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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - Eine Arbeiterpartei</TITLE>
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<TD ALIGN="center" width="199" height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="http://www.mlwerke.de/index.shtml"><FONT size="2" color="#006600">MLWerke</A></FONT></TD>
<TD ALIGN="center" width="200" height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A href="../default.htm"><FONT size=2 color="#006600">Marx/Engels - Werke</A></TD>
<TD ALIGN="center" width="199" height=20 valign=middle bgcolor="#99CC99"><A HREF="../me_ak81.htm"><FONT size=2 color="#006600">Artikel und Korrespondenzen 1881</A></TD>
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<TD valign="top"><SMALL>Seitenzahlen verweisen auf: </SMALL></TD>
<TD><SMALL>&nbsp;&nbsp;</SMALL></TD>
<TD><SMALL>Karl Marx/Friedrich Engels - Werke. (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 19, 4. Auflage 1973, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 277-279.</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>Korrektur:</SMALL></TD>
<TD><SMALL>&nbsp;&nbsp;</SMALL></TD>
<TD><SMALL>1</SMALL></TD>
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<TD><SMALL>Erstellt:</SMALL></TD>
<TD><SMALL>&nbsp;&nbsp;</SMALL></TD>
<TD><SMALL>18.07.1999</SMALL></TD>
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<H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Eine Arbeiterpartei</H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben Mitte Juli 1881.<BR>
Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR size="1" align="center"></P>
<FONT SIZE=2><P>["The Labour Standard" Nr. 12 vom 23. Juli 1881, Leitartikel]</P>
</FONT><B><P>|277|</B> Wie oft sind wir nicht schon von Freunden und Sympathisierenden gewarnt worden: "Haltet euch die Parteipolitik vom Leibe!" Und sie hatten vollkommen recht, soweit es sich dabei um die gegenw&auml;rtige englische Parteipolitik handelt. Ein Arbeiterorgan darf weder f&uuml;r die Whigs noch f&uuml;r die Tories sein, weder f&uuml;r die Konservativen noch f&uuml;r die Liberalen, es darf nicht einmal radikal im heutigen Parteisinn des Wortes sein. Konservative, Liberale, Radikale - sie alle vertreten nur die Interessen der herrschenden Klassen und die verschiedenen Schattierungen der Ansichten, die unter den Grundbesitzern, Kapitalisten und Kleinh&auml;ndlern vorherrschen. Wenn sie die Arbeiterklasse vertreten, vertreten sie sie ganz bestimmt falsch und schlecht. Die Arbeiterklasse hat, politisch wie sozial, ihre eigenen Interessen. Wie sie f&uuml;r das eintritt, was sie als ihre sozialen Interessen betrachtet, das zeigt die Geschichte der Trade-Unions und der Bewegung f&uuml;r die Verk&uuml;rzung der Arbeitszeit. Ihre politischen Interessen aber &uuml;berl&auml;&szlig;t sie fast v&ouml;llig den Tories, Whigs und Radikalen, Angeh&ouml;rigen der oberen Klasse; und seit nahezu einem Vierteljahrhundert hat sich die Arbeiterklasse Englands damit begn&uuml;gt, sozusagen das Anh&auml;ngsel der "Gro&szlig;en Liberalen Partei" zu bilden.</P>
<P>Eine solche politische Haltung ist der am besten organisierten Arbeiterklasse Europas nicht w&uuml;rdig. In anderen L&auml;ndern waren die Arbeiter weit aktiver. Deutschland hat seit &uuml;ber zehn Jahren eine Arbeiterpartei (die Sozialdemokraten), die &uuml;ber zehn Sitze im Reichstag verf&uuml;gt und Bismarck durch ihr Wachstum derart in Schrecken versetzt hat, da&szlig; er zu jenen ber&uuml;chtigten Unterdr&uuml;ckungsma&szlig;nahmen griff, von denen wir an <A HREF="me19_280.htm">anderer Stelle</A> berichten. Aber trotz Bismarck macht die Arbeiterpartei st&auml;ndige Fortschritte; so eroberte sie erst vorige Woche sechzehn Sitze im Mannheimer Stadtrat <A NAME="S278"><B>|278|</A></B> und einen im s&auml;chsischen Landtag. In Belgien, Holland und Italien ist man dem deutschen Beispiel gefolgt; in jedem dieser L&auml;nder gibt es eine Arbeiterpartei, wenngleich der Wahlzensus dort zu hoch ist, als da&szlig; sie derzeit Aussicht auf die Entsendung von Abgeordneten in die gesetzgebenden K&ouml;rperschaften h&auml;tten. In Frankreich ist der Aufbau der Arbeiterpartei gerade jetzt in vollem Gange; sie hat bei den letzten Wahlen in mehreren Munizipalr&auml;ten die Mehrheit errungen und wird bei den allgemeinen Kammerwahlen im n&auml;chsten Oktober zweifellos eine Anzahl Sitze erobern. Selbst in Amerika, wo der &Uuml;bergang aus der Arbeiterklasse in die der Farmer, Kaufleute oder Kapitalisten noch immer verh&auml;ltnism&auml;&szlig;ig leicht ist, halten die Arbeiter es f&uuml;r notwendig, sich zu einer unabh&auml;ngigen Partei zusammenzuschlie&szlig;en. &Uuml;berall k&auml;mpft der Arbeiter um die politische Macht, um die direkte Vertretung seiner Klasse in den gesetzgebenden K&ouml;rperschaften - &uuml;berall, nur in Gro&szlig;britannien nicht.</P>
