emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me10/me10_274.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

37 lines
No EOL
32 KiB
HTML

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<HTML>
<HEAD>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Friedrich Engels - Die Belagerung Silistrias</TITLE>
</HEAD>
<BODY LINK="#0000ff" VLINK="#800080" BGCOLOR="#ffffaf">
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 10, S. 274-286<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</FONT> </P>
<H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Die Belagerung Silistrias</H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben am 10. Juni 1854.<BR>
Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 4115 vom 26. Juni 1854, Leitartikel]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S274">&lt;274&gt;</A></B> Nach einer Zwischenperiode milit&auml;rischer Bewegungen, die unter aller Kritik waren, weil sie nicht aus strategischen und taktischen, sondern aus diplomatischen und parlamentarischen Erw&auml;gungen unternommen wurden, bietet die Belagerung Silistrias und der Angriff auf diesen Ort endlich ein Ereignis von milit&auml;rischem Interesse.</P>
<P>Dieser Angriff zeigt, da&szlig; die Russen immer noch die Initiative haben und da&szlig; die T&uuml;rken, die alliierten Armeen und alliierten Flotten bis zu diesem Augenblick einem Druck des Feindes folgen. Die russische Flotte in ihrer sicheren Zuflucht Sewastopol zieht unwillk&uuml;rlich und unwiderstehlich die alliierten Flotten an, und da letztere nicht in der L&auml;ge sind, dieses Bollwerk ohne Landtruppen anzugreifen, werden sie daher von einer Flotte in Schach gehalten und gel&auml;hmt, die ihnen an Qualit&auml;t und Anzahl der Schiffe bei weitem unterlegen ist. Selbst die R&auml;umung der Forts an der kaukasischen K&uuml;ste, die zur rechten Zeit und vor der Nase der britischen und franz&ouml;sischen Dampfer ausgef&uuml;hrt wurde, zeigt die Entschlossenheit der Russen, solange wie m&ouml;glich die Initiative zu behalten. Das spielt im Kriege eine gro&szlig;e Rolle. Damit wird ein Beweis der &Uuml;berlegenheit erbracht - sowohl in der Zahl und in der Qualit&auml;t der Truppen als auch hinsichtlich der F&uuml;hrung. Damit wird die Moral des Soldaten trotz aller Schlappen und R&uuml;ckz&uuml;ge aufrechterhalten, au&szlig;er bei einer Niederlage in einer entscheidenden Schlacht. Diese Initiative war es, die Wellingtons kleine Armee mitten unter Hunderttausenden franz&ouml;sischen Soldaten in Spanien zusammenhielt und die sie zum Mittelpunkt machte, um den sich alle Ereignisse jenes f&uuml;nfj&auml;hrigen Krieges gruppierten. Man mag zum R&uuml;ckzug gezwungen werden, man kann <A NAME="S277"><B>&lt;277&gt;</A></B> einen R&uuml;ckschlag erleiden, aber solange man in der Lage ist, einen Druck auf den Feind auszu&uuml;ben, anstatt dem Druck des Feindes ausgesetzt zu sein, ist man ihm noch bis zu einem gewissen Grade &uuml;berlegen, und was noch mehr bedeutet, die Soldaten selbst werden sich einzeln und alle zusammen dem Gegner &uuml;berlegen f&uuml;hlen. Der Angriff auf Silistria ist &uuml;berdies die erste wirkliche Vorw&auml;rtsbewegung der Russen, seitdem sie die Besetzung des Donaugebietes abgeschlossen haben. Der Einmarsch in die Dobrudscha war in h&ouml;chstem Grade defensiv; er bedeutete eine Verk&uuml;rzung der russischen Frontlinie und einen Schritt zur Sicherung der Donaum&uuml;ndung. Doch der Angriff auf Silistria ist nicht nur ein k&uuml;hnes, sondern auch ein au&szlig;erordentlich gut geplantes Unternehmen.</P>
