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2022-08-25 20:29:11 +02:00

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<title>Friedrich Engels - Der deutsche Bauernkrieg - V</title>
</head>
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<p><small>Seitenzahlen verweisen auf: Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Band 7,S. 377-399<br>
Dietz Verlag, Berlin/DDR 1960</small></p>
<p align="center"><a href="me07_372.htm"><font size="2">IV - [Der Adelsaufstand]</font></a>
<font size="2">|</font> <a href="me07_327.htm"><font size="2">Inhalt</font></a> <font size=
"2">|</font> <a href="me07_400.htm"><font size="2">VI - [Der th&uuml;ringische, els&auml;ssische
und &ouml;streichische Bauernkrieg]</font></a></p>
<p align="center"><font size="5">V</font></p>
<p align="center"><font size="5">[Der schw&auml;bisch-fr&auml;nkische Bauernkrieg]</font></p>
<p><b><a name="S377">&lt;377&gt;</a></b> Von dem Augenblick an, wo Luthers Kriegserkl&auml;rung
gegen die katholische Hierarchie alle Oppositionselemente Deutschlands in Bewegung gesetzt,
verging kein Jahr, in dem nicht die Bauern ebenfalls wieder mit ihren Forderungen hervortraten.
Von 1518 bis 1523 folgte ein lokaler Bauernaufstand im Schwarzwald und in Oberschwaben auf den
andern. Seit Fr&uuml;hjahr 1524 nahmen diese Aufst&auml;nde einen systematischen Charakter an. Im
April dieses Jahres verweigerten die Bauern der Abtei Marchthal die Frondienste und Leistungen;
im Mai verweigerten die Sankt-Blasier Bauern die Leibeigenschaftsgeb&uuml;hren; im Juni
erkl&auml;rten die Bauern von Steinheim bei Memmingen, weder Zehnten noch sonstige Geb&uuml;hren
zahlen zu wollen; im Juli und August standen die Thurgauer Bauern auf und wurden teils durch die
Vermittlung der Z&uuml;rcher, teils durch die Brutalit&auml;t der Eidgenossenschaft, die mehrere
hinrichten lie&szlig;, wieder zur Ruhe gebracht. Endlich erfolgte in der Landgrafschaft
St&uuml;hlingen ein entschiednerer Aufstand, der als der unmittelbare <i>Anfang des
Bauernkriegs</i> gelten kann.</p>
<p>Die St&uuml;hlinger Bauern verweigerten pl&ouml;tzlich die Leistungen an den Landgrafen,
rotteten sich in starken Haufen zusammen und zogen unter <i>Hans M&uuml;ller von Bulgenbach</i>
am 24. August &lt;(<i>1850</i> und <i>1875</i>) irrt&uuml;mlich: Oktober&gt; 1524 nach Waldshut.
Hier stifteten sie in Gemeinschaft mit den B&uuml;rgern eine evangelische Br&uuml;derschaft. Die
B&uuml;rger traten der Verbindung um so eher bei, als sie gleichzeitig wegen religi&ouml;ser
Verfolgungen gegen Balthasar <i>Hubmaier</i>, ihren Prediger, einen Freund und Sch&uuml;ler
Thomas M&uuml;nzers, mit der vorder&ouml;streichischen Regierung im Konflikt waren. Es wurde also
eine Bundessteuer von drei Kreuzern w&ouml;chentlich - ein enormer Betrag f&uuml;r den damaligen
Geldwert - aufgelegt, Emiss&auml;re nach dem Elsa&szlig;, der Mosel, dem ganzen Oberrhein und
Franken geschickt, um die Bauern &uuml;berall in den Bund zu bringen, und als <a name=
"S378"><b>&lt;378&gt;</b></a> Zweck des Bundes die Abschaffung der Feudalherrschaft, die
Zerst&ouml;rung aller Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster und die Beseitigung aller Herren
au&szlig;er dem Kaiser proklamiert. Die Bundesfahne war die <i>deutsche Trikolore</i> &lt;die
schwarzrotgoldene Fahne&gt;.</p>
<p>Der Aufstand gewann rasch Terrain im ganzen jetzigen badischen Oberland. Ein panischer
Schrecken ergriff den oberschw&auml;bischen Adel, dessen Streitkr&auml;fte fast s&auml;mtlich in
Italien, im Kriege gegen Franz I. von Frankreich, besch&auml;ftigt waren. Es blieb ihm nichts
&uuml;brig, als die Sache durch Unterhandlungen in die L&auml;nge zu ziehen und inzwischen Gelder
aufzutreiben und Truppen zu werben, bis er stark genug sei, die Bauern f&uuml;r ihre
Vermessenheit mit "Sengen und Brennen, Pl&uuml;ndern und Morden" zu z&uuml;chtigen. Von jetzt an
begann jener systematische Verrat, jene konsequente Wortbr&uuml;chigkeit und Heimt&uuml;cke,
durch die der Adel und die F&uuml;rsten sich w&auml;hrend des ganzen Bauernkriegs auszeichneten
und die gegen&uuml;ber den dezentralisierten und schwer organisierbaren Bauern ihre st&auml;rkste
Waffe war. Der Schw&auml;bische Bund, der die F&uuml;rsten, den Adel und die Reichsst&auml;dte
S&uuml;dwestdeutschlands umfa&szlig;te, legte sich ins Mittel, aber ohne den Bauern positive
Konzessionen zu garantieren. Diese blieben in Bewegung. Hans M&uuml;ller von Bulgenbach zog vom
30. September bis Mitte Oktober durch den Schwarzwald bis Urach und Furtwangen, brachte seinen
Haufen bis auf 3.500 Mann und nahm mit diesem bei Ewattingen (nicht weit von St&uuml;hlingen)
Position. Der Adel hatte nicht &uuml;ber 1.700 Mann zur Verf&uuml;gung, und auch diese waren
zersplittert. Er war gezwungen, sich auf einen Waffenstillstand einzulassen, der auch wirklich im
Ewattinger Lager zustande kam. G&uuml;tlicher Vertrag, entweder direkt zwischen den Beteiligten
oder durch Schiedsrichter, und Untersuchung der Beschwerden durch das Landgericht zu Stockach
wurden den Bauern zugesagt. Sowohl die Adelstruppen wie die Bauern gingen auseinander.</p>
<p>Die Bauern vereinigten sich auf 16 Artikel, deren Bewilligung vom Stockacher Gericht verlangt
werden sollte. Sie waren sehr gem&auml;&szlig;igt. Abschaffung des Jagdrechts, der Fronden, der
dr&uuml;ckenden Steuern und Herrschaftsprivilegien &uuml;berhaupt, Schutz gegen willk&uuml;rliche
Verhaftung und gegen parteiische, nach Willk&uuml;r urteilende Gerichte - weiter forderten sie
nichts.</p>
<p>Der Adel dagegen forderte, sobald die Bauern heimgegangen waren, sogleich s&auml;mtliche
streitige Leistungen wieder ein, so lange bis das Gericht entschieden habe. Die Bauern weigerten
sich nat&uuml;rlich und verwiesen die Herren an das Gericht. Der Streit brach von neuem aus; die
Bauern zogen sich wieder zusammen, die F&uuml;rsten und Herren konzentrierten ihre Truppen.
