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<a name="top"> </a>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="../../index.shtml.html"><SMALL>Gesamtübersicht "MLWerke"</SMALL></A></TD>
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<TD ALIGN="center">|</TD>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="../default.htm"><SMALL>W. I. Lenin</SMALL></A></TD>
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</TR>
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</TABLE>
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</div>
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<H1>Brief an einen Genossen <BR>über unsere organisatorischen
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Aufgaben</H1>
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<H4 CLASS="western">gedruckt nachzulesen in: Lenin Werke, Band 6,
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Seite 217-244; Dietz Verlag Berlin, 1975</H4>
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<H3 CLASS="western">W.I. Lenin</H3>
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<H3 CLASS="western" STYLE="page-break-before: auto; page-break-after: auto">
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Brief an einen Genossen über unsere organisatorischen Aufgaben</H3>
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<P CLASS="western"><<SPAN LANG="de-DE">227></SPAN>Lieber
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Genosse! Mit Vergnügen erfülle ich Ihre Bitte, an Ihrem
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Ent­wurf zur „Organisation der St.-Petersburger
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revolutionären Partei" Kri­tik zu üben. (Sie
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hatten vermutlich die Organisation der Petersburger Arbeit der
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Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands im Auge.) Die von
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Ihnen aufgeworfene Frage ist so wichtig, daß sich an ihrer
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Erörterung alle Mitglieder des St.-Petersburger Komitees, ja
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überhaupt alle russi­schen Sozialdemokraten beteiligen
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müssen.</P>
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<P CLASS="western">Vor allem möchte ich feststellen, daß
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ich vollkommen mit Ihrer Er­klärung einverstanden bin, warum
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die frühere („bündlerische", wie Sie sie nennen)
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Organisation des „Kampfbundes" nichts taugt. Sie weisen
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auf das Fehlen einer ernsten Schulung und revolutionären
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Erziehung bei den fortgeschrittenen Arbeitern hin, auf das sogenannte
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Wahlsystem, das die Leute vom „Rabotscheje Delo" unter
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Berufung auf die „demokra­tischen" Grundsätze so
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stolz und hartnäckig verteidigen, und auf die Ent­fremdung
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der Arbeiter von aktiver Tätigkeit.</P>
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<P CLASS="western">Ja, so ist es: l. das Fehlen einer ernsten
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Schulung und revolutionären Erziehung (nicht nur bei den
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Arbeitern, sondern auch bei den Intellek­tuellen), 2. eine
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unangebrachte und übertriebene Anwendung des Wahl­prinzips
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|
und 3. die Entfremdung der Arbeiter von aktiver <EM CLASS="western">revolutionärer</EM>
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Tätigkeit — darin besteht tatsächlich der Hauptmangel
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nicht nur der St.-Petersburger, sondern auch vieler anderer örtlicher
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|
Organisationen unserer Partei.</P>
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<P CLASS="western">Ich teile vollständig Ihre Grundauffassung
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|
von den organisatorischen Aufgaben und schließe mich auch Ihrem
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|
Organisationsentwurf an, so­weit mir seine Hauptzüge aus
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|
Ihrem Brief klargeworden sind.</P>
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<P CLASS="western"><<SPAN LANG="de-DE">228></SPAN>Und zwar bin
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|
ich vollkommen Ihrer Ansicht, daß die Aufgaben der
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gesamtrussischen Arbeit und der Gesamtpartei überhaupt besonders
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|
be­tont werden müssen; bei Ihnen kommt das darin zum
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Ausdruck, daß der erste Punkt Ihres Entwurf s lautet: „Das
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leitende Zentrum der Partei" (und nicht nur eines Komitees oder
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Bezirks) „ist die Zeitung 'Iskra', die unter den Arbeitern
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ständige Berichterstatter hat und mit der inneren Arbeit der
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Organisation eng verbunden ist." Ich möchte nur bemerken,
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daß die Zeitung der ideologische Führer der Partei sein
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kann und muß, daß sie die theoretischen Wahrheiten, die
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taktischen Leitsätze, die allgemeinen organisatorischen Ideen,
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die allgemeinen Aufgaben der Gesamtpartei in diesem oder jenem
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Augenblick zu entwickeln hat. Die unmittelbare prak­tische
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Führung der Bewegung aber kann nur in den Händen einer
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be­sonderen zentralen Gruppe liegen (nennen wir sie kurzerhand
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Zentral­komitee), die mit allen Komitees <EM CLASS="western">persönlich</EM>
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in Verbindung steht, alle besten revolutionären Kräfte
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aller russischen Sozialdemokraten in sich vereinigt und alle
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gesamtparteilichen Angelegenheiten leitet, so die Ver­teilung von
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Literatur, die Herausgabe von Flugblättern, die Verteilung der
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Kräfte, die Betrauung von Personen und Gruppen mit der Leitung
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be­sonderer Unternehmungen, die Vorbereitung gesamtrussischer
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|
Demon­strationen und des Aufstands usw. Angesichts der
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Notwendigkeit, strengste Konspiration zu üben und die
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|
Kontinuität der Bewegung zu wahren, kann und muß unsere
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Partei <EM CLASS="western">zwei</EM> führende Zentren haben: das
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ZO (Zentral­organ) und das ZK (Zentralkomitee). Das erste soll
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die ideologische, das zweite die unmittelbare und praktische Führung
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in Händen haben. Die Einheit der Aktion und die notwendige
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|
Verbundenheit dieser Gruppen sollen nicht nur durch das einheitliche
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Parteiprogramm gesichert sein, sondern auch <EM CLASS="western">durch
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die Zusammensetzung beider Gruppen</EM> (es ist erfor­derlich,
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daß beiden Gruppen, dem ZO sowohl wie dem ZK, Leute angehö­ren,
|
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unter denen volle Einmütigkeit herrscht) und durch die
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|
Veranstaltung regelmäßiger und ständiger
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Besprechungen zwischen ihnen. Nur dann wird einerseits das ZO dem
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Zugriff der russischen Gendarmen entzogen und seine Festigkeit und
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Stetigkeit gewährleistet sein - und anderseits wird das ZK stets
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in allen wesentlichen Fragen mit dem ZO übereinstimmen und genug
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Freiheit haben, um die gesamte praktische Seite der Bewegung
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unmittelbar <EM CLASS="western">zu leiten</EM>.
|
|
</P>
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<P CLASS="western">Es wäre daher wünschenswert, daß
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der erste Punkt des Statuts nicht nur <229>(wie Ihr Entwurf)
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darauf hinweist, welches Parteiorgan als führend an­erkannt
|
|
wird (das ist natürlich ein notwendiger Hinweis), sondern auch
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darauf, daß die jeweilige örtliche Organisation es sich
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zur Aufgabe macht, an der <EM CLASS="western">Schaffung</EM>,
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|
Unterstützung und Festigung der zentralen Körper­schaften,
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ohne die unsere Partei als Partei nicht bestehen kann, aktiv
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|
mit­zuarbeiten.</P>
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<P CLASS="western">Weiter sagen Sie im zweiten Punkt vom Komitee, es
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solle „die örtliche Organisation anleiten"
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(vielleicht wäre es besser, zu sagen: „die gesamte
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örtliche Arbeit und alle örtlichen Organisationen der
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Partei", aber ich will mich bei Einzelheiten der Formulierung
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nicht aufhalten), und es müsse sowohl aus Arbeitern wie aus
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Intellektuellen bestehen, denn deren Tren­nung in zwei Komitees
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sei schädlich. Das ist durchaus und unbedingt richtig. Es darf
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|
nur <EM CLASS="western">ein</EM> Komitee der Sozialdemokratischen
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|
Arbeiterpartei Rußlands geben, und ihm müssen politisch
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vollauf bewußte Sozialdemo­kraten angehören, die sich
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ganz der sozialdemokratischen Tätigkeit wid­men. Man soll
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|
sich besonders darum bemühen, daß möglichst viele
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|
Ar­beiter zu politisch vollauf bewußten
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|
Berufsrevolutionären werden und ins Komitee kommen.<A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote1anc" HREF="le06_217.htm#sdfootnote1sym">1</A>
|
|
Besteht ein <EM CLASS="western">einheitliches</EM> und nicht
|
|
zwiespältiges Ko­mitee, so gewinnt die Forderung, daß
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|
die Komiteemitglieder viele Arbeiter <EM CLASS="western">persönlich</EM>
|
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kennen, besondere Bedeutung. Um alles leiten zu können, was in
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der Arbeiterschaft vor sich geht, muß man die Möglichkeit
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haben, über­all hinzugelangen, muß man sehr viele
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Leute kennen, muß man alle Wege und Schliche kennen usw. usf.
