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<TITLE>Ernst Thälmann: Aus dem Referat auf der Tagung des ZK der KPD im Sporthaus Ziegenhals</TITLE>
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<script src="http://www.mlwerke.de/scripte/Dokident.js" type="text/javascript" language="JavaScript"></script>
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<A name="top">Aus dem Referat auf der Tagung des ZK der KPD im Sporthaus
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Ziegenhals</p>
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Quelle: Ausgewählte Reden und Schriften in zwei Bänden,
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Band 2, Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main 1977, Seite 345
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- 357</p>
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<P>
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Ernst Thälmann</p>
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Aus dem Referat auf der Tagung des ZK der KPD im Sporthaus
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Ziegenhals</p>
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Aus dem Referat auf der Tagung des ZK der KPD im Sporthaus
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Ziegenhals (1)</p>
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7. Februar 1933</p>
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<P>
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Genossen!</p>
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<P>
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Die Bedeutung der heutigen Konferenz ergibt sich schon aus
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der Tatsache, daß zweifelsohne durch die Bildung der Hitlerregierung
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eine solche Zuspitzung des Klassenkampfes eingetreten ist, wie wir sie seit
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1918 kaum mehr zu verzeichnen hatten ...</p>
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<P>
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Das Proletariat und die Werktätigen der ganzen Welt blicken
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auf uns und [auf] das deutsche Proletariat. Die russischen Arbeiter und Bauern
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blicken auf uns. Die kommunistischen Bruderparteien in Frankreich, in der
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Tschechoslowakei, Holland und überall haben glänzend ihre
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Solidarität mit dem schweren Kampf des [deutschen] Proletariats
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verkündet. Die deutsche Partei hat einen wichtigen Schlüssel für
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den revolutionären Aufschwung in ganz Europa in ihrer Hand. Wir dürfen
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keine Zeit verlieren. Jetzt droht der Staatsstreich. Jetzt droht die Vernichtung
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der Partei. Jetzt sind in höchstem Grade entscheidende Wochen.</p>
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<P>
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Der Kampf, der vor uns liegt, ist der schwerste, den die Partei
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zu bestehen hat. Er kann nicht verglichen werden mit den Jahren seit 1923.
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Er gibt jedem Kommunisten eine noch höhere Verantwortung als selbst
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in der damaligen Situation. Unmittelbar müssen wir die Offensive ergreifen,
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dann haben wir die Chance für uns.</p>
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<P>
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Um uns ein klares Bild über die neue Situation, ihre
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klassenmäßigen Hintergründe und die weiteren Perspektiven
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zu machen, will ich jetzt zunächst versuchen, die Faktoren anzuführen,
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die zur jetzigen Lage geführt haben. (2)</p>
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<P>
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||
Die andere Seite des Prozesses, die diesen Teilerfolgen der
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Betrugsmanöver der Bourgeoisie gegenübersteht, ist der Fortgang
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und die weitere Steigerung des revolutionären Aufschwungs, den Schleicher
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nicht aufhalten konnte. Anfang Januar [1933] war es zweifelsohne
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vorübergehend der Bourgeoisie, der SPD und den Nazis gelungen, uns die
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||
Offensive etwas aus der Hand zu nehmen. Dann, im Zusammenhang mit der
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||
Bülowplatz-Provokation der Hitlerbanden, vermochten wir, wieder in die
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Offensive überzugehen. Es zeigte sich, welch eine Verschärfung
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des Klassenkampfes eingetreten ist. So, wie uns die fünf bis sechs Tage
|
||
BVG-Streik (3) im November ganz rasch an einen Zustand revolutionärer
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Zuspitzung und höherer Form des Klassenkampfes heranbrachten, so zeigte
|
||
sich im Zusammenhang mit unserer Gegenoffensive gegen die SA-Provokation
|
||
Ende Januar erneut und noch gesteigert, daß der PROZEß DES
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||
HERANREIFENS DER REVOLUTIONÄREN KRISE in Deutschland bereits soweit
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gediehen ist, daß VERHÄLTNISMÄßIG KLEINE EREIGNISSE
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RASCH EINE STÜRMISCHE BESCHLEUNIGUNG DER REVOLUTIONÄREN ENTWICKLUNG
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und eine außerordentliche Verschärfung des Klassenkampfes
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herbeiführen können ...</p>
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<P>
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Soviel über die Entstehungsgeschichte der Hitlerregierung.
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Damit ist zugleich das Wichtigste über ihren Charakter und ihre Aufgaben
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gesagt.</p>
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<P>
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Das Kabinett Hitler-Hugenberg-Papen ist die OFFENE FASCHISTISCHE
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DIKTATUR. Was die Zusammensetzung der Regierung anbetrifft, so kann es in
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Deutschland eine weitere Steigerung in der Richtung des offenen Faschismus
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kaum mehr geben. Wohl aber gibt es in den Methoden dieser Regierung der offenen
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faschistischen Diktatur noch eine ganze Reihe von Steigerungsmöglichkeiten.
