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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - Die tuerkische Frage</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 9, S. 22-27<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960 </P>
</FONT><H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Die t&uuml;rkische Frage</H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben Ende M&auml;rz 1853.<BR>
Aus dem Englischen.</P>
</FONT><P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["New-York Daily Tribune" Nr. 3746 vom 19. April 1853, Leitartikel]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S22">&lt;22&gt;</A></B> Es ist noch nicht lange her, da&szlig; sich das westeurop&auml;ische Publikum und die Amerikaner ein ann&auml;hernd genaues Urteil &uuml;ber die t&uuml;rkischen Angelegenheiten bilden konnten. Bis zur griechischen Insurrektion war die T&uuml;rkei in jeder Hinsicht Terra incognita &lt;unbekanntes Land&gt;, und die im Umlauf befindlichen allgemeinen Vorstellungen gr&uuml;ndeten sich mehr auf die M&auml;rchen aus "Tausendundeiner Nacht" als auf irgendwelche historische Tatsachen. Wohl r&uuml;hmten sich die offiziellen Diplomaten, die selbst im Lande gewesen waren, genauerer Kenntnisse; allein da keiner von ihnen sich die M&uuml;he gemacht hatte, T&uuml;rkisch, S&uuml;dslawisch oder Neugriechisch zu lernen, so war es auch bei ihnen nicht weit her mit dem Wissen, und sie waren daher alle auf die gef&auml;rbten Berichte griechischer Dolmetscher und fr&auml;nkischer Kaufleute angewiesen. Auch vergeudeten diese herumlungernden Diplomaten stets ihre Zeit mit allerlei Intrigen. Nur Joseph von Hammer, der deutsche Historiker der T&uuml;rkei, macht eine r&uuml;hmliche Ausnahme. Diese Herren k&uuml;mmerten sich nicht um das Volk, die Einrichtungen und die sozialen Zust&auml;nde des Landes; ihre Beziehungen erstreckten sich nur auf den Hof und besonders auf die griechischen Fanarioten, die verschlagenen Zwischentr&auml;ger zwischen zwei Parteien, von denen keine die wirklichen Verh&auml;ltnisse, die Macht und die Hilfsquellen der anderen kannte. Seit langer Zeit und merkw&uuml;rdigerweise noch heute bilden die herk&ouml;mmlichen Vorstellungen und Ansichten, die sich auf solche armselige Informationen st&uuml;tzen, gr&ouml;&szlig;tenteils die Grundlage aller Aktionen der abendl&auml;ndischen Diplomatie gegen&uuml;ber der T&uuml;rkei.</P>
<P>Aber w&auml;hrend England, Frankreich und lange Zeit sogar &Ouml;sterreich in <A NAME="S23"><B>&lt;23&gt;</A></B> ihrer orientalischen Politik im Dunkeln tappten, wurden sie alle von einer anderen Macht &uuml;berlistet. In Ru&szlig;land, das seinem Wesen und seiner Lebensart, seinen Traditionen und Einrichtungen nach selbst halbasiatisch ist, fanden sich Leute genug, die f&uuml;r den wahren Zustand und Charakter der T&uuml;rkei das richtige Verst&auml;ndnis hatten. Sie hatten dieselbe Religion wie neun Zehntel der Bewohner der europ&auml;ischen T&uuml;rkei; ihre Sprache war fast dieselbe wie die von sieben Millionen t&uuml;rkischer Untertanen; und die bekannte Leichtigkeit, mit der ein Russe fremde Sprachen sprechen lernt, wenn er sie auch nicht v&ouml;llig beherrscht, machte es den gut bezahlten russischen Agenten leicht, sich mit den t&uuml;rkischen Angelegenheiten vollst&auml;ndig vertraut zu machen. Und schon fr&uuml;h nutzte die russische Regierung diese ihre so au&szlig;erordentlich g&uuml;nstige Lage im S&uuml;dosten Europas aus. Hunderte von