Kapitalisierung zu befreien. Sie schafft aber noch vorerst keineswegs die M&ouml;glichkeit dieser Kapitalisierung, d.h., sie schafft noch kein neues Absatzgebiet, um mit diesem befreiten Mehrwert auch tats&auml;chlich neue Waren herstellen und sie auch realisieren zu k&ouml;nnen. Anders wenn die durch das Steuer- <A NAME="S401"><B>&lt;401&gt;</A></B> system in der Hand des Staates konzentrierten Mittel zur Produktion von Kriegsmitteln verwendet werden.</P>
<P>Auf der Basis der indirekten Besteuerung und Hochschutzz&ouml;lle werden die Kosten des Militarismus in der Hauptsache bestritten durch die Arbeiterklasse und das Bauerntum. Beide Steuerquoten sind gesondert zu betrachten. Was die Arbeiterklasse betrifft, so l&auml;uft das Gesch&auml;ft &ouml;konomisch auf das Folgende hinaus. Vorausgesetzt, da&szlig; eine Erh&ouml;hung der L&ouml;hne bis zum Ausgleich der Lebensmittelverteuerung nicht stattfindet - was gegenw&auml;rtig f&uuml;r die gro&szlig;e Masse der Arbeiterklasse zutrifft und was selbst f&uuml;r die gewerkschaftlich organisierte Minderheit durch den Druck der Kartelle und Unternehmerorganisationen in hohem Grade bewirkt wird <A NAME="ZF2"><A HREF="lu05_398.htm#F2">(2)</A></A>, so bedeutet die indirekte Besteuerung die &Uuml;bertragung eines Teils der Kaufkraft der Arbeiterklasse auf den Staat. Das variable Kapital als Geldkapital von einer bestimmten Gr&ouml;&szlig;e dient nach wie vor dazu, die entsprechende Menge lebendige Arbeit in Bewegung zu setzen, also das entsprechende konstante Kapital zu Produktionszwecken zu benutzen und die entsprechende Menge Mehrwert zu produzieren. Nachdem diese Zirkulation des Kapitals vollzogen, geht eine Teilung zwischen der Arbeiterklasse und dem Staate vor sich: Ein Teil der von ihr im Austausch gegen die Arbeitskraft erhaltenen Geldmenge wird an den Staat abgef&uuml;hrt. W&auml;hrend das ganze fr&uuml;here variable Kapital in seiner Sachgestalt als Arbeitskraft vom Kapital angeeignet wird, bleibt von der Geldform des variablen Kapitals nur ein Teil in der Hand der Arbeiterklasse, w&auml;hrend ein anderer Teil in den Besitz des Staates gelangt. Die Transaktion geht jedesmal nach vollzogener Kapitalzirkulation zwischen Kapital und Arbeit vor sich, sozusagen hinter dem R&uuml;cken des Kapitals, sie ber&uuml;hrt unmittelbar in nichts diesen fundamentalen Teil der Kapitalzirkulation und Mehrwertproduktion und geht sie zun&auml;chst nichts an. Wohl aber ber&uuml;hrt sie die Bedingungen der Reproduktion des Gesamtkapitals. Die &Uuml;bertragung eines Teils der Kaufkraft der Arbeiterklasse auf den Staat bedeutet, da&szlig; der Anteil der Arbeiterklasse an der Konsumtion der Lebensmittel in demselben Ma&szlig;e geringer geworden ist. F&uuml;r das Gesamtkapital ist dies identisch mit der Tatsache, da&szlig; es bei der gleichen Gr&ouml;&szlig;e des variablen Kapitals (als Geldkapital und als Arbeitskraft) und gleicher Masse angeeigneten Mehrwerts eine geringere Menge Lebensmittel zur Erhaltung der Arbeiterklasse produzieren mu&szlig;, ihr tats&auml;chlich eine Anweisung <A NAME="S402"><B>&lt;402&gt;</A></B> auf einen geringeren Anteil am Gesamtprodukt gibt. Daraus ergibt sich, da&szlig; bei der Reproduktion des Gesamtkapitals nunmehr eine geringere Menge Lebensmittel produziert werden wird, als es der Wertgr&ouml;&szlig;e des variablen Kapitals entspricht, da sich ja das Wertverh&auml;ltnis zwischen dem variablen Kapital und der Menge Lebensmittel, worin es realisiert wird, selbst ver&auml;ndert hat; die H&ouml;he der indirekten Besteuerung &auml;u&szlig;ert sich in der Preiserh&ouml;hung der Lebensmittel, w&auml;hrend der Geldausdruck der Arbeitskraft nach unserer Voraussetzung unver&auml;ndert bleibt oder sich nicht im Verh&auml;ltnis zur Preiserh&ouml;hung der Lebensmittel ver&auml;ndert.</P>
<P>Nach welcher Richtung wird nun die Verschiebung in den sachlichen Verh&auml;ltnissen der Reproduktion stattfinden? Durch die relative Verringerung der zur Erneuerung der Arbeitskraft erforderlichen Menge Lebensmittel wird eine entsprechende Menge konstantes Kapital und lebendige Arbeit frei. Dieses konstante Kapital und diese lebendige Arbeit k&ouml;nnen f&uuml;r anderweitige Produktion verwendet werden, sofern sich ein neuer zahlungsf&auml;higer Bedarf in der Gesellschaft findet. Den neuen Bedarf stellt aber nunmehr der Staat mit dem von ihm verm&ouml;ge der Steuergesetzgebung angeeigneten Teil der Kaufkraft der Arbeiterklasse dar. Der Bedarf des Staates richtet sich aber diesmal nicht auf Lebensmittel (von dem gleichfalls aus Steuern gedeckten Bedarf an Lebensmitteln zur Erhaltung der Staatsbeamten sehen wir hier nach allem fr&uuml;her sub "dritte Personen" Behandelten ab), sondern auf eine spezifische Produktenart, auf Kriegsmittel des Militarismus zu Lande und zu Wasser.</P>
