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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats - VIII. Die Staatsbildung der Deutschen</TITLE>
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<META name="description" content="Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats - VIII. Die Staatsbildung der Deutschen">
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bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_127.htm"><FONT size="2" color="#006600">&#171; VII. Die Gens bei Kelten und Deutschen</FONT></A></TD>
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bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_025.htm"><FONT size="2" color="#006600">Inhalt</FONT></A></TD>
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bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_152.htm"><FONT size="2" color="#006600">IX. Barbarei und Zivilisation &#187;</FONT></A></TD>
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<TD valign="top"><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: </SMALL></TD>
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<TD><SMALL>Friedrich Engels - "Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staats" in: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 21, 5. Auflage 1975, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 141-152.</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>Korrektur:</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>1</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>Erstellt:</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>20.03.1999</SMALL></TD>
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<H2 ALIGN="CENTER">VIII <BR>
Die Staatsbildung der Deutschen</H2>
<B><P><A NAME="S141">|141|</A></B> Die Deutschen waren nach Tacitus ein sehr zahlreiches Volk. Eine ungef&auml;hre Vorstellung von der St&auml;rke deutscher Einzelv&ouml;lker erhalten wir bei C&auml;sar; er gibt die Zahl der auf dem linken Rheinufer erschienenen Usipeter und Tenkterer auf 180.000 K&ouml;pfe an, Weiber und Kinder eingeschlossen. Also etwa 100.000 auf ein Einzelvolk <A NAME="ZF1"><A HREF="me21_141.htm#F1"><SMALL><SUP>(1)</SUP></SMALL></A></A>, schon bedeutend mehr als z.B. die Gesamtheit der Irokesen in ihrer Bl&uuml;tezeit, wo sie, nicht 20.000 K&ouml;pfe stark, der Schrecken des ganzes Landes wurden, von den gro&szlig;en Seen bis an den Ohio und Potomac. Ein solches Einzelvolk nimmt auf der Karte, wenn wir versuchen, die in der N&auml;he des Rheins angesessenen, genauer bekannten nach den Berichten zu gruppieren, im Durchschnitt ungef&auml;hr den Raum eines preu&szlig;ischen Regierungsbezirks ein, also etwa 10.000 Quadratkilometer oder 182 geographische Quadratmeilen. Germania Magna |Gro&szlig;germanien| der R&ouml;mer aber, bis an die Weichsel, umfa&szlig;t in runder Zahl 500.000 Quadratkilometer. Bei einer durchschnittlichen Kopfzahl der Einzelv&ouml;lker von 100.000 w&uuml;rde die Gesamtzahl f&uuml;r Germania Magna sich auf f&uuml;nf Millionen berechnen; f&uuml;r eine barbarische V&ouml;lkergruppe eine ansehnliche Zahl, f&uuml;r unsre Verh&auml;ltnisse - 10 K&ouml;pfe auf den Quadratkilometer oder 550 auf die geographische Quadratmeile - &auml;u&szlig;erst gering. Damit aber ist die Zahl der damals lebenden Deutschen keineswegs ersch&ouml;pft. Wir wissen, da&szlig; die Karpaten entlang bis zur Donaum&uuml;ndung hinab deutsche V&ouml;lker gotischen <A NAME="S142"><B>|142|</A></B> Stamms wohnten, Bastarner, Peukiner und andre, so zahlreich, da&szlig; Plinius aus ihnen den f&uuml;nften Hauptstamm der Deutschen zusammensetzt und da&szlig; sie, die schon 180 vor unsrer Zeitrechnung im Solddienst des makedonischen K&ouml;nigs Perseus auftreten, noch in den ersten Jahren des Augustus bis in die Gegend von Adrianopel vordrangen. Rechnen wir sie nur f&uuml;r eine Million, so haben wir als wahrscheinliche Anzahl der Deutschen zu Anfang unsrer Zeitrechnung mindestens sechs Millionen.</P>
