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2022-08-25 20:29:11 +02:00
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<TITLE>Karl Marx - Nachwort zu "Enth&uuml;llungen &uuml;ber den Kommunisten-Proze&szlig; zu K&ouml;ln"</TITLE>
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<META name="description" content="Nachwort zu 'Enth&uuml;llungen &uuml;ber den Kommunisten-Proze&szlig; zu K&ouml;ln'">
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<TD ALIGN="CENTER" width= 199 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="../me_ak75.htm"><FONT size=2 color="#CC3333"><= Artikel und Korr. 1875</A></TD>
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<TD ALIGN="CENTER" width= 249 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="../me08/me08_465.htm"><FONT size=2 color="#CC3333">&lt; VII. Das Urteil</A></TD>
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<TD ALIGN="CENTER" width= 98 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="../me08/me08_405.htm"><FONT size=2 color="#CC3333">Inhalt</A></TD>
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<TD ALIGN="CENTER" width= 249 height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="../me21/me21_206.htm"><FONT size=2 color="#CC3333">Zur Geschichte des Bundes d. Kommunisten &gt;</A></TD>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 18, 5. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 568-571.</P>
<P>2. Korrektur.<BR>
Erstellt am 04.03.1999
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>Nachwort<BR>
[zu "Enth&uuml;llungen &uuml;ber den Kommunisten-Proze&szlig; zu K&ouml;ln"]</H1>
<FONT SIZE=2><P><A NAME="S568">Nach: "Enth&uuml;llungen &uuml;ber den Kommunistenproze&szlig; zu K&ouml;ln",<BR>
Neuer Abdruck, Leipzig 1875.</P>
</FONT><P><HR noshade size="1"></P>
<B><P>|568|</A></B> Die "Enth&uuml;llungen &uuml;ber den Kommunisten-Proze&szlig; zu K&ouml;ln", deren Wiederver&ouml;ffentlichung der "Volksstaat" f&uuml;r zeitgem&auml;&szlig; hielt, erschienen urspr&uuml;nglich zu Boston, Massachusetts, und zu Basel. Letztere Auflage ward gr&ouml;&szlig;tenteils an der deutschen Grenze konfisziert. Die Schrift sah das Licht wenige Wochen nach Schlu&szlig; des Prozesses. Damals galt es vor allem, keine Zeit zu verlieren und war daher mancher Irrtum im einzelnen unvermeidlich. So z.B. in der Namensangabe der K&ouml;lner Geschworenen. So soll nicht M. He&szlig;, sondern ein gewisser Levy der Verfasser des roten Katechismus sein. So versichert W. Hirsch in seiner "Rechtfertigungsschrift", Chervals Flucht aus dem Pariser Gef&auml;ngnis sei zwischen Greif, der franz&ouml;sischen Polizei und Cherval selbst abgekartet worden, um letzteren w&auml;hrend der Gerichtsverhandlungen als Mouchard zu London verwenden zu k&ouml;nnen. Es ist dies wahrscheinlich, weil eine in Preu&szlig;en begangene Wechself&auml;lschung und die daraus entspringende Gefahr der Auslieferung den Cr&auml;mer (dies der wirkliche Name Chervals) kirren mu&szlig;ten. Meine Darstellung des Vorganges beruht auf "Selbstgest&auml;ndnissen" Chervals an einen meiner Freunde. Hirschs Angabe wirft ein noch grelleres Licht auf Stiebers Meineid, die R&auml;nke der preu&szlig;ischen Gesandtschaft zu London und zu Paris, die schamlosen Eingriffe Hinckeldeys.</P>
