emacs.d/clones/www.mlwerke.de/me/me02/me02_611.htm
2022-08-25 20:29:11 +02:00

46 lines
42 KiB
HTML

<!DOCTYPE HTML PUBLIC "-//W3C//DTD HTML 3.2//EN">
<html>
<HEAD>
<META HTTP-EQUIV="Content-Type"; CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Friedrich Engels - Das Fest der Nationen in London</TITLE>
</HEAD>
<BODY BGCOLOR="#fffffc">
<SMALL><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 2, S. 610 - 624<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1972 </SMALL></P>
<H2>Friedrich Engels</H2>
<H1>Das Fest der Nationen in London</H1>
<SMALL><P>(Zur Feier der Errichtung der franz&ouml;sischen Republik, 22. September 1792.)</P>
<P>Aus: "Rheinische Jahrb&uuml;cher&#9;zur gesellschaftlichen Reform", 1846, Zweiter Band, S. 1-19<BR>
Geschrieben Ende 1845</P>
</SMALL><P><HR></P>
<P>"Was gehen uns die Nationen an? Was geht uns die franz&ouml;sische Republik an? Sind nicht die Nationen l&auml;ngst begriffen, haben sie nicht alle ihre Stelle von uns angewiesen erhalten, haben wir nicht die Deutschen im theoretischen, die Franzosen im politischen Fach, die Engl&auml;nder in der b&uuml;rgerlichen Gesellschaft untergebracht? Und vollends die franz&ouml;sische Republik! Was ist bei einer Entwicklungsstufe zu feiern, die l&auml;ngst &uuml;berwunden ist, die sich durch ihre eignen Konsequenzen aufgehoben hat! Wenn ihr uns etwas aus England berichten wollt, entwickelt lieber die neueste Phase, in die das sozialistische Prinzip getreten ist, erz&auml;hlt uns, ob noch immer der einseitige englische Sozialismus nicht einsieht, wie tief er unter unsrer prinzipiellen H&ouml;he steht, wie er nur auf die Stelle eines <EM>Momentes, </EM>und zwar eines aufgehobenen Momentes, Anspruch machen kann!"</P>
<P>Ruhig, liebes Deutschland. Die Nationen und die franz&ouml;sische Republik gehen uns sehr viel an.</P>
<P>Die Fraternisierung der Nationen, wie sie jetzt &uuml;berall durch die extreme, proletarische Partei gegen&uuml;ber dem alten naturw&uuml;chsigen Nationalegoismus und dem heuchlerischen, privategoistischen Kosmopolitismus der Handelsfreiheit vollzogen wird, ist mehr wert als s&auml;mtliche deutsche Theorien &uuml;ber den wahren Sozialismus.</P>
<P>Die Fraternisierung der Nationen unter der Fahne der <EM>modernen Demokratie, </EM>wie sie von der franz&ouml;sischen Revolution ausgegangen, im franz&ouml;sischen Kommunismus und englischen Chartismus sich entwickelt hat, zeigt, da&szlig; die Massen und ihre Repr&auml;sentanten besser wissen, was die Glocke geschlagen hat, als die deutsche Theorie.</P>
<P>"Aber davon ist ja gar nicht die Rede! Wer spricht denn von der Fraternisierung, <EM>wie sie</EM> etc., von der Demokratie, <EM>wie sie</EM> etc.? Wir sprechen von der Fraternisierung der Nationen an und f&uuml;r sich, von <EM>der</EM> Fraternisierung der Nationen, von <EM>der</EM> Demokratie, von der Demokratie schlechthin, von der Demokratie <EM>als solcher</EM>. Habt Ihr denn Euren Hegel ganz vergessen?"</P>
<STRONG><P>&lt;612&gt;</STRONG> "Wir sind keine R&ouml;mer, wir rauchen Tabak". Wir sprechen nicht von der antinationalen Bewegung, die <EM>jetzt </EM>in der <EM>Welt </EM>vor sich geht, wir sprechen von der Aufhebung der Nationalit&auml;ten, die sich vermittelst des reinen Gedankens - mit H&uuml;lfe der Phantasie, in Ermanglung der Tatsachen - in unsrem Kopfe vollzieht. Wir sprechen nicht von der <EM>wirklichen </EM>Demokratie, der ganz Europa in die Arme rennt, und die eine ganz besondere Demokratie ist, unterschieden von allen fr&uuml;hern Demokratien, wir sprechen von einer ganz andern Demokratie, die den Durchschnitt der griechischen, r&ouml;mischen, amerikanischen und franz&ouml;sischen Demokratie bildet, kurz vom <EM>Begriff </EM>der Demokratie. Wir sprechen nicht von den <EM>Dingen, </EM>die dem neunzehnten Jahrhundert angeh&ouml;ren und schlecht und verg&auml;nglich sind, wir sprechen von den Kategorien, die ewig sind und die da existierten, "ehe denn die Berge waren". Kurz, wir sprechen nicht von dem, wovon die Rede ist, sondern von ganz etwas anderem.</P>
<P>Um die Sache kurz zu fassen: wenn heutzutage bei Engl&auml;ndern und Franzosen und bei denjenigen Deutschen, die bei der praktischen Bewegung beteiligt, die keine Theoretiker sind, von Demokratie, von Fraternisierung der Nationen die Rede ist, so hat man sich dabei durchaus nichts blo&szlig; Politisches zu denken. Dergleichen Phantasien existieren nur noch bei den deutschen Theoretikern und einigen wenigen Ausl&auml;ndern, die nicht z&auml;hlen. In der Wirklichkeit haben diese Worte jetzt einen sozialen Sinn, in den die politische Bedeutung aufgeht. Schon die Revolution war etwas ganz anderes als der Kampf um diese und jene Staatsform, wie man sich in Deutschland noch h&auml;ufig genug einbildet. Der Zusammenhang der meisten Insurrektionen jener Zeit mit einer Hungersnot, die Bedeutung, die die Verproviantierung der Hauptstadt und die Verteilung der Vorr&auml;te schon von 1789 an hat, das Maximum, die Gesetze gegen den Aufkauf der Lebensmittel, der Schlachtruf der revolution&auml;ren Armeen: "Guerre aux palais, paix aux chaumieres" &lt;"Krieg den Pal&auml;sten, Friede den H&uuml;tten"&gt; - das Zeugnis der Carmagnole, nach der der Republikaner neben du fer &lt;Waffen&gt; und du coeur &lt;Mut&gt; auch du pain &lt;Brot&gt; haben mu&szlig; - und hundert andre auf der Hand liegende &Auml;u&szlig;erlichkeiten beweisen schon, abgesehen von aller genaueren Untersuchung der Tatsachen, wie sehr die damalige Demokratie etwas ganz anderes war als eine blo&szlig;e politische Organisation. Ohnehin ist es bekannt, da&szlig; die Konstitution von 1793 und der Terrorismus von derjenigen Partei ausging, die sich auf das emp&ouml;rte Proletariat st&uuml;tzte, da&szlig; der Sturz Robespierres den Sieg der Bourgeoisie &uuml;ber das Proletariat bezeichnet, da&szlig; die Verschw&ouml;rung Babeufs f&uuml;r die Gleichheit die letzten Konsequenzen der <STRONG>&lt;613&gt;</STRONG> 93er Demokratie - soweit sie damals m&ouml;glich waren - an den Tag brachte. Die franz&ouml;sische Revolution war von Anfang bis zu Ende eine soziale Bewegung, und nach ihr ist eine rein politische Demokratie vollends ein Unding geworden.</P>