Diesmal ging die Bewegung wieder weiter, bis &uuml;ber den Breisgau und tief ins W&uuml;rttem-
<a name="S379"><b>&lt;379&gt;</b></a> bergische hinein. Die Truppen unter <i>Georg Truchse&szlig;
von Waldburg</i>, dem Alba des Bauernkriegs, beobachteten sie, schlugen einzelne Zuz&uuml;ge,
wagten aber nicht, das Gros anzugreifen. Georg Truchse&szlig; unterhandelte mit den Bauernchefs
und brachte hier und da Vertr&auml;ge zustande.</p>
<p>Ende Dezember begannen die Verhandlungen vor dem Landgericht zu Stockach. Die Bauern
protestierten gegen die Zusammensetzung des Gerichts aus lauter Adligen. Ein kaiserlicher
Bestallungsbrief wurde ihnen als Antwort vorgelesen. Die Verhandlungen zogen sich in die
L&auml;nge, inzwischen r&uuml;steten der Adel, die F&uuml;rsten, die schw&auml;bischen
Bundesbeh&ouml;rden. Erzherzog Ferdinand, der au&szlig;er den jetzt noch &ouml;streichischen
Erblanden auch W&uuml;rttemberg, den badischen Schwarzwald und den s&uuml;dlichen Elsa&szlig;
beherrschte, befahl die gr&ouml;&szlig;te Strenge gegen die rebellischen Bauern. Man solle sie
fangen, foltern und ohne Gnade erschlagen, man solle sie, wie es am bequemsten sei, verderben,
ihr Hab und Gut verbrennen und ver&ouml;den und ihre Weiber und Kinder aus dem Lande jagen. Man
sieht, wie die F&uuml;rsten und Herren den Waffenstillstand hielten und was sie unter
g&uuml;tlicher Vermittlung und Untersuchung der Beschwerden verstanden. Erzherzog Ferdinand, dem
das Haus Welser in Augsburg Geld vorgeschossen, r&uuml;stete in aller Eile; der Schw&auml;bische
Bund schrieb ein in drei Terminen zu stellendes Kontingent von Geld und Truppen aus.</p>
<p>Diese bisherigen Aufst&auml;nde fallen zusammen mit der f&uuml;nfmonatlichen Anwesenheit
Thomas M&uuml;nzers im Oberland. Von dem Einflu&szlig;, den er auf den Ausbruch und Gang der
Bewegung gehabt, sind zwar keine direkten Beweise vorhanden, aber dieser Einflu&szlig; ist
indirekt vollst&auml;ndig konstatiert. Die entschiedneren Revolution&auml;re unter den Bauern
sind meist seine Sch&uuml;ler und vertreten seine Ideen. Die zw&ouml;lf Artikel wie der
Artikelbrief der oberl&auml;ndischen Bauern werden ihm von allen Zeitgenossen zugeschrieben,
obwohl er wenigstens erstere gewi&szlig; nicht verfa&szlig;t hat. Noch auf seiner R&uuml;ckreise
nach Th&uuml;ringen erlie&szlig; er eine entschieden revolution&auml;re Schrift an die
insurgierten Bauern.</p>
<p>Gleichzeitig intrigierte der seit 1519 aus W&uuml;rttemberg vertriebene Herzog Ulrich, um mit
H&uuml;lfe der Bauern wieder in den Besitz seines Landes zu kommen. Es ist faktisch, da&szlig; er
seit seiner Vertreibung die revolution&auml;re Partei zu benutzen suchte und sie fortw&auml;hrend
unterst&uuml;tzte. In die meisten von 1520-24 vorgekommenen Lokalunruhen im Schwarzwald und in
W&uuml;rttemberg wird sein Name verwickelt, und jetzt r&uuml;stete er direkt zu einem Einfall von
seinem Schlo&szlig; Hohentwiel aus nach W&uuml;rttemberg. Er wurde indes von den Bauern nur
benutzt, hatte nie Einflu&szlig; auf sie und noch weniger ihr Vertrauen.</p>
<p><b><a name="S380">&lt;380&gt;</a></b> So verging der Winter, ohne da&szlig; es von einer der
beiden Seiten zu etwas Entscheidendem kam. Die f&uuml;rstlichen Herrn versteckten sich, der
Bauernaufstand gewann an Ausdehnung. Im Januar 1525 war das ganze Land zwischen Donau, Rhein und
Lech in voller G&auml;rung, und im Februar brach der Sturm los.</p>
<p>W&auml;hrend der <i>Schwarzwald-Hegauer Haufe</i> unter Hans M&uuml;ller von Bulgenbach mit
Ulrich von W&uuml;rttemberg konspirierte und zum Teil seinen vergeblichen Zug nach Stuttgart
mitmachte (Februar und M&auml;rz 1525), standen die Bauern im Ried, oberhalb Ulm, am 9. Februar
auf, sammelten sich in einem von S&uuml;mpfen gedeckten Lager bei Baltringen, pflanzten die
<i>rote Fahne</i> auf und formierten, unter der F&uuml;hrung von Ulrich Schmid, den <i>Baltringer
Haufen</i>. Sie waren 10.000 bis 12.000 Mann stark.</p>
<p>Am 25. Februar zog sich der <i>Oberallg&auml;uer Haufen</i>, 7.000 Mann stark, am Schussen
zusammen, auf das Ger&uuml;cht hin, da&szlig; die Truppen gegen die auch hier aufgetretenen
