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<TITLE>Rosa Luxemburg - Das Versagen der Führer</TITLE>
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<H2>Rosa Luxemburg</H2>
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<H1> Das Versagen der Führer</H1>
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<P><SMALL>»Die Rote Fahne«, 11. Januar 1919.</SMALL></P>
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<P>Die Dinge in Berlin haben eine Wendung genommen, die die
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schärfste Kritik und die ernsteste Überlegung der Arbeitermassen
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herausfordern.
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<P>
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Wir haben im Laufe der letzten Tage mehrmals offen und
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deutlich ausgesprochen, daß die Führung der Berliner Massenbewegung
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sehr viel an Entschlossenheit, Tatkraft und revolutionärem
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Elan vermissen ließ. Wir haben klar herausgesagt, daß
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die Führung hinter der Reife und der Kampfbereitschaft der
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Massen weit zurücksteht. Wir haben sowohl innerhalb dieser
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führenden Körperschaften durch Initiative und Überredung, wie
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außerhalb - in der »Roten Fahne« - durch Kritik alles getan, um
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die Bewegung vorwärtszutreiben, um die revolutionären Obleute
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der Großbetriebe zum tatkräftigen Auftreten anzuspornen.
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<P>
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Doch alle Anstrengungen und Versuche sind schließlich an dem
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zaghaften und schwankenden Verhalten jener Körperschaft gescheitert.
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Nachdem man vier Tage lang die prächtigste Stimmung
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und Kampfenergie der Massen durch völlige Direktionslosigkeit
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hatte verzetteln und verpuffen lassen, nachdem man durch zweimalige
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Anknüpfung der Unterhandlungen mit der Regierung
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Ebert-Scheidemann die Aussichten des revolutionären Kampfes
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aufs schwerste erschüttert und die Position der Regierung aufs
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wirksamste gestärkt hatte, entschlossen sich die revolutionären
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Obleute endlich in der Nacht vom Mittwoch zum Donnerstag
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zum Abbruch der Unterhandlungen und zur Aufnahme des
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Kampfes auf der ganzen Linie. Die Parole <B>Generalstreik</B> wurde
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ausgegeben und der Ruf: <B>Zu den Waffen!</B>
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<P>
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Das war aber auch die einzige Leistung, zu der sich die revolutionären
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Obleute aufgerafft haben.
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<P>
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Es versteht sich von selbst, daß, wenn man die Parole zum
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Generalstreik und zur Bewaffnung in die Massen wirft, man
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alles tun muß, um die energischste Durchführung der Parole zu
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sichern. Nichts dergleichen ist von den Obleuten unternommen
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worden! Sie beruhigten sich bei der nackten Parole und - beschlossen
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gleich am Donnerstag abend, zum dritten Male in Unterhandlungen
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mit Ebert-Scheidemann einzutreten!
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<P>
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Diesmal gab die Einigungsbewegung, die unter den Arbeitern
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der Schwartzkopff-Leute und einiger anderer Großbetriebe in Fluß
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gekommen ist, den erwünschten Vorwand, um den eben in aller
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Form eingeleiteten Kampf wieder abzubrechen. Die Arbeiterschaft
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der Schwartzkopff-Werke, der AEG, der Knorr-Bremse
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gehört zu den Kerntruppen des Berliner revolutionären Proletariats,
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und ihre besten Absichten unterliegen gar keinem Zweifel.
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Die Arbeiterschaft ist aber in diesem Falle selbst das Objekt
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einer Mache, deren Drahtzieher die Haase-Leute: Oskar Cohn,
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Dittmann und andere sind. Indem diese Leute in demagogischster
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Weise mit den beliebten Schlagworten »Einigkeit«, »kein Blutvergießen« arbeiten, suchen sie die Kampfenergie der Massen zu
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lähmen, Verwirrung zu säen und die entscheidende Revolutionskrise
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in einem faulen Kompromiß mit der Gegenrevolution aufzulösen.
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<P>
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Es ist für jeden, der nicht getäuscht werden will, klar, daß
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dieser Einigungsrummel, den die USP inszeniert hat, der denkbar
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größte Dienst ist, den man in der gegenwärtigen Situation
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den Ebert-Scheidemann erweisen konnte. Selbst in der Luft hängend,
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vor der waghalsigen Kraftprobe mit der Arbeiterschaft
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zitternd, von den schwankenden Truppen nur noch halb und
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widerwillig gestützt, von der Bourgeoisie mißtrauisch angeknurrt,
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erlebten die Verräter des Sozialismus in den letzten
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Tagen die schwersten Stunden ihrer kurzen Regierungsherrlichkeit.
