Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 13, 7. Auflage 1971, unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1961, Berlin/DDR. S. 365-371.
1. Korrektur.
Erstellt am 04.08.1998
Geschrieben Ende Mai 1859.
Aus dem Englischen.
["New-York Daily Tribune" Nr. 5665 vom 17. Juni 1859]
<365> Unter den gegenwärtigen Umständen ist jede Erklärung seitens Mazzinis ein Ereignis, das größere Aufmerksamkeit verdient als die diplomatischen Erklärungen der miteinander im Streit liegenden Kabinette oder selbst die schön gefärbten Bulletins vom Kriegsschauplatz. Wie verschieden die Meinungen der Menschen über den Charakter des römischen Triumvirn auch sein mögen, niemand wird leugnen, daß fast 30 Jahre lang die italienische Revolution mit seinem Namen verbunden war und daß er während des gleichen Zeitraums von Europa als der fähigste Exponent der nationalen Bestrebungen seiner Landsleute anerkannt wurde. Er hat jetzt eine bewundernswerte Tat moralischen Muts und patriotischer Hingabe vollbracht, indem er - auf die Gefahr hin, seiner Popularität zu schaden - seine einsame Stimme gegen ein Babel von Verblendung, blindem Fanatismus und eigennütziger Falschheit erhoben hat. Seine Entlarvung der tatsächlichen Pläne, die zwischen Bonaparte, Alexander und Cavour, dem Agenten der beiden Autokraten, vereinbart worden sind, sollten um so sorgfältiger beachtet werden, da von allen Privatpersonen in Europa gerade Mazzini dafür bekannt ist, daß er über die umfassendsten Mittel verfügt, um in die verhängnisvollen Geheimnisse der regierenden Mächte einzudringen. Sein Rat an die nationalen Freiwilligen, eine klare Trennungslinie zwischen ihrer eigenen Sache und derjenigen der gekrönten Betrüger zu ziehen und ihre Proklamationen niemals mit dem schändlichen Namen Louis-Napoleon zu entehren, ist von Garibaldi wörtlich befolgt worden. Die Nichterwähnung des Namens Frankreich in der Proklamation des letzteren wird, wie der Pariser Korrespondent der Londoner "Times" berichtet, von Louis-Napoleon als eine tödliche Beleidigung angesehen; und die Furcht, die die Kenntnis von Garibaldis geheimer Verbindung zu dem römischen Triumvir einflößte, war so groß, daß sein Korps <366> von den ursprünglich versprochenen 10.000 chasseurs d'Alpes <Alpenjägern> auf 4.000 reduziert, ein ihm zugesichertes Kavalleriekorps zurückgezogen und eine auf seine Anforderung schon abgesandte Batterie angehalten wurde und daß einige erfahrene Polizeibeamte mit der Anweisung, über jedes Wort und jede Bewegung von ihm zu berichten, als angebliche Freiwillige in sein Gefolge geschmuggelt wurden.
Wir bringen anschließend eine wörtliche Übersetzung von Mazzinis Manifest, das in London in der letzten Nummer von "Pensiero ed Azione" (Gedanke und Tat) unter dem Titel "La Guerra" (Der Krieg) veröffentlicht wurde:
"Der Krieg hat begonnen. Wir haben daher vor uns nicht eine Wahrscheinlichkeit, die zu diskutieren ist, sondern eine vollendete Tatsache. Der Krieg zwischen Österreich und Piemont ist ausgebrochen. Louis Bonapartes Soldaten sind in Italien. Die russisch-französische Allianz, die vor einem Jahre von uns angekündigt wurde, offenbart sich Europa. Das sardinische Parlament hat Viktor Emanuel diktatorische Vollmachten erteilt. Die herzogliche Regierung von Toskana ist durch eine militärische Insurrektion gestürzt worden und die Diktatur des Königs wurde akzeptiert (und von diesem an einen Bonaparte abgetreten). Die allgemeine Gärung in Italien wird wahrscheinlich an anderen Orten ähnliche Ereignisse hervorbringen. Die Geschicke unseres Vaterlandes werden jetzt unweigerlich auf dem Schlachtfeld entschieden.