Mi&szlig;vergn&uuml;gten heranz&ouml;gen. Die Kemptner, die den ganzen Winter &uuml;ber mit ihrem
Erzbischof im Streit gewesen, traten am 26. zusammen und vereinigten sich mit ihnen. Die
St&auml;dte Memmingen und Kaufbeuren schlossen sich, unter Bedingungen, der Bewegung an; doch
trat schon hier die Zweideutigkeit der Stellung hervor, die die St&auml;dte in diesem Kampf
einnahmen. Am 7. M&auml;rz wurden in Memmingen die zw&ouml;lf Memminger Artikel f&uuml;r alle
Oberallg&auml;uer Bauern angenommen.</p>
<p>Auf Botschaft der Allg&auml;uer bildete sich am Bodensee, unter Eitel Hans, der
<i>Seehaufen</i>. Auch dieser Haufe verst&auml;rkte sich rasch. Das Hauptquartier war in
Bermatingen.</p>
<p>Ebenso standen im unteren Allg&auml;u, in der Gegend von Ochsenhausen und Schellenberg, im
Zeilschen und Waldburgschen, den Herrschaften des Truchse&szlig;, die Bauern auf, und zwar schon
in den ersten Tagen des M&auml;rz. Dieser <i>Unterallg&auml;uer Haufen</i> lagerte, 7.000 &lt;Bei
Zimmermann: 5.000&gt; Mann stark, bei Wurzach.</p>
<p>Diese vier Haufen nahmen alle die Memminger Artikel an, die &uuml;brigens noch viel
gem&auml;&szlig;igter waren als die der Hegauer und auch in den Punkten, die sich auf das
Verhalten der bewaffneten Haufen zum Adel und den Regierungen bezogen, einen merkw&uuml;rdigen
Mangel an Entschiedenheit zur Schau tragen. Die Entschiedenheit, wo sie kam, kam erst im Laufe
des Kriegs, nachdem die Bauern Erfahrungen &uuml;ber die Handlungsweise ihrer Feinde gemacht
hatten.</p>
<p>Gleichzeitig mit diesen Haufen bildete sich ein sechster an der Donau. Aus der ganzen Gegend
von Ulm bis Donauw&ouml;rth, aus den T&auml;lern der Iller, Roth <a name=
"S381"><b>&lt;381&gt;</b></a> und Biber kamen die Bauern nach Leipheim und schlugen dort ein
Lager auf. Von 15 Ortschaften war jeder waffenf&auml;hige Mann, von 117 waren Zuz&uuml;ge da. Der
F&uuml;hrer des <i>Leipheimer Haufens</i> war Ulrich Sch&ouml;n, sein Prediger Jakob Wehe, der
Pfarrer von Leipheim.</p>
<p>So standen anfangs M&auml;rz, in sechs Lagern, an 30.000 bis 40.000 insurgierte
oberschw&auml;bische Bauern unter den Waffen. Der Charakter dieser Bauernhaufen war sehr
gemischt. Die revolution&auml;re - M&uuml;nzersche - Partei war &uuml;berall in der
Minorit&auml;t. Trotzdem bildete sie &uuml;berall den Kern und Halt der Bauernlager. Die Masse
der Bauern war immer bereit, sich auf ein Abkommen mit den Herren einzulassen, wenn ihr nur die
Konzessionen gesichert wurden, die sie durch ihre drohende Haltung zu ertrotzen hoffte. Dazu
wurde sie, als die Sache sich in die Lange zog und die F&uuml;rstenheere heranr&uuml;ckten, des
Kriegf&uuml;hrens &uuml;berdr&uuml;ssig, und diejenigen, die noch etwas zu verlieren hatten,
gingen gr&ouml;&szlig;tenteils nach Hause. Dabei hatte sich den Haufen das vagabundierende
Lumpenproletariat massenweise angeschlossen, das die Disziplin erschwerte, die Bauern
demoralisierte und ebenfalls h&auml;ufig ab- und zulief. Schon hieraus erkl&auml;rt sich,
da&szlig; die Bauernhaufen anfangs &uuml;berall in der Defensive blieben, in den Feldlagern sich
demoralisierten und auch, abgesehen von ihrer taktischen Unzul&auml;nglichkeit und von der
Seltenheit guter F&uuml;hrer, den Armeen der F&uuml;rsten keineswegs gewachsen waren.</p>
<p>Noch w&auml;hrend die Haufen sich zusammenzogen, fiel Herzog Ulrich mit geworbenen Truppen und
einigen Hegauer Bauern von Hohentwiel nach W&uuml;rttemberg ein. Der Schw&auml;bische Bund war
verloren, wenn die Bauern jetzt von der andern Seite her gegen die Truppen des Truchse&szlig; von
Waldburg heranr&uuml;ckten. Aber bei der blo&szlig; defensiven Haltung der Haufen gelang es dem
Truchse&szlig; bald, mit den Baltringer, Allg&auml;uer und Seebauern einen Waffenstillstand
abzuschlie&szlig;en, Verhandlungen einzuleiten und einen Termin zur Abmachung der Sache auf
Sonntag Judika (2. April) anzusetzen. W&auml;hrenddes konnte er gegen Herzog Ulrich ziehn,
Stuttgart besetzen und ihn zwingen, schon am 17. M&auml;rz W&uuml;rttemberg wieder zu verlassen.
