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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<TITLE>Friedrich Engels - Rezension des Ersten Bandes "Das Kapital" f&uuml;r das "Demokratische Wochenblatt"</TITLE>
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<P ALIGN="CENTER"><A HREF="../me_rk68.htm"><FONT SIZE=2>Inhaltsverzeichnis Rezensionen des Ersten Bandes "Das Kapital" 1868</FONT></A></P>
<FONT SIZE=2><P>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx/Friedrich Engels - Werke, (Karl) Dietz Verlag, Berlin. Band 16, 6. Auflage 1975, unver&auml;nderter Nachdruck der 1. Auflage 1962, Berlin/DDR. S. 235-242.</P>
<P>1. Korrektur.<BR>
Erstellt am .</P>
</FONT><H2>Friedrich Engels </H2>
<H1>[Rezension <BR>
des Ersten Bandes "Das Kapital" <BR>
f&uuml;r das "Demokratische Wochenblatt"] </H1>
<FONT SIZE=2><P>Geschrieben zwischen dem 2. und 13. M&auml;rz 1868.</P>
</FONT><P><HR></P>
<I><P ALIGN="CENTER">"Das Kapital" von Marx"</I> <A HREF="me16_235.htm#F1"><A name="ZF1">(1)</A></A></P>
<B><P ALIGN="CENTER">I</P>
</B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S235">["Demokratisches Wochenblatt" Nr. 12 vom 21. M&auml;rz 1868]</P>
</FONT><B><P>|235|</A></B> Solange es Kapitalisten und Arbeiter in der Welt gibt, ist kein Buch erschienen, welches f&uuml;r die Arbeiter von solcher Wichtigkeit w&auml;re, wie das vorliegende. Das Verh&auml;ltnis von Kapital und Arbeit, die Angel, um die sich unser ganzes heutiges Gesellschaftssystem dreht, ist hier zum ersten Mal wissenschaftlich entwickelt, und das mit einer Gr&uuml;ndlichkeit und Sch&auml;rfe, wie sie nur einem Deutschen m&ouml;glich war. Wertvoll wie die Schriften eines Owen, Saint-Simon, Fourier sind und bleiben werden - erst einem Deutschen war es vorbehalten, die H&ouml;he zu erklimmen, von der aus das ganze Gebiet der modernen sozialen Verh&auml;ltnisse klar und &uuml;bersichtlich daliegt, wie die niederen Berglandschaften vor dem Zuschauer, der auf der h&ouml;chsten Kuppe steht. </P>
<P>Die bisherige politische &Ouml;konomie lehrt uns, da&szlig; die Arbeit die Quelle alles Reichtums und das Ma&szlig; aller Werte ist, so da&szlig; zwei Gegenst&auml;nde, deren Erzeugung dieselbe Arbeitszeit gekostet hat, auch denselben Wert besitzen und, da durchschnittlich nur gleiche Werte unter sich austauschbar sind, auch gegeneinander ausgetauscht werden m&uuml;ssen. Gleichzeitig lehrt sie aber, da&szlig; eine Art aufgespeicherter Arbeit existiert, welche sie Kapital nennt; da&szlig; dies Kapital durch die in ihm enthaltenen H&uuml;lfsquellen <A NAME="S236"><B>|236|</A></B> die Produktivit&auml;t der lebendigen Arbeit ins Hundert- und Tausendfache steigert und daf&uuml;r eine gewisse Verg&uuml;tung in Anspruch nimmt, welche man Profit oder Gewinn nennt. Wie wir alle wissen, stellt sich dies in der Wirklichkeit so, da&szlig; die Profite der aufgespeicherten, toten Arbeit immer massenhafter, die Kapitalien der Kapitalisten immer kolossaler werden, w&auml;hrend der Lohn der lebendigen Arbeit immer geringer, die Masse