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|
Dem Komitee müssen daher nach Möglich­keit alle
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bedeutenden <EM CLASS="western">Führer</EM> der Arbeiterbewegung
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aus der Mitte der Arbeiterschaft selbst angehören, das Komitee
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muß <EM CLASS="western">alle</EM> Bereiche der ört­lichen
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|
Bewegung leiten und <EM CLASS="western">alle</EM> örtlichen
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|
Einrichtungen, Kräfte und Mittel der Partei verwalten. Sie sagen
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nichts darüber, wie das Komitee gebildet werden soll —
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sicher werden wir auch hier miteinander übereinstimmen, daß
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dafür kaum besondere Regeln erforderlich sind. Wie das Komitee
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zusammenzusetzen ist — das ist schon Sache der Sozialdemokraten
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an Ort und Stelle. Allenfalls könnte man darauf aufmerksam
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machen, daß das Komitee auf Beschluß der Mehrheit (oder
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Zweidrittelmehrheit usw.) seiner <<SPAN LANG="de-DE">230></SPAN>Mitglieder
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|
ergänzt wird, daß es dafür sorgen muß, sein
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Verbindungs­material an einem (in revolutionärer Beziehung)
|
|
zuverlässigen und (in politischer Beziehung) sicheren Ort
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aufzubewahren, daß es ferner von vornherein für
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Ersatzmitglieder Sorge zu tragen hat. Sobald wir ein ZO und ein ZK
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haben, dürfen neue Komitees nur unter ihrer Mitwirkung und mit
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|
ihrer Zustimmung gegründet werden. Die Zahl der
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Komiteemit­glieder soll möglichst nicht sehr groß sein
|
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(damit diese Mitglieder ein hohes Niveau haben und sich besser auf
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|
den revolutionären Beruf spezialisie­ren können), doch
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muß sie genügen, um <EM CLASS="western">alle</EM>
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|
Arbeitsbereiche zu erfassen und gründliche Besprechungen sowie
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|
feste Beschlüsse zu gewährleisten. Sollte sich erweisen,
|
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daß die Komiteemitglieder ziemlich zahlreich sind und es für
|
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sie daher gefährlich ist, häufig zusammenzukommen, so
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sollte man vielleicht aus dem Komitee eine besondere, sehr kleine
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(sagen wir fünf Personen oder noch weniger) <EM CLASS="western">leitende</EM>
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Gruppe aussondern, der unbedingt der Sekretär und die
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Mitglieder, die sich für die praktische Leitung der gesamten
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Arbeit am besten eignen, angehören müßten. Für
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diese Gruppe wäre es <EM CLASS="western">besonders wichtig</EM>,
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sich für den Fall der Verhaftung Ersatzleute zu sichern, damit
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die Arbeit keine Unterbrechung erleidet. Die Vollversamm­lungen
|
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des Komitees würden die Maßnahmen der geschäftsführenden
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Gruppe bestätigen, ihre Zusammensetzung bestimmen usw.</P>
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<P CLASS="western">Weiterhin schlagen Sie folgende, dem Komitee
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<EM CLASS="western">nachgeordnete</EM>, ihm unterstellte
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Einrichtungen vor: 1. Diskussion (Beratungen der „besten"
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Revolutionäre), 2. bezirksweise organisierte Zirkel mit 3. jedem
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von ihnen angegliederten Propagandistenzirkeln, 4. Betriebszirkel und
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|
5. „Vertreter­zusammenkünfte" von Delegierten der
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|
Betriebszirkel des betreffenden Bezirks. Ich bin ganz wie Sie der
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Meinung, daß <EM CLASS="western">alle</EM> weiteren
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Einrich­tungen (und es muß außer den von Ihnen
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genannten noch sehr viele und sehr verschiedenartige geben) dem
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Komitee untergeordnet sein müssen und daß es
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Bezirksgruppen (für sehr große Städte) und
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|
Betriebsgruppen (stets und überall) geben muß. In einigen
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|
Einzelheiten aber bin ich, wie es scheint, mit Ihnen nicht ganz
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einverstanden. Was z. B. die „Diskus­sion" anbelangt,
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|
so denke ich, eine solche Einrichtung ist <EM CLASS="western">überhaupt
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über­flüssig</EM>. Alle „besten Revolutionäre"
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sollen dem Komitee angehören oder besondere Funktionen ausüben
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(Druckerei, Transport, Wanderagitation, Organisation, z. B. eines
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|
Paßbüros oder eines Stoßtrupps zum Kampf gegen
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Spitzel und Provokateure oder von Gruppen im Heer usw.).</P>
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<P CLASS="western"><231>„Beratungen" werden sowohl
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im Komitee als auch in <EM CLASS="western">jedem</EM> Bezirk
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stattfinden, in jedem Betriebszirkel, Propagandistenzirkel,
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|
Gewerkschafts­zirkel (der Weber, Mechaniker, Lederarbeiter u.
|
|
a.), Studentenzirkel, Literaturzirkel usw. Wozu also eine besondere
|
|
Einrichtung für Be­ratungen?</P>
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|
<P CLASS="western">Weiter. Sie haben vollständig recht, wenn Sie
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verlangen, daß „allen, die es wünschen", die
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Möglichkeit geboten werden soll, unmittelbar an die „Iskra"
|
|
zu schreiben. Nur darf man dieses „unmittelbar" nicht so
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ver­stehen, daß man „allen, die es wünschen",
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die Adresse der Redaktion mitteilt und Zutritt zu ihr gibt, sondern
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es ist so aufzufassen, daß der Redaktion die Briefe von <EM CLASS="western">allen,
|
|
die es wünschen</EM>, zu übergeben (oder zu übersenden)
|
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sind. Die Adressen müssen zwar <EM CLASS="western">einem
|
|
ziemlich breiten Kreis </EM>zugänglich gemacht werden, aber
|
|
immerhin nicht allen, die es wünschen, sondern nur zuverlässigen
|
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Revolutionären, die sich durch konspirative Geschicklichkeit
|
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auszeichnen — immerhin vielleicht nicht nur eine Adresse pro
|
|
Bezirk, wie Sie vorschlagen, sondern mehrere; ferner ist es
|
|
notwendig, daß alle, die an der Arbeit teilnehmen, daß
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|
ausnahmslos sämtliche Zirkel <EM CLASS="western">das Recht
|
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haben</EM>, ihre Beschlüsse, Wünsche, Anfragen <EM CLASS="western">sowohl
|
|
dem Komitee </EM>als auch dem ZO und dem ZK zur Kenntnis zu bringen.
|
|
Wenn wir das gewährleisten, so werden wir <EM CLASS="western">erschöpfende
|
|
Beratungen aller Parteiarbeiter </EM>erreichen, ohne so schwerfällige
|
|
und unkonspirative Einrichtungen zu schaffen, wie es die „Diskussion"
|
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wäre. Natürlich muß man außerdem noch bemüht
|
|
sein, <EM CLASS="western">persönliche Besprechungen</EM>
|
|
möglichst vieler und ver­schiedener Personen zu veranstalten
|
|
— aber das ist einzig eine Frage der Konspiration.</P>
|
|
<P CLASS="western">Allgemeine Versammlungen und Zusammenkünfte
|
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sind in Rußland nur ab und zu in Ausnahmefällen möglich,
|
|
und man muß außer­ordentlich vorsichtig sein, wenn
|
|
man zu diesen Versammlungen „die besten Revolutionäre"
|
|
heranzieht, denn für Provokateure und Spitzel ist es stets
|
|
leichter, sich in allgemeine Versammlungen einzuschleichen und einem
|
|
Versammlungsteilnehmer nachzuspionieren. Ich denke, es wäre
|
|
vielleicht am besten, so vorzugehen: Wenn es möglich ist, große
|
|
(sagen wir, von 30 bis 100 Personen) allgemeine Versammlungen zu
|
|
veranstalten (z. B. im Sommer im Wald oder in einer eigens hierfür
|
|
bereitgestellten konspi­rativen Wohnung), dann soll das Komitee
|
|
einen oder zwei der „besten Revolutionäre" dorthin
|
|
entsenden und für eine gute Zusammensetzung der Versammlung
|
|
<EM CLASS="western">Sorge tragen</EM>, d. h. beispielsweise dafür,
|
|
daß eine mög-<<SPAN LANG="de-DE">232></SPAN>lichst
|
|
große Zahl zuverlässiger Mitglieder von Betriebszirkeln
|
|
usw. einge­laden wird. Man darf aber diese Versammlungen nicht zu
|
|
einer festen Ein­richtung machen, sie nicht im Statut verankern,
|
|
man darf sie nicht regel­mäßig veranstalten und nicht
|
|
so, daß alle Versammlungsteilnehmer alle Anwesenden kennen, d.