russischen Agenten durchzogen die T&uuml;rkei und lenkten die Aufmerksamkeit der griechischen Christen auf den orthodoxen Herrscher als das Haupt, den nat&uuml;rlichen Besch&uuml;tzer und schlie&szlig;lichen Befreier der unterdr&uuml;ckten orientalischen Kirche; den S&uuml;dslawen wieder zeigten sie diesen selben Herrscher als den allm&auml;chtigen Zaren, der fr&uuml;her oder sp&auml;ter alle St&auml;mme der gro&szlig;en slawischen Rasse unter ein Zepter vereinigen und sie zur herrschenden Rasse Europas machen werde. Die Geistlichkeit der griechisch-orthodoxen Kirche bildete bald eine einzige gro&szlig;e Verschw&ouml;rung zur Verbreitung dieser Ideen. Die serbische Erhebung 1804 und die griechische Emp&ouml;rung 1821 waren mehr oder weniger direkt durch russisches Gold und russischen Einflu&szlig; angestiftet, und wo immer von t&uuml;rkischen Paschas die Fahne der Emp&ouml;rung gegen die Zentralregierung erhoben wurde, da fehlte es weder an russischen Intrigen noch an russischen Geldern. Und w&auml;hrend die westlichen Diplomaten, die von der wirklichen Lage in der T&uuml;rkei nicht mehr wu&szlig;ten als vom Mann im Monde, sich dar&uuml;ber vergeblich die K&ouml;pfe zerbrachen, wurde der Krieg erkl&auml;rt, marschierten russische Truppen im Balkan ein, wurde St&uuml;ck f&uuml;r St&uuml;ck vom Ottomanischen Reich abgerissen.</P>
<P>Wohl hat man in den letzten drei&szlig;ig Jahren viel getan, um die Allgemeinheit &uuml;ber die Zust&auml;nde in der T&uuml;rkei aufzukl&auml;ren. Deutsche Philologen und Kritiker haben uns mit ihrer Geschichte und Literatur bekannt gemacht; englische Residenten und englische Kaufleute haben viele Daten &uuml;ber die sozialen Verh&auml;ltnisse des T&uuml;rkischen Reiches gesammelt. Aber f&uuml;r die neunmalweisen Diplomaten scheint dies alles nicht zu existieren, und sie halten so z&auml;h wie m&ouml;glich an den Traditionen fest, die das Lesen der orientalischen M&auml;rchenliteratur geschaffen hat und die durch die nicht weniger wunderbaren Berichte erg&auml;nzt werden, welche die korrupteste Bande gewissenloser griechischer S&ouml;ldlinge, die jemals existiert hat, in die Welt setzt.</P>
<B><P><A NAME="S24">&lt;24&gt;</A></B> Und was mu&szlig;te sich nat&uuml;rlicherweise daraus ergeben? Da&szlig; dank der Unwissenheit, Tr&auml;gheit, fortw&auml;hrenden Unbest&auml;ndigkeit und Feigheit der westeurop&auml;ischen Regierungen Ru&szlig;land in allen wesentlichen Punkten konsequent eine seiner Absichten nach der anderen durchsetzte. Von der Schlacht bei Navarino bis zur jetzigen Orientkrise wurde ein Vorgehen der westlichen M&auml;chte entweder durch Z&auml;nkereien untereinander vereitelt, die meist der ihnen gemeinsamen Unkenntnis der orientalischen Angelegenheiten und kleinlichen Eifers&uuml;chteleien entsprangen, die der orientalischen Auffassungsweise ganz unbegreiflich erscheinen mu&szlig;ten, oder aber jede Aktion diente direkt dem Interesse Ru&szlig;lands. Und nicht nur die Griechen - in Griechenland und in der T&uuml;rkei - auch die Slawen sehen in Ru&szlig;land ihren nat&uuml;rlichen Besch&uuml;tzer; und sogar die Regierung in Konstantinopel, die stets von neuem daran verzweifelt, ihre jeweiligen Bedr&auml;ngnisse und ihre wirkliche Lage diesen abendl&auml;ndischen Diplomaten begreiflich zu machen, die sich auf ihre v&ouml;llige Unf&auml;higkeit, t&uuml;rkische Dinge mit eigenen Augen beurteilen zu lernen, noch etwas einbilden, sogar diese t&uuml;rkische Regierung sieht sich immer und immer wieder gezwungen, an Ru&szlig;lands Gnade zu appellieren und bei der Macht Zuflucht zu suchen, die offen ihre feste Absicht eingesteht, alle T&uuml;rken &uuml;ber den Bosporus zu jagen und das Sankt-Andreas-Kreuz auf die Minarette der Hagia Sophia zu pflanzen.</P>