Die meisten unserer Landsleute, berauscht von dem Verlangen nach Taten, fasziniert von dem Gedanken, die mächtige Hilfe regulärer Armeen zu besitzen, fortgerissen von der Freude, gegen die mit Recht verabscheute österreichische Herrschaft Krieg zu führen, vergessen unter diesen Umständen die Lehren der Vergangenheit und ihre Grundsätze und opfern nicht nur ihre teuersten Überzeugungen. sondern auch die Absicht, zu ihnen zurückzukehren, verzichten auf alle Vorsicht, alle Urteilsfreiheit, haben nur Worte des Beifalls für jeden, der es übernimmt, den Krieg zu führen, billigen ohne zu prüfen alles, was auch immer von Frankreich oder Piemont kommen mag, und nehmen den Kampf um die Freiheit auf, indem sie sich selber zu Sklaven machen. Andere wieder, die sehen, wie jeder Funke politischer Moralität bei den politischen Agitatoren und dem ihnen folgenden Pöbel erlischt; wie ein Volk, seit einem halben Jahrhundert der Apostel der Freiheit, sich auf einmal mit dem Despotismus verbündet; wie Männer, die bis gestern an Proudhons Anarchie glaubten, sich dem König ergeben, und wie die Landsleute von Goffredo Mameli in den Ruf ausbrechen 'Viva l'Imperatore!' <'Es lebe der Kaiser!'>, der ihn mit Tausenden anderen ermordet hat, verzweifeln an der Zukunft und erklären, unser Volk sei nicht reif für die Freiheit.
Wir unsererseits teilen weder die törichten und sklavischen Hoffnungen der einen Partei noch die hoffnungslose Verzweiflung der anderen. Der Krieg beginnt unter den traurigsten Aspekten, aber die Italiener können ihn, wenn sie wollen, in bessere Bahnen <367> lenken; und wir vertrauen auf die edlen Instinkte unseres Volkes. Diese Instinkte bahnen sich machtvoll einen Weg durch die Irrtümer, zu welchen die Agitatoren das Volk verleitet haben. Es wäre vielleicht besser gewesen, wenn die Freiwilligen, statt sich um die absolutistischen Fahnen der Mächte zu scharen, die ihre Hoffnungen enttäuschen werden, in aller Stille die Insurrektion in ihren eigenen Provinzen organisiert und im Namen des italienischen Volkes proklamiert und geführt hätten; aber der Geist, der sie bewegte, ist heilig und erhaben, der Beweis der Ergebenheit gegenüber dem gemeinsamen Vaterlande, den sie liefern, kann nicht verleugnet werden, und auf diesen Kern der künftigen nationalen Armee, der sich spontan gebildet hat, konzentrieren sich die größten Hoffnungen Italiens. Die Annahme einer königlichen Diktatur ist ein Fehler, der unweigerlich Enttäuschung hervorrufen wird und der die Würde eines Volkes verletzt, das sich erhebt, um sich selbst zu befreien. In einem Lande mit einem der Monarchie ergebenen Parlament, angesichts der Präzedenzfälle von Rom und Venedig, wo das Zusammengehen der Volksvertretungen mit den Führern der Verteidigung die Quelle der Macht war, angesichts der Erinnerungen an den langen und furchtbaren Krieg gegen das Erste Kaiserreich den England unterstützte, ohne die bürgerlichen Freiheiten im geringsten zu verletzen, ist diese Diktatur offensichtlich nichts anderes als eine Konzession an die Forderungen der verbündeten Despoten und das erste Symptom eines Planes, der die Frage des Territoriums an die Stelle der Frage der Freiheit zu setzen beabsichtigt. Aber das Volk, das begeistert die Diktatur akzeptiert, glaubt, es begehe einen Akt höchster Aufopferung zum Wohle des gemeinsamen Vaterlandes; und von der Ansicht irregeführt daß der erfolgreiche Ausgang des