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||
Jeder Zweifel darüber, daß diese Regierung vor irgendwelchen
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balkanischen Methoden (4) des äußersten Terrors zurückschrecken
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würde, wäre sehr gefährlich.</p>
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<P>
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ES IST DER BOURGEOISIE ERNST DAMIT, DIE PARTEI UND DIE GANZE
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||
AVANTGARDE DER ARBEITERKLASSE ZU ZERSCHMETTERN. Sie wird deshalb kein Mittel
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unversucht lassen, um dieses Ziel zu erreichen. Also nicht nur Vernichtung
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der letzten spärlichen Rechte der Arbeiter, nicht nur Parteiverbot,
|
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nicht nur faschistische Klassenjustiz, sondern alle Formen des faschistischen
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||
Terrors; darüber hinaus: Masseninternierung von Kommunisten in
|
||
Konzentrationslagern, Lynchjustiz und Meuchelmorde an unseren tapferen
|
||
antifaschistischen Kämpfern, insbesondere an kommunistischen Führern
|
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- das alles gehört mit zu den Waffen, deren sich die offene faschistische
|
||
Diktatur uns gegenüber bedienen wird.</p>
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<P>
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Schon die ersten Tage der Hitlerregierung beweisen den ganzen
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TIEFEN ERNST DER SITUATION. Es wäre ein Verbrechen, irgendwelche
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legalistischen Illusionen in unseren Reihen zu dulden. Wir müssen in
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der ganzen Arbeiterklasse darüber Klarheit schaffen, daß es
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wahrscheinlich keine andere Art der Ablösung dieser Regierung geben
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kann als ihren revolutionären Sturz.</p>
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<P>
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||
Das bedeutet nicht, daß der Sturz der Hitlerregierung
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und der Sieg der proletarischen Revolution unbedingt ein und dasselbe sein
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||
muß. Wir stellen die Frage des Kampfes für den Sturz der
|
||
Hitlerregierung, die Frage der Beseitigung der Hitler-Hugenberg-Regierung
|
||
als UNMITTELBARE AUFGABE. Wir stellen sie in jeder Stunde, wir stellen sie
|
||
HEUTE, wir stellen sie MORGEN, ÜBERMORGEN, wir stellen sie in den
|
||
nächsten Wochen und Monaten, ohne daß wir unter allen Umständen
|
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zu 100 Prozent sagen können, daß, wenn uns der Sturz der
|
||
faschistischen Diktatur gelingt, dies schon mit dem SIEG der proletarischen
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||
Revolution DIREKT verbunden ist. Das müssen wir so scharf sagen, weil
|
||
wir den heftigsten Feldzug ideologischer Art in den Massen GEGEN JEDE THEORIE
|
||
DES "ABWIRTSCHAFTENLASSENS" der Hitlerregierung führen müssen.
|
||
Diese Feststellungen schließen jedoch - ich betone das noch einmal
|
||
- keineswegs aus, daß der Kampf zum Sturz der Hitlerregierung gleichzeitig
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||
in den KAMPF UM DIE VOLLE MACHT DES PROLETARIATS umschlagen kann.</p>
|
||
<P>
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||
Hier darf es kein Schema geben, sondern nur eine dialektische
|
||
Betrachtung. Weder legen wir uns darauf fest, die Hitlerregierung ERST in
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dem Augenblick zu stürzen, wo die Situation schon FÜR DEN VOLLEN
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||
SIEG DER PROLETARISCHEN REVOLUTION REIF ist, noch lassen wir außer
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||
Betracht, daß, wie die Beschlüsse des XII. Plenums (5) ganz klar
|
||
sagen, die FRISTEN DES REVOLUTIONÄREN AUFSCHWUNGS und für die volle
|
||
Entfaltung der revolutionären Krise HEUTE VIEL KÜRZER sind als
|
||
in den bisherigen Abschnitten der Geschichte des proletarischen
|
||
Klassenkampfes.</p>
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||
<P>
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||
Der wüste faschistische Terror in Deutschland, dem wir
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||
jetzt entgegengehen, ändert nichts an unserer revolutionären
|
||
Perspektive. Sowenig wir eine UNTERSCHÄTZUNG DER HITLERREGIERUNG, der
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||
furchtbaren GEFAHR, die der Arbeiterklasse Deutschlands von der offenen
|
||
faschistischen Diktatur droht, dulden, sowenig lassen wir eine
|
||
Überschätzung dieser Regierung, ihrer FESTIGKEIT und
|
||
WIDERSTANDSFÄHIGKEIT gegenüber dem Proletariat zu. (6)</p>
|
||
<P>
|
||
Was ist die Bilanz unseres bisherigen Kampfes gegen die
|
||
faschistische Diktatur? Wir waren nicht imstande, die Aufrichtung der
|
||
faschistischen Diktatur bis zur heutigen offenen faschistischen Diktatur
|
||
zu verhindern, obwohl wir den Kampf der Massen dafür organisiert haben.
|
||
Das ist gewiß eine ernste negative Feststellung.</p>
|
||
<P>
|
||
Aber umgekehrt können wir sagen, daß wir den
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||
faschistischen Kurs der Bourgeoisie empfindlich gestört haben. Wir haben
|
||
sie dabei aufgehalten, stellenweise sogar zurückgeworfen, wie bei der
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||
Sprengung der Papen-Regierung. Zu dieser positiven Einschätzung unserer
|
||
wachsenden Kampfkraft und damit der wachsenden Kampfkraft der Arbeiterklasse
|
||
Deutschlands sind wir berechtigt, ohne unsere Schwächen zu übersehen.
|
||
Eine solche positive Einschätzung muß der Ausgangspunkt für
|
||
unsere höhere revolutionäre Aufgabenstellung sein.</p>
|
||
<P>
|
||
Wenn wir nicht mehr erreichen konnten, so deshalb, weil wir
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||
den Einfluß der SPD- und ADGB-Führer sowie der christlichen
|
||
Gewerkschaftführer auf breite Arbeitermassen nicht in dem erforderlichen
|
||
Maße zu liquidieren vermochten. Uns hemmten in diesem Kampf die
|
||
Mängel unserer Gewerkschaftsarbeit, Betriebsarbeit, die Mängel
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bei der Anwendung der Einheitsfront (7) und im prinzipiellen Kampf gegen
|
||
die sozialdemokratischen Betrugsmanöver. Wir haben in der Vergangenheit
|
||
nur insoweit Erfolge im Kampf gegen die faschistische Diktatur erzielen
|
||
können, wie es uns gelang, diese Mängel zu überwinden und
|
||
damit zur Durchführung der Beschlüsse des XII. Plenums, unseres
|
||
Februarplenums (8) und der 3. Reichsparteikonferenz (9) zu gelangen.</p>
|
||
<P>
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||
Wie ist die Lage heute gegenüber der Hitlerregierung?</p>
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<P>
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||
Wir riefen bei ihrer Machtübernahme zum Streik, zum
|
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Massenstreik, Generalstreik auf. Gleichzeitig mit der unmittelbaren Mobilisierung
|
||
der Massen von unten für diese Losungen richteten wir ein
|
||
Einheitsfrontangebot an die SPD, den ADGB, [den] AfA-Bund und die christlichen
|
||
Gewerkschaften in der Linie der konkreten Aufforderung, gemeinsam mit uns
|
||
den Generalstreik durchzuführen. Wir führten also in dieser besonderen
|
||
Situation eine kombinierte Einheitsfrontpolitik von unten und oben durch.</p>
|
||
<P>
|
||
Wir hatten in der Mobilmachung der Massen Erfolge bezüglich
|
||
der Durchführung von Demonstrationen und des wehrhaften Massenkampfes
|
||
gegen den faschistischen Mordterror. Streiks jedoch konnten wir nur in geringerem
|
||
Umfange auslösen. Wir müssen deshalb die Frage beantworten, ob
|
||
trotzdem unsere Losung richtig war. Die Antwort kann nur bejahend sein.