|
|
h. wissen, daß alle „Vertreter" von Zirkeln sind
|
|
usw.; aus diesem Grunde bin ich nicht nur gegen „Diskussionen",
|
|
sondern auch gegen „Vertreterzusammenkünfte". Anstatt
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|
dieser beiden Einrichtun­gen würde ich vorschlagen,
|
|
beispielsweise folgende Regel aufzustellen. Das Komitee trägt
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|
Sorge für die Veranstaltung großer Versammlungen, an denen
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|
möglichst viele praktisch in der Bewegung Tätige und
|
|
überhaupt alle Arbeiter teilnehmen. Zeit, Ort, Anlaß und
|
|
Zusammensetzung der Ver­sammlung werden von dem Komitee bestimmt,
|
|
das für die konspirative Or­ganisierung solcher
|
|
Unternehmungen verantwortlich ist. Selbstverständlich sollen
|
|
dadurch von Arbeitern veranstalteten Zusammenkünften bei
|
|
Aus­flügen, im Wald usw., die noch weniger den Charakter
|
|
ständiger Einrich­tungen tragen, keine Hindernisse in den
|
|
Weg gelegt werden. Vielleicht wäre es noch besser, hiervon im
|
|
Statut gar nicht zu reden.</P>
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<P CLASS="western">Was weiter die Bezirksgruppen anbelangt, so stimme
|
|
ich Ihnen dies­bezüglich durchaus zu, daß es zu ihren
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|
wichtigsten Aufgaben gehört, die <EM CLASS="western">Verteilung</EM>
|
|
der Literatur richtig zu organisieren. Ich denke, die Bezirks­gruppen
|
|
müssen hauptsächlich die <EM CLASS="western">Vermittler</EM>
|
|
sein zwischen den Komitees und den Betrieben, Vermittler und sogar in
|
|
erster Linie <EM CLASS="western">Übermittler</EM>. Die
|
|
konspirative Organisierung eines richtigen Vertriebs der Literatur,
|
|
die sie vom Komitee erhalten, hat ihre Hauptaufgabe zu sein. Und
|
|
diese Auf­gabe ist im höchsten Grade wichtig, denn wenn man
|
|
die regelmäßige Ver­bindung einer besonderen
|
|
Bezirksgruppe von Austrägern <EM CLASS="western">mit allen
|
|
Be­trieben </EM>des Bezirks, mit möglichst vielen
|
|
<EM CLASS="western">Arbeiterwohnungen</EM> des Bezirks sichert, so
|
|
wird das von ungeheurer Bedeutung sowohl für Demonstra­tionen
|
|
als auch für den Aufstand sein. Eine rasche und richtige
|
|
Über­mittlung von Druckschriften, Flugblättern,
|
|
Aufrufen usw. so einrichten, daß sie reibungslos erfolgt und
|
|
hierfür ein ganzes Netz von Agenten schulen—das heißt
|
|
den <EM CLASS="western">größeren</EM> Teil der
|
|
Vorbereitungsarbeiten für künf­tige Demonstrationen
|
|
oder für den Aufstand leisten. Im Augenblick der Erregung, des
|
|
Streiks, der Gärung ist es bereits zu spät, den
|
|
Literatur­vertrieb in Gang zu bringen — das kann man nur
|
|
allmählich lernen, in­dem man es <EM CLASS="western">unbedingt</EM>
|
|
jeden Monat zwei- bis dreimal übt. Gibt es keine <233>Zeitung,
|
|
so kann und muß man es mit Flugblättern üben,
|
|
keineswegs aber darf man zulassen, daß dieser Vertriebsapparat
|
|
untätig ist. Man muß danach trachten, diesen Apparat bis
|
|
zu einem solchen Grad der Voll­kommenheit auszubauen, daß
|
|
man in einer Nacht die gesamte Arbeiter­bevölkerung St.
|
|
Petersburgs informieren und sozusagen mobilisieren kann. Das ist
|
|
durchaus keine utopische Aufgabe, wenn man die Flugblätter
|
|
systematisch von der Zentralstelle an die engeren Vermittlungszirkel
|
|
und über sie an die Austräger weiterleitet. Meines
|
|
Erachtens sollte man die Funktionen der Bezirksgruppe über ihre
|
|
Rolle als reine Vermittlungs- und Ubermittlungsstelle hinaus nicht
|
|
erweitern, oder richtiger, man sollte es nur mit größter
|
|
Vorsicht tun — es könnte sonst die Konspiration und die
|
|
Einheitlichkeit der Arbeit gefährden. Beratungen über alle
|
|
Parteifragen werden natürlich auch in den Bezirkszirkeln
|
|
stattfinden, <EM CLASS="western">Entscheidungen</EM> über
|
|
allgemeine Fragen der örtlichen Bewegung darf aber nur das
|
|
Komitee treffen. Selbständigkeit sollte der Bezirksgruppe nur in
|
|
technischen Fragen der Weiterleitung und des Vertriebs zugestanden
|
|
werden. Die Zusammen­setzung der Bezirksgruppe muß vom
|
|
Komitee bestimmt werden, d, h., das Komitee <EM CLASS="western">ernennt</EM>
|
|
ein oder zwei seiner Mitglieder (oder auch Nichtmitglie­der) zu
|
|
Delegierten für den einen oder ändern Bezirk und beauftragt
|
|
diese Delegierten, eine <EM CLASS="western">Bezirksgruppe</EM> zu
|
|
<EM CLASS="western">bilden</EM>, deren sämtliche Mitglieder
|
|
wiederum vom Komitee sozusagen im Amte bestätigt werden. Die
|
|
Bezirks­gruppe ist eine Zweigstelle des Komitees, die nur von
|
|
diesem ihre Voll­machten erhält.</P>
|
|
<P CLASS="western">Ich gehe zur Frage der Propagandistenzirkel über.
|
|
Bei der Armut an propagandistischen Kräften dürfte es wohl
|
|
kaum möglich und auch kaum wünschenswert sein, sie getrennt
|
|
in jedem Bezirk einzurichten. Die Pro­paganda muß vom
|
|
gesamten Komitee in einheitlichem Geiste durchgeführt werden,
|
|
sie muß straff zentralisiert sein, darum stelle ich mir die
|
|
Sache so vor: Das Komitee beauftragt einige seiner Mitglieder, eine
|
|
Propagan­distengruppe zu bilden (die eine Zweigstelle oder
|
|
<EM CLASS="western">Einrichtung des Komi­tees </EM>sein wird).