<P>Um uns die Verschiebungen, die sich dabei in der gesellschaftlichen Reproduktion ergeben, n&auml;her anzusehen, nehmen wir wieder als Beispiel das zweite Marxsche Schema der Akkumulation:</P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=430>
<TR><TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">I.</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">5.000 c +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.000 v +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.000 m =</TD>
<TD WIDTH="11%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">7.000</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P>Produktionsmittel.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">II:</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.430 c +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">285 v +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">285 m =</TD>
<TD WIDTH="11%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">2.000</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P>Konsummittel.</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Nehmen wir nun an, durch die indirekten Steuern und die dadurch erzeugte Teuerung der Lebensmittel werde der Reallohn, d.h. die Konsumtion der Arbeiterklasse, im ganzen um den Wertbetrag von 100 verringert. Die Arbeiter bekommen also nach wie vor 1.000 v + 285 v = 1.285 v in Geld, erlangen aber daf&uuml;r in Wirklichkeit Lebensmittel nur im Werte von 1.185. Die Geldsumme von 100, die dem Preisaufschlag der Lebensmittel gleicht, gelangt als Steuer an den Staat. Dieser hat au&szlig;erdem von den Bauern usw. an Steuern f&uuml;r Milit&auml;rr&uuml;stzeug, sagen wir, 150 in der Hand, zusammen 250. Diese 250 stellen eine neue Nachfrage, und zwar nach Kriegsmittel dar. Uns gehen jedoch vorl&auml;ufig nur die 100, die aus Arbeits- <A NAME="S403"><B>&lt;403&gt;</A></B> l&ouml;hnen herstammen, an. Zur Befriedigung dieses Bedarfs an Kriegsmitteln zum Werte von 100 entsteht ein entsprechender Produktionszweig, der - unter Voraussetzung einer gleichen, d.h. durchschnittlichen organischen Zusammensetzung, wie sie im Marxschen Schema angenommen worden - eines konstanten Kapitals von 71,5 und eines variablen von 14,25 bedarf: 71,5 c + 14,25 v + 14,25 m = 100 (Kriegsmittel).</P>
<P>F&uuml;r den Bedarf dieses Produktionszweigs werden ferner Produktionsmittel im Wertbetrage von 71,5 und Lebensmittel im Wertbetrage von zirka 13 (entsprechend der nunmehr auch f&uuml;r diese Arbeiter geltenden Verminderung ihres Reallohns um zirka <FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT size="-2">13</FONT>) hergestellt werden m&uuml;ssen.</P>
<P>Darauf kann sofort erwidert werden, da&szlig; der aus dieser neuen Absatzerweiterung sich ergebende Gewinn f&uuml;r das Kapital nur ein scheinbarer sei, denn die Verringerung der tats&auml;chlichen Konsumtion der Arbeiterklasse wird die entsprechende Einschr&auml;nkung der Lebensmittelproduktion zur unvermeidlichen Folge haben. Diese Einschr&auml;nkung wird sich f&uuml;r die Abteilung II in der folgenden Proportion ausdr&uuml;cken. 71,5 c + 14,25 v + 14,25 m = 100.</P>
<P>Dementsprechend wird aber ferner auch die Abteilung der Produktionsmittel ihren Umfang einschr&auml;nken m&uuml;ssen, so da&szlig; beide Abteilungen infolge der Verringerung der Konsumtion der Arbeiterklasse sich wie folgt gestalten werden:</P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=349>
<TR><TD WIDTH="6%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">I.</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">4.949,00 c +</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">989,75 v +</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">989,75 m =</TD>
<TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">6.928,50</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="6%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">II:</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.358,50 c +</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">270,75 v +</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">270,75 m =</TD>
<TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.900,00</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Wenn jetzt dieselben 100 durch die Vermittlung des Staates eine Produktion von Kriegsmitteln zum gleichen Wertbetrage ins Leben rufen und dementsprechend auch die Produktion von Produktionsmitteln wieder beleben, so erscheint das auf den ersten Blick nur eine &auml;u&szlig;ere Verschiebung in der Sachgestalt der gesellschaftlichen Produktion: Statt einer Menge Lebensmittel produziere man eine Menge Kriegsmittel. Das Kapital habe mit der einen Hand nur gewonnen, was es aus der anderen verloren habe. Oder die Sache kann auch so gefa&szlig;t werden: Was der gro&szlig;en Anzahl Kapitalisten, die Lebensmittel f&uuml;r die Arbeitermasse produzieren, an Absatz abgehe, komme einer kleinen Gruppe von Gro&szlig;industriellen der Kriegsmittelbranche zugute.</P>
<P>Doch so stellt sich die Sache dar, nur solange man auf dem Standpunkt des Einzelkapitals steht. Von diesem Standpunkt ist es freilich gehupft wie gesprungen, ob die Produktion sich auf dieses oder jenes Gebiet wendet. F&uuml;r das Einzelkapital existieren &uuml;berhaupt die Abteilungen der Gesamt- <A NAME="S404"><B>&lt;404&gt;</A></B> produktion, wie sie das Schema unterscheidet, nicht, sondern einfach Waren und K&auml;ufer, und f&uuml;r den Einzelkapitalisten ist es deshalb an sich v&ouml;llig gleichg&uuml;ltig, ob er Lebensmittel oder Todesmittel, Fleischkonserven oder Panzerplatten produziert.</P>
<P>Dieser Standpunkt wird h&auml;ufig von Gegnern des Militarismus ins Feld gef&uuml;hrt, um darzutun, da&szlig; die Kriegsr&uuml;stungen als wirtschaftliche Anlage f&uuml;r das Kapital nur den einen Kapitalisten zugute kommen lassen, was sie den anderen genommen haben.<A NAME="ZF3"><A HREF="lu05_398.htm#F3">(3)</A></A> Auf der anderen Seite suchen das Kapital und sein Apologet diesen Standpunkt der Arbeiterklasse zu oktroyieren, indem sie ihr einreden, durch die indirekten Steuern und den Staatsbedarf trete nur eine Verschiebung in der sachlichen Form der Reproduktion ein; statt anderer Waren produziere man Kreuzer und Kanonen, dank denen der Arbeiter seine Besch&auml;ftigung und sein Brot im gleichen oder noch gr&ouml;&szlig;eren Ma&szlig;e, ob hier oder dort, finde.</P>
<P>Was die Arbeiter betrifft, so zeigt ein Blick auf das Schema, was daran Wahres ist. Angenommen zur Erleichterung des Vergleichs, da&szlig; die Produktion der Kriegsmittel genausoviel Arbeiter wie fr&uuml;her die Herstellung von Lebensmitteln f&uuml;r die Lohnarbeiter besch&auml;ftige, ergibt sich, da&szlig; sie jetzt bei einer Arbeitsleistung, die dem Lohn von 1.285 v entspricht, Lebensmittel f&uuml;r 1.185 kriegen.</P>
<P>Anders vom Standpunkte des Gesamtkapitals. F&uuml;r dieses erscheinen die 100 in der Hand des Staates, die eine Nachfrage nach Kriegsmitteln darstellen, als neues Absatzgebiet. Diese Geldsumme war urspr&uuml;nglich variables Kapital. Sie hat als solche ihren Dienst getan, sich gegen lebendige Arbeit ausgetauscht, die Mehrwert erzeugt hat. Hinterdrein unterbricht sie die Zirkulation des variablen Kapitals, l&ouml;st sich von ihr ab und erscheint im Besitze des Staates als neue Kaufkraft wieder. Gleichsam aus nichts erschaffen, wirkt sie genauso wie ein neuerschlossenes Absatzgebiet. <A NAME="S405"><B>&lt;405&gt;</A></B> Freilich, das Kapital wird zun&auml;chst um 100 geringeren Absatz an Lebensmitteln f&uuml;r die Arbeiter haben. F&uuml;r den Einzelkapitalisten ist der Arbeiter auch ein ebenso guter Konsument und Warenabnehmer wie jeder andere, wie ein Kapitalist, der Staat, der Bauer, "das Ausland" usw. Vergessen wir jedoch nicht, da&szlig; f&uuml;r das Gesamtkapital die Ern&auml;hrung der Arbeiterklasse nur Malum necessarium, nur ein Umweg zum eigentlichen Zweck der Produktion: zur Erzeugung und Realisierung des Mehrwerts, ist. Gelingt es, dieselbe Menge Mehrwert herauszupressen, ohne der Arbeitskraft dieselbe Menge Lebensmittel zuf&uuml;hren zu m&uuml;ssen, um so gl&auml;nzender das Gesch&auml;ft. Es l&auml;uft zun&auml;chst auf dasselbe hinaus, wie wenn es - ohne Lebensmittelteuerung - dem Kapital gelungen w&auml;re, die Geldl&ouml;hne entsprechend herabzudr&uuml;cken, ohne die Leistung der Arbeiter zu verringern. Zieht doch dauernde Lohnreduktion gleichfalls im weiteten Gefolge die Einschr&auml;nkung der Lebensmittelproduktion nach sich. Sowenig sich das Kapital graue Haare wachsen la&szlig;t, da&szlig; es weniger Lebensmittel f&uuml;r die Arbeiter wird produzieren m&uuml;ssen, wenn es an ihren L&ouml;hnen Beutelschneiderei treibt, vielmehr diesem Gesch&auml;ft bei jeder Gelegenheit mit Lust und Liebe nachgeht, ebensowenig