<P>Der diplomatischen Tradition zum Trotz haben schlie&szlig;lich diese best&auml;ndigen und erfolgreichen &Uuml;bergriffe Ru&szlig;lands in den Kabinetten der europ&auml;ischen Westm&auml;chte eine ganz leise und entfernte Bef&uuml;rchtung der nahenden Gefahr hervorgerufen. Diese Bef&uuml;rchtung zeitigte das gro&szlig;e diplomatische Patentmittel, da&szlig; die Aufrechterhaltung des Status quo in der T&uuml;rkei eine f&uuml;r den Weltfrieden unerl&auml;&szlig;liche Bedingung sei. Die prahlerische Unf&auml;higkeit mancher moderner Staatsm&auml;nner h&auml;tte ihre Unwissenheit und Hilflosigkeit durch nichts deutlicher manifestieren k&ouml;nnen als durch dieses Axiom, das, obzwar immer ein toter Buchstabe, dennoch in der kurzen Periode von zwanzig Jahren durch die Tradition geheiligt und ebenso ehrw&uuml;rdig und unanfechtbar geworden ist wie die Magna Charta des K&ouml;nigs Johann. Aufrechterhaltung des Status quo! Aber gerade um den Status quo aufrechtzuerhalten, sch&uuml;rte Ru&szlig;land den Aufstand in Serbien, machte es Griechenland unabh&auml;ngig, eignete es sich das Protektorat &uuml;ber die Moldau und die Walachei an und behielt einen Teil Armeniens f&uuml;r sich. England und Frankreich r&uuml;hrten sich nicht, als all dies geschah, und nur ein einziges Mal gaben sie ein Lebenszeichen; das war 1849, als sie nicht die T&uuml;rkei, sondern die ungarischen Fl&uuml;chtlinge besch&uuml;tzten. F&uuml;r die europ&auml;ische Diplomatie und sogar f&uuml;r die europ&auml;ische Presse beschr&auml;nkt sich die ganze orientalische <A NAME="S25"><B>&lt;25&gt;</A></B> Frage auf das Dilemma: entweder die Russen in Konstantinopel, oder die Aufrechterhaltung des Status quo - dar&uuml;ber hinaus existiert f&uuml;r sie nichts.</P>
<P>Man sehe sich als Illustration die Londoner Presse an. Da haben wir die "Times", die f&uuml;r die Zerst&uuml;cklung der T&uuml;rkei eintritt und erkl&auml;rt, die t&uuml;rkische Rasse sei untauglich, noch l&auml;nger in diesem sch&ouml;nen Winkel Europas zu herrschen. Geschickt wie immer greift die "Times" keck die alte diplomatische Tradition des Status quo an und erkl&auml;rt ihre Fortdauer f&uuml;r unm&ouml;glich. Das ganze Talent, das diesem Blatte zur Verf&uuml;gung steht, wird aufgeboten, um diese Unm&ouml;glichkeit unter den verschiedensten Gesichtspunkten darzutun und die britischen Sympathien zu einem neuen Kreuzzug gegen die &Uuml;berreste der Sarazenen &lt;im Mittelalter Bezeichnung f&uuml;r Mohammedaner, besonders Araber und T&uuml;rken &gt; aufzubieten. Das Verdienst dieses r&uuml;cksichtslosen Angriffs gegen eine nichtssagende und altehrw&uuml;rdige Phrase, die vor zwei Monaten der "Times" selbst noch heilig war, ist nicht zu leugnen. Wer aber diese Zeitung kennt, der wei&szlig; auch, da&szlig; diese ungewohnte K&uuml;hnheit direkt im Interesse Ru&szlig;lands und &Ouml;sterreichs aufgewandt wird. Die in ihren Spalten vorgebrachten unanfechtbaren Gr&uuml;nde f&uuml;r die vollkommene Unm&ouml;glichkeit, die T&uuml;rkei in ihrem jetzigen Zustand zu erhalten, dienen keinem anderen Zweck, als das englische Publikum und die Welt auf den Augenblick vorzubereiten, wo die wichtigste Verf&uuml;gung im Testament Peters des Gro&szlig;en - die Eroberung des Bosporus - zur vollendeten Tatsache wird.</P>