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Das wuchtige Auftreten der Massen auf der Straße, die
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Wendung, die die eigene brutale Provokation der Regierung in
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der Eichhorn-Sache genommen hat, war diesen Abenteurern
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über den Kopf gewachsen. Schon gaben sie sich halb verloren:
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das zeigte deutlich die ganze Unentschlossenheit, die tastende
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Unsicherheit ihrer gegenrevolutionären Maßnahmen in den letzten Tagen.
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<P>
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Da kamen ihnen als rettende Frist die Unterhandlungen und
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schließlich die Einigungsbewegung. Die USP erwies sich hier
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wieder als der rettende Engel der Gegenrevolution. Haase-Dittmann
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sind von der Regierung Eberts zurückgetreten, aber sie
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setzen auf der Straße dieselbe Politik des Feigenblatts der Scheidemänner fort.
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<P>
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Und die Linke der USP unterstützt und macht diese Politik
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mit! Die Bedingungen für die neuerdings beschlossenen Unterhandlungen
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mit der Regierung, die von den revolutionären Obleuten
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angenommen wurden, sind von Ledebour formuliert. Man
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verlangt von dieser Seite als Preis für die Kapitulation der Arbeiter
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unter anderem den Rücktritt der Personen Eberts, Scheidemanns,
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Noskes und Landsbergs von der Regierung. Als ob es sich
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hier um Personen, nicht um eine bestimmte Politik handelte! Als
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ob es nicht auf eine bloße Verwirrung und Irreführung der Massen
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hinausliefe, die typischen und berufenen Vertreter der infamen
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Politik der Scheidemänner von der Vorderbühne wegzuschieben
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und durch irgendwelche farblose Statisten zu ersetzen,
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die nur Strohmänner derselben Politik bleiben, während die
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Ebert-Scheidemann hinter den Kulissen als Drahtzieher wirken
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und sich so dem Gericht der Massen entziehen!
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<P>
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So oder anders läuft die ganze von der USP eingeleitete, von
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den revolutionären Obleuten mitgemachte Unterhandlungspolitik
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auf eine Kapitulation der revolutionären Arbeiterschaft, auf
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Vertuschung der inneren Gegensätze und Widersprüche hinaus. Es
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ist die Politik des 9. November, auf die die seit acht Wochen
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gereifte Situation und politische Eintracht der Massen zurückgeschraubt
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werden soll!
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<P>
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Die Kommunistische Partei macht diese beschämende Politik
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selbstverständlich nicht mit und lehnt jede Verantwortung für
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sie ab. Wir betrachten nach wie vor als unsere Pflicht, die Sache
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der Revolution vorwärtszutreiben, uns allen Verwirrungsversuchen
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mit eiserner Energie entgegenzustellen und durch rücksichtslose
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Kritik die Massen vor den Gefahren der Zauderpolitik
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der revolutionären Obleute wie der Sumpfpolitik der USP zu warnen.
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Die Krise der letzten Tage ruft den Massen Lehren von höchster
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Wichtigkeit und Dringlichkeit zu. Der bisherige Zustand der
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mangelnden Führung, des fehlenden Organisationszentrums der
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Berliner Arbeiterschaft ist unhaltbar geworden. Soll die Sache
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der Revolution vorwärts gehen, soll der Sieg des Proletariats,
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soll der Sozialismus mehr als ein Traum bleiben, dann muß sich
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die revolutionäre Arbeiterschaft führende Organe schaffen, die
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auf der Höhe sind, die die Kampfenergie der Massen zu leiten
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und zu nutzen verstehen. Vor allem aber muß die nächste
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Zeit der Liquidierung der USP, dieses verwesenden Leichnams
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gewidmet werden, dessen Zersetzungsprodukte die Revolution
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vergiften. Die Auseinandersetzung mit der Kapitalistenklasse
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gestaltet sich in Deutschland in erster Linie als Abrechnung mit den
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Scheidemann-Ebert, die die Schutzwand der Bourgeoisie sind.
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Und die Abrechnung mit den Scheidemännern setzt voraus die
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Liquidierung der USP, die als Schutzwand der Ebert-Scheidemann fungiert.
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<P>
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Klarheit, schärfster, rücksichtsloser Kampf allen Vertuschungs-,
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Vermittlungs-, Versumpfungsversuchen gegenüber, Zusammenballung
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der revolutionären Energie der Massen und Schaffung
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entsprechender Organe zu ihrer Führung im Kampf: das sind
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die brennendsten Aufgaben der nächsten Periode, das sind die
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bedeutsamen Lehren aus den letzten fünf Tagen wuchtigster Anläufe
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der Massen und kläglichsten Versagens der Führer.</P>
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<P><SMALL>Quelle: »die nicht mehr existierende Website "Unser Kampf" auf fr<66>her "http://felix2.2y.net/deutsch/index.html"«<BR>
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Pfad: »../lu/«<BR>
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Verknüpfte Dateien: »<A href="http://www.mlwerke.de/css/format.css">../css/format.css</A>«</SMALL></P>
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