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<META HTTP-EQUIV="Content-Type" CONTENT="text/html; charset=ISO-8859-1">
<TITLE>Karl Marx - Napoleon und Barbes - Zeitungsstempel</TITLE>
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<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 11, S. 158-160<BR>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1961</P>
</FONT><H2>Karl Marx</H2>
<H1>Napoleon und Barb&egrave;s -<BR>
Zeitungsstempel</H1>
<P><HR></P>
<FONT SIZE=2><P>["Neue Oder-Zeitung" Nr. 151 vom 30. M&auml;rz 1855]</P>
</FONT><B><P><A NAME="S158">&lt;158&gt;</A></B> <I>London</I>, 27. M&auml;rz. Wir erfahren aus der besten Quelle, da&szlig; Bonapartes Besuch in St. James's Palace - erwartet f&uuml;r den 16. April - zu einer gro&szlig;en <I>Gegendemonstration </I>Anla&szlig; geben wird. Die Chartisten haben n&auml;mlich den franz&ouml;sischen Fl&uuml;chtling <I>Armand Barb&egrave;s </I>eingeladen, London ebenfalls am 16. April zu besuchen, wo er mit &ouml;ffentlicher Prozession und gro&szlig;em Meeting empfangen werden soll. Es ist indes fraglich, ob sein Gesundheitszustand eine Seereise gestattet.</P>
<P>Die Bill zur Aufhebung des Zeitungsstempels ist gestern in zweiter Lesung im Hause der Gemeinen durchgegangen. Die Hauptbestimmungen dieser Bill sind folgende: 1. der zwangsweise Zeitungsstempel ist abgeschafft; 2. periodische Publikationen, auf gestempeltem Papier gedruckt, genie&szlig;en nach wie vor das Privilegium freier Bef&ouml;rderung durch die Post. Eine dritte Klausel betrifft den Umfang durch die Post bef&ouml;rderter Druckschriften und eine andere verf&uuml;gt, da&szlig; gestempelte Zeitungen Kautionen wegen etwaiger Verleumdungsklagen zu stellen haben. Zur Charakteristik des alten Zeitungssteuersystems gen&uuml;gen zwei Tatsachen. Die Herausgabe eines t&auml;glichen Blattes in London erheischt ein Kapital von mindestens 50.000-60.000 Pfd.St. Die gesamte englische Presse, mit sehr wenigen Ausnahmen, erhebt gegen die neue Bill eine scham- und anstandslose Opposition. Bedarf es anderer Beweise, da&szlig; das alte System ein Schutzzollsystem f&uuml;r die bestehende Presse und ein Prohibitivsystem gegen freie geistige Produktion? Pre&szlig;freiheit war bisher in England das ausschlie&szlig;liche Privilegium des Kapitals. Die wenigen Wochenbl&auml;tter, die die Interessen der arbeitenden Klasse vertreten - von Tagesbl&auml;ttern konnte nat&uuml;rlich nicht die Rede sein -, fristen ihr Dasein durch w&ouml;chentliche Zusch&uuml;sse der Arbeiter, die in England ganz andere Opfer f&uuml;r <A NAME="S159"><B>&lt;159&gt;</A></B> &ouml;ffentliche Zwecke zu bringen verstehen als auf dem Kontinent. Der tragikomische Polterpathos, womit der Leviathan der englischen Presse - die "Times" - pro aris et focis &lt;f&uuml;r Altar und Herd&gt;, d.h. f&uuml;r das Zeitungsmonopol k&auml;mpft, bald sich bescheiden vergleichend mit dem Orakeltempel zu Delphi, bald versichernd, da&szlig; England nur eine einzige, der Erhaltung werte Institution besitzt, n&auml;mlich die "Times"; bald die Autokratie der Weltjournalistik und, ohne einen Vertrag von K&uuml;tsch&uuml;k-Kainardschi , das Protektorat s&auml;mtlicher europ&auml;ischer Zeitungsschreiber beanspruchend.</P>
<P>Der ganze "Cant" &lt;"Scheinheiligkeit"&gt; der "Times wurde in der gestrigen Unterhaussitzung geb&uuml;hrend abgefertigt von dem wunderlichen <I>Drummond</I>:</P>
