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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>August Bebel - Die Frau und der Sozialismus - Vorrede zur f&uuml;nfzigsten Auflage</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="beaa_019.htm"><FONT SIZE=2>Vorrede zur vierunddrei&szlig;igsten Auflage</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_000.htm"><FONT SIZE=2>Inhalt</FONT></A><FONT SIZE=2> | </FONT><A HREF="beaa_025.htm"><FONT SIZE=2>Einleitung</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>August Bebel - "Die Frau und der Sozialismus" - 62. Auflage, Berlin/DDR, 1973, S. 21-24.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am 31.1.1999.</P>
</FONT><FONT SIZE=4><P ALIGN="CENTER">VORREDE ZUR F&Uuml;NFZIGSTEN AUFLAGE</P>
</FONT><B><P><A NAME="S21">|21|</A></B> Im Beginn dieses Jahres waren drei Jahrzehnte verflossen, seitdem die erste Auflage dieses Buches erschien. Wie ich schon in der Vorrede zur neunten Auflage ausf&uuml;hrte, erschien es unter exzeptionellen Verh&auml;ltnissen. Wenige Monate zuvor war das Sozialistengesetz verk&uuml;ndet worden, auf Grund dessen alle sozialistische Literatur unterdr&uuml;ckt wurde. Wagte alsdann jemand dennoch die Verbreitung einer verbotenen Schrift oder gab er eine solche aufs neue heraus und wurde dabei ertappt, so war Gef&auml;ngnis bis zu sechs Monaten sein Lohn. Dennoch wurde beides gewagt. </P>
<P>Die erste Auflage wurde in Leipzig hergestellt, aber sie erschien unter falscher Flagge. Als Verlag war Z&uuml;rich-Hottingen, Verlag der Volksbuchhandlung, angegeben, woselbst auch der in Deutschland verbotene "Sozialdemokrat" herausgegeben wurde. Mit der zweiten Auflage haperte es; ich konnte sie erst 1883 erscheinen lassen, weil pers&ouml;nliche Hindernisse mir dieses fr&uuml;her nicht erm&ouml;glichten. Die zweite Auflage erschien im Verlagsmagazin (J. Schabelitz) Z&uuml;rich. Von jetzt ab bis zum Jahre 1890 folgten weitere sechs Auflagen, jede 2.500 Exemplare stark. Die Hindernisse, die der Verbreitung des Buches entgegenstanden, wurden &uuml;berwunden. Ab und zu fiel allerdings eine Sendung der Polizei in die H&auml;nde und wurden Exemplare bei Haussuchungen konfisziert. Aber diese B&uuml;cher gingen nicht verloren, sie kamen nur, allerdings unentgeltlich, in andere H&auml;nde und wurden von den Polizeibeamten, ihren Angeh&ouml;rigen und Freunden vielleicht mit noch gr&ouml;&szlig;erem Eifer gelesen als von meinen Parteigenossen. Als endlich 1890 das Sozialistengesetz fiel, nahm ich eine g&auml;nzliche Umarbeitung und bedeutende Erweiterung des Buches vor, das als neunte Auflage im Jahre 1891 in dem jetzigen Verlag erschienen ist. Die f&uuml;nfzigste Auflage, die nunmehr vorliegt, enth&auml;lt eine erhebliche Erneuerung des Inhalts. Auch ist der Inhalt &uuml;bersichtlicher geworden <A NAME="S22"><B>|22|</A></B> durch eine Vermehrung der Kapitel und die Einteilung derselben in Unterabteilungen. </P>
<P>Das Buch ist bisher in vierzehn verschiedenen Sprachen erschienen, in mehreren L&auml;ndern in erneuten Auflagen, zum Beispiel in Italien und den Vereinigten Staaten. Durch die &Uuml;bersetzung ins Serbische erscheint es nunmehr in f&uuml;nfzehn verschiedenen Sprachen. </P>
<P>Das Buch hat also seinen Weg gemacht, und ich darf ohne &Uuml;berhebung sagen, es hat <I>bahnbrechend</I> gewirkt. Nicht zuletzt haben seine Gegner wider Willen f&uuml;r seine Verbreitung gesorgt. </P>
<P>Aber es hat auch verschiedentlich Anerkennung gefunden! In seinem Werke "Die sexuelle Frage" <A NAME="ZF1"><A HREF="beaa_021.htm#F1">(1)</A></A> nennt es Professor August Forel "ein wichtiges und merkw&uuml;rdiges Buch", das man mit den Vorbehalten die er machte, "als eine bedeutende und vortreffliche Leistung bezeichnen, der man in der Hauptsache unbedingt zustimmen m&uuml;sse". Und an einer anderen Stelle sagt er, da&szlig;, obgleich er sich gegen eine Reihe Punkte wende, in denen ich nach seiner Ansicht unrecht h&auml;tte, "er meinem Buche als einer bedeutenden Leistung hohe Anerkennung zolle". </P>
<P>Dieses Urteil bezieht sich auf die zweite Auflage aus dem Jahre 1883. Professor Forel scheint die sp&auml;teren, wesentlich ver&auml;nderten und erweiterten Auflagen nicht zu kennen. Aus diesem Grunde mu&szlig; ich es auch unterlassen, auf die Kritik einzugehen, die er an der Auflage von 1883 &uuml;bte. </P>