|
|
Diese Gruppe, die in konspirativer Beziehung die <EM CLASS="western">Dienste
|
|
</EM>der Bezirksgruppen in Anspruch nimmt, soll <EM CLASS="western">in
|
|
der ganzen Stadt</EM>, in dem ganzen Gebiet, das dem Komitee
|
|
„unterstellt" ist, Propaganda treiben. Sollte es notwendig
|
|
sein, so kann diese Gruppe noch Untergruppen bil­den, also
|
|
gewissermaßen diesen oder jenen Teil ihrer Funktionen
|
|
abtre­ten, das alles aber nur mit Zustimmung des Komitees; das
|
|
Komitee muß <<SPAN LANG="de-DE">234></SPAN>stets und
|
|
unbedingt das Recht haben, seinen Delegierten in jede Gruppe oder
|
|
Untergruppe und in jeden Zirkel zu entsenden, der mit der Bewe­gung
|
|
irgendwie in Berührung kommt.</P>
|
|
<P CLASS="western">In der gleichen Form der Beauftragung, in der Form
|
|
von Zweigstellen oder Einrichtungen des Komitees, müssen alle
|
|
die mannigfaltigen Gruppen organisiert sein, die im Dienste der
|
|
Bewegung stehen — die Gruppen der Studenten- und der
|
|
Gymnasialjugend oder die, sagen wir, Gruppen uns unterstützender
|
|
Beamten, die Transport-, Druckerei- und Paßgruppen, die Gruppen
|
|
zur Beschaffung von konspirativen Wohnungen, die Gruppen zur
|
|
Beobachtung von Spitzeln, die Gruppen von Militärpersonen, die
|
|
Gruppen zur Beschaffung von Waffen, die Gruppen zur Organisierung
|
|
z.B. eines „gewinnbringenden finanziellen Unternehmens"
|
|
usw. Die ganze Kunst der konspirativen Organisation muß darin
|
|
bestehen, <EM CLASS="western">alle und alles </EM>auszunutzen, „allen
|
|
und jedem Arbeit zu geben", gleichzeitig aber die <EM CLASS="western">Führung</EM>
|
|
der gesamten Bewegung in der Hand zu behalten, und zwar
|
|
selbst­verständlich nicht kraft der Machtbefugnisse, sondern
|
|
kraft des Ansehens, kraft der Energie, der größeren
|
|
Erfahrung, der größeren Vielseitigkeit, der größeren
|
|
Begabung. Diese Bemerkung bezieht sich auf den möglichen und
|
|
üblichen Einwand, daß eine straffe Zentralisation die
|
|
Sache allzu leicht zu­grunde richten kann, wenn der Zentralstelle
|
|
<EM CLASS="western">zufällig</EM> ein mit sehr großen
|
|
Machtbefugnissen ausgestatteter <EM CLASS="western">unfähiger</EM>
|
|
Mensch angehört. Das ist natür­lich möglich, aber
|
|
das Mittel dagegen ist keinesfalls Wählbarkeit und
|
|
Dezen­tralisation, die in der revolutionären Arbeit unter
|
|
der Selbstherrschaft in nennenswertem Umfange völlig unzulässig,
|
|
ja geradezu schädlich sind. Das Mittel dagegen gibt kein Statut,
|
|
es kann nur gegeben werden durch „kameradschaftliche
|
|
Einwirkung", angefangen mit Resolutionen all der vielen
|
|
Untergruppen, fortgesetzt mit deren Anträgen an das ZO und das
|
|
ZK und (im schlimmsten Falle) bis zum <EM CLASS="western">Sturz</EM>
|
|
des völlig unfähigen Macht­organs. Das Komitee muß
|
|
danach trachten, eine möglichst weitgehende Arbeitsteilung
|
|
durchzuführen, eingedenk dessen, daß für verschiedene
|
|
Seiten der revolutionären Arbeit verschiedene Fähigkeiten
|
|
erforderlich sind, daß manchmal ein Mensch, der als Organisator
|
|
völlig unbrauchbar ist, ein unersetzlicher Agitator sein kann,
|
|
oder ein Mensch, der sich für die strenge konspirative Disziplin
|
|
nicht eignet, ein ausgezeichneter Propa­gandist usw.</P>
|
|
<P CLASS="western">Übrigens, was die Propagandisten anbelangt,
|
|
so möchte ich noch einige <235>Worte gegen die
|
|
herkömmliche <EM CLASS="western">Überfüllung</EM>
|
|
dieses Berufs mit wenig befähigten Leuten und das dadurch
|
|
bedingte Sinken des Niveaus der Pro­paganda sagen. Bei uns gilt
|
|
manchmal ganz wahllos jeder Student als Propagandist, und die ganze
|
|
<EM CLASS="western">Jugend</EM> verlangt, man solle ihr „einen
|
|
Zirkel geben" usw. Dagegen müßte man kämpfen,
|
|
denn dadurch wird sehr viel Schaden angerichtet. Wahrhaft
|
|
prinzipienfeste und fähige Propagandisten gibt es <EM CLASS="western">sehr
|
|
wenige </EM>(und um ein solcher Propagandist zu werden, heißt
|
|
es tüchtig lernen und Erfahrung sammeln), und diese Leute muß
|
|
man zu Fachleuten machen, voll einsetzen und sorgfältig hüten.
|
|
Man muß sie jede Woche mehrere Vorlesungen halten lassen und
|
|
sie rechtzeitig in andere Städte zu schicken wissen, wie man
|
|
überhaupt dafür sorgen soll, daß ge­schickte
|
|
Propagandisten verschiedene Städte bereisen. Die Masse der
|
|
jun­gen Leute aber, die eben erst zu arbeiten beginnen, soll man
|
|
mehr zu praktischen Unternehmungen heranziehen, die bei uns —
|
|
im Vergleich zu der optimistisch als „Propaganda"
|
|
bezeichneten Studentengeschäftigkeit in den Zirkeln — oft
|
|
vernachlässigt werden. Für ernste praktische
|
|
Unter­nehmungen ist natürlich ebenfalls eine gründliche
|
|
Schulung erforderlich, doch findet sich hier leichter auch für
|
|
„Anfänger" ein Betätigungsfeld.</P>
|
|
<P CLASS="western">Jetzt zu den Betriebszirkeln. Sie sind für
|
|
uns besonders wichtig, liegt doch die ganze Hauptkraft der Bewegung
|
|
darin, daß die Arbeiter der <EM CLASS="western">großen</EM>
|
|
Betriebe organisiert sind, denn die großen Betriebe (und
|
|
Fabriken) umfassen nicht nur zahlenmäßig, sondern noch
|
|
viel mehr dem Einfluß, der Entwicklung, der Kampffähigkeit
|
|
nach den ausschlaggebenden Teil der gesamten Arbeiterklasse. Jeder
|
|
Betrieb muß unsere Festung sein. Und deshalb muß jede
|
|
„Betriebs"organisation der Arbeiter nach innen ebenso
|
|
konspirativ und nach außen ebenso „verzweigt" sein,
|
|
d. h. in ihren äuße­ren Beziehungen ihre Fühler
|
|
ebenso weit und nach den verschiedensten Richtungen ausstrecken wie
|
|
jede revolutionäre Organisation. Ich betone, daß auch hier
|
|
unbedingt eine Gruppe von revolutionären Arbeitern der Kern und
|
|
der Führer, der „Herr im Hause" sein muß. Mit
|
|
der Tradition des reinen Arbeiter- oder Gewerkschaftstypus der
|
|
sozialdemokratischen Organisationen müssen wir <EM CLASS="western">auch</EM>
|
|
in den „Betriebs"zirkeln vollständig brechen. Die
|
|
Betriebsgruppe oder das Betriebs-(Fabrik-)Komitee (um es von den
|
|
anderen Gruppen, deren es sehr viele geben muß, zu
|
|
unterschei­den) soll aus einer sehr kleinen Anzahl von
|
|
<EM CLASS="western">Revolutionären</EM> bestehen, die ihre
|
|
Aufträge und Vollmachten zur Entfaltung der gesamten
|
|
sozialdemo-<236>kratischen Arbeit im Betrieb <EM CLASS="western">unmittelbar
|
|
vom Komitee </EM>erhalten. Alle Mit­glieder des Betriebskomitees
|
|
müssen sich als Agenten des Komitees be­trachten,- sie sind
|
|
verpflichtet, sich allen seinen Anordnungen zu fügen, sie sind
|
|
verpflichtet, alle „Gesetze und Bräuche" der
|
|
„kämpfenden Ar­mee" zu beachten, in die sie
|
|
eingetreten sind und die sie zur Kriegszeit ohne Erlaubnis der
|
|
vorgesetzten Stelle zu verlassen kein Recht haben.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Die Zusammensetzung des Betriebskomitees ist daher
|
|
von außerordent­lich großer Bedeutung, und es muß
|
|
eine der Hauptsorgen des Komitees sein, diese Unterkomitees richtig
|
|
zu organisieren. Ich stelle mir die Sache so vor: Das Komitee
|
|
beauftragt diese oder jene seiner Mitglieder (plus, nehmen wir an,
|
|
diese oder jene Arbeiter, die aus irgendwelchen Gründen dem
|
|
Komitee nicht angehören, aber dank ihrer Erfahrung, ihrer
|
|
Men­schenkenntnis, ihrer Klugheit und ihren Verbindungen nützlich
|
|
sein kön­nen), überall Unterkomitees in den Betrieben
|
|
zu gründen. Die Kommis­sion berät sich mit den
|
|
Bezirksbevollmächtigten, bestimmt eine Reihe von
|
|
Zusammenkünften, prüft die Kandidaten für die
|
|
Betriebsunterkomitees auf Herz und Nieren, unterzieht sie einem
|
|
„hochnotpeinlichen" Kreuz­verhör, stellt sie,
|
|
falls nötig, auf die Probe, bemüht sich hierbei, <EM CLASS="western">möglichst
|
|
viele </EM>Kandidaten für das Unterkomitee des betreffenden
|
|
Betriebs selbst unmittelbar kennenzulernen und zu prüfen, und
|
|
schlägt schließlich dem Komitee vor, eine bestimmte
|
|
Zusammensetzung jedes Betriebszirkels zu bestätigen oder einen
|
|
bestimmten Arbeiter zu bevollmächtigen, das ganze Unterkomitee
|
|
zusammenzustellen, die Mitglieder auszuwählen und
|
|
vor­zuschlagen. Auf diese Weise wird das Komitee selbst
|
|
bestimmen, wer von diesen Agenten die Verbindung mit ihm
|
|
aufrechterhält <EM CLASS="western">und wie </EM>er es tut (in
|
|
der Regel durch die Bezirksbevollmächtigten; doch kann diese
|
|
Regel auch ergänzt oder abgeändert werden).