|
||
(10)</p>
|
||
<P>
|
||
Müssen wir also wegen des bisherigen Ausbleibens
|
||
größerer Streiks in einen tiefen Pessimismus verfallen? Keineswegs!
|
||
Wenn auch die Erwartungen größer waren als die Tatsachen, so gibt
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es doch keine Depressionsstimmungen größeren Umfanges in den Massen,
|
||
sondern eine wachsende Kampfstimmung. Das, was sich gegenwärtig in ganz
|
||
Deutschland abspielt, die täglichen Demonstrationen,
|
||
Zusammenstöße, Kampfhandlungen in allen Teilen des Reiches, ist
|
||
der beste Ausdruck dafür, wie geladen, wie gespannt von revolutionären
|
||
Energien die ganze Atmosphäre ist.</p>
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||
<P>
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||
Wenn in ganz Deutschland kein Tag vergeht, wo nicht an ein
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paar Stellen Feuergefechte zwischen faschistischen Terrorbanden und der
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||
Arbeiterschaft stattfinden, sei es mit Kommunisten oder Reichsbannerleuten,
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||
so sind das bestimmte Elemente des Bürgerkrieges, die wir sehen und
|
||
bei unserer Beurteilung der Lage und der Aufgaben berücksichtigen
|
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müssen.</p>
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<P>
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||
Elemente des Bürgerkrieges - das ist eine sehr ernste
|
||
Feststellung. Denn wir gebrauchen solche revolutionären Worte nicht
|
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in der Art, wie es einst Heinz Neumann tat, der seine opportunistische Politik
|
||
mit überspitzten, scheinradikalen Phrasen verbrämte. Gerade die
|
||
Vermeidung von scheinradikaler, überspitzter Phraseologie gibt uns jetzt
|
||
um so mehr die Gelegenheit, angesichts des Ernstes der Situation mit voller
|
||
Autorität der Partei in den Massen die außerordentliche
|
||
Verschärfung der Lage klarzustellen. Wir müssen alle Unklarheiten
|
||
und Schwankungen in der Partei in dieser Frage überwinden. Wenn unsere
|
||
Kader die politischen Momente der neuen Entwicklung richtig verstehen
|
||
würden, wäre der Grad des revolutionären Vormarsches bereits
|
||
viel weiter, als es jetzt der Fall ist. Die Bourgeoisie hat dem Proletariat
|
||
den Bürgerkrieg erklärt. Wir sind uns des Ernstes der Situation
|
||
und der ganzen Verantwortungsschwere bei dieser Feststellung für die
|
||
Partei bewußt.</p>
|
||
<P>
|
||
Aber wir müssen diese Dinge sehen. Denn in ihnen drückt
|
||
sich eine sehr wichtige Erscheinung aus: Wir haben wieder einmal starke
|
||
Erscheinungen des Zurückbleibens hinter den Massen. Man braucht diese
|
||
Schwächen der Parteiorganisation nicht zu schwarz zu sehen, aber man
|
||
muß die Augen aufmachen, um sie rechtzeitig liquidieren zu
|
||
können.</p>
|
||
<P>
|
||
Worauf kommt es jetzt vor allem an? WIR MÜSSEN ERREICHEN,
|
||
DAß DIE KETTE DER MASSENAKTIONEN UND MASSENKÄMPFE GEGEN DIE
|
||
FASCHISTISCHE DIKTATUR IN GANZ DEUTSCHLAND NICHT MEHR ABREIßT. Der
|
||
revolutionäre Brand muß stets an anderen Stellen wieder
|
||
verstärkt aufflackern und sich entzünden, wenn er an einer anderen
|
||
Stelle vorübergehend erstickt wird, bis keine Feuerwehr mehr hilft,
|
||
diesen revolutionären Brand zu löschen. So müssen wir dazu
|
||
kommen, die Organisierung ununterbrochener Massenaktionen des Proletariats
|
||
in allen Formen, auf allen Gebieten in die Wege zu leiten. Dabei würde
|
||
die Vernachlässigung der Verteidigung der wirtschaftlichen Interessen
|
||
der Arbeiter und aller übrigen werktätigen Schichten eine fast
|
||
ebenso schwere Gefahr bedeuten wie vor allem jeder Ökonomismus, das
|
||
heißt die Vernachlässigung des politischen Kampfes gegen die Diktatur
|
||
der Bourgeoisie.</p>
|
||
<P>
|
||
Das ist es, was wir für ganz Deutschland, aber auch für
|
||
jeden einzelnen Bezirk als Aufgabe stellen: EINE KETTE UNUNTERBROCHENER,
|
||
MITEINANDER VERFLOCHTENER UND SICH GEGENSEITIG ABLÖSENDER AKTIONEN,
|
||
DIE ENTFALTUNG ALLER FORMEN DES MASSENWIDERSTANDES UND MASSENKAMPFES GEGEN
|
||
DIE FASCHISTISCHE DIKTATUR. Das ist die entscheidende Aufgabe im Kampf um
|
||
die proletarische Mehrheit wie im Kampf für die Verwirklichung der Hegemonie
|
||
des Proletariats über die übrigen werktätigen Massen. Ich
|
||
möchte in diesem Zusammenhang ein außerordentlich interessantes
|
||
Zitat in diesem Zusammenhang aus der Zeit des revolutionären Aufschwunges
|
||
in Rußland um 1912/1913 anführen, das für unsere Situation
|
||
sehr lehrreich ist. Lenin schreibt im Januar 1913:</p>
|
||
<P>
|
||
"Die Arbeiter werden ihr ganzes Augenmerk darauf richten, den
|
||
spontan wachsenden revolutionären Streik zu unterstützen, zu
|
||
verstärken, zu entwickeln, ihn BEWUßT voranzutreiben, um die Bauern
|
||
und die Truppen auf den Aufstand vorzubereiten. Wenn die Streiks die Arbeiter
|
||
entkräften, muß man sie abwechselnd durchführen, indem man
|
||
die einen ausruhen läßt und die, die sich erholt haben, oder 'frische'
|
||
Kräfte in den Kampf führt. Man muß kürzere Streiks
|
||
organisieren. Manchmal muß man Streiks durch Demonstrationen ersetzen.