Dann wandte er sich gegen die Bauern; aber in seinem eignen Heer revoltierten die Landsknechte
und weigerten sich, gegen diese zu ziehn. Es gelang dem Truchse&szlig;, die Meuterer zu
beschwichtigen, und nun marschierte er nach Ulm, wo sich neue Verst&auml;rkungen sammelten. Bei
Kirchheim unter Teck hatte er ein Beobachtungslager zur&uuml;ckgelassen.</p>
<p>Der Schw&auml;bische Bund, der endlich die H&auml;nde frei und seine ersten Kontingente
beisammen hatte, warf jetzt die Maske ab und erkl&auml;rte, da&szlig; er "das, was die Bauern
eigenen Willens sich unterfangen, mit den Waffen und mit Gottes H&uuml;lfe zu wenden entschlossen
sei".</p>
<p><b><a name="S382">&lt;382&gt;</a></b> Die Bauern hatten sich inzwischen streng an den
Waffenstillstand gehalten. Sie hatten f&uuml;r die Verhandlung am Sonntag Judika ihre Forderungen
aufgesetzt, die ber&uuml;hmten <i>zw&ouml;lf Artikel</i>. Sie verlangten Wahl und Absetzbarkeit
der Geistlichen durch die Gemeinden, Abschaffung des kleinen Zehnten und Verwendung des
gro&szlig;en zu &ouml;ffentlichen Zwecken nach Abzug des Pfaffengehalts, Abschaffung der
Leibeigenschaft, des Fischerei- und Jagdrechts und des Todfalls, Beschr&auml;nkung der
&uuml;berm&auml;&szlig;igen Fronden, Steuern und G&uuml;lten, Restitution der den Gemeinden und
einzelnen gewaltsam entzogenen Waldungen, Weiden und Privilegien und Beseitigung der Willk&uuml;r
in Justiz und Verwaltung. Man sieht, die gem&auml;&szlig;igte, vertr&auml;gliche Partei wog noch
bedeutend vor unter den Bauernhaufen. Die revolution&auml;re Partei hatte schon fr&uuml;her im
<i>"Artikelbrief"</i> ihr Programm aufgestellt. Dieser offne Brief an s&auml;mtliche
Bauernschaften fordert sie auf, einzutreten in die "christliche Vereinigung und
Br&uuml;derschaft" zur Entfernung aller Lasten, sei es durch G&uuml;te, "was nicht wohl sein
mag", sei es durch Gewalt, und bedroht alle Weigernden mit dem "weltlichen Bann", d.h. mit der
Aussto&szlig;ung aus der Gesellschaft und aus allem Verkehr mit den Bundesmitgliedern. Alle
Schl&ouml;sser, Kl&ouml;ster und Pfaffenstifter sollen gleichfalls in den weltlichen Bann getan
werden, es sei denn, da&szlig; Adel, Pfaffen und M&ouml;nche sie freiwillig verlassen, in
gew&ouml;hnliche H&auml;user ziehn wie andre Leute und sich der christlichen Vereinigung
anschlie&szlig;en. - In diesem radikalen Manifest, das offenbar <i>vor</i> dem
Fr&uuml;hjahrsaufstand 1525 abgefa&szlig;t wurde, handelt es sich also vor allem um die
Revolution, die vollst&auml;ndige Besiegung der noch herrschenden Klassen, und der "weltliche
Bann" designiert nur die Unterdr&uuml;cker und Verr&auml;ter, die erschlagen, die Schl&ouml;sser,
die verbrannt, die Kl&ouml;ster und Stifter, die konfisziert und deren Sch&auml;tze in Geld
verwandelt werden sollen.</p>
<p>Ehe jedoch die Bauern dazu kamen, ihre zw&ouml;lf Artikel den berufenen Schiedsrichtern
vorzulegen, kam ihnen die Nachricht von dem Vertragsbruch des Schw&auml;bischen Bundes und dem
Herannahen der Truppen. Sogleich trafen sie ihre Ma&szlig;regeln. Eine Generalversammlung der
Allg&auml;uer, Baltringer und Seebauern wurde zu Gaisbeuren abgehalten. Die vier Haufen wurden
vermischt und vier neue Kolonnen aus ihnen organisiert, die Konfiskation der geistlichen
G&uuml;ter, der Verkauf ihrer Kleinodien zum Besten der Kriegskasse und die Verbrennung der
Schl&ouml;sser wurden beschlossen. So wurde neben den offiziellen zw&ouml;lf Artikeln der
Artikelbrief die Regel ihrer Kriegsf&uuml;hrung und der Sonntag Judika, der zum
Friedensschlu&szlig; angesetzte Tag, das Datum der <i>allgemeinen Erhebung</i>.</p>
<p>Die &uuml;berall wachsende Aufregung, die fortw&auml;hrenden Lokalkonflikte der Bauern mit dem
Adel, die Nachricht von dem seit sechs Monaten immer <a name="S383"><b>&lt;383&gt;</b></a>
wachsenden Aufstand im Schwarzwald und von seiner Verbreitung bis an die Donau und den Lech
reichen allerdings hin, um die rasche Aufeinanderfolge der Bauernaufst&auml;nde in zwei Dritteln
von Deutschland zu erkl&auml;ren. Aber da&szlig; Leute an der Spitze der Bewegung standen, die
diese durch wiedert&auml;uferische und sonstige Emiss&auml;re organisiert hatten, das beweist das
Faktum der Gleichzeitigkeit aller einzelnen Aufst&auml;nde. In der letzten H&auml;lfte des
M&auml;rz waren schon Unruhen im W&uuml;rttembergischen, am untern Neckar, im Odenwald, in Unter-
und Mittelfranken ausgebrochen; aber &uuml;berall wurde schon vorher der 2. April, der Sonntag
Judika, als Tag des allgemeinen Losbruchs angegeben, &uuml;berall geschah der entscheidende
Schlag, der Aufstand in Masse, in der ersten Woche des April. Auch die Allg&auml;uer, Hegauer und
Seebauern riefen am 1. April durch Sturml&auml;uten und Massenversammlungen alle
waffenf&auml;higen M&auml;nner ins Lager und er&ouml;ffneten, gleichzeitig mit den Baltringern,