<P>In den Jahren 1828 und 1829 haben die Russen, damals Beherrscher des Schwarzen Meeres, Silistria eigentlich sehr vernachl&auml;ssigt, um sich zuerst Varna zu sichern, da Varna eine neue Kommunikationslinie zur See mit ihrem eigenen L&auml;nde er&ouml;ffnete. Dennoch war Silistria wichtig genug, um die Russen zu veranlassen, es zu nehmen, bevor sie den Balkan &uuml;berschritten. Gegenw&auml;rtig verliert Varna zum gr&ouml;&szlig;ten Teil seine Bedeutung f&uuml;r die Russen, da die alliierten Flotten das Schwarze Meer beherrschen, und Silistria und Schumla sind die Hauptangriffspunkte. F&uuml;r sie kann Varna jetzt nur negativen Wert haben; wenn sie es einnehmen, gewinnen sie keine bessere Operationsbasis, sondern nehmen dem Feind lediglich einen sogenannten maritimen Br&uuml;ckenkopf, in dessen Schutz er mit seinen Schiffen schnell eine Anzahl Truppen f&uuml;r eine besondere Operation konzentrieren kann. So setzten die D&auml;nen 1849, nachdem sie die preu&szlig;ische Armee nach J&uuml;tland gelockt hatten, pl&ouml;tzlich einen starken Truppenverband nach ihrem maritimen Br&uuml;ckenkopf Fredericia &uuml;ber und vernichteten in einem Ausfall das ausgezeichnete, aber weit schw&auml;chere schleswig-holsteinische Korps, das zur Belagerung dort belassen worden war. Wenn daher die aus dem Schwarzen Meer vertriebenen Russen unter keinen Umst&auml;nden den Balkan passieren k&ouml;nnen, bevor sie sich Varna gesichert haben, so k&ouml;nnen sie nicht gegen Varna vorr&uuml;cken, bevor sie nicht zumindest die Herren Silistrias geworden sind.</P>
<P>Doch das sind im Augenblick Betrachtungen von untergeordneter Bedeutung. Ohne Unterst&uuml;tzung &Ouml;sterreichs kann Ru&szlig;land nicht daran denken, vor den Augen seiner jetzigen Feinde den Balkan zu &uuml;berschreiten. Als Verteidigungsstellung hat Silistria f&uuml;r die Russen im Augenblick &uuml;berragende Bedeutung; sie ist so gro&szlig;, da&szlig; die Russen ihren Feldzug f&uuml;r dieses Jahr als verloren betrachten k&ouml;nnen, wenn sie es nicht erobern. Silistria liegt genau vor dem Zentrum der russischen Stellung, die sich von Giurgewo &uuml;ber <A NAME="S278"><B>&lt;278&gt;</A></B> Kalarasch und Cernavoda nach Kustendje erstreckt. Das starke Befestigungssystem vor dieser Stellung, Omer Pascha in Schumla, der wie eine Spinne mitten in ihrem Netz jede Bewegung seines ausersehenen Opfers beobachtet, die am Kamtschyk und am Devna-See zu erwartenden alliierten Truppen lassen nur sehr wenig Aussicht, da&szlig; die Streitkr&auml;fte allein, die Ru&szlig;land f&uuml;r den Donaukrieg er&uuml;brigen kann, jemals einen Blick auf jene thrakisches T&auml;ler werfen werden, deren Gr&uuml;n die erm&uuml;deten Soldaten Diebitschs von den H&ouml;hen des Balkans erfreute. Ru&szlig;land kann zumindest f&uuml;r dieses Jahr nur mit einer Verteidigung seiner bisherigen Eroberungen rechnen, bis sich entweder &Ouml;sterreich ihm anschlie&szlig;t oder irgendwelche Umst&auml;nde seinen am meisten zu f&uuml;rchtenden Gegner, die englisch-franz&ouml;sische Armee, kampfunf&auml;hig machen oder ihn abziehen lassen. Ein Defensivkrieg setzt ein System von Feld- oder, wenn m&ouml;glich, st&auml;ndigen Befestigungen voraus. Nachdem jetzt Silistria in den H&auml;nden des Feindes ist, haben die Russen keine st&auml;ndigen Befestigungen zur Verf&uuml;gung au&szlig;er den kleinen Forts der Dobrudscha, die v&ouml;llig nutzlos werden, sobald die Walachei verlorengeht. Sie k&ouml;nnen einige der Befestigungen von Braila und Rustschuk wiederaufgebaut und bei Bukarest ein verschanztes Lager gebildet haben; doch solange sie Silistria nicht besetzen, liegt ihre erste ernsthafte Verteidigungslinie weit hinten, am Sereth, bei Fokschani, Galatz und Ismail.</P>
<P>Aber vorausgesetzt, da&szlig; Silistria in den H&auml;nden der Russen ist, dann &auml;ndert sich die Aussicht des Krieges sofort. Silistria ist ein ausgezeichneter Punkt f&uuml;r einen russischen Br&uuml;ckenkopf an der Donau. Es liegt in einem einspringenden Winkel, der von einer Biegung der Donau gebildet wird, in einer gerade f&uuml;r diesen Zweck am besten geeigneten Lage. Im Norden und Westen befindet sich eine gro&szlig;e Insel, die von einem Damm nach Kalarasch durchquert wird und die Ebene im Westen der Festung auf eine Entfernung von 1.000 Yards beherrscht - durchaus nahe genug, um die Laufgr&auml;ben zu enfilieren oder Kolonnen zu bombardieren. Im Osten liegen au&szlig;erdem zwei kleine Inseln, in deren Feuerbereich der &ouml;stliche Zugang liegt; und zeitweilige Batterien, die dort bei niedrigem Wasserstand errichtet werden, w&uuml;rden einen Belagerer ganz empfindlich st&ouml;ren. Damit