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Angesichts der Wichtigkeit dieser
|
|
Betriebsunterkomitees müssen wir soweit wie möglich danach
|
|
stre­ben, daß jedes Unterkomitee sowohl eine Adresse hat,
|
|
durch die es sich an das ZO wenden kann, als auch eine sichere
|
|
<EM CLASS="western">Aufbewahrungsstelle</EM> für sein
|
|
Verbindungsmaterial (d. h., daß Informationen, die zur
|
|
sofortigen Wiederherstellung des Unterkomitees im Falle von
|
|
Verhaftungen erfor­derlich sind, möglichst regelmäßig
|
|
und ausführlich der zentralen Partei­leitung zur
|
|
Aufbewahrung an einer Stelle übermittelt werden, wo die
|
|
russischen Gendarmen nicht eindringen können).
|
|
Selbstverständlich muß diese Adressenübermittlung vom
|
|
Komitee auf Grund eigener Erwägungen <237>und Unterlagen
|
|
vorgenommen werden, nicht aber auf Grund eines nicht bestehenden
|
|
Rechts auf „demokratische" Verteilung dieser Adressen.
|
|
Schließlich ist vielleicht der Hinweis nidit überflüssig,
|
|
daß es manchmal notwendig oder <EM CLASS="western">zweckmäßiger</EM>
|
|
sein wird, nicht ein Betriebsunterkomitee aus mehreren Mitgliedern zu
|
|
bilden, sondern sich auf die Ernennung eines Agenten des Komitees
|
|
(und eines Ersatzmannes) zu beschränken. So­bald ein
|
|
Betriebsunterkomitee gebildet ist, muß es zur Gründung
|
|
einer ganzen Reihe von Betriebsgruppen und -zirkeln mit verschiedenen
|
|
Auf­gaben, unterschiedlich strenger Konspiration und mehr oder
|
|
weniger fest­gefügter Form schreiten; beispielsweise Zirkel
|
|
zum Austragen und zur Verbreitung von Literatur (eine der wichtigsten
|
|
Funktionen, die so geregelt werden muß, daß wir unsere
|
|
eigene richtiggehende Post haben, daß nicht nur die Methoden
|
|
der Verbreitung, sondern auch das Aus­tragen in die Wohnungen
|
|
erprobt und geprüft ist, daß man unbedingt alle Wohnungen
|
|
und die Wege zu ihnen kennt), Zirkel zum Lesen ille­galer
|
|
Literatur, Zirkel zur Beobachtung von Spitzeln<A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote2anc" HREF="le06_217.htm#sdfootnote2sym">2</A>,
|
|
Zirkel eigens zur Leitung der Gewerkschaftsbewegung und des
|
|
wirtschaftlichen Kamp­fes, Zirkel von Agitatoren und
|
|
Propagandisten, die es verstehen, Ge­spräche anzuknüpfen
|
|
und sie lange <EM CLASS="western">völlig legal </EM>zu führen
|
|
(über Maschi­nen, über die Inspektion usw.), damit sie
|
|
ungefährdet und öffentlich sprechen, die Leute aushorchen
|
|
und den Boden sondieren können usw.<A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote3anc" HREF="le06_217.htm#sdfootnote3sym">3</A>
|
|
Das Betriebsunterkomitee muß danach streben, den ganzen
|
|
Betrieb, einen möglichst großen Teil der Arbeiter durch
|
|
ein Netz von allen möglichen Zirkeln (oder Agenten) zu erfassen.
|
|
Die Vielzahl dieser Zirkel, die Mög­lichkeit, einen
|
|
Wanderpropagandisten in sie einzuführen, vor allem aber <238>die
|
|
richtige und regelmäßige Arbeit zur Verbreitung von
|
|
Druckschriften und zur Beschaffung von Informationen und
|
|
Korrespondenzen hat der Maßstab zu sein für die
|
|
erfolgreiche Tätigkeit des Unterkomitees.</P>
|
|
<P CLASS="western">Der allgemeine Typus der Organisation muß
|
|
also meines Erachtens folgender Art sein: An der Spitze der gesamten
|
|
örtlichen Bewegung, der gesamten örtlichen
|
|
sozialdemokratischen Arbeit steht das Komitee. Von ihm gehen
|
|
folgende, ihm untergeordnete Einrichtungen und Zweigstellen aus:
|
|
erstens ein <EM CLASS="western">Netz ausführender Agenten</EM>,
|
|
das (nach Möglichkeit) die ganze Arbeitermasse erfaßt und
|
|
in Form von <EM CLASS="western">Bezirks</EM>gruppen und
|
|
Betriebs-(Fabrik-) Unterkomitees organisiert ist. Dieses Agentennetz
|
|
wird in fried­lichen Zeiten Broschüren, Flugblätter,
|
|
Aufrufe und konspirative Mit­teilungen des Komitees verbreiten,
|
|
in Zeiten des Kampfes Demonstra­tionen und ähnliche
|
|
kollektive Aktionen veranstalten. Zweitens gehen von dem Komitee alle
|
|
möglichen Zirkel und Gruppen aus, die im Dienste der
|
|
Gesamtbewegung stehen (Propaganda, Transport, allerhand konspi­rative
|
|
Unternehmungen usw.). Alle Gruppen, Zirkel, Unterkomitees usw. haben
|
|
als Einrichtungen oder Zweigstellen des Komitees zu gelten. Manche
|
|
von ihnen werden offen den Wunsch aussprechen, der
|
|
Sozial­demokratischen Arbeiterpartei Rußlands beizutreten,
|
|
und werden ihr, die Bestätigung des Komitees vorausgesetzt, auch
|
|
beitreten, sie werden (im Auftrage des Komitees oder im
|
|
Einverständnis mit ihm) bestimmte Funk­tionen übernehmen
|
|
und sich verpflichten, die Anordnungen der Partei­organe zu
|
|
befolgen, sie werden alle Rechte von Parteimitgliedern erhal­ten,
|
|
als nächste Kandidaten für das Komitee betrachtet werden
|
|
usw. Andere werden der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands
|
|
nicht beitreten, ihre Stellung wird weiter die von Zirkeln sein, die
|
|
von Partei­mitgliedern eingerichtet werden oder sich an die eine
|
|
oder andere Partei­gruppe anlehnen usw.</P>
|
|
<P CLASS="western">In allen <EM CLASS="western">inneren</EM>
|
|
Angelegenheiten sind die Mitglieder <EM CLASS="western">aller</EM>
|
|
dieser Zir­kel selbstverständlich ebenso gleichberechtigt,
|
|
wie es die Komiteemitglie­der untereinander sind. Die einzige
|
|
Ausnahme hiervon wird sein, daß das Recht der <EM CLASS="western">persönlichen</EM>
|
|
Verbindung mit dem örtlichen Komitee (wie auch mit dem ZK und
|
|
dem ZO) nur derjenige (oder diejenigen) haben wird, der von diesem
|
|
Komitee hierfür bestimmt ist. In jeder anderen Beziehung wird
|
|
ein solcher Verbindungsmann mit den übrigen gleichberechtigt
|
|
sein, die dasselbe Recht haben, sich (allerdings nicht persönlich)
|
|
sowohl an das < 239>örtliche Komitee wie an das ZK und an
|
|
das ZO zu wenden. Die erwähnte Ausnahme wird also im Grunde gar
|
|
keine Verletzung der Gleichberechti­gung sein, sondern nur ein
|
|
notwendiges Zugeständnis an die unbedingten Erfordernisse der
|
|
Konspiration. Ein Komiteemitglied, das eine Mitteilung „seiner"
|
|
Gruppe an das Komitee, das ZK oder das ZO nicht weiterleitet, wird
|
|
sich geradezu einer Verletzung der Parteipflicht schuldig machen. Was
|
|
ferner den konspirativen Charakter und das organisatorische Gefüge