<P>Nach der Niederlassung in Germanien mu&szlig; sich die Bev&ouml;lkerung mit steigender Geschwindigkeit vermehrt haben; die obenerw&auml;hnten industriellen Fortschritte allein w&uuml;rden dies beweisen. Die schleswigschen Moorfunde sind, nach den zugeh&ouml;rigen r&ouml;mischen M&uuml;nzen, aus dem dritten Jahrhundert. Um diese Zeit herrschte also schon an der Ostsee ausgebildete Metall- und Textilindustrie, reger Verkehr mit dem R&ouml;merreich und ein gewisser Luxus bei Reicheren - alles Spuren dichterer Bev&ouml;lkerung. Um diese Zeit aber beginnt auch der allgemeine Angriffskrieg der Deutschen auf der ganzen Linie des Rheins, des r&ouml;mischen Grenzwalls und der Donau, von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer - direkter Beweis der immer st&auml;rker werdenden, nach au&szlig;en dr&auml;ngenden Volkszahl. Dreihundert Jahre dauerte der Kampf, w&auml;hrenddessen der ganze Hauptstamm gotischer V&ouml;lker (mit Ausnahme der skandinavischen Goten und der Burgunder) nach S&uuml;dosten zog und den linken Fl&uuml;gel der gro&szlig;en Angriffslinie bildete, in deren Zentrum die Hochdeutschen (Herminonen) an der Oberdonau und auf dessen rechtem Fl&uuml;gel die Isk&auml;vonen, jetzt Franken genannt, am Rhein vordrangen; den Ing&auml;vonen fiel die Eroberung Britanniens zu. Am Ende des f&uuml;nften Jahrhunderts lag das R&ouml;merreich entkr&auml;ftet, blutlos und h&uuml;lflos den eindringenden Deutschen offen.</P>
<P>Wir standen oben an der Wiege der antiken griechischen und r&ouml;mischen Zivilisation. Hier stehn wir an ihrem Sarg. &Uuml;ber alle L&auml;nder des Mittelmeerbeckens war der nivellierende Hobel der r&ouml;mischen Weltherrschaft gefahren, und das jahrhundertelang. Wo nicht das Griechische Widerstand leistete, hatten alle Nationalsprachen einem verdorbenen Lateinisch weichen m&uuml;ssen; es gab keine Nationalunterschiede, keine Gallier, Iberer, Ligurer, Noriker mehr, sie alle waren R&ouml;mer geworden. Die r&ouml;mische Verwaltung und das r&ouml;mische Recht hatten &uuml;berall die alten Geschlechterverb&auml;nde aufgel&ouml;st und damit den letzten Rest lokaler und nationaler Selbstt&auml;tigkeit. Das neugebackne R&ouml;mertum bot keinen Ersatz; es dr&uuml;ckte keine Nationalit&auml;t aus, sondern nur den Mangel einer Nationalit&auml;t. Die Elemente neuer Nationen waren &uuml;berall vorhanden; die lateinischen Dialekte der verschiednen Provinzen schieden sich mehr und mehr; die nat&uuml;rlichen <A NAME="S143"><B>|143|</A></B> Grenzen, die Italien, Gallien, Spanien, Afrika fr&uuml;her zu selbst&auml;ndigen Gebieten gemacht hatten, waren noch vorhanden und machten sich auch noch f&uuml;hlbar. Aber nirgends war die Kraft vorhanden, diese Elemente zu neuen Nationen zusammenzufassen; nirgends war noch eine Spur von Entwicklungsf&auml;higkeit, von Widerstandskraft, geschweige von Schaffungsverm&ouml;gen. Die ungeheure Menschenmasse des ungeheuren Gebiets hatte nur ein Band, das sie zusammenhielt: den r&ouml;mischen Staat, und dieser war mit der Zeit ihr schlimmster Feind und Unterdr&uuml;cker geworden. Die Provinzen hatten Rom vernichtet; Rom selbst war eine Provinzialstadt geworden wie die andern - bevorrechtet, aber nicht l&auml;nger herrschend, nicht l&auml;nger Mittelpunkt des Weltreichs, nicht einmal mehr Sitz der Kaiser und Unterkaiser, die in Konstantinopel, Trier, Mailand wohnten. Der r&ouml;mische Staat war eine riesige, komplizierte Maschine geworden, ausschlie&szlig;lich zur Aussaugung der Untertanen. Steuern, Staatsfronden und Lieferungen aller Art dr&uuml;ckten die Masse der Bev&ouml;lkerung in immer tiefere Armut; bis zur Unertr&auml;glichkeit wurde der Druck gesteigert durch die Erpressungen der Statthalter, Steuereintreiber, Soldaten. Dahin hatte es der r&ouml;mische Staat mit seiner Weltherrschaft gebracht: Er gr&uuml;ndete sein Existenzrecht auf die Erhaltung der Ordnung nach innen und den Schutz gegen die Barbaren nach au&szlig;en. Aber seine Ordnung war schlimmer als die &auml;rgste Unordnung, und die Barbaren, gegen die er die B&uuml;rger zu sch&uuml;tzen vorgab, wurden von diesen als Retter ersehnt.</P>