w&uuml;rde der Teil des Gel&auml;ndes, das die vom Norden angegriffenen T&uuml;rken nicht f&uuml;r die Verteidigung ausnutzen k&ouml;nnen und deshalb dem Feind &uuml;berlassen m&uuml;ssen, den Russen ausgezeichnete Stellungen f&uuml;r ihre Batterien geben, die einen vom S&uuml;den gef&uuml;hrten Angriff flankieren. Dadurch w&uuml;rde sich die f&uuml;r einen Angriff offene Front auf die Basis des Dreiecks beschr&auml;nken, an dessen Spitze, oder mit anderen Worten, an dessen S&uuml;d- oder Landfront Silistria liegt; und eine t&uuml;rkische oder alliierte Armee k&ouml;nnte nicht daran denken, Silistria <A NAME="S279"><B>&lt;279&gt;</A></B> ernsthaft anzugreifen, bevor nicht wenigstens die Walachei den Russen weggenommen ist.</P>
<P>Die Hauptvorteile w&uuml;rden jedoch nicht so sehr taktischer wie strategischer Natur sein. Mit der Dobrudscha und mit Silistria beherrscht Ru&szlig;land die Donau und kann je nach den Umst&auml;nden f&uuml;r zeitweilige offensive K&auml;mpfe entweder vom Trajanswall oder von Silistria aus hervorbrechen. Der Feind w&auml;re ohne die Entbl&ouml;&szlig;ung Schumlas nicht in der Lage, an irgendeinem flu&szlig;aufw&auml;rts gelegenen Punkt &uuml;berzusetzen, au&szlig;er wenn er doppelt so stark w&auml;re wie die Russen. Das &Uuml;bersetzen an einem weiter flu&szlig;abw&auml;rts gelegenen Punkt als Silistria kommt gar nicht in Frage; es gibt keinen &Uuml;bergang, der n&auml;her als Hirsowa liegt, und um den zu erreichen, mu&szlig; man erst die Stellung bei Karasu und dann Hirsowa selbst einnehmen, das gegen&uuml;ber einem Angriff von der Landseite aus ebenso stark wie es gegen&uuml;ber einem Angriff vom Flu&szlig; her schwach ist. So bekommen durch den Besitz Silistrias die Forts der Dobrudscha f&uuml;r die Russen gro&szlig;e Bedeutung. Ihre Armee erlangt einen doppelten Pivot, um den herum sie frei man&ouml;vrieren kann, ohne ihre Kommunikationslinien zu gef&auml;hrden; und selbst wenn eine zweifache &Uuml;bermacht dem Feind erm&ouml;glichen sollte, bei Oltenitza oder Giurgewo &uuml;berzusetzen, um Bukarest einzunehmen und die Russen hinter die Jalomitza zur&uuml;ckzudr&auml;ngen, w&auml;re die Belagerung Silistrias unumg&auml;nglich, bevor irgendein entscheidender Vormarsch nach Bessarabien gesichert w&auml;re. Bevor Silistria nicht tats&auml;chlich gefallen ist, k&ouml;nnen sich die Russen deshalb als Besitzer der Walachei betrachten, selbst wenn sie keinen einzigen Soldaten in dieser Provinz h&auml;tten. Kurz gesagt, Silistria w&uuml;rde f&uuml;r die Russen einen sechsmonatigen Besitz der Walachei bedeuten, und sechs Monate, die uns in den Winter f&uuml;hren, in dem in diesem Lande &uuml;berhaupt keine Belagerung m&ouml;glich ist, hie&szlig;e weitere vier Monate gewinnen. Die Einnahme Silistrias w&auml;re gleichbedeutend mit dem Sieg und ein Mi&szlig;erfolg bei Silistria beinahe mit der Niederlage in diesem Feldzug.</P>
<P>Trotz Diplomatie, Bestechung, Feigheit und Unentschlossenheit sind wir hier also einmal durch die dem Kriege innewohnenden Notwendigkeiten zu einem entscheidenden Wendepunkt gekommen. Entweder wird Silistria seinem Schicksal &uuml;berlassen, und dann steht sein Fall mit mehr als mathematischer Sicherheit fest, oder die Alliierten r&uuml;cken zu seinem Entsatz vor, und dann wird dort eine entscheidende Schlacht stattfinden; denn ohne ihre Armee zu demoralisieren und ihr ganzes Prestige zu verlieren, k&ouml;nnen sich die Russen nicht aus dem Gebiet vor Silistria ohne Kampf zur&uuml;ckziehen, sie scheinen dazu auch nicht gewillt zu sein.</P>