verursacht es dem Kapital im ganzen Beschwerden, da&szlig; die Arbeiterklasse dank der indirekten Besteuerung, die nicht durch Lohnerh&ouml;hungen wettgemacht wird, eine geringere Nachfrage nach Lebensmitteln darstellt. Freilich bleibt bei direkten Lohnreduktionen die Differenz an variablem Kapital in der Tasche des Kapitalisten und vergr&ouml;&szlig;ert, bei gleichbleibenden Warenpreisen, den relativen Mehrwert, w&auml;hrend sie jetzt in die Staatskasse wandert. Allein andererseits sind allgemeine und dauernde Reduktionen an Geldl&ouml;hnen zu allen Zeiten, namentlich aber bei hoher Entwicklung der gewerkschaftlichen Organisationen, nur selten durchf&uuml;hrbar. Der fromme Wunsch des Kapitals st&ouml;&szlig;t hier auf starke Schranken sozialer und politischer Natur. Hingegen setzt sich die Herabdr&uuml;ckung der Reall&ouml;hne vermittelst der indirekten Besteuerung prompt, glatt und generell durch, worauf sich der Widerstand meist erst nach l&auml;ngerer Zeit, auf politischem Gebiete und ohne unmittelbares &ouml;konomisches Resultat zu &auml;u&szlig;ern pflegt. Ergibt sich daraus hinterdrein eine Einschr&auml;nkung der Lebensmittelproduktion, so erscheint das Gesch&auml;ft vom Standpunkte des Gesamtkapitals nicht als ein Verlust an Absatz, sondern als eine Ersparnis an Unkosten bei der Produktion von Mehrwert. Die Herstellung von Lebensmitteln f&uuml;r Arbeiter ist eine Bedingung sine qua non der Produktion des Mehrwerts, n&auml;mlich die Reproduktion der lebendigen Arbeitskraft, niemals aber ein Mittel der Realisierung des Mehrwerts.</P>
<B><P><A NAME="S406">&lt;406&gt;</A></B> Nehmen wir unser Beispiel wieder auf:</P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=430>
<TR><TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">I.</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">5.000 c +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.000 v +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.000 m =</TD>
<TD WIDTH="11%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">7.000</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P>Produktionsmittel.</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">II:</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.430 c +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">285 v +</TD>
<TD WIDTH="17%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">285 m =</TD>
<TD WIDTH="11%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">2.000</TD>
<TD WIDTH="29%" VALIGN="TOP">
<P>Konsummittel.</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Auf den ersten Blick scheint es, als ob hier die Abteilung II auch bei der Herstellung der Konsumtionsmittel f&uuml;r die Arbeiter Mehrwert erzeugen und realisieren w&uuml;rde, ebenso die Abteilung I, sofern sie Produktionsmittel herstellt, die zu jener Produktion von Lebensmitteln erforderlich sind. Doch der Schein verschwindet, wenn wir das gesellschaftliche Gesamtprodukt betrachten. Dieses stellt sich so dar: 6.430 c + 1.285 v + 1.285 m = 9.000.</P>
<P>Nun tr&auml;te eine Verringerung der Konsumtion der Arbeiter um 100 ein. Die Verschiebung in der Reproduktion infolge der entsprechenden Einschr&auml;nkung beider Abteilungen wird sich so ausdr&uuml;cken:</P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=349>
<TR><TD WIDTH="9%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">I.</TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">4.949,00 c +</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">989,75 v +</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">989,75 m =</TD>
<TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">6.928,50</TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="9%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">II:</TD>
<TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.358,50 c +</TD>
<TD WIDTH="22%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">270,75 v +</TD>
<TD WIDTH="24%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">270,75 m =</TD>
<TD WIDTH="19%" VALIGN="TOP">
<P ALIGN="RIGHT">1.900,00</TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Und das gesellschaftliche Gesamtprodukt: 6.307,5 c + 1.260,5 v + 1.260,5 m = 8.828,5.</P>