<EM><P>Die Demokratie, das ist heutzutage der Kommunismus. </EM>Eine andre Demokratie kann nur noch in den K&ouml;pfen theoretischer Vision&auml;re existieren, die sich nicht um die wirklichen Ereignisse k&uuml;mmern, bei denen nicht die Menschen und die Umst&auml;nde die Prinzipien, sondern die Prinzipien sich selbst entwickeln. Die Demokratie ist proletarisches Prinzip, Prinzip der Massen geworden. Die Massen m&ouml;gen &uuml;ber diese einzig richtige Bedeutung der Demokratie mehr oder weniger klar sein, aber f&uuml;r alle liegt wenigstens das dunkle Gef&uuml;hl der sozialen gleichen Berechtigung in der Demokratie. Die demokratischen Massen k&ouml;nnen bei der Berechnung der kommunistischen Streitkr&auml;fte ruhig mitgez&auml;hlt werden. Und wenn sich die proletarischen Parteien verschiedener Nationen vereinigen, so haben sie ganz recht, das Wort "Demokratie" auf ihre Fahnen zu schreiben, denn mit Ausnahme derjenigen, die nicht z&auml;hlen, sind im Jahre 1846 alle europ&auml;ischen Demokraten mehr oder weniger klare Kommunisten.</P>
<P>Die Feier der franz&ouml;sischen Republik ist trotz aller "&Uuml;berwindung" derselben f&uuml;r die Kommunisten aller L&auml;nder ebenfalls vollst&auml;ndig berechtigt. Erstens sind alle V&ouml;lker, die dumm genug waren, sich zur Bek&auml;mpfung der Revolution gebrauchen zu lassen, den Franzosen &ouml;ffentliche Genugtuung schuldig, seitdem sie einsehen gelernt haben, welch eine Sottise &lt;Dummheit&gt; sie aus Untertanentreue begingen; zweitens ist die ganze europ&auml;ische soziale Bewegung von heute nur der zweite Akt der Revolution, nur die Vorbereitung f&uuml;r das Denouement &lt;L&ouml;sung&gt; des Dramas, das 1789 in Paris anfing und jetzt ganz Europa zu seinem Schauplatz hat; drittens ist es in unsrer feigen, selbsts&uuml;chtigen, bettelhaften Bourgeoisepoche an der Zeit, das Ged&auml;chtnis jener gro&szlig;en Jahre zur&uuml;ckzurufen, wo ein ganzes Volk einen Augenblick alle Feigheit, alle Selbstsucht und Bettelhaftigkeit beiseite warf, wo es M&auml;nner gab, die den Mut der Ungesetzlichkeit hatten, die vor nichts zur&uuml;ckschreckten, und deren st&auml;hlerne Energie es durchsetzte, da&szlig; vom 31. Mai 1793 bis zum 26. Juli 1794 in ganz Frankreich keine Memme, kein Kr&auml;mer, kein Agioteur, kurz kein Bourgeois sich sehen lassen durfte. Wahrhaftig, es ist n&ouml;tig, in der Zeit, wo ein Rothschild den europ&auml;ischen Frieden zusammenh&auml;lt, ein Vetter-K&ouml;chlin um Schutzz&ouml;lle, ein Cobden um Handelsfreiheit schreit, und ein Diergardt die Erl&ouml;sung der s&uuml;ndigen Menschheit durch Vereine zur Hebung der arbeitenden <STRONG>&lt;614&gt;</STRONG> Klassen predigt - wahrhaftig, es ist n&ouml;tig zu erinnern an Marat und Danton, Saint-Just und Babeuf, an die Siegesfreude von Jemappes und Fleurus. Wenn diese gewaltige Zeit, diese ehernen Charaktere nicht noch immer in unsre Kr&auml;merwelt hereinragten, wahrhaftig, die Menschheit m&uuml;&szlig;te verzweifeln und sich einem Vetter-K&ouml;chlin, Cobden oder Diergardt auf Diskretion in die Arme st&uuml;rzen.</P>
<P>Endlich hat die Fraternisierung der Nationen heutzutage ebenfalls mehr als je eine rein soziale Bedeutung. Die Hirngespinste von europ&auml;ischer Republik, ewigem Frieden unter der politischen Organisation sind ebenso l&auml;cherlich geworden wie die Phrasen von der Vereinigung der V&ouml;lker unter der &Auml;gide allgemeiner Handelsfreiheit; und w&auml;hrend so alle chim&auml;rischen Sentimentalit&auml;ten dieser Art ganz au&szlig;er Kurs kommen, fangen die Proletarier aller Nationen, ohne viel Wesens davon zu machen, schon an, unter dem Banner der kommunistischen Demokratie <EM>wirklich zu fraternisieren. </EM>Die Proletarier sind auch die einzigen, die dies wirklich k&ouml;nnen; denn die Bourgeoisie hat in jedem Lande ihre Spezialinteressen und kann, da ihr das Interesse das H&ouml;chste ist, nie &uuml;ber die Nationalit&auml;t hinauskommen; und die paar Theoretiker bringen mit all ihren sch&ouml;nen "Prinzipien" nichts fertig, weil sie diese widersprechenden Interessen, wie &uuml;berhaupt alles Bestehende, ruhig fortbestehen lassen und nur Phrasen machen k&ouml;nnen. Die Proletarier aber haben in allen L&auml;ndern ein und dasselbe Interesse, einen und denselben Feind, einen und denselben Kampf vor sich; die Proletarier sind der gro&szlig;en Masse nach schon von Natur ohne Nationalvorurteile, und ihre ganze Bildung und Bewegung ist wesentlich humanitarisch, antinational. Die Proletarier allein k&ouml;nnen die Nationalit&auml;t vernichten, das erwachende Proletariat allein kann die verschiedenen Nationen fraternisieren lassen.</P>
<P>Die nachfolgenden Tatsachen werden den faktischen Beweis zu allem, was ich hier gesagt habe, liefern.</P>
