emacs.d/clones/www.mlwerke.de/lu/lu05/lu05_739.htm

33 lines
25 KiB
HTML
Raw Normal View History

2022-08-25 20:29:11 +02:00
<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<TITLE>Rosa Luxemburg - Einf&uuml;hrung in die National&ouml;konomie - IV. 2</TITLE>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
</HEAD>
<BODY LINK="#0000ff" VLINK="#800080" BGCOLOR="#ffffaf">
<!--Hier war ein unzureichend terminierter Kommentar -->
<P ALIGN="CENTER"><A HREF="lu05_731.htm"><FONT SIZE=2>IV. 1</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="lu05_en.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="lu05_747.htm"><FONT SIZE=2>IV. 3</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Rosa Luxemburg - Gesammelte Werke. Herausgegeben vom Institut f&uuml;r Marxismus-Leninismus beim ZK der SED. Band 5. Berlin/DDR. 1975. "Einf&uuml;hrung in die National&ouml;konomie", S. 739-747.</P>
<P>1. Korrektur<BR>
Erstellt am 06.01.1999.</FONT> </P>
<FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">IV. 2</P>
</FONT><B><P><A NAME="S739">|739|</A></B> Der Unternehmer kauft die Arbeitskraft und zahlt wie jeder K&auml;ufer ihren Wert, das hei&szlig;t ihre Herstellungskasten, indem er dem Arbeiter im Lohn einen Preis zahlt, der den Unterhalt des Arbeiters deckt. Aber die gekaufte Arbeitskraft ist in der Lage, mit den durchschnittlich in der Gesellschaft gebrauchten Produktionsmitteln mehr herzustellen als blo&szlig; die eigenen Unterhaltskosten. Dies ist bereits, wie wir wissen, eine Voraussetzung des ganzen Gesch&auml;fts, das sonst sinnlos w&auml;re; darin besteht der Gebrauchswert der Ware Arbeitskraft. Da der Wert des Unterhalts der Arbeitskraft wie bei jeder anderen Ware durch die Menge Arbeit bestimmt wird, die zu ihrer Herstellung erforderlich, so k&ouml;nnen wir annehmen, die Nahrung, Kleidung etc., die zur t&auml;glichen Erhaltung des Arbeiters im arbeitsf&auml;higen Zustand n&ouml;tig sind, erfordern, sagen wir zum Beispiel, sechs Stunden Arbeit. Der Preis der Ware Arbeitskraft, das hei&szlig;t ihr Lohn, mu&szlig; alsdann normal sechs Stunden Arbeit in Geld betragen. Aber der Arbeiter arbeitet f&uuml;r seinen Unternehmer nicht sechs Stunden, sondern l&auml;nger, sagen wir zum Beispiel elf Stunden. Dann hat er in diesen elf Stunden erstens dem Unternehmer den empfangenen Lohn in sechs Stunden zur&uuml;ckerstattet und au&szlig;erdem noch f&uuml;nf Stunden Arbeit umsonst daraufgegeben, dem Unternehmer geschenkt. Der Arbeitstag jedes Arbeiters besteht also notwendig und normal aus zwei Teilen: einem bezahlten, worin der Arbeiter nur den <A NAME="S740"><B>|740|</A></B> Wert seines eigenen Unterhalts zur&uuml;ckerstattet, wo er sozusagen f&uuml;r sich selbst arbeitet, und einem unbezahlten, worin er geschenkte Arbeit oder Mehrarbeit f&uuml;r den Kapitalisten schafft.</P>
<P>&Auml;hnliches war auch bei den fr&uuml;heren Formen der gesellschaftlichen Ausbeutung der Fall. Zur Zeit der H&ouml;rigkeit war die Arbeit des h&ouml;rigen Bauern f&uuml;r sich und seine Arbeit f&uuml;r den Fronherrn sogar zeitlich und r&auml;umlich getrennt. Der Bauer wu&szlig;te ganz genau, wann und wieviel er f&uuml;r sich arbeitete und wann und wieviel f&uuml;r die Erhaltung des gn&auml;digen Herrn, Adligen oder Geistlichen. Er arbeitete erst einige Tage auf eigenem Acker, dann einige Tage auf herrschaftlichem. oder er arbeitete vormittags auf eigenem und nachmittags auf herrschaftlichem, oder er arbeitete einige Wochen durchweg nur auf eigenem und dann einige Wochen auf dem herrschaftlichen. So war zum Beispiel in einem Dorfe der Abtei