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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>August Bebel - Die Frau und der Sozialismus - 14. Kapitel</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="beaa_243.htm"><FONT SIZE=2>13. Kapitel</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_310.htm"><FONT SIZE=2>15. Kapitel</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 268-309.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 31.1.1999.</P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER"> Vierzehntes Kapitel <BR>
</I><FONT SIZE=4>Der Kampf der Frau um die Bildung </P>
</FONT><I><P ALIGN="CENTER">1. Die Revolution im h&auml;uslichen Leben</P>
</I><B><P><A NAME="S268">|268|</A></B> Obgleich die gekennzeichnete Entwicklung in der Stellung der Frau mit H&auml;nden zu greifen ist, jeder sie sehen mu&szlig;, der offene Augen hat, h&ouml;rt man noch t&auml;glich das Geschw&auml;tz vom "Naturberuf" der Frau, der sie auf H&auml;uslichkeit und Familie hinweise. Diese Redeweise wird am lautesten dort geh&ouml;rt, wo die Frau den Versuch macht, in den Kreis der h&ouml;heren Berufsarten einzudringen, zum Beispiel in die h&ouml;heren Lehr- und Verwaltungsf&auml;cher, den &auml;rztlichen und juristischen Beruf, die Naturwissenschaften usw. Die l&auml;cherlichsten Einwendungen werden hervorgesucht und unter dem Scheine der Gelehrsamkeit verteidigt. Als gelehrt geltende Herren berufen sich hier, wie in vielen anderen Dingen, auf die Wissenschaft, um das Absurdeste und Widersinnigste zu verteidigen. Ihr Haupttrumpf ist, die Frau sei an geistiger Bef&auml;higung dem Mann inferior, sie k&ouml;nne auf geistigem Gebiet nichts Bemerkenswertes leisten. </P>
<P>Diese Einw&auml;nde entsprechen so sehr dem Vorurteil der meisten M&auml;nner &uuml;ber Beruf und F&auml;higkeiten der Frau, da&szlig;, wer sie erhebt, auf ihren Beifall rechnen kann. </P>
<P>Neue Ideen werden, solange allgemeine Bildung und Einsicht noch so tief stehen wie heute, stets harten Widerspruch finden, namentlich wenn es im Interesse der herrschenden Klassen liegt, Einsicht und Bildung m&ouml;glichst auf ihre Schicht zu beschr&auml;nken. Daher werden neue Ideen anfangs nur eine kleine Minderheit f&uuml;r sich gewinnen, und diese wird in der Regel verspottet, verl&auml;stert und auch verfolgt. Sind aber die neuen Ideen gute und vern&uuml;nftige, sind sie als notwendige Konsequenz aus den bestehenden Zust&auml;nden erwachsen, so werden sie an Verbreitung gewinnen, die Minderheit wird schlie&szlig;lich Mehrheit. So erging es bisher allen neuen Ideen im Laufe der Geschichte, <A NAME="S269"><B>|269|</A></B> und die Idee, die wirkliche und volle Emanzipation der Frau herbeizuf&uuml;hren, wird den gleichen Erfolg haben. </P>
<P>Waren einst nicht auch die Bekenner des Christentums eine kleine Minderheit? Hatten nicht die Reformatoren, das moderne B&uuml;rgertum &uuml;berm&auml;chtige Gegner? Trotzdem haben sie gesiegt. Oder wurde die Sozialdemokratie vernichtet, weil sie im Deutschen Reiche zw&ouml;lf Jahre ausnahmegesetzlich geknebelt wurde? Nie war ihr Sieg gewisser, als da man glaubte, sie tot gemacht zu haben. </P>
<P>Die Berufung auf den Naturberuf der Frau, wonach sie Haush&auml;lterin und Kinderw&auml;rterin sein soll, ist ebenso sinnreich als die Berufung darauf, da&szlig; es ewig K&ouml;nige geben m&uuml;sse, weil, solange es eine Geschichte gebe, es irgendwo solche gab. Wir wissen nicht, wo der erste K&ouml;nig entstand, sowenig wie wir wissen, wo der erste Kapitalist sich zeigte, aber wir wissen und sehen, da&szlig; sich das K&ouml;nigtum im Laufe der Jahrtausende wesentlich ver&auml;ndert hat, und die Tendenz der Entwicklung ist, es mehr und mehr seiner Macht zu entkleiden, bis eine Zeit kommt, und sie ist nicht mehr fern, in der es &uuml;berfl&uuml;ssig ist. Wie das K&ouml;nigtum, so ist jede staatliche und gesellschaftliche Institution best&auml;ndigen Wandlungen und Umformungen und schlie&szlig;lich dem Untergang unterworfen. Wir sahen in den historischen Darlegungen dieser Schrift, da&szlig; die heute geltende Form der Ehe und die Stellung der Frau keineswegs "ewig" so war wie heute, da&szlig; vielmehr beide das Produkt eines geschichtlichen Entwicklungsganges sind, der keineswegs seinen Abschlu&szlig; gefunden hat. Konnte es vor ca. 2.350 Jahren Demosthenes als den einzigen Beruf der Frau hinstellen, "legitime Kinder zu geb&auml;ren und treue H&uuml;terin des Hauses zu sein", so ist heute dieser Standpunkt &uuml;berwunden. Wer wagte heute solches als "naturgem&auml;&szlig;" zu verteidigen, ohne sich den Vorwurf der Geringsch&auml;tzung der Frau zuzuziehen? Allerdings gibt es auch noch heute solche K&auml;uze, die im stillen die Auffassung des alten Atheners teilen, aber keiner wagt &ouml;ffentlich auszusprechen, was vor Jahrtausenden einer der bedeutendsten M&auml;nner Griechenlands frei und offen als<I> selbstverst&auml;ndlich</I> erkl&auml;ren durfte. Darin liegt der Fortschritt. </P>
<P>Hat nun die moderne Entwicklung Millionen Ehen untergraben, so hat sie auch andererseits wieder die Entwicklung der Ehe g&uuml;nstig beeinflu&szlig;t. Vor wenigen Jahrzehnten galt es in jedem B&uuml;rger- und Bauernhause nicht nur als selbstverst&auml;ndlich, da&szlig; die Frau n&auml;hte, strickte und wusch, obgleich auch das schon vielfach aus der Mode ge- <A NAME="S270"><B>|270|</A></B> kommen ist, sie buk auch das Brot, spann, webte, bleichte, braute Bier, kochte Seife, zog Lichte. Au&szlig;erhalb des Hauses ein Kleidungsst&uuml;ck anfertigen zu lassen wurde als ma&szlig;lose Verschwendung angesehen. Wasserleitung, Gasbeleuchtung, Gas- oder Petroleumkocher usw. - von der Elektrizit&auml;t zu schweigen - nebst einer Unzahl anderer, heute in Haus und K&uuml;che vorhandenen Einrichtungen waren unbekannte Dinge. Allerdings bestehen auch noch heute veraltete Zust&auml;nde, aber sie sind Ausnahmen. Die Mehrzahl der Frauen unterl&auml;&szlig;t viele fr&uuml;her als selbstverst&auml;ndlich angesehene Verrichtungen, weil sie durch die Industrie besser, praktischer und billiger besorgt werden, als es die Hausfrau vermag, weshalb auch, wenigstens in den St&auml;dten, jede h&auml;usliche Einrichtung dazu fehlt. So hat in wenigen Jahrzehnten sich innerhalb unseres Familienlebens eine gro&szlig;e Revolution vollzogen, der wir nur so wenig Beachtung schenken, weil wir sie f&uuml;r selbstverst&auml;ndlich halten. Ver&auml;nderungen, die dem Menschen sozusagen unter den Augen hervorwachsen, beachtet er nicht, wenn sie nicht pl&ouml;tzlich vor ihn treten und die gewohnte Ordnung st&ouml;ren, aber gegen neue Meinungen, die ihn aus dem gewohnten Schlendrian zu rei&szlig;en drohen, lehnt er sich auf. </P>
<P>Diese Revolution, die sich in unserem h&auml;uslichen Leben vollzog und immer weiter vorschreitet, hat die Stellung der Frau in der Familie auch nach anderer Richtung wesentlich ver&auml;ndert. Die Frau ist freier, unabh&auml;ngiger geworden. Unsere Gro&szlig;m&uuml;tter durften, waren sie ehrsame Meistersfrauen, nicht daran denken und dachten nicht daran, zum Beispiel Arbeiter und Lehrburschen fern vom Haushalt und vom Tische zu halten, daf&uuml;r aber Theater, Konzerte und Vergn&uuml;gungslokale, sogar an einem Wochentage, zu besuchen. Und welche von jenen guten, alten Frauen wagte daran zu denken, sich um &ouml;ffentliche Angelegenheiten zu bek&uuml;mmern, wie das bereits von vielen Frauen geschieht. Man gr&uuml;ndet Vereine f&uuml;r die verschiedensten Zwecke, h&auml;lt und gr&uuml;ndet Zeitungen, beruft Kongresse. Als Arbeiterinnen treten sie in Gewerkschaften zusammen, sie kommen in die Versammlungen und Vereine der M&auml;nner und besa&szlig;en bereits hier und da - wir reden jetzt von Deutschland - das Recht, zu Gewerbeschiedsgerichten w&auml;hlen zu d&uuml;rfen, ein Recht, das ihnen die r&uuml;ckst&auml;ndige Reichstagsmehrheit im Jahre des Heils Eintausendachthundertundneunzig wieder aberkannte. Welcher Zopf wollte die geschilderten Ver&auml;nderungen beseitigen, obgleich sich nicht bestreiten l&auml;&szlig;t, da&szlig; neben den Licht- auch Schat- <A NAME="S271"><B>|271|</A></B> tenseiten vorhanden sind, die mit unseren garenden und faulenden Zust&auml;nden zusammenh&auml;ngen - aber es &uuml;berwiegen die Lichtseiten. Die Frauen selbst, so konservativ sie bis jetzt im ganzen sind, besitzen auch gar keine Neigung mehr, in die alten, engen, patriarchalischen Verh&auml;ltnisse fr&uuml;herer Zeit zur&uuml;ckzukehren. </P>
<P>In den Vereinigten Staaten steht die Gesellschaft zwar auch auf b&uuml;rgerlichem Hoden, aber sie hat sich weder mit alten europ&auml;ischen Vorurteilen noch &uuml;berlebten Einrichtungen herumzuschlagen und ist daher weit geeigneter, neue Ideen und Einrichtungen anzunehmen, wenn sie Vorteil versprechen. Dort sieht man seit geraumer Zeit die Stellung der Frau anders an als bei uns. Dort ist man zum Beispiel in bessersituierten Kreisen schon l&auml;ngst auf den Gedanken gekommen, da&szlig; es nicht blo&szlig; m&uuml;hselig und umst&auml;ndlich und f&uuml;r den Geldbeutel nicht einmal vorteilhaft ist, wenn die Frau noch selber Brot b&auml;ckt und Bier braut, man h&auml;lt es auch f&uuml;r &uuml;berfl&uuml;ssig, da&szlig; sie<I> in der eigenen K&uuml;che kocht</I>. Die mit allen m&ouml;glichen Maschinen und zweckm&auml;&szlig;igen Hilfsmitteln eingerichtete Zentralk&uuml;che der Speisegenossenschaft hat die Privatk&uuml;che ersetzt; die Frauen der Genossenschaft versehen abwechselnd den Dienst, und das Essen wird billiger und wohlschmeckender hergestellt, es bietet mehr Abwechslung, und seine Herstellung verursacht bedeutend weniger M&uuml;he. Unsere Offiziere, die keine Sozialisten und Kommunisten sind, machen es &auml;hnlich; sie bilden in ihren Kasinos eine Wirtschaftsgenossenschaft, ernennen einen Verwalter, der den Einkauf der Lebensmittel im gro&szlig;en besorgt, der Speisezettel wird vereinbart und die Fertigstellung der Speisen in der Dampfk&uuml;che der Kaserne bewerkstelligt. Sie leben weit billiger als im Hotel und haben ein mindestens ebenso gutes Essen. Wie bekannt, leben auch Tausende der reichsten Familien das ganze Jahr oder Teile des Jahres hindurch in Pensionen und Hotels, ohne da&szlig; sie die h&auml;usliche K&uuml;che vermissen; sie halten es f&uuml;r eine gro&szlig;e Annehmlichkeit, von der Privatk&uuml;che befreit zu sein, Die ablehnende Haltung namentlich wohlhabender und reicher Frauen gegen die Besch&auml;ftigung in oder mit der K&uuml;che spricht auch nicht daf&uuml;r, da&szlig; diese T&auml;tigkeit zum "Naturberuf" der Frau geh&ouml;rt, ja die Tatsache, da&szlig; f&uuml;rstliche und vornehme Familien, wie die gr&ouml;&szlig;eren Hotels, s&auml;mtlich<I> K&ouml;che</I> zur Herstellung der Speisen engagieren, k&ouml;nnte sogar daf&uuml;r sprechen, da&szlig; Kochen eine m&auml;nnliche Besch&auml;ftigung ist. Das denen zur gef&auml;lligen Beachtung, die sich die Frau nicht ohne schwingenden Kochl&ouml;ffel vorstellen k&ouml;nnen. </P>
<B><P><A NAME="S272">|272|</A></B> Nun liegt nichts n&auml;her, als mit der Zentralk&uuml;che die Zentralwaschanstalt und entsprechende Trockenvorrichtungen - wie solche bereits in allen gr&ouml;&szlig;eren St&auml;dten von reichen Privaten oder Spekulanten errichtet sind und sich vortrefflich bew&auml;hren - f&uuml;r den allgemeinen Gebrauch einzurichten, ferner mit der Zentralk&uuml;che die Zentralfeuerung, neben der Kaltwasser- die Warmwasserleitung einzurichten,, und eine Menge l&auml;stiger und zeitraubender Arbeiten sind beseitigt. Gro&szlig;e Hotels, viele Privath&auml;user, Krankenh&auml;user, Schulen, Kasernen, &ouml;ffentliche Geb&auml;ude aller Art usw. haben diese und &auml;hnliche Einrichtungen - elektrisches Licht, Badeeinrichtungen usw. -, der Fehler ist, da&szlig; es nur &ouml;ffentliche Anstalten und die wohlhabenden Klassen sind, die diese Vorteile genie&szlig;en, die, allen zug&auml;ngig gemacht, ein enormes Ma&szlig; von Zeit, M&uuml;he, Arbeitskraft und Material ersparen und die Lebenshaltung und das Wohlsein aller erheblich steigern w&uuml;rden. Im Sommer 1890 brachten die Zeitungen eine Beschreibung der Fortschritte, die in den Vereinigten Staaten betreffs der zentralen Beheizung und Luftversorgung im Werke waren. Darin hie&szlig; es unter anderem: </P>
<P>"Die in neuerer Zeit haupts&auml;chlich in Nordamerika angestellten Versuche, die Beheizung ganzer H&auml;userviertel oder Stadtteile von einer Stelle aus zu bewirken, haben nicht unbetr&auml;chtliche Erfolge zu verzeichnen und sind in konstruktiver Beziehung so sorgf&auml;ltig und zweckm&auml;&szlig;ig durchgef&uuml;hrt, da&szlig; in Anbetracht der g&uuml;nstigen Erfahrungen und der gebotenen finanziellen Vorteile eine weitere Verbreitung erwartet werden darf. Neuerdings ist man noch weiter bem&uuml;ht, nicht allein die Beheizung, sondern auch die Versorgung mit frischer Luft, sei es in erw&auml;rmtem, sei es in abgek&uuml;hltem Zustande, f&uuml;r einzelne r&auml;umlich nicht allzuweit ausgedehnte Stadtteile von Zentralstellen aus zu bewirken." </P>
<P>Was damals projektiert wurde, ist heute vielfach und verbessert verwirklicht. Die spie&szlig;b&uuml;rgerliche Engherzigkeit und Beschr&auml;nktheit zuckt gern bei uns die Achsel &uuml;ber solche und &auml;hnliche Pl&auml;ne, obgleich wir uns auch in Deutschland in jener technischen Revolution befinden, welche die Privatk&uuml;che und andere bisher in der H&auml;uslichkeit vorgenommenen Verrichtungen geradeso &uuml;berfl&uuml;ssig erscheinen lassen, wie es der handwerksm&auml;&szlig;ige Betrieb durch die Maschine und die moderne Technik geworden ist. Zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts erkl&auml;rte selbst ein Napoleon die Idee, ein Schiff durch Dampf <A NAME="S273"><B>|273|</A></B> in Bewegung zu setzen, f&uuml;r die Idee eines Verr&uuml;ckten; die Idee, eine Eisenbahn zu bauen, wurde von f&uuml;r klug geltenden Leuten als eine Albernheit erkl&auml;rt, kein Mensch k&ouml;nne auf solch einem Fahrzeug am Leben bleiben, weil die Raschheit des Fahrens dem Passagier den Atem benehme, und so werden noch heute eine Menge neuer Ideen &auml;hnlich behandelt. Wer unseren Frauen vor hundert Jahren den Vorschlag gemacht h&auml;tte, das Wasserholen durch eine Wasserleitung abzunehmen, w&auml;re der Anklage ausgesetzt gewesen, er wolle Frauen und Dienstboten zur Faulheit verleiten. </P>
<P>Aber die gro&szlig;e technische Revolution ist auf allen Gebieten in vollem Marsche, nichts h&auml;lt sie mehr auf, und die b&uuml;rgerliche Gesellschaft hat die geschichtliche Aufgabe, diese Revolution, wie sie dieselbe ins Leben rief, auch ihrem H&ouml;hepunkt entgegenzutreiben und auf allen Gebieten die Keime zu Umgestaltungen<I> ans Licht zu f&ouml;rdern, die eine auf neuer Grundlage stehende Gesellschaft nur ins Gro&szlig;e und Allgemeine zu entwickeln und zum Gemeingut aller zu machen hat</I>. </P>