<P>Schon am 10. August v.J. fand in London ein &auml;hnliches Fest zur Feier eines dreifachen Jahrestages - der Revolution von 1792, der Proklamierung der Konstitution von 1793 und der Stiftung der "demokratischen Assoziation" durch die radikalste Fraktion der englischen Bewegungspartei von 1838/39 -statt.</P>
<P>Diese radikalste Fraktion bestand aus Chartisten, Proletariern, wie sich das von selbst versteht, die aber das Ziel der chartistischen Bewegung klar voraussahen und es zu beschleunigen strebten. W&auml;hrend es der Masse der Chartisten damals noch allein um die &Uuml;bertragung der Staatsmacht an die Arbeiterklasse zu tun war, und noch wenige die Zeit gehabt hatten, &uuml;ber den Gebrauch dieser Macht nachzudenken, waren die Mitglieder dieser Assozia- <STRONG>&lt;615&gt;</STRONG> tion, die in der damaligen Aufregung eine bedeutende Rolle spielte, dar&uuml;ber einig - sie waren zuerst Republikaner, und zwar Republikaner, die die Konstitution vom Jahre 93 als ihr Glaubensbekenntnis aufstellten, alle Verbindung mit der Bourgeoisie, auch der kleinen, zur&uuml;ckstie&szlig;en und den Satz verteidigten, da&szlig; der Unterdr&uuml;ckte das Recht zum Gebrauch aller Mittel gegen seinen Bedr&uuml;cker habe, die der Unterdr&uuml;cker gegen ihn anwende. Auch hierbei blieben sie nicht stehen, sie waren nicht nur Republikaner, sondern Kommunisten, und zwar irreligi&ouml;se Kommunisten. Die Assoziation zerfiel mit der revolution&auml;ren Aufregung von l838/39; aber ihre Wirksamkeit ist nicht verloren gewesen und hat sehr dazu beigetragen, die Energie der chartistischen Bewegung zu st&auml;rken, die in ihr liegenden kommunistischen Elemente zu entwickeln. Schon an diesem Feste des zehnten August wurden sowohl kommunistische wie kosmopolitische &lt;<EM>kosmopolitisch</EM> ist hier und auf Seite 616 im Sinne "frei von nationaler Beschr&auml;nkheit und nationalen Vorurteilen" zu verstehen.&gt; Prinzipien ausgesprochen; neben der politischen wurde <EM>soziale </EM>Gleichheit gefordert und ein Toast auf die Demokraten aller Nationen mit Enthusiasmus aufgenommen.</P>
<P>Es waren schon fr&uuml;her in London Versuche gemacht worden, die Radikalen der verschiedenen Nationen zusammenzubringen; diese Versuche waren bald an inneren Spaltungen der englischen Demokraten und der Unkenntnis derselben von seiten der Ausl&auml;nder, bald an prinzipiellen Differenzen der Parteif&uuml;hrer der verschiedenen Nationen gescheitert. So gro&szlig; ist das Hindernis aller Vereinigung, das in der verschiedenen Nationalit&auml;t liegt, da&szlig; selbst die seit Jahren in London ans&auml;ssigen Ausl&auml;nder, sosehr sie mit der englischen Demokratie sympathisierten, dennoch von der unter ihren Augen vorgehenden Bewegung, von dem wirklichen Stande der Dinge, so gut wie gar nichts wu&szlig;ten, die radikalen Bourgeois mit den radikalen Proletariern verwechselten und die prononciertesten Feinde in einer und derselben Versammlung freundschaftlich zusammenbringen wollten. Die Engl&auml;nder wurden teils hierdurch, teils durch nationales Mi&szlig;trauen zu &auml;hnlichen Verst&ouml;&szlig;en geleitet, die um so leichter m&ouml;glich waren, als das Gelingen einer solchen Verhandlung notwendig von dem gr&ouml;&szlig;eren oder geringeren Einverst&auml;ndnis weniger an der Spitze stehender, einander pers&ouml;nlich selten bekannter Komiteemitglieder abhing. Bei den fr&uuml;heren Versuchen waren diese Individuen m&ouml;glichst ungl&uuml;cklich gew&auml;hlt, und dadurch wurde die Sache jedesmal sehr bald wieder zum Einschlafen gebracht. Aber das Bed&uuml;rfnis einer solchen Fraternisierung war zu lebhaft. Jeder gescheiterte Versuch reizte nur zu einem neuen Anlauf. Wenn einige der demokratischen Wortf&uuml;hrer in London der Sache &uuml;berdr&uuml;ssig wurden, so traten andre an ihre Stelle; im verflossenen August fanden <STRONG>&lt;616&gt;</STRONG> wieder Ann&auml;herungen statt, die diesmal nicht fruchtlos waren, und eine bereits von andrer Seite her angek&uuml;ndigte Feier des 22. Septembers wurde benutzt, um die Allianz der in London ans&auml;ssigen Demokraten aller Nationen &ouml;ffentlich zu erkl&auml;ren.</P>
<P>In dieser Versammlung waren Engl&auml;nder, Franzosen, Deutsche, Italiener, Spanier, Polen und Schweizer vereinigt. Auch Ungarn und die T&uuml;rkei stellten je einen Mann Kontingent. Die drei gro&szlig;en Nationen des zivilisierten Europas, Engl&auml;nder, Deutsche und Franzosen, f&uuml;hrten das Wort und waren auf sehr w&uuml;rdige Weise vertreten. Pr&auml;sident war nat&uuml;rlich ein Engl&auml;nder, <EM>Thomas Cooper </EM>"der Chartist", der wegen Teilnahme an der Insurrektion von 1842 fast zwei Jahre im Gef&auml;ngnis gehalten wurde und dort ein Epos im Stile des Childe Harold schrieb, das von den englischen Kritikern sehr ger&uuml;hmt wird. Der Hauptredner des Abends war englischerseits <EM>George Julian Harney, </EM>seit zwei Jahren Mitredakteur des "Northern Star". Der "Northern Star" ist das von O'Connor 1837 gegr&uuml;ndete Organ des Chartismus, das, seitdem es von J. Hobson und Harney gemeinschaftlich redigiert wird, in jeder Beziehung eines der besten Bl&auml;tter von Europa geworden ist - ich w&uuml;&szlig;te ihm nur einige kleine Pariser Arbeiterjournale, namentlich die "Union" an die Seite zu stellen. Harney selbst ist ein echter Proletarier, von Jugend auf in der Bewegung beteiligt, eines der Hauptmitglieder der erw&auml;hnten demokratischen Assoziation von 1838/39 (er pr&auml;sidierte am Feste des l0. August) und neben Hobson unbedingt der beste englische Schriftsteller, was ich gelegentlich den Deutschen zu beweisen gedenke. Harney ist &uuml;ber das Ziel der europ&auml;ischen Bewegung vollst&auml;ndig im klaren und durchaus &agrave; la hauteur des principes &lt;auf der H&ouml;he der Prinzipien&gt; obwohl er nichts von den deutschen Theorien &uuml;ber den wahren Sozialismus wei&szlig;. Ihm geb&uuml;hrt das Hauptverdienst in der Veranstaltung dieses kosmopolitischen Festes; er hat keine M&uuml;he gescheut, die verschiedenen Nationalit&auml;ten zusammenzubringen, die Mi&szlig;verst&auml;ndnisse zu beseitigen, die pers&ouml;nlichen Differenzen zu &uuml;berwinden.</P>