der blo&szlig; von Arbeitslohn lebenden Arbeiter immer zahlreicher und &auml;rmer wird. Wie ist dieser Widerspruch zu l&ouml;sen? Wie kann ein Profit f&uuml;r den Kapitalisten &uuml;brigbleiben, wenn der Arbeiter den vollen Wert der Arbeit ersetzt erh&auml;lt, den er seinem Produkt zusetzt? Und da nur gleiche Werte ausgetauscht werden, so sollte dies doch der Fall sein. Andererseits, wie k&ouml;nnen gleiche Werte ausgetauscht werden, wie kann der Arbeiter den vollen Wert seines Produkts erhalten, wenn, wie von vielen &Ouml;konomen zugegeben wird, dieses Produkt zwischen ihm und dem Kapitalisten geteilt wird? Die bisherige &Ouml;konomie steht vor diesem Widerspruch ratlos da, schreibt oder stottert verlegene, nichtssagende Redensarten. Selbst die bisherigen sozialistischen Kritiker der &Ouml;konomie sind nicht imstande gewesen, mehr zu tun, als den Widerspruch hervorzuheben; gel&ouml;st hat ihn keiner, bis Marx jetzt endlich den Entstehungsproze&szlig; dieses Profits bis auf seine Geburtsst&auml;tte verfolgt und damit alles klargemacht hat. </P>
<P>Bei der Entwickelung des Kapitals geht Marx von der einfachen, notorisch vorliegenden Tatsache aus, da&szlig; die Kapitalisten ihr Kapital durch Austausch verwerten: Sie kaufen Ware f&uuml;r ihr Geld und verkaufen sie nachher f&uuml;r mehr Geld, als sie ihnen gekostet hat. Zum Beispiel ein Kapitalist kauft Baumwolle f&uuml;r 1.000 Taler und verkauft sie wieder zu 1.100 Taler, "verdient" also 100 Taler. Diesen &Uuml;berschu&szlig; von 100 Talern &uuml;ber das urspr&uuml;ngliche Kapital nennt Marx <I>Mehrwert</I>. Woraus entsteht dieser Mehrwert? Nach der Annahme der &Ouml;konomen werden nur gleiche Werte ausgetauscht, und dies ist auf dem Gebiet der abstrakten Theorie auch richtig. Der Einkauf von Baumwolle und ihr Wiederverkauf kann also ebensowenig einen Mehrwert liefern wie der Austausch von einem Silbertaler gegen drei&szlig;ig Silbergroschen und der Wiedereintausch der Scheidem&uuml;nze gegen den Silbertaler, wobei man nicht reicher und nicht &auml;rmer wird. Der Mehrwert kann aber ebensowenig daraus entstehen, da&szlig; die Verk&auml;ufer die Waren &uuml;ber ihren Wert verkaufen oder die K&auml;ufer sie unter ihrem Wert kaufen, weil jeder der Reihe nach bald K&auml;ufer, bald Verk&auml;ufer ist und sich dies also wieder ausgliche. Ebensowenig kann es daher kommen, da&szlig; die K&auml;ufer und Verk&auml;ufer sich gegenseitig &uuml;bervorteilen, denn dies w&uuml;rde keinen <A NAME="S237"><B>|237|</A></B> neuen oder Mehrwert schaffen, sondern nur das vorhandene Kapital anders zwischen den Kapitalisten verteilen. Trotzdem da&szlig; der Kapitalist die Waren zu ihrem Wert kauft und zu ihrem Wert verkauft, zieht er mehr Wert heraus, als er hineinwarf. Wie geht dies zu? </P>
<P>Der Kapitalist findet unter den gegenw&auml;rtigen gesellschaftlichen Verh&auml;ltnissen auf dem Warenmarkt eine Ware, welche die eigent&uuml;mliche Beschaffenheit hat, da&szlig; <I>ihr Verbrauch eine Quelle von neuem Wert</I>, <I>Sch&ouml;pfung neuen Wertes ist</I>, und diese Ware ist - die <I>Arbeitskraft</I>. </P>