<P>Der Gesellschaftszustand war nicht weniger verzweifelt. Schon seit den letzten Zeiten der Republik war die R&ouml;merherrschaft auf r&uuml;cksichtslose Ausbeutung der eroberten Provinzen ausgegangen; das Kaisertum hatte diese Ausbeutung nicht abgeschafft, sondern im Gegenteil geregelt. Je mehr das Reich verfiel, desto h&ouml;her stiegen Steuern und Leistungen, desto schamloser raubten und erpre&szlig;ten die Beamten. Handel und Industrie waren nie Sache der v&ouml;lkerbeherrschenden R&ouml;mer gewesen; nur im Zinswucher hatten sie alles &uuml;bertroffen, was vor und nach ihnen war. Was sich von Handel vorgefunden und erhalten halte, ging zugrunde unter der Beamtenerpressung; was sich noch durchschlug, f&auml;llt auf den &ouml;stlichen, griechischen Teil des Reichs, der au&szlig;er unsrer Betrachtung liegt. Allgemeine Verarmung, R&uuml;ckgang des Verkehrs, des Handwerks, der Kunst, Abnahme der Bev&ouml;lkerung, Verfall der St&auml;dte, R&uuml;ckkehr des Ackerbaus auf eine niedrigere Stufe - das war das Endresultat der r&ouml;mischen Weltherrschaft.</P>
<P>Der Ackerbau, in der ganzen alten Welt der entscheidende Produktionszweig, war es wieder mehr als je. In Italien waren die seit Ende der Republik fast das ganze Gebiet einnehmenden ungeheuren G&uuml;terkomplexe <A NAME="S144"><B>|144|</A></B> (Latifundien) auf zweierlei Weise verwertet worden. Entweder als Viehweide, wo die Bev&ouml;lkerung durch Schafe und Ochsen ersetzt war, deren Wartung nur wenige Sklaven erforderte. Oder als Villen, die mit Massen von Sklaven Gartenbau in gro&szlig;em Stil trieben, teils f&uuml;r den Luxus des Besitzers, teils f&uuml;r den Absatz auf den st&auml;dtischen M&auml;rkten. Die gro&szlig;en Viehweiden hatten sich erhalten und wohl noch ausgedehnt; die Villeng&uuml;ter und ihr Gartenbau waren verkommen mit der Verarmung ihrer Besitzer und dem Verfall der St&auml;dte. Die auf Sklavenarbeit gegr&uuml;ndete Latifundienwirtschaft rentierte sich nicht mehr; sie war aber damals die einzig m&ouml;gliche Form der gro&szlig;en Agrikultur. Die Kleinkultur war wieder die allein lohnende Form geworden. Eine Villa nach der andern wurde in kleine Parzellen zerschlagen und ausgegeben an Erbp&auml;chter, die eine bestimmte Summe zahlten, oder partiarii, mehr Verwalter als P&auml;chter, die den sechsten oder gar nur neunten Teil des Jahresprodukts f&uuml;r ihre Arbeit erhielten. Vorherrschend aber wurden diese kleinen Ackerparzellen an Kolonen ausgetan, die daf&uuml;r einen bestimmten j&auml;hrlichen Betrag zahlten, an die Scholle gefesselt waren und mit ihrer Parzelle verkauft werden konnten; sie waren zwar keine Sklaven, aber auch nicht frei, konnten sich nicht mit Freien verheiraten, und ihre Ehen untereinander werden nicht als vollg&uuml;ltige Ehen, sondern wie die der Sklaven als blo&szlig;e Beischl&auml;ferei (contubernium) angesehn. Sie waren die Vorl&auml;ufer der mittelalterlichen Leibeignen.</P>
<P>Die antike Sklaverei hatte sich &uuml;berlebt. Weder auf dem Lande in der gro&szlig;en Agrikultur noch in den st&auml;dtischen Manufakturen gab sie einen Ertrag mehr, der der M&uuml;he wert war - der Markt f&uuml;r ihre Produkte war ausgegangen. Der kleine Ackerbau aber und das kleine Handwerk, worauf die riesige Produktion der Bl&uuml;tezeit des Reichs zusammengeschrumpft war, hatte keinen Raum f&uuml;r zahlreiche Sklaven. Nur f&uuml;r Haus- und Luxussklaven der Reichen war noch Platz in der Gesellschaft. Aber die absterbende Sklaverei war immer noch hinreichend, alle produktive Arbeit als Sklavent&auml;tigkeit, als freier R&ouml;mer - und das war ja jetzt jedermann - unw&uuml;rdig erscheinen zu lassen. Daher einerseits wachsende Zahl der Freilassungen &uuml;berfl&uuml;ssiger, zur Last gewordner Sklaven, andrerseits Zunahme der Kolonen hier, der verlumpten Freien (&auml;hnlich den poor whites der Exsklaven-Staaten Amerikas) dort. Das Christentum ist am allm&auml;hlichen Aussterben der antiken Sklaverei vollst&auml;ndig unschuldig. Es hat die Sklaverei jahrhundertelang im R&ouml;merreich mitgemacht und sp&auml;ter nie den Sklavenhandel der Christen verhindert, weder den der Deutschen im Norden noch den der <A NAME="S145"><B>|145|</A></B> Venetianer im Mittelmeer, noch den sp&auml;teren Negerhandel.