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<title>"Neue Rheinische Zeitung" - Die "FRankfurter Oberpostamts-Zeitung" und die Wiener
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Revolution</title>
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<p align="center"><a href="me05_423.htm"><font size="2">Das Thiers Rede über eine
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allgemeine Hypothekenbank mit Zwangskurs</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
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"../me_nrz48.htm"><font size="2">Inhalt</font></a> <font size="2">|</font> <a href=
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"me05_430.htm"><font size="2">Die Antwort des Königs von Preußen an die Deputation
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der Nationalversammlung</font></a></p>
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<small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 5, S. 428-429<br>
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Dietz Verlag, Berlin/DDR 1959</small><br>
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<h1>Die "Frankfurter Oberpostamts-Zeitung" und die Wiener Revolution</font></p>
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<p><font size="2">["Neue Rheinische Zeitung" Nr. 120 vom 19. Oktober 1848]</font></p>
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<p><b><a name="S428"><428></a></b> *<i>Köln</i>, 18. Oktober.</p>
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<p><font size="2">"Es waltet ein eigenes Geschick über Deutschland. Wenn man glaubt, man
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sei an dem Punkte angelangt, wo es gestattet sei, die Hand an den Wiederaufbau des gemeinsamen
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Vaterlandes zu legen, wenn man <i>dafür den Blick dankbar zum Himmel erhebt</i>, so
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entladen sich die Gewitterwolken, die Europa stets noch umlagern, in neuen gewaltigen
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Schlägen und machen <i>die Hände erzittern</i>, die sich dem Verfassungswerke
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Deutschlands gewidmet haben. Einen solchen Donnerschlag haben wir soeben wieder in <i>Wien</i>
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erlebt."</font></p>
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<p>So klagt der "Moniteur" der Reichsverwesung, die <i>"Frankfurter Oberpostamts-Zeitung"</i>.
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Dies brave Blatt, dessen letzter Redakteur <Karl Peter Berly> auf der Liste der von
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Guizot bezahlten Kreaturen prangte, nahm seine Stellung einen Augenblick au sérieux
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<zu ernst>. Die Zentralgewalt mit ihrer parlamentarischen Umrahmung, dem Frankfurter
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Konzil <Bezeichung von Marx für die Frankfurter Nationalversammlung> erschien ihm
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als eine ernsthafte Macht. Statt direkt ihre kontrerevolutionären Ordres an ihre
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Untertanen auszuteilen, ließen die 38 deutschen Regierungen sich von der Zentralgewalt zu
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Frankfurt den Befehl erteilen, ihre eigenen Beschlüsse auszuführen. Alles war im
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besten Gange, wie zur Zeit der Mainzer Immediatkommissiont. Die Zentralgewalt konnte sich
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einbilden, eine Gewalt, und ihr "Moniteur" konnte sich einbilden, ein "Moniteur" zu sein. "Nun
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danket alle Gott", sang er, "die Hände zum Himmel erhoben."</p>
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<p>Und nun "erleben" wir von Wien aus einen Donnerschlag. Die <i>"Hände"</i> unserer
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Lykurge <i>"erzittern"</i>, trotz der Armee von Pickelhauben, die ebenso viele Blitzableiter
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der Revolution sind; trotz der Dekrete, worin die Kritik <a name="S429"><b><429></b></a>
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der schwarz-rot-goldenen Personen und Gesta <Taten> zu einem hochnotpeinlichen Kasus
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dekretiert wird; trotz der Kraftworte jener gigantischen Figuren Schmerling, Mohl und Gagern.
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Von neuem brüllt das revolutionäre Ungeheuer - und man <i>"zittert"</i> zu Frankfurt.
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Die "Frankfurter Oberpostamts-Zeitung" wird aus ihrem Dankgebete aufgeschreckt. - Tragisch
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grollt sie dem eisernen Verhängnis.</p>
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<p>Zu Paris die Thierspartei obenauf, zu Berlin das Ministerium Pfuel mit Wrangels in allen
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Provinzen, zu Frankfurt eine Zentral-Gendarmerie, in ganz Deutschland mehr oder minder
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versteckter Belagerungszustand, Italien von dem milden Ferdinand und Radetzky pazifiziert,
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Jellachich Kommandant von Ungarn, nach Vernichtung der Magyaren gemeinsam mit
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Windischgrätz zu Wien "kroatische Freiheit und Ordnung" proklamierend, zu Bukarest die
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Revolution im Blut erstickt, die Donaufürstentümer mit den Wohltaten des russischen
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Regimes beglückt, in England alle Führer der Chartisten verhaftet und deportiert,
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Irland zu ausgehungert, um sich bewegen zu können - sage, was willst du mehr?</p>
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<p>Die Wiener Revolution hat noch nicht gesiegt. Ihr erstes Wetterleuchten aber genügte,
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um alle Positionen der Kontrerevolution vor Europa klarzulegen und so einen universellen Kampf
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auf Leben und Tod unvermeidlich zu machen.</p>
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<p>Die Kontrerevolution ist noch nicht vernichtet, aber sie hat sich <i>lächerlich</i>
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gemacht. In Held <i>Jellachich</i> sind alle ihre Helden zu komischen Figuren verwandelt, und
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in <i>Fuad Effendis</i> Proklamation nach dem Blutbade von Bukarest sind alle Proklamationen
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der Freunde der "verfassungsmäßigen Freiheit und Ordnung" zu Tode parodiert, von den
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Reichstagsproklamationen bis zur kleinsten Heuleradresse herab.</p>
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<p>Wir werden morgen ausführlich auf die unmittelbare Lage Wiens und die
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östreichischen Verhältnisse überhaupt zu sprechen kommen.</p>
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<p><font size="2">Geschrieben von Karl Marx.</font></p>
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