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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Karl Marx - Ueber die Ereignisse auf den Kriegsschauplaetzen</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 11, S. 498-500<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</P>
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>&Uuml;ber die Ereignisse auf den Kriegsschaupl&auml;tzen</H1>
<P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["Neue Oder-Zeitung" Nr. 395 vom 25. August 1855]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S498">&lt;498&gt;</A></B> <I>London</I>, 22. August. Die Berichte der Admirale Penaud und Dundas best&auml;tigen das Urteil, das wir &uuml;ber die "glorreiche Zerst&ouml;rung Sweaborgs, des Gibraltar des Nordens" ("Times"-Terminologie) gef&auml;llt haben. Heute lesen wir denn auch in einem Londoner Tagesblatt:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Derart ist das gro&szlig;e Bombardement von Sweaborg beschaffen, da&szlig; nur davon gesagt werden kann, da&szlig; dem Feinde in der Ausbreitung des Brandes m&ouml;glicherweise bedeutender Schaden erwachsen ist. Es scheint indes nicht, da&szlig; wir viel gewonnen haben. Der Erfolg war weder brillant noch solid. Nach wie vor bleibt alles zu tun in der Ostsee &uuml;brig."</P>
</FONT><P>Die "Times" allerdings, die w&auml;hrend des Aufenthalts der K&ouml;nigin in Frankreich gutes Wetter und gute Neuigkeiten braucht, die seit einigen Tagen nur couleur de rose &lt;rosenfarbig&gt; malt und an optimistischer Fallsucht zu leiden heuchelt, die "Times" besteht hartn&auml;ckig darauf, von einer Zerst&ouml;rung der "Stadt" Sweaborg zu tr&auml;umen.</P>
<P>Was die Tschornaja-Aff&auml;re betrifft, bedarf es zu ihrer W&uuml;rdigung vor allem n&auml;herer Berichte. Es kommt n&auml;mlich alles darauf an, inwiefern der Kampf sich um Defileepassagen der Tschornaja drehte und inwiefern der Wasserstand den Flu&szlig; zu einem wirklichen Hindernis machte. Fand die Schlacht ohne ein solches Hindernis vor der franz&ouml;sischen Front statt, so wirft sie gro&szlig;en Makel auf die Russen. Handelt es sich dagegen um das Forcieren von Defileen, die nicht zu umgehen waren, so ist der gro&szlig;e russische Verlust erkl&auml;rt, und die Schlacht kann f&uuml;r beide Teile ehrenvoll sein. Immer jedoch bleibt es unklar, warum die Russen ihrerseits keine Umgehung <A NAME="S499"><B>&lt;499&gt;</A></B> durchs Baidartal versuchten. Das aber ist sicher, da&szlig;, wenn die Alliierten nicht freiwillig weggehen, die Russen jetzt ihre Unf&auml;higkeit bewiesen haben, sie vom Plateau und der Tschornajalinie zu vertreiben. So ist die alte Zwickm&uuml;hle wiederhergestellt.</P>
<P>Der Sturm auf Malachow kann jeden Tag erwartet werden. Mi&szlig;lingt er, so befinden sich die Alliierten in einer schlimmen Lage. Gelingt er, was immerhin m&ouml;glich, wenn auch mit ungeheuren Verlusten, so ist darum die S&uuml;dseite noch nicht verloren, es sei denn, da&szlig; man sie r&auml;umen m&uuml;&szlig;te aus Mangel an Lebensmitteln. Jedenfalls aber h&auml;tten die Alliierten dann die Aussicht gewonnen, die Russen vor dem Winter daraus zu vertreiben. Die Nachrichten &uuml;ber den Gesundheitszustand der englischen Armee in der Krim lauten widersprechend. Nach einem Berichte w&uuml;rden monatlich 1.000 englische Soldaten in den Laufgr&auml;ben dienstunf&auml;hig. Positiv ist, da&szlig; von einem einzigen Regiment, dem 10. Husarenregiment, 676 Mann stark, sich 161 krank befinden. Dr. Sutherland, Haupt der von der Regierung nach der Krim gesandten Gesundheitskommission, schreibt in einem an den Grafen Shaftesbury gerichteten Brief u.a.</P>