|
||
Aber das Wichtigste ist, daß die Streiks, die Kundgebungen, die
|
||
Demonstrationen nicht abreißen, daß die ganze Bauernschaft und
|
||
die ganze Armee von dem beharrlichen Kampf der Arbeiter erfahren, daß
|
||
das Dorf, selbst das entlegenste, sieht, daß in den Städten Unruhe
|
||
herrscht, daß sich 'IHRE LEUTE' erhoben haben." (11)</p>
|
||
<P>
|
||
Die Anwendung einer solchen Taktik des unablässigen Kampfes,
|
||
der ununterbrochenen Massenaktionen stellt uns gerade die Aufgabe, alles
|
||
daranzusetzen, um möglichst rasch die vielen Teilaktionen und
|
||
Teilkämpfe zum großen, umfassenden Massenstreik, ja zum Generalstreik
|
||
zu steigern.</p>
|
||
<P>
|
||
In diesem Zusammenhang, Genossen, eine ernste Erwägung:
|
||
Falls die Reichstagswahlen vom 5. März den Nationalsozialisten, vor
|
||
allem auf dem Lande und vielleicht auf Kosten der Deutschnationalen, ein
|
||
mehr oder weniger günstiges Resultat bringen würden, ist es sehr
|
||
wahrscheinlich, daß die Hitlerpartei eine solche Stimmung für
|
||
weitere faschistische Staatsstreichaktionen zur Festigung und Erweiterung
|
||
ihrer Macht ausnutzen wird. Wir haben Kenntnis von den Plänen der
|
||
Nationalsozialisten, einen Marsch auf Berlin im Anschluß an den 5.
|
||
März durchzuführen. Mit einer solchen Konzentration ihrer eigenen
|
||
Militärformationen wollen sich die Nazis mehr oder weniger unabhängig
|
||
von den deutschnationalen Regierungskollegen und auch von der Reichswehr
|
||
und Polizei machen, um diese legalen Machtinstrumente des Staates so gut
|
||
wie restlos unter ihren Einfluß zu bringen.</p>
|
||
<P>
|
||
Man muß sehen, daß die zwangsläufig entstehenden
|
||
Zersetzungserscheinungen in den Exekutivorganen, vor allem in der Polizei,
|
||
solange diese noch nicht vom Hitlerfaschismus durchdrungen und von ihm
|
||
assimiliert sind, eine bestimmte Erleichterung für unseren Kampf darstellen.
|
||
Gelingt den Nazis mit Hilfe eines solchen Marsches auf Berlin oder anderer
|
||
weiterer faschistischer Staatsstreichaktionen die Durchführung solcher
|
||
Pläne zur Säuberung und Faschisierung der Exekutivorgane und zur
|
||
Festigung ihrer Machtpositionen, so verschlechtert das die Kampfsituation
|
||
des Proletariats.</p>
|
||
<P>
|
||
Eine solche Erwägung, Genossen, muß uns veranlassen,
|
||
mit allem Ernst daranzugehen, daß wir SCHON VORHER UND JEDENFALLS
|
||
UNMITTELBAR GEGEN SOLCHE WEITEREN FASCHISTISCHEN AKTIONEN DIE GANZE KRAFT
|
||
DER PARTEI EINSETZEN, UM DEN REVOLUTIONÄREN MASSENKAMPF GEGEN DEN FASCHISMUS
|
||
ZUR HÖCHSTEN ENTFALTUNG ZU BRINGEN.</p>
|
||
<P>
|
||
Von größter Bedeutung ist es, die ganze Partei in
|
||
einen solchen Zustand zu bringen, daß sie sich in höchster
|
||
Alarmbereitschaft befindet, und jederzeit jeden geeigneten Anlaß zur
|
||
Steigerung des Kampfes, zur Auslösung von Massenstreiks bis zum
|
||
Generalstreik auszunutzen. Also: Wachsamkeit, Initiative,
|
||
Fingerspitzengefühl für das Leben der Massen, um jeden Augenblick
|
||
die richtige Kampflosung propagieren zu können. RÜCKHALTLOSE
|
||
ENTFESSELUNG ALLER FORMEN DER POLITISCHEN UND WIRTSCHAFTLICHEN TAGESKÄMPFE
|
||
UND AKTIONEN, TEILKÄMPFE, TEILSTREIKS USW., FESTER, ENTSCHLOSSENER KURS
|
||
AUF DEN POLITISCHEN GENERALSTREIK!</p>
|
||
<P>
|
||
Diese Linie, die wir in allen bisherigen Aufrufen des
|
||
Zentralkomitees mit der Losung: Streik - Massenstreik - Generalstreik! konkret
|
||
zusammengefaßt haben, gilt es, in der Praxis durchzusetzen. Das ist
|
||
die Linie unseres revolutionären Massenkampfes für den Sturz der
|
||
Hitlerdiktatur. Mit dieser Linie werden wir zugleich die inneren
|
||
Widersprüche der Regierung, den in ihr selbst aufgespeicherten Sprengstoff
|
||
zur Entzündung bringen. (12)</p>
|
||
<P>
|
||
Gegenüber solchen Genossen, die jetzt denken, die Partei
|
||
wird vielleicht noch vor den Wahlen verboten, also braucht man keinen Wahlkampf
|
||
mehr zu führen, müssen wir sagen, daß wir im Gegenteil die
|
||
allerstärkste Aktivität entfalten müssen. Wir müssen
|
||
die Hitlerregierung vor den Massen als Regime des faschistischen Terrors,
|
||
der kapitalistischen Aushungerung und des imperialistischen Krieges, als
|
||
Regierung der Kapitalisten und Großgrundbesitzer entlarven. Wir
|
||
müssen die parlamentarischen, demokratischen und legalistischen Illusionen
|
||
in den Massen im schärfsten ideologischen Kampf gegen die
|
||
betrügerischen Parolen der SPD beseitigen. Wir müssen den Kampf
|
||
um die sozialdemokratischen Arbeiter zur Teilnahme an gemeinsamen Aktionen
|
||
und Kämpfen gegen die faschistische Diktatur auf stärkste steigern.