<P>Der von Harney ausgebrachte Toast lautete:</P>
<SMALL><P>"Dem feierlichen Ged&auml;chtnis der aufrichtigen und tugendhaften franz&ouml;sischen Republikaner von 1792. M&ouml;ge die Gleichheit, die sie erstrebten, f&uuml;r die sie lebten, arbeiteten und starben, eine baldige Auferstehung in Frankreich erleben und ihr Reich &uuml;ber ganz Europa ausdehnen."</P>
</SMALL><P>Harney, der mit doppelt und dreifach wiederholtem Beifall empfangen wurde, sagte:</P>
<STRONG><SMALL><P>&lt;617&gt;</STRONG> "Es gab eine Zeit, wo eine Feier wie die gegenw&auml;rtige uns nicht nur der Verachtung, dem Hohn, dem Spott und der Verfolgung der privilegierten Klassen, sondern auch den Gewaltt&auml;tigkeiten eines irregeleiteten und unwissenden Volks ausgesetzt haben w&uuml;rde - eines Volks, das nach den Lehren seiner Pfaffen und Herrscher die franz&ouml;sische Revolution als etwas Schreckliches und H&ouml;llisches ansah, als etwas, worauf man mit Entsetzen zur&uuml;ckblickt, wovon man mit Abscheu spricht. Ihr werdet Euch erinnern - wenigstens die meisten von Euch - da&szlig; vor noch nicht langer Zeit, sowie hier in unsrem Vaterlande die Abschaffung eines schlechten oder die Erlassung eines guten Gesetzes gefordert wurde, sogleich das Geschrei &uuml;ber 'Jakobiner' sich erhob. Verlangte man die Reform des Parlaments, die Herabsetzung der Steuern, die nationale Erziehung oder irgend etwas anderes, das nach Fortschritt schmeckte, man konnte sicher sein, da&szlig; 'die franz&ouml;sische Revolution', die 'Schreckensherrschaft' und der ganze Rest jener blutigen Phantasmagorie wieder heraufbeschworen und geb&uuml;hrend zur Schau gestellt wurde, um die gro&szlig;en Kinder in Hosen und mit B&auml;rten zu schrecken, die noch nicht selbst denken gelernt hatten. (Heiterkeit und Beifall.) Diese Zeit ist vergangen; dennoch zweifle ich, ob wir schon gelernt haben, die Geschichte jener gro&szlig;en Revolution richtig zu lesen. Es w&uuml;rde sehr leicht f&uuml;r mich sein, bei Gelegenheit dieses Toastes einige verf&uuml;hrerische Gef&uuml;hle &uuml;ber Freiheit, Gleichheit und Menschenrechte, die Koalition der europ&auml;ischen K&ouml;nige und die Taten Pitts und Braunschweigs abzudeklamieren; ich k&ouml;nnte alles das des breiteren behandeln, vielleicht Beifall f&uuml;r eine &auml;u&szlig;erst freisinnig gehaltene Rede erhalten. und doch die wirkliche Frage gar nicht ber&uuml;hren. Die gro&szlig;e wirkliche Frage, die die franz&ouml;sische Revolution zu l&ouml;sen hatte, war die <EM>Zerst&ouml;rung der Ungleichheit </EM>und die Einf&uuml;hrung von Institutionen, welche dem franz&ouml;sischen Volk das Gl&uuml;ck sichern w&uuml;rden, das die Massen zu allen Zeiten bis jetzt entbehrt haben. Wenn wir die in der Revolution aufgetretenen Charaktere nach diesem Pr&uuml;fstein beurteilen, so werden wir sie leicht richtig w&uuml;rdigen. Nehmt z.B. Lafayette als einen Vertreter des Konstitutionalismus, und er ist vielleicht der honettste &lt;ehrlichste&gt; und beste Mann der ganzen Partei. Wenige M&auml;nner freuten sich gr&ouml;&szlig;erer Popularit&auml;t als Lafayette. In seiner Jugend ging er nach Amerika und beteiligte sich am amerikanischen Kampf gegen englische Tyrannei. Nach Erringung der amerikanischen Unabh&auml;ngigkeit kehrte er nach Frankreich zur&uuml;ck, und bald darauf finden wir ihn als einen der Ersten in der Revolution, die jetzt in seinem eignen Lande anfing. Wiederum in seinem Alter, finden wir ihn als den popul&auml;rsten Mann in Frankreich, wo er nach den drei Tagen zum wahren Diktator gemacht wird, K&ouml;nige absetzt und ernennt mit einem einzigen Wort. Lafayette hat in Europa und Amerika mehr Volksgunst genossen als vielleicht irgendeiner seiner Zeitgenossen; und diese Volksgunst w&uuml;rde er verdient haben, wenn er in seiner sp&auml;tern Auff&uuml;hrung seinem ersten revolution&auml;ren Auftreten treugeblieben w&auml;re. Aber Lafayette war nie der Freund der Gleichheit. (H&ouml;rt, h&ouml;rt!) Allerdings, gleich anfangs gab er seinen Titel auf, entsagte seinen Feudalvorrechten - und soweit war alles gut. An der Spitze der Nationalgarde stehend, das <STRONG>&lt;618&gt;</STRONG> Idol der Bourgeoisie, gebietend selbst &uuml;ber die Neigungen der Arbeiterklasse, galt er eine Zeitlang f&uuml;r den Vork&auml;mpfer der Revolution. Aber er blieb stehen, als es Zeit war, vorw&auml;rts zu gehen. Das Volk fand bald, da&szlig; mit der Zerst&ouml;rung der Bastille und der Abschaffung der Feudalprivilegien, mit der Dem&uuml;tigung des K&ouml;nigs und der Aristokratie nichts erreicht war als die Vergr&ouml;&szlig;erung der Macht der Bourgeoisie. Aber das Volk war hiermit nicht zufrieden (Beifall); - es verlangte Freiheit