<FONT SIZE=2><P>"Woche endend 7. Juli: St&auml;rke der englischen Armee 41.593, Gesamt-Todesf&auml;lle 150, Tod an Cholera 71, an Fieber 17, an Diarrhoe 19, an der roten Ruhr 2. Woche endend 14. Juli: St&auml;rke der Armee 42.513, Gesamt-Todesf&auml;lle 123, Tod an Cholera 55, an Fieber 18, an Diarrhoe 10, an der roten Ruhr 5. An Wunden starben in der ersten Woche 44, in der zweiten 30, zusammen 74."</P>
</FONT><P>Die Todesf&auml;lle infolge von Krankheiten verhalten sich also zu den Todesf&auml;llen infolge von Wunden w&auml;hrend der zwei ersten Wochen des Juli beinahe wie 4:1. Dr. Sutherland zieht folgenden Kontrast zwischen dem Gesundheitszustand der Armee im vergangenen Winter und im gegenw&auml;rtigen Sommer:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die Wintersterblichkeit hat einen ganz andern Charakter als die Sommersterblichkeit. Kaum eine der Ursachen - n&auml;mlich schlechte Nahrung. Mangel an Ruhe, &Uuml;berarbeit, Mangel an Kleidung und Obdach, Unbesch&uuml;tztheit gegen die Elemente, die fast in der ganzen Armee scorbutis hervorriefen - existiert jetzt. Damals waren alle Krankheitsf&auml;lle skorbutisch und daher die greuliche Sterblichkeit in den Spit&auml;lern zu Skutari; es war nur zu vergleichen mit der Hungerpest in Irland; jetzt dagegen haben wir Fieber und Cholera, deren Intensivit&auml;t in unserem Lager zweifelsohne durch gro&szlig;e Sorgfalt f&uuml;r die Soldaten gemildert worden ist."</P>
</FONT><P>Der Gesundheitszustand der belagerten Armee ist in diesem Augenblick unstreitig schlechter als der der Belagerer. Dr. Sutherlands Brief kann indes um so weniger unbedingtes Vertrauen beanspruchen, als ein neulicher Vor- <A NAME="S500"><B>&lt;500&gt;</A></B> fall beweist, da&szlig; die Kritik im englischen Leger <I>bestraft </I>wird. Ungef&auml;hr vor sechs Wochen brachte die "Times" n&auml;mlich ein anonymes Schreiben, worin die unverzeihliche Behandlung der Verwundeten, nach dem blutigen Gemetzel vom 18. Juni, denunziert war. Das Kriegsdepartement verlangte, den Namen des Korrespondenten von der "Times" zu erhalten. Die Forderung ward abgeschlagen, es sei denn, da&szlig; Herr Friedrich Peel ausdr&uuml;cklich verspreche, den Korrespondenten wegen seiner Enth&uuml;llungen nicht heimzusuchen. Peel ging auf diese Bedingung nicht ein, denunzierte aber die Weigerung der "Times" im Parlament. Herr Bakewell (Assistent-Surgeon &lt;Assistenzarzt&gt;), der Verfasser des fraglichen Briefes, war unterdes krankheitshalber nach Skutari beurlaubt worden. Dies geschah Mitte Juli. Die Beh&ouml;rden im Lager entdeckten durch ein oder das andere Mittel seine Autorschaft. Hinter seinem R&uuml;cken und <I>w&auml;hrend seiner Abwesenheit </I>wurde aus den h&ouml;heren Medizinalbeamten, gro&szlig;enteils selbst durch Bakewells Brief kompromittiert, ein Untersuchungsgericht niedergesetzt, das ihn verurteilte, ohne Gelegenheit zur Selbstverteidigung oder zum Beweis seiner Anklage gew&auml;hrt zu haben. Am 3. August ward seine Absetzung in einer allgemeinen Ordre du Jour &lt;einem Tagesbefehl&gt; der Armee bekanntgemacht. An diesem Vorfall ist die Glaubw&uuml;rdigkeit der englischen offiziellen oder halboffiziellen Berichte &uuml;ber den Gesundheitszustand der Armee, Pflege der Verwundeten usw. zu messen.</P>
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