<P>Was ist der Wert der Arbeitskraft? Der Wert jeder Ware wird gemessen durch die zu ihrer Herstellung erforderliche Arbeit. Die Arbeitskraft existiert in der Gestalt des lebendigen Arbeiters, der zu seiner Existenz sowie zur Erhaltung seiner Familie, welche die Fortdauer der Arbeitskraft auch nach seinem Tode sichert, einer bestimmten Summe von Lebensmitteln bedarf. Die zur Hervorbringung dieser Lebensmittel n&ouml;tige Arbeitszeit stellt also den Wert der Arbeitskraft dar. Der Kapitalist zahlt ihn w&ouml;chentlich und kauft daf&uuml;r den Gebrauch der Wochenarbeit des Arbeiters. Soweit werden die Herren &Ouml;konomen so ziemlich mit uns &uuml;ber den Wert der Arbeitskraft einverstanden sein. </P>
<P>Der Kapitalist stellt seinen Arbeiter nun an die Arbeit. In einer bestimmten Zeit wird der Arbeiter soviel Arbeit geliefert haben, als in seinem Wochenlohn repr&auml;sentiert war. Gesetzt, der Wochenlohn eines Arbeiters repr&auml;sentiere drei Arbeitstage, so hat der Arbeiter, der montags anf&auml;ngt, am Mittwochabend dem Kapitalisten den vollen Wert des gezahlten Lohnes ersetzt. H&ouml;rt er dann aber auf zu arbeiten? Keineswegs. Der Kapitalist hat seine Wochenarbeit gekauft, und der Arbeiter mu&szlig; die drei letzten Wochentage auch noch arbeiten. Diese Mehrarbeit des Arbeiters, &uuml;ber die zur Ersetzung seines Lohnes n&ouml;tige Zeit hinaus, ist die <I>Quelle des Mehrwerts</I>, des Profits, der stets wachsenden Anschwellung des Kapitals. </P>
<P>Man sage nicht, es sei eine willk&uuml;rliche Annahme, da&szlig; der Arbeiter in drei Tagen den Lohn wieder herausarbeite, den er erhalten hat, und die &uuml;brigen drei Tage f&uuml;r den Kapitalisten arbeite. Ob er gerade drei Tage braucht, um den Lohn zu ersetzen, oder zwei oder vier, ist allerdings hier ganz gleichg&uuml;ltig und wechselt auch nach den Umst&auml;nden; aber die Hauptsache ist die, da&szlig; der Kapitalist neben der Arbeit, die er bezahlt, auch noch Arbeit herausschl&auml;gt, die er nicht bezahlt, und das ist keine willk&uuml;rliche Annahme, denn an dem Tage, wo der Kapitalist auf die Dauer nur noch soviel Arbeit aus dem Arbeiter herausbek&auml;me, wie er ihm im Lohn bezahlt, an dem Tage w&uuml;rde er seine Werkstatt zuschlie&szlig;en, da ihm eben sein ganzer Profit in die Br&uuml;che ginge.</P>
<B><P><A NAME="S238">|238|</A></B> Hier haben wir die L&ouml;sung aller jener Widerspr&uuml;che. Die Entstehung des Mehrwerts (wovon der Profit des Kapitalisten einen bedeutenden Teil bildet) ist nun ganz klar und nat&uuml;rlich. Der Wert der Arbeitskraft wird gezahlt, aber dieser Wert ist weit geringer als derjenige, welchen der Kapitalist aus der Arbeitskraft herauszuschlagen versteht, und die Differenz, die <I>unbezahlte Arbeit</I>, macht gerade den Anteil des Kapitalisten, oder, genauer gesprochen, der Kapitalistenklasse aus. Denn selbst der Profit, den im obigen Beispiel der Baumwollh&auml;ndler aus seiner Baumwolle herausschlug, mu&szlig;, wenn die Baumwollpreise