<A NAME="ZF2"><A HREF="me21_141.htm#F2"><SMALL><SUP>(2)</SUP></SMALL></A></A> Die Sklaverei bezahlte sich nicht mehr, darum starb sie aus. Aber die sterbende Sklaverei lie&szlig; ihren giftigen Stachel zur&uuml;ck in der &Auml;chtung der produktiven Arbeit der Freien. Hier war die ausweglose Sackgasse, in der die r&ouml;mische Welt stak: Die Sklaverei war &ouml;konomisch unm&ouml;glich, die Arbeit der Freien war moralisch ge&auml;chtet. Die eine konnte nicht mehr, die andre noch nicht Grundform der gesellschaftlichen Produktion sein. Was hier allein helfen konnte, war nur eine vollst&auml;ndige Revolution.</P>
<P>In den Provinzen sah es nicht besser aus. Wir haben die meisten Nachrichten aus Gallien. Neben den Kolonen gab es hier noch freie Kleinbauern. Um gegen Vergewaltigung durch Beamte, Richter und Wucherer gesichert zu sein, begaben sich diese h&auml;ufig in den Schutz, das Patronat eines M&auml;chtigen; und zwar nicht nur einzelne taten dies, sondern ganze Gemeinden, so da&szlig; die Kaiser im vierten Jahrhundert mehrfach Verbote dagegen erlie&szlig;en. Aber was half es den Schutzsuchenden? Der Patron stellte ihnen die Bedingung, da&szlig; sie das Eigentum ihrer Grundst&uuml;cke an ihn &uuml;bertr&uuml;gen, wogegen er ihnen die Nutznie&szlig;ung auf Lebenszeit zusicherte - ein Kniff, den die heilige Kirche sich merkte und im 9. und 10. Jahrhundert zur Mehrung des Reiches Gottes und ihres eignen Grundbesitzes weidlich nachahmte. Damals freilich, gegen das Jahr 475, eifert der Bischof Salvianus von Marseille noch entr&uuml;stet gegen solchen Diebstahl und erz&auml;hlt, der Druck der r&ouml;mischen Beamten und gro&szlig;en Grundherren sei so arg geworden, da&szlig; viele "R&ouml;mer" in die schon von Barbaren besetzten Gegenden fl&ouml;hen und die dort ans&auml;ssigen r&ouml;mischen B&uuml;rger vor nichts mehr Angst h&auml;tten, als wieder unter r&ouml;mische Herrschaft zu kommen. Da&szlig; damals Eltern h&auml;ufig aus Armut ihre Kinder in die Sklaverei verkauften, beweist ein dagegen erlassenes Gesetz.</P>
<P>Daf&uuml;r, da&szlig; die deutschen Barbaren die R&ouml;mer von ihrem eignen Staat befreiten, nahmen sie ihnen zwei Drittel des gesamten Bodens und teilten ihn unter sich. Die Teilung geschah nach der Gentilverfassung; bei der verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig geringen Zahl der Eroberer blieben sehr gro&szlig;e Striche ungeteilt, Besitz teils des ganzen Volks, teils der einzelnen St&auml;mme und Gentes. In jeder Gens wurde das Acker- und Wiesenland unter die einzelnen Haushaltungen zu gleichen Teilen verlost; ob in der Zeit wiederholte Auf- <A NAME="S146"><B>|146|</A></B> teilungen stattfanden, wissen wir nicht, jedenfalls verloren sie sich in den R&ouml;merprovinzen bald, und die Einzelanteile wurden ver&auml;u&szlig;erliches Privateigentum, Allod. Wald und Weide blieb ungeteilt zu gemeinsamer Nutzung; diese Nutzung sowie die Art der Bebauung der aufgeteilten Flur wurde geregelt nach altem Brauch und nach Beschlu&szlig; der Gesamtheit. Je l&auml;nger die Gens in ihrem Dorfe sa&szlig; und je mehr Deutsche und R&ouml;mer allm&auml;hlich verschmolzen, desto mehr trat der verwandtschaftliche Charakter des Bandes zur&uuml;ck vor dem territorialen; die Gens verschwand in der Markgenossenschaft, in der allerdings noch oft genug Spuren des Ursprungs aus Verwandtschaft der Genossen sichtbar sind. So ging hier die Gentilverfassung, wenigstens in den L&auml;ndern, wo die Markgemeinschaft sich erhielt - Nordfrankreich, England, Deutschland und Skandinavien - unmerklich in eine Ortsverfassung &uuml;ber und erhielt damit die F&auml;higkeit der Einpassung in den Staat. Aber sie behielt dennoch den naturw&uuml;chsig demokratischen Charakter bei, der die ganze Gentilverfassung auszeichnet, und erhielt so selbst in der ihr sp&auml;ter aufgezwungnen Ausartung ein St&uuml;ck Gentilverfassung und damit eine Waffe in den H&auml;nden der Unterdr&uuml;ckten, lebendig bis in die neueste Zeit.</P>