<P>Es ist auf den ersten Blick ein allgemeiner Ausfall in dem Produktionsumfang und auch in der Produktion von Mehrwert zu konstatieren. Dies aber nur, solange wir abstrakte Wertgr&ouml;&szlig;en in der Gliederung des Gesamtprodukts, nicht seine sachlichen Zusammenh&auml;nge im Auge haben. Sehen wir n&auml;her zu, dann stellt sich heraus, da&szlig; der Ausfall g&auml;nzlich die Erhaltungskosten der Arbeitskraft und nur diese ber&uuml;hrt. Es werden nunmehr weniger Lebensmittel und Produktionsmittel hergestellt, diese dienten aber ausschlie&szlig;lich dazu, Arbeiter zu erhalten. Es wird jetzt ein geringeres Kapital besch&auml;ftigt und ein geringeres Produkt hergestellt. Aber Zweck der kapitalistischen Produktion ist nicht, schlechthin ein m&ouml;glichst gro&szlig;es Kapital zu besch&auml;ftigen, sondern einen m&ouml;glichst gro&szlig;en Mehrwert zu erzielen. Das Defizit an Kapital ist aber hier nur dadurch entstanden, da&szlig; die Erhaltung der Arbeiter ein geringeres Kapital erfordert. Wenn fr&uuml;her 1.285 der Wertausdruck der gesamten Erhaltungskosten der besch&auml;ftigten Arbeiter in der Gesellschaft war, so mu&szlig; der nun entstandene Ausfall im Gesamtprodukt = 171,5 (9.000 - 8.828,5) ganz von diesen Erhaltungskosten abgezogen werden, und wir bekommen dann die ver&auml;nderte Zusammensetzung des gesellschaftlichen Produkts: 6.430 c + 1.113,5 v + 1.285 m = 8.828,5.</P>
<P>Das konstante Kapital und der Mehrwert blieben unver&auml;ndert, das <A NAME="S407"><B>&lt;407&gt;</A></B> variable Kapital der Gesellschaft, die bezahlte Arbeit allein hat sich verringert. Oder, da die unver&auml;nderte Gr&ouml;&szlig;e des konstanten Kapitals frappieren mag, nehmen wir, wie es auch exakt dem Vorgang entspricht, eine der Verringerung der Lebensmittel der Arbeiter entsprechende Verringerung des konstanten Kapitals an, dann erhalten wir die folgende Gliederung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts: 6.307,5 c + 1.236 v + 1.285 m = 8.828,5.</P>
<P>Der Mehrwert bleibt in beiden F&auml;llen unver&auml;ndert, trotz der Verringerung des Gesamtprodukts, denn die Erhaltungskosten der Arbeiter und nur diese haben sich verringert.</P>
<P>Die Sache l&auml;&szlig;t sich auch so darstellen. Das gesellschaftliche Gesamtprodukt kann seinem Werte nach in drei proportionelle Teile eingeteilt werden, die jeweilig ausschlie&szlig;lich das gesamte konstante Kapital der Gesellschaft, das gesamte variable Kapital und den gesamten Mehrwert repr&auml;sentieren. Und zwar so, wie wenn in der ersten Portion Produkte nicht ein Atom neu hinzugetretene Arbeit, in der zweiten und dritten nicht ein Atom Produktionsmittel erhalten w&auml;re. Da diese Produktenmasse als solche, ihrer Sachgestalt nach, ganz das Ergebnis der gegebenen Produktionsperiode, aus der sie hervorgegangen ist, so kann man - obwohl das konstante Kapital als Wertgr&ouml;&szlig;e Resultat fr&uuml;herer Produktionsperioden ist und nur auf neue Produkte &uuml;bertragen wird - auch die gesamte Anzahl der besch&auml;ftigten Arbeiter in drei Kategorien einteilen: in solche, die ausschlie&szlig;lich das gesamte konstante Kapital der Gesellschaft herstellen, in solche, deren ausschlie&szlig;licher Beruf es ist, f&uuml;r die Erhaltung s&auml;mtlicher Arbeiter zu sorgen, endlich in solche, die ausschlie&szlig;lich den gesamten Mehrwert der Kapitalistenklasse schaffen.</P>
<P>Erfolgt eine Einschr&auml;nkung der Konsumtion der Arbeiter, dann wird nur aus der zweiten Kategorie eine entsprechende Anzahl Arbeiter entlassen. Aber diese Arbeiter schaffen von vornherein keinen Mehrwert f&uuml;r das Kapital, ihre Entlassung ist also vom Standpunkt des Kapitals kein Verlust, sondern ein Gewinn, Verminderung der Kosten der Mehrwertproduktion.</P>
<P>Hingegen winkt der gleichzeitig entstehende Absatz auf seiten des Staates mit allen Reizen eines neuen Gebietes zur Realisierung des Mehrwerts. Ein Teil der in der Zirkulation des variablen Kapitals begriffenen Geldsumme springt aus der Bahn dieser Zirkulation heraus und stellt in der Hand des Staates eine neue Nachfrage dar. Da&szlig; <I>steuertechnisch</I> der Vorgang ein anderer, n&auml;mlich der Betrag der indirekten Steuern faktisch von dem Kapital dem Staate vorgestreckt und erst bei dem Warenkauf <A NAME="S408"><B>&lt;408&gt;</A></B> im Preis vom Konsumenten dem Kapitalisten zur&uuml;ckerstattet wird, &auml;ndert nichts an der &ouml;konomischen Seite des Vorgangs. &Ouml;konomisch ist es entscheidend, da&szlig; die als variables Kapital fungierende Geldsumme erst den Austausch zwischen Kapital und Arbeitskraft vermittelt, um hinterher, bei dem Austausch zwischen Arbeiter als Konsumenten und Kapitalist als Warenverk&auml;ufer, zu einem Teil aus der Hand des Arbeiters an den Staat als Steuer zu wandern. Die von dem Kapital in die Zirkulation geworfene Geldsumme erf&uuml;llt