nicht gestiegen waren, aus unbezahlter Arbeit bestehen. Der H&auml;ndler mu&szlig; an einen Baumwollfabrikanten verkauft haben, der au&szlig;er jenen 100 Talern noch einen Gewinn f&uuml;r sich aus seinem Fabrikat herausschlagen kann, der also die eingesteckte unbezahlte Arbeit mit ihm teilt. Diese unbezahlte Arbeit ist es &uuml;berhaupt, welche alle nichtarbeitenden Mitglieder der Gesellschaft erh&auml;lt. Aus ihr werden die Staats- und Gemeindesteuern, soweit sie die Kapitalistenklasse treffen, die Grundrenten der Grundbesitzer usw. gezahlt. Auf ihr beruht der ganze bestehende gesellschaftliche Zustand. </P>
<P>Andererseits w&auml;re es abgeschmackt, anzunehmen, da&szlig; die unbezahlte Arbeit erst entstanden sei unter gegenw&auml;rtigen Verh&auml;ltnissen, wo die Produktion von Kapitalisten einerseits und von Lohnarbeitern andererseits betrieben wird. Im Gegenteil. Die unterdr&uuml;ckte Klasse hat zu allen Zeiten unbezahlte Arbeit leisten m&uuml;ssen. W&auml;hrend der ganzen langen Zeit, wo die Sklaverei die herrschende Form der Arbeitsorganisation war, haben die Sklaven weit mehr arbeiten m&uuml;ssen, als ihnen in der Form von Lebensmitteln ersetzt wurde. Unter der Herrschaft der Leibeigenschaft und bis zur Abschaffung der b&auml;uerlichen Fronarbeiter war dasselbe der Fall; hier tritt sogar der Unterschied handgreiflich zutage zwischen der Zeit, die der Bauer arbeitet f&uuml;r seinen eignen Lebensunterhalt und der Mehrarbeit f&uuml;r den Gutsherrn, weil eben die letztere von der ersteren getrennt vollzogen wird. Die Form ist jetzt ver&auml;ndert, aber die Sache ist geblieben, und solange "ein Teil der Gesellschaft das Monopol der Produktionsmittel besitzt, mu&szlig; der Arbeiter, frei oder unfrei, der zu seiner Selbsterhaltung n&ouml;tigen Arbeitszeit &uuml;bersch&uuml;ssige Arbeitszeit zusetzen, um die Lebensmittel f&uuml;r die Eigner der Produktionsmittel zu produzieren" (Marx, <A HREF="../me23/me23_245.htm#S249">S. 202</A>)</P>
<B><P ALIGN="CENTER">II</P>
</B><FONT SIZE=2><P><A NAME="S239">["Demokratisches Wochenblatt" Nr. 13 vom 28. M&auml;rz 1868]</P>
</FONT><B><P>|239|</A></B> Im vorigen Artikel sahen wir, da&szlig; jeder Arbeiter, der vom Kapitalisten besch&auml;ftigt wird, zweifache Arbeit verrichtet. W&auml;hrend eines Teils seiner Arbeitszeit ersetzt er den ihm vom Kapitalisten vorgeschossenen Lohn, und diesen Teil der Arbeit nennt Marx die <I>notwendige Arbeit</I>. Nachher aber hat er noch weiter fortzuarbeiten und produziert w&auml;hrend dieser Zeit den <I>Mehrwert</I> f&uuml;r den Kapitalisten, wovon der Profit einen bedeutenden Teil ausmacht. Dieser Teil der Arbeit hei&szlig;t die Mehrarbeit. </P>
<P>Wir nehmen an, der Arbeiter arbeite drei Tage der Woche zur Ersetzung seines Lohns und drei Tage zur Produktion von Mehrwert f&uuml;r den Kapitalisten. Anders ausgedr&uuml;ckt hei&szlig;t dies, er arbeitet, bei t&auml;glich zw&ouml;lfst&uuml;ndiger Arbeit, sechs Stunden t&auml;glich f&uuml;r seinen Lohn und sechs Stunden zur Erzeugung von Mehrwert. Aus der Woche kann man nur sechs, selbst mit Hinzuziehung des Sonntags nur sieben Tage schlagen, aber aus jedem einzelnen Tage kann man sechs, acht, zehn, zw&ouml;lf, f&uuml;nfzehn und selbst mehr Arbeitsstunden schlagen. Der Arbeiter hat dem Kapitalisten f&uuml;r seinen Taglohn einen Arbeitstag verkauft. Aber, <I>was ist ein Arbeitstag</I>? Acht Stunden oder achtzehn? </P>