|
||
Wir müssen überall den gemeinsamen Massenselbstschutz aufziehen,
|
||
einen Patrouillendienst in den Arbeitervierteln, die Möglichkeit rascher
|
||
Alarmierung der Arbeiterschaft gegen faschistische Überfälle usw.
|
||
organisieren. Wir müssen anläßlich des drohend bevorstehenden
|
||
Parteiverbots die Rolle der Partei immer deutlicher als der einzigen Partei
|
||
eines realen, positiven Auswegs aus der Krise, als der einzigen Partei der
|
||
Verteidigung der Interessen der werktätigen Massen herausarbeiten. Wir
|
||
müssen die Aktivität für den Schutz der Partei und der
|
||
proletarischen Führer zur Entfaltung bringen und eine solche Stimmung
|
||
in den Massen schaffen, daß ein Verbot der KPD von den Massen mit der
|
||
Entfaltung der größten Kampfaktion beantwortet wird. Wir müssen
|
||
anläßlich des bevorstehenden Streikverbots die Schaffung von illegalen
|
||
betrieblichen Streikkassen endlich in die Tat umsetzen.</p>
|
||
<P>
|
||
Wir müssen eine zündende Massenarbeit unter den Bauern,
|
||
den Kleinbauern und Landarbeitern entfalten, weil auf dem Lande die
|
||
stärkste Basis für die faschistische Diktatur und die Nazibewegung
|
||
vorhanden ist. Wir dürfen die Bauernmassen nicht den Nationalsozialisten
|
||
überlassen, die unter ihnen einen Siegestaumel zu erzeugen versuchen.
|
||
Viele Bauern glauben trotz ihrer trostlosen und elenden Lage gegenwärtig
|
||
an die Hitler-Hugenberg-Regierung. Auch hier gilt es für uns, wirkliche
|
||
Aktionen der Bauern im Kampfe gegen den Steuerwucher durchzusetzen,
|
||
Massendemonstrationen vor den Finanzämtern und weitergehende Kampfformen.
|
||
Wir müssen unter diesen Massen der Dorfarmut, der Zwerg- und Kleinbauern
|
||
und auch der Mittelbauern eine breite Propaganda entfalten, indem wir [vor]
|
||
ihnen die Agrarpolitik der Hitler-Hugenberg-Regierung als eine Politik
|
||
ausschließlich zum Nutzen der Großagrarier entlarven, und zugleich
|
||
die Forderung popularisieren, die bei den großen Trusts und Konzernen
|
||
lagernden riesigen Vorräte an Waren des täglichen Lebensbedarfs,
|
||
an landwirtschaftlichen Gerätschaften und Maschinen, an chemischen
|
||
Düngemitteln usw. zu beschlagnahmen und unter der armen Bauernschaft
|
||
aufzuteilen. Wir müssen das Bündnis zwischen Stadt und Land, zwischen
|
||
den kämpfenden Arbeitern und den werktätigen Bauern schmieden.
|
||
Wir müssen den armen Bauernmassen klarmachen, daß nur im Bündnis
|
||
mit dem Proletariat, nur unter proletarischer Hegemonie, nur im Kampf gegen
|
||
die Kapitalisten auch das Los der Bauern gebessert werden kann.</p>
|
||
<P>
|
||
Wir müssen die größte Stoßkraft entfalten
|
||
zur Gewinnung der proletarischen und werktätigen Jugend aus der SAJ,
|
||
aber sogar aus der Hitlerjugend müssen wir einzelne und ganze Massen
|
||
herüberreißen. Wir müssen gegen die Zwangsarbeit, gegen die
|
||
Zuchthauslager und die Kasernierung mit der Arbeitsdienstpflicht (13), gegen
|
||
die Militarisierung der Jugend Sturm laufen.</p>
|
||
<P>
|
||
Gegen die chauvinistische Kriegshetze und imperialistische
|
||
Kriegspolitik des Faschismus müssen wir die Massenpropaganda für
|
||
den proletarischen Internationalismus, für unsere Freiheitspolitik
|
||
entfalten.</p>
|
||
<P>
|
||
Wir müssen den Massen unser Programm zeigen als das Programm
|
||
des einzigen Auswegs aus Elend, Not und Unterdrückung, als Programm
|
||
der sozialen und nationalen Befreiung des deutschen Volkes. Wir müssen
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ihnen zeigen, daß wir die Partei sind, die durch die Befreiung der
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Arbeiterklasse die Einheit der Nation verwirklicht, indem sie das kapitalistische
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System bis zu dessen Vernichtung bekämpft. </p>
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<P>
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Das Wichtigste aber ist, daß sich bei allen unseren
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Kampfmaßnahmen die Linie wie ein roter Faden hindurchzieht: Wir
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organisieren den aktiven Massenkampf, die Einheitsfront der Tat zur Befreiung
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des werktätigen Volkes aus faschistischer reaktionärer Knechtschaft.