damit erst vollauf ihre Funktion im Austausch mit der Arbeitskraft, um darauf in der Hand des Staates eine ganz neue Laufbahn zu beginnen, n&auml;mlich als fremde, dem Kapital wie dem Arbeiter &auml;u&szlig;erliche Kaufkraft, die sich auf neue Produkte, auf einen besonderen Zweig der Produktion richtet, der weder zur Erhaltung der Kapitalistenklasse noch zur Erhaltung der Arbeiterklasse dient und in dem das Kapital daher eine neue Gelegenheit findet, Mehrwert sowohl zu erzeugen wie zu realisieren. Fr&uuml;her, als wir die Verwendung der aus dem Arbeiter ausgepre&szlig;ten indirekten Steuern zu Geh&auml;ltern f&uuml;r Staatsbeamte und zur Versorgung des Heeres betrachteten, hat sich herausgestellt, da&szlig; die "Ersparnis" an der Konsumtion der Arbeiterklasse &ouml;konomisch dazu f&uuml;hrt, die Kosten der pers&ouml;nlichen Konsumtion des Anhangs der Kapitalistenklasse und der Werkzeuge ihrer Klassenherrschaft von den Kapitalisten auf die Arbeiter, vom Mehrwert auf das variable Kapital abzuschieben und im gleichen Ma&szlig;e den Mehrwert f&uuml;r Kapitalisierungszwecke frei zu machen. Jetzt sehen wir, wie die Verwendung der dem Arbeiter abgepre&szlig;ten Steuern zur Herstellung von Kriegsmitteln dem Kapital eine neue M&ouml;glichkeit der Akkumulation bietet.</P>
<P>Praktisch wirkt der Militarismus auf Grundlage der indirekten Steuern nach beiden Richtungen, indem er auf Kosten der normalen Lebensbedingungen der Arbeiterklasse sowohl die Erhaltung der Organe der Kapitalsherrschaft, der stehenden Heere, wie das gro&szlig;artigste Akkumulationsgebiet des Kapitals sichert.<A NAME="ZF4"><A HREF="lu05_398.htm#F4">(4)</A></A></P>
<P>Wenden wir uns an die zweite Quelle der Kaufkraft des Staates, in unserem Beispiel die 150 von dem Gesamtbetrag der 250, die in Kriegsmitteln angelegt werden. Die 150 unterscheiden sich wesentlich von der bis jetzt betrachteten Summe von 100. Sie r&uuml;hren nicht von den Arbeitern, <A NAME="S409"><B>&lt;409&gt;</A></B> sondern vom Kleinb&uuml;rgertum - Handwerkern und Bauern - her. (Von dem relativ kleinen Anteil der Kapitalistenklasse selbst an den Steuern sehen wir hier ab.)</P>
<P>Die von der Bauernmasse - die wir hier als Vertreterin der nichtproletarischen Konsumentenmasse nehmen wollen - an den Staat in Gestalt von Steuern abgef&uuml;hrte Geldsumme ist nicht urspr&uuml;nglich vom Kapital vorgeschossen und l&ouml;st sich nicht von der Kapitalzirkulation ab. Sie ist in der Hand der Bauernmasse das &Auml;quivalent realisierter Waren, Wertniederschlag der einfachen Warenproduktion. Was hier auf den Staat &uuml;bertragen wird, ist ein Teil der Kaufkraft nichtkapitalistischer Konsumenten, also Kaufkraft, die von vornherein dem Kapital dazu dient, f&uuml;r Zwecke der Akkumulation den Mehrwert zu realisieren. Es fragt sich, ob sich f&uuml;r das Kapital aus der &Uuml;bertragung der Kaufkraft dieser Schichten auf den Staat zu militaristischen Zwecken &ouml;konomische Ver&auml;nderungen ergeben und welcher Art. Auf den ersten Blick handelt es sich auch hier um Verschiebungen in der sachlichen Gestalt der Reproduktion. Statt einer Menge Produktionsmittel und Lebensmittel f&uuml;r die b&auml;uerlichen Konsumenten wird das Kapital im gleichen Wertbetrage Kriegsmittel f&uuml;r den Staat produzieren. Tats&auml;chlich ist die Verschiebung eine tiefergreifende. Vor allem wird die durch den Mechanismus der Besteuerung vom Staate fl&uuml;ssig gemachte Kaufkraft der nichtkapitalistischen Konsumenten quantitativ eine viel gr&ouml;&szlig;ere sein als die, welche f&uuml;r ihre eigene Konsumtion tats&auml;chlich auftreten w&uuml;rde.</P>
<P>Es ist ja das moderne Steuersystem selbst, das in hohem Ma&szlig;e bei den Bauern die Warenwirtschaft erst erzwingt. Der Druck der Besteuerung zwingt den Bauern, fortschreitend einen immer gr&ouml;&szlig;eren Teil seines Produkts in Ware zu verwandeln, macht ihn aber auch gleichzeitig immer mehr zum K&auml;ufer, treibt das Produkt der Bauernwirtschaft durch die Zirkulation und verwandelt zwangsweise die Bauern erst in Abnehmer auch f&uuml;r Kapitalprodukte. Ferner auch unter der Voraussetzung der b&auml;uerlichen Warenproduktion entlockt das Steuersystem der Bauernwirtschaft eine gr&ouml;&szlig;ere Kaufkraft, als sie sich ohnehin aktiv bet&auml;tigen w&uuml;rde.</P>