Maurusm&uuml;nster im Elsa&szlig; die Fronarbeit um die H&auml;lfte des 12. Jahrhunderts folgenderma&szlig;en festgesetzt: Seit Mitte April bis Mitte Mai stellte jede Bauernhufe eine Mannskraft drei volle Tage pro Woche, von Mai bis Johanni einen Nachmittag pro Woche, von Johanni bis zur Heumahd zwei Tage pro Woche, zur Erntezeit drei Nachmittage pro Woche und von Martini bis Weihnachten drei volle Tage pro Woche. Freilich wuchs im sp&auml;teren Mittelalter mit dem Fortschritt zur Leibeigenschaft die herrschaftliche Arbeit so anhaltend, da&szlig; bald fast alle Tage in der Woche und alle Wochen im Jahre der Fronleistung geh&ouml;rten und der Bauer kaum noch Zeit mehr hatte, um den eigenen Acker zu bestellen. Aber auch dann wu&szlig;te er ganz genau, da&szlig; er nicht f&uuml;r sich, sondern f&uuml;r andere arbeitete. Eine T&auml;uschung dar&uuml;ber war bei dem bl&ouml;desten Bauern nicht m&ouml;glich.</P>
<P>Bei der modernen Lohnarbeit liegt die Sache ganz anders. Der Arbeiter schafft nicht etwa in dem ersten Teil seines Arbeitstages Gegenst&auml;nde, die er selbst braucht: seine Nahrung, Kleidung etc., um sp&auml;ter andere Dinge f&uuml;r den Unternehmer zu produzieren. Im Gegenteil, der Arbeiter in der Fabrik oder auf dem Werk produziert den ganzen Tag einen und denselben Gegenstand, und zwar meistens einen Gegenstand, den er nur zum geringsten Teil oder gar nicht zum eigenen privaten Konsum braucht: etwa lauter Stahlfedern oder Gummib&auml;nder oder Seidengewebe oder gu&szlig;eiserne Rohren. In dem unterschiedslosen Haufen Stahlfedern oder B&auml;nder oder Gewebe, den er tags&uuml;ber geschaffen hat, sieht jedes St&uuml;ck aufs Haar genauso aus wie das andere, man merkt daran nicht den geringsten Unterschied, ob ein Teil davon bezahlte oder unbezahlte Arbeit ist, ob ein Teil f&uuml;r den Arbeiter, ein anderer f&uuml;r den Unternehmer ist. Im Gegenteil, das Produkt, an dem der Arbeiter arbeitet, hat f&uuml;r ihn gar keinen Nutzen, <A NAME="S741"><B>|741|</A></B> und es geh&ouml;rt ihm ja davon nicht ein St&uuml;ckchen; alles, was der Arbeiter produziert, geh&ouml;rt dem Unternehme. Hierin liegt ein gro&szlig;er &auml;u&szlig;erer Unterschied zwischen der Lohnarbeit und der H&ouml;rigigkeit. Der Fronbauer mu&szlig;te in normalen Verh&auml;ltnissen unbedingt einige Zeit haben, um auf eigenem Acker zu arbeiten, und das, was er f&uuml;r sich arbeitete geh&ouml;rte auch ihm. Bei dem modernen Lohnarbeiter geh&ouml;rt sein ganzes Produkt dem Unternehmer, und so sieht es aus, als h&auml;tte seine Arbeit in der Fabrik gar nichts zu tun mit seiner eigenen Erhaltung. Er hat seinen Lohn erhalten und kann damit machen, was er will. Daf&uuml;r hat er zu arbeiten, was ihm der Unternehmer anweist, und alles, was er produziert, geh&ouml;rt dem Unternehmer. Aber der Unterschied, der dem Arbeiter unsichtbar ist, zeigt sich nachher wohl in der Rechnung des Unternehmers, wenn er den Erl&ouml;s aus der Produktion seiner Arbeit berechne. F&uuml;r den Kapitalisten ist das der Unterschied zwischen der Geldsumme, die er nach dem Verkauf des Produkts einnimmt, und seinen Auslagen sowohl f&uuml;r die Produktionsmittel wie f&uuml;r die L&ouml;hne seiner Arbeiter. Das, was ihm verbleibt als Gewinn, ist eben der Wert, der von der unbezahlten Arbeit geschaffen [wurde], das hei&szlig;t der Mehrwert, den die Arbeite geschaffen haben. Jeder Arbeiter produziert also, wenn er auch nur Gummib&auml;nder oder Seidenstoffe oder Gu&szlig;r&ouml;hren produziert, zun&auml;chst seinen eigenen Lohn und dann geschenkten Mehrwert f&uuml;r den Kapitalisten. Hat er zum Beispiel in 11 Stunden 11 Meter Seidenstoff gewebt, so enthalten 6 Meter davon den Wert seines Lohns, und 5 sind Mehrwert f&uuml;r den Unternehmer.</P>