<P>Silistria war wechselvolleren Schicksalen unterworfen als irgendeine <A NAME="S280"><B>&lt;280&gt;</A></B> andere Festung. 1810 nahmen es die Russen nach einer neunt&auml;gigen, Belagerung und f&uuml;nf Tagen schweren Angriffs ein. 1828, die Festung war in genau demselben Zustand wie vorher, schlossen die Russen sie am 21. Juni mit ihren Landstreitkr&auml;ften ein, und am 10. August kamen noch sechsunddrei&szlig;ig Kanonenboote dazu. Doch ihre Belagerungsartillerie traf nicht vor September ein und f&uuml;hrte dann keine Munition mit, so da&szlig; ein f&ouml;rmlicher Angriff unm&ouml;glich war. Am 10. November mu&szlig;ten die Russen die Belagerung aufgeben, da der Winter eingesetzt hatte und die Donau Treibeis zu f&uuml;hren begann. Die desorganisierten und entmutigten Russen wurden auf ihrem R&uuml;ckzug von der Besatzung sehr energisch verfolgt; ein Teil der russischen Belagerungsartillerie wurde in den Stellungen zur&uuml;ckgelassen, und den Rest erbeuteten die T&uuml;rken w&auml;hrend der Verfolgung in Richtung Rassova. Im n&auml;chsten Jahr erneuerte Diebitsch den Angriff, schlo&szlig; die Festung am 7. Mai ein, wobei er die T&uuml;rken aus den Linien und Redouten trieb, die die Russen im vorangegangenen Jahr errichtet hatten, und er&ouml;ffnete das Feuer aus einunddrei&szlig;ig schweren Gesch&uuml;tzen, die, anscheinend ohne jede Vorbereitung, auf einer Anh&ouml;he ungef&auml;hr 900 Yards von der Stadt entfernt aufgestellt worden waren. Am 26. wurden ungef&auml;hr 600 Yards vom Wall entfernt Demontierbatterien errichtet. Zur selben Zeit wurde die zweite Parallele er&ouml;ffnet, am 4. Juni die dritte, und am 12. begann man zur Krone des Glacis vorzudringen. Das Glacis wurde am 17. an einer Stelle gekr&ouml;nt, doch wurde diese Operation erst am 26. beendet, als f&uuml;nf Batterien direkt am Rande des Grabens aufgestellt wurden, drei&szlig;ig Yards vom Hauptwall entfernt. Gleichzeitig hatte General Schilder, derselbe, der jetzt bei der Belagerung das Geniewesen leitet, die von ihm bevorzugten ausgedehnten Minieroperationen fortgef&uuml;hrt. Gro&szlig;e Minen, die man unter die Kontereskarpe und unter den Festungswall gelegt hatte, wurden am 21. (dadurch entstand sofort eine sturmreife Bresche), am 25., 27., 28. und am 29. gesprengt, worauf sich die Festung schlie&szlig;lich ergab. Sogar dann hat wahrscheinlich noch keine zwingende Notwendigkeit zur &Uuml;bergabe der Festung bestanden, abgesehen voll dem Schrecken, den die unterirdischen Explosionen unter den abergl&auml;ubischen irregul&auml;ren Soldaten hervorgerufen haben. Hinter der gesamten angegriffenen Front und dem zweiten Wall war eine coupure oder neue Verschanzung errichtet worden, die nat&uuml;rlich erneute Minier- oder Artillerieoperationen erfordert h&auml;tte, bevor sie h&auml;tte genommen werden k&ouml;nnen. So hat diese ungew&ouml;hnliche Festung, die seit 1810 in keiner Weise verst&auml;rkt worden war, doch f&uuml;nfunddrei&szlig;ig Tage nach der Er&ouml;ffnung der Trancheen ausgehalten, und neun Tage, nachdem eine sturmreife Bresche im Hauptwall erzielt worden war; sie hat die Russen gezwungen, 30.000 Kugeln und <A NAME="S281"><B>&lt;281&gt;</A></B> und Granaten bei dem Artillerieangriff und 336 Zentner Pulver bei dem Minierangriff zu verbrauchen.</P>
<P>Finanzielle Schwierigkeiten und die &auml;gyptischen Kriege haben die T&uuml;rken gezwungen, diesen bedeutenden Punkt nach dem Frieden von Adrianopel in solchem Ma&szlig;e zu vernachl&auml;ssigen, da&szlig; selbst im Jahre 1836 nicht nur die Breschen von 1829 &uuml;berhaupt nicht repariert und die Gr&auml;ben nicht gereinigt, sondern da&szlig; sogar die Spuren des Angriffs von 1810 noch zu sehen waren. Der Sultan beabsichtigte zwar, detachierte Forts zu errichten, doch aus dieser Absicht wurde eine Zeitlang nichts. Heute ist Silistria in einem ganz anderen Zustand, gr&ouml;&szlig;tenteils durch die Bem&uuml;hungen eines preu&szlig;ischen Offiziers in t&uuml;rkischen Diensten, Oberst Grach. Die urspr&uuml;nglich fehlerhafte Bauweise der Festung erlaubt m&ouml;glicherweise kaum wesentliche Verbesserungen, doch die detachierten Forts, die auf den H&ouml;hen errichtet wurden, haben sich bereits bew&auml;hrt. Die Festung bildet einen Halbkreis, dessen Durchmesser, ungef&auml;hr 1.800 Yards, am Donauufer verl&auml;uft. Sie hat zehn bastionierte Fronten mit einer durchschnittlichen L&auml;nge von 500 Yards. Der Bau strotzt, wie alle t&uuml;rkischen Festungen des 16. und 17. Jahrhunderts, von all den Unzul&auml;nglichkeiten der alten italienischen Festungen: lange Kurtinen, kleine und enge Bastionen, kurze Flanken, die kaum einen Schutz f&uuml;r den