Krieges von einer solchen Konzentration der Macht abhängt, wünscht es durch seinen Beifall seinen festen Entschluß kundzutun um jeden Preis zu kämpfen und zu siegen. Die bedingungslose Unterwerfung der aufständischen Provinzen unter die absolute Herrschaft des königlichen Diktators wird mit ziemlicher Sicherheit zu verhängnisvollen Folgen führen: Die Logik der Insurrektion hätte erfordert, daß jede aufständische Provinz sich unter eine lokale revolutionäre Verwaltung stellt und durch Benennung eines Vertreters zur Bildung einer nationalen revolutionären Regierung beiträgt. Aber selbst dieser ungeheure Irrtum entspringt dem Wunsch nach nationaler Einheit und widerlegt unbestreitbar das dumme Geschwätz der europäischen Presse über unsere Zwistigkeiten. Er tritt in Italien gesetzmäßig auf. Der Patriotismus ist gegenwärtig in Italien so machtvoll, daß er alle Fehler überwinden wird. Gute Bürger, statt zu verzweifeln, müssen versuchen, ihn in die richtigen Bahnen zu lenken. Und zu diesem Zweck müssen sie ohne Furcht vor boshaften Interpretationen von der wirklichen Situation ausgehen. Der Augenblick ist zu ernst, um sich um momentane Gunstbeweise oder Verleumdungen zu kümmern.
Die wirkliche Situation ist folgende:
Ebenso wie im Jahre 1848 und noch stärker strebt die italienische Bewegung nach Freiheit und nationaler Einheit. Die sardinische Monarchie und Louis Bonaparte führen jedoch den Krieg mit vollkommen anderen Absichten. Ebenso wie im Jahre 1848 und noch stärker bedroht der Antagonismus zwischen den Bestrebungen der Nation <368> und denen der akzeptierten Führer, der damals den Kampf zum Scheitern verurteilte, Italien mit furchtbaren Mißgeschicken.
Was Italien erstrebt, ist nationale Einheit. Louis-Napoleon kann das nicht wünschen. Außer Nizza und Savoyen, die ihm schon von Piemont als Preis für seine Hilfe bei der Bildung eines nördlichen Königreichs zugestanden sind, möchte er bei dieser Gelegenheit im Süden den Thron für einen Murat und in Mittelitalien den Thron für seinen Vetter <Joseph-Charles-Paul Bonaparte> errichten. Rom und ein Teil des Kirchenstaates sollen unter der weltlichen Regierung des Papstes <Pius IX.> bleiben.
Ganz gleich, ob aufrichtig oder nicht, das Ministerium, das heute uneingeschränkt in Piemont herrscht, hat jedenfalls seine Einwilligung zu diesem Plan gegeben.
Italien würde demnach in vier Staaten geteilt; zwei kämen unter direkte Fremdherrschaft, und indirekt würde Frankreich ganz Italien beherrschen. Der Papst ist seit 1849 immer ein französischer Vasall gewesen; der König von Sardinien würde durch seine Dankespflicht und seine geringe Truppenmacht der Vasall des Kaiserreichs werden.
Der Plan könnte vollständig durchgeführt werden, wenn Österreich bis zuletzt Widerstand leistet. Sollte aber Österreich gleich im Beginn des Krieges geschlagen werden und die Vorschläge, die es im Jahre 1848 eine Zeitlang der britischen Regierung machte, wiederholen, nämlich die Preisgabe der Lombardei unter der Bedingung, Venedig zu behalten, so würde der natürlich von der Diplomatie ganz Europas unterstützte Friede angenommen werden. Die Bedingungen der Vergrößerung der sardinischen Monarchie und der Abtretung von Nizza und Savoyen an Frankreich würden allein zur Ausführung kommen; Italien würde der Rache seiner Gebieter überlassen, und die vollständige Ausführung des Lieblingsplans auf einen günstigeren Zeitpunkt verschoben werden.