die Feindseligkeiten gegen die Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster.</p>
<p>In <i>Franken</i>, wo sich die Bewegung um sechs Zentren gruppierte, brach der Aufstand
&uuml;berall in den ersten Tagen des April los. Bei <i>N&ouml;rdlingen</i> bildeten sich um diese
Zeit zwei Bauernlager, mit deren H&uuml;lfe die revolution&auml;re Partei in der Stadt, deren
Chef <i>Anton Forner</i> war, die Oberhand erhielt und Forners Ernennung zum B&uuml;rgermeister
sowie den Anschlu&szlig; der Stadt an die Bauern durchsetzte. Im <i>Ansbachschen</i> standen die
Bauern vom 1. bis 7. April &uuml;berall auf, und der Aufstand verbreitete sich von hier bis nach
Bayern hin&uuml;ber. Im <i>Rothenburgschen</i> standen die Bauern schon seit dem 22. M&auml;rz
unter den Waffen; in der Stadt Rothenburg wurde am 27. M&auml;rz die Herrschaft der Ehrbarkeit
durch die Kleinb&uuml;rger und Plebejer unter Stephan von <i>Menzingen</i> gest&uuml;rzt; aber da
gerade die Leistungen der Bauern hier die Haupteink&uuml;nfte der Stadt waren, hielt sich auch
die neue Regierung sehr schwankend und zweideutig gegen&uuml;ber den Bauern. Im Hochstift
<i>W&uuml;rzburg</i> erhoben sich anfangs April die Bauern und die kleinen St&auml;dte allgemein,
und im Bistum <i>Bamberg</i> zwang die allgemeine Insurrektion binnen f&uuml;nf Tagen den Bischof
zur Nachgiebigkeit. Endlich im Norden, an der th&uuml;ringischen Grenze, zog sich das starke
<i>Bildh&auml;user Bauernlager</i> zusammen.</p>
<p>Im <i>Odenwald</i>, wo <i>Wendel Hipler</i>, ein Adliger und ehemaliger Kanzler der Grafen von
Hohenlohe, und <i>Georg Metzler</i>, Wirt zu Ballenberg bei Krautheim, an der Spitze der
revolution&auml;ren Partei standen, brach der Sturm schon am 26. M&auml;rz los. Die Bauern zogen
von allen Seiten nach der Tauber. Auch 2.000 Mann aus dem Lager vor Rothenburg schlossen sich an.
Georg Metzler &uuml;bernahm die F&uuml;hrung und marschierte, nachdem alle Verst&auml;rkungen
eingetroffen, am 4. April nach dem Kloster Sch&ouml;ntal an der Jagst, wo die <i>Neckartaler</i>
zu ihm stie&szlig;en. Diese, von <i>J&auml;cklein Rohrbach,</i> Wirt zu B&ouml;ckingen bei
<a name="S384"><b>&lt;384&gt;</b></a> Heilbronn, gef&uuml;hrt, hatten am Sonntag Judika in Flein,
Sontheim usw. die Insurrektion proklamiert, w&auml;hrend gleichzeitig Wendel Hipler mit einer
Anzahl Verschworner &Ouml;hringen &uuml;berrumpelt und die umwohnenden Bauern in die Bewegung
hineingerissen hatte. Zu Sch&ouml;ntal wurden von den beiden, zum <i>"hellen Haufen"</i>
vereinigten Bauernkolonnen die zw&ouml;lf Artikel angenommen und Streifz&uuml;ge gegen
Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster organisiert. Der helle Haufen war an 8.000 Mann stark und hatte
Kanonen und 3.000 Handb&uuml;chsen. Auch <i>Florian Geyer</i>, ein fr&auml;nkischer Ritter,
schlo&szlig; sich ihm an und bildete die Schwarze Schar, ein Elitekorps, das besonders aus der
Rothenburger und &Ouml;hringer Landwehr sich rekrutierte.</p>
<p>Der w&uuml;rttembergsche Vogt in Neckarsulm, Graf Ludwig von Helfenstein, er&ouml;ffnete die
Feindseligkeiten. Er lie&szlig; alle Bauern, die ihm in die H&auml;nde fielen, ohne weiteres
niedermachen. Der helle Haufen zog ihm entgegen. Diese Metzeleien sowie die eben eingetroffene
Nachricht von der Niederlage des Leipheimer Haufens, von Jakob Wehes Hinrichtung und den
Grausamkeiten des Truchse&szlig; erbitterten die Bauern. Der Helfensteiner, der sich nach
Weinsberg hineingeworfen hatte, wurde hier angegriffen. Das Schlo&szlig; wurde von Florian Geyer
gest&uuml;rmt, die Stadt nach l&auml;ngerem Kampf genommen und Graf Ludwig nebst mehreren Rittern
gefangen. Am n&auml;chsten Tag, am 17. April, hielt J&auml;cklein Rohrbach mit den
entschiedensten Leuten des Haufens Gericht &uuml;ber die Gefangenen und lie&szlig; ihrer
vierzehn, den Helfensteiner an der Spitze, durch die Spie&szlig;e jagen - den schimpflichsten
Tod, den er sie erdulden lassen konnte. Die Einnahme von Weinsberg und die terroristische Rache
J&auml;ckleins an dem Helfensteiner verfehlten ihre Wirkung auf den Adel nicht. Die Grafen von
L&ouml;wenstein traten der Bauernverbindung bei, die von Hohenlohe, die schon fr&uuml;her
zugetreten waren, aber noch keine H&uuml;lfe geleistet hatten, schickten sofort das verlangte
Gesch&uuml;tz und Pulver.</p>
<p>Die Hauptleute berieten dar&uuml;ber, ob sie nicht G&ouml;tz von Berlichingen zum Hauptmann
nehmen sollten, "da dieser den Adel zu ihnen bringen k&ouml;nne". Der Vorschlag fand Anklang;
aber Florian Geyer, der in dieser Stimmung der Bauern und Hauptleute den Anfang einer Reaktion
sah, trennte sich hierauf mit seiner Schwarzen Schar vom Haufen, durchstreifte auf eigne Faust
zuerst die Neckargegend, dann das W&uuml;rzburgische und zerst&ouml;rte &uuml;berall die