<P>Als der "Volksstaat" das Pamphlet in seinen Spalten abzudrucken begann, schwankte ich einen Augenblick, oh es nicht passend sei, Abschnitt VI (Fraktion Willich-Schapper) wegzulassen. Bei n&auml;herem Erw&auml;gen jedoch erschien jede Verst&uuml;mmelung des Textes als F&auml;lschung eines historischen Dokuments.</P>
<P>Der gewaltsame Niederschlag einer Revolution l&auml;&szlig;t in den K&ouml;pfen ihrer Mitspieler, namentlich der vom heimischen Schauplatz ins Exil geschleu- <A NAME="S569"><B>|569|</A></B> derten, eine Ersch&uuml;tterung zur&uuml;ck, welche selbst t&uuml;chtige Pers&ouml;nlichkeiten f&uuml;r k&uuml;rzere oder l&auml;ngere Zeit sozusagen unzurechnungsf&auml;hig macht. Sie k&ouml;nnen sich nicht in den Gang der Geschichte finden, sie wollen nicht einsehen, da&szlig; sich die Form der Bewegung ver&auml;ndert hat. Daher Konspirations- und Revolutionsspielerei, gleich kompromittierlich f&uuml;r sie selbst und die Sache, in deren Dienst sie stehen; daher auch die Fehlgriffe Schappers und Willichs. Willich hat im nordamerikanischen B&uuml;rgerkriege gezeigt, da&szlig; er mehr als ein Phantast ist, und Schapper, lebenslang Vork&auml;mpfer der Arbeiterbewegung, erkannte und bekannte, bald nach Ende des K&ouml;lner Prozesses, seine augenblickliche Verirrung. Viele Jahre sp&auml;ter, auf seinem Sterbebett, einen Tag vor seinem Tode, sprach er mir noch mit bei&szlig;ender Ironie von jener Zeit der "Fl&uuml;chtlingst&ouml;lpeleien".- Andererseits erkl&auml;ren die Umst&auml;nde, in denen die "Enth&uuml;llungen" verfa&szlig;t wurden, die Bitterkeit des Angriffs auf die unfreiwilligen Helfershelfer des gemeinsamen Feindes. In Augenblicken der Krise wird Kopflosigkeit zum Verbrechen an der Partei, das &ouml;ffentliche S&uuml;hne herausfordert.</P>
<I><P>"Die ganze Existenz der politischen Polizei h&auml;ngt </I>von <I>der Entscheidung dieses Prozesses ab!" </I>In diesen Worten, die Hinckeldey w&auml;hrend der K&ouml;lner Gerichtsverhandlungen an die Gesandtschaft zu London schrieb (siehe meine Schrift <A HREF="../me14/me14_408.htm#S427">"Herr Vogt", pag. 271</A>), verriet er das Geheimnis des Kommunistenprozesses. "Die ganze Existenz der politischen Polizei", das ist nicht nur die Existenz und T&auml;tigkeit des mit diesem Fache unmittelbar betrauten Personals. Es ist die Unterordnung der ganzen Regierungsmaschinerie mit Einschlu&szlig; der Gerichte (siehe das preu&szlig;ische Disziplinargesetz f&uuml;r die richterlichen Beamten vom 7. Mai 1851) und der Presse (siehe Reptilienfonds) unter jenes Institut, wie das gesamte Staatswesen in Venedig der Staatsinquisition unterworfen war. Die politische Polizei, w&auml;hrend des Revolutionssturms in Preu&szlig;en lahmgelegt, bedurfte einer Umgestaltung, f&uuml;r welche das zweite franz&ouml;sische Kaiserreich musterg&uuml;ltig war und blieb.</P>
<P>Nach dem Untergange der Revolution von 1848 existierte die deutsche Arbeiterbewegung nur noch unter der Form theoretischer, zudem in enge Kreise gebannter Propaganda, &uuml;ber deren praktische Gefahrlosigkeit die preu&szlig;ische Regierung sich keinen Augenblick t&auml;uschte. Ihr galt die Kommunistenhetze nur als Einleitung zum Reaktionskreuzzug gegen die liberale Bourgeoisie, und die Bourgeoisie selbst st&auml;hlte die Hauptwaffe dieser Reaktion, die politische Polizei, durch die Verurteilung der