<P>Was sonst als Ersparnis der Bauern, des kleinen Mittelstandes aufgeschatzt w&auml;re, um in Sparkassen und Banken das anlagesuchende Kapital zu vergr&ouml;&szlig;ern, wird jetzt im Besitze des Staates umgekehrt eine Nachfrage und Anlagem&ouml;glichkeit f&uuml;r das Kapital. Ferner tritt hier an Stelle einer gro&szlig;en Anzahl kleiner zersplitterter und zeitlich auseinanderfallender Warennachfragen, die vielfach auch durch die einfache Warenproduktion befriedigt w&auml;ren, also f&uuml;r die Kapitalakkumulation nicht in Betracht <A NAME="S410"><B>&lt;410&gt;</A></B> k&auml;men, eine zur gro&szlig;en einheitlichen kompakten Potenz zusammengefa&szlig;te Nachfrage des Staates. Diese setzt aber zu ihrer Befriedigung von vornherein die Gro&szlig;industrie auf h&ouml;chster Stufenleiter, also f&uuml;r die Mehrwertproduktion und Akkumulation g&uuml;nstigste Bedingungen voraus. In Gestalt der militaristischen Auftr&auml;ge des Staates wird die zu einer gewaltigen Gr&ouml;&szlig;e konzentrierte Kaufkraft der Konsumentenmassen au&szlig;erdem der Willk&uuml;r, den subjektiven Schwankungen der pers&ouml;nlichen Konsumtion entr&uuml;ckt und mit einer fast automatischen Regelm&auml;&szlig;igkeit, mit einem rhythmischen Wachstum begabt. Endlich befindet sich der Hebel dieser automatischen und rhythmischen Bewegung der militaristischen Kapitalproduktion in der Hand des Kapitals selbst - durch den Apparat der parlamentarischen Gesetzgebung und des zur Herstellung der sogenannten &ouml;ffentlichen Meinung bestimmten Zeitungswesens. Dadurch scheint dieses spezifische Gebiet der Kapitalakkumulation zun&auml;chst von unbestimmter Ausdehnungsf&auml;higkeit. W&auml;hrend jede andere Gebietserweiterung des Absatzes und der Operationsbasis f&uuml;r das Kapital in hohem Ma&szlig;e von geschichtlichen, sozialen, politischen Momenten abh&auml;ngig ist, die au&szlig;erhalb der Willenssph&auml;re des Kapitals spielen, stellt die Produktion f&uuml;r den Militarismus ein Gebiet dar, dessen regelm&auml;&szlig;ige sto&szlig;weise Erweiterung in erster Linie in den bestimmenden Willen des Kapitals selbst gegeben zu sein scheint.</P>
<P>Die geschichtlichen Notwendigkeiten der versch&auml;rften Weltkonkurrenz des Kapitals um seine Akkumulationsbedingungen verwandeln sich so f&uuml;r das Kapital selbst in ein erstklassiges Akkumulationsfeld. Je energischer das Kapital den Militarismus gebraucht, um die Produktionsmittel und Arbeitskr&auml;fte nichtkapitalistischer L&auml;nder und Gesellschaften durch die Welt- und Kolonialpolitik sich selbst zu assimilieren, um so energischer arbeitet derselbe Militarismus daheim, in den kapitalistischen L&auml;ndern, dahin, den nichtkapitalistischen Schichten dieser L&auml;nder, d.h. den Vertretern der einfachen Warenproduktion, sowie der Arbeiterklasse fortschreitend die Kaufkraft zu entziehen, d.h., die ersteren immer mehr der Produktivkr&auml;fte zu berauben, die letztere in ihrer Lebenshaltung herabzudr&uuml;cken, um auf beider Kosten die Kapitalakkumulation gewaltig zu steigern. Von beiden Seiten schlagen aber die Bedingungen der Akkumulation auf einer gewissen H&ouml;he in Bedingungen des Untergangs f&uuml;r das Kapital um.</P>
<P>Je gewaltt&auml;tiger das Kapital vermittelst des Militarismus drau&szlig;en in der Welt wie bei sich daheim mit der Existenz nichtkapitalistischer Schichten aufr&auml;umt und die Existenzbedingungen aller arbeitenden Schichten <A NAME="S411"><B>&lt;411&gt;</A></B> herabdr&uuml;ckt, um so mehr verwandelt sich die Tagesgeschichte der Kapitalakkumulation auf der Weltb&uuml;hne in eine fortlaufende Kette politischer und sozialer Katastrophen und Konvulsionen, die zusammen mit den periodischen wirtschaftlichen Katastrophen in Gestalt der Krisen die Fortsetzung der Akkumulation zur Unm&ouml;glichkeit, die Rebellion der internationalen Arbeiterklasse gegen die Kapitalsherrschaft zur Notwendigkeit machen werden, selbst ehe sie noch &ouml;konomisch auf ihre nat&uuml;rliche selbstgeschaffene Schranke gesto&szlig;en ist.</P>
<P>Der Kapitalismus ist die erste Wirtschaftsform mit propagandistischer Kraft, eine Form, die die Tendenz hat, sich auf dem Erdrund auszubreiten und alle anderen Wirtschaftsformen zu verdr&auml;ngen, die keine andere neben sich duldet. Er ist aber zugleich die erste, die allein, ohne andere Wirtschaftsformen als ihr Milieu und ihren N&auml;hrboden, nicht zu existieren vermag, die also gleichzeitig mit der Tendenz, zur Weltform zu werden, an der inneren Unf&auml;higkeit zerschellt, eine Weltform der Produktion zu sein. Er ist ein lebendiger historischer Widerspruch in sich selbst, seine Akkumulationsbewegung ist der Ausdruck, die fortlaufende L&ouml;sung und zugleich Potenzierung des Widerspruchs. Auf einer gewissen H&ouml;he der Entwicklung kann dieser Widerspruch nicht anders gel&ouml;st werden als durch die Anwendung der Grundlagen des Sozialismus - derjenigen Wirtschaftsform, die zugleich von Hause aus Weltform und in sich ein harmonisches System, weil sie nicht auf die Akkumulation, sondern auf die Befriedigung der Lebensbed&uuml;rfnisse der arbeitenden Menschheit selbst durch die Entfaltung aller Produktivkr&auml;fte des Erdrundes gerichtet sein wird.</P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von Rosa Luxemburg</P>