<P>Aber der Unterschied zwischen der Lohnarbeit und der Sklaven- oder Fronarbeit hat noch wichtigere Folgen. Der Sklave wie der Fronbauer lieferten ihre Arbeit haupts&auml;chlich f&uuml;r den eigenen privaten Bedarf, f&uuml;r den Konsum des Herrn. Sie schaffen f&uuml;r ihren Herrn Nahrungs- und Kleidungsgegenst&auml;nde, M&ouml;bel, Luxussache,. usw. Dies war jedenfalls das Normale, bevor die Sklaverei und das Fronverh&auml;ltnis unter dem Einflu&szlig; des Handels ausarteten und ihrem Verfall entgegengingen. Die Konsumtionsf&auml;higkeit des Menschen, auch der Luxus im Privatleben, haben aber in jedem Zeitalter ihre bestimmten Grenzen. Mehr als volle Speicher, volle St&auml;lle, reiche Kleider, ein &uuml;ppiges Leben f&uuml;r sich und den ganzen Hofhalt, reich ausgestattete Zimmer, mehr als das konnten der antike Sklavenhalter oder der mittelalterliche Adlige nicht brauchen. Solche Gegenst&auml;nde, die zum t&auml;glichen Bedarf dienen, k&ouml;nnen ja nicht einmal in zu gro&szlig;en Vorr&auml;ten aufbewahrt werden, da sie dabei zugrunde gehen: Das Korn verf&auml;llt leicht der F&auml;ulnis oder wird von Ratten und M&auml;usen gefressen, Heu und Strohvorr&auml;te geraten leicht in Brand, Kleiderstoffe werden besch&auml;digt <A NAME="S742"><B>|742|</A></B> usw., Milchprodukte, Obst und Gem&uuml;se lassen sich &uuml;berhaupt schlecht aufbewahren. Der Verbrauch in der Sklavenwirtschaft wie in der Fronwirtschaft hatte also bei &uuml;ppigstem Leben seine nat&uuml;rlichen Grenzen, und damit hatte auch die normale Ausbeutung des Sklaven und des Bauern ihre Schranken. Anders bei dem modernen Unternehmer, der die Arbeitskraft zur Warenproduktion kauft. Das, was der Arbeiter in der Fabrik oder auf dem Werk meistens produziert, ist f&uuml;r ihn selbst ganz unn&uuml;tz, aber ebenso unn&uuml;tz f&uuml;r den Unternehmer. Dieser l&auml;&szlig;t die gekaufte Arbeitskraft nicht f&uuml;r sich Kleider und Nahrung bereiten, sondern l&auml;&szlig;t sie irgendeine Ware herstellen, die er selbst gar nicht braucht. Er l&auml;&szlig;t die Seidenstoffe oder R&ouml;hren oder S&auml;rge nur produzieren, um sie so schnell wie m&ouml;glich wieder loszuwerden, zu verkaufen. Er l&auml;&szlig;t sie produzieren, um durch ihren Verkauf Geld zu kriegen. Und er erh&auml;lt sowohl seine Auslagen zur&uuml;ckerstattet wie die geschenkte Mehrarbeit seiner Arbeiter in Geldform. Zu diesem Zweck, um die unbezahlte Arbeit der Arbeiter in Geld zu schlagen, macht er ja das ganze Gesch&auml;ft und kauft die Arbeitskraft. Das Geld ist aber, wie wir wissen, das Mittel der unbegrenzten Aufh&auml;ufung des Reichtums. In Geldform verliert der Reichtum durch das l&auml;ngste Lagern nichts an Wert, im Gegenteil, wie wir sp&auml;ter sehen werden, scheint der Reichtum in Geldform durch das blo&szlig;e Lagern sogar zu wachsen. Und in Geldform kennt der Reichtum gar keine Grenzen, er kann wachsen ins unendliche. Dementsprechend hat auch der Hunger des modernen Kapitalisten nach Mehrarbeit keine Grenzen. Je mehr unbezahlte Arbeit aus den Arbeitern herausgeschlagen wird, um so besser. Mehrwert auspressen, und zwar schrankenlos auspressen - das ist der eigentliche Zweck und die Aufgabe des Kaufs der Arbeitskraft.</P>