<P>Die Entwicklung unseres sozialen Lebens geht also nicht dahin, die Frau wieder ins Haus und an den Herd zu bannen, wie unsere H&auml;uslichkeitsfanatiker wollen und wonach sie, wie die Juden in der W&uuml;ste nach den verlorenen Fleischt&ouml;pfen &Auml;gyptens, schreien,<I> sondern sie fordert das Heraustreten der Frau aus dem engen Kreise der H&auml;uslichkeit und ihre volle Anteilnahme an dem &ouml;ffentlichen Leben -</I> zu dem man alsdann die M&auml;nner nicht mehr allein z&auml;hlen wird -<I> und an den Kulturaufgaben der Menschheit</I>. Laveleye hat recht, wenn er schreibt: "In dem Ma&szlig;e, in welchem das, was wir Zivilisation zu bezeichnen pflegen, zunimmt, schw&auml;chen sich die Gef&uuml;hle der Piet&auml;t und die Bande per Familie ab und &uuml;ben weniger Einflu&szlig; auf die Handlungen der Menschen aus. Diese Tatsache ist so allgemein, da&szlig; man in derselben ein soziales Entwicklungsgesetz erblicken kann."<A NAME="ZF1"><A HREF="beaa_268.htm#F1">(1)</A></A> Nicht allein ist die Stellung der Frau eine andere geworden, sondern auch die Stellung von Sohn und Tochter zur Familie, die allm&auml;hlich eine Selbst&auml;ndigkeit erlangt haben, die fr&uuml;her unbekannt war, namentlich in den Vereinigten Staaten, in welchen die Erziehung zur Selbst&auml;ndigkeit und Unabh&auml;ngigkeit des einzelnen in weit h&ouml;herem Grade als bei uns stattfindet. Die Schattenseiten, die auch heute diese Form der Entwicklung besitzt, sind nicht notwendig mit ihr verbunden, sie liegen in den sozialen Zust&auml;nden unserer Zeit. </P>
<B><P><A NAME="S274">|274|</A></B> Die b&uuml;rgerliche Gesellschaft ruft keine neue erfreuliche Erscheinung hervor, die nicht auch ihre dunkle Seite hat, sie ist in allen ihren Fortschritten, wie schon Fourier sehr scharfsinnig hervorhob, doppelseitig und zwieschl&auml;chtig. </P>
<P>Wie Laveleye erkennt auch Dr. Sch&auml;ffle den ver&auml;nderten Charakter der Familie unserer Zeit als Wirkung der sozialen Entwicklung an. Er sagt: </P>
<P>"Durch die Geschichte zieht sich allerdings die unter II. er&ouml;rterte Tendenz, die Zur&uuml;ckbildung der Familie auf ihre<I> spezifischen</I> Funktionen, hindurch. Die Familie gibt eine provisorisch und stellvertretend gehandhabte Funktion um die andere ab, sie weicht, soweit sie blo&szlig; surrogativ in die L&uuml;cke sozialer Funktionen eingetreten war, den selbst&auml;ndigen Anstalten f&uuml;r Recht, Ordnung, Macht, Gottesdienst, Unterricht, Technik usw., sobald sich diese Anstalten ausbilden."<A NAME="ZF2"><A HREF="beaa_268.htm#F2">(2)</A></A><I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_14_2">2. Die geistigen F&auml;higkeiten der Frau</A></P>
</I><P>Die Frauen dr&auml;ngen weiter, wenn zun&auml;chst auch nur in einer Minorit&auml;t und darunter nur ein Teil mit vollkommen klaren Zielen. Sie wollen nicht blo&szlig; ihre Kr&auml;fte auf dem gewerblichen und industriellen Gebiet mit jenen des Mannes messen, sie wollen nicht nur eine freiere, unabh&auml;ngigere Stellung in der Familie einnehmen, sie wollen auch ihre geistigen F&auml;higkeiten in h&ouml;heren Lebensstellungen und im &ouml;ffentlichen Leben verwerten. Man macht ihnen mit Vorliebe den Einwand, da&szlig; sie dazu nicht f&auml;hig, weil von Natur nicht veranlagt seien. Die Frage der h&ouml;heren Berufst&auml;tigkeit geht in der heutigen Gesellschaft nur eine kleine Zahl Frauen an, aber sie ist von prinzipieller Wichtigkeit. Die gro&szlig;e Mehrzahl der M&auml;nner glaubt allen Ernstes, die Frauen m&uuml;&szlig;ten stets ihnen auch geistig untergeordnet bleiben und bes&auml;&szlig;en kein Recht auf Gleichstellung, und sie sind deshalb die entschiedensten Gegner dieser Bestrebungen. </P>
<P>Dieselben M&auml;nner, die nichts dagegen einzuwenden haben, da&szlig; die Frau in Besch&auml;ftigungsarten Stellung findet, von denen viele &auml;u&szlig;erst anstrengend, oft gef&auml;hrlich sind, in welchen ihrer Weiblichkeit die h&ouml;chste Gefahr droht, in denen sie ihre Mutterpflichten in eklatantester Weise verletzt, wollen sie von Berufen ausschlie&szlig;en, in welchen <A NAME="S275"><B>|275|</A></B> diese Hemmnisse und Gefahren weit weniger vorhanden sind und die ihrer K&ouml;rperverfassung weit besser zusagen. </P>
<P>Namentlich hat die in Deutschland reger gewordene Agitation f&uuml;r die Zulassung von Frauen zum Studium auf den Universit&auml;ten eine starke Gegnerschaft auf den Plan getrieben, die sich namentlich gegen ihre Zulassung zum Studium der Medizin wendet. So Pochhammer, Fehling, S. Binder, Hegar usw. v. B&auml;renbach glaubte namentlich die Bef&auml;higung der Frau zur Wissenschaft damit zur&uuml;ckweisen zu k&ouml;nnen, da&szlig; bisher unter den Frauen noch kein Genie erstanden sei und sie offenbar f&uuml;r das philosophische Studium unf&auml;hig seien. Hat die Welt genug m&auml;nnliche Philosophen, so kann sie ohne Schaden auf weibliche verzichten. Auch der Einwand, die Frauen h&auml;tten noch keine Genies hervorgebracht, ist weder stichhaltig noch beweiskr&auml;ftig. Genies fallen nicht vom Himmel, sie m&uuml;ssen Gelegenheit zur Ausbildung und Entwicklung haben, und diese hat den Frauen bisher gemangelt, man hat sie Jahrtausende unterdr&uuml;ckt und ihnen Gelegenheit und M&ouml;glichkeit zur Ausbildung ihrer geistigen Kr&auml;fte genommen oder verk&uuml;mmert. Sagt man, die Frauen besitzen keine Anlage zum Genie, weil man glaubt, der immerhin leidlich gro&szlig;en Zahl bedeutender Frauen Genie absprechen zu m&uuml;ssen, so ist das ebenso schief, als behauptete man, in der M&auml;nnerwelt seien nicht mehr Genies vorhanden gewesen, als die man als solche betrachtet. Jeder Dorfschullehrer wei&szlig; aber, welche Menge von F&auml;higkeiten unter seinen Sch&uuml;lern nicht zur vollen Entwicklung kommt, weil die M&ouml;glichkeit ihrer Ausbildung fehlt. Ja, jeder einzelne von uns hat im Leben Menschen kennengelernt, von denen er sich sagen mu&szlig;, da&szlig;, wenn sie unter gl&uuml;cklicheren Umst&auml;nden ihre F&auml;higkeiten h&auml;tten entfalten k&ouml;nnen, sie Zierden des Gemeinwesens, geniale Menschen geworden w&auml;ren. Die Zahl der Talente und Genies unter den M&auml;nnern ist weit gr&ouml;&szlig;er, als bisher sich offenbaren konnte. Genauso verh&auml;lt es sich mit den F&auml;higkeiten des weiblichen Geschlechts, das seit Jahrtausenden noch weit mehr als das m&auml;nnliche geistig unterdr&uuml;ckt, gehemmt und verkr&uuml;ppelt wurde. Wir haben keinen Ma&szlig;stab, wonach wir genau beurteilen k&ouml;nnten, welche F&uuml;lle von geistigen Kr&auml;ften und F&auml;higkeiten sich bei M&auml;nnern und Frauen entwickeln, sobald diese sich unter naturgem&auml;&szlig;en Bedingungen zu entfalten verm&ouml;gen. </P>
<P>Heute ist es in der Menschenwelt wie in der Pflanzenwelt. Millionen kostbarer Samenkeime gelangen nicht zur Entfaltung, weil der <A NAME="S276"><B>|276|</A></B> Boden, auf den sie fallen, ung&uuml;nstig ist oder bereits okkupiert wurde und so dem jungen Pfl&auml;nzlein Luft, Licht und Nahrung geraubt wird. Dieselben Gesetze wie in der Natur gelten im Menschenleben. Wenn ein G&auml;rtner oder Landwirt von einer Pflanze behaupten wollte, dieselbe lie&szlig;e sich nicht vervollkommnen, obgleich er den Versuch dazu nicht machte, so w&uuml;rde er von jedem seiner aufgekl&auml;rteren Nachbarn f&uuml;r einen Einfaltspinsel erkl&auml;rt. Dasselbe gesch&auml;he, wenn er es ablehnte, eines seiner weiblichen Haustiere mit dem m&auml;nnlichen einer vollkommeneren Rasse zu kreuzen, um ein vollkommeneres Tier zu erhalten. </P>
<P>Heute gibt es keinen Bauer mehr, der so unwissend ist, nicht die Vorteile einer vern&uuml;nftigen Behandlungsweise seines Pflanzen- oder Viehbestandes einzusehen - eine andere Frage ist, ob seine Mittel ihm erlauben, die bessere Methode durchzuf&uuml;hren -; nur in der Menschenwelt wollen selbst gelehrte Leute nicht gelten lassen, was von ihnen f&uuml;r die &uuml;brige Welt als unumst&ouml;&szlig;liches Gesetz angesehen wird. Und doch kann jeder, ohne Naturforscher zu sein, im Leben seine lehrreichen Beobachtungen machen. Woher kommt es, da&szlig; Bauernkinder sich von Stadtkindern unterscheiden? Woher kommt es, da&szlig; Kinder der bessersituierten Klassen sich in der Regel von Kindern armer Leute in der Gesichts- wie der K&ouml;rperbildung und in gewissen geistigen Eigenschaften unterscheiden? Es kommt von der Verschiedenartigkeit der Lebens- und Erziehungsbedingungen. </P>
<P>Die Einseitigkeit, die in der Ausbildung zu einem bestimmten Beruf liegt, dr&uuml;ckt dem Menschen einen besonderen Charakter auf. In den meisten F&auml;llen wird mit Leichtigkeit ein Pfarrer oder ein Schullehrer durch seine Haltung und seinen Gesichtsausdruck erkannt, ebenso ein Milit&auml;r, auch wenn er im Zivilrock steckt. Ein Schuhmacher wird sehr leicht von einem Schneider, ein Tischler von einem Schlosser unterschieden. Zwei Zwillingsbr&uuml;der, die in der Jugend sich sehr &auml;hnlich waren, werden im sp&auml;teren Alter bedeutende Abweichungen zeigen, wenn die Berufsart eine ganz verschiedene ist, der eine harter Handarbeit, zum Beispiel ein Schmied, der andere dem Studium der Philosophie oblag. Vererbung auf der einen, Anpassung auf der anderen Seite spielen in der menschlichen Entwicklung so gut wie im Tierreich eine entscheidende Rolle, und zwar ist der Mensch das bieg- und schmiegsamste aller Gesch&ouml;pfe. Oft gen&uuml;gen wenige Jahre einer anderen Lebens- und Berufsweise, um aus einem Menschen einen an- <A NAME="S277"><B>|277|</A></B> deren zu machen. Ver&auml;nderungen im &Auml;u&szlig;eren treten nirgends auffallender hervor, als wenn ein Mensch aus &auml;rmlichen und kleinen Verh&auml;ltnissen in wesentlich bessere versetzt wird. Seine Vergangenheit wird er vielleicht am wenigsten in seiner Geisteskultur verleugnen; das liegt daran, da&szlig; die meisten Menschen &uuml;ber ein gewisses Alter hinaus kein Streben nach geistiger Weiterbildung empfinden und oft auch nicht n&ouml;tig haben. Ein Empork&ouml;mmling hat unter diesem Fehler selten zu leiden. In unserer Zeit, die auf Geld und materielle Mittel sieht, beugt man sich weit bereitwilliger<I> vor dem Manne mit gro&szlig;em Geldbeutel als vor dem Manne von Wissen und gro&szlig;en Geistesgaben, namentlich wenn dieser das Ungl&uuml;ck hat, arm zu sein und keinen Rang zu besitzen</I>. Die Anbetung des goldenen Kalbes stand zu keiner Zeit h&ouml;her als in unseren Tagen. Daf&uuml;r leben wir "in der besten der Welten". </P>
<P>Das schlagendste Beispiel daf&uuml;r, was grundverschiedene Lebensbedingungen und Erziehung aus dem Menschen machen, sehen wir in unseren Industriebezirken. Dort bilden schon &auml;u&szlig;erlich Arbeiter und Unternehmer einen solchen Gegensatz, als geh&ouml;rten sie zwei verschiedenen Menschenrassen an. In einer fast erschreckenden Weise kam uns dieser Gegensatz anl&auml;&szlig;lich einer Wahlversammlung vor Augen, die im Winter 1877 in einer erzgebirgischcn Industriestadt stattfand. Die Versammlung, in der ein Disput mit einem liberalen Professor stattfinden sollte, war so arrangiert, da&szlig; beide Parteien gleich stark vertreten waren. Den vorderen Teil des Saales hatten die Gegner eingenommen, fast ohne Ausnahme gesunde, kr&auml;ftige, oft gro&szlig;e Gestalten, im hinteren Teile des Saales und auf den Galerien standen die Arbeiter und Kleinb&uuml;rger, zu neun Zehntel Weber, meist kleine, schmalbr&uuml;stige, bleichwangige Gestalten, denen Kummer und Not aus dem Gesicht sah. Die einen repr&auml;sentierten die satte Tugend und zahlungsf&auml;hige Moral der b&uuml;rgerlichen Welt, die anderen die arbeitenden Bienen und Lasttiere, aus deren Arbeitsertrag die Herren so wohl aussahen. Man setze eine Generation unter gleich g&uuml;nstige Lebensbedingungen, und der Gegensatz wird, bei der Mehrzahl verschwinden, er ist sicher bei ihren Nachkommen getilgt. </P>
<P>Im allgemeinen ist es bei den Frauen schwerer, ihre soziale Stellung festzustellen, als bei den M&auml;nnern, sie finden sich mit gro&szlig;er Leichtigkeit in neue Verh&auml;ltnisse und nehmen rasch h&ouml;here Lebensgewohnheiten an. Ihre Anpassungsf&auml;higkeit ist gr&ouml;&szlig;er als die des schwerf&auml;lligeren Mannes. </P>
<B><P><A NAME="S278">|278|</A></B> Was f&uuml;r die Pflanze guter Boden, Licht und Luft, sind f&uuml;r den Menschen gesunde soziale Verh&auml;ltnisse, die ihm die Entfaltung seiner geistigen und k&ouml;rperlichen Anlagen gestatten. Der bekannte Satz: "Der Mensch ist, was er i&szlig;t", dr&uuml;ckt etwas zu einseitig einen &auml;hnlichen Gedanken aus. Es handelt sich nicht blo&szlig; um das, was der Mensch i&szlig;t, sondern um seine ganze Lebenshaltung, um das soziale Milieu, in dem er sich bewegt, das seine k&ouml;rperliche und geistige Entwicklung hemmt oder f&ouml;rdert, sein F&uuml;hlen, sein Denken, sein Handeln in g&uuml;nstigem oder ung&uuml;nstigem Sinne beeinflu&szlig;t. Wir sehen jeden Tag, da&szlig; Menschen auch in guten materiellen Verh&auml;ltnissen geistig und moralisch zugrunde gehen, weil au&szlig;erhalb des engen Rahmens ihrer h&auml;uslichen oder pers&ouml;nlichen Verh&auml;ltnisse ung&uuml;nstige Einfl&uuml;sse<I> sozialer</I> Natur auf sie einwirken und so &uuml;berm&auml;chtigen Einflu&szlig; auf sie erlangen, da&szlig; sie in falsche Bahnen gelenkt werden. Die allgemeinen Zust&auml;nde, unter denen jemand lebt, sind sogar von weit gr&ouml;&szlig;erer Bedeutung als die in der Familie. Sind aber die sozialen Entwicklungsbedingungen f&uuml;r beide Geschlechter die gleichen, besteht f&uuml;r keines irgendeine Hemmung und ist der Sozialzustand der Gesellschaft ein gesunder,<I> so erhebt auch die Frau sich auf eine H&ouml;he der Vollkommenheit ihres Wesens, von dem wir noch keine rechte Vorstellung besitzen, weil bisher ein solcher Zustand in der Entwicklungsgeschichte der Menschen fehlte</I>. Was zeitweilig einzelne Frauen leisteten, l&auml;&szlig;t das Beste erwarten, denn diese ragen &uuml;ber die Masse ihres Geschlechts ebenso bedeutend hervor wie die m&auml;nnlichen Genies &uuml;ber die Masse ihrer Geschlechtsgenossen. Mit dem Ma&szlig;stab gemessen, mit dem man zum Beispiel F&uuml;rsten zu messen pflegt, haben sogar die Frauen durchschnittlich zum Regieren mehr Talent bewiesen als die M&auml;nner. Als Beispiele seien erw&auml;hnt Isabella und Blanche von Kastilien, Elisabeth von Ungarn, Katharina Sforza, Herzogin von Mailand und Imola, Elisabeth von England, Katharina von Ru&szlig;land, Maria Theresia usw. Gest&uuml;tzt auf die Tatsache, da&szlig; Frauen unter allen Rassen und in allen Teilen der Welt ausgezeichnet regierten, selbst &uuml;ber die wildesten, turbulentesten Horden, veranla&szlig;t Burbach zu der Bemerkung,<I> da&szlig; aller Wahrscheinlichkeit nach die Frauen sich besser f&uuml;r die Politik eignen w&uuml;rden als die M&auml;nner</I>.<A NAME="ZF3"><A HREF="beaa_268.htm#F3">(3)</A></A> Als im Jahre 1901 die K&ouml;nigin Viktoria von England starb, machte ein gro&szlig;es englisches <A NAME="S279"><B>|279|</A></B> Blatt den Vorschlag, man solle in England ausschlie&szlig;lich die weibliche Thronfolge einf&uuml;hren, da die Geschichte Englands zeige, da&szlig; seine weiblichen K&ouml;nige besser regierten als seine m&auml;nnlichen. </P>