und Rechte f&uuml;r sich, es verlangte, was wir verlangen - eine wahre, volle Gleichheit. (Lauter Beifall.) Als Lafayette dies sah, wurde er Konservativer, h&ouml;rte er auf, Revolution&auml;r zu sein. Er war es, der die Annahme des Kriegsgesetzes vorschlug, um dadurch das Erschie&szlig;en und Niederhauen des Volkes bei etwaigen Tumulten zu legitimieren - zu einer Zeit noch dazu, wo das Volk unter absoluter Hungersnot litt; und unter diesem Kriegsgesetz leitete Lafayette selbst die Niedermetzelung des Volks, als es am 17. Juli 1791 auf dem Champ de Mars &lt;Marsfeld&gt; versammelt war, um nach der Flucht des K&ouml;nigs nach Varennes an die Nationalversammlung gegen die Wiedereinsetzung dieses abtr&uuml;nnigen Staatsoberhauptes zu petitionieren. Sp&auml;ter wagte es Lafayette, Paris mit seinem Schwert, die popul&auml;ren Klubs mit gewaltsamer Schlie&szlig;ung zu bedrohen. Nach dem zehnten August versuchte er, seine Soldaten zum Marsche gegen Paris zu verleiten; aber sie, bessere Patrioten als er, weigerten sich, und dann floh er und entsagte der Revolution. Und doch war Lafayette wohl der beste Mann unter allen Konstitutionellen. Aber weder er noch seine Partei haben mit unserem Toast etwas zu tun, denn sie waren nicht einmal dem Namen nach Republikaner. Sie gaben vor, die Souver&auml;nit&auml;t des Volks anzuerkennen, w&auml;hrend sie zu gleicher Zeit dies Volk in aktive und nichtaktive B&uuml;rger teilten und das Stimmrecht auf die Steuerzahlenden, die sie aktive B&uuml;rger nannten, beschr&auml;nkten. Kurz, Lafayette und die Konstitutionellen waren blo&szlig;e Whigs, wenig, wenn irgend besser als die Leute, die uns mit der Reform-Bill an der Nase herumgef&uuml;hrt haben. (Beifall.) Nach ihnen kommen die Girondisten, und diese sind die Leute, die gew&ouml;hnlich f&uuml;r die 'aufrichtigen und tugendhaften Republikaner' ausgegeben werden. Ich kann diese Ansicht nicht teilen. Unm&ouml;glich k&ouml;nnen wir ihnen den Tribut unsrer Bewunderung f&uuml;r ihre Talente versagen, f&uuml;r die Beredsamkeit, die die Anf&uuml;hrer dieser Partei auszeichnete, und zu der sich bei einigen, wie Roland, unersch&uuml;tterliche Integrit&auml;t, bei andern, wie Frau Roland, heroische Aufopferung, bei noch andern, wie Barbaroux, feuriger Enthusiasmus gesellt. Und wir k&ouml;nnen - mir geht es wenigstens so - nicht ohne tiefe Bewegung von dem schreckenerregenden und fr&uuml;hzeitigen Tode der Frau Roland oder des Philosophen Condorcet lesen. Aber bei alledem waren die Girondisten nicht die Leute, von denen das Volk Erl&ouml;sung aus der sozialen Sklaverei erwarten durfte. Da&szlig; brave Leute unter ihnen waren, wird keinen Augenblick bezweifelt; da&szlig; sie aufrichtig in ihrer &Uuml;berzeugung waren, kann zugegeben werden. Da&szlig; viele von ihnen mehr unwissend als schuldig waren, m&ouml;gen wir vielleicht glauben - obwohl nur von denen, die umkamen; denn wenn wir die ganze Partei nach denen beurteilen m&uuml;&szlig;ten, die das sogenannte Schreckensreich &uuml;berlebten, so w&auml;ren wir zu dem Schlu&szlig; gezwungen, da&szlig; eine niedertr&auml;chtigere Rotte nie existierte. Diese &uuml;berlebenden <STRONG>&lt;619&gt;</STRONG> Girondisten halfen die Konstitution von 1793 zerst&ouml;ren, f&uuml;hrten die aristokratische Konstitution von 1795 ein, verschworen sich mit andern aristokratischen Fraktionen zur Ausrottung der echten Republikaner und halfen endlich Frankreich unter den Milit&auml;rdespotismus des Usurpators Napoleon bringen. (H&ouml;rt, h&ouml;rt!) Die Beredsamkeit der Girondisten ist hochgepriesen worden; aber wir unersch&uuml;tterlichen Demokraten k&ouml;nnen sie nicht blo&szlig; deswegen bewundern, weil sie beredt waren - in der Tat, h&auml;tten wir so zu handeln, so m&uuml;&szlig;ten wir die h&ouml;chsten Ehren dem erkauften und aristokratischen Mirabeau zuerkennen. Als das f&uuml;r die Freiheit aufgestandene Volk, die Fesseln vierzehnhundertj&auml;hriger Sklaverei sprengend, seine Wohnst&auml;tten verlie&szlig;, um auf die Verschw&ouml;rer im Innern, die Invasionsarmeen an den Grenzen zu st&uuml;rzen, brauchte es etwas mehr als die beredten Diskurse und sch&ouml;ngewobenen Theorien der Gironde, um sich zu halten. 'Brot, Stahl und Gleichheit' forderte das Volk - (Beifall) - Brot f&uuml;r seine hungernden Familien, Stahl gegen die Kohorten des Despotismus, Gleichheit als Ziel seiner Arbeit und Lohn f&uuml;r seine Opfer. (Lauter Beifall.) Die Girondisten dagegen sahen das Volk, um mit Thomas Carlyle zu sprechen, nur f&uuml;r 'explosible Massen an, womit man Bastillen sprengt', die man als Werkzeuge gebraucht und als Sklaven behandelt. Sie schwankten zwischen dem K&ouml;nigtum und der Demokratie, sie versuchten vergebens, die ewige Gerechtigkeit durch ein Abfinden zu betr&uuml;gen. Sie fielen, und ihr Fall war verdient. Die M&auml;nner von Energie traten sie nieder, das Volk fegte sie weg. Von den verschiedenen Fraktionen der Bergpartei finde ich nur Robespierre und seine Freunde der Erw&auml;hnung wert. (<EM>Gro&szlig;er Beifall.) </EM>Die gro&szlig;e Masse des Berges bestand aus R&auml;ubern, die nur besorgt waren, f&uuml;r sich die Beute der Revolution zu erhaschen, und denen nichts am Volke lag, dessen Arbeit, Leiden und Mut die Revolution durchgesetzt hatte. Diese Desperados, eine Zeitlang die Sprache der Freunde der Gleichheit anwendend und mit ihnen gegen die Konstitutionellen und Girondins k&auml;mpfend, zeigten sich in ihrem wahren