<P>Wenn so das Blutband in der Gens bald verlorenging, so war dies die Folge davon, da&szlig; auch im Stamm und Gesamtvolk seine Organe ausarteten infolge der Eroberung. Wir wissen, da&szlig; Herrschaft &uuml;ber Unterworfene mit der Gentilverfassung unvertr&auml;glich ist. Hier sehn wir dies auf gro&szlig;em Ma&szlig;stab. Die deutschen V&ouml;lker, Herren der R&ouml;merprovinzen, hatten diese ihre Eroberung zu organisieren. Weder aber konnte man die R&ouml;mermassen in die Gentilk&ouml;rper aufnehmen noch sie vermittelst dieser beherrschen. An die Spitze der, zun&auml;chst gro&szlig;enteils fortbestehenden, r&ouml;mischen lokalen Verwaltungsk&ouml;rper mu&szlig;te man einen Ersatz f&uuml;r den r&ouml;mischen Staat stellen, und dieser konnte nur ein andrer Staat sein. Die Organe der Gentilverfassung mu&szlig;ten sich so in Staatsorgane verwandeln, und dies, dem Drang der Umst&auml;nde gem&auml;&szlig;, sehr rasch. Der n&auml;chste Repr&auml;sentant des erobernden Volks war aber der Heerf&uuml;hrer. Die Sicherung des eroberten Gebiets nach innen und au&szlig;en forderte St&auml;rkung seiner Macht. Der Augenblick war gekommen zur Verwandlung der Feldherrnschaft in K&ouml;nigtum: sie vollzog sich.</P>
<P>Nehmen wir das Frankenreich. Hier waren dem siegreichen Volk der Salier nicht nur die weiten r&ouml;mischen Staatsdom&auml;nen, sondern auch noch alle die sehr gro&szlig;en Landstrecken als Vollbesitz zugefallen, die nicht an die gr&ouml;&szlig;eren und kleineren Gau- und Markgenossenschaften verteilt waren, namentlich alle gr&ouml;&szlig;eren Waldkomplexe. Das erste, was der aus einem einfachen obersten Heerf&uuml;hrer in einen wirklichen Landesf&uuml;rsten verwandelte <A NAME="S147"><B>|147|</A></B> Frankenk&ouml;nig tat, war, dies Volkseigentum in k&ouml;nigliches Gut zu verwandeln, es dem Volk zu stehlen und an sein Gefolge zu verschenken oder zu verleihen. Dies Gefolge, urspr&uuml;nglich seine pers&ouml;nliche Kriegsgefolgschaft und die &uuml;brigen Unterf&uuml;hrer des Heers, verst&auml;rkte sich bald nicht nur durch R&ouml;mer, d.h. romanisierte Gallier, die ihm durch ihre Schreiberkunst, ihre Bildung, ihre Kenntnis der romanischen Landessprache und lateinischen Schriftsprache sowie des Landesrechts bald unentbehrlich wurden, sondern auch durch Sklaven, Leibeigne und Freigelassene, die seinen Hofstaat ausmachten und aus denen er seine G&uuml;nstlinge w&auml;hlte. An alle diese wurden St&uuml;cke des Volkslandes zuerst meist verschenkt, sp&auml;ter in der Form von Benefizien zuerst meist auf Lebenszeit des K&ouml;nigs verliehen und so die Grundlage eines neuen Adels auf Kosten des Volks geschaffen.</P>
<P>Damit nicht genug. Die weite Ausdehnung des Reichs war mit den Mitteln der alten Gentilverfassung nicht zu regieren; der Rat der Vorsteher, war er nicht l&auml;ngst abgekommen, h&auml;tte sich nicht versammeln k&ouml;nnen und wurde bald durch die st&auml;ndige Umgebung des K&ouml;nigs ersetzt; die alte Volksversammlung blieb zum Schein bestehn, wurde aber ebenfalls mehr und mehr blo&szlig;e Versammlung der Unterf&uuml;hrer des Heers und der neuaufkommenden Gro&szlig;en. Die freien grundbesitzenden Bauern, die Masse des fr&auml;nkischen Volks wurden durch die ewigen B&uuml;rger- und Eroberungskriege, letztere namentlich unter Karl dem Gro&szlig;en, ganz so ersch&ouml;pft und heruntergebracht wie fr&uuml;her die r&ouml;mischen Bauern in den letzten Zeiten der Republik. Sie, die urspr&uuml;nglich das ganze Heer und nach der Eroberung Frankreichs dessen Kern gebildet hatten, waren am Anfang des neunten Jahrhunderts so verarmt, da&szlig; kaum noch der f&uuml;nfte Mann ausziehen konnte. An die Stelle des direkt vom K&ouml;nig aufgebotenen Heerbannes freier Bauern trat ein Heer, zusammengesetzt aus den Dienstleuten der neuaufgekommenen Gro&szlig;en, darunter auch