Schl&ouml;sser und Pfaffennester.</p>
<p>Der Rest des Haufens zog nun zun&auml;chst gegen Heilbronn. In dieser m&auml;chtigen freien
Reichsstadt stand, wie fast &uuml;berall, der Ehrbarkeit eine b&uuml;rgerliche und eine
revolution&auml;re Opposition entgegen. Die letztere, im geheimen Einverst&auml;ndnis mit den
Bauern, &ouml;ffnete w&auml;hrend eines Tumults schon am 17. April G[eorg] Metzler und
J&auml;cklein Rohrbach die Tore. Die Bauernchefs nahmen <a name="S385"><b>&lt;385&gt;</b></a> mit
ihren Leuten Besitz von der Stadt, die in die Br&uuml;derschaft aufgenommen wurde und 1.200
Gulden Geld sowie ein F&auml;hnlein Freiwilliger stellte. Nur die Geistlichkeit und die
Besitzungen der Deutschordensherren wurden gebrandschatzt. Am 22. zogen die Bauern wieder ab,
nachdem sie eine kleine Besatzung hinterlassen hatten. Heilbronn sollte das Zentrum der
verschiedenen Haufen werden, die auch wirklich Delegierte hinschickten und &uuml;ber gemeinsame
Aktion und gemeinsame Forderungen der Bauernschaften berieten. Aber die b&uuml;rgerliche
Opposition und die seit dem Einmarsch der Bauern mit ihr verb&uuml;ndete Ehrbarkeit hatten jetzt
wieder die Oberhand in der Stadt, verhinderten alle energischen Schritte und warteten nur auf das
Herannahen der f&uuml;rstlichen Heere, um die Bauern definitiv zu verraten.</p>
<p>Die Bauern zogen dem Odenwald zu. Am 24. April mu&szlig;te G&ouml;tz von Barlichingen, der
sich wenige Tage vorher zuerst dem Kurf&uuml;rsten von der Pfalz, dann den Bauern, dann wieder
dem Kurf&uuml;rsten angetragen hatte, in die evangelische Br&uuml;derschaft treten und das
Oberkommando des hellen <i>lichten</i> Haufens (im Gegensatz zum <i>schwarzen</i> Haufen Florian
Geyers) &uuml;bernehmen. Er war aber zu gleicher Zeit Gefangener der Bauern, die ihn
mi&szlig;trauisch &uuml;berwachten und ihn an den Beirat der Hauptleute banden, ohne die er
nichts tun konnte. G&ouml;tz und Metzler zogen nun mit der Masse der Bauern &uuml;ber Buchen nach
Amorbach, wo sie vom 30. April bis 5. Mai blieben und das ganze Mainzische insurgierten. Der Adel
wurde &uuml;berall zum Anschlu&szlig; gezwungen und seine Schl&ouml;sser dadurch geschont; nur
die Kl&ouml;ster wurden verbrannt und gepl&uuml;ndert. Der Haufen hatte sich zusehends
demoralisiert; die energischsten Leute waren mit Florian Geyer oder mit J&auml;cklein Rohrbach
fort, denn auch dieser hatte sich nach der Einnahme Heilbronns getrennt. offenbar weil er, der
Richter des Grafen Helfenstein, nicht l&auml;nger bei einem Haufen bleiben konnte, der sich mit
dem Adel vertragen wollte. Dies Dringen auf eine Verst&auml;ndigung mit dem Adel war selbst schon
ein Zeichen von Demoralisation. Bald darauf schlug Wendel Hipler eine sehr passende
Reorganisation das Haufens vor: Man solle die sich t&auml;glich anbietenden Landsknechte in
Dienst nehmen und den Haufen nicht wie bisher monatlich durch Einziehung von neuen und Entlassung
der alten Kontingente erneuern, sondern die einmal unter den Waffen befindliche,
einigerma&szlig;en ge&uuml;bte Mannschaft behalten. Aber die Gemeindeversammlung verwarf beide
Antr&auml;ge; die Bauern waren bereits &uuml;berm&uuml;tig geworden und sahen den ganzen Krieg
als einen Beutezug an, wobei ihnen die Konkurrenz der Landsknechte nicht zusagen konnte und wobei
es ihnen freistehen mu&szlig;te, nach Hause zu ziehen, sobald ihre Taschen gef&uuml;llt waren. In
Amorbach kam es sogar so weit, da&szlig; der Heilbronner Ratsherr Hans Berlin die "Deklaration
der zw&ouml;lf Artikel", ein Akten- <a name="S386"><b>&lt;386&gt;</b></a> st&uuml;ck, worin
selbst die letzten Spitzen der zw&ouml;lf Artikel abgebrochen und den Bauern eine dem&uuml;tig
supplizierende Sprache in den Mund gelegt wurde, bei den Hauptleuten und R&auml;ten des Haufens
durchsetzte. Diesmal war die Sache den Bauern doch zu stark; sie verwarfen die Deklaration unter
gro&szlig;em L&auml;rm und beharrten auf den urspr&uuml;nglichen Artikeln.</p>
<p>Inzwischen war im W&uuml;rzburgischen eine entscheidende Wendung eingetreten. Der Bischof, der
sich bei dem ersten Bauernaufstand anfangs April auf den festen Frauenberg bei W&uuml;rzburg
zur&uuml;ckgezogen und nach allen Seiten, aber vergeblich, um H&uuml;lfe geschrieben hatte, war
endlich zur momentanen Nachgiebigkeit gezwungen worden. Am 2. Mai wurde ein Landtag
er&ouml;ffnet, auf dem auch die Bauern vertreten waren. Aber ehe irgendein Resultat gewonnen
werden konnte, wurden Briefe aufgefangen, die die verr&auml;terischen Umtriebe des Bischofs
konstatierten. Der Landtag ging gleich auseinander, und die Feindseligkeiten begannen zwischen
den insurgierten St&auml;dtern und Bauern und den Bisch&ouml;flichen. Der Bischof selbst entfloh
am 5. Mai nach Heidelberg; am n&auml;chsten Tag schon kam Florian Geyer und die Schwarze Schar in