<P>Mancher gro&szlig;e Mann w&uuml;rde in der Geschichte bedeutend zusammenschrumpfen, w&uuml;&szlig;te man immer, was er sich selbst, was er anderen zu danken hat. Als eines der gr&ouml;&szlig;ten Genies der Franz&ouml;sischen Revolution wird von den deutschen Geschichtsschreibern, zum Beispiel von Sybel, Graf Mirabeau angesehen. Aber die Forschung hat ergeben, da&szlig; er die Konzepte fast aller seiner Reden der bereitwilligen Hilfe einiger Gelehrten zu danken hatte, die im stillen f&uuml;r ihn arbeiteten und die er zu benutzen verstand. Auf der anderen Seite verdienen Erscheinungen wie eine Sappho, eine Diotima zur Zeit des Sokrates, eine Hypatia von Alexandrien, eine Madame Roland, Mary Wollstonecraft, Olympe de Gouges, Frau v. Sta&euml;l, George Sand usw. die gr&ouml;&szlig;te Hochachtung; neben ihnen erbleicht mancher m&auml;nnliche Stern. Was Frauen als M&uuml;tter bedeutender M&auml;nner wirkten, ist ebenfalls bekannt. Die Frauen haben geleistet, was unter den f&uuml;r sie im ganzen<I> &auml;u&szlig;erst ung&uuml;nstigen</I> Umst&auml;nden m&ouml;glich war, und das berechtigt f&uuml;r die Zukunft zu den besten Hoffnungen. Tats&auml;chlich hat erst die zweite H&auml;lfte des neunzehnten Jahrhunderts begonnen, den Frauen in gr&ouml;&szlig;erer Anzahl die Wege zu ebnen und sie zum Wettbewerb mit dem Manne auf den verschiedensten Gebieten zuzulassen. Die erlangten Resultate sind sehr zufriedenstellende. </P>
<P>Aber gesetzt den Fall, die Frauen w&auml;ren durchschnittlich nicht so entwicklungsf&auml;hig als die M&auml;nner, es g&auml;be unter ihnen keine Genies und gro&szlig;en Philosophen, war denn dieser Umstand f&uuml;r die M&auml;nner ma&szlig;gebend, als man ihnen, nach dem Wortlaut der Gesetze, die volle Gleichberechtigung mit den "Genies" und "Philosophen" einr&auml;umte? Dieselben Gelehrten, die der Frau die h&ouml;here Bef&auml;higung absprechen, sind geneigt, dies auch gegen&uuml;ber dem Handwerker und Arbeiter zu tun. Beruft sich der Adel auf sein "blaues" Blut und seinen Stammbaum, so l&auml;cheln sie sp&ouml;ttisch und zucken die Achseln; aber gegen&uuml;ber dem Manne niederen Standes halten sie sich f&uuml;r eine Aristokratie, die, was sie geworden ist, nicht den g&uuml;nstigeren Lebensumst&auml;nden zu verdanken hat, sondern einzig dem ihnen eigent&uuml;mlichen Talent. Dieselben M&auml;nner, die auf dem einen Gebiet zu den vorurteilslosesten geh&ouml;ren und eine geringe Meinung von jenen besitzen. die gleich ihnen nicht frei denken, sind auf anderen Gebieten, <A NAME="S280"><B>|280|</A></B> sobald es sich um ihr Standes- oder Klasseninteresse, um ihre Eitelkeit oder Eigenliebe handelt, beschr&auml;nkt bis zur Borniertheit und gegnerisch gesinnt bis zum Fanatismus. Die h&ouml;here M&auml;nnerwelt urteilt absprechend &uuml;ber die niedere und &auml;hnlich fast die gesamte M&auml;nnerwelt &uuml;ber die Frauen. Die M&auml;nner sehen in ihrer gro&szlig;en Mehrzahl in den Frauen nichts als Mittel zu ihrem Nutzen und Vergn&uuml;gen, sie als<I> Gleichberechtigte</I> anzusehen, widerstrebt ihrem Vorurteil. Die Frau soll dem&uuml;tig und bescheiden sein, sie soll sich auf das Haus beschr&auml;nken und alles &uuml;brige dem "Herrn der Sch&ouml;pfung" als Dom&auml;ne &uuml;berlassen. Die Frau soll ihren Gedanken und Neigungen jeden denkbaren Z&uuml;gel anlegen und abwarten, was ihre irdische Vorsehung, der Vater oder Gatte, &uuml;ber sie beschlie&szlig;t. Je mehr sie allen diesen Forderungen nachkommt, um so "vern&uuml;nftiger, sittsamer und tugendhafter" wird sie gepriesen, mag sie als Folge ihrer Zwangsstellung unter der Last physischer und moralischer Leiden zugrunde gehen. Spricht man aber von<I> der Gleichheit aller Menschen</I>, dann ist es ein Unding, davon die H&auml;lfte des Menschengeschlechts ausschlie&szlig;en zu wollen. </P>
<P>Die Frau hat das<I> gleiche</I> Recht wie der Mann auf Entfaltung ihrer Kr&auml;fte und auf freie Bet&auml;tigung derselben; sie ist Mensch wie der Mann, und sie soll wie er die Freiheit haben, &uuml;ber sich zu verf&uuml;gen als ihr eigener Herr. Der Zufall, als Frau geboren worden zu sein, darf daran nichts &auml;ndern. Die Frau, weil sie als Frau und nicht als Mann geboren ist - woran der Mann so unschuldig ist wie die Frau -, von der Gleichberechtigung auszuschlie&szlig;en ist ebenso ungerecht, als wenn Rechte und Freiheiten von dem Zufall der Religion oder der politischen Gesinnung abh&auml;ngig gemacht werden, und ebenso unsinnig wie, da&szlig; sich zwei Menschen als Feinde betrachten, weil sie durch den Zufall der Geburt verschiedenen Volksst&auml;mmen oder verschiedenen Nationalit&auml;ten angeh&ouml;ren. Das sind eines freien Menschen unw&uuml;rdige Anschauungen. Der Fortschritt der Menschheit besteht darin, alles zu beseitigen, was einen Menschen von dem anderen, eine Klasse von der anderen, ein Geschlecht von dem anderen in Abh&auml;ngigkeit oder Unfreiheit erh&auml;lt. <I>Es hat keine andere Ungleichheit Berechtigung als jene, welche die Natur in der Verschiedenheit des Wesens der einzelnen und zur Erreichung des Naturzwecks schuf. Die Naturschranken wird aber kein Geschlecht &uuml;berschreiten, weil es damit seinen Naturzweck vernichtete.</I> </P>
<I><P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_14_3">3. Die Verschiedenheiten in der k&ouml;rperlichen und geistigen Beschaffenheit von Mann und Frau</A></P>
</I><B><P><A NAME="S281">|281|</A></B> Die Gegner der Gleichberechtigung der Frau mit dem Manne spielen als Haupttrumpf aus, die Frau habe ein kleineres Gehirn als der Mann, auch stehe sie in anderen Eigenschaften hinter dem Manne zur&uuml;ck, damit sei ihre dauernde Inferiorit&auml;t (Unterb&uuml;rtigkeit) bewiesen. Fest steht, da&szlig; Mann und Frau zwei Menschen verschiedenen Geschlechts sind, da&szlig; jedes dem Geschlechtszweck entsprechend besondere Organe hat und da&szlig; auf Grund der Aufgaben, die jedes Geschlecht zur Erreichung des Naturzwecks erf&uuml;llen mu&szlig;, eine Reihe Verschiedenheiten in ihren physiologischen und psychischen Zust&auml;nden vorhanden sind. Das sind Tatsachen, die niemand bestreiten kann und bestreiten wird, <I>aber diese begr&uuml;nden keinen Unterschied in der sozialen oder politischen Gleichberechtigung von Mann und Frau</I>. Die Menschheit, die Gesellschaft besteht aus <I>beiden</I> Geschlechtern, <I>beide </I>sind f&uuml;r den Bestand der Fortentwicklung derselben <I>unentbehrlich</I>. Auch der genialste Mann wurde von einer Mutter geboren, der er oft das Beste, was er besitzt, verdankt. Mit welchem Recht will man also der Frau die Gleichberechtigung mit dem Manne versagen? </P>
<P>Die wesentlichsten Verschiedenheiten, die sich in der k&ouml;rperlichen und geistigen Beschaffenheit von Mann und Weib nach Anschauung hervorragender Autorit&auml;ten ergeben, sind folgende: Bez&uuml;glich der K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e finden wir zum Beispiel bei Havelock Ellis 170 Zentimeter als Durchschnittsgr&ouml;&szlig;e f&uuml;r den Mann, f&uuml;r das Weib 160 Zentimeter (bei Vierordt 172 und 160, in Norddeutschland nach Krause 175 und 165 Zentimeter). Der Unterschied betr&auml;gt also durchschnittlich 10 bis 12 Zentimeter. Das Verh&auml;ltnis der K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;en ist gleich 100:93. Als rundes Gewichtsmittel kann f&uuml;r Erwachsene 65 bis 54 Kilogramm gelten. Das &Uuml;berwiegen der relativen Rumpfl&auml;nge beim weiblichen Geschlecht ist ein lange bekannter Unterschied; er wird aber, wie genaue, messende Untersuchung ergibt, zumeist betr&auml;chtlich &uuml;bersch&auml;tzt. Die Beine sind bei einer mittelgro&szlig;en Frau um blo&szlig; 15 Millimeter k&uuml;rzer als bei einem gleichfalls mittelgro&szlig;en Manne, und Pfitzner bezweifelt, da&szlig; dieser Unterschied bei Betrachtung der Figur merklich werden k&ouml;nne. "Die Gliederung der K&ouml;rperl&auml;nge in Stamml&auml;nge und Beinl&auml;nge wird ausschlie&szlig;lich durch die Statur beeinflu&szlig;t und ist vom Geschlecht durchaus unabh&auml;ngig." Dagegen ist <A NAME="S282"><B>|282|</A></B> der weibliche Arm ausgesprochen k&uuml;rzer als der m&auml;nnliche (100: 91,5). Abgesehen von Gr&ouml;&szlig;e und Breite der m&auml;nnlichen Hand ist beim Manne der Ringfinger in der Regel l&auml;nger als der Zeigefinger, bei der Frau umgekehrt. Die m&auml;nnliche Hand wird hierdurch affen&auml;hnlicher, wie ja auch der l&auml;ngere Arm ein "pithekoides" (affen&auml;hnliches) Merkmal ist. </P>
<P>Was die Gr&ouml;&szlig;e des Kopfes betrifft, so l&auml;&szlig;t sich ein Verh&auml;ltnis der absoluten Werte f&uuml;r m&auml;nnliche und weibliche Kopfh&ouml;he gleich 100:94 berechnen; die relativen Kopfh&ouml;hen verhalten sich aber wie 100:100,8, was einen absolut kleineren, aber relativ etwas gr&ouml;&szlig;eren Kopf f&uuml;r das Weib ergibt. Nach Pfitzner verhalten sich nun die absoluten Kopfl&auml;ngen wie 100:96,1. Die relative Kopfl&auml;nge des Mannes aber verh&auml;lt sich zu der des Weibes wie 100:103; hier wird der relativ gr&ouml;&szlig;ere Kopf des Weibes etwas deutlicher ersichtlich. Die Knochen der Frau sind kleiner, d&uuml;nner, zarter gebaut und an der Oberfl&auml;che glatter, denn die schw&auml;chere Muskulatur bedarf weniger rauher Fl&auml;chen zum Ansatz. Diese geringere Entwicklung der Muskulatur ist eine der hervorstechendsten Eigenschaften des Weibes; sie &auml;u&szlig;ert sich in der geringeren Dicke der einzelnen Muskeln, &uuml;berdies sind die Muskeln des Weibes weicher und wasserreicher. (Der Wassergehalt der Muskulatur betr&auml;gt nach v. Bibra beim Manne 72,5 Prozent, beim Weibe 74,4 Prozent.) Diesem Verhalten der Muskulatur steht ein umgekehrtes des Fettgewebes gegen&uuml;ber. Es ist beim Weibe bedeutend reichlicher entwickelt als beim Manne. Der Brustkorb ist verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig k&uuml;rzer und gedrungener, andere Verschiedenheiten h&auml;ngen direkt mit dem Geschlechtszweck zusammen. Die Angaben verschiedener Autoren &uuml;ber absolutes und relatives Gewicht der Eingeweide widersprechen sich oft sehr bedeutend, So verh&auml;lt sich das Herzgewicht zum K&ouml;rpergewicht beim Mann nach Vierordt wie 1:215, nach Cleudinning wie 1:158, beim Weibe nach denselben Autoren wie 1:206 bzw. 1:149. Im allgemeinen kann man wohl annehmen, da&szlig; die weiblichen Eingeweide, wenn auch meist absolut kleiner, so doch relativ, auf das K&ouml;rpergewicht bezogen, schwerer sind. Das Herzgewicht des Mannes stellt sich auf 350, das der Frau auf 310 Gramm. </P>
<P>F&uuml;r das Blut ergibt sich ein etwas gr&ouml;&szlig;erer Wassergehalt (80,11 Prozent gegen 78,15), eine geringere Zahl von Blutzellen (Blutk&ouml;rperchen) in der Raumeinheit (4,5 gegen 3 Millionen im Kubikmillimeter) und ein geringerer Gehalt an Blutfarbstoff (der Unterschied betr&auml;gt <A NAME="S283"><B>|283|</A></B> nach Ellis 8 Prozent). Bei dem Weibe bewirkt die geringere Gr&ouml;&szlig;e des Herzens, das engere Gef&auml;&szlig;system und wahrscheinlich auch der gr&ouml;&szlig;ere Wassergehalt des Blutes einen weniger intensiven Stoffverbrauch und eine geringere Ern&auml;hrung. Auch der schw&auml;chere Kieferapparat mag hieraus verst&auml;ndlich werden. "So erkl&auml;rt es sich, da&szlig; auch der zivilisierte Mann noch in manchem dem Tiere, besonders dem Affen, n&auml;hersteht als das Weib, da&szlig; er 'pithekoide' Charaktere aufweist, zu denen au&szlig;er der Entwicklung des Gesichtsskeletts auch die Lange der Gliedma&szlig;en genannt werden kann." </P>
<P>Was die Sch&auml;delunterschiede der Geschlechter betrifft, so mu&szlig; gleich hervorgehoben werden, da&szlig; nach Bartels ein durchgreifendes, in jedem einzelnen Falle nachweisbares Merkmal f&uuml;r die Zugeh&ouml;rigkeit eines Sch&auml;dels zu einem der beiden Geschlechter bisher nicht bekannt ist und wohl &uuml;berhaupt nicht existiert. Absolut genommen ist der m&auml;nnliche Sch&auml;del in s&auml;mtlichen Dimensionen gr&ouml;&szlig;er als beim Weibe. Dementsprechend ist auch der Sch&auml;delinnenraum und das Gewicht gr&ouml;&szlig;er (Verh&auml;ltnis 1.000:888). Die gesonderte Betrachtung von Hirn- und Gesichtssch&auml;del f&uuml;hrt aber zu etwas anderen Ergebnissen. Der letztere ist beim Manne nicht nur absolut, sondern auch relativ gr&ouml;&szlig;er. Dagegen sind die Dimensionen des Hirnsch&auml;dels beim Weibe durchweg relativ gr&ouml;&szlig;er. Auch aus den Zahlen f&uuml;r den Sch&auml;delinhalt ergibt sich ein relativ gr&ouml;&szlig;erer Sch&auml;del f&uuml;r das Weib. </P>
<P>Als Mittelzahl f&uuml;r s&auml;mtliche normale Gehirne erwachsener Personen ergibt sich f&uuml;r den Mann (nach Grosser) ein Gewicht von 1.388 Gramm, f&uuml;r das Weib von 1.252 Gramm.<A NAME="ZF4"><A HREF="beaa_268.htm#F4">(4)</A></A> Die &uuml;berwiegende Mehrzahl der Gewichte f&uuml;r das m&auml;nnliche Geschlecht (84 Prozent) liegt zwischen 1.250 und 1.550, f&uuml;r das weibliche (91 Prozent) zwischen 1.100 und 1.450 Gramm. Diese Gewichte sind aber nicht direkt vergleichbar, da das Weib kleiner ist als der Mann. Wir sind also auf Feststellung des relativen Hirngewichts angewiesen. Beim Vergleich mit dem K&ouml;rpergewicht entfallen beim Manne 21,6 Gramm, beim Weibe 23,6 Gramm Hirnsubstanz auf das Kilogramm K&ouml;rpergewicht. <A NAME="S284"><B>|284|</A></B> Die Erkl&auml;rung f&uuml;r das &Uuml;berwiegen wird haupts&auml;chlich in der Tatsache gesucht, da&szlig; die weibliche Statur kleiner ist.<A NAME="ZF5"><A HREF="beaa_268.htm#F5">(5)</A></A> </P>
<P>Andere Resultate gibt der Vergleich von gleich gro&szlig;en Individuen verschiedenen Geschlechts. Nach Marchand ist das weibliche Hirngewicht f&uuml;r alle Gr&ouml;&szlig;enklassen ausnahmslos geringer als das gleich gro&szlig;er M&auml;nner. Aber dies Verfahren ist ebensowenig korrekt wie der Vergleich mit der K&ouml;rperl&auml;nge. Er setzt voraus als bewiesen, was noch zu beweisen ist: eine direkte Beziehung zwischen K&ouml;rperl&auml;nge und Hirngewicht. Blakeman, Alice Lee und Karl Pearson haben auf Grund englischer Daten und Messungen festgestellt, da&szlig; im Hirngewicht kein merklicher relativer Unterschied zwischen Mann und Weib besteht, das hei&szlig;t, ein Mann mit gleicher K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e, Lebensalter und Kopfma&szlig;en wie das Durchschnittsweib w&uuml;rde von diesem keine Differenz im Hirngewicht zeigen.<A NAME="ZF6"><A HREF="beaa_268.htm#F6">(6)</A></A> </P>
<P>Sogar Marchand hebt hervor, da&szlig; die Kleinheit des weiblichen Gehirns vielleicht durch gr&ouml;&szlig;ere Feinheit seiner Nervenelemente bedingt ist. "Allerdings", sagt Grosser, "ist dies noch nicht mikroskopisch nachgewiesen und w&uuml;rde auch nur schwer festzustellen sein. Doch mu&szlig; im Wege der Analogie darauf hingewiesen werden, da&szlig; ja auch Augapfel und Ohrlabyrinth beim Weibe etwas kleiner sind als beim Manne, ohne da&szlig; deswegen diese Apparate in irgendeiner Hinsicht weniger fein und leistungsf&auml;hig w&auml;ren. Ein weiterer, ja wohl der Hauptgrund f&uuml;r eine wirklich geringere Entwicklung des weiblichen Gehirnes liegt in dem Umstand, da&szlig; die weibliche Muskulatur schw&auml;cher entwickelt ist."<A NAME="ZF7"><A HREF="beaa_268.htm#F7">(7)</A></A> </P>