Licht, als die offenen Todfeinde der Gleichheit, sowie sie zur Herrschaft kamen. Durch diese Partei wurde Robespierre gest&uuml;rzt und ermordet, und Saint-Just, Couthon und alle Freunde jenes unbestechlichen Gesetzgebers dem Tode geweiht. Nicht zufrieden, die Freunde der Gleichheit vernichtet zu haben, h&auml;uften diese Meuchelm&ouml;rder noch auf ihren Namen die infamsten Verleumdungen und standen nicht an, ihre Opfer der Verbrechen anzuklagen, die sie selbst begangen hatten. Ich wei&szlig;, es ist noch immer unfashionable &lt;unpassend&gt;, Robespierre f&uuml;r etwas andres als ein Ungeheuer anzusehen, aber ich glaube, da&szlig; der Tag nahe ist, wo eine ganz andre Meinung &uuml;ber den Charakter dieses au&szlig;erordentlichen Mannes sein wird. Ich will Robespierre nicht verg&ouml;ttern, ihn nicht f&uuml;r vollkommen halten; aber mir scheint er immer einer der sehr wenigen revolution&auml;ren Volksf&uuml;hrer gewesen zu sein, die die n&ouml;tigen Mittel erkannten und anwandten, um politisches und soziales Unrecht auszurotten. (Gro&szlig;er Beifall.) Ich habe nicht Zeit, &uuml;ber den Charakter des unbeugsamen Marat, &uuml;ber Saint-Just, diese gl&auml;nzende Inkorporation republikanischer Ritterlichkeit zu sprechen; ebenso habe ich nicht Zeit, die vortrefflichen legislativen Ma&szlig;regeln aufzuz&auml;hlen, die die energische Herrschaft Robespierres auszeichneten. Der Tag wird kommen, wiederhole ich, wo seinem Namen <STRONG>&lt;620&gt;</STRONG> Gerechtigkeit widerfahren wird. (Beifall.) - F&uuml;r mich liegt der st&auml;rkste Beweis f&uuml;r den wirklichen Charakter Robespierres in dem allgemeinen Bedauern, das die ihn &uuml;berlebenden aufrichtigen Demokraten f&uuml;r ihn empfanden - auch diejenigen von ihnen, die, seine Absichten verkennend, sich hatten verleiten lassen, seinen Sturz zu beschleunigen, die aber, als es zu sp&auml;t war, ihre Torheit bitter bereuten. Babeuf war einer von diesen, der Urheber der ber&uuml;hmten, nach ihm benannten Verschw&ouml;rung. Diese Verschw&ouml;rung hatte zu ihrem Zweck die Errichtung einer wahren Republik, in der die Selbstsucht des Individualismus unbekannt sein sollte - (Beifall) - in der Privateigentum und Geld, die Wurzel alles &Uuml;bels, aufh&ouml;ren sollten zu existieren - (Beifall) - in der das Gl&uuml;ck aller basiert sein sollte auf die gemeinsame Arbeit und die gleichen Gen&uuml;sse von allen. (Gro&szlig;er Beifall.) - Diese ruhmvollen M&auml;nner verfolgten ihr ruhmvolles Ziel bis zum Tode. Babeuf und Darth&eacute; besiegelten ihre &Uuml;berzeugung mit ihrem Blut, und Buonarroti beharrte durch Jahre von Gef&auml;ngnis, Mangel und Alter in seiner Verteidigung der gro&szlig;en Prinzipien, die wir heute abend zu proklamieren wagen. Dann mu&szlig; ich noch die heroischen Deputierten Romme, Soubrany, Duroy, Duquesnoy und ihre Gefahrten erw&auml;hnen, die, von den aristokratischen Verr&auml;tern des Konvents zum Tode verurteilt, in Gegenwart und zum Trotz ihrer M&ouml;rder sich selbst mit einem einzigen Dolch, der von Hand zu Hand ging, den Tod gaben. Soviel &uuml;ber den ersten Teil unsres Toastes. Der zweite Teil erfordert nur wenige Worte von meiner Seite, da hier&uuml;ber am besten die anwesenden franz&ouml;sischen Demokraten sprechen werden. Da&szlig; die Prinzipien der Gleichheit eine glorreiche Auferstehung erleben werden, daran ist kein Zweifel; in der Tat, diese Auferstehung haben sie schon erlebt, nicht allein in der Gestalt des Republikanismus, sondern auch des Kommunismus; denn soviel ich wei&szlig;, ist ganz Frankreich jetzt von kommunistischen Gesellschaften bedeckt; aber dies weiter auszuf&uuml;hren &uuml;berlasse ich meinem Freunde Dr. Fontaine und seinen Landsleuten. Ich freue mich sehr, da&szlig; diese ehrenwerten Demokraten anwesend sind. Sie werden heute abend durch ihre eigenen Sinne sich von der Absurdit&auml;t der Tiraden der franz&ouml;sischen Kriegspartei gegen das englische Volk &uuml;berzeugen k&ouml;nnen. (Beifall.) Wir sto&szlig;en diese nationalen Antipathien weit von uns zur&uuml;ck; wir verachten, wir haben Ekel vor diesen barbarischen Lockspeisen und K&ouml;dern, wie 'nat&uuml;rliche Feinde', 'Erbfeind' und 'nationaler Ruhm'. (Lauter Beifall.) Wir hassen alle Kriege, ausgenommen die, zu welchen ein Volk gezwungen wird gegen innere Bedr&uuml;ckung und ausw&auml;rtige Invasion. (Beifall.) Ja, mehr als das, wir sto&szlig;en zur&uuml;ck das Wort 'Ausl&auml;nder' - es soll nicht l&auml;nger in unserem demokratischen W&ouml;rterbuch existieren. (Gro&szlig;er Beifall.) Wir m&ouml;gen zur englischen, franz&ouml;sischen, italienischen oder deutschen Sektion der europ&auml;ischen Familie geh&ouml;ren, aber 'das junge Europa' ist unser gemeinsamer Name, und unter seiner Fahne ziehen wir gemeinschaftlich aus gegen Tyrannei und Ungleichheit." (Dauernder und enthusiastischer Beifall.)</P>
</SMALL><P>Nachdem ein deutscher Kommunist &lt;Josef Moll&gt; die Marseillaise gesungen hatte, brachte Wilhelm Weitling den zweiten Toast aus:&nbsp;</P>
<STRONG><SMALL><P>&lt;621&gt;</STRONG> "Dem jungen Europa. M&ouml;gen die Demokraten aller Nationen, von sich werfend die Eifersucht und Nationalantipathie der Vergangenheit, sich in einer br&uuml;derlichen Phalanx vereinigen zur Zerst&ouml;rung der Tyrannei und zum allgemeinen Triumph der Gleichheit."</P>
</SMALL><EM><P>Weitling, </EM>der mit vielem Enthusiasmus empfangen wurde, las - da er nicht fl&uuml;ssig englisch spricht - folgende Rede ab:</P>