W&uuml;rzburg an, mit ihm <i>der fr&auml;nkische Tauberhaufen</i>, der sich aus Mergentheimer,
Rothenburger und ansbachschen Bauern gebildet hatte. Am 7. Mai r&uuml;ckte auch G&ouml;tz von
Berlichingen mit dem hellen lichten Haufen ein, und die Belagerung des Frauenbergs begann.</p>
<p>Im Limpurgischen und in der Gegend von Ellwangen und Hall bildete sich ein andrer, der
Gaildorfer oder <i>gemeine helle Haufen</i>, schon Ende M&auml;rz und Anfang April. Er trat sehr
gewaltsam auf, insurgierte die ganze Gegend, verbrannte viele Kl&ouml;ster und Schl&ouml;sser,
u.a. auch das Schlo&szlig; Hohenstaufen, zwang alle Bauern zum Mitzug und alle Adligen, selbst
die Schenken von Limpurg, zum Eintritt in die christliche Verbr&uuml;derung. Anfang Mai machte er
einen Einfall nach W&uuml;rttemberg, wurde aber zum R&uuml;ckzug bewogen. Der Partikularismus der
deutschen Kleinstaaterei erlaubte damals sowenig wie 1848, da&szlig; die Revolution&auml;re
verschiedner Staatsgebiete gemeinsam agierten. Die Gaildorfer, auf ein kleines Terrain
beschr&auml;nkt, fielen notwendig in sich zusammen, nachdem sie allen Widerstand auf diesem
Terrain besiegt hatten. Sie vertrugen sich mit der Stadt Gm&uuml;nd und gingen mit Hinterlassung
von nur 500 Bewaffneten auseinander.</p>
<p>In der <i>Pfalz</i> hatten sich auf beiden Rheinufern gegen Ende April Bauernhaufen gebildet.
Sie zerst&ouml;rten viele Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster und nahmen am 1. Mai Neustadt a.d.
Haardt, nachdem die her&uuml;bergekommenen Bruchrainer schon tags vorher Speyer zu einem Vertrag
gezwungen hatten. Der Marschall von Habern konnte mit den wenigen kurf&uuml;rstlichen Truppen
nichts gegen sie ausrichten, und am 10. Mai mu&szlig;te der Kurf&uuml;rst mit den insurgierten
Bauern <a name="S387"><b>&lt;387&gt;</b></a> einen Vertrag abschlie&szlig;en, in welchem er ihnen
Abstellung ihrer Beschwerden auf einem Landtag garantierte.</p>
<p>In <i>W&uuml;rttemberg</i> endlich war der Aufstand schon fr&uuml;h in einzelnen Gegenden
losgebrochen. Auf der Uracher Alb hatten die Bauern schon im Februar einen Bund gegen die Pfaffen
und Herren geschlossen, und Ende M&auml;rz erhoben sich die Blaubeurer, Uracher, M&uuml;nsinger,
Balinger und Rosenfelder Bauern. Die Gaildorfer fielen bei G&ouml;ppingen, J&auml;cklein Rohrbach
bei Brackenheim, die Tr&uuml;mmer des geschlagenen Leipheimer Haufens bei Pfullingen in
w&uuml;rttembergisches Gebiet ein und insurgierten das Landvolk. Auch in andern Gegenden brachen
ernsthafte Unruhen aus. Schon am 6. April mu&szlig;te Pfullingen mit den Bauern kapitulieren. Die
Regierung des &ouml;streichischen Erzherzogs war in der gr&ouml;&szlig;ten Verlegenheit. Sie
hatte gar kein Geld und sehr wenig Truppen. Die St&auml;dte und Schl&ouml;sser waren im
schlechtesten Zustand und hatten weder Besatzung noch Munition. Selbst der Asperg war fast
schutzlos.</p>
<p>Der Versuch der Regierung, die Aufgebote der St&auml;dte gegen die Bauern zusammenzuziehn,
entschied ihre momentane Niederlage. Am 16. April weigerte sich das Bottwarer Aufgebot zu
marschieren und zog, statt nach Stuttgart, auf den Wunnenstein bei Bottwar, wo es den Kern eines
Lagers von B&uuml;rgern und Bauern bildete, das sich rasch vermehrte. An demselben Tage brach der
Aufstand im Zaberg&auml;u aus; das Kloster Maulbronn wurde gepl&uuml;ndert und eine Anzahl von
Kl&ouml;stern und Schl&ouml;ssern vollst&auml;ndig verw&uuml;stet. Aus dem benachbarten Bruchrain
zogen den G&auml;ubauern Verst&auml;rkungen zu.</p>
<p>An die Spitze des Haufens auf dem Wunnenstein trat <i>Matern Feuerbacher</i>, Ratsherr von
Bottwar, einer der F&uuml;hrer der b&uuml;rgerlichen Opposition, aber hinreichend kompromittiert,
um mit den Bauern gehn zu m&uuml;ssen. Er blieb indes fortw&auml;hrend sehr gem&auml;&szlig;igt,
verhinderte die Vollziehung des Artikelbriefs an den Schl&ouml;ssern und suchte &uuml;berall
zwischen den Bauern und der gem&auml;&szlig;igten B&uuml;rgerschaft zu vermitteln. Er verhinderte
die Vereinigung der W&uuml;rttemberger mit dem hellen lichten Haufen und bewog sp&auml;ter
ebenfalls die Gaildorfer zum R&uuml;ckzug aus W&uuml;rttemberg. Wegen seiner b&uuml;rgerlichen
Tendenzen wurde er am 19 April abgesetzt, aber bereits am n&auml;chsten Tag wieder zum Hauptmann
ernannt. Er war unentbehrlich, und selbst als J&auml;cklein Rohrbach am 22. mit 200 Mann
entschlossenen Leuten den W&uuml;rttembergern zuzog, blieb ihm nichts &uuml;brig, als jenen in
seiner Stelle zu lassen und sich auf genaue &Uuml;berwachung seiner Handlungen zu
beschr&auml;nken.</p>
<p>Am 18. April versuchte die Regierung mit den Bauern auf dem Wunnenstein zu unterhandeln. Die
Bauern bestanden darauf, die Regierung m&uuml;sse die zw&ouml;lf Artikel annehmen, und dies
konnten die Bevollm&auml;chtigten nat&uuml;rlich nicht. Der Haufen setzte sich nun in Bewegung.