<P>Der Kapitalist hat ein Interesse daran, da&szlig; der Arbeitstag so lang wie m&ouml;glich gemacht werde. Je l&auml;nger er ist, desto mehr Mehrwert erzeugt er. Der Arbeiter hat das richtige Gef&uuml;hl, da&szlig; jede Stunde Arbeit, die er &uuml;ber die Ersetzung des Arbeitslohns hinaus arbeitet, ihm unrechtm&auml;&szlig;ig entzogen wird; er hat an seinem eignen K&ouml;rper durchzumachen, was es hei&szlig;t, &uuml;berlange Zeit zu arbeiten. Der Kapitalist k&auml;mpft f&uuml;r seinen Profit, der Arbeiter f&uuml;r seine Gesundheit, f&uuml;r ein paar Stunden t&auml;glicher Ruhe, um au&szlig;er Arbeiten, Schlafen und Essen sich auch noch sonst als Mensch bet&auml;tigen zu k&ouml;nnen. Beil&auml;ufig bemerkt, h&auml;ngt es gar nicht vorn guten Willen der einzelnen Kapitalisten ab, ob sie sich in diesen Kampf einlassen wollen oder nicht, da die Konkurrenz selbst den <I>philanthropischsten</I> unter ihnen zwingt, sich seinen Kollegen anzuschlie&szlig;en und so lange Arbeitszeit zur Regel zu machen wie diese. </P>
<P>Der Kampf um die Feststellung des Arbeitstags dauert vom ersten geschichtlichen Auftreten freier Arbeiter bis auf den heutigen Tag. In verschiedenen Gewerben herrschen verschiedene herk&ouml;mmliche Arbeitstage; aber in der Wirklichkeit. werden sie selten eingehalten. Nur da, wo das Gesetz den Arbeitstag feststellt und seine Einhaltung &uuml;berwacht, nur da kann <A NAME="S240"><B>|240|</A></B> man wirklich sagen, da&szlig; ein Normalarbeitstag besteht. Und dies ist bis jetzt fast nur der Fall in den Fabrikdistrikten Englands. Hier ist der zehnst&uuml;ndige Arbeitstag (10<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> Stunden an f&uuml;nf Tagen, 7<FONT SIZE="-1"><SUP>1</FONT></SUP>/<FONT SIZE="-2">2</FONT> am Samstag) f&uuml;r alle Frauen und f&uuml;r Knaben von 13 bis 18 Jahren festgestellt, und da die M&auml;nner nicht ohne jene arbeiten k&ouml;nnen, so fallen auch sie unter den zehnst&uuml;ndigen Arbeitstag. Dies Gesetz haben die englischen Fabrikarbeiter durch jahrelange Ausdauer, durch den z&auml;hesten, hartn&auml;ckigsten Kampf mit den Fabrikanten, durch die Pre&szlig;freiheit, das Koalitions- und Versammlungsrecht sowie durch geschickte Benutzung der Spaltungen in der herrschenden Klasse selbst erobert. Es ist das Palladium der Arbeiter Englands geworden, es ist nach und nach auf alle gro&szlig;en Industriezweige und im vorigen Jahre fast <I>auf alle Gewerbe</I> ausgedehnt worden, wenigstens auf alle, in denen Frauen und Kinder besch&auml;ftigt werden. &Uuml;ber die Geschichte dieser gesetzlichen Regelung des Arbeitstags in England enth&auml;lt das vorliegende Werk ein h&ouml;chst ausf&uuml;hrliches Material. Der n&auml;chste "Norddeutsche Reichstag" wird auch eine Gewerbeordnung zu beraten haben und damit die Regelung der Fabrikarbeit. Wir erwarten, da&szlig; keiner der Abgeordneten, die von deutschen Arbeitern durchgesetzt worden sind, an die Beratung dieses Gesetzes geht, ohne sich vorher mit dem <I>Marxschen</I> Buch vollkommen vertraut gemacht zu haben. <I>Es ist da vieles durchzusetzen.