<P>Und ein englischer Autor, G. S. Heward, urteilt in seinem Werke "A History of matrimonial institution", Seite 234 und 235, London 1904: "In seinem vorz&uuml;glichen Buche &uuml;ber 'Die Frau und der Sozialismus' richtet August Bebel eine wuchtige Anklage gegen die heutigen Eheverh&auml;ltnisse." Er gibt dann eine kurze &Uuml;bersicht des Inhalts und schlie&szlig;t: "Wie man auch von dem Heilmittel denken mag, das die sozialistischen Schriftsteller vorschlagen, wie fraglich es uns auch scheinen mag, da&szlig; unsere einzige Hoffnung auf der Begr&uuml;ndung einer kooperativen Republik beruhen soll, das eine ist sicher: Die Sozialisten haben der Gesellschaft einen wertvollen Dienst geleistet, indem sie die Tatsachen ehrlich studiert und furchtlos dargelegt haben. Schonungslos haben sie die Gebrechen blo&szlig;gelegt, an denen unsere Familie im heutigen Staate krankt. Sie haben klar bewiesen, da&szlig; das Problem der Ehe und der Familie nur im Zusammenhang mit dem heutigen &ouml;kono- <A NAME="S23"><B>|23|</A></B> mischen System gel&ouml;st werden kann. Sie haben dargetan, da&szlig; nur durch die vollkommene Befreiung der Frau und die absolute Gleichstellung der Geschlechter in der Ehe ein Fortschritt m&ouml;glich sei.<I> Durch alles dieses haben sie es erreicht, da&szlig; heute schon die Allgemeinheit ein weit h&ouml;heres Ideal vom ehelichen Leben sich gebildet hat.</I>" </P>
<P>Die Frauenbewegung - und zwar die b&uuml;rgerliche wie die proletarische - hat in den drei&szlig;ig Jahren, seitdem mein Buch erschien, viel erreicht, und zwar in allen Kulturl&auml;ndern der Erde. Es d&uuml;rfte kaum eine zweite Bewegung geben, die in so kurzer Zeit so g&uuml;nstige Resultate erzielte. Die Anerkennung der politischen und b&uuml;rgerlichen Gleichberechtigung der Frau und die Zulassung der Frau zum Studium auf den Hochschulen und der Zutritt zu ihr fr&uuml;her verschlossenen Berufen hat gro&szlig;e Fortschritte gemacht. Selbst Parteien, die fr&uuml;her von ihrem prinzipiellen Standpunkt aus sich der modernen Frauenbewegung entgegenstellten, wie das katholische Zentrum und die evangelischen Christlichsozialen, haben es f&uuml;r n&ouml;tig erachtet, aus ihrer hemmenden Stellung eine f&ouml;rdernde zu machen. Aus dem einfachen Grunde, um nicht ihren Einflu&szlig; auf die ihnen zug&auml;ngigen Frauenkreise g&auml;nzlich zu verlieren. </P>
<P>Fragt man aber: "Wie erkl&auml;rt sich dieses Ph&auml;nomen?", so lautet die Antwort: "Die gro&szlig;e soziale und &ouml;konomische Umw&auml;lzung in allen unseren Verh&auml;ltnissen hat dieses herbeigef&uuml;hrt." Hat man, wie zum Beispiel ein ehemaliger verm&ouml;gensloser preu&szlig;ischer Kultusminister, sieben T&ouml;chter in annehmbare Lebensstellungen zu bringen, so wird einem durch die harten Tatsachen Logik und Einsicht eingepaukt. Und wie jenem ergeht es Unz&auml;hligen in unseren sogenannten h&ouml;heren Gesellschaftskreisen, auch wenn es nicht gerade<I> sieben</I> T&ouml;chter sind, die eine entsprechende Lebensstellung gewinnen m&uuml;ssen. </P>
<P>Da&szlig; die Agitation der f&uuml;hrenden Frauen ihr gutes Teil zu dieser Entwicklung beigetragen hat, versteht sich von selbst. Ihre Erfolge waren aber nur m&ouml;glich, weil unsere gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung<I> ihnen in die H&auml;nde arbeitete</I>, genau wie der Sozialdemokratie. Selbst Engelszungen haben nur Erfolg, wenn der Resonanzboden f&uuml;r das, was sie predigen, vorhanden ist. Und kein Zweifel, dieser Resonanzboden wird immer g&uuml;nstiger, und das sichert weitere Erfolge. Wir leben bereits mitten in der sozialen Revolution, aber die meisten merken es nicht. Die t&ouml;richten Jungfrauen sind noch nicht ausgestorben. </P>
<B><P><A NAME="S24">|24|</A></B> Schlie&szlig;lich mu&szlig; ich an dieser Stelle meinem Parteigenossen N. Rjasanoff meinen w&auml;rmsten Dank aussprechen f&uuml;r die umfassende Hilfe, die er mir bei Bearbeitung der f&uuml;nfzigsten Auflage gew&auml;hrte. Er hat den Hauptanteil der Arbeit geleistet. Ohne seine Hilfe w&auml;re es mir unm&ouml;glich gewesen, schon jetzt das Buch in wesentlich verbesserter Form erscheinen zu lassen, denn Krankheit verminderte in den letzten zwei Jahren meine Leistungsf&auml;higkeit sehr bedeutend, au&szlig;erdem nahm noch eine andere gr&ouml;&szlig;ere Arbeit meine Zeit und Kraft in Anspruch.<I> </P>
<P>Sch&ouml;neberg-Berlin, den 31. Oktober 1909</I> </P>
<P ALIGN="RIGHT">A. BEBEL</P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von August Bebel</P>
<P><A NAME="F1">[1]</A> Buchdruckerei M. M&uuml;ller &amp; Sohn, M&uuml;nchen. 4. und 5. Auflage. S. 578 und 589. <A HREF="beaa_021.htm#ZF1">&lt;=</A> </P></BODY>
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