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Alles, unser Kampf gegen die Nazis und Deutschnationalen wie gegen SPD und
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Zentrum, muß von den Millionenmassen als Teil dieses Kampfes gegen
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die faschistische Diktatur, gegen die Hitlerregierung verstanden werden.</p>
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<P>
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Zum Schluß, Genossen. Ich habe schon auf die
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außerordentliche Beschleunigung des Tempos der revolutionären
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Entwicklung hingewiesen, wie es mit der Aufrichtung der offen faschistischen
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Diktatur teilweise in Erscheinung getreten und teilweise erst recht
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ausgelöst worden ist. Hieraus ergeben sich ernste Konsequenzen. (14)
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Wir dürfen die heutige Arbeit der Partei nicht gleichstellen mit der
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Arbeit vor drei oder sechs Monaten. Wir müssen die Kraftanstrengungen
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verdoppeln und verdreifachen. Wir müssen in jedem Genossen das
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Bewußtsein für die Verantwortung der Partei vor der Arbeiterklasse
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wecken.</p>
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<P>
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Das erfordert, daß jede B[ezirks]l[eitung] mit
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größter Gründlichkeit, ohne vor stundenlangen Erörterungen
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zurückzuschrecken, untersuchen muß, welche Tatsachen im Leben
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des Proletariats zu verzeichnen sind, die in dieser Situation für die
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Kampforganisierung, für die Überwindung des großen
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Tempoverlustes, den wir in ganz Deutschland haben, ausgenutzt werden
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können. Darüber hinaus müssen wir immer stärker, auch
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propagandistisch, unsere Kader und die Massen auf die höheren
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revolutionären Aufgaben vorbereiten.</p>
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<P>
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Wir müssen z.B. damit beginnen, den Massen klarzumachen,
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daß auch der Streik, selbst der Generalstreik, nicht die höchste
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Kampfform der Arbeiterklasse ist, sondern daß es darüber hinaus
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die höheren revolutionären Formen des Kampfes um die politische
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Macht geben wird, auf die wir nach den Beschlüssen des XII. Plenums
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die Massen vorbereiten müssen. Oder nehmen wir die Frage des wehrhaften
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Massenkampfes gegen den blutigen faschistischen Terror. Es ist klar, daß
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man heute die Frage nicht so stellen kann wie vor dem 30. Januar. Gegenüber
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Überfällen auf Arbeiterhäuser, Parteihäuser,
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Gewerkschaftshäuser, Arbeiterlokale und Wohnungen unserer Funktionäre
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oder aber auch von solchen der SPD, des Reichsbanners und der Gewerkschaften,
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wobei die Nazis mit dem Revolver und der Handgranate vorgehen, können
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wir nicht mit Parolen und Protesten antworten. Hier müssen wir die Massen
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zu höheren Formen der wehrhaften Massennotwehr, der geschlossenen aktiven
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Verteidigung des Arbeiterlebens und Arbeitereigentums erziehen.</p>
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<P>
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Das bedeutet keine Konzession an den individuellen Terror.
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Das bedeutet erst recht keine Abschwächung des Kurses auf die
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ideologisch-politische Offensive unter den nationalsozialistischen
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Werktätigen. Im Gegenteil. Wir müssen durch unseren Kampf gegen
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die Hitlerregierung den "Begeisterungstaumel" der ersten Tage bei manchen
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Teilen der Nazis rasch überwinden und immer mehr differenzieren zwischen
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den aktiven, terroristischen Landsknechten des Faschismus und den breiten
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Massen der werktätigen Anhängerschaft der Nazis. Darüber hinaus
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müssen wir auch unter den SA-Leuten eine entsprechende Tätigkeit
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zur Zersetzung dieser terroristischen Formationen der Bourgeoisie
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entfalten.</p>
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<P>
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Einige Worte zu den höheren Kampfaufgaben und höheren
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revolutionären Losungen der Partei. Wie ihr wißt, haben wir im
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Kampf gegen die Rechten und Versöhnler (15) unter den Bedingungen der
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relativen Stabilisierung des Kapitalismus die Aufstellung eines besonderen
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Aktionsprogramms und von Übergangslosungen, wie "Kontrolle der Produktion"
|
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usw., abgelehnt. Unter den Bedingungen der relativen Stabilisierung wären
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||
derartige Losungen lediglich der Nährboden für opportunistische
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Illusionen und eine Abschwächung der revolutionären Linie der Partei
|
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gewesen.</p>
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<P>
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In dem Maße, wie wir mit dem steigenden revolutionären
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||
Aufschwung stärker an die revolutionäre Krise herankommen, wird
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sich die Lage für uns bezüglich der Aufstellung von
|
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Übergangslosungen verändern. Dann werden die Voraussetzungen gegeben
|
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sein, mit solchen Übergangslosungen in ständiger Steigerung die
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||
Massen unmittelbar zum Angriff auf den kapitalistischen Staat, auf die