<P>Soweit die angegebenen Verschiedenheiten auf der Natur des Geschlechtsunterschieds beruhen, sind sie selbstverst&auml;ndlich nicht zu &auml;ndern. Wieweit diese Verschiedenheiten in der Blut- und Gehirnverfassung durch andere Lebensweise (Ern&auml;hrung, geistige und physische Gymnastik, Besch&auml;ftigungsweise usw.) sich modifizieren lassen, ent- <A NAME="S285"><B>|285|</A></B> zieht sich zun&auml;chst jedem bestimmten Urteil.<I> Da&szlig; die Frau der heutigen Zeit sich in st&auml;rkerer Differenzierung vom Manne befindet als die Frau der Urzeit oder Frauen r&uuml;ckst&auml;ndigerer V&ouml;lker, scheint festzustehen und ist nach der sozialen Entwicklung, welche die letzten 1.000 bis 1.500 Jahre unter den Kulturv&ouml;lkern f&uuml;r die Frau hervorriefen, nur zu erkl&auml;rlich.</I> </P>
<P>Nach Havelock Ellis betrug die Sch&auml;delkapazit&auml;t des Weibes (die des Mannes mit 1.000 angenommen): </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=372>
<TR><TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<P><FONT SIZE=2>Neger</FONT></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>984</FONT></TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="28%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Russen</FONT></TD>
<TD WIDTH="23%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>884</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Hottentotten</FONT></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>951</FONT></TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="28%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Deutsche</FONT></TD>
<TD WIDTH="23%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>838 bis 897 <A NAME="ZF8"></FONT><A HREF="beaa_268.htm#F8"><FONT SIZE=2>(8)</FONT></A></A></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Hindu</FONT></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>944</FONT></TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="28%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Chinesen</FONT></TD>
<TD WIDTH="23%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>870</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Eskimo</FONT></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>951</FONT></TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="28%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Engl&auml;nder</FONT></TD>
<TD WIDTH="23%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>860 bis 862</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="26%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Holl&auml;nder</FONT></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>919 (909)</FONT></TD>
<TD WIDTH="8%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="28%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Pariser (19. Jahr)</FONT></TD>
<TD WIDTH="23%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>858</FONT></TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Die widersprechenden Angaben bei den Deutschen zeigen, da&szlig; die Messungen an sehr verschiedenem Material - quantitativ und qualitativ - vorgenommen worden sind und daher nicht absolut zuverl&auml;ssig sind. Eines aber geht sicher aus den Zahlen hervor. Neger-, Hottentotten-, Hindufrauen haben eine erheblich gr&ouml;&szlig;ere Sch&auml;delkapazit&auml;t als Deutsche, Engl&auml;nderinnen und Pariserinnen, und doch sind die letzteren s&auml;mtlich intelligenter. </P>
<P>Bei der Vergleichung des Hirngewichtes bekannter verstorbener M&auml;nner stellen sich &auml;hnliche Widerspr&uuml;che und Seltsamkeiten heraus. Nach Professor Reclam wog das Gehirn des Naturforschers Cuvier 1.830 Gramm, das Byrons 1.807, das des ber&uuml;hmten Mathematikers Gau&szlig; 1.492, des Philologen Hermann 1.358, des Pariser Pr&auml;fekten Hausmann 1.226 Gramm. Letzterer hatte ein Hirn, das unter dem Durchschnittsgewicht eines weiblichen Gehirns wog. Auch das Gehirn Gambettas wog erheblich unter allem Durchschnitt weiblicher Gehirne, es war nur 1.180 Gramm schwer. Auch Dante soll ein Gehirn gehabt haben, das unter dem Durchschnittsgewicht eines M&auml;nnerhirnes lag. Angaben &auml;hnlicher Art finden wir bei Havelock Ellis. Danach hatte ein gew&ouml;hnliches Individuum, dessen Hirn Bischoff wog, 2.222 Gramm, das Hirn des Dichters Turgenjew 2.012 Gramm, dagegen war das drittgr&ouml;&szlig;te Hirn das eines Narren aus der Grafschaft Hants; das Hirn eines gew&ouml;hnlichen Arbeiters wog 1.925 Gramm, das <A NAME="S286"><B>|286|</A></B> ebenfalls Bischoff untersuchte. Die schwersten Frauenhirne wogen zwischen 1.742 und 1.580 Gramm, zwei von diesen r&uuml;hrten von geisteskranken Frauen her. Auf dem deutschen Anthropologenkongre&szlig;, der im August 1902 zu Dortmund stattfand, konstatierte Professor Waldeyer, da&szlig; eine Untersuchung des Sch&auml;dels des im Jahre 1716 verstorbenen Philosophen Leibniz ergeben habe, da&szlig; dessen Inhalt nur 1.450 Kubikzentimeter betr&auml;gt, was einem Hirngewicht von 1.300 Gramm entspricht. Nach Hansemann, der die Gehirne von Mommsen, Bunsen und Adolph v. Menzel untersucht hatte, wog das Gehirn Mommsens 1.429,4 Gramm und war also nicht schwerer als das mittlere Gehirngewicht eines erwachsenen Mannes. Menzels Gehirn wog nur 1.298 Gramm und Bunsens noch weniger - 1.295 Gramm, also niedriger als das Durchschnittsgewicht und nicht bedeutend gr&ouml;&szlig;er als das Gehirngewicht einer Frau. Das sind frappante Tatsachen, welche die alte Auffassung, da&szlig; die geistigen F&auml;higkeiten nach dem Sch&auml;delinhalt bemessen werden k&ouml;nnten, vollst&auml;ndig &uuml;ber den Haufen werfen. </P>
<P>Raymoud Pearl kommt nach einer Untersuchung der englischen Daten zu folgendem Schlusse: "Es gibt keinen Beweis, da&szlig; zwischen den geistigen F&auml;higkeiten und dem Gehirngewicht engere Beziehungen vorhanden sind."<A NAME="ZF9"><A HREF="beaa_268.htm#F9">(9)</A></A> </P>
<P>Der englische Anthropologe W. Duckworth sagt: "Es gibt keinen bestimmten Beweis, da&szlig; bei den Menschen ein gro&szlig;es Hirngewicht von hohen geistigen F&auml;higkeiten begleitet ist. Weder das Hirngewicht, weder die Sch&auml;delkapazit&auml;t noch der Kopfumfang, wo sie festgestellt werden konnten, sind als Gradmesser der geistigen F&auml;higkeiten von irgendwelchem Nutzen."<A NAME="ZF10"><A HREF="beaa_268.htm#F10">(10)</A></A> </P>
<P>Kohlbr&uuml;gge, der in den letzten Jahren mit einer Reihe von Untersuchungen &uuml;ber Gehirne der Menschenrassen hervorgetreten ist, &auml;u&szlig;ert: "Intelligenz und Gehirngewicht sind zwei ganz voneinander unabh&auml;ngige Gr&ouml;&szlig;en. Auch das oft hervorgehobene h&ouml;here Gehirngewicht ber&uuml;hmter M&auml;nner wird als nicht beweiskr&auml;ftig zur&uuml;ckgewiesen, weil es wohl das mittlere allgemeine Gehirngewicht &uuml;bertrifft, aber nicht das der oberen gesellschaftlichen Klasse, zu welcher doch alle diese M&auml;nner geh&ouml;rten. Mit diesen Ausf&uuml;hrungen soll aber nicht <A NAME="S287"><B>|287|</A></B> bestritten werden, da&szlig; das Gehirngewicht besonders durch &uuml;berm&auml;&szlig;igen Arbeitsreiz in der Jugend zunehmen kann, wodurch das gr&ouml;&szlig;ere Gehirn der h&ouml;heren Gesellschaftsklasse oder der besseren Sch&uuml;ler (Sch&auml;delkapazit&auml;t) sich erkl&auml;ren lie&szlig;e, zumal wenn, wie bei bessersituierten Leuten Regel ist, &Uuml;berern&auml;hrung hinzutritt. Diese durch geistige &Uuml;beranstrengung hervorgerufene Gewichtszunahme hat bekanntlich auch ihre Schattenseite: Gehirne von Irren sind h&auml;ufig sehr schwer. Hauptsache ist, da&szlig; nicht nachgewiesen werden kann, da&szlig; Intelligenz (ganz etwas anderes als Arbeitsleistung) irgendwelche Beziehungen zum Gewicht hat. Auch f&uuml;r die &auml;u&szlig;ere Formbildung gilt, da&szlig; bisher keine Beziehungen zwischen bestimmten Formen und h&ouml;herer geistigen Ausbildung, Genialit&auml;t oder Intelligenz nachgewiesen werden konnten."<A NAME="ZF11"><A HREF="beaa_268.htm#F11">(11)</A></A> </P>
<P>Es steht also fest, da&szlig; sowenig wie die K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e einen Schlu&szlig; auf die K&ouml;rperkraft zul&auml;&szlig;t, ebensowenig gestattet das Gewicht der Gehirnmasse einen Schlu&szlig; auf die geistigen F&auml;higkeiten. Die gro&szlig;en S&auml;ugetiere, Elefant, Walfisch, Delphin usw., besitzen gr&ouml;&szlig;ere und schwerere Gehirne. In bezug auf das relative Hirngewicht &uuml;bertreffen sie die meisten V&ouml;gel und kleinen S&auml;ugetiere. Wir haben sehr kleine Tiere (Ameisen, Bienen), die an Intelligenz weit gr&ouml;&szlig;ere (zum Beispiel Schaf, Kuh) &uuml;bertreffen, ebenso wie oft Menschen von gro&szlig;er Gestalt an Geistesf&auml;higkeit weit hinter solchen von kleiner und unscheinbarer Gestalt zur&uuml;ckstehen. Es kommt mit gr&ouml;&szlig;ter Wahrscheinlichkeit weniger auf die Gehirnmasse an, als<I> auf die Gehirnorganisation und auf die &Uuml;bung und Anwendung der Gehirnkr&auml;fte</I>. </P>
<P>"Es ist meiner Ansicht nach" - sagt Professor L. Stieda - "der feinere Bau der Hirnrinde die unzweifelhafte Ursache f&uuml;r die Verschiedenheit der psychischen Funktionen: die Nervenzellen, die Zwischensubstanz, die Anordnung der Blutgef&auml;&szlig;e, die Beschaffenheit, Form, Gr&ouml;&szlig;e, Anzahl der Nervenzellen und nicht zu vergessen ihre Ern&auml;hrung, der Stoffwechsel in ihnen."<A NAME="ZF12"><A HREF="beaa_268.htm#F12">(12)</A></A></P>
<P>Das Gehirn mu&szlig;, wenn es seine F&auml;higkeiten voll entwickeln soll, so gut wie jedes andere Organ flei&szlig;ig ge&uuml;bt und entsprechend gen&auml;hrt <A NAME="S288"><B>|288|</A></B> werden; unterbleibt dieses oder wird die Ausbildung nach falscher Richtung unternommen, so tritt statt normaler Entwicklung nicht nur Hemmung, sondern geradezu Verkr&uuml;ppelung ein. Die eine Richtung wird auf Kosten der anderen gef&ouml;rdert. </P>
<P>Es gibt mehrere Anthropologen, wie Manouvrier und andere, die sogar beweisen, da&szlig; das Weib in morphologischer Beziehung h&ouml;her steht als der Mann. Das ist eine &Uuml;bertreibung. "Wenn wir die beiden Geschlechter vergleichen" - sagt Duckworth -, "so stellt sich heraus, da&szlig; es keinen konstanten Unterschied gibt, der ein Geschlecht in morphologischer Beziehung h&ouml;her erscheinen l&auml;&szlig;t als das andere."<A NAME="ZF13"><A HREF="beaa_268.htm#F13">(13)</A></A> </P>
<P>Havelock Ellis will nur eine Beschr&auml;nkung gelten lassen. Er glaubt, da&szlig; die Variationsbreite der Merkmale beim weiblichen Geschlecht geringer ausf&auml;llt als beim m&auml;nnlichen. Aber Karl Pearson hat in einer Gegenkritik ausf&uuml;hrlich bewiesen, da&szlig; es nur ein pseudowissenschaftlicher Aberglaube ist.<A NAME="ZF14"><A HREF="beaa_268.htm#F14">(14)</A></A> </P>
<P>Niemand, der einigerma&szlig;en die Geschichte der Frauenentwicklung kennt, wird aber bestreiten, da&szlig; seit Jahrtausenden an der Frau stark ges&uuml;ndigt wurde und noch ges&uuml;ndigt wird. Wenn dagegen Professor Bischoff behauptet, die Frau habe so gut als der Mann ihr Gehirn und ihre Intelligenz ausbilden k&ouml;nnen, so zeigt diese Behauptung in bezug auf den er&ouml;rterten Gegenstand ein unerlaubtes und unerh&ouml;rtes Ma&szlig; von Ignoranz. Die in dieser Schrift gegebene Darstellung &uuml;ber die Stellung der Frau im Laufe unserer Kulturentwicklung l&auml;&szlig;t es vollkommen erkl&auml;rlich erscheinen, da&szlig; die Jahrtausende w&auml;hrende Herrschaftsstellung des Mannes wesentlich die gro&szlig;en Unterschiede in der geistigen und physischen Entwicklung verschuldete. </P>
<P>Unsere Naturforscher sollten anerkennen, da&szlig; die Gesetze ihrer Wissenschaft auch voll auf den Menschen anzuwenden sind. Vererbung und Anpassung gelten f&uuml;r den Menschen wie f&uuml;r jedes andere Naturwesen. Macht aber der Mensch keine Ausnahme in der Natur, so mu&szlig; auch die Entwicklungslehre auf ihn angewandt werden, wodurch sonnenklar wird, was sonst tr&uuml;be und dunkel bleibt und dann Gegenstand wissenschaftlicher Mystik oder mystischer Wissenschaft wird. Entsprechend der verschiedenen Erziehung der Geschlechter - wenn <A NAME="S289"><B>|289|</A></B> diese Bezeichnung f&uuml;r einen gro&szlig;en Teil der Vergangenheit, namentlich f&uuml;r die Frau erlaubt und der Ausdruck Aufziehung nicht richtiger ist - hat sich auch die<I> Gehirnbildung</I> bei den Geschlechtern entwickelt. Die Physiologen sind einig dar&uuml;ber, da&szlig; die Hirnpartien, die den Verstand beeinflussen, in den vorderen Partien des Gehirns liegen, und diejenigen, die vorzugsweise das Gef&uuml;hls- und Gem&uuml;tsleben beeinflussen, im Mittelkopf zu suchen sind. Bei dem Manne ist der Vorderkopf, bei der Frau der Mittelkopf mehr entwickelt.<I> Demgem&auml;&szlig; hat sich der Sch&ouml;nheitsbegriff f&uuml;r Mann und Frau gebildet.</I> Nach dem griechischen Sch&ouml;nheitsbegriff, der noch heute ma&szlig;gebend ist,<I> soll die Frau eine schmale, der Mann eine hohe und namentlich breite Stirne haben</I>. Und dieser Sch&ouml;nheitsbegriff, der ein Ausdruck ihrer Erniedrigung ist, ist unseren Frauen so eingepr&auml;gt, da&szlig; sie eine h&ouml;here Stirne als eine Unsch&ouml;nheit betrachten, und die Natur durch die Kunst zu verbessern suchen, indem sie sich die Haare &uuml;ber die Stirne ziehen, damit sie niedriger erscheint.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_14_4">4. Der Darwinismus und der Zustand der Gesellschaft</A></P>
</I><P>Es ist also nicht erwiesen, da&szlig; die Frauen infolge ihrer Gehirnmasse gegen&uuml;ber den M&auml;nnern unterb&uuml;rtig sind, demnach braucht man sich nicht zu wundern, da&szlig; gegenw&auml;rtig die Frauen geistig sind, wie sie sind. Darwin hat sicher recht, zu sagen, da&szlig; eine Liste der ausgezeichnetsten M&auml;nner in Poesie, Malerei, Skulptur, Musik, Wissenschaft und Philosophie neben einer gleichen Liste der ausgezeichnetsten Frauen auf diesen Gebieten nebeneinander gestellt, keinen Vergleich miteinander aushalten. Aber kann es anders sein?<I> Verwunderlich w&uuml;rde sein, wenn es nicht so w&auml;re.</I> Deshalb antwortet auch Dr. Dodel-Z&uuml;rich <A NAME="ZF15"><A HREF="beaa_268.htm#F15">(15)</A></A>, da&szlig; dies sich anders verhalten w&uuml;rde, wenn eine Reihe von Generationen hindurch Frauen und M&auml;nner gleichm&auml;&szlig;ig erzogen und in der Aus&uuml;bung jener K&uuml;nste und Disziplinen unterwiesen w&uuml;rden. Die Frau ist durchschnittlich genommen auch physisch schw&auml;cher als der Mann, was bei vielen wilden V&ouml;lkern keineswegs der Fall ist.<A NAME="ZF16"><A HREF="beaa_268.htm#F16">(16)</A></A> Was &Uuml;bung und Erziehung von Jugend auf verm&ouml;gen, sieht <A NAME="S290"><B>|290|</A></B> man zum Beispiel an Zirkusdamen und Akrobatinnen, die an Mut, Waghalsigkeit, Gewandtheit und K&ouml;rperkraft das Erstaunlichste leisten. </P>