Arbeitervertreter <A NAME="S570"><B>|570|</A></B> und die Freisprechung von Hinckeldey-Stieber. So verdiente Stieber seine Rittersporen vor den Assisen zu K&ouml;ln. Damals war Stieber der Name eines untergeordneten Polizei-Individuums, auf wilder Jagd nach Gehalts- und Amtserh&ouml;hung; jetzt bedeutet Stieber die unbeschr&auml;nkte Herrschaft der politischen Polizei im neuen heiligen preu&szlig;isch-deutschen Reiche. Er hat sich so gewisserma&szlig;en in eine moralische Person verwandelt, moralisch in dem bildlichen Sinne, wie z.B. der Reichstag ein moralisches Wesen ist. Und diesmal schl&auml;gt die politische Polizei nicht auf den Arbeiter, um den Bourgeois zu treffen. Umgekehrt. Grade in seiner Eigenschaft als Diktator der deutsch-liberalen Bourgeoisie w&auml;hnt Bismarck sich stark genug, die Arbeiterpartei aus der Welt stiebern zu k&ouml;nnen. An dem Wachstum der Gr&ouml;&szlig;e Stieber kann das deutsche Proletariat daher den Fortschritt der Bewegung messen, die es selbst seit dem K&ouml;lner Kommunistenproze&szlig; zur&uuml;ckgelegt hat.</P>
<P>Die Unfehlbarkeit des Papstes ist eine Kinderei verglichen mit der Unfehlbarkeit der politischen Polizei. Nachdem sie in Preu&szlig;en w&auml;hrend ganzer Dezennien jugendliche Brausek&ouml;pfe ins Loch gesteckt, von wegen Schw&auml;rmerei f&uuml;r deutsche Einheit, deutsches Reich, deutsches Kaisertum, kerkert sie heuerig sogar alte Glatzk&ouml;pfe ein, die f&uuml;r jene Gottesgaben zu schw&auml;rmen verweigern. Heute m&uuml;ht sie sich ebenso vergeblich ab, die <I>Reichsfeinde </I>auszuroden, wie damals die <I>Reichsfreunde</I>. Welch schlagender Beweis, da&szlig; sie nicht dazu berufen ist, Geschichte zu machen, w&auml;re es auch nur die Geschichte des Zanks um des Kaisers Bart!</P>
<P>Der Kommunistenproze&szlig; zu K&ouml;ln selbst brandmarkt die Ohnmacht der Staatsmacht in ihrem Kampf gegen die gesellschaftliche Entwicklung. Der kgl. preu&szlig;ische Staatsanwalt begr&uuml;ndete die Schuld der Angeklagten schlie&szlig;lich damit, da&szlig; sie die staatsgef&auml;hrlichen Prinzipien des <I>"Kommunistischen Manifestes" </I>heimlich verbreiteten. Und werden trotzdem dieselben Prinzipien zwanzig Jahre sp&auml;ter nicht in Deutschland auf offener Stra&szlig;e verk&uuml;ndet? Erschallen sie nicht selbst von der Trib&uuml;ne des Reichstags? Haben sie in der Gestalt des <I>Programms der Internationalen Arbeiterassoziation </I>nicht die Reise um die Welt gemacht, allen Regierungssteckbriefen zum Trotz? Die Gesellschaft findet nun einmal nicht ihr Gleichgewicht, bis sie sich um die Sonne der Arbeit dreht.</P>
<P>Die "Enth&uuml;llungen" sagen am Schlu&szlig;: "Jena! ... das ist das letzte Wort f&uuml;r eine Regierung, die solcher Mittel zum Bestehen, und f&uuml;r eine Gesellschaft, die solch einer Regierung zum Schutze bedarf. Das ist das letzte Wort des Kommunistenprozesses - <B>Jena!</B>" Eine gelungene Vorhersage <A NAME="S571"><B>|571|</A></B> dies, kichert der erste beste Treitschke mit stolzem Hinweis auf Preu&szlig;ens j&uuml;ngste Waffentat und das Mausergewehr. Mir gen&uuml;gt zu erinnern, da&szlig; es nicht nur ein <I>inneres D&uuml;ppel </I>gibt, sondern auch ein inneres Jena.</P>
<I><P>London</I>, den 8. Januar 1875</P>
<I><P ALIGN="RIGHT">Karl Marx</P></I>
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