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bürgerliche Klassenherrschaft überhaupt zu leiten. Unsere Losung
|
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des Kampfes für den Sturz der Hitlerregierung kann unter bestimmten
|
||
Voraussetzungen in den Kampf zur Beseitigung der bürgerlichen
|
||
Klassenherrschaft überhaupt, in den Kampf um die Eroberung der politischen
|
||
Macht durch die Arbeiterklasse und die Aufrichtung der proletarischen Diktatur
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||
übergeleitet werden. Das braucht nicht so zu sein, aber es muß
|
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unsere ganze Aktivität und Anstrengung darauf gerichtet werden, die
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Massen so rasch wie möglich an den Machtkampf heranzuführen. In
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||
diesem höheren (16) revolutionären Kampfabschnitt können
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wir auf bestimmte Aktionslosungen, die zwischen den bisherigen und den
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||
Übergangslosungen liegen, sowie auf die Propagierung unserer Endziellosungen
|
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nicht verzichten.</p>
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<P>
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||
Was bedeutet das? Von einer solchen revolutionären Perspektive
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ausgehend, müssen wir erwägen, ob nicht in rascher Frist das
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||
Bedürfnis für ein bestimmtes Kampfprogramm der Partei gegeben sein
|
||
wird. Ein solches Kampfprogramm müßte ausgehen von bestimmten
|
||
Aktionsparolen, die für die augenblickliche Situation Geltung haben,
|
||
wie Beschlagnahme der Kohlenvorräte, der Lebensmittelvorräte,
|
||
Entwaffnung der faschistischen Terrorgarden usw. durch die Massen selbst,
|
||
also Teillosungen und Forderungen, die unmittelbar zu einer Verschärfung
|
||
des revolutionären Klassenkampfes führen und die Massen auf eine
|
||
höhere Ebene des Klassenkampfes bringen, Losungen, die zu unmittelbaren
|
||
Aktionen der Massen zwecks Realisierung ihrer Forderungen bei geeigneten
|
||
Gelegenheiten führen können und zugleich endgültig erst mit
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der Eroberung der politischen Macht verwirklicht werden können.</p>
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||
<P>
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||
Genossen! Wir als einzige sind die Einpeitscher des Kampfes
|
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gegen die faschistische Konterrevolution. Wir müssen den Verzweifelten
|
||
und Müden den Weg zeigen. Wir müssen an der Spitze des kämpfenden
|
||
Proletariats zum Sieg des Sozialismus gelangen. Wir peitschen die Massen,
|
||
die noch in den Reihen der klassenfeindlichen Parteien stehen, auf, sich
|
||
gegen ihre Führer zu empören und sich in die revolutionäre
|
||
Freiheitsfront einzureihen. Wir sind die einzige Partei des Kampfes gegen
|
||
den kapitalistischen Staat, wie wir die einzige Partei sind, die die
|
||
volksfeindliche Politik der kapitalistischen Regierungen anprangert.</p>
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||
<P>
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||
Zusammengefaßt, Genossen:</p>
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<P>
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Eiserner Kurs auf die Sicherung der Partei und ihre
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||
Fortführung trotz aller Anschläge des faschistischen Terrors!</p>
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<P>
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Konzentration aller Kräfte auf die Entfaltung jeder Form
|
||
des Massenwiderstandes, der Massenaktionen und Massenkämpfe auf der
|
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Linie: Demonstrationen, Streiks, Massenstreiks, Generalstreik gegen die
|
||
faschistische Diktatur!</p>
|
||
<P>
|
||
Einheitsfrontpolitik zur Kampfmobilisierung in höheren
|
||
Formen mit kühner Initiative! Stärkster Kurs auf die Zerschlagung
|
||
aller parlamentarischen und demokratischen Illusionen, auf die Erziehung
|
||
der Massen zum außerparlamentarischen Massenkampf!</p>
|
||
<P>
|
||
Höhere revolutionäre Aufgabenstellung, auch in Agitation
|
||
und Propaganda, zwecks Vorbereitung der Massen und Heranführung der
|
||
Massen an den Machtkampf, an den Kampf um die Arbeiter-und-Bauern-Republik!</p>
|
||
<P>
|
||
Höchste Entfaltung der Masseninitiative, der eigenen
|
||
Aktivität und Selbständigkeit der unteren Einheiten und
|
||
Leitungen!</p>
|
||
<P>
|
||
Revolutionäres Selbstbewußtsein, Siegeszuversicht,
|
||
Angriffsfreude bei bolschewistischer Nüchternheit!</p>
|
||
<P>
|
||
Das alles verwirklichen heißt: die faschistische Diktatur
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||
schlagen und zerschlagen! Vorwärts in diesem Kampf! Erfüllt eure
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||
revolutionäre Pflicht für den Sieg der deutschen Arbeiterklasse!</p>
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<P>
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||
Quelle: Institut für Marxismus-Leninismus beim ZK der
|
||
SED,</p>
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||
<P>
|
||
Zentrales Parteiarchiv, NL 3/42.</p>
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||
<div id="Fussnoten">
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||
<P>
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||
Fußnoten:</p>
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<P>
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||
1 Diese in einer Gaststätte bei Niederlehme -
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||
südöstlich von Berlin - illegal durchgeführte Tagung war die
|
||
letzte Plenartagung des ZK der KPD, die im faschistischen Deutschland stattfand
|
||
und an der Ernst Thälmann teilnahm. Sein Referat nahm mehrere Stunden
|
||
in Anspruch. Wie auf dem Januarplenum 1931 und dem Februarplenum 1932 behandelte
|
||
er umfassend die Situation und alle wesentlichen Aspekte der Politik der
|
||
KPD. Thälmann arbeitete die jähe Wendung heraus, die mit der Errichtung
|
||
der offenen faschistischen Diktatur eingetreten war, gab aber bereits eine
|
||
tiefgründige Analyse der grundlegenden Widersprüche und Schwächen
|
||
dieses Regimes. Aus dieser Analyse leitete er sowohl die nächsten als
|
||
auch die langfristigen Aufgaben zur Bekämpfung der Hitlerdiktatur ab,
|
||
wobei er die Fragen des Massenkampfes, der Einheitsfront- und
|
||
Bündnispolitik betonte. Er vertiefte die Behandlung der unmittelbaren
|
||
antifaschistischen Kampfaufgaben, unterstrich deren relative
|
||
Selbständigkeit, und er beleuchtete die Fragen des Weges zur politischen
|
||
Macht der Arbeiterklasse differenzierter, als es bis dahin geschehen war.
|
||
Insofern entwickelte das Referat nicht nur eine Orientierung mit weiter
|
||
Perspektive, sondern auch Überlegungen, die sich in die geistige
|
||
Vorbereitung des VII. Weltkongresses der Kommunistischen Internationale und
|
||
der Brüsseler Konferenz der KPD einfügen.</p>
|
||
<P>
|
||
Ein Manuskript oder Stenogramm der Rede wurde bisher nicht
|
||
aufgefunden. Es sind lediglich jene Auszüge unbekannter Herkunft enthalten,
|
||
die von der Nazijustiz in die Anklageschrift gegen Ernst Thälmann
|
||
aufgenommen worden sind. Ihre - vollständige - Wiedergabe erfolgt nach
|
||
der Abschrift, die Ernst Thälmann von dieser Anklageschrift anfertigte.