<P>Da eine solche Entwicklung Sache der Lebensbedingungen und der Erziehung, naturwissenschaftlich derb ausgedr&uuml;ckt der "Z&uuml;chtung" ist, darf als sicher angenommen werden, da&szlig; das physische und geistige Leben der Menschen zu den sch&ouml;nsten Resultaten f&uuml;hrt, sobald der Mensch<I> zweck- und zielbewu&szlig;t in seine Entwicklung eingreift</I>. </P>
<P>Wie Pflanzen und Tiere von ihren Existenzbedingungen abh&auml;ngen, g&uuml;nstige sie f&ouml;rdern. ung&uuml;nstige sie hemmen und Zwangsverh&auml;ltnisse sie n&ouml;tigen, ihr Wesen und ihren Charakter zu &auml;ndern, vorausgesetzt, da&szlig; sie unter deren Einwirkung nicht zugrunde gehen, so ergeht es auch dem Menschen. Die Art und Weise, wie der Mensch seine Existenz gewinnt und erh&auml;lt, beeinflu&szlig;t nicht nur sein &auml;u&szlig;eres Wesen, sondern auch sein F&uuml;hlen, sein Denken und Handeln. Sind ung&uuml;nstige Existenzbedingungen der Menschen - das hei&szlig;t Mangelhaftigkeit des Sozialzustandes - Ursache mangelhafter individueller Entwicklung, so folgt daraus, da&szlig; durch Ver&auml;nderung seiner Existenzbedingungen, das hei&szlig;t seines Sozialzustandes, der Mensch selbst ver&auml;ndert wird. Es handelt sich also darum, die sozialen Zust&auml;nde in der Weise zu gestalten, da&szlig; jeder Mensch die M&ouml;glichkeit zur vollen, ungehinderten Entwicklung seines Wesens erh&auml;lt, da&szlig; die Gesetze der Entwicklung und Anpassung, die nach Darwin mit der Bezeichnung des Darwinismus belegt werden, zweck- und zielbewu&szlig;t f&uuml;r alle Menschen zur Wirksamkeit kommen. Das ist aber nur m&ouml;glich im Sozialismus. </P>
<P>Die Menschen m&uuml;ssen als denkende und erkennende Wesen ihre Lebensbedingungen, das hei&szlig;t ihre sozialen Zust&auml;nde und alles, was damit zusammenh&auml;ngt, zielbewu&szlig;t &auml;ndern und vervollkommnen, und zwar dergestalt, da&szlig; f&uuml;r alle gleich g&uuml;nstige Daseinsbedingungen vorhanden sind. Jeder einzelne soll seine Anlagen und F&auml;higkeiten zu seinem eigenen wie zum Wohle der Gesamtheit entwickeln k&ouml;nnen, er darf aber nicht die Macht haben, anderen oder der Gesamtheit zu schaden. Sein eigener Vorteil und derjenige aller sollen sich decken. <A NAME="S291"><B>|291|</A></B> Die Interessenharmonie mu&szlig; an Stelle der Interessengegens&auml;tze treten, die heute die Gesellschaft beherrschen. </P>
<P>Der Darwinismus ist wie jede wirkliche Wissenschaft eine eminent demokratische Wissenschaft <A NAME="ZF17"><A HREF="beaa_268.htm#F17">(17)</A></A>; behauptet ein Teil seiner Vertreter das Gegenteil, so wei&szlig; dieser die Tragweite seiner eigenen Wissenschaft nicht zu beurteilen. Die Gegner, insbesondere die Geistlichkeit, die stets eine feine Nase hat, sobald es sich f&uuml;r sie um Vorteile oder Schaden handelt, haben das begriffen, und deshalb denunzieren sie den Darwinismus als sozialistisch oder atheistisch. Hierin stimmt auch Professor<I> Virchow</I> mit seinen heftigsten Gegnern &uuml;berein, der auf der Naturforscherversammlung in M&uuml;nchen im Jahre 1877 gegen Professor<I> Haeckel</I> austrumpfte: "Die Darwinsche Theorie f&uuml;hrt zum Sozialismus."<A NAME="ZF18"><A HREF="beaa_268.htm#F18">(18)</A></A> Virchow versuchte den Darwinismus zu diskreditieren, weil Haeckel die Aufnahme der Entwicklungslehre in den Schulplan verlangte. Die Naturwissenschaft im Sinne Darwins und der neueren Naturforschung in der Schule zu lehren, dagegen k&auml;mpft alles, was an der gegenw&auml;rtigen Ordnung der Dinge festhalten will. Man kennt die revolution&auml;re Wirkung dieser Lehren, deshalb das Verlangen, sie nur im Kreise der Auserw&auml;hlten gelehrt zu sehen. Wir denken aber: F&uuml;hren die Darwinschen Theorien zum Sozialismus, wie Virchow behauptet, so beweist das nichts gegen diese Theorien, sondern f&uuml;r den Sozialismus. M&auml;nner der Wissenschaft d&uuml;rfen nicht danach fragen, ob die <A NAME="S292"><B>|292|</A></B> Konsequenzen einer Wissenschaft zu dieser oder jener Staatseinrichtung, zu diesem oder jenem Sozialzustand f&uuml;hren oder ihn rechtfertigen, sie haben zu pr&uuml;fen, ob die Theorien richtig sind,<I> und sind sie das, so sind sie mit allen Konsequenzen anzunehmen</I>. Wer anders handelt, sei es aus pers&ouml;nlichem Vorteil, sei es wegen Gunst von oben, oder aus Klassen- oder Parteiinteresse, handelt ver&auml;chtlich und macht der Wissenschaft keine Ehre. Die Vertreter der z&uuml;nftigen Wissenschaft, insbesondere an unseren Universit&auml;ten, k&ouml;nnen allerdings nur in seltenen F&auml;llen auf Selbst&auml;ndigkeit und Charakter Anspruch machen. Die Furcht, die Pfr&uuml;nde zu verlieren, an Gunst von oben einzub&uuml;&szlig;en, auf Titel, Orden und Bef&ouml;rderung Verzicht leisten zu m&uuml;ssen, veranla&szlig;t die meisten dieser Vertreter, sich zu ducken und ihre &Uuml;berzeugungen zu verbergen oder gar &ouml;ffentlich das Gegenteil von dem zu sagen, was sie glauben und wissen. Wenn ein Du Bois-Reymond gelegentlich einer Huldigungsfeier an der Berliner Universit&auml;t 1870 ausrief: "Die Universit&auml;ten sind die Erziehungsst&auml;tten f&uuml;r die geistige Leibwache der Hohenzollern", dann kann man beurteilen, wie die Mehrzahl der &uuml;brigen &uuml;ber den Zweck der Wissenschaft denkt, die an Bedeutung tief unter Du Bois-Reymond steht.<A NAME="ZF19"><A HREF="beaa_268.htm#F19">(19)</A></A> Die Wissenschaft wird zur dienenden Magd der Gewalt herabgew&uuml;rdigt. </P>
<P>Es ist erkl&auml;rlich, da&szlig; Professor Haeckel und seine Anh&auml;nger, Professor O. Schmidt, v. Hellwald und andere, sich energisch gegen den entsetzlichen Vorwurf wehren, der Darwinismus arbeite dem Sozialismus in die H&auml;nde, und behaupten, das Gegenteil sei richtig, der Darwinismus sei aristokratisch, indem er lehre, da&szlig; &uuml;berall in der Natur das h&ouml;her organisierte und st&auml;rkere Lebewesen das niedere unterdr&uuml;cke. Und da, nach ihnen, die besitzenden und gebildeten Klassen diese h&ouml;her organisierten und st&auml;rkeren Lebewesen innerhalb der Gesellschaft darstellten, so betrachten sie deren Herrschaft als selbstverst&auml;ndlich, weil naturgesetzlich berechtigt. </P>
<P>Diese Richtung unter unseren Darwinianern hat keine Ahnung . von den wirtschaftlichen Gesetzen, welche die b&uuml;rgerliche Gesellschaft beherrschen, deren blinde Herrschaft weder den Besten noch den Geschicktesten, noch den T&uuml;chtigsten auf die gesellschaftliche H&ouml;he erhebt, oft aber den<I> Geriebensten</I> und<I> Verdorbensten</I> und diesen in die <A NAME="S293"><B>|293|</A></B> Lage setzt, die Daseins- und Entwicklungsbedingungen f&uuml;r seine Nachkommen zu den angenehmsten zu machen, ohne da&szlig; diese daf&uuml;r einen Finger zu kr&uuml;mmen brauchen. Unter keinem Wirtschaftssystem besitzen, durchschnittlich genommen, Individuen mit menschlich guten und edlen Eigenschaften so wenig Aussicht auf Emporkommen und Obenbleiben als unter der kapitalistischen Wirtschaftsordnung. Man kann ohne &Uuml;bertreibung sagen, diese Unwahrscheinlichkeit w&auml;chst, wie dieses Wirtschaftssystem seinem H&ouml;hepunkt entgegenstrebt. R&uuml;cksichtslosigkeit und Gewissenlosigkeit in der Wahl und Anwendung der Mittel sind unendlich wirksamere, mehr Erfolg versprechende Waffen als alle menschlichen Tugenden zusammengenommen. Und eine auf solcher Basis aufgebaute Gesellschaft als eine Gesellschaft "der F&auml;higsten und Besten" anzusehen, das kann nur jemand, dessen Kenntnis von dem Wesen und der Natur dieser Gesellschaft gleich Null ist oder der, von b&uuml;rgerlichen Vorurteilen beherrscht, in bezug auf sie das Denken und das Schl&uuml;sseziehen verlernt hat. Der Kampf ums Dasein ist bei allen Organismen vorhanden, ohne Einsicht in die Umst&auml;nde, die sie dazu n&ouml;tigen, er vollzieht sich ihnen unbewu&szlig;t. Dieser Kampf ums Dasein ist auch in der Menschenwelt, unter den Gliedern jeder Gesellschaft vorhanden, in der die Solidarit&auml;t verschwand oder noch nicht zur Geltung kam. Dieser Kampf ums Dasein &auml;ndert sich nach den Formen, welche im Laufe der Entwicklung die sozialen Beziehungen der Menschen untereinander nehmen; er nimmt den Charakter von Klassenk&auml;mpfen an, die sich auf immer h&ouml;herer Stufenleiter abspielen. Aber diese K&auml;mpfe f&uuml;hren - und darin unterscheiden sich die Menschen von allen anderen Wesen - zu immer h&ouml;herer Einsicht in das Wesen der Gesellschaft und schlie&szlig;lich zur Erkenntnis der Gesetze, welche ihre Entwicklung beherrschen und bedingen.<I> Schlie&szlig;lich haben die Menschen nur n&ouml;tig, diese Erkenntnis auf ihre politischen und sozialen Einrichtungen anzuwenden und diese entsprechend umzuformen.</I> Der Unterschied zwischen Mensch und Tier ist also, da&szlig;<I> der Mensch ein denkendes Tier genannt werden kann, das Tier aber kein denkender Mensch ist</I>. Das begreift ein gro&szlig;er Teil unserer Darwinianer in ihrer Einseitigkeit nicht. Daher der falsche Zirkelschlu&szlig;, den sie machen.<A NAME="ZF20"><A HREF="beaa_268.htm#F20">(20)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S294">|294|</A></B> Professor Haeckel und seine Anh&auml;nger bestreiten auch, da&szlig; der Darwinismus zum Atheismus f&uuml;hre, und so machen sie, nachdem sie durch alle ihre wissenschaftlichen Ausf&uuml;hrungen und Beweise den "Sch&ouml;pfer"<I> beseitigt</I> haben, krampfhafte Versuche, ihn durch die Hintert&uuml;r hereinzuschmuggeln. Zu diesem Zwecke bildet man sich seine eigene Art von "Religion", die man "h&ouml;here Sittlichkeit", "sittliche Prinzipien" usw. nennt. Professor Haeckel machte 1882 auf der Naturforscherversammlung in Eisenach in Gegenwart der gro&szlig;herzoglich Weimarschen Familie den Versuch, nicht nur die Religion zu retten, sondern auch seinen Meister Darwin als religi&ouml;s hinzustellen. Der Versuch scheiterte, wie jeder, der jenen Vortrag und den dabei zitierten Brief Darwins gelesen, best&auml;tigen wird.<A NAME="ZF21"><A HREF="beaa_268.htm#F21">(21)</A></A> Der Brief Darwins besagte das Gegenteil von dem, allerdings in vorsichtigen Ausdr&uuml;cken, was er nach Professor Haeckel besagen sollte. Darwin mu&szlig;te R&uuml;cksicht auf die "Fr&ouml;mmigkeit" seiner Landsleute, der Engl&auml;nder, nehmen, deshalb wagte er nie, &ouml;ffentlich &uuml;ber die Religion seine wahre <A NAME="S295"><B>|295|</A></B> Meinung zu sagen. Aber privatim tat er dieses, wie kurz nach der Weimarer Versammlung bekannt wurde, gegen&uuml;ber Dr. L. B&uuml;chner, dem er mitteilte,<I> da&szlig; er seit seinem vierzigsten Lebensjahr - also seit 1849 - nichts mehr glaube, weil er keine Beweise f&uuml;r den Glauben habe erlangen k&ouml;nnen</I>. Darwin unterst&uuml;tzte auch in den letzten Jahren seines Lebens eine in New York erscheinende atheistische Zeitung.<I> </P>
<P ALIGN="CENTER"><A NAME="Kap_14_5">5. Die Frau und die freien Berufe</A></P>
</I><P>Die Frauen sollen auch auf geistigem Gebiet den Wettkampf mit dem Manne aufnehmen; sie haben nicht zu warten, bis es den M&auml;nnern beliebt, ihre Gehirnfunktionen zu entwickeln und ihnen freie Bahn zu schaffen. Diese Bewegung ist in vollem Flu&szlig;. Schon haben die Frauen viele Hindernisse hinwegger&auml;umt und sich in die geistige Arena begeben - in einer Reihe von L&auml;ndern mit besonderem Erfolg. Die Bewegung, die sich unter ihnen f&uuml;r die Zulassung zum Studium auf Universit&auml;ten und Hochschulen und zu den diesem Studium entsprechenden Wirkungskreisen immer mehr bemerkbar macht, ist nach der Natur unserer Verh&auml;ltnisse auf die b&uuml;rgerlichen Frauenkreise beschr&auml;nkt. Die proletarischen sind dabei nicht direkt interessiert, denn ihnen sind vorl&auml;ufig diese Studien und die auf Grund derselben zug&auml;ngigen Stellungen verschlossen. Gleichwohl ist diese Bewegung und ihr Erfolg von allgemeinem Interesse. Einmal handelt es sich um eine prinzipielle Forderung, welche die Stellung der Frau im allgemeinen gegen&uuml;ber der M&auml;nnerwelt betrifft, dann soll bewiesen werden, was die Frauen schon gegenw&auml;rtig, unter im ganzen f&uuml;r ihre Entwicklung h&ouml;chst ung&uuml;nstigen Verh&auml;ltnissen, zu leisten verm&ouml;gen. Weiter haben die Frauen ein Interesse, zum Beispiel in Krankheitsf&auml;llen von &Auml;rzten ihres Geschlechtes, welchen sie sich ungenierter anvertrauen als m&auml;nnlichen, behandelt zu werden, falls sie dies f&uuml;r notwendig erachten. F&uuml;r einen gro&szlig;en Teil unserer Frauen sind weibliche &Auml;rzte eine Wohltat, denn der Umstand, da&szlig; sie sich in Krankheitsf&auml;llen und in ihren so verschiedenartigen, mit dem Geschlechtszweck zusammenh&auml;ngenden k&ouml;rperlichen St&ouml;rungen M&auml;nnern anvertrauen sollen, hindert sie h&auml;ufig, rechtzeitig oder &uuml;berhaupt &auml;rztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Daraus entstehen eine Menge von Unannehmlichkeiten und die schlimmsten Folgen nicht blo&szlig; f&uuml;r die Frauen, sondern auch f&uuml;r ihre <A NAME="S296"><B>|296|</A></B> M&auml;nner. Es gibt kaum einen Arzt, der &uuml;ber diese manchmal verbrecherische Zur&uuml;ckhaltung der Frauen und ihre Abneigung, ihre &Uuml;bel einzugestehen, nicht zu klagen h&auml;tte. Das ist begreiflich, unvern&uuml;nftig ist, da&szlig; die M&auml;nner, und namentlich auch viele &Auml;rzte, nicht einsehen wollen, wie berechtigt und notwendig deshalb auch das Studium der Medizin f&uuml;r Frauen ist. </P>
<P>Weibliche &Auml;rzte sind keine neue Erscheinung. Bei den meisten alten V&ouml;lkern, insbesondere auch den alten Deutschen, waren es Frauen, die dem Beruf der Heilpflege oblagen. &Auml;rztinnen und Operateurinnen von gro&szlig;em Rufe gab es im neunten und zehnten Jahrhundert im Araberreich, insbesondere unter der Herrschaft der Araber (Mauren) in Spanien, wo sie an der Universit&auml;t Cordoba studierten. Dem Einflu&szlig; der Mauren war auch das Studium der Frauen auf verschiedenen italienischen Universit&auml;ten, wie zu Bologna und Palermo, geschuldet. Als sp&auml;ter der "heidnische" Einflu&szlig; in Italien schwand, ging man zum Verbot dieser Studien &uuml;ber. So dekretierte 1377 das Universit&auml;tskollegium zu Bologna: </P>
<P>"Und weil das Weib das Haupt der S&uuml;nde, die Waffe des Teufels, die Ursache der Vertreibung aus dem Paradies und das Verderbnis des alten Gesetzes ist, und weil deswegen jede Unterhaltung mit demselben eifrigst zu vermeiden ist, so untersagen und verbieten wir ausdr&uuml;cklich, da&szlig; irgendeiner sich unterfange, irgendein Weib, und sei dasselbe auch noch so ehrbar, in das genannte Kollegium einzuf&uuml;hren. Und wenn solches einer dennoch tut, so soll er vom Rektor schwer bestraft werden." </P>