Graben bieten, der Graben selbst flach (nicht &uuml;ber acht Fu&szlig; tief), kein gedeckter Weg, sondern lediglich ein Glacis, dessen Krete oder h&ouml;chster Teil kaum vier Fu&szlig; h&ouml;her war als die Spitze der Kontereskarpe. Der Wall war acht Fu&szlig; hoch bei einer St&auml;rke von zwanzig Fu&szlig; und war aus Erde errichtet; Eskarpe und Kontereskarpe waren bis zur H&ouml;he des Grabens befestigt, das hei&szlig;t acht Fu&szlig;. Der Graben selbst ist durch die H&ouml;he des Grundwasserstandes zwangsl&auml;ufig trocken. Es gab nicht einmal L&uuml;netten vor den Kurtinen. Das war Silistria bis 1836; und diese schwachen Stellen in seiner Verteidigung fanden darin ihre Kr&ouml;nung, da&szlig; die Festung innerhalb von 600 Yards vom Wall aus gerechnet von einer H&ouml;henkette beherrscht wird, die sich s&uuml;dlich von ihr erstreckt. Diese H&ouml;hen sind die Ausl&auml;ufer des bulgarischen Plateaus, das, vollkommen eben, bis auf 1.500 Yards an die Stadt heranreicht und dann zum Flu&szlig; zu abf&auml;llt; hier bietet sich ein ausgezeichnetes Gel&auml;nde f&uuml;r Terrassenbatterien, f&uuml;r frontales und Enfilierfeuer, mit dem schmalen Flu&szlig;arm an der einen und den H&ouml;hen an der anderen Seite. Major Moltke, der den Ort 1836 besichtigte und dessen Werk &uuml;ber den Feldzug von 1829 wir die obigen Einzelheiten verdanken, vertritt die Meinung,</P>
<FONT SIZE=2><P>"da&szlig; Silistria nicht ohne vier detachierte Forts auf den H&ouml;hen und einen Br&uuml;ckenkopf auf der gro&szlig;en gegen&uuml;berliegenden Insel zu einer ernsthaften Verteidigung ausgebaut werden kann".</P>
</FONT><B><P><A NAME="S282">&lt;282&gt;</A></B> Den Br&uuml;ckenkopf zu schaffen war unm&ouml;glich, da die Insel zur Walachei geh&ouml;rt, die den T&uuml;rken vertraglich verschlossen war; doch die Forts sind vorhanden und, wenn wir richtig unterrichtet sind, beinahe an denselben Stellen, auf die Major Moltke hingewiesen hat.</P>
<P>Was Oberst Grach mit dem unvollkommenen Hauptwall erreichen konnte, k&ouml;nnen wir nicht sagen. Es besteht jedoch kaum ein Zweifel dar&uuml;ber, da&szlig; er zumindest einen gedeckten Weg gebaut und zum Enfilieren des Grabens in der Mitte der Kurtine Schie&szlig;scharten an jedem der gef&auml;hrdetsten und am wenigsten gesch&uuml;tzten Frontabschnitte angebracht hat. Was die vier detachierten Forts betrifft, so wissen wir &uuml;ber ihre Anlage noch gar nichts, aber da Oberst Grach ein Preu&szlig;e ist und geringe Kosten bei der Pforte eine gro&szlig;e Rolle spielen, k&ouml;nnen wir annehmen, da&szlig; sie h&ouml;chstwahrscheinlich nach dem System erbaut sind, das jetzt beinahe &uuml;berall auf dem Kontinent und besonders in Preu&szlig;en eingef&uuml;hrt worden ist, das hei&szlig;t einfache quadratische oder achteckige Redouten mit Schie&szlig;scharten an jeder zweiten Ecke. Die Forts liegen auf den vier H&ouml;henausl&auml;ufern, die das Plateau zur Stadt hin abgrenzen und die durch drei Schluchten voneinander getrennt sind. Ihre Entfernung vom Festungswall mu&szlig; im Durchschnitt 1.500 Yards betragen, so da&szlig; sie durch das Feuer der Festung nicht sehr wirkungsvoll gesch&uuml;tzt werden k&ouml;nnen. Doch das ist nicht unbedingt notwendig; es scheint n&auml;her zur Stadt auf dem Abhang keinen Punkt zu geben, von dem ein Fort gut gegen ein vom beherrschenden Rand des Plateaus gef&uuml;hrtes Enfilierfeuer gesch&uuml;tzt werden k&ouml;nnte.</P>
<P>Au&szlig;er diesen st&auml;ndigen Werken hat Oberst Grach direkt auf dem Plateau ein zeitweiliges Erdwerk errichtet, das Arab-Tabia (Fort Arabia) genannt wird und in einer Entfernung von ungef&auml;hr 1.000 Yards vor den zwei zentralen Forts gelegen ist. Einige Berichte k&ouml;nnten zu dem Schlu&szlig; f&uuml;hren, da&szlig; weitere Feldredouten errichtet wurden, um eine &auml;u&szlig;ere Linie von Forts zu bilden, wodurch eine drei Linien tiefe Verteidigung entsteht. Arab-Tabia jedoch bleibt der Schl&uuml;ssel dieser Stellung und mu&szlig; genommen werden, bevor man sich der inneren Linie der Forts n&auml;hern kann. Diese Anordnung der Befestigungswerke verleiht Silistria