<SMALL><P>"Freunde! Diese Versammlung ist ein Zeugnis f&uuml;r jenes gemeinsame Gef&uuml;hl, das die Brust jedes Menschen durchgl&uuml;ht, f&uuml;r das Gef&uuml;hl der allgemeinen Br&uuml;derlichkeit. Ja! obwohl wir infolge unsrer Erziehung verschiedene Laute gebrauchen, um dies gemeinsame Gef&uuml;hl einander mitzuteilen, obwohl der Austausch dieses Gef&uuml;hls durch die Verschiedenheiten der Sprache gehemmt wird, obwohl Tausende von Vorurteilen von unsern gemeinsamen Gegnern vereinigt und angewandt werden, um ein besseres Verst&auml;ndnis, eine allgemeine Br&uuml;derlichkeit eher zu hindern als zu bef&ouml;rdern - dennoch, trotz aller dieser Hindernisse, l&auml;&szlig;t sich dieses gewaltige, liebevolle Gef&uuml;hl nicht ausrotten - (Beifall) - dies Gef&uuml;hl, das den Leidenden zu seinem Leidensgenossen, den K&auml;mpfer f&uuml;r einen besseren Zustand zu seinem Mitk&auml;mpfer hinzieht. (Beifall.) Auch jene waren unsre Mik&auml;mpfer, deren Revolution wir heute abend feiern; auch sie waren von denselben Sympathien belebt, die uns zusammenbringen und die uns vielleicht zu einem &auml;hnlichen, und la&szlig;t uns hoffen, zu einem erfolgreicheren Kampfe f&uuml;hren werden. (Lauter Beifall.) - In Zeiten der Bewegung, wenn die Privilegien unsrer einheimischen Feinde gro&szlig;e Gefahr laufen, bem&uuml;hen diese sich, unsre Vorurteile &uuml;ber die Grenzen unsres nat&uuml;rlichen Vaterlandes hinauszuleiten und uns glauben zu machen, da&szlig; die Leute jenseits unsrem gemeinsamen Interesse feindselig sind. Welch ein Betrug! Wenn wir ruhig &uuml;ber die Sache nachdenken, so sehen wir sehr bald ein, da&szlig; unsre allern&auml;chsten Feinde unter uns selbst, in unsrer eignen Mitte sind. (H&ouml;rt, h&ouml;rt, und Beifall.) Nicht den ausw&auml;rtigen Feind haben wir zu f&uuml;rchten - dieser arme Feind wird behandelt wie wir; wie wir mu&szlig; er f&uuml;r Tausende von nichtsnutzigen Kerlen arbeiten; wie wir greift er zu den Waffen gegen irgendeine Gesellschaft von Menschen, weil er dazu gezwungen wird durch den Hunger und das Gesetz, dazu aufgereizt durch seine von Unwissenheit gen&auml;hrten Leidenschaften. Die Herrscher der Nationen sagen uns, unsre Br&uuml;der seien grausam und raubs&uuml;chtig; aber wer ist raubs&uuml;chtiger als die, die uns regieren, die uns in den Waffen unterrichten lassen, die um ihrer eignen Privilegien willen uns zum Kriege reizen und in den Krieg f&uuml;hren? (Beifall.) Ist es wirklich unser gemeinschaftliches Interesse, das den Krieg n&ouml;tig macht? Ist es das Interesse der Schafe, von W&ouml;lfen angef&uuml;hrt, gegen andre, ebenfalls von W&ouml;lfen angef&uuml;hrte Schafe zu k&auml;mpfen? (Lauter Beifall.) Sie selbst sind unsre raubs&uuml;chtigsten Feinde; sie haben uns alles genommen, was unser war, um es in Vergn&uuml;gungen und Liederlichkeit zu verschwenden. (Beifall.) Sie nehmen von uns, was unser ist, denn alles, was sie verschwenden, ist von uns produziert und sollte denen geh&ouml;ren, die es produzieren, ihren Weibern und Kindern, ihren Greisen und Kranken. (Lauter Beifall.) Aber seht, wie alles uns durch ihre schlauen Pfiffe gestohlen und f&uuml;r eine Rotte fauler Umsonstfresser aufgespart wird. (Beifall.) Ist es also m&ouml;glich, durch <STRONG>&lt;622&gt;</STRONG> einen ausl&auml;ndischen Feind noch mehr beraubt zu werden, als durch unsre eignen Feinde zu Hause? Ist es denn noch m&ouml;glich, da&szlig; unser Volk vom Ausl&auml;nder noch mehr gemordet wird als durch unsre gef&uuml;hllosen Geldm&auml;nner, die uns berauben durch ihr B&ouml;rsenspiel, Geldschachern und Spekulieren, durch ihr Geldsystem und ihre Bankerotte, durch ihre Monopole, Kirchen- und Grundrenten, die uns durch alle diese Mittel der n&ouml;tigsten Lebensbed&uuml;rfnisse berauben und den Tod von Millionen unsrer arbeitenden Br&uuml;der verursachen, denen sie nicht einmal Kartoffeln genug lassen, um davon ihr Leben zu fristen! (Gro&szlig;er Beifall.) Ist es daher nicht hinreichend klar, da&szlig; diejenigen, die alles durch das Geld und nichts ohne Geld sind, die wahren Feinde der Arbeiter in allen L&auml;ndern sind, da&szlig; unter allen Menschen keine andern Feinde des Menschengeschlechts existieren als die Feinde der Arbeiter? (Beifall.) Ist es also m&ouml;glich, da&szlig; wir mehr bestohlen und mehr gemordet werden in der Zeit eines politischen Krieges, als es jetzt schon in einer sogenannten Friedenszeit geschieht? Nationalvorurteile, Blutvergie&szlig;en und R&auml;ubereien werden von uns also blo&szlig; um des kriegerischen Ruhmes willen beg&uuml;nstigt? Was hat unser Interesse zu gewinnen von solchem dummen Ruhm? (Beifall.) Was haben wir &uuml;berhaupt damit zu tun, wenn unser Interesse und unser besseres Gef&uuml;hl ihm entgegenstehen? (Beifall.) M&uuml;ssen wir nicht die Kosten tragen? (Beifall.) M&uuml;ssen wir nicht daf&uuml;r arbeiten und bluten? (Erneuerter Beifall.) Was f&uuml;r ein Interesse k&ouml;nnen wir bei allen diesen Landr&auml;ubereien und Blutvergie&szlig;en haben, au&szlig;er da&szlig; wir solche Gelegenheiten benutzen, um umzukehren und uns gegen die Raub und Mord br&uuml;tende Aristokratie aller Nationen zu wenden? (Enthusiastischer Beifall.) Es ist nur diese Aristokratie, immer diese Aristokratie, die systematisch raubt und mordet. Die Armen sind nur ihre gezwungenen und unwissenden Werkzeuge, die aus jeder Nation gew&auml;hlt werden - diejenigen, die am meisten voll nationaler