<P>Die Zulassung der Frauen zum Studium hat vor allen Dingen den Erfolg, da&szlig; die weibliche Konkurrenz sehr vorteilhaft auf den Lerneifer unserer m&auml;nnlichen Jugend wirkt, der viel zu w&uuml;nschen &uuml;brig l&auml;&szlig;t, wie von den verschiedensten Seiten best&auml;tigt wird. Das allein ist schon ein gro&szlig;er Gewinn. Auch w&uuml;rden dadurch ihre Sitten wesentlich verbessert; die Trunk- und H&auml;ndelsucht, das Kneipleben unserer studierenden Jugend erhielte einen derben Sto&szlig;; an den St&auml;tten, von denen unsere Staatslenker, Richter, Staatsanw&auml;lte, h&ouml;heren Polizeibeamten, Geistlichen und Volksvertreter usw. haupts&auml;chlich ausgehen, w&uuml;rde sich ein Ton einb&uuml;rgern, der mehr den Aufgaben entspricht, f&uuml;r die sie gegr&uuml;ndet wurden und unterhalten werden. Und nach dem einstimmigen Urteil unparteiischer Sachverst&auml;ndiger ist eine Verbesserung dieses Tones dringend geboten.</P>
<B><P><A NAME="S297">|297|</A></B> Die Zahl der Staaten, die Frauen zum Studium auf ihren Universit&auml;ten und Hochschulen zulassen, ist in den letzten Jahrzehnten in rascher Zunahme begriffen. Keiner, der Anspruch darauf macht, ein Kulturstaat zu sein, kann sich auf die Dauer diesem Verlangen verschlie&szlig;en. Allen voran gingen die Vereinigten Staaten, ihnen folgte Ru&szlig;land, zwei Staatswesen, die in jeder Beziehung die schroffsten Gegens&auml;tze darstellen. In der Nordamerikanischen Union sind die Frauen in allen Staaten zum Studium zugelassen; in Utah seit 1850, in Iowa seit 1860, in Kansas seit 1866, in Wisconsin seit 1868, in Minnesota seit 1869, in Kalifornien und Missouri seit 1870, in Ohio, Illinois und Nebraska seit 1871, und seitdem folgten alle &uuml;brigen Staaten nach. Entsprechend dieser Ausdehnung des Frauenstudiums haben sich in den Vereinigten Staaten auch die Frauen ihre Stellungen erobert. Nach dem Zensus von 1900 gab es 7.399 weibliche &Auml;rzte und Wund&auml;rzte, 5.989 Schriftstellerinnen, 1.041 weibliche Architekten, 3.405 weibliche Geistliche, 1.010 weibliche Rechtsanw&auml;lte, 327.905 Lehrerinnen. </P>
<P>In Europa war es vorzugsweise die Schweiz, die ihre Universit&auml;ten dem Studium der Frauen &ouml;ffnete. Die Gesamtheit der Studierenden einschlie&szlig;lich der H&ouml;rer und H&ouml;rerinnen betrug: </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=286>
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<P></TD>
<TD WIDTH="16%" VALIGN="TOP"></TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Darunter Studentinnen</FONT></TD>
<TD WIDTH="31%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">Einschlie&szlig;lich der H&ouml;rerinnen</FONT></TD>
</TR>
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</TR>
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</TABLE>
</CENTER></P>
<P>Auf die verschiedenen Fakult&auml;ten verteilten sich die Studentinnen im Wintersemester 1906/07: Rechtswissenschaft 75, Medizin 1.181, Philosophie 648. Nach der Nationalit&auml;t waren 172 Schweizerinnen und 1.732 Ausl&auml;nderinnen. Die Zahl der studierenden weiblichen Deutschen hat abgenommen, weil diese nunmehr auf den deutschen Universit&auml;ten, wenn auch unter gewissen Beschr&auml;nkungen, zugelassen werden. Im Jahre 1906/07 betrug die Zahl der regelrecht immatrikulierten Studentinnen zirka 30 Prozent aller immatrikulierten Studenten und einschlie&szlig;lich der H&ouml;rerinnen 37 Prozent aller Studierenden und H&ouml;rer. In England sind die Frauen zu den Universit&auml;tsvorlesungen zugelassen, aber in Oxford und Cambridge bleibt ihnen die Zulassung zu den Graden verwehrt. In Frankreich gab es im Jahre <A NAME="S298"><B>|298|</A></B> 1905 33.168 Studierende, darunter 1.922 Studentinnen (774 Ausl&auml;nderinnen). Sie verteilten sich folgenderma&szlig;en: Rechtswissenschaft 57, Medizin 386, Naturwissenschaften 259, Literatur 838, Sonstige 382. Staaten, in denen die Frauen zum Studium zugelassen werden, sind die Vereinigten Staaten, England, Holland, Belgien, D&auml;nemark, Schweden, Norwegen, Ru&szlig;land, Deutschland, &Ouml;sterreich-Ungarn, Italien, Schweiz, Frankreich, T&uuml;rkei und Australien. Weibliche &Auml;rzte sind zugelassen in Indien, Abessinien, Persien, Marokko, China usw. Insbesondere finden in den orientalischen Staaten weibliche &Auml;rzte immer mehr Boden. Die Beschr&auml;nkungen, die in diesen L&auml;ndern Religion und Sitte der Frau auferlegen, lassen hier weibliche &Auml;rzte als eine gro&szlig;e Wohltat erscheinen. </P>
<P>Nach langen K&auml;mpfen und gro&szlig;en Anstrengungen ist endlich auch Deutschland, wenn auch erst zaghaft, in neue Bahnen eingelenkt. Durch Beschlu&szlig; des Bundesrats vom 24. April 1899 sind den Frauen die medizinischen und zahn&auml;rztlichen Pr&uuml;fungen sowie die Pr&uuml;fung zum Apothekerberuf unter den gleichen Bedingungen wie den M&auml;nnern freigegeben. Durch einen zweiten Beschlu&szlig; des Bundesrats vom 28. Juli 1900 wurden die im Ausland approbierten &Auml;rztinnen im Deutschen Reiche, wenn sie Reichsangeh&ouml;rige sind, zugelassen, auch werden &Auml;rztinnen ihre im Ausland begonnenen Studien angerechnet. Schon vor dem Jahre 1898 war an einzelnen deutschen Universit&auml;ten, so in Heidelberg und G&ouml;ttingen, Frauen das Studium gestattet worden. Im Wintersemester 1901/02 wurden bereits in den Universit&auml;tsverzeichnissen 1.270 H&ouml;rerinnen aufgef&uuml;hrt. Auch wurden von einer Reihe deutscher St&auml;dte M&auml;dchengymnasien und Realgymnasien gegr&uuml;ndet, so in Karlsruhe, Stuttgart, Hannover, K&ouml;nigsberg, Hamburg, Frankfurt a.M., Breslau, Berlin, Sch&ouml;neberg, Mannheim usw. Erst im Fr&uuml;hjahr 1902 war wiederum das Gesuch um Immatrikulation weiblicher Studierender, wenn sie das Reifezeugnis eines deutschen Gymnasiums haben, vom Senat der Berliner Universit&auml;t abgelehnt worden. Der Widerstand sehr einflu&szlig;reicher Kreise in Deutschland gegen das Frauenstudium war noch nicht gebrochen. So hielt der preu&szlig;ische Kultusminister im M&auml;rz 1902 im preu&szlig;ischen Landtag eine Rede, in der er unter anderem ausf&uuml;hrte: Die M&auml;dchengymnasien seien ein Experiment, das die Unterrichtsverwaltung ablehnen m&uuml;sse; er f&uuml;rchte, da&szlig; die durch die Natur gegebenen und durch die Kultur entwickelten Unterschiede zwischen Mann und Frau durch den Gym- <A NAME="S299"><B>|299|</A></B> nasiums- und Universit&auml;tsbesuch leiden k&ouml;nnten. Der deutschen Familie m&uuml;sse die Eigent&uuml;mlichkeit der deutschen Frau nach M&ouml;glichkeiten erhalten werden. Das ist ganz nach der alten Schablone gedacht. Auch ein gro&szlig;er Teil der deutschen Professoren war nach wie vor dem weiblichen Studium abgeneigt, obgleich andere zugaben, da&szlig; viele der zum Studium zugelassenen Frauen den an sie gestellten Anspr&uuml;chen im vollsten Ma&szlig;e entsprechen, manche sogar in ausgezeichneter Weise. Und wie ein Teil der Studentenschaft - wahrscheinlich die sehr gro&szlig;e Mehrheit - &uuml;ber das Frauenstudium dachte, davon legt ein Protest der Klinikerschaft zu Halle aus dem M&auml;rz 1902 Zeugnis ab, den diese zur Unterst&uuml;tzung an die Kliniker Deutschlands ver&ouml;ffentlichte. Nachdem darin auseinandergesetzt worden war, da&szlig; die Agitation des Vereins "Frauenbildung - Frauenstudium" in Berlin f&uuml;r Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium ihren Protest veranla&szlig;t habe, hei&szlig;t es: "Nachdem durch diesen Schritt die Frage vor das Forum der &Ouml;ffentlichkeit gezogen ist, wendet sich die Hallenser Klinikerschaft an die Kreise, f&uuml;r welche die Entscheidung in dieser Frage in erster Linie Interesse und Bedeutung hat, an die Kliniker der deutschen Universit&auml;ten, weil sie entweder die erw&auml;hnten Unertr&auml;glichkeiten aus eigener Erfahrung kennen oder sich doch vorstellen k&ouml;nnen,<I> welche peinlichen und jeder Schamhaftigkeit spottenden Situationen dieser gemeinsame klinische Unterricht</I> hier und da herbeif&uuml;hren mu&szlig;,<I> Situationen, welche zu widerw&auml;rtig sind, als da&szlig; man sie, ohne Ansto&szlig; zu erregen, hier genauer pr&auml;zisieren k&ouml;nnte</I>. Die medizinische Fakult&auml;t der Universit&auml;t Halle hat als eine der ersten im Deutschen Reiche den Versuch gemacht, Frauen zum medizinischen Studium zuzulassen, und dieser Versuch ist als<I> durchaus mi&szlig;gl&uuml;ckt</I> zu bezeichnen.<I> In den St&auml;tten ehrlichen Strebens ist mit den Frauen der Zynismus eingezogen</I>, und Szenen, f&uuml;r Lehrer und Sch&uuml;ler wie f&uuml;r die Patienten in gleichem Ma&szlig;e ansto&szlig;erregend, sind an der Tagesordnung.<I> Hier wird die Emanzipation der Frau zur Kalamit&auml;t, hier ger&auml;t sie mit der Sittlichkeit in Konflikt</I>, und deshalb mu&szlig; ihr hier ein Riegel vorgeschoben werden. Kollegen! Wer k&ouml;nnte es wagen, angesichts dieser Tatsachen noch Stellung zu nehmen gegen unsere berechtigten Forderungen! Wir fordern<I> die Ausschlie&szlig;ung der Frauen vom klinischen Unterricht</I>, weil uns die Erfahrung gelehrt hat, da&szlig; ein gemeinsamer klinischer Unterricht der m&auml;nnlichen und weiblichen Zuh&ouml;rer sich mit dem Interesse eines gr&uuml;ndlichen medizinischen Studiums ebensowenig ver- <A NAME="S300"><B>|300|</A></B> tr&auml;gt als<I> mit den Grunds&auml;tzen der Schicklichkeit und Moral</I>. Die von uns angeregte Frage hat jetzt ihren lokalen Charakter verloren. Schon hat man h&ouml;heren Ortes von einer definitiven Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium etwas verlauten lassen. Ihr alle seid jetzt in gleicher Weise an unserer Sache interessiert, und deshalb fordern wir euch auf: Nehmt Stellung zu dieser Frage und vereinigt euch mit uns zum gemeinsamen Protest." </P>
<P>Dieser "Protest" ist ein schlagender Beweis f&uuml;r die Beschr&auml;nktheit, aber auch f&uuml;r den Konkurrenzneid der studierenden Kliniker, denn auf diesen sind die moralischen Bedenken zur&uuml;ckzuf&uuml;hren. Was in den meisten Kulturstaaten ohne jeden Schaden f&uuml;r Moral und Schicklichkeitsgef&uuml;hl der Studierenden, zum Teil seit Jahrzehnten, zul&auml;ssig ist, sollte f&uuml;r Deutschland eine Gefahr sein. Die deutschen Studenten stehen nicht im Rufe besonderer Tugendboldigkeit und sollten solche Scherze unterlassen.<A NAME="ZF22"><A HREF="beaa_268.htm#ZF22">(22)</A></A> Verschl&auml;gt es der Schicklichkeit und Moral nichts, da&szlig; Pflegerinnen in Gegenwart der &Auml;rzte allen m&ouml;glichen Operationen an m&auml;nnlichen und weiblichen Kranken beiwohnen und dabei die ausgiebigste Hilfe leisten, ist es schicklich und moralisch, da&szlig; Dutzende junger M&auml;nner Studienzwecke halber als Zuschauer am Bette einer Krei&szlig;enden oder bei Operationen weiblicher Kranken teilnehmen, dann ist es l&auml;cherlich, weiblichen Studenten nicht das gleiche Recht einr&auml;umen zu wollen. </P>
<P>Einen ganz anderen Grund wie die Hallenser Kliniker f&uuml;hrte der verstorbene Professor Bischoff gegen die Zulassung der Frauen zum medizinischen Studium an, n&auml;mlich:<I> die Rohheit der Studenten!,</I> wor&uuml;ber er wohl am besten urteilen konnte. Doch wie immer man sich von seiten beschr&auml;nkter oder konkurrenzneidischer M&auml;nnerkreise zum Studium der Frauen stellte, die Frage ist zugunsten des weiblichen Geschlechts entschieden. Am 18. August 1908 erschien ein Erla&szlig;, betreffend die Zulassung der Frauen zum Universit&auml;tsstudium in Preu&szlig;en, das bisher Frauen nur als H&ouml;rerinnen zulie&szlig;. Die Vorschriften f&uuml;r die Studierenden der Landesuniversit&auml;ten finden auf Frauen mit der Ma&szlig;gabe Anwendung, da&szlig; Reichsinl&auml;nderinnen in einem Falle und Ausl&auml;nderinnen in allen F&auml;llen zur Immatrikulation der Geneh- <A NAME="S301"><B>|301|</A></B> migung des Ministers bed&uuml;rfen.<A NAME="ZF23"><A HREF="beaa_268.htm#F23">(23)</A></A> Die Gesamtzahl der im Wintersemester 1908/09 an den deutschen Universit&auml;ten immatrikulierten studierenden Frauen betrug 1.077 gegen&uuml;ber 377 im Sommer 1908 und 254 in 1906. Davon studierten in Berlin 400, in Bonn 69, in Breslau 50, in Erlangen 11, in Freiburg 67, in Gie&szlig;en 23, in G&ouml;ttingen 71, in Greifswald 5, in Halle 22, in Heidelberg 109, in Jena 13, in Kiel 2, in K&ouml;nigsberg 17, in Leipzig 44, in Marburg 27, in M&uuml;nchen 134, in T&uuml;bingen 6, in W&uuml;rzburg 7. Nur an den Universit&auml;ten Stra&szlig;burg, Rostock und M&uuml;nster ist das noch nicht der Fall. Die Zahl der H&ouml;rerinnen betrug im Sommersemester 1908 1.787 und im Wintersemester 1908/09 1.767, davon in Berlin 313, Stra&szlig;burg 249, Breslau 168, M&uuml;nchen 131, Bonn 120, K&ouml;nigsberg 116, Leipzig 95, Gie&szlig;en 93, G&ouml;ttingen 73, T&uuml;bingen 67, Halle 54, Freiburg 50 und in allen anderen weniger als 50. Von den immatrikulierten Frauen studierten Theologie 3, Jurisprudenz 31, Medizin 334, Philosophie 709. </P>
<P>Die Zulassung der Frauen zum Universit&auml;tsstudium machte eine durchgreifende Reform des h&ouml;heren M&auml;dchenschulwesens notwendig. Die Bestimmungen vom 31 . M&auml;rz 1899 hatten eine Schulzeit von neun Jahren f&uuml;r die h&ouml;here M&auml;dchenschule als Regel vorgesehen und eine zehnj&auml;hrige Dauer als Ausnahme hingestellt. Demgegen&uuml;ber dr&auml;ngte die Entwicklung immer st&auml;rker auf die feste Einf&uuml;gung einer zehnten Klasse in den Lehrplan der h&ouml;heren M&auml;dchenschule. W&auml;hrend nach der Statistik vom Jahre 1901 unter den 213 &ouml;ffentlichen h&ouml;heren M&auml;dchenschulen 90 mit neun und 54 mit zehn aufsteigenden Klassen waren, war im Oktober 1907 die Zahl der neunklassigen Schulen von 90 auf 69 gesunken, die Zahl der zehnklassigen dagegen von 54 auf 132 gestiegen. Und auch unter den privaten h&ouml;heren M&auml;dchenschulen waren im Oktober 1907 neben 110 neunklassigen schon 138 zehnklassige vorhanden. Es blieb nichts &uuml;brig, als dieser tats&auml;chlichen Entwicklung das b&uuml;rokratische Siegel zu geben und soviel als m&ouml;glich "die Eigent&uuml;mlichkeit der deutschen Frau" zu retten. Nach der Reform vom 18. August 1908 soll fortan die h&ouml;here M&auml;dchenschule aus zehn aufsteigenden Klassenstufen bestehen. F&uuml;r "eine Erg&auml;nzung ihrer Bildung in der Richtung der k&uuml;nftigen Lebensaufgabe einer deutschen Frau" ist der Aufbau eines zweij&auml;hrigen oder einj&auml;hrigen <A NAME="S302"><B>|302|</A></B> Lyzeums in Aussicht genommen. Und um die Vorbereitung der jungen M&auml;dchen der h&ouml;heren St&auml;nde auch f&uuml;r akademische Berufe zu erm&ouml;glichen, sind<I> Studienanstalten</I> geplant, die mit der h&ouml;heren M&auml;dchenschule unter einer Leitung zu vereinigen sind. </P>
<P>Damit wird ein Experiment, das die Unterrichtsverwaltung noch im M&auml;rz 1902 ablehnte, jetzt von demselben Ministerium nach sechs Jahren, unter dem Drucke der &ouml;konomischen Entwicklung, in einem nationalen Ma&szlig;stab durchgef&uuml;hrt. H&ouml;ren wir die offizielle Begr&uuml;ndung: </P>