<P>"Daily News", das Organ der Liberalen, vertritt den entgegengesetzten Standpunkt. Die "Times" gewinnt der Frage zum wenigsten eine neue und zutreffende Seite ab, um sie allerdings hinterher zu eigenn&uuml;tzigen Zwecken zu verdrehen. Der gesunde Menschenverstand aber, der in den Spalten der liberalen Zeitung herrscht, ist jedoch nur von <I>recht hausbackener Art</I>. Die "Daily News" sieht nicht &uuml;ber ihre eigene Nasenspitze hinaus. Sie ist sich klar dar&uuml;ber, da&szlig; eine Zerst&uuml;cklung der T&uuml;rkei <I>unter den jetzigen Verh&auml;ltnissen </I>die Russen nach Konstantinopel f&uuml;hren m&uuml;sse und da&szlig; dies ein gro&szlig;es Ungl&uuml;ck f&uuml;r England w&auml;re; da&szlig; dadurch der Weltfriede bedroht, der Handel im Schwarzen Meer ruiniert w&auml;re und da&szlig; neue Verst&auml;rkungen der St&uuml;tzpunkte und der Flotte Englands im Mittelmeer notwendig w&uuml;rden. Infolgedessen bem&uuml;ht sich die "Daily News", beim englischen Publikum Furcht und Emp&ouml;rung hervorzurufen. Ist nicht die Teilung der T&uuml;rkei ein ebenso gro&szlig;es Verbrechen wie die Teilung Polens? Haben nicht die Christen in der T&uuml;rkei mehr religi&ouml;se Freiheit als in &Ouml;sterreich und Ru&szlig;land? Ist nicht die t&uuml;rkische Regierung eine milde, v&auml;terliche Regierung, unter deren Zepter die verschiedenen Nationen, Konfessionen und lokalen Vereinigungen ungest&ouml;rt <A NAME="S26"><B>&lt;26&gt;</A></B> ihren Angelegenheiten nachgehen k&ouml;nnen? Ist nicht die T&uuml;rkei ein Paradies im Vergleich zu &Ouml;sterreich und Ru&szlig;land? Besteht dort nicht Sicherheit f&uuml;r Leben und Eigentum? Und ist der englische Handel mit der T&uuml;rkei nicht gr&ouml;&szlig;er als der mit Ru&szlig;land und &Ouml;sterreich zusammengenommen, und w&auml;chst er nicht von Jahr zu Jahr? Und so fort in wahren Dithyramben, soweit die "Daily News" dithyramhisch sein kann, und in Apotheosen der T&uuml;rkei, der T&uuml;rken und alles T&uuml;rkischen, die den meisten ihrer Leser ganz unbegreiflich erscheinen m&uuml;ssen.</P>
<P>Den Schl&uuml;ssel zu diesem seltsamen Enthusiasmus f&uuml;r die T&uuml;rken findet man in den Werken des Herrn David Urquhart, Mitglied des Parlaments. Dieser Gentleman schottischer Abkunft, voll mittelalterlicher und patriarchalischer Erinnerungen an seine Heimat, doch mit der modernen Erziehung eines zivilisierten Engl&auml;nders, gelangte, nachdem er drei Jahre in Griechenland gegen die T&uuml;rken gek&auml;mpft hatte, in die T&uuml;rkei und wurde dort sogleich zu einem ihrer gl&uuml;hendsten Verehrer. Der romantische Hochl&auml;nder f&uuml;hlte sich in den Bergschluchten des Pindus und Balkan ganz zu Hause. Seine Werke &uuml;ber die T&uuml;rkei, obgleich voll wertvoller Informationen, kann man in drei Paradoxe zusammenfassen, die fast w&ouml;rtlich folgenderma&szlig;en lauten: Erstens, w&auml;re Herr Urquhart nicht britischer Untertan, so m&ouml;chte er gewi&szlig; mit Vorliebe T&uuml;rke sein; zweitens, w&auml;re er nicht presbyterianischer Kalvinist, so m&ouml;chte er keiner anderen Religion als dem Islam angeh&ouml;ren; und drittens, England und die T&uuml;rkei sind die beiden einzigen L&auml;nder der Welt, die sich der Selbstverwaltung und b&uuml;rgerlicher und religi&ouml;ser Freiheit erfreuen. Dieser selbe Urquhart ist nun seither die gro&szlig;e Autorit&auml;t in Orientfragen f&uuml;r alle englischen Liberalen geworden, die gegen Palmerston sind, und er ist es auch, der die "Daily News" mit dem Material zu ihren Lobges&auml;ngen auf die T&uuml;rkei versorgt.</P>