Dieser Plan ist den Regierungen Europas bekannt. Daher ihre allgemeine Aufrüstung; daher die kriegerische Wallung im ganzen Deutschen Bund; daher die schon vorbereiteten Elemente einer Koalition zwischen England, Deutschland und Preußen - einer unvermeidlichen Koalition trotz der gegenteiligen Erklärungen der Regierungen. Wenn Italien sein nationales Leben nicht ohne Bündnis mit Bonaparte zu beschützen vermag, werden die Verteidigung Österreichs und die Verträge von 1815 unvermeidlich die Achse der Koalition bilden.
Louis-Napoleon fürchtet diese Koalition. Daher sein Bund mit Rußland, einem unsicheren und treulosen Verbündeten ,der aber stets bereit ist einzugreifen, wenn ihm als Gegenleistung für seine Zustimmung, das Mittelmeer in einen französischen See zu verwandeln, solche die Freiheit vernichtenden Konzessionen gemacht werden wie die völlige Auslieferung von Polen und das allgemeine Protektorat des Zaren über die europäische Türkei. Wenn der Krieg, wie anzunehmen ist, länger andauern und infolge einer Intervention Deutschlands europäische Ausmaße annehmen sollte, würde der seit langem vorbereitete Aufstand in den türkischen Provinzen und in Ungarn dieser Allianz Gelegenheit bieten, klare Formen anzunehmen.
<369> Falls die Dinge bis zu diesem Punkt gedeihen, ist beabsichtigt, bei der territorialen Neuordnung jede Spur von Völkerrecht und Freiheit zu beseitigen. Russische Fürsten würden die auf den Ruinen des Türkischen Reiches und Österreichs errichteten Staaten regieren, Prinzen der Dynastie Bonaparte die neuen Staaten Italiens und unter günstigen Umständen vielleicht noch andere. So wurde bereits Konstantin von Rußland den mit der ungarischen Regierung Unzufriedenen vorgeschlagen und Napoleon Bonaparte den monarchistischen Agitatoren in den Legationen und in Toskana. Wie Karl V. und Clemens VII., obgleich Todfeinde, sich verbanden, um die freien Städte Italiens unter sich aufzuteilen, verbinden sich die beiden Zaren, die einander von Herzen hassen, um alle Freiheitsbestrebungen zu ersticken und Europa zu imperialisieren. Deshalb das Dekret, das auf eine unbestimmte Zeit die Freiheit des von Cavour verratenen Piemont knebelt. Wenn die Presse schweigen muß, wenn jeder Kommentar über die Operationen verhindert und das Volk über alles im Dunkeln gehalten wird, ist das Feld frei für die Manöver der Herrschenden. Und die Volksseele, fasziniert von dem Phantom einer Unabhängigkeit, die sich in letzter Instanz bloß als ein Wechsel der Abhängigkeit herausstellen würde, wird der Freiheit entwöhnt, der wahren Quelle aller Unabhängigkeit.
Das sind die Absichten der verbündeten Despoten. Sie mögen geleugnet werden, von einigen gerade darum, weil sie an ihrer Ausführung arbeiten, genau wie Louis-Napoleon die Absicht des coup d'état verleugnete; von anderen aus Leichtgläubigkeit gegenüber jedem Wort, das die Großen fallenlassen, oder weil törichtes Verlangen ihren Verstand trübt; sie sind nichtsdestoweniger vorhanden, mir selbst und den verschiedenen Regierungen bekannt und werden teils durch die Worte, aber noch mehr durch die Taten Louis-Napoleons und des Grafen Cavour offenbart. Ich sage Graf Cavour, weil ich dazu neige, Viktor Emanuel für unbeteiligt an dem Handel von Plombières und Stuttgart zu halten.