h&ouml;rige Bauern, die Nachkommen derer, die fr&uuml;her keinen Herrn als den K&ouml;nig und noch fr&uuml;her gar keinen, nicht einmal einen K&ouml;nig gekannt hatten. Unter den Nachfolgern Karls wurde der Ruin des fr&auml;nkischen Bauernstandes durch innere Kriege, Schw&auml;che der k&ouml;niglichen Gewalt und entsprechende &Uuml;bergriffe der Gro&szlig;en, zu denen nun noch die von Karl eingesetzten und nach Erblichkeit des Amts strebenden Gaugrafen kamen, endlich durch die Einf&auml;lle der Normannen vollendet. F&uuml;nfzig Jahre nach dem Tode Karls des Gro&szlig;en lag das Frankenreich ebenso widerstandslos zu den F&uuml;&szlig;en der Normannen, wie vierhundert Jahre fr&uuml;her das R&ouml;merreich zu den F&uuml;&szlig;en der Franken.</P>
<P>Und nicht nur die &auml;u&szlig;ere Ohnmacht, sondern auch die innere Gesellschaftsordnung oder vielmehr -unordnung war fast dieselbe. Die freien <A NAME="S148"><B>|148|</A></B> fr&auml;nkischen Bauern waren in eine &auml;hnliche Lage versetzt wie ihre Vorg&auml;nger, die r&ouml;mischen Kolonen. Durch die Kriege und Pl&uuml;nderungen ruiniert, hatten sie sich in den Schutz der neuaufgekommenen Gro&szlig;en oder der Kirche begeben m&uuml;ssen, da die k&ouml;nigliche Gewalt zu schwach war, sie zu sch&uuml;tzen; aber diesen Schutz mu&szlig;ten sie teuer erkaufen. Wie fr&uuml;her die gallischen Bauern, mu&szlig;ten sie das Eigentum an ihrem Grundst&uuml;ck an den Schutzherrn &uuml;bertragen und erhielten dies von ihm zur&uuml;ck als Zinsgut unter verschiednen und wechselnden Formen, stets aber nur gegen Leistung von Diensten und Abgaben; einmal in diese Form von Abh&auml;ngigkeit versetzt, verloren sie nach und nach auch die pers&ouml;nliche Freiheit; nach wenig Generationen waren sie zumeist schon Leibeigne. Wie rasch der Untergang des freien Bauernstandes sich vollzog, zeigt Irminons Grundbuch der Abtei Saint-Germam-des-Pr&eacute;s, damals bei, jetzt in Paris. Auf dem weiten, in der Umgegend zerstreuten Grundbesitz dieser Abtei sa&szlig;en damals, noch zu Lebzeiten Karls des Gro&szlig;en, 2.788 Haushaltungen, fast ausnahmslos Franken mit deutschen Namen. Darunter 2.080 Kolonen, 35 Liten, 220 Sklaven und nur 8 freie Hintersassen! Die von Salvianus f&uuml;r gottlos erkl&auml;rte &Uuml;bung, da&szlig; der Schutzherr das Grundst&uuml;ck des Bauern sich zu Eigentum &uuml;bertragen lie&szlig; und es ihm nur auf Lebenszeit zur Nutzung zur&uuml;ckgab, wurde jetzt von der Kirche gegen die Bauern allgemein praktiziert. Die Frondienste, die jetzt mehr und mehr in Gebrauch kamen, hatten in den r&ouml;mischen Angarien, Zwangsdiensten f&uuml;r den Staat, ihr Vorbild ebensosehr gehabt wie in den Diensten der deutschen Markgenossen f&uuml;r Br&uuml;cken- und Wegebauten und andre gemeinsame Zwecke. Dem Schein nach war also die Masse der Bev&ouml;lkerung nach vierhundert Jahren ganz wieder beim Anfang angekommen.</P>
<P>Das aber bewies nur zweierlei; Erstens, da&szlig; die gesellschaftliche Gliederung und die Eigentumsverteilung im sinkenden R&ouml;merreich der damaligen Stufe der Produktion in Ackerbau und Industrie vollst&auml;ndig entsprochen hatte, also unvermeidlich gewesen war; und zweitens, da&szlig; diese Produktionsstufe w&auml;hrend der folgenden vierhundert Jahre weder wesentlich gesunken war noch sich wesentlich gehoben hatte, also mit derselben Notwendigkeit dieselbe Eigentumsverteilung und dieselben Bev&ouml;lkerungsklassen wieder erzeugt hatte. Die Stadt hatte in den letzten Jahrhunderten des R&ouml;merreichs ihre fr&uuml;here Herrschaft &uuml;ber das Land verloren und in den ersten Jahrhunderten der deutschen Herrschaft sie nicht wiedererhalten. Es setzt dies eine niedrige Entwicklungsstufe sowohl des Ackerbaus wie der Industrie voraus. Diese Gesamtlage produziert mit Notwendigkeit gro&szlig;e herrschende Grundbesitzer und abh&auml;ngige Kleinbauern. Wie wenig es m&ouml;g- <A NAME="S149"><B>|149|</A></B> lich war, einerseits die r&ouml;mische Latifundienwirtschaft mit Sklaven, andrerseits die neuere Gro&szlig;kultur mit Fronarbeit einer solchen Gesellschaft aufzupfropfen, beweisen Karls des Gro&szlig;en ungeheure, aber fast spurlos vor&uuml;bergegangne Experimente mit den ber&uuml;hmten kaiserlichen Villen. Sie wurden fortgesetzt nur von Kl&ouml;stern und waren nur f&uuml;r diese fruchtbar; die Kl&ouml;ster aber waren abnorme Gesellschaftsk&ouml;rper, gegr&uuml;ndet auf Ehelosigkeit; sie konnten Ausnahmsweises leisten, mu&szlig;ten aber ebendeshalb auch Ausnahmen bleiben.</P>