|
||
Vorkommende Auslassungszeichen (...) sind so in der Quelle enthalten. An
|
||
einigen Stellen haben die Verfasser der Anklageschrift Bemerkungen über
|
||
den Inhalt der nicht aufgenommenen Teile des Referats eingefügt. Der
|
||
informative Gehalt dieser Bemerkungen wurde in Anmerkungen wiedergegeben,
|
||
da er wesentliche Rückschlüsse auf den vollen Inhalt des Referats
|
||
zuläßt.</p>
|
||
<P>
|
||
2 Im Referat folgte eine Darstellung der Entwicklung während
|
||
der Regierung des Generals v. Schleicher (Dezember 1932 / Januar 1933).</p>
|
||
<P>
|
||
3 An diesem größten Streik des Jahres 1932 vom
|
||
3. bis 7. November beteiligten sich rund 22.000 Arbeiter. Er richtete sich
|
||
gegen einen angekündigten Lohnabbau und wurde von der Revolutionären
|
||
Gewerkschaftsopposition (RGO) vorbereitet und in bestimmendem Maße
|
||
geführt. Obwohl die Lohnsenkung nicht verhindert werden konnte, erlitt
|
||
die Papen-Regierung durch den Streik eine schwere politisch-moralische
|
||
Niederlage.</p>
|
||
<P>
|
||
4 Ernst Thälmann bezieht sich hier auf die faschistischen
|
||
Regimes in Bulgarien und Jugoslawien.</p>
|
||
<P>
|
||
5 Das XII. Plenum des EKKI, das vom 27. August bis 15. September
|
||
1932 stattfand, sollte ursprünglich schon früher zusammentreten.</p>
|
||
<P>
|
||
6 Im Referat folgte eine Betrachtung der Vor- und Nachteile,
|
||
die sich für die Hitlerregierung ergaben.</p>
|
||
<P>
|
||
7 In der Anklageschrift: Einheitsfronttaktik.</p>
|
||
<P>
|
||
8 Die Tagung des ZK der KPD, die vom 20. bis 23. Februar 1932
|
||
stattfand, war eine der bedeutensten Beratungen der Parteiführung der
|
||
KPD Anfang der dreißiger Jahre. An ihr nahmen außer den Mitgliedern
|
||
des Zentralkomitees zahlreiche weitere Funktionäre teil, ferner auch
|
||
Vertreter von acht Bruderparteien.</p>
|
||
<P>
|
||
Ernst Thälmann analysierte in seinem Referat besonders
|
||
aufmerksam das politische Kräfteverhältnis und die Möglichkeiten,
|
||
es zugunsten der Arbeiterklasse zu verändern. Er verlangte von der Partei,
|
||
den Kampf gegen den Hitlerfaschismus an allen Fronten entschieden zu
|
||
verschärfen, und wies nach, daß das Hauptkettenglied dieses Kampfes
|
||
eine elastische Einheitsfrontpolitik sein müßte.</p>
|
||
<P>
|
||
9 Die 3. Parteikonferenz der KPD tagte vom 15. bis 18. Oktober,
|
||
an ihr nahmen 216 Delegierte aus den Parteizellen sowie die
|
||
Bezirkssekretäre, Redakteure, Abteilungsleiter im ZK und die übrigen
|
||
Mitglieder des ZK teil. In der Diskussion sprachen 57 Teilnehmer, die meisten
|
||
zu Erfahrungen der Streikbewegung, die zu entwickeln der KPD und der RGO
|
||
im September / Oktober 1932 gelang und mit der der Versuch der Papen-Regierung
|
||
vereitelt wurde, das Tarifrecht zu vernichten.</p>
|
||
<P>
|
||
10 Auf diese Problematik wurde im Referat noch weiter eingegangen,
|
||
unter anderem auf die geringe Zahl von Streiks.</p>
|
||
<P>
|
||
11 W. I. Lenin: Die Entwicklung der revolutionären Streiks
|
||
und der Straßendemonstrationen. In: Werke, Bd. 18, Berlin 1974, S.
|
||
469/470.</p>
|
||
<P>
|
||
12 Im Referat folgten nun Ausführungen über die
|
||
Einheitsfrontpolitik.</p>
|
||
<P>
|
||
13 Durch die Notverordnung der Brüning-Regierung vom
|
||
5. Juli 1931 wurde der freiwillige Arbeitsdienst - besonders für jugendliche
|
||
Erwerbslose - eingeführt, dessen Umwandlung in eine Arbeitsdienstpflicht
|
||
die Nazis erstrebten und 1935 vollzogen. Als Zuchthauslager bezeichnet Ernst
|
||
Thälmann die zunehmend militarisierten Lager des "freiwilligen
|
||
Arbeitsdienstes"; als Zwangsarbeit die laut Arbeitslosenversicherungsgesetz
|
||
von 1927 durch jugendliche Erwerbslose unter 21 Jahren und Empfänger
|
||
von Krisenunterstützung zu stark untertariflicher Entlohnung zu leistende
|
||
"Pflichtarbeit".</p>
|
||
<P>
|
||
14 Dieser Satz ist in der Abschrift Ernst Thälmanns nicht
|
||
enthalten, nur in der Anklageschrift.</p>
|
||
<P>
|
||
15 Im Jahre 1928 war in der KPD eine Gruppe mit
|
||
rechtsopportunistischen Auffassungen aufgetreten. Diese Rechten bestritten,
|
||
daß die kapitalistische Stabilisierung zu zerfallen begann und eine
|
||
Wirtschaftskrise bevorstand, daß die Kriegsgefahr zunahm und die deutsche
|
||
imperialistische Bourgeoisie immer aggressiver auftrat und sich immer mehr
|
||
auf einen Rechtskurs orientierte; sie faßten vielmehr die zeitweilige
|
||
Stabilisierung des Kapitalismus als dessen dauerhafte Festigung auf. Davon
|
||
ausgehend wandten sie sich gegen die Orientierung der Partei auf die Vorbereitung
|
||
und Führung von Massenkämpfen durch die Kommunisten, suchten der
|
||
Partei reformistische Losungen aufzudrängen und waren faktisch bereit,
|
||
die Arbeiterklasse dem Einfluß und der Führung der rechten
|
||
Sozialdemokratie zu überlassen.</p>
|
||
<P>
|
||
Die Auseinandersetzung mit den rechtsopportunistischen Auffassungen
|
||
und Kräften in der KPD wurde durch Vertreter einer versöhnlerischen
|
||
Haltung erschwert, die die Tragweite der Veränderungen der Lage nicht
|
||
erkannten und die Notwendigkeit der Einheit und Geschlossenheit der Partei
|
||
auf dem Boden des Marxismus-Leninismus unterschätzten. </p>
|
||
<P>
|
||
16 In der Quelle: erhöhten.</p>
|
||
</P>
|
||
</div>
|
||
<div id="Abspann">
|
||
<script type="text/javascript" language="JavaScript"> DateiInfo(); </script>
|
||
</div> <!-- Abspann -->
|
||
|
||
</BODY>
|
||
</HTML> |