|
|
der verschiedenen Zirkel anbelangt, so wird das von der Art ihrer
|
|
Funk­tionen abhängen; dementsprechend wird es hier die
|
|
verschiedenartigsten Organisationen geben (von der „strengsten",
|
|
engen, in sich abgeschlosse­nen bis zur „freiesten",
|
|
breiten, offenen, lose organisierten). Für die Gruppe der
|
|
Austräger z B. ist größte Konspiration und
|
|
militärische Diszi­plin erforderlich. Für die Gruppe
|
|
der Propagandisten ist Konspiration ebenfalls erforderlich,
|
|
militärische Disziplin aber in weit geringerem Maße. Für
|
|
die Gruppe von Arbeitern, die legale Druckschriften lesen oder
|
|
Aussprachen über berufliche Nöte und Wünsche
|
|
veranstalten, ist noch weniger Konspiration erforderlich usw. Die
|
|
Gruppen der Austräger müssen der SDAPR angehören und
|
|
eine gewisse Anzahl von Mitgliedern und Funktionären der Partei
|
|
kennen. Eine Gruppe, welche die Arbeits­bedingungen in
|
|
verschiedenen Berufszweigen studiert und entsprechende
|
|
gewerkschaftliche Forderungen ausarbeitet, muß nicht unbedingt
|
|
der SDAPR angehören. Eine Gruppe von Studenten, Offizieren oder
|
|
Ange­stellten, die sich <EM CLASS="western">unter Teilnahme </EM>von
|
|
einem oder zwei Parteimitgliedern mit Selbstbildung befaßt,
|
|
darf manchmal sogar überhaupt nicht von deren Zugehörigkeit
|
|
zur Partei wissen usw.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">In einer Beziehung aber müssen wir <EM CLASS="western">unbedingt
|
|
maximale Organisiertheit </EM>der Arbeit in allen diesen
|
|
Unter­gruppen verlangen, und zwar: Jedes Parteimitglied, das
|
|
daran teilnimmt, ist für die Durchführung der Arbeit in
|
|
diesen Gruppen formell verant­wortlich und verpflichtet, <EM CLASS="western">alle</EM>
|
|
Maßnahmen zu treffen, damit die Zusam­mensetzung einer
|
|
jeden solchen Gruppe, das gesamte <EM CLASS="western">Getriebe</EM>
|
|
ihrer Arbeit und der ganze Inhalt dieser Arbeit dem ZK und dem ZO
|
|
<EM CLASS="western">möglichst offen vor Augen liegen</EM>. Das
|
|
ist notwendig, damit erstens die Zentralstelle <EM CLASS="western">ein
|
|
vollständiges </EM>Bild von der gesamten Bewegung hat, damit sie
|
|
zweitens aus einem möglichst großen Personenkreis eine
|
|
Auswahl zur Besetzung ver­schiedener Parteifunktionen treffen
|
|
kann, damit drittens (durch Vermitt­lung der Zentralstelle) alle
|
|
ähnlichen Gruppen in ganz Rußland an dem <<SPAN LANG="de-DE">240></SPAN>Beispiel
|
|
einer Gruppe lernen können, und schließlich, damit das
|
|
Eindrin­gen von Lockspitzeln und zweifelhaften Elementen
|
|
verhindert wird — mit einem Wort, das ist unbedingt und in
|
|
allen Fällen dringend notwendig.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Wie erreicht man das? Regelmäßige
|
|
Berichte an das Komitee, Mittei­lungen an das ZO über einen
|
|
möglichst großen Teil des Inhalts einer mög­lichst
|
|
großen Zahl dieser Berichte, Veranstaltung von Besuchen aller
|
|
mög­lichen Zirkel durch Mitglieder des ZK und des örtlichen
|
|
Komitees, schließlich <EM CLASS="western">obligatorische</EM>
|
|
Hinterlegung der Verbindungen mit diesem Zir­kel, d. h. der Namen
|
|
und Adressen einiger Mitglieder dieses Zirkels, an einem sicheren Ort
|
|
(und im Parteibüro beim ZO und ZK). Nur dann, wenn Berichte
|
|
eingereicht und Verbindungen übermittelt werden, darf man
|
|
anerkennen, daß ein Parteimitglied, das an einem bestimmten
|
|
Zirkel teilnimmt, seine Pflicht erfüllt hat; nur dann wird die
|
|
Partei als Ganzes in der Lage sein, von jedem einzelnen Zirkel, der
|
|
praktische Arbeit lei­stet, zu <EM CLASS="western">lernen</EM>;
|
|
nur dann brauchen uns Verhaftungen nicht zu schrecken, denn wenn
|
|
Verbindungen mit den verschiedenartigsten Zirkeln vorhan­den
|
|
sind, wird es für einen Delegierten unseres ZK immer leicht
|
|
sein, <EM CLASS="western">sofort</EM> Ersatzleute zu finden und die
|
|
Arbeit wieder in Gang zu bringen. Eine Verhaftung des Komitees wird
|
|
dann nicht den ganzen Apparat zer­stören, sondern nur die
|
|
Führer herausreißen, für die aber schon Ersatz
|
|
vorhanden ist. Man soll uns nicht entgegnen, daß die
|
|
Übermittlung von Berichten und Verbindungen aus Gründen der
|
|
Konspiration unmöglich sei: man muß nur den Willen haben,
|
|
dann ist die Möglichkeit, Mitteilun­gen und Verbindungen zu
|
|
übergeben (oder zu übersenden), stets vorhan­den und
|
|
<EM CLASS="western">wird stets vorhanden sein</EM>, solange wir
|
|
Komitees, ein ZK oder ein ZO haben.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Wir sind jetzt zu einem sehr wichtigen Grundsatz
|
|
der gesamten Par­teiorganisation und Parteitätigkeit
|
|
gekommen: Wenn hinsichtlich der ideologischen und der praktischen
|
|
<EM CLASS="western">Leitung </EM>der Bewegung und des revo­lutionären
|
|
Kampfes des Proletariats eine <EM CLASS="western">möglichst
|
|
große Zentralisation </EM>erforderlich ist, so ist hinsichtlich
|
|
der <EM CLASS="western">Information </EM>der zentralen Partei-stelle
|
|
(und folglich auch der Gesamtpartei überhaupt) über die
|
|
Bewegung, hinsichtlich der <EM CLASS="western">Verantwortlichkeit </EM>vor
|
|
der Partei eine <EM CLASS="western">möglichst große
|
|
Dezentralisation </EM>erforderlich. Die Bewegung leiten muß
|
|
eine möglichst kleine Anzahl möglichst gleichartiger
|
|
Gruppen erfahrener und erprobter Berufsrevolutionäre. An der
|
|
Bewegung teilnehmen muß eine möglichst <241>große
|
|
Anzahl möglichst verschiedenartiger und mannigfaltiger Gruppen
|
|
aus den verschiedensten Schichten des Proletariats (und anderer
|
|
Volks­klassen). Die zentrale Parteistelle muß von jeder
|
|
einzelnen dieser Grup­pen stets nicht nur genaue Angaben über
|
|
ihre Tätigkeit, sondern auch möglichst <EM CLASS="western">vollständige
|
|
Angaben über ihre Zusammensetzung </EM>in Händen haben. Wir
|
|
müssen die Leitung der Bewegung zentralisieren. Wir müs­sen
|
|
auch (und gerade zu diesem Zweck, denn ohne Information ist eine
|
|
Zentralisation unmöglich) die <EM CLASS="western">Verantwortlichkeit
|
|
</EM>jedes einzelnen Par­teimitglieds, jedes Mitarbeiters, jedes
|
|
der Partei angehörenden oder sich an sie anlehnenden Zirkels <EM CLASS="western">der
|
|
Partei gegenüber </EM>möglichst stark <EM CLASS="western">dezen­tralisieren</EM>.