eine gro&szlig;e defensive und offensive St&auml;rke. Da nur an ihrer S&uuml;dfront der f&ouml;rmliche Angriff zu entscheidenden Ergebnissen f&uuml;hrt, kann bei einer 15.000 bis 18.000 Mann starken Besatzung ein gro&szlig;er Teil davon f&uuml;r Ausf&auml;lle verwendet werden. Die ausfallenden Truppen finden auf dem Abhang hinter den detachierten Forts eine ausgezeichnet gedeckte Stellung, aus der sie ungesehen die Bergschluchten hinauf bis dicht an den Feind vorgehen k&ouml;nnen. In einem Sturm auf Arab-Tabia w&uuml;rden deshalb weniger die Besatzung dieses Forts, als vielmehr die aus- <A NAME="S283"><B>&lt;283&gt;</A></B> fallenden Truppen von Silistria die Schlacht entscheiden. Nun zu der Belagerung selbst.</P>
<P>Seit Ende April haben die Russen Silistria &uuml;ber die Donau hinweg gelegentlich beschossen. Im Mai begannen sie regul&auml;re Approchen auf der gro&szlig;en Insel gegen&uuml;ber der Stadt auszuheben, nahe dem Damm, der nach Kalarasch f&uuml;hrt, und am 10. hatten sie l&auml;ngs des Flu&szlig;ufers ihre Batterien komplettiert. Am 11. wurde die Stadt heftig bombardiert und die Nordfront direkt beschossen. Das wurde am 12. wiederholt; der eben eingetroffene Leutnant Nasmyth von der bengalischen Artillerie best&auml;tigt das und berichtet dar&uuml;ber in der "London Times". Das Hauptziel war die nord&ouml;stliche oder Tschengel-Bastion, aus der die T&uuml;rken mit gr&ouml;&szlig;ter Heftigkeit und mit gro&szlig;er Zielsicherheit das Feuer erwiderten. Das Schie&szlig;en der Russen wird im Gegensatz dazu als sehr mittelm&auml;&szlig;ig bezeichnet. In der Stadt wurde eine gro&szlig;e Anzahl Granaten gefunden, die man abgefeuert hatte, ohne die Kappe des Z&uuml;nders abzunehmen, so da&szlig; sie sich nicht entz&uuml;nden und nicht explodieren konnten. Solch ein Versehen kommt wohl bei der Feldartillerie in der Eile zu Beginn eines Kampfes vor, bei Belagerungen aber, wo immer verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig langsam gefeuert wird, ist es bisher unbekannt. Es beweist, wie sich die Russen beeilt haben m&uuml;ssen, ihre Munition loszuwerden. Die Russen hatten au&szlig;erdem w&auml;hrend der Nacht auf der Insel Schiblak &ouml;stlich von Silistria Batterien errichtet. (Sie hatten 1829 an demselben Ort zwei Batterien.) Die vier Gesch&uuml;tze dieser Batterie m&uuml;ssen zum Enfilieren der ganzen Nordfront vorgesehen gewesen sein.</P>
<P>Vom 13. bis zum 16. scheint nicht viel getan worden zu sein; zumindest schweigen sich die Berichte dar&uuml;ber v&ouml;llig aus. Es ist nicht unwahrscheinlich, da&szlig; die russischen Generale, nachdem sie gemerkt hatten, da&szlig; die Bombardierung einer t&uuml;rkischen Festung nutzlos ist, wie sie wohl h&auml;tten vermuten k&ouml;nnen, einen Angriff auf dem rechten Flu&szlig;ufer vorbereiteten. Dementsprechend wurde am 16. unterhalb Silistrias eine Br&uuml;cke geschlagen; 20.000 Mann, denen sich kurz danach weitere 20.000 Mann aus der Dobrudscha angeschlossen haben sollen, setzten hier &uuml;ber. Die Russen bewegten sich allgemein zur Konzentrierung auf Silistria und Turtukai zu, denn sobald der Angriff auf dem rechten Ufer stattfinden sollte, waren Kr&auml;fte notwendig, um den Schutz gegen Omer Pascha bei Schumla und gegen englisch-franz&ouml;sische Truppen zu &uuml;bernehmen, die bei Varna gelandet werden k&ouml;nnten.</P>
<P>Am 19. wurde die erste Rekognoszierung gegen Arab-Tabia unternommen; gro&szlig;e Truppenmassen wurden knapp au&szlig;erhalb der Reichweite der Gesch&uuml;tze konzentriert, w&auml;hrend eine Sch&uuml;tzenlinie vorr&uuml;ckte. Nach einer k&uuml;rzen Kanonade schickte Mussa Pascha einige Baschi-Bosuks auf das <A NAME="S284"><B>&lt;284&gt;</A></B> Plateau, welche die Sch&uuml;tzen zur&uuml;cktrieben. Am 20. unternahmen die Russen einen erneuten Vorsto&szlig;; f&uuml;r eine einfache Rekognoszierung sah das zu ernsthaft aus - f&uuml;r einen wirklichen Angriff nicht ernsthaft genug. Am 21. fand der erste Angriff auf Arab-Tabia statt; Einzelheiten dar&uuml;ber fehlen noch, aber die Russen wurden mit gro&szlig;en Verlusten zur&uuml;ckgeschlagen. Zwei