</I> Die Spaltungen in den herrschenden Klassen sind den Arbeitern g&uuml;nstiger, als sie je in England waren, weil <I>das allgemeine Stimmrecht die herrschenden Klassen zwingt</I>, <I>um die Gunst der Arbeiter zu buhlen</I>. Vier oder f&uuml;nf Vertreter des Proletariats sind unter diesen Umst&auml;nden <I>eine Macht</I>, wenn sie ihre Stellung zu benutzen wissen, wenn sie vor allen Dingen wissen, um was es sich handelt, was die B&uuml;rger nicht wissen. Und dazu gibt ihnen Marx' Buch alles Material fertig an die Hand. </P>
<P>Wir &uuml;bergehen eine Reihe weiterer sehr sch&ouml;ner Untersuchungen von mehr theoretischem Interesse und kommen nur noch auf das Schlu&szlig;kapitel, das von der Akkumulation oder Anh&auml;ufung des Kapitals handelt. Hier wird zuerst nachgewiesen, da&szlig; die kapitalistische, d.h. durch Kapitalisten einerseits und Lohnarbeiter andererseits bewirkte Produktionsmethode nicht nur dem Kapitalisten sein Kapital stets neu produziert, sondern da&szlig; sie auch gleichzeitig die Armut der Arbeiter immer wieder produziert; so da&szlig; daf&uuml;r gesorgt ist, da&szlig; stets aufs neue auf der einen Seite Kapitalisten bestehen, welche die Eigent&uuml;mer aller Lebensmittel, aller Rohprodukte und aller Arbeitsinstrumente sind, und auf der andern Seite die gro&szlig;e Masse der Arbeiter, welche gezwungen ist, ihre Arbeitskraft diesen Kapitalisten f&uuml;r ein Quantum Lebensmittel zu verkaufen, das im besten Falle eben hin- <A NAME="S241"><B>|241|</A></B> reicht, sie in arbeitsf&auml;higem Zustande zu erhalten und ein neues Geschlecht arbeitsf&auml;higer Proletarier heranzuziehen. Das Kapital aber reproduziert sich nicht blo&szlig;: es wird fortw&auml;hrend vermehrt und vergr&ouml;&szlig;ert - damit seine Macht &uuml;ber die eigentumslose Klasse von Arbeitern. Und wie es selbst in stets gr&ouml;&szlig;erem Ma&szlig;stabe reproduziert wird, so reproduziert die moderne kapitalistische Produktionsweise ebenfalls in stets gr&ouml;&szlig;erem Ma&szlig;stabe, in stets wachsender Zahl die Klasse besitzloser Arbeiter, "Die Akkumulation des Kapitals reproduziert das Kapitalverh&auml;ltnis auf erweiterter Stufenleiter, mehr Kapitalisten oder gr&ouml;&szlig;ere Kapitalisten auf diesem Pol, mehr Lohnarbeiter auf jenem ... <I>Akkumulation des Kapitals ist also Vermehrung des Proletariats</I>." (<A HREF="../me23/me23_640.htm#S642">p. 600.