<P>Das einzige Argument dieser Seite der Frage, das Beachtung verdient, ist folgendes: "Es hei&szlig;t immer, die T&uuml;rkei ist im Verfall, worin zeigt sich aber dieser Verfall? Verbreitet sich nicht die Zivilisation, dehnt sich nicht der Handel rapid in der T&uuml;rkei aus? Wo ihr nichts als Verfall seht, da zeigen uns die Statistiken nur Fortschritt." Es w&auml;re nun aber sehr tr&uuml;gerisch, den zunehmenden Handel am Schwarzen Meer einzig und allein der T&uuml;rkei aufs Konto zu setzen, und doch geschieht das hier genauso, wie wenn man die kommerzielle und industrielle Leistungsf&auml;higkeit Hollands, der Zufahrtstra&szlig;e zu dem gr&ouml;&szlig;ten Teil Deutschlands, nach seinem Bruttoexport und -import berechnen w&uuml;rde, die zu neun Zehnteln blo&szlig;en Transitverkehr darstellen. Und doch, was jeder Statistiker in bezug auf Holland sofort als eine plumpe F&auml;lschung behandeln w&uuml;rde, das versucht in bezug auf die T&uuml;rkei die gesamte <A NAME="S27"><B>&lt;27&gt;</A></B> liberale Presse Englands einschlie&szlig;lich des gelehrten "Economist" der leichtgl&auml;ubigen &Ouml;ffentlichkeit einzureden. Und wer sind die Kaufleute in der T&uuml;rkei? Die T&uuml;rken sicher nicht. Als sie noch im urspr&uuml;nglichen nomadischen Zustand lebten, bestand ihre Art, Handel zu treiben, in der Pl&uuml;nderung von Karawanen; jetzt, wo sie etwas zivilisierter sind, besteht sie in allen m&ouml;glichen willk&uuml;rlichen und dr&uuml;ckenden Besteuerungen. Die Griechen, die Armenier, die Slawen und die Franken, die in den gro&szlig;en Seeh&auml;fen etabliert sind, haben den ganzen Handel in H&auml;nden und haben sicherlich keine Ursache, sich bei den t&uuml;rkischen Beis und Paschas daf&uuml;r zu bedanken, da&szlig; ihnen das erm&ouml;glicht wird. Man entferne alle T&uuml;rken aus Europa, der Handel wird nicht darunter leiden. Und der Fortschritt in der allgemeinen Zivilisation? Wer verbreitet ihn in allen Teilen der europ&auml;ischen T&uuml;rkei? Nicht die T&uuml;rken, denn sie sind gering an Zahl und im Lande zerstreut, und man kann schwerlich sagen, da&szlig; sie anderswo se&szlig;haft sind als in Konstantinopel und in zwei oder drei kleinen l&auml;ndlichen Distrikten. Es ist die griechische und slawische Bourgeoisie in allen St&auml;dten und Handelspl&auml;tzen, die die wahre St&uuml;tze jeglicher Zivilisation ist, die ernsthaft in das Land eingef&uuml;hrt wird. Dieser Teil der Bev&ouml;lkerung w&auml;chst denn auch st&auml;ndig an Reichtum und Einflu&szlig;, und die T&uuml;rken werden mehr und mehr in den Hintergrund gedr&auml;ngt. Bes&auml;&szlig;en sie nicht das Monopol auf die Staats- und Milit&auml;rgewalt, so w&uuml;rden sie bald verschwinden. Dieses Monopol ist aber f&uuml;r die Zukunft unm&ouml;glich geworden, und ihre Macht wird zur Ohnmacht werden, ausgenommen in solchen F&auml;llen, wo sie ein Hindernis f&uuml;r den Fortschritt bilden wird. Tatsache ist, da&szlig; man mit ihnen aufr&auml;umen mu&szlig;. Jedoch behaupten, da&szlig; das nur geschehen kann, wenn man Russen oder &Ouml;sterreicher an ihre Stelle setzt, hei&szlig;t zugleich die Behauptung aufstellen, da&szlig; der jetzige politische Zustand Europas ewig andauern m&uuml;sse. Wer vermag eine solche Behauptung aufzustellen?</P>
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