<P>Und doch war man w&auml;hrend dieser vierhundert Jahre weitergekommen. Finden wir auch am Ende fast dieselben Hauptklassen wieder vor wie am Anfang, so waren doch die Menschen andre geworden, die diese Klassen bildeten. Verschwunden war die antike Sklaverei, verschwunden die verlumpten armen Freien, die die Arbeit als sklavisch verachteten. Zwischen dem r&ouml;mischen Kolonen und dem neuen H&ouml;rigen hatte der freie fr&auml;nkische Bauer gestanden. Das "unn&uuml;tze Erinnern und der vergebliche Streit" des verfallenden R&ouml;mertums war tot und begraben. Die Gesellschaftsklassen des neunten Jahrhunderts hatten sich gebildet, nicht in der Versumpfung einer untergehenden Zivilisation, sondern in den Geburtswehen einer neuen. Das neue Geschlecht, Herren wie Diener, war ein Geschlecht von M&auml;nnern, verglichen mit seinen r&ouml;mischen Vorg&auml;ngern. Das Verh&auml;ltnis von m&auml;chtigen Grundherren und dienenden Bauern, das f&uuml;r diese die auswegslose Untergangsform der antiken Welt gewesen, es war jetzt f&uuml;r jene der Ausgangspunkt einer neuen Entwicklung. Und dann, so unproduktiv diese vierhundert Jahre auch scheinen, ein gro&szlig;es Produkt hinterlie&szlig;en sie: die modernen Nationalit&auml;ten, die Neugestaltung und Gliederung der westeurop&auml;ischen Menschheit f&uuml;r die kommende Geschichte. Die Deutschen hatten in der Tat Europa neu belebt, und darum endete die Staatenaufl&ouml;sung der germanischen Periode nicht mit normannisch-sarazenischer Unterjochung, sondern mit der Fortbildung der Benefizien und der Schutzergebung (Kommendation) zum Feudalismus <A NAME="ZT1"><A HREF="me21_141.htm#T1"><SMALL><SUP>{1}</SUP></SMALL></A></A> und mit einer so gewaltigen Volksvermehrung, da&szlig; kaum zweihundert Jahre nachher die starken Aderl&auml;sse der Kreuzz&uuml;ge ohne Schaden ertragen wurden.</P>
<P>Was aber war das geheimnisvolle Zaubermittel, wodurch die Deutschen dem absterbenden Europa neue Lebenskraft einhauchten? War es eine, dem deutschen Volksstamm eingeborne Wundermacht, wie unsre chauvinistische Geschichtschreibung uns vordichtet? Keineswegs. Die Deutschen waren, besonders damals, ein hochbegabter arischer Stamm und in voller leben- <A NAME="S150"><B>|150|</A></B> diger Entwicklung begriffen. Aber nicht ihre spezifischen nationalen Eigenschaften waren es, die Europa verj&uuml;ngt haben, sondern einfach - ihre Barbarei, ihre Gentilverfassung.</P>
<P>Ihre pers&ouml;nliche T&uuml;chtigkeit und Tapferkeit, ihr Freiheitssinn und demokratischer Instinkt, der in allen &ouml;ffentlichen Angelegenheiten seine eignen Angelegenheiten sah, kurz, alle die Eigenschaften, die dem R&ouml;mer abhanden gekommen und die allein imstande, aus dem Schlamm der R&ouml;merwelt neue Staaten zu bilden und neue Nationalit&auml;ten wachsen zu lassen - was waren sie anders als die Charakterz&uuml;ge des Barbaren der Oberstufe, Fr&uuml;chte seiner Gentilverfassung?</P>
<P>Wenn sie die antike Form der Monogamie umgestalteten, die M&auml;nnerherrschaft in der Familie milderten, der Frau eine h&ouml;here Stellung gaben, als die klassische Welt sie je gekannt, was bef&auml;higte sie dazu, wenn nicht ihre Barbarei, ihre Gentilgewohnheiten, ihre noch lebendigen Erbschaften aus der Zeit des Mutterrechts?</P>
<P>Wenn sie wenigstens in dreien der wichtigsten L&auml;nder, Deutschland, Nordfrankreich und England, ein St&uuml;ck echter Gentilverfassung in der Form der Markgenossenschaften in den Feudalstaat hin&uuml;berretteten und damit der unterdr&uuml;ckten Klasse, den Bauern, selbst unter der h&auml;rtesten mittelalterlichen Leibeigenschaft, einen lokalen Zusammenhalt und ein Mittel des Widerstands gaben, wie es weder die antiken Sklaven fertig vorfanden noch die modernen Proletarier - wem war das geschuldet, wenn nicht ihrer Barbarei, ihrer ausschlie&szlig;lich barbarischen Ansiedlungsweise nach Geschlechtern?</P>