<P>Der nat&uuml;rliche Trieb des Kapitalisten zur Vergr&ouml;&szlig;erung des den Arbeitern abgepre&szlig;ten Mehrwerts findet vor allem zwei einfache Wege, die sich sozusagen von selbst bieten, wenn wir die Zusammensetzung des Arbeitstages betrachten. Wir sahen, da&szlig; der Arbeitstag jedes Lohnarbeiters normalerweise aus zwei Teilen besteht: aus dem Teil, wo der Arbeiter seinen eigenen Lohn zur&uuml;ckerstattet, und aus dem anderen, wo er unbezahlte Arbeit, Mehrwert liefert. Um also den zweiten Teil m&ouml;glichst zu vergr&ouml;&szlig;ern, kann der Unternehmer nach zwei Seiten vorgehen: entweder den ganzen Arbeitstag verl&auml;ngern oder den ersten, bezahlten Teil des Arbeitstages verk&uuml;rzen, das hei&szlig;t den Lohn des Arbeiters herabdr&uuml;cken. Tats&auml;chlich greift der Kapitalist gleichzeitig zu beiden Methoden, und daher ergibt sich bei dem System der Lohnarbeit eine st&auml;ndige Doppeltendenz: sowohl zur Verl&auml;ngerung der Arbeitszeit als zur Verk&uuml;rzung der L&ouml;hne.</P>
<B><P><A NAME="S743">|743|</A></B> Wenn der Kapitalist die Ware Arbeitskraft kauft, so kauft er sie wie jede Ware, um aus ihr einen Nutzen zu ziehen. Jeder Warenk&auml;ufer sucht aus seinen Waren m&ouml;glichst viel Gebrauch zu ziehen. Wenn wir zum Beispiel Stiefel kaufen, so wollen wir sie solange wie m&ouml;glich tragen. Dem K&auml;ufer der Ware geh&ouml;rt der volle Gebrauch, der ganze Nutzen der Ware. Der Kapitalist also, der die Arbeitskraft gekauft hat, hat vom Standpunkte des Warenkaufs vollst&auml;ndig recht, zu verlangen, da&szlig; ihm die gekaufte Ware solange wie m&ouml;glich und soviel wie m&ouml;glich dient. Hat er die Arbeitskraft f&uuml;r eine Woche bezahlt, so geh&ouml;rt ihm die Woche Gebrauch, und er hat von seinem Standpunkt; als K&auml;ufer das Recht, den Arbeiter wom&ouml;glich siebenmal 24 Stunden pro Woche arbeiten zu lassen. Andererseits aber hat der Arbeiter als Verk&auml;ufer der Ware einen ganz umgekehrten Standpunkt. Freilich geh&ouml;rt dem Kapitalisten der Gebrauch der Arbeitskraft, aber dieser findet seine Grenzen in der physischen und geistigen Leistungskraft des Arbeiters. Ein Pferd kann, ohne ruiniert zu werden, nur acht Stunden tagein, tagaus arbeiten. Ein Mensch mu&szlig; auch, um seine in der Arbeit verbrauchte Kraft wiederzuerlangen, eine gewisse Zeit zur Nahrungsaufnahme, Kleidung, Erholung etc. [haben]. Hat er das nicht, so wird seine Arbeitskraft nicht nur verbraucht, sondern auch vernichtet. Durch &uuml;berm&auml;&szlig;ige Arbeit wird sie geschw&auml;cht und das Leben des Arbeiters verk&uuml;rzt. Wenn also der Kapitalist durch schrankenlosen Gebrauch der Arbeitskraft in jeder Woche das Leben des Arbeiters um zwei Wochen verk&uuml;rzt, so ist es dasselbe, als wenn er f&uuml;r den Lohn von einer Woche drei Wochen sich aneignen w&uuml;rde. Von demselben Standpunkte des Warenhandels bedeutet das also, da&szlig; der Kapitalist den Arbeiter bestiehlt. So vertreten Kapitalist und Arbeiter in bezug auf die L&auml;nge des Arbeitstages, beide auf dem Boden des Warenmarktes, zwei genau entgegengesetzte Standpunkte, und die tats&auml;chliche L&auml;nge des Arbeitstages wird auch nur auf dem Wege des Kampfes zwischen der Kapitalistenklasse und der Arbeiterklasse als eine <I>Machtfrage </I>entschieden.