Wenn Graf Cavour ein wirklicher Freund Italiens gewesen wäre, hätte er auf das ungeheure Prestige gebaut, daß der Besitz einer bedeutenden materiellen Macht und die allgemeinen, in Italien vorherrschenden Tendenzen verleihen, um italienische Bewegungen vorzubereiten, die Piemont unmittelbar unterstützt hätte. Einem Kampf, den Italien aus eigener Kraft aufgenommen hätte, wäre Europas Beifall und Gunst sicher gewesen. Und Europa, das heute Napoleon bedroht, weil er in Italien auf dessen Ruf hin und mit dem Anschein eines Befreiers einfällt, würde niemals geduldet haben, daß er ohne Aufforderung in seinem eigenen Namen Österreich zu Hilfe gekommen wäre. Es wäre ein heiliges und erhabenes Unternehmen gewesen, und Cavour hätte es durchführen können. Aber dazu wäre notwendig gewesen, sich im Namen der Freiheit und des Rechts mit der italienischen Revolution zu verbrüdern. Ein solcher Weg sagte dem Minister der sardinischen Monarchie nicht zu. Abneigung gegen das Volk und gegen die Freiheit trieben ihn, das Bündnis mit der Tyrannei zu suchen - einer Tyrannei, die alter Eroberungstraditionen wegen von allen Nationen verabscheut wird. Dieses Bestreben hat die Natur der italienischen Sache verändert. Wenn es den Sieg davonträgt und der Verbündete als Gebieter akzeptiert wird, ist die nationale Einheit verloren und Italien wird zum Gegenstand einer neuen Teilung unter französischem <370> Protektorat. Wenn es zusammen mit dem Dezembermann unterliegt, wird Italien Entschädigungen zu zahlen haben und Rückschläge ohne Ende erleiden; und Europa, anstatt uns zu bemitleiden, wird sagen: 'Es geschieht euch recht!' (Voi non avete, se non quello che meritate). Alle Berechnungen, alle menschlichen Handlungen werden durch moralische Gesetze gelenkt, und kein Volk kann sich erkühnen, diese ungestraft zu verletzen. Jede Schuld zieht unvermeidlich ihre Sühne nach sich. Frankreich - und das haben wir ihm seinerzeit gesagt - büßt für die Expedition nach Rom. Möge Gott Italien vor der schweren Sühne verschonen, die sich die sardinische Monarchie verdient hat, weil sie eine durch die Opfer, das Märtyrertum und das hochsinnige Streben eines halben Jahrhunderts geheiligte Sache mit dem Banner von Egoismus und Tyrannei verbunden hat!
Nichtsdestoweniger, der Krieg ist eine Tatsache - eine mächtige Tatsache, die neue Pflichten auferlegt und unsere eigene Handlungsweise wesentlich verändert. Zwischen dem Bestreben Cavours und der Gefahr einer Koalition zwischen Louis-Napoleon und Österreich - zwischen diesen gleich verhängnisvollen Möglichkeiten steht Italien. Je ernster und gefährlicher die Situation ist, desto mehr müssen sich die Anstrengungen aller darauf konzentrieren, das gemeinsame Vaterland vor den drohenden Gefahren zu retten. Würde der Krieg zwischen den Regierungen ausgetragen, könnten wir Zuschauer bleiben und den Augenblick abwarten, bis die Gegner einander geschwächt haben und das nationale Element in den Vordergrund treten könnte. Aber dieses Element hat sich schon entladen. Verblendet oder nicht, das Land bebt in einem fieberhaften Zustand der Aktivität und glaubt, es sei fähig, sein Ziel zu erreichen, wenn es sich den Krieg des Kaisers und des Königs zunutze macht. Die toskanische Bewegung, eine spontane Bewegung von italienischen Soldaten und Bürgern, die allgemeine Agitation und der Andrang zu den Freiwilligenkorps durchbrechen den Kreis der offiziellen Intrigen; sie sind der Herzschlag der Nation. Es ist notwendig, diesem auch auf dem Kriegsschauplatz Geltung zu verschaffen, es ist notwendig, den Krieg zu erweitern, zu italienisieren (italianizzare). Die Republikaner werden wissen, wie diese Pflicht zu erfüllen ist.