Vorurteile stecken, diejenigen, die alle Nationen von ihrer eignen unterjocht sehen m&ouml;chten. Aber bringt sie her in diese Versammlung, und sie werden sich verst&auml;ndigen, sich einander die H&auml;nde reichen. Wenn vor einer Schlacht die Verteidiger der Freiheit zu den Reihen ihrer Br&uuml;der sprechen k&ouml;nnten, da w&uuml;rde keine Schlacht zustande kommen; im Gegenteil, es w&uuml;rde eine Versammlung von Freunden werden wie die unsrige. O, k&ouml;nnten wir nur eine solche Versammlung auf einem Schlachtfelde haben, wie bald w&uuml;rden wir fertig sein mit all den blut- und markaussaugenden Interessen, die uns jetzt unterdr&uuml;cken und pl&uuml;ndern! (Lauter Beifall.) Das, Freunde, sind die &Auml;u&szlig;erungen jenes allgemeinsamen Gef&uuml;hls, dessen W&auml;rme, konzentriert in dem Brennpunkt der allgemeinen Br&uuml;derlichkeit, ein Feuer des Enthusiasmus entz&uuml;ndet, das bald alle die hindernden Eisberge wegschmelzen wird, welche zu lange die Br&uuml;der getrennt gehalten haben." (Weitling nahm seinen Sitz unter lang anhaltendem Beifall wieder ein.)</P>
</SMALL><P>Dr. <EM>Berrier-Fontaine, </EM>ein alter Republikaner, der schon in den ersten Jahren der Bourgeoisieherrschaft in Paris in der Soci&eacute;t&eacute; des droits de l'homme &lt;Gesellschaft f&uuml;r Menschenrechte&gt; eine Rolle gespielt, 1834 in den Aprilproze&szlig; verwickelt und aus Sainte-Pelagie mit den &uuml;brigen Angeklagten 1835 entwichen war (vergleiche Louis <STRONG>&lt;623&gt;</STRONG> Blanc's "Geschichte der 10 Jahre"), der sp&auml;ter mit der weiteren Entwicklung der revolution&auml;ren Partei in Frankreich fortschritt und mit dem P&egrave;re Cabet in freundschaftlicher Verbindung steht - Dr. Berrier-Fontaine trat nach Weitling auf. Er wurde mit st&uuml;rmischem Applaus empfangen und sprach:</P>
<SMALL><P>"B&uuml;rger! Meine Rede mu&szlig; notwendig kurz sein, da ich nicht sehr gut englisch spreche. Es macht mir unaussprechliches Vergn&uuml;gen zu sehen, da&szlig; die englischen Demokraten die franz&ouml;sische Republik feiern. Ich bin von Herzen einverstanden mit den edlen Gef&uuml;hlen, die Herr Julian Harney ausgesprochen hat. Ich versichere Euch, da&szlig; das franz&ouml;sische Volk nicht daran denkt, das englische Volk als seinen Feind zu betrachten. Wenn einige franz&ouml;sische Journalisten gegen die englische Regierung schreiben, so schreiben sie nicht gegen das englische Volk. Die Regierung Englands ist verha&szlig;t in ganz Europa, weil sie nicht die Regierung des englischen Volks, sondern die der englischen Aristokratie ist. (Beifall.) Die franz&ouml;sischen Demokraten, weit entfernt, die Feinde des englischen Volks zu sein, w&uuml;nschen im Gegenteil mit ihm zu fraternisieren. (Lauter Beifall.) Die Republikaner Frankreichs fochten nicht allein f&uuml;r Frankreich, sondern f&uuml;r die ganze Menschheit; sie strebten die Gleichheit herzustellen und ihre Segnungen &uuml;ber die ganze Welt zu verbreiten. (Gro&szlig;er Beifall.) Sie erkl&auml;rten die ganze Menschheit f&uuml;r ihre Br&uuml;der und stritten nur gegen die Aristokratien andrer Nationen. (Beifall.) Ich kann Euch versichern, B&uuml;rger, da&szlig; die Prinzipien der Gleichheit schon zu einem neuen Leben auferstanden sind. Der Kommunismus schreitet mit Riesenschritten durch ganz Frankreich vorw&auml;rts. Kommunistische Assoziationen breiten sich &uuml;ber das ganze Land aus, und ich hoffe, da&szlig; wir bald eine gro&szlig;e Konf&ouml;deration der Demokraten aller Nationen erleben werden, um den Triumph des republikanischen Kommunismus durch die ganze L&auml;nge und Breite Europas zu sichern." (Dr. Fontaine nahm seinen Sitz unter wiederholten Beifallsbezeugungen wieder ein.)</P>
</SMALL><P>Nachdem der Toast auf das "junge Europa" mit drei schallenden cheers und "noch einem cheer" aufgenommen war, wurden noch Toaste auf Thomas Paine, die gefallenen Demokraten aller L&auml;nder, dann Englands, Schottlands und Irlands, auf die deportierten Chartisten Frost, Williams, Jones und Ellis, auf O'Connor, Duncombe und die &uuml;brigen Propagandisten der Charte, und schlie&szlig;lich drei cheers f&uuml;r den "Northern Star" ausgebracht; demokratische Lieder in allen Sprachen (nur die deutsche finde ich nicht erw&auml;hnt) wurden gesungen und das Fest im br&uuml;derlichsten Geiste beschlossen.</P>
<P>Hier haben wir eine Versammlung von mehr als tausend Demokraten fast aller europ&auml;ischen Nationen, die sich vereinigt hatten, ein anscheinend allem Kommunismus fremdes Ereignis, die Stiftung der franz&ouml;sischen Republik zu feiern. Keine Verabredung war getroffen, um ein bestimmtes Publikum hinzubringen; nichts deutete an, da&szlig; etwas anderes ausgesprochen werden w&uuml;rde, als was die Londoner Chartisten unter Demokratie verstehen. Wir k&ouml;nnen <STRONG>&lt;624&gt;</STRONG> also wohl annehmen, da&szlig; die Majorit&auml;t der Versammlung die Masse der Londoner chartistischen Proletarier ziemlich richtig repr&auml;sentierte. Und diese Versammlung nahm die kommunistischen Prinzipien, das Wort Kommunismus selbst mit einstimmigem Enthusiasmus auf. Das Chartistenmeeting war ein kommunistisches Fest, und wie die Engl&auml;nder selbst zugeben, ist "ein solcher Enthusiasmus, wie er an jenem Abend herrschte, in London seit Jahren nicht gesehen worden".</P>
<P>Habe ich recht, wenn ich sage, da&szlig; die Demokratie heutzutage der Kommunismus ist?</P>
<P ALIGN="RIGHT">F. Engels</P></BODY>
</HTML>