russische Offiziere liefen zu den T&uuml;rken &uuml;ber und berichteten, da&szlig; der Feind 90.000 Mann stark und aus drei Armeekorps zusammengesetzt sei (das ist richtig, dem 3., 4. und 5.) und von Gro&szlig;f&uuml;rst Konstantin befehligt werde. Diese letzte Behauptung ist offensichtlich ein Irrtum, da Konstantin bekanntlich die Flotte, die Truppen und die K&uuml;stenverteidigungen in Finnland befehligt. Die Mitteilung von einer beabsichtigten Wiederholung des Angriffs am folgenden Tage hat sich durch die Ereignisse nicht best&auml;tigt. Die Russen standen unter Waffen, aber sie n&auml;herten sich dem Fort nicht. Wir haben also wieder keine Nachricht dar&uuml;ber, was bis zum 26. geschah; doch mit Tagesanbruch des 27. griffen die Russen erneut mit sehr betr&auml;chtlichen Kr&auml;ften Arab-Tabia an. Dreimal wurde der Angriff wiederholt, und dreimal wurden die Angreifer mit gewaltigen Verlusten zur&uuml;ckgeschlagen. Die t&uuml;rkischen Berichte sprechen von 1.500 toten und 3.000 verwundeten Russen, was etwas &uuml;bertrieben sein mag, aber der Wahrheit doch ziemlich nahekommt. Entschlossen, das Fort &agrave; la Suworow zu nehmen, hatte Paskewitsch am n&auml;chsten Morgen seine Kolonnen wieder f&uuml;r einen Angriff formiert. Das Massaker mu&szlig; f&uuml;rchterlich gewesen sein. General Silvan wurde get&ouml;tet. Oberst Graf Orlow junior erhielt einen Schu&szlig; ins Auge und starb sp&auml;ter. Ein anderer Oberst wurde schwer verwundet. Die Russen selbst geben einen Verlust von 186 Toten und 379 Verwundeten zu aber das ist offensichtlich nicht einmal ein Drittel ihrer wirklichen Verluste; bei den Massen, die sie zum Angriff vorgeschickt haben, m&uuml;ssen sie mindestens 2.000 Mann verloren haben.</P>
<P>In der folgenden Nacht unternahmen die T&uuml;rken einen Massenausfall, fielen pl&ouml;tzlich in die russischen Linien ein und trieben die Russen mit gro&szlig;en Verlusten zur&uuml;ck (1.500 bis 1.800, wie es in den Berichten hei&szlig;t). Dieser erfolgreiche Ausfall und der Umstand, da&szlig; bei dem letzten Angriff die russischen Truppen nicht ins Handgemenge gebracht werden konnten, obwohl die Kavallerie eingesetzt wurde, um sie anzutreiben und ihnen den R&uuml;ckzug abzuschneiden, veranla&szlig;ten F&uuml;rst Paskewitsch, den Versuch aufzugeben, das Fort mit dem Bajonett zu nehmen. Zweifellos ist die Verteidigung dieser Redoute eine der glorreichsten Waffentaten nicht nur dieses Kampfes, sondern sogar aller russisch-t&uuml;rkischen Feldz&uuml;ge. Das Gel&auml;nde erlaubte einen <A NAME="S285"><B>&lt;285&gt;</A></B> Angriff sehr gro&szlig;er Truppenmassen, und die Russen sind nicht diejenigen, die es unterlassen, soviel Truppen wie nur irgend m&ouml;glich f&uuml;r einen Sturm zusetzen. Ihre zahlenm&auml;&szlig;ige &Uuml;berlegenheit mu&szlig; demnach sehr gro&szlig; gewesen sein, und es erforderte nicht nur sehr gro&szlig;e Tapferkeit, sondern auch gut geplante und koordiniert ausgef&uuml;hrte Ausfalloperationen der T&uuml;rken, um sie zur&uuml;ckzuschlagen. Es besteht kaum ein Zweifel, da&szlig; die Russen gegen die T&uuml;rken von 1829 die Festung genommen h&auml;tten. Ihre jetzigen wiederholten Niederlagen beweisen, da&szlig; die T&uuml;rken, zumindest ein Teil von ihnen, an taktischer F&auml;higkeit und milit&auml;rischen Kenntnissen gewonnen, ohne etwas von ihrer Tapferkeit verloren zu haben. In dieser Beziehung sind die Verteidigung von Arab-Tabia und das Treffen von Cetate die bemerkenswertesten Ereignisse des Fellzugs.</P>