<P><A NAME="F1">(1)</A> Diese Annahme macht z B. in der Tat Dr. Renner zur Grundlage seiner Schrift &uuml;ber die Steuern. "Alles, was in einem Jahre an Werten geschaffen wird", sagt er, "spaltet sich in diese vier Teile. Und also k&ouml;nnen die Steuern eines Jahres nur aus ihnen gesch&ouml;pft werden: Profit, Zins, Rente und Lohn sind die vier besonderen Steuerquellen." (Das arbeitende Volk und die Steuern, Wien 1909, S. 9.) Renner erinnert sich zwar gleich darauf den Existenz der Bauern, erledigt sie aber mit einem Satz: "Ein Bauer zum Beispiel ist zugleich Unternehmer, Arbeiter und Grundeigent&uuml;mer, er bezieht in seinem Wirtschaftsvertrag <I>unter einem</I> den Lohn, den Profit und die Rente." Es ist klar, da&szlig; eine solche Spaltung des Bauerntums in alle Kategorien der kapitalistischen Produktion und die Betrachtung des Bauern als seines eigenen Unternehmers,. Lohnarbeiters und Grundherrn in einer Person eine blutleere Abstraktion ist. Die &ouml;konomische Besonderheit des Bauerntums - will man es schon, wie Renner, als eine unterschiedslose Kategorie behandeln - besteht gerade darin, da&szlig; es weder zum kapitalistischen Unternehmertum noch zum Lohnproletariat geh&ouml;rt und da&szlig; es nicht kapitalistische sondern einfache Warenproduktion repr&auml;sentiert. <A HREF="lu05_398.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">(2)</A> Die Behandlung der Kartelle und Trusts als eine spezifischen Erscheinung der imperialistischen Phase auf dem Boden des inneren Konkurrenzkampfes zwischen einzelnen Kapitalgruppen um die Monopolisierung der vorhandenen Akkumulatiosgebiete und um die Verteilung des Profits liegt au&szlig;erhalb des Rahmens dieser Arbeit. <A HREF="lu05_398.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F3">(3)</A> In einer von den russischen Marxisten seinerzeit sehr gefeierten Antwort an Woronzow schrieb z.B. Professor Manuilow:</P>
<P>"Hier mu&szlig; streng unterschieden werden zwischen der Unternehmergruppe, die Gegenst&auml;nde des Kriegsbedarfs herstellt, und der Gesamtheit der Kapitalistenklasse. F&uuml;r die Fabrikanten, die Kanonen, Gewehre und sonstiges Kriegsmaterial produzieren, ist die Existenz des Milit&auml;rs zweifellos vorteilhaft und unentbehrlich. Es ist sehr wohl m&ouml;glich, da&szlig; die Abschaffung des Systems des bewaffneten Friedens f&uuml;r die Firma Krupp einen Ruin bedeuten w&uuml;rde, es handelt sich aber nicht um irgendeine besondere Gruppe von Unternehmen, sondern lediglich um die Kapitalisten als Klasse, um die kapitalistische Produktion im ganzen." Von diesem letzteren Standpunkte aber sei zu bemerken, da&szlig; "wenn die Steuerlast vorwiegend auf der Masse der arbeitenden Bev&ouml;lkerung liegt, jede Vergr&ouml;&szlig;erung dieser Last die Kaufkraft der Bev&ouml;lkerung, damit aber auch die Nachfrage nach Waren verringert". Diese Tatsache beweise, "da&szlig; der Militarismus vom Standpunkte der Produktion des Kriegsmaterials betrachtet, wohl die einen Kapitalisten bereichert, die anderen aber sch&auml;digt, auf der einen Seite einen Gewinn, auf der anderen aber einen Verlust bedeutet". "Der Bote der Jurisprudenz", 1890, Heft I: Militarismus und Kapitalismus.) <A HREF="lu05_398.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F4">(4)</A> Im Endergebnis f&uuml;hrt die Verk&uuml;mmerung der normalen Bedingungen, unter denen sich die Arbeitskraft erneuert, zur Verk&uuml;mmerung der Arbeitskraft selbst, zur Verminderung ihrer durchschnittlichen Intensit&auml;t und Produktivit&auml;t, also auch zur Gef&auml;hrdung der Bedingungen der Mehrwertproduktion. Allein diese weiteren Resultate, die erst nach l&auml;ngeren Zeitperioden dem Kapital f&uuml;hlbar werden, fallen in seinen &ouml;konomischen Berechnungen zun&auml;chst nicht ins Gewicht. Sie &auml;u&szlig;ern sich freilich unmittelbar in einer allgemeinen Versch&auml;rfung der Abwehrreaktionen der Lohnarbeiter. <A HREF="lu05_398.htm#ZF4">&lt;=</A></P></BODY>
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