|
|
Diese Dezentralisation ist die notwendige Voraussetzung der
|
|
revolutionären Zentralisation und <EM CLASS="western">deren
|
|
unerläßliches Korrektiv</EM>. Erst wenn die Zentralisation
|
|
bis zu Ende durchgeführt ist und wir ein ZO und ein ZK haben,
|
|
wird die Möglichkeit des Verkehrs jeder kleinsten Gruppe mit
|
|
ihnen — und nicht nur die Möglichkeit des Verkehrs,
|
|
sondern auch die durch langjährige Praxis erarbeitete
|
|
<EM CLASS="western">Regelmäßigkeit</EM> des Verkehrs mit
|
|
dem ZO und dem ZK — die Möglichkeit trauriger Folgen einer
|
|
zufällig mißglückten Zusammensetzung des einen oder
|
|
anderen örtlichen Komi­tees ausschalten.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Jetzt, wo wir die tatsächliche Einigung der
|
|
Partei und die Schaffung einer wirklich zentralen Leitung unmittelbar
|
|
in Angriff neh­men, müssen wir uns besonders fest einprägen,
|
|
daß <EM CLASS="western">diese Leitung macht­los sein wird</EM>,
|
|
wenn wir nicht gleichzeitig eine <EM CLASS="western">maximale
|
|
Dezentralisa­tion </EM>durchführen, sowohl hinsichtlich der
|
|
Verantwortung ihr gegenüber als auch hinsichtlich ihrer
|
|
Unterrichtung über alle Räder und Rädchen der
|
|
Parteimaschine. Eine solche Dezentralisation ist nichts anderes als
|
|
die Kehrseite jener <EM CLASS="western">Arbeitsteilung</EM>, die, wie
|
|
allgemein anerkannt, eines der lebenswichtigsten praktischen
|
|
Erfordernisse unserer Bewegung ist. Die offizielle Anerkennung einer
|
|
bestimmten Organisation als der führenden, die Gründung
|
|
formaler ZKs werden unsere Bewegung noch lange nicht wirklich
|
|
einheitlich machen, werden noch keine festgefügte Kampfpartei
|
|
schaffen, wenn die zentrale Parteistelle nach wie vor von der
|
|
unmittel­baren praktischen Arbeit <EM CLASS="western">verdrängt
|
|
</EM>sein wird durch örtliche Komitees vom alten Schlag, d. h.
|
|
durch Komitees, denen einerseits ein ganzer Hau­fen von Leuten
|
|
angehört, die sich mit allen möglichen Angelegenheiten
|
|
befassen, ohne sich einzelnen Funktionen der revolutionären
|
|
Arbeit zu widmen, ohne für besondere Aktionen verantwortlich zu
|
|
sein und ohne<<SPAN LANG="de-DE">242></SPAN>die einmal
|
|
begonnene, gut durchdachte und gut vorbereitete Sache zu Ende zu
|
|
führen, die eine Unmenge von Zeit und Kraft in scheinradikaler
|
|
Geschäftigkeit vergeuden, während es anderseits eine ganze
|
|
Menge Stu­denten- und Arbeiterzirkel gibt, von denen die eine
|
|
Hälfte dem Komitee überhaupt nicht bekannt ist und die
|
|
andere Hälfte ebenso schwerfällig ist wie das Komitee,
|
|
ebensowenig spezialisiert ist, keine berufliche Erfah­rung
|
|
erarbeitet, die Erfahrung der anderen Gruppen nicht ausnutzt und
|
|
genauso wie das Komitee mit endlosen Beratungen „über
|
|
alles", mit Wahlen und mit der Abfassung von Statuten
|
|
beschäftigt ist.
|
|
</P>
|
|
<P CLASS="western">Damit die Zentralstelle gut arbeiten kann, müssen
|
|
die örtlichen Komitees <EM CLASS="western">sich</EM>
|
|
um­gestalten, müssen sie zu spezialisierten und „sachlicher"
|
|
arbeitenden Or­ganisationen werden, die es in der einen oder
|
|
anderen praktischen Funk­tion zu wirklicher „Vollendung"
|
|
bringen. Damit die Zentralstelle nicht nur (wie es bisher der Fall
|
|
war) beraten, überreden, diskutieren, sondern das Orchester
|
|
wirklich dirigieren kann, ist es erforderlich, daß man genau
|
|
weiß, wer wo welche Geige spielt, wo und wie er welches
|
|
Instrument spielen gelernt hat oder lernt, wer wo und warum falsch
|
|
spielt (wenn die Musik in den Ohren kratzt) und wen man, wie und
|
|
wohin, zur Beseiti­gung des Mißklangs versetzen muß
|
|
usw. Heute — das muß offen gesagt werden — wissen
|
|
wir entweder gar nichts über die <EM CLASS="western">wirkliche
|
|
innere </EM>Ar­beit eines Komitees, abgesehen von seinen
|
|
Flugblättern und allgemein gehaltenen Briefen, oder wir wissen
|
|
es von Freunden und guten Bekann­ten. Es wäre aber doch
|
|
lächerlich zu glauben, daß sich eine große Partei,
|
|
die fähig ist, die russische Arbeiterbewegung zu führen,
|
|
und die den all­gemeinen Ansturm auf die Selbstherrschaft
|
|
vorbereitet, hierauf beschrän­ken könnte. Die
|
|
Verringerung der Zahl der Komiteemitglieder, die Betrauung möglichst
|
|
eines jeden von ihnen mit einer bestimmten besonderen Funktion, für
|
|
die er verantwortlich ist und Rechenschaft ablegen muß, die
|
|
Gründung einer besonderen, zahlenmäßig sehr kleinen
|
|
leitenden Zentral­stelle, die Schaffung eines Netzes ausführender
|
|
Agenten, die das Komitee mit jedem Großbetrieb, jeder Fabrik
|
|
verbinden, für die regelmäßige Ver­breitung der
|
|
Literatur sorgen und der Zentralstelle ein genaues Bild dieser
|
|
Verbreitung und aller Zusammenhänge der Arbeit geben,
|
|
schließlich die Gründung zahlreicher Gruppen und Zirkel,
|
|
die verschiedene Funktionen übernehmen oder Leute
|
|
zusammenfassen, die der Sozialdemokratie nahestehen, ihr helfen und
|
|
sich zu Sozialdemokraten entwickeln, wobei die <243>Tätigkeit
|
|
(und Zusammensetzung) dieser Zirkel dem Komitee und der Zentralstelle
|
|
stets bekannt sein muß — darin hat die Umgestaltung des
|
|
St.-Petersburger und aller übrigen Parteikomitees zu bestehen,
|
|
und des­halb ist die Frage des Statuts von so geringer Bedeutung.</P>
|
|
<P CLASS="western">Ich habe mit der Analyse des Statutenentwurfs
|
|
begonnen, um anschau­licher zu zeigen, worauf meine Vorschläge
|
|
abzielen. Und es wird dem Leser nun, hoffe ich, klargeworden sein,
|
|
daß man im Grunde wohl auch <EM CLASS="western">ohne Statut</EM>
|
|
auskommen kann, wenn man es durch regelmäßige
|
|
Berichterstattung über jeden Zirkel, über jeden
|
|
Arbeitsbereich ersetzt. Was kann man im Statut schreiben? Das Komitee
|
|
leitet alle (das ist auch ohnehin klar). Das Komitee wählt eine
|
|
leitende Gruppe (das ist nicht immer notwendig, wenn es aber
|
|
notwendig ist, so kommt es nicht auf das Statut an, sondern auf die
|
|
<EM CLASS="western">Unterrichtung </EM>der Zentralstelle über
|
|
die Zusammensetzung dieser Gruppe und die Ersatzleute). Das Komitee
|
|
verteilt die einzelnen Arbeits­gebiete unter seine Mitglieder und
|
|
beauftragt jedes, dem Komitee regel­mäßig Bericht zu
|
|
erstatten und das ZO und das ZK über den Gang der Arbeit zu
|
|
unterrichten (auch hier ist es wichtiger, die Zentralstelle über
|
|
die vorgenommene Verteilung zu unterrichten, als im Statut eine Regel
|
|
festzulegen, die bei unserem Kräftemangel <EM CLASS="western">häufig
|
|
</EM>nicht zur Anwendung kommen wird). Das Komitee muß genau
|
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bestimmen, wer ihm als Mit­glied angehört. Das Komitee wird
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durch Kooptation ergänzt. Das Komitee ernennt Bezirksgruppen,
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Betriebsunterkomitees und die und die Gruppen (wollte man alles
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Wünschenswerte aufzählen, so würde man nie damit
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fertig, sie aber im Statut auch nur annähernd aufzuzählen,
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hat keinen Zweck; es genügt, wenn man der Zentralstelle über
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ihre Gründung Mit­teilung macht). Die Bezirksgruppen und
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Unterkomitees gründen die und die Zirkel... Die Abfassung eines
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solchen Statuts ist heute um so weniger nützlich, als wir, was
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die Tätigkeit verschiedener solcher Gruppen und Untergruppen
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anbelangt, fast keine (an vielen Orten überhaupt keine)
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allgemeine Parteierfahrung haben, um aber eine solche Erfahrung zu
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sammeln, bedarf es keines Statuts, sondern der Einrichtung einer,
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wenn man so sagen darf, innerparteilichen Berichterstattung. Jede
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örtliche Or­ganisation verschwendet jetzt mindestens einige
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Abende auf das Statut. Wenn statt dessen jeder diese Zeit ausnützen
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würde, um der <EM CLASS="western">Gesamtpartei </EM>einen
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ausführlichen und wohlüberlegten Bericht über seine