<P>Und dennoch war in England noch nie so weit wie heute das Bewu&szlig;tsein verbreitet, da&szlig; die alten Parteien dem Untergang geweiht, die alten Schibboleths sinnlos geworden sind, da&szlig; die alten Losungen sich &uuml;berlebt, die alten Universalmittel ihre Wirkung verloren haben. Vern&uuml;nftige M&auml;nner aus allen Klassen beginnen einzusehen, da&szlig; ein neuer Weg beschritten werden mu&szlig;, und da&szlig; dieser Weg nur in der Richtung der Demokratie liegen kann. In England jedoch, wo die industrielle und landwirtschaftliche Arbeiterklasse die &uuml;berw&auml;ltigende Mehrheit des Volkes bildet, bedeutet Demokratie nicht mehr und nicht weniger als die Herrschaft der Arbeiterklasse. La&szlig;t die Arbeiterklasse sich vorbereiten f&uuml;r die Aufgabe, die ihrer harrt - auf die Herrschaft &uuml;ber das gro&szlig;e Britische Reich; la&szlig;t sie die Verantwortung erkennen, die ihr unvermeidlich zufallen wird. Und der beste Weg hierzu ist, die Macht, &uuml;ber die sie bereits verf&uuml;gt, die faktische Mehrheit, die sie in jeder gro&szlig;en Stadt des K&ouml;nigreichs besitzt, dazu auszunutzen, Leute aus ihren eigenen Reihen ins Parlament zu entsenden. Bei dem gegenw&auml;rtigen Wahlrecht der Haushaltungsvorst&auml;nde k&ouml;nnten bequem vierzig oder f&uuml;nfzig Arbeiter ins Unterhaus geschickt werden, wo eine solche gr&uuml;ndliche Blutauffrischung in der Tat h&ouml;chst notwendig ist. Schon allein mit dieser Zahl von Arbeitern im Parlament w&auml;re es unm&ouml;glich, die irische Landbill mehr und mehr, wie es gegenw&auml;rtig der Fall ist, zu einer irischen Landbull, n&auml;mlich einem irischen Grundbesitzer-Entsch&auml;digungsgesetz werden zu lassen; w&auml;re es unm&ouml;glich, sich dem Verlangen zu widersetzen nach Neuverteilung der Sitze, nach wirksamer Bestrafung der Wahlbestechung, nach &Uuml;bernahme der Wahlausgaben durch den Staat, wie das &uuml;berall au&szlig;erhalb Englands der Fall ist, etc.</P>
<B><P><A NAME="S279">|279|</A></B> Dar&uuml;ber hinaus kann es in England keine wirklich demokratische Partei geben, die keine Arbeiterpartei ist. Aufgekl&auml;rte M&auml;nner anderer Klassen (wo sie &uuml;brigens gar nicht so &uuml;berm&auml;&szlig;ig zahlreich sind, wie man uns glauben machen m&ouml;chte) k&ouml;nnten sich dieser Partei anschlie&szlig;en und sie, nachdem sie Beweise ihrer Aufrichtigkeit geliefert, sogar im Parlament vertreten. Das ist &uuml;berall der Fall. In Deutschland zum Beispiel sind die Arbeitervertreter nicht in jedem Falle wirkliche Arbeiter. Aber keine demokratische Partei wird in England oder anderswo wirksamen Erfolg haben, wenn sie nicht eine Arbeiterpartei mit entschiedenem Klassencharakter ist. Geht man davon ab, so bleibt nichts als Sektierertum und Schwindel.</P>
<P>Das trifft f&uuml;r England sogar noch mehr zu als f&uuml;r das Ausland. Leider hat es seitens der Radikalen genug Schwindel gegeben seit dem Zerfall der ersten Arbeiterpartei in der Geschichte - der Chartistenpartei. Ja, aber die Chartisten sind doch gescheitert und haben nichts erreicht. Ist dem wirklich so? Von den sechs Punkten der Volks-Charte sind jetzt zwei - geheime Stimmabgabe und kein Verm&ouml;genszensus - Gesetz im Lande. Ein dritter, das allgemeine Wahlrecht, ist in Gestalt des Stimmrechts der Haushaltungsvorst&auml;nde wenigstens ann&auml;hernd erreicht; ein vierter, die Gleichheit der Wahlbezirke, ist deutlich in Sicht als eine von der gegenw&auml;rtigen Regierung versprochene Reform. Somit hat der Zusammenbruch der Chartistenbewegung dazu gef&uuml;hrt, da&szlig; reichlich die H&auml;lfte ihres Programms verwirklicht worden ist. Wenn schon die blo&szlig;e Erinnerung an eine fr&uuml;here politische Organisation der Arbeiterklasse zu diesen politischen und au&szlig;erdem noch zu einer Reihe sozialer Reformen f&uuml;hren konnte, welche Wirkung wird dann erst das tats&auml;chliche Bestehen einer politischen Arbeiterpartei aus&uuml;ben, die sich auf vierzig oder f&uuml;nfzig Vertreter im Parlament st&uuml;tzt? Wir leben in einer Welt, in der jeder f&uuml;r sich selbst zu sorgen hat. Die englische Arbeiterklasse jedoch gestattet es den Klassen der Grundbesitzer, Kapitalisten und Kleinh&auml;ndler mit ihrem Anh&auml;ngsel von Advokaten, Zeitungsschreibern etc., ihre Interessen wahrzunehmen. Kein Wunder, da&szlig; Reformen im Interesse der Arbeiter nur so langsam und nur so erb&auml;rmlich tropfenweise zustande kommen. Die Arbeiter Englands brauchen nur zu wollen, und sie haben die Macht, jede soziale und politische Reform durchzusetzen, die ihre Lage erfordert. Warum dann diese Anstrengung nicht machen?</P>
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