<P>"Die rasche Entwicklung unserer Kultur und die damit gegebene Verschiebung der Gesellschafts-, Erwerbs- und Bildungsverh&auml;ltnisse der Gegenwart haben es mit sich gebracht, da&szlig; gerade in den mittleren und h&ouml;heren St&auml;nden viele M&auml;dchen unversorgt bleiben und viele f&uuml;r die Gesamtheit wertvolle Frauenkraft brachliegt. Der &Uuml;berschu&szlig; der weiblichen &uuml;ber die m&auml;nnliche Bev&ouml;lkerung und die zunehmende Ehelosigkeit der M&auml;nner in den h&ouml;heren St&auml;nden zwingen einen gr&ouml;&szlig;eren Prozentsatz der M&auml;dchen gebildeter Kreise zum Verzicht auf ihren nat&uuml;rlichen Beruf als Gattin und Mutter. Ihnen sind die Wege zu einem ihrer Erziehung angemessenen Berufe zu bahnen, bei den meisten auch zwecks Erwerbung der n&ouml;tigen Mittel zum Lebensunterhalt, nicht allein in der Oberlehrerinnenlaufbahn, sondern auch in anderen, auf Universit&auml;tsstudien begr&uuml;ndeten Lebensstellungen, soweit sie f&uuml;r Frauen in Betracht kommen." Man k&ouml;nnte fast glauben, da&szlig; man einen Auszug aus meinem Buche lese! </P>
<P>Wie dem auch sei, das Frauenstudium ist nicht mehr r&uuml;ckg&auml;ngig zu machen. Weibliche &Auml;rzte sind bereits in allen Kulturl&auml;ndern der Erde und sogar in L&auml;ndern, die noch nicht als Kulturstaaten gelten, in mehr oder weniger gro&szlig;er Zahl besch&auml;ftigt. Der verstorbene Li Hung-chang hatte eine chinesische &Auml;rztin, die im Frauenhospital ihrer Vaterstadt Futschang praktizierte, zu seinem Hausarzt ernannt. Die verstorbene Frau v. Kowalewska, die ber&uuml;hmte Mathematikerin, war von 1889 an bis zu ihrem Tode im Jahre 1891 Professor der Mathematik in Stockholm. Weibliche Professoren gibt es in den Vereinigten Staaten eine gro&szlig;e Anzahl, vereinzelt auch in Italien, in der Schweiz, in England, Frankreich, wo die ber&uuml;hmte Physikerin Marie Curie, die mit ihrem Manne die radioaktiven Elemente Radium und Polonium entdeckte, jetzt nach dem Tode ihres Mannes (1906) seine Nachfolgerin an der Universit&auml;t wurde. Wir sehen Frauen als &Auml;rzte, Zahn&auml;rzte, <A NAME="S303"><B>|303|</A></B> Juristen, Richter, Chemiker, Physiker, Geologen, Botaniker, h&ouml;here Lehrerinnen usw. in &ouml;ffentlichen oder in Privatstellungen t&auml;tig, und es ist einzig Sache der Frauen, selbst durch ihre T&auml;tigkeit zu beweisen, da&szlig; sie die ihnen anvertrauten Posten ebensogut und gewissenhaft wie die M&auml;nner auszuf&uuml;llen verm&ouml;gen. Im Sommer 1899 hat sogar die Mehrheit der W&auml;hler im Kanton Z&uuml;rich bei der Volksabstimmung sich daf&uuml;r ausgesprochen, Frauen zur Aus&uuml;bung der Advokatur zuzulassen. Der betreffende Beschlu&szlig; wurde mit 21.717 gegen 20.046 Stimmen gefa&szlig;t. In Amerika sind die Frauen in 34 Staaten als Advokatinnen zugelassen, au&szlig;erdem in Frankreich, Holland, Schweden, D&auml;nemark, Finnland, Ru&szlig;land, Kanada und Australien. </P>
<P>Was viele M&auml;nner, namentlich auch in gelehrten Kreisen, gegen das Studium der Frauen einnimmt, ist, da&szlig; sie dadurch eine Herabw&uuml;rdigung der Wissenschaft bef&uuml;rchten, deren Ansehen im allgemeinen leiden m&uuml;sse, wenn sogar auch Frauen wissenschaftliche Studien betreiben k&ouml;nnten. Sie sehen im wissenschaftlichen Studium eine besondere Bevorzugung, das nur f&uuml;r Auserw&auml;hlte des m&auml;nnlichen Geschlechts zug&auml;ngig sein solle. </P>
<P>Leider befindet sich unser Universit&auml;tswesen wie das gesamte Bildungswesen noch in einer mangelhaften Verfassung. Wie in der Volksschule dem Kinde die kostbarste Zeit geraubt wird, um sein Hirn mit Dingen anzuf&uuml;llen, die weder mit der Vernunft noch wissenschaftlicher Erkenntnis im Einklang stehen, wie ihm eine Masse Ballast aufgeb&uuml;rdet wird, den es im Leben nicht verwenden kann, der es vielmehr in seinem Fortkommen und seiner Entwicklung hemmt, so auch in unseren h&ouml;heren Schulen. In den Vorbereitungsanstalten zu den Universit&auml;ten wird den Sch&uuml;lern eine Masse trockenen, unbrauchbaren Lehr- und Memorierstoffs eingepaukt, der ihre meiste Zeit, ihre kostbarsten Gehirnkr&auml;fte in Anspruch nimmt, und auf der Universit&auml;t wird meist in derselben Richtung fortgewirkt. Eine Masse von Althergebrachtem, &Uuml;berlebtem und &Uuml;berfl&uuml;ssigem wird ihnen neben N&uuml;tzlichem und Gutem gelehrt. Die einmal geschriebenen Kollegienhefte werden von den meisten Professoren Semester f&uuml;r Semester bis auf die eingestreuten Witze heruntergeleiert. Das hohe Lehramt wird bei vielen zum gew&ouml;hnlichen Handwerk, und f&uuml;r die Lernenden bedarf es keines Scharfsinns, das herauszuf&uuml;hlen. Auch sorgen die &uuml;berkommenen Begriffe vom Universit&auml;tsleben daf&uuml;r, da&szlig; die jungen Leute die Studienjahre nicht zu ernst nehmen, und mancher, der sie <A NAME="S304"><B>|304|</A></B> ernst nehmen will, wird durch die pedantische und ungenie&szlig;bare Lehrweise vieler Professoren abgeschreckt. Die Abnahme des Lern- und Studieneifers ist eine auf unseren Universit&auml;ten und h&ouml;heren Schulen allgemein beobachtete Tatsache, die selbst in ma&szlig;gebenden Kreisen Bedenken erweckt. Damit steht in engster Beziehung das Streber- und G&ouml;nnertum, das in unserer charakterarmen Zeit die gr&ouml;&szlig;ten Fortschritte macht und die Hochschulen immer mehr &uuml;berwuchert. Gute Familienbeziehungen, "gute Gesinnung" treten an Stelle des Wissens und K&ouml;nnens und machen sich breit; ein Patriot zu sein, das hei&szlig;t ein Mann, der keine eigene Meinung hat, sondern sich sorgsam nach oben richtet, sieht, wie dort der Wind weht, und kriecht und sich schmiegt, gilt mehr als ein Charakter und ein Mann von K&ouml;nnen und Wissen. Kommt f&uuml;r diese Streber die Examenszeit, so wird rasch in ein paar Monaten eingepaukt, was unumg&auml;nglich notwendig erscheint, um notd&uuml;rftig bestehen zu k&ouml;nnen. Ist schlie&szlig;lich das Examen gl&uuml;cklich vor&uuml;ber und eine amtliche oder berufliche Stellung erlangt, so arbeiten die meisten dieser Studierten nur rein mechanisch und handwerksm&auml;&szlig;ig fort, sie nehmen es aber sehr &uuml;bel, wenn ein "Nichtstudierter" ihnen nicht mit der gr&ouml;&szlig;ten Hochachtung begegnet und sie nicht als eine h&ouml;here Menschenrasse ansieht und behandelt. Die Mehrzahl der Angeh&ouml;rigen unserer h&ouml;heren Berufe, der Rechtsanw&auml;lte, Richter, Mediziner, Professoren, Beamten, K&uuml;nstler usw.,<I> sind nichts als Handwerker in ihrem Fache, die froh sind, an der Krippe zu stehen</I>. Nur der<I> strebsame</I> Mann entdeckt sp&auml;ter erst, wieviel Unn&uuml;tzes er gelernt, oft gerade das nicht lernte, was er am n&ouml;tigsten braucht, und f&auml;ngt nun erst an zu lernen. W&auml;hrend des besten Teils seines Lebens hat man ihn mit viel Unn&uuml;tzem oder Sch&auml;dlichem gequ&auml;lt; einen zweiten Teil des Lebens braucht er, um das Unn&uuml;tze und Sch&auml;dliche abzustreifen und sich zur H&ouml;he der Zeitanschauung durchzuarbeiten, und nun erst kann er ein n&uuml;tzliches Glied der Gesellschaft werden. Viele kommen &uuml;ber das erste Stadium nicht hinaus, andere bleiben im zweiten stecken, und wenige haben die Energie, sich zum dritten emporzuarbeiten. </P>
<P>Aber das Dekorum erfordert, da&szlig; der mittelalterliche Plunder und der unn&uuml;tze Lernstoff beibehalten bleibe, und da bisher die Frauen, infolge ihres Geschlechts, von vornherein von den Vorschulen und Pr&auml;parieranstalten ausgeschlossen waren und vielfach noch sind, so bildet dieser Umstand den bequemen Vorwand, ihnen die T&uuml;ren zum <A NAME="S305"><B>|305|</A></B> H&ouml;rsaal zu verschlie&szlig;en. In Leipzig machte in den siebziger Jahren einer der ber&uuml;hmtesten Professoren der Medizin einer Dame gegen&uuml;ber unverhohlen das Gest&auml;ndnis:<I> "Die Gymnasialbildung ist zwar nicht notwendig zum Verst&auml;ndnis der Medizin, aber man mu&szlig; sie zur Vorbedingung des Eintritts machen, damit das Ansehen der Wissenschaft nicht leidet."</I> </P>
<P>Allm&auml;hlich machte sich auch in Deutschland die Opposition gegen die Notwendigkeit der klassischen Bildung f&uuml;r das Studium der Medizin bemerkbar. Die ungeheuren Fortschritte in den Naturwissenschaften und ihre Bedeutung f&uuml;r das gesamte Leben bedingen das Einweihen in dieselben; die gymnasiale Erziehung mit ihrer Bevorzugung der klassischen Sprachen, Griechisch und Latein, betrachtet aber die Naturwissenschaften als minderwertig und vernachl&auml;ssigt sie, und so kommt es, da&szlig; die angehenden Studenten h&auml;ufig nicht die n&ouml;tigen naturwissenschaftlichen Vorkenntnisse besitzen, die f&uuml;r gewisse Studienf&auml;cher, wie zum Beispiel die Medizin, von entscheidender Bedeutung sind. </P>
<P>Gegen diese einseitige Art der Bildung hat sich endlich die Opposition selbst in den Lehrerkreisen erhoben. Im Ausland, zum Beispiel in der Schweiz, hat man l&auml;ngst dem naturwissenschaftlichen Studium das Hauptgewicht beigelegt und l&auml;&szlig;t jeden, auch ohne die sogenannte klassische Vorbildung, zum Studium der Medizin zu, der ausreichende Vorkenntnisse in den Naturwissenschaften und der Mathematik besitzt. </P>
<P>Im gleichen Sinne handelt man in Ru&szlig;land, in den Vereinigten Staaten usw. </P>
<P>In Ru&szlig;land, in dem die Verfolgung und Rechtloshaltung der Juden zu den Staatsmaximen geh&ouml;rt, ist durch einen kaiserlichen Ukas vom Jahre 1897 vorgeschrieben worden, da&szlig; in das damals neu zu er&ouml;ffnende medizinische Fraueninstitut nur 5 Prozent H&ouml;rerinnen nichtchristlicher Konfession aufgenommen werden d&uuml;rfen. Und zwar sollen von diesen nur 3 Prozent von J&uuml;dinnen gestellt werden d&uuml;rfen, w&auml;hrend die &uuml;brigen 2 Prozent H&ouml;rerinnen muselm&auml;nnischer Abstammung vorbehalten bleiben sollen. Das ist einer der R&uuml;ckschritte, die in Ru&szlig;land an der Tagesordnung sind. Die russische Regierung h&auml;tte um so weniger Ursache zu solchen Bestimmungen, weil es einesteils in dem ungeheuren Reiche noch sehr an &Auml;rzten fehlt und andererseits die russischen &Auml;rztinnen ohne Unterschied des Religionsbekenntnisses <A NAME="S306"><B>|306|</A></B> oder der Abstammung sich das Zeugnis gr&ouml;&szlig;ter Aufopferung in ihrem Beruf erworben haben. So teilt Prof. Dr. Erismann, der viele Jahre in Ru&szlig;land t&auml;tig war, in einem Vortrag, den er auf der 54. Versammlung des &auml;rztlichen Zentralvereins in Olten hielt, folgendes mit: "Sehr g&uuml;nstige Erfahrungen hatte man in diesen ersten Jahren auch in bezug auf die T&auml;tigkeit der weiblichen &Auml;rzte gemacht. Dieselben verstanden es von Anfang an, sich das Zutrauen der Bev&ouml;lkerung zu erwerben; in dem edlen Wettstreit mit ihren m&auml;nnlichen Kollegen trugen sie sogar den Sieg davon; es stellte sich bald heraus, da&szlig; auf jeden weiblichen Arzt im Jahresdurchschnitt mehr Patienten kamen als auf die m&auml;nnlichen &Auml;rzte, obgleich auch die letzteren mit gro&szlig;er Hingabe und Selbstaufopferung ihres Amtes walteten, namentlich wandten sich die kranken Frauen massenhaft um &auml;rztlichen Beistand an die weiblichen &Auml;skulapen."<A NAME="ZF24"><A HREF="beaa_268.htm#F24">(24)</A></A> </P>
<P>Auf der anderen Seite hat sich die von der interessierten M&auml;nnerwelt vielfach bef&uuml;rchtete Konkurrenz der Frauen, namentlich bei der &auml;rztlichen Praxis, nirgends nachteilig bemerkbar gemacht. Einmal scheint es, da&szlig; weibliche &Auml;rzte einen Patientenkreis aus ihrem eigenen Geschlecht erhalten, der selten und nur im &auml;u&szlig;ersten Notfall einen m&auml;nnlichen Arzt zu Rate zieht, dann aber hat sich auch die Tatsache herausgestellt, da&szlig; ein erheblicher Teil der Frauen, die sich dem Studium widmeten, sobald sie sp&auml;ter in die Ehe traten, entweder eine Praxis &uuml;berhaupt nicht er&ouml;ffneten oder sie in kurzer Zeit aufgaben. Es zeigt sich, da&szlig; die in der b&uuml;rgerlichen Welt an die Ehefrau gestellten h&auml;uslichen Pflichten, namentlich wenn auch noch Kinder in Betracht kommen, so gro&szlig;e sind, da&szlig; es vielen Frauen unm&ouml;glich ist, zwei Herren zugleich zu dienen. Insbesondere mu&szlig; die &Auml;rztin jede Stunde, bei Tag und bei Nacht, f&uuml;r die Aus&uuml;bung ihres Berufs bereit sein. Und das ist nicht vielen m&ouml;glich.<A NAME="ZF25"><A HREF="beaa_268.htm#F25">(25)</A></A> </P>
<B><P><A NAME="S307">|307|</A></B> Nachdem England <A NAME="ZF26"><A HREF="beaa_268.htm#F26">(26)</A></A> nebst den Vereinigten Staaten und Frankreich damit vorangegangen waren, Frauen auch f&uuml;r die Gewerbeinspektion zu verwenden, wof&uuml;r das Bed&uuml;rfnis um so gr&ouml;&szlig;er ist, da, wie gezeigt, die Zahl der Arbeiterinnen mit jedem Jahre w&auml;chst und auch die Zahl der Betriebe sich vermehrt, in denen Arbeiterinnen ausschlie&szlig;lich oder &uuml;berwiegend besch&auml;ftigt werden, sind auch eine Reihe deutscher Staaten diesem Beispiel gefolgt. Baden, Bayern, Hessen, das K&ouml;nigreich Sachsen, Weimar, W&uuml;rttemberg usw. haben weibliche Hilfsbeamte den Gewerbeinspektoren beigegeben, und einige derselben haben sich bereits durch ihre T&auml;tigkeit gro&szlig;e Anerkennung erworben. In Preu&szlig;en stehen der Gewerbeaufsicht zur Verf&uuml;gung in Berlin drei Beamtinnen, in D&uuml;sseldorf, Breslau und Wiesbaden je eine. Diese Tatsache beweist, da&szlig; Preu&szlig;en auch in dieser Beziehung sehr weit hinter dem zur&uuml;ckgeblieben ist, was unbedingt notwendig w&auml;re. Gibt es doch keine einzige weibliche Hilfskraft selbst in Bezirken wie Potsdam (mit 32.229 Arbeiterinnen), Frankfurt a.O. (mit 31.971) und Liegnitz (mit 31.798) und anderen mehr, wo sie unbedingt notwendig sind. Es zeigt sich auch hier, da&szlig; die Arbeiterin zu einer Vertreterin ihres Geschlechts gr&ouml;&szlig;eres Vertrauen besitzt und die weiblichen Inspektionsbeamten manche Aufschl&uuml;sse erhalten, die ihren m&auml;nnlichen Kollegen versagt bleiben. Ein Mangel der Einrichtung ist noch, da&szlig; diese Hilfsbeamten nicht &uuml;berall die selbst&auml;ndige Stellung besitzen, die f&uuml;r ihre T&auml;tigkeit notwendig ist, und auch die Bezahlung l&auml;&szlig;t zu w&uuml;nschen &uuml;brig. Man ging seitens der meisten Regierungen nur tastend und zagend mit der neuen Einrichtung vor.<A NAME="ZF27"><A HREF="beaa_268.htm#F27">(27)</A></A> </P>
<P>In Deutschland ist das Mi&szlig;trauen und die Konkurrenzfeindschaft gegen die Anwendung von Frauen in &ouml;ffentlichen Berufsstellungen besonders stark, weil der Milit&auml;rstand allj&auml;hrlich so viele ausrangierte Offiziere und ausgediente Unteroffiziere zu Anw&auml;rtern f&uuml;r alle m&ouml;glichen Stellungen im Staats- und Gemeindedienst schafft, da&szlig; f&uuml;r Arbeitskr&auml;fte aus anderen Kreisen kaum Platz vorhanden ist. Stellt man <A NAME="S308"><B>|308|</A></B> aber dennoch Frauen an, so nur mit erheblich geringerem Gehalt, wodurch sie von vornherein der mi&szlig;g&uuml;nstigen M&auml;nnerwelt einmal als unterwertig, dann aber auch als Lohn- und Gehaltsdr&uuml;cker erscheinen. </P>