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besondere Funktion zu erstatten, so würde die Sache hundertfach
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gewinnen.</P>
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<P CLASS="western"><244>Und nicht nur deshalb sind Statuten
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nutzlos, weil die revolutionäre Arbeit nicht immer eine feste
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Form zuläßt. Nein, eine feste Form ist not­wendig, und
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wir müssen uns bemühen, der gesamten Arbeit nach
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Mög­lichkeit eine <EM CLASS="western">feste Form </EM>zu
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geben. Und eine feste Form ist in bedeutend größerem
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Umfang zulässig, als man gemeinhin annimmt, aber sie ist nicht
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durch Statuten zu erreichen, sondern nur und ausschließlich
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(wir wieder­holen das immer und immer wieder) durch genaue
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Unterrichtung der zentralen Parteistelle: erst dann wird sich eine
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reale feste Form heraus­bilden, die mit realer Verantwortlichkeit
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und (Partei-)öffentlichkeit ver­bunden ist. Wer von uns weiß
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denn nicht, daß ernste Konflikte und Mei­nungsverschiedenheiten
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bei uns im Grunde nie durch Abstimmung „laut Statut",
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sondern durch Kampf und durch die Drohung „fortzugehen"
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entschieden werden? Die Geschichte der <EM CLASS="western">Mehrheit
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</EM>unserer Komitees ist in den letzten drei, vier Jahren des
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Parteilebens angefüllt mit solchem inneren Kampf. Es ist sehr
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schade, daß dieser Kampf in keine feste Form gefügt worden
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ist; er hätte sonst weit mehr zur Belehrung der Partei und zur
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Vermittlung von Erfahrungen an unsere Nachfolger beigetragen. Aber
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eine <EM CLASS="western">derartige </EM>nützliche und notwendige
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feste Form wird durch kein Statut, sondern ausschließlich durch
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die <EM CLASS="western">Parteiöffentlichkeit </EM>geschaffen.
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Unter der Selbstherrschaft kann es bei uns kein anderes Mittel und
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kein anderes Werkzeug der Parteiöffentlichkeit geben als die
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regelmäßige In­formation der zentralen Parteistelle.</P>
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<P CLASS="western">Erst wenn wir lernen, von dieser Öffentlichkeit
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weitgehend Gebrauch zu machen, werden wir tatsächlich
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Erfahrungen sammeln über das Funk­tionieren dieser oder
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jener Organisationen, und nur auf Grund solch um­fassender und
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vieljähriger Erfahrungen können Statuten zustande kom­men,
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die <EM CLASS="western">keine Papierstatuten </EM>sind.</P>
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<P CLASS="RedNote">Geschrieben zwischen dem 1. und 11. September 1902
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(14. und 24.9. nach gregorianischen Kalender). <BR>Zuerst
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veröffentlicht im Jahr 1902 als Hektographie. <BR>Ins Deutsche
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übersetzt nach dem Text der vom ZK der SDAPR im Jahr 1904
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herausgegebenen Broschüre.
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</P>
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<div id="Fussnoten">
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<h3>Fußnoten</h3>
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<DIV ID="sdfootnote1">
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<P CLASS="western"><A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote1sym" HREF="le06_217.htm#sdfootnote1anc">1</A>Man
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soll sich bemühen, ins Komitee die Arbeiterrevolutionäre
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aufzuneh­men, die die meisten Verbindungen und den besten „Ruf"
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in der Arbeitermasse haben</P>
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</DIV>
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<DIV ID="sdfootnote2">
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<P CLASS="western"><A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote2sym" HREF="le06_217.htm#sdfootnote2anc">2</A>Wir
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müssen den Arbeitern einschärfen, daß die Tötung
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von Spitzeln, Pro­vokateuren und Verrätern zwar manchmal
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eine unbedingte Notwendigkeit sein kann, daß es jedoch äußerst
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unerwünscht und falsch wäre, daraus ein Sy­stem zu
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machen; wir müssen bemüht sein, eine Organisation zu
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schaffen, die fähig ist, Spitzel dadurch <EM CLASS="western">unschädlich</EM>
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zu machen, daß man sie entlarvt und verfolgt. Ausrotten kann
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man die Spitzel nicht, wohl aber <EM CLASS="western">kann und muß
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man </EM>eine Organisation schaffen, welche die Spitzel
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auskundschaftet und die Arbei­termasse <EM CLASS="western">erzieht</EM>.</P>
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</DIV>
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<DIV ID="sdfootnote3">
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<P CLASS="western"><A CLASS="FNzeichen" NAME="sdfootnote3sym" HREF="le06_217.htm#sdfootnote3anc">3</A>Erforderlich
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sind auch Kampfzirkel, die bei Demonstrationen, bei
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Be­freiungsaktionen aus Gefängnissen usw. Arbeiter
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verwenden, die beim Militär gedient haben oder besonders
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kräftig und gewandt sind.</P>
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</DIV>
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</div>
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<div id="NaviBottom">
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<TABLE summary="Navigation" width="100%" border="0" align="center" cellspacing=0 cellpadding=0>
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<TR>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle><A HREF="../../index.shtml.html"><SMALL>Gesamtübersicht "MLWerke"</SMALL></A></TD>
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<TD ALIGN="center">|</TD>
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<TD ALIGN="center" width="49%" height=20 valign=middle> <A HREF="../default.htm"><SMALL>W. I. Lenin</SMALL></A></TD>
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</TR>
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</TABLE>
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<a href="le06_217.htm#top">Anfang der Seite</a>
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</div>
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</BODY>
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</HTML> |