</A>) Da aber durch den Fortschritt der Maschinerie, durch verbesserten Ackerbau etc. stets weniger Arbeiter ben&ouml;tigt werden, um ein gleiches Quantum Produkte hervorzubringen, da diese Vervollkommnung, d.h. diese &Uuml;berz&auml;hligmachung von Arbeitern rascher w&auml;chst als selbst das wachsende Kapital, was wird aus dieser stets zunehmenden Zahl von Arbeitern? Sie bilden eine industrielle Reservearmee, welche w&auml;hrend schlechter oder mittelm&auml;&szlig;iger Gesch&auml;ftszeiten <I>unter</I> dem Wert ihrer Arbeit bezahlt und unregelm&auml;&szlig;ig besch&auml;ftigt wird oder der &ouml;ffentlichen Armenpflege anheimf&auml;llt, die aber der Kapitalistenklasse zu Zeiten besonders lebhaften Gesch&auml;fts unentbehrlich ist, wie dies in England handgreiflich vorliegt, - die aber <I>unter allen Umst&auml;nden </I>dazu dient, die Widerstandskraft der regelm&auml;&szlig;ig besch&auml;ftigten Arbeiter zu brechen und ihre L&ouml;hne niedrig zu halten. "Je gr&ouml;&szlig;er der gesellschaftliche Reichtum ..., desto gr&ouml;&szlig;er die relative Surpluspopulation" (&uuml;berz&auml;hlige Bev&ouml;lkerung) "oder industrielle Reservearmee. Je gr&ouml;&szlig;er aber diese Reservearmee im Verh&auml;ltnis zur aktiven" (regelm&auml;&szlig;ig besch&auml;ftigten) "Arbeiterarmee, desto massenhafter die konsolidierte" (st&auml;ndige) "Surpluspopulation oder die Arbeiterschichten, deren Elend im umgekehrten Verh&auml;ltnis steht zu ihrer Arbeitsqual. Je gr&ouml;&szlig;er endlich die Lazarusschichte der Arbeiterklasse und die industrielle Reservearmee, desto gr&ouml;&szlig;er der offizielle Pauperismus. <I>Dies ist das absolute, allgemeine Gesetz der kapitalistischen Akkumulation.</I>" (<A HREF="../me23/me23_640.htm#S674">p. 631.</A>) </P>
<P>Dies sind, streng wissenschaftlich nachgewiesen - und die offiziellen &Ouml;konomen h&uuml;ten sich wohl, auch nur den Versuch einer Widerlegung zu machen -, einige der Hauptgesetze des modernen, kapitalistischen gesellschaftlichen Systems. Aber ist damit alles gesagt? Keineswegs. Ebenso scharf wie Marx die schlimmen Seiten der kapitalistischen Produktion hervorhebt, ebenso klar weist er nach, da&szlig; diese gesellschaftliche Form not- <A NAME="S242"><B>|242|</A></B> wendig war, um die Produktivkr&auml;fte der Gesellschaft auf einen H&ouml;hegrad zu entwickeln, der eine gleiche menschenw&uuml;rdige Entwicklung f&uuml;r alle Glieder der Gesellschaft m&ouml;glich machen wird. Dazu waren alle fr&uuml;heren Gesellschaftsformen zu arm. Erst die kapitalistische Produktion schafft die Reicht&uuml;mer und die Produktionskr&auml;fte, welche dazu n&ouml;tig sind, aber sie schafft auch gleichzeitig in den massenhaften und unterdr&uuml;ckten Arbeitern die Gesellschaftsklasse, die mehr und mehr gezwungen wird, die Benutzung dieser Reicht&uuml;mer und Produktivkr&auml;fte f&uuml;r die ganze Gesellschaft - statt wie heute f&uuml;r eine monopolistische Klasse - in Anspruch zu nehmen. </P>
<P><HR></P>
<P>Fu&szlig;noten von Friedrich Engels</P>
<P><A name="F1">(1)</A> Das Kapital. Kritik der politischen Oekonomie. Von Karl Marx. Erster Band: Der Produktionsproze&szlig; des Kapitals. Hamburg, O. Mei&szlig;ner, 1867. <A HREF="me16_235.htm#ZF1">&lt;=</A></P>
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