<P>Und endlich, wenn sie die bereits in der Heimat ge&uuml;bte mildere Form der Knechtschaft, in die auch im R&ouml;merreich die Sklaverei mehr und mehr &uuml;berging, ausbilden und zur ausschlie&szlig;lichen erheben konnten; eine Form, die, wie Fourier zuerst hervorgehoben, den Geknechteten die Mittel zur allm&auml;hlichen Befreiung <I>als Klasse</I> gibt (fournit aux cultivateurs des moyens d'affranchissement <I>collectif et progressif </I>|liefert den Ackerbauern Mittel zu ihrer <I>kollektiven und fortschreitenden</I> Befreiung|); eine Form, die sich hierdurch hoch &uuml;ber die Sklaverei stellt, bei der nur die sofortige Einzelfreilassung ohne &Uuml;bergangszustand m&ouml;glich (Abschaffung der Sklaverei durch siegreiche Rebellion kennt das Altertum nicht) - w&auml;hrend in der Tat die Leibeignen des Mittelalters nach und nach ihre Befreiung als Klasse durchsetzten -, wem verdanken wir das, wenn nicht ihrer Barbarei, kraft deren sie es noch nicht zur ausgebildeten Sklaverei gebracht hatten, weder zur antiken Arbeitssklaverei noch zur orientalischen Haussklaverei?</P>
<B><P><A NAME="S151">|151|</A></B> Alles, was die Deutschen der R&ouml;merwelt Lebenskr&auml;ftiges und Lebenbringendes einpflanzten, war Barbarentum. In der Tat sind nur Barbaren f&auml;hig, eine an verendender Zivilisation laborierende Welt zu verj&uuml;ngen. Und die oberste Stufe der Barbarei, zu der und in der die Deutschen sich vor der V&ouml;lkerwanderung emporgearbeitet, war gerade die g&uuml;nstigste f&uuml;r diesen Proze&szlig;. Das erkl&auml;rt alles.</P>
<P><HR size="1"></P>
<SMALL><SUP><P><A NAME="F1">(1)</A></SUP></SMALL> Die hier angenommene Zahl wird best&auml;tigt durch eine Stelle Diodors &uuml;ber die gallischen Kelten: "In Gallien wohnen viele V&ouml;lkerschaften von ungleicher St&auml;rke. Bei den gr&ouml;&szlig;ten betr&auml;gt die Menschenzahl ungef&auml;hr 200.000, bei den kleinsten 50.000." (Diodorus Siculus, V, 25.) Also durchschnittlich 125.000; die gallischen Einzelv&ouml;lker sind, bei ihrem h&ouml;heren Entwicklungsstand, unbedingt etwas zahlreicher anzunehmen als die deutschen. <A HREF="me21_141.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<SMALL><SUP><P><A NAME="F2">(2)</A></SUP></SMALL> Nach dem Bischof Liutprand von Cremona war im 10. Jahrhundert in Verdun, also im heiligen deutschen Reich, der Hauptindustriezweig die Fabrikation von Eunuchen, die mit gro&szlig;em Profit nach Spanien f&uuml;r die maurischen Harems exportiert wurden. <A HREF="me21_141.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><HR size="1"></P>
<P>Textvarianten</P>
<SMALL><SUP><P><A NAME="T1">{1}</A></SUP></SMALL> (<I>1884</I>) endet hier der Absatz <A HREF="me21_141.htm#ZT1">&lt;=</A></P>
<HR size="1"><P>
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<TD ALIGN="center" width="299" height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><FONT size="2" color="#006600">MLWerke</A></FONT></TD>
<TD ALIGN="center" width="299" height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A href="../default.htm"><FONT size=2 color="#006600">Marx/Engels - Werke</A></TD>
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bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_127.htm"><FONT size="2" color="#006600">&#171; VII. Die Gens bei Kelten und Deutschen</FONT></A></TD>
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bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_025.htm"><FONT size="2" color="#006600">Inhalt</FONT></A></TD>
<TD ALIGN="CENTER" width="249" height=20 valign=middle
bgcolor="#99CC99"><A HREF="me21_152.htm"><FONT size="2" color="#006600">IX. Barbarei und Zivilisation &#187;</FONT></A></TD>
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