<A NAME="ZF1"><A HREF="lu05_739.htm#F1">[1]</A></A> An sich ist der Arbeittrag also an keine bestimmten Schranken gebunden; je nach der Zeit und dem Ort finden wi auch den achtst&uuml;ndigen, zehn-, zw&ouml;lf-, vierzehn-, sechzehn-, achtzehnst&uuml;ndigen Arbeitstag. Und im ganzen ist es ein jahrhundertelanger Kampf um die L&auml;nge des Arbeitstages. In diesem Kampf sehen [wir] zwei wichtige Abschnitte. Der erste beginnt schon am Ausgang des Mittelalters, in 14. Jahrhundert, wo der Kapitalismus erst die ersten sch&uuml;chterner, Schritte macht und an dem festen Schutzpanzer des zunftlichen Regiments zu r&uuml;tteln beginnt. Die normale gewohnheits- <A NAME="S744"><B>|744|</A></B> m&auml;&szlig;ige Arbeitszeit betrug zu Zeiten der Bl&uuml;te des Handwerks etwa zehn Stunden, wobei die Mahlzeiten, die Schlafzeit, die Erholungszeit, die Sonntags- und Festtagsruhe mit aller Behaglichkeit und Umst&auml;ndlichkeit wahrgenommen wurden. Dem alten Handwerk mit seiner langsamen Arbeitsmethode gen&uuml;gte das, den beginnenden Fabrikunternehmungen nicht. Und so ist das erste, was die Kapitalisten von den Regierungen erringen, Zwangsgesetze zur Verl&auml;ngerung der Arbeitszeit. Vom 14. bis Ende des 17. Jahrhunderts sehen wir in England wie in Frankreich wie in Deutschland lauter Gesetze &uuml;ber den <I>Minimalarbeitstag</I>, das hei&szlig;t Verbote an die Arbeiter und Gesellen, weniger als eine bestimmte Arbeitszeit, und zwar meistens zw&ouml;lf Stunden t&auml;glich, zu arbeiten. Der Kampf mit der Faulenzerei der Arbeiter: das ist der gro&szlig;e Ruf seit dem Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert. Seit aber die Kraft des alten Zunfthandwerks gebrochen war und das massenhafte Proletariat, ohne alle Arbeitsmittel blo&szlig; auf den Verkauf der Arbeitskraft angewiesen, andererseits die gro&szlig;en Manufaktu
<P>Die Arbeiterschutzgesetze sind in der Tat das erste offizielle Bekenntnis der heutigen Gesellschaft, da&szlig; die formelle Gleichheit und Freiheit, die der Warenproduktion und dem Warenaustausch zugrunde liegt, bereits in die Br&uuml;che geht, in Ungleichheit und Unfreiheit umschl&auml;gt, seit die Arbeitskraft als Ware auf dem Markte erscheint.</P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von Rosa Luxemburg</P>
<P><A NAME="N1">(1)</A> Karl Marx: Das Kapital, Bd. I, S. 229. [Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../../me/me23/me23_245.htm#S282">Bd. 23, S. 282</A>.] <A HREF="lu05_739.htm#ZN1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="N2">(2)</A> Siehe Karl Marx: Das Kapital, Bd. I, S. 204. [Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../../me/me23/me23_245.htm#S258">Bd. 23, S. 258, Fu&szlig;note 64</A>.] <A HREF="lu05_739.htm#ZN2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="N3">(3)</A> Seit der Einf&uuml;hrung der allgemeinen milit&auml;rischen Dienstpflicht verkleinert sich das mittlere K&ouml;rperma&szlig; der erwachsenen M&auml;nner und damit auch das gesetzlich vorgeschriebene Ma&szlig; bei der Aushebung immer mehr. Vor der gro&szlig;en Revolution war das Minimum f&uuml;r den Infanteristen in Frankreich 165 cm, nach dem Gesetz von 1818 157 cm, seit 1852 156 cm, durchschnittlich wird in Frankreich wegen mangelnder Gr&ouml;&szlig;e und Gebrechen &uuml;ber die H&auml;lfte ausgemustert. Da Milit&auml;rma&szlig; war in Sachsen 1780 178 cm, in den sechziger Jahren nur noch 155 cm, in Preu&szlig;en 157 cm. Berlin konnte 1858 sein Kontingent an Ersatzmannschaft nicht stellen, es fehlten 156 Mann. <A HREF="lu05_739.htm#ZN3">&lt;=</A></P>
<P><HR></P>
<P>Redaktionelle Anmerkungen</P>
<P><A NAME="F1">[1]</A> Randnotiz R. L.: Interessen der kap. Prod. selbst? <A HREF="lu05_739.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">[2]</A> Randnotiz R. L.: &Auml;g. Skl. <A HREF="lu05_739.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F3">[3]</A> Karl Marx: Das Kapital, Erster Band. In: Karl Marx/Friedrich Engels: Werke, <A HREF="../../me/me23/me23_245.htm#S319">Bd. 23, S. 319/320</A>. <A HREF="lu05_739.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
</BODY>
</HTML>