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<title>"Neue Rheinische Zeitung" - Die Aufloesung der demokratischen Vereine in Baden</title>
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<p align="center"><a href="me05_271.htm"><font size="2">Vereinbarungsdebatte über die
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Kreisstände</font></a> <font size="2">|</font> <a href="../me_nrz48.htm"><font size=
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"2">Inhalt</font></a> <font size="2">|</font> <a href="me05_278.htm"><font size="2">Der
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Gesetzentwurf über die Aufhebung der Feudallasten</font></a></p>
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<small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 276-277<br>
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Dietz Verlag, Berlin/DDR 1971</small> <br>
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<h1>Die Auflösung der demokratischen Vereine in Baden</font></p>
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<p><font size="2">["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 58 vom 28. Juli 1848]</font></p>
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<p><b><a name="S276"><276></a></b> **<i>Köln</i>, 27. Juli. Die reaktionären
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Polizeimaßregeln gegen das Assoziationsrecht folgen sich Schlag auf Schlag. Zuerst wird
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der demokratische Verein in Stuttgart, dann der von Heidelberg aufgehoben. <Siehe <a href=
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"me05_238.htm">"Die Unterdrückung der Klubs in Stuttgart und Heidelberg"</a>> Der
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Erfolg macht die Herren von der Reaktion kühn; die badische Regierung hebt jetzt
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sämtliche demokratischen Vereine in Baden auf.</p>
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<p>Das geschieht in demselben Augenblicke, wo die soi-disant <sogenannte>
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Nationalversammlung in Frankfurt sich damit beschäftigt, das Assoziationsrecht als eins
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der "Grundrechte des deutschen Volkes" für ewige Zeiten sicherzustellen.</p>
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<p>Die Grundbedingung des freien Assoziationsrechtes ist, daß kein Verein, keine
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Gesellschaft durch die Polizei aufgelöst oder verboten werden kann, daß dies nur
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geschehen kann infolge eines richterlichen Spruchs, der die Ungesetzlichkeit des Vereines oder
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seiner Handlungen und Zwecke feststellt und die Urheber dieser Handlungen bestraft.</p>
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<p>Dieser Weg ist natürlich für die maßregelnde Ungeduld des Herrn <i>Mathy</i>
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viel zu langwierig. Gerade wie es ihm zu langweilig war, erst einen Verhaftsbefehl auszuwirken
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oder sich wenigstens zum Spezialkonstabler ernennen zu lassen, als er kraft des Gendarmen in
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seiner Brust den "Landesverräter" Fickler verhaftete - gerade so verächtlich und
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unpraktisch erscheint ihm auch jetzt noch der gerichtliche, der gesetzliche Weg.</p>
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<p>Die Motive dieser neuen Polizeigewalttat sind äußerst erbaulich. Die Vereine
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hätten sich an die vom demokratischen Kongreß zu Frankfurt ausgegangene Organisation
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der demokratischen Vereine für ganz Deutschland angeschlossen. Dieser Kongreß
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habe</p>
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<p><font size="2"><b><a name="S277"><277></a></b> "die Erringung einer demokratischen
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Republik als Zweck hingestellt" (als ob das verboten sei!), "und wie es mit den Mitteln gemeint
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ist, durch welche dieser Zweck erreicht werden soll, geht unter andern aus den in jenen
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Beschlüssen ausgedrückten Sympathien für die Aufrührer hervor" (seit wann
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sind "Sympathien" ungesetzliche "Mittel"?), "sowie auch daraus, daß der
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Zentralausschuß dieser Vereine sogar der deutschen Nationalversammlung die fernere
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Anerkennung versagte und zur Bewirkung einer förmlichen Losreißung der Minderheit
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behufs der Bildung einer neuen Versammlung auf ungesetzlichem Wege auffordert."</font></p>
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<p>Folgen dann die Beschlüsse des Kongresses über die Organisation der demokratischen
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Partei.</p>
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<p>Nach Herrn Mathy sind also die badischen Vereine verantwortlich für die Beschlüsse
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des Zentralkomitees, auch wenn sie sie <i>nicht ausführen</i>. Denn hätten diese
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Vereine infolge der Aufforderung des Frankfurter Komitees wirklich eine Adresse an die Linke
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der Nationalversammlung erlassen und sie zum Austritt aufgefordert, so würde Herr Mathy
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nicht ermangeln, dies anzuzeigen. Ob übrigens die betreffende Aufforderung ungesetzlich
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war, darüber hat nicht Herr Mathy, darüber haben die Gerichte zu entscheiden. Und um
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die Organisation der Partei in Kreise, Kongresse und Zentralkomitees für ungesetzlich zu
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erklären - dazu muß man wirklich Herr Mathy sein! Und organisieren sich die
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konstitutionellen und reaktionären Vereine nicht nach diesem Muster?</p>
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<p>Aber freilich! Es "erscheint unzulässig und verderblich, wenn die Grundlage der
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Verfassung unterwühlt und so, das ganze Staatsgebäude durch die Kraft der
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Assoziationen erschüttert wird".</p>
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<p>Gerade dazu, Herr Mathy, ist das Assoziationsrecht ja da, daß man die Verfassung
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ungestraft "unterwühlen" kann, in der gesetzlichen Form versteht sich! Und wenn die Kraft
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der Assoziationen größer ist als die des Staats, desto schlimmer für den
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Staat!</p>
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<p>Wir fordern die Nationalversammlung abermals auf, wenn sie nicht alles Ansehen verlieren
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will, Herrn Mathy sofort in Anklagestand zu versetzen.</p>
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<p><font size="2">Geschrieben von Friedrich Engels.</font></p>
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