Italien kann, wenn es will, sich vor den Gefahren retten, die wir dargelegt haben. Es kann aus der gegenwärtigen Krisis heraus seine nationale Einheit gewinnen.
Es ist notwendig, daß Österreich unterliegt. Wir mögen die kaiserliche Intervention beklagen, aber wir können nicht leugnen, daß Österreich der ewige Feind jeder nationalen Entwicklung Italiens ist. Jeder Italiener muß zum Sturz Österreichs beitragen. Das fordert die Ehre und die Sicherheit aller. Europa muß erkennen, daß zwischen uns und Österreich ein ewiger Krieg besteht. Es ist notwendig, daß das Volk von Italien seine Würde unantastbar erhält und Europa davon überzeugt, daß, wenn wir auch die Hilfe der Tyrannei dulden, weil sie von einer italienischen Regierung angefordert wurde, wir doch nicht darum gebeten haben und ihretwegen nicht unseren Glauben an die Freiheit und das Bündnis der Völker entsagt haben. Der Ruf 'Viva la Francia!' <'Es lebe Frankreich'> kann mit reinem Gewissen von italienischen Lippen erklingen, nicht aber der Ruf 'Viva <371> l'Imperatore!' ... Es ist notwendig, daß sich Italien erhebt von einem Ende zum anderen ... im Norden, um die Freiheit zu erobern, nicht um sie zu empfangen; im Süden, um die Reserve der nationalen Armee zu organisieren. Die Insurrektion kann das militärische Kommando des Königs überall mit gebührender Zurückhaltung akzeptieren, wo immer der Österreicher sein Lager aufgeschlagen hat oder in der Nähe ist; die Insurrektion im Süden muß selbständiger operieren und unabhängig bleiben ... Neapel und Sizilien können die Sache Italiens wahren und seine Macht mit Vertretern des nationalen Lagers begründen ... Der Ruf der Insurrektion, wo immer er auch ertönt, muß lauten: 'Einheit, Freiheit, nationale Unabhängigkeit!' Der Name Rom muß stets in Verbindung mit dem Namen Italien genannt werden. Die Pflicht Roms besteht nicht darin, auch nur einen Mann zur sardinischen Armee zu senden, sondern darin, dem kaiserlichen Frankreich zu beweisen, daß es für jede Macht ein schlechter Handel ist, im Namen der italienischen Unabhängigkeit zu kämpfen und gleichzeitig den päpstlichen Absolutismus zu unterstützen ... Von Rom, Neapel und dem Verhalten der Freiwilligen hängt heute das Schicksal Italiens ab. Rom repräsentiert die Einheit des Vaterlandes; Neapel und die Freiwilligen können seine Armee bilden. Die Aufgaben sind gewaltig; wenn Rom, Neapel und die Freiwilligen sie nicht zu erfüllen vermögen, verdienen sie nicht die Freiheit und werden sie nicht erlangen. Wenn der Krieg den Regierungen überlassen wird, muß er mit einem neuen Vertrag von Campoformio enden.
Die Disziplin, wie sie heute von denselben Männern, die die Insurrektionen von 1848 verrieten, als das Geheimnis des Sieges gepredigt wird, ist nichts als Unterwürfigkeit und Passivität des Volkes. Die Disziplin, wie wir sie verstehen, kann eine feste Einigkeit in allen Fragen der Weiterführung des regulären Krieges und Schweigen in allen Fragen der Form fordern; aber sie kann niemals darin bestehen, daß sich Italien dem Willen eines Diktators ohne Programm und eines fremdländischen Despoten auf Gedeih und Verderb unterwirft, niemals darin, daß Italien seine Entschlossenheit aufgibt, frei und geeint zu sein!"