<P>&Uuml;ber den russischen Angriff k&ouml;nnen wir nicht viel Gutes sagen. Paskewitsch scheint es so eilig zu haben, Silistria zu nehmen, da&szlig; er nicht einmal Zeit hat, die notwendigsten Ma&szlig;nahmen zu treffen, um sein Ziel zu erreichen. Seine Unentschlossenheit ist ganz offensichtlich. Zuerst versuchte er ein Bombardement, obwohl er h&auml;tte wissen m&uuml;ssen, wie nutzlos das gegen&uuml;ber einer t&uuml;rkischen Stadt ist. Ein Bombardement kann zu nichts anderem als zu einem gro&szlig;en Munitionsverbrauch f&uuml;r die Russen f&uuml;hren, eventuell noch zu einer Bresche im Wall an der Flu&szlig;seite, wo die N&auml;he der Donau, ein nat&uuml;rlicher Graben von 1.000 Yards Breite, jeden Gedanken an einen Sturm ausschlie&szlig;t. Dann ist die Landfront angegriffen worden, aber das Feuer von Arab-Tabia wurde wahrscheinlich niemals zum Schweigen gebracht, und es wurde auch nicht ernsthaft versucht, ihre Befestigungsanlagen zu zerst&ouml;ren. All das ist f&uuml;r einen Nachfolger Suworows zu umst&auml;ndlich. Dieser erzrussische General sagte einst: "Die Kugel ist eine N&auml;rrin, das Bajonett ein ganzer Mann", und wenn dies auf das russische Bajonett zutrifft, welches gem&auml;&szlig; einem Ausspruch derselben tapferen Autorit&auml;t die Alpen durchdringt, so gilt es sicherlich weit mehr f&uuml;r die russischen Kugeln, die eine best&auml;ndige und unwiderstehliche Neigung zur Abweichung haben. So wurde der Sturm befohlen, ausgef&uuml;hrt, wiederholt und abermals wiederholt, aber vergeblich. Es scheint, da&szlig; die Erdparapetts eines kleinen, aber stark gebauten t&uuml;rkischen Forts h&auml;rter sind als der alpine Granit, gegen den Suworow k&auml;mpfte, und da&szlig; die Geschosse und Kugeln der T&uuml;rken nicht so t&ouml;richt sind wie die der Russen. Schlie&szlig;lich wird Paskewitsch zu der alten Maxime zur&uuml;ckkehren m&uuml;ssen: St&uuml;rme niemals ein Werk, bevor du nicht sein Feuer zum Schweigen gebracht und seine Befestigungsanlagen zerst&ouml;rt hast. So beginnt die f&ouml;rmliche Belagerung ungef&auml;hr am 30. oder 31. Mai und Paskewitsch nimmt schlie&szlig;lich Zuflucht zu der "t&ouml;richten Kugel".</P>
<B><P><A NAME="S286">&lt;286&gt;</A></B> Aber nein! Selbst das ist lediglich Schein. Hier ist es General Schilder, wohlbekannt aus dem Jahre 1829, der verspricht, die Festung durch seine ach so geliebten Minen zu bezwingen und das sogar in ein paar Tagen. Minen gegen ein Feldwerk sind der letzte Ausdruck milit&auml;rischer Verzweiflung, einf&auml;ltiger Wut in einer ausweglosen Lage. Wenn Minen angewandt werden sollen, so ist die erste Bedingung, um sie wirkungsvoll auszunutzen, da&szlig; das Glacis gekr&ouml;nt wird. Bevor das Glacis gekr&ouml;nt werden kann, mu&szlig; das Feuer des Feindes zum Schweigen gebracht worden sein, das hei&szlig;t, ein, zwei oder drei Parallelen m&uuml;ssen errichtet werden mit den dazugeh&ouml;rigen Batterien. Tats&auml;chlich k&ouml;nnen Minen nur der Abschlu&szlig; einer Belagerung, nicht ihr Anfang sein. Wenn Schilder nicht vorschl&auml;gt, einige zwanzig Quadratmeilen Boden zu unterminieren oder einen Tunnel unter die Donau zu graben, kann er der Notwendigkeit einer f&ouml;rmlichen Belagerung nicht ausweichen. Trotz Suworow sind die Kugeln unentbehrlich.</P>
<P>Nun k&ouml;nnte eine f&ouml;rmliche Belagerung Arab-Tabias sicherlich in wenigen Tagen beendet sein, da das Werk seine Aufgabe beinahe vollst&auml;ndig erf&uuml;llt hat und eine l&auml;ngere Verteidigung die Besatzung zu sehr schw&auml;chen w&uuml;rde. Aber das hie&szlig;e eine f&ouml;rmliche Belagerung von wenigstens zwei Forts und dann noch eine der Stadt. F&uuml;nf Wochen ist sicherlich die <I>allerk&uuml;rzeste </I>Zeit, in der die Russen durch die nachl&auml;ssige Art ihrer Belagerungen das vollbringen k&ouml;nnen. Wenn dann die T&uuml;rken gen&uuml;gend Lebensmittel und Munition haben und keine unvorhergesehenen Zwischenf&auml;lle eintreten sollten, kann die Festung bis Anfang Juli als gesichert betrachtet werden. Wir setzen nat&uuml;rlich voraus, da&szlig; die Forts von durchschnittlicher St&auml;rke sind und die W&auml;lle nicht zu reparaturbed&uuml;rftig. Aber wenn Silistria 1829 offenen Verschanzungen 35 Tage standgehalten hat, wird es sicherlich 1854 mit den neuen Werken, mit einem tapferen und klugen Kommandanten, einem erfahrenen Chef der Artillerie und einer erstklassigen Besatzung in der Lage sein, wenigstens ebensolange standzuhalten. Wenn man sich auf die Alliierten verlassen k&ouml;nnte, dann k&ouml;nnten wir auch mit Sicherheit sagen, da&szlig; der Feldzug zu einem vollst&auml;ndigen Fehlschlag f&uuml;r die Russen werden mu&szlig;, wenn nicht gar noch schlimmer.</P>
</BODY>
</HTML>