<P>Die Vielseitigkeit weiblicher Bef&auml;higung kam besonders auf der Weltausstellung zu Chikago im Jahre 1895 zur Geltung. Nicht nur war der Prachtbau f&uuml;r die Ausstellung f&uuml;r weibliche Kunst- und Gewerbeerzeugnisse von weiblichen Architekten erstellt worden, auch die Ausstellungserzeugnisse, die nur von Frauen herr&uuml;hrten, wurden vielfach wegen ihres Geschmacks und ihrer k&uuml;nstlerischen Ausf&uuml;hrung bewundert. Auch auf dem Gebiet der Erfindungen haben die Frauen schon Erkleckliches geleistet und werden in Zukunft mehr leisten. So ver&ouml;ffentlichte ein amerikanisches Fachblatt eine Liste von Erfindungen, die Frauen zu Urhebern haben, die sich auf folgende Gegenst&auml;nde beziehen: eine verbesserte Spinnmaschine; ein rotierender Webstuhl (rotary loom), der dreimal soviel leistet als ein gew&ouml;hnlicher; ein Kettenelevator; eine Kurbel f&uuml;r Schraubendampfer; ein Rettungsapparat f&uuml;r Feuersgefahr; ein Apparat zum Wiegen der Wolle, eine der empfindlichsten Maschinen, die je erfunden wurden und von unsch&auml;tzbarem Werte f&uuml;r die Wollindustrie; ein tragbares Wasserreservoir zum L&ouml;schen von Schadenfeuern; ein Verfahren zur Anwendung von Petroleum an Stelle von Holz und Kohlen als Brennmaterial bei Dampfmaschinen; ein verbesserter Funkenf&auml;nger f&uuml;r Lokomotiven; ein Signal f&uuml;r Stra&szlig;en&uuml;bersetzungen an Eisenbahnen; ein System der Waggonheizung ohne Feuer; ein &ouml;lender Filz (lubricating felt) zur Verminderung der Reibung (im Eisenbahnbetrieb); eine Schreibmaschine; eine Signalrakete f&uuml;r die Marine; ein Tiefseeteleskop: ein System zur D&auml;mpfung des L&auml;rms bei Hochbahnen; Rauchverzehrer; eine Maschine zum Falzen von Papiers&auml;cken usw. Namentlich sind viele Verbesserungen an N&auml;hmaschinen von Frauen gemacht worden, so zum Beispiel ein Behelf zum N&auml;hen von Segeln und schweren T&uuml;chern, ein Apparat zum Einf&auml;deln w&auml;hrend des Ganges der Maschine, eine Verbesserung der Maschine zum N&auml;hen von Leder usw. Letztere Erfindung ist von einer Frau gemacht, die seit Jahren eine Sattlerei in New York betreibt. Das Tiefseeteleskop, erfunden von Frau Mather und verbessert von deren Tochter, ist eine Erfindung von h&ouml;chster Wichtigkeit, indem sie es erm&ouml;glicht, den Kiel des gr&ouml;&szlig;ten Schiffes zu besichten, ohne da&szlig; dieses in das Trockendock gebracht werden mu&szlig;. Mit Hilfe dieses Fernrohrs kann man vom Schiffsbord <A NAME="S309"><B>|309|</A></B> aus versunkene Wracks besichtigen, Schiffahrtshindernisse und Torpedos aufsuchen usw. </P>
<P>Zu den Maschinen, die wegen ihrer au&szlig;erordentlichen Kompliziertheit und genialen Konstruktion in Amerika wie in Europa Aufsehen erregten, ist eine zur Fabrikation von Papiers&auml;cken zu z&auml;hlen. Viele M&auml;nner, darunter hervorragende Mechaniker, hatten bisher ohne Erfolg eine solche Maschine herzustellen versucht. Eine Frau, Mi&szlig; Maggi Knight, erfand dieselbe; seitdem hat die Dame wieder eine Maschine zum Falzen von Papiers&auml;cken konstruiert, welche die Arbeit von drei&szlig;ig Personen verrichtet; sie selbst leitete die Aufstellung dieser Maschine zu Amherst in Massachusetts. </P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von August Bebel</P>
<P><A NAME="F1">(1)</A> Das Ureigentum. Kapitel 20, Hausgemeinschaft, Leipzig 1879. <A HREF="beaa_268.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F2">(2)</A> Bau und Leben des sozialen K&ouml;rpers. 1. Band. T&uuml;bingen 1878. <A HREF="beaa_268.htm#ZF2">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F3">(3)</A> Dr. Havelock Ellis, Mann und Weib. Autorisierte deutsche Ausgabe von Dr. Hans Kurella. S. 201. Leipzig 1894, Georg H. Wigands Verlag. <A HREF="beaa_268.htm#ZF3">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F4">(4)</A> Es wiegt im Durchschnitt nach </P>
<P ALIGN="CENTER"><CENTER><TABLE CELLSPACING=0 BORDER=0 CELLPADDING=2 WIDTH=349>
<TR><TD WIDTH="35%" VALIGN="TOP">
<P></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">m&auml;nnliches Gehirn</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">weibliches Gehirn</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="35%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Bischoff (Bayern)</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.362</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.219</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="35%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Boyd (England)</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.325</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.183</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="35%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Marchand (Hessen)</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.399</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.248</FONT></TD>
</TR>
<TR><TD WIDTH="35%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P>Retzius (Schweden)</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.588</FONT></TD>
<TD WIDTH="32%" VALIGN="TOP">
<FONT SIZE=2><P ALIGN="RIGHT">1.252</FONT></TD>
</TR>
</TABLE>
</CENTER></P>
<P><A HREF="beaa_268.htm#ZF4">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F5">(5)</A> "Geniale M&auml;nner sind in der Regel von kleiner Statur und massigem Gehirn, das sind auch die beiden Hauptmerkmale des Kindes, und ihr allgemeiner Gesichtsausdruck wie ihr Temperament erinnern an das Kind." Havelock Eilis, Mann und Weib. S. 392. 1894. <A HREF="beaa_268.htm#ZF5">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F6">(6)</A> J. Blakeman, Alice Lee und K. Pearson, A Study of the biometric constants of english Brainweights. Biometrika 1905. Vol. IV. <A HREF="beaa_268.htm#ZF6">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F7">(7)</A> Privatdozent Dr. Otto Grosser, Der K&ouml;rperbau des Weibes in "Mann und Weib". Herausgegeben von Professor Dr. Ko&szlig;mann in Berlin und Dr. S. Wali&szlig; in Wien. S. 40. Stuttgart 1907. <A HREF="beaa_268.htm#ZF7">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F8">(8)</A> Nach f&uuml;nf verschiedenen Autoren 838, 864, 878, 883, 897. F&uuml;r Preu&szlig;en (Kupfer) 918, f&uuml;r Bayern (Rause) 893. <A HREF="beaa_268.htm#ZF8">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F9">(9)</A> Raymond Pearl, Variation or Correlation in brainweight. Biometrika. Vol. IV, June 1905, S. 83. <A HREF="beaa_268.htm#ZF9">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F10">(10)</A> W. Duckworth, Morphology and Anthropology, S. 421 bis 422. Cambridge 1904. <A HREF="beaa_268.htm#ZF10">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F11">(11)</A> Kohlbr&uuml;gge, Untersuchungen &uuml;ber Gro&szlig;hirnfurchen der Menschenrassen. Zeitschrift f&uuml;r Morphologie und Anthropologie. 1. Band, 3. Heft, S. 598. Stuttgart 1908. <A HREF="beaa_268.htm#ZF11">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F12">(12)</A> L. Stieda, Das Gehirn eines Sprachkundigen. Zeitschrift f&uuml;r Morphologie und Anthropologie 1907. 11, Band, 1. Heft, S. 135. <A HREF="beaa_268.htm#ZF12">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F13">(13)</A> Duckworth, a.a.O., S. 422. <A HREF="beaa_268.htm#ZF13">&lt;=</A> </P>
<P><A NAME="F14">(14)</A> K. Pearson, Variation in Man and Woman in Chances of death. 1. Band, S. 376. London 1897. <A HREF="beaa_268.htm#ZF14">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F15">(15)</A> Die neuere Sch&ouml;pfungsgeschichte. <A HREF="beaa_268.htm#ZF15">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F16">(16)</A> Belege hierf&uuml;r gibt, wie schon erw&auml;hnt, Dr. Havelock Ellis in seinem mehrfach zitierten Buche. Danach ist die Frau bei vielen wilden und halbwilden V&ouml;lkerschaften an physischer Kraft und K&ouml;rpergr&ouml;&szlig;e dem Manne nicht nur gleich, sondern zum Teil &uuml;berlegen. Dagegen stimmt Ellis auch darin mit anderen &uuml;berein, da&szlig; infolge unserer Kulturentwicklung sich der Unterschied in dem Sch&auml;delinhalt beider Geschlechter fortschreitend gesteigert habe. <A HREF="beaa_268.htm#ZF16">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F17">(17)</A> "Die Halle der Wissenschaft ist der Tempel der Demokratie." Buckle, Geschichte der Zivilisation in England. 2. Band, 2, Teil, 4. Auflage. &Uuml;bersetzt von A. Ruge. Leipzig und Heidelberg 1870. <A HREF="beaa_268.htm#ZF17">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F18">(18)</A> Ziegler, a.a.O., S. 11 und 12, bestreitet, da&szlig; dies der Sinn der Virchowschen Ausf&uuml;hrungen sei. Aber seine eigene Angabe der Ausf&uuml;hrungen Virchows best&auml;tigt es. Virchow sagte: "Man stellen Sie sich einmal vor, wie sich<I> die Deszendenztheorie heute schon im Kopfe eines Sozialisten darstellt</I>! (Heiterkeit.) Ja, meine Herren, das mag manchem l&auml;cherlich erscheinen, aber es ist sehr ernst, und ich will hoffen, da&szlig; die Deszendenztheorie f&uuml;r uns nicht<I> alle die Schrecken bringen m&ouml;ge, die &auml;hnliche Theorien wirklich im Nachbarlande angerichtet haben. Immerhin hat auch diese Theorie, wenn sie konsequent durchgef&uuml;hrt wird, ihre ungemein bedenkliche Seite, und da&szlig; der Sozialismus mit ihr F&uuml;hlung genommen hat, wird Ihnen hoffentlich nicht entgangen sein. Wir m&uuml;ssen uns das ganz klarmachen.</I>" Nun, wir haben getan, was Virchow f&uuml;rchtete, wir haben die Konsequenzen der Darwinschen Theorien gezogen, die Darwin selbst und ein gro&szlig;er Teil seiner Anh&auml;nger entweder nicht oder falsch gezogen haben. Und Virchow warnt vor der Bedenklichkeit dieser Lehren, weil er voraussah, da&szlig; der Sozialismus Konsequenzen daraus ziehen werde<I> und m&uuml;sse, die in denselben liegen</I>. <A HREF="beaa_268.htm#ZF18">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F19">(19)</A> Du Bois-Reymond hat, mit Hinweis auf fr&uuml;here Angriffe gegen ihn, den zitierten Satz im Februar 1883, bei der Geburtstagsfeier Friedrichs des Gro&szlig;en, wiederholt. <A HREF="beaa_268.htm#ZF19">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F20">(20)</A> Aus der Feder des Professors Enrico<I> Ferri</I> r&uuml;hrt eine Schrift, betitelt "Sozialismus und moderne Wissenschaft, Darwin-Spencer-Marx" (&uuml;bersetzt und erg&auml;nzt von Dr. Hans Kurella. Leipzig 1895, Georg H. Wigands Verlag), in welcher er speziell<I> Haeckel</I> gegen&uuml;ber nachweist, da&szlig; Darwinismus und Sozialismus in vollkommener Harmonie sich befinden und es ein Grundirrtum Haeckels ist - wie er das bis in die neueste Zeit getan -, den Darwinismus als<I> aristokratisch</I> zu charakterisieren. Wir sind mit Ferris Schrift nicht allenthalben einverstanden und teilen insbesondere nicht seinen Standpunkt in Beurteilung der Eigenschaften der Frau, indem er wesentlich auf dem Standpunkt von Lombroso und Ferrero steht.<I> Ellis</I> hat in seinem "Mann und Weib" nachgewiesen, da&szlig;, wenn die Eigenschaften von Mann und Frau verschiedenartige sind, sie doch<I> gleichwertige</I> seien - eine Best&auml;tigung des Kantschen Ausspruchs, da&szlig; Mann und Frau<I> zusammen</I> erst den Menschen bilden. Nichtsdestoweniger kommt die Ferrische Schrift ganz apropos, nur h&auml;tte sich ihr &Uuml;bersetzer ersparen k&ouml;nnen, in einer Note auf S. 10 bei der Erw&auml;hnung Zieglers "von den leichtfertigen Behauptungen Bebels" zu sprechen. Diese "Leichtfertigkeit" nachzuweisen, d&uuml;rfte Herrn Kurella schwerfallen, und recht<I> leichtfertig</I> angebracht ist diese Note bei S&auml;tzen Ferris, mit welchen wir<I> vollkommen</I> &uuml;bereinstimmen. <A HREF="beaa_268.htm#ZF20">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F21">(21)</A> Professor Haeckel ver&ouml;ffentlichte in Nr. 8 der "Zukunft" (Berlin 1895) einen Artikel &uuml;ber die dem Reichstag vorliegende Umsturzvorlage, an dessen Schlu&szlig; er unter anderem bemerkt: "Ich bin gewi&szlig; kein Freund des Herrn Bebel, der mich wiederholt angegriffen und unter anderem in seinem Buche &uuml;ber die Frau geradezu<I> verleumdet</I> hat." Der Vorwurf, den Herr Haechel mir hier macht, ist der<I> st&auml;rkste</I>, den man jemand machen kann, er bedeutet - was Professor Haeckel nicht zu wissen scheint -, man habe<I> wider besseres Wissen</I> Angriffe gemacht. Ich bin mir nicht bewu&szlig;t, das getan zu haben, und mu&szlig; abwarten, da&szlig; Professor Haeckel seine Behauptung beweist; solange er das nicht tut, weise ich sie als<I> leichtfertig</I> zur&uuml;ck. </P>
<P ALIGN="RIGHT">Der Verfasser <A HREF="beaa_268.htm#ZF21">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F22">(22)</A> Eine von Blaschko zusammengestellte Statistik gibt folgende Auskunft &uuml;ber die Verbreitung der Geschlechtskrankheiten in den einzelnen Berufsarten. Zuerst kommen die geheim Prostituierten mit 30 Prozent, dann folgen die Studenten mit 25 Prozent, Kaufleute mit 16 und Arbeiter mit 9 Prozent. <A HREF="beaa_268.htm#ZF22">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F23">(23)</A> Aus besonderen Gr&uuml;nden k&ouml;nnen mit Genehmigung des Ministers Frauen von der Teilnahme an einzelnen Vorlesungen ausgeschlossen werden. <A HREF="beaa_268.htm#ZF23">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F24">(24)</A> "Die Organisation der unentgeltlichen polyklinischen Krankenpflege in den gro&szlig;en St&auml;dten Ru&szlig;lands. (St. Petersburg und Moskau.)" Deutsche Vierteljahresschrift f&uuml;r &ouml;ffentliche Gesundheitspflege. Braunschweig. <A HREF="beaa_268.htm#ZF24">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F25">(25)</A> &Uuml;ber die Schwierigkeiten, die es f&uuml;r Frauen hat, die eine Familie besitzen und zugleich eine erwerbende Stellung ausf&uuml;llen wollen beziehungsweise m&uuml;ssen, enth&auml;lt das Buch von Adele Gerhard und Helene Simon "Mutterschaft und geistige Arbeit" (Berlin 1901, Georg Reimer) eine F&uuml;lle interessanten Materials. Es sind Schriftstellerinnen, K&uuml;nstlerinnen, S&auml;ngerinnen, Schauspielerinnen usw., die darin zu Worte kommen und auf Grund ihrer eigenen Erfahrungen ihre Urteile abgeben. Und diese Urteile sprechen daf&uuml;r, da&szlig; die Gesellschaft ihre sozialen Beziehungen erst von Grund aus umgestalten mu&szlig;, soll die gro&szlig;e F&uuml;lle weiblicher Intelligenz, die vorhanden ist und nach Bet&auml;tigung ringt, zur vollen Bet&auml;tigung kommen, was im h&ouml;chsten Interesse der Gesellschaft selbst liegt. <A HREF="beaa_268.htm#ZF25">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F26">(26)</A> Nach dem letzten Bericht f&uuml;r 1908 gibt es in England 16 weibliche Gewerbeinspektoren, darunter Mi&szlig; A. M. Anderson als Chef und 15 Gehilfinnen. <A HREF="beaa_268.htm#ZF26">&lt;=</A></P>
<P><A NAME="F27">(27)</A> Von 1897, als in Bayern die erste Fabrikinspektorin ernannt wurde, stieg bis 1909 die Zahl der weiblichen Beamten auf 26. Vierzehn Bundesstaaten stellten &uuml;berhaupt noch keine an. <A HREF="beaa_268.htm#ZF27">&lt;=</A></P></BODY>
</HTML>