<FONT SIZE=2><P>"Die jetzige Presse sei eine merkantile Spekulation und nichts weiter ... Die Herren Walter" (Haupt-Aktion&auml;re der "Times") "h&auml;tten nat&uuml;rlich dasselbe Recht, eine Fabrik von politischer Kannegie&szlig;erei zu etablieren, wie Herr Bright eine Kattunfabrik ... Die 'Times' verstehe das Gesch&auml;ft besser als ihre Rivalen. Die Walter-Familie habe immer geriebene M&auml;nner zur Hand gehabt, Advokaten von siebenj&auml;hriger Praxis oder dergleichen Leute, die stets bereit waren, f&uuml;r und gegen alles einzustehen. Da seien z.B. die Herren Barnes, Alsager, Sterling, Delane, Morris, Lowe und Dasent. Diese Gentlemen seien alle verschiedener Meinungen. Die t&ouml;richten Zeitungen, die das Gesch&auml;ft nicht recht verst&auml;nden, wie der 'Morning Chronicle' z.B., schl&ouml;ssen sich an eine besondere Partei an. Die eine sei Peelit, die andere Derbyit usw. Wenn die Partei dereeliten bl&uuml;he, bl&uuml;he auch ihre Zeitung; wenn sie herunterkomme, komme auch die Zeitung herunter. Das seien offenbar keine Gesch&auml;ftsm&auml;nner. Die wahre Kunst - worin die 'Times' Meister - sei, eine Bande von Gentlemen von verschiedenen Meinungen zu mieten und sie ans Schreiben zu setzen. Man k&ouml;nne nat&uuml;rlich keinen dieser Herren der Inkonsequenz anklagen; derselbe Mann m&ouml;ge stets derselben Ansicht treu bleiben, und seien diese Schreiber individuell sehr konsequent, w&auml;hrend, kollektiv genommen, nichts in der Welt inkonsequenter sein k&ouml;nne. Die wahre Vollendung des Journalismus scheine ihm darin zu bestehen - individuelle Ehrbarkeit, kollektive Ruchlosigkeit, politisch wie literarisch. Dies sei sehr einbringlich, und die 'Times' erinnere ihn stets an einen seiner P&auml;chter, dem er vorschlug, ein morastiges St&uuml;ck Land trockenzulegen. Beileibe nicht sagte der P&auml;chter. Legt es nur nicht trocken! Im nassen Wetter findet sich darauf etwas f&uuml;r die Kuh, und wenn f&uuml;r die Kuh nichts da ist, erneuert sich etwas f&uuml;r das Schwein, und wenn nichts f&uuml;r das Schwein, ist immer noch etwas f&uuml;r die Gans da. - Was die Bestechlichkeit der Zeitungen angehe, so seien positive Proben vorhanden in bezug auf die 'Times', von der Napoleon sagte: 'Sie haben mir die "Times" gesandt, die infame "Times", das Journal der Bourbons.' Es sei konstatiert in einem Werke O'Mearas, da&szlig; sie von letzteren monatlich 6.000 Frs. erhielt. O'Meara habe sich im Besitz der Quittung f&uuml;r das erhaltene Geld befunden, unterzeichnet vom Herausgeber des Blattes. O'Meara habe auch konstatiert, da&szlig; Napoleon vor seinem <A NAME="S160"><B>&lt;160&gt;</A></B> Exil in Elba Antr&auml;ge von verschiedenen Zeitungen erhielt, namentlich von der 'Times', f&uuml;r sie &lt;In der "Neuen Oder-Zeitung": ihn&gt; zu schreiben. Er habe das abgelehnt, aber sp&auml;ter Ursache gehabt, seinen Entschlu&szlig; zu bereuen."</P>
</FONT><P>Wir bemerken hierzu nur, da&szlig; die "Times" im Jahre 1815 darauf drang, Napoleon, den sie als Zentrum der europ&auml;ischen Demagogie darstellt, kriegsgerichtlich erschie&szlig;en zu lassen. Dasselbe Blatt - im Jahre 1816 - wollte die Vereinigten Staaten von Nordamerika, "dies unheilvolle Beispiel erfolgreicher Insurrektion", unter englische Zwangsherrschaft zur&uuml;ckbringen.</P>
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