Am 20. war er in Lauffen, wo <a name="S388"><b>&lt;388&gt;</b></a> die Abgeordneten der Regierung
zum letztenmal zur&uuml;ckgewiesen wurden. Am 22. stand er, 6.000 Mann stark, in Bietigheim und
bedrohte Stuttgart. Hier war der Rat gr&ouml;&szlig;tenteils geflohen und ein
B&uuml;rgerausschu&szlig; an die Spitze der Verwaltung gesetzt. In der B&uuml;rgerschaft waren
dieselben Parteispaltungen zwischen Ehrbarkeit, b&uuml;rgerlicher Opposition und
revolution&auml;ren Plebejern wie &uuml;berall. Die letzteren &ouml;ffneten am 25. April den
Bauern die Tore, und Stuttgart wurde sogleich besetzt. Hier wurde die Organisation des <i>hellen
christlichen Haufens</i>, wie sich die w&uuml;rttembergischen Insurgenten jetzt nannten,
vollst&auml;ndig durchgef&uuml;hrt und L&ouml;hnung, Beuteverteilung und Verpflegung etc. in
feste Regeln gebracht. Ein F&auml;hnlein Stuttgarter unter Theus Gerber schlo&szlig; sich an.</p>
<p>Am 29. April zog Feuerbacher mit dem ganzen Haufen gegen die bei Schorndorf ins
W&uuml;rttembergische eingefallenen Gaildorfer, nahm die ganze Gegend in die Verbindung auf und
bewog dadurch die Gaildorfer zum R&uuml;ckzug. Er verhinderte so, da&szlig; durch die Vermischung
mit den r&uuml;cksichtslosen Gaildorfern das revolution&auml;re Element in seinem Haufen, an
dessen Spitze Rohrbach stand, eine gef&auml;hrliche Verst&auml;rkung erhielt. Von Schorndorf zog
er auf die Nachricht, da&szlig; der Truchse&szlig; heranziehe, diesem entgegen und lagerte am 1.
Mai bei Kirchheim unter Teck.</p>
<p>Wir haben hiermit das Entstehen und die Entwickelung des Aufstandes in demjenigen Teil
Deutschlands geschildert, den wir als das Terrain der ersten Gruppe der Bauernhaufen betrachten
m&uuml;ssen. Ehe wir auf die &uuml;brigen Gruppen (Th&uuml;ringen und Hessen, Elsa&szlig;,
&Ouml;streich und die Alpen) eingehn, m&uuml;ssen wir den Feldzug des Truchse&szlig; berichten,
in dem er, anfangs allein, sp&auml;ter unterst&uuml;tzt von verschiedenen F&uuml;rsten und
St&auml;dten, diese erste Gruppe von Insurgenten vernichtete.</p>
<p>Wir verlie&szlig;en den Truchse&szlig; bei Ulm, wohin er sich Ende M&auml;rz wandte, nachdem
er bei Kirchheim unter Teck ein Beobachtungskorps unter Dietrich Sp&auml;t zur&uuml;ckgelassen.
Das Korps des Truchse&szlig;, nach Herbeiziehung der in Ulm konzentrierten b&uuml;ndischen
Verst&auml;rkungen nicht ganz 10.000 Mann stark, wovon 7.200 Mann Infanterie, war das einzige zum
Angriffskrieg gegen die Bauern disponible Heer. Die Verst&auml;rkungen kamen nur sehr langsam
nach Ulm zusammen, teils wegen der Schwierigkeit der Werbung in insurgierten L&auml;ndern, teils
wegen des Geldmangels der Regierungen, teils weil &uuml;berall die wenigen Truppen zur Besatzung
der Festungen und Schl&ouml;sser mehr als unentbehrlich waren. Wie wenig Truppen die F&uuml;rsten
und St&auml;dte disponibel hatten, die nicht zum Schw&auml;bischen Bund geh&ouml;rten, haben wir
schon gesehn. Von den Erfolgen, die Georg Truchse&szlig; mit seiner Bundesarmee erfechten
w&uuml;rde, hing also alles ab.</p>
<p><b><a name="S389">&lt;389&gt;</a></b> Der Truchse&szlig; wandte sich zuerst gegen den
<i>Baltringer Haufen</i>, der inzwischen begonnen hatte, Schl&ouml;sser und Kl&ouml;ster in der
Umgehung des Ried zu verw&uuml;sten. Die Bauern, beim Herannahen der Bundestruppen
zur&uuml;ckgegangen, wurden aus den S&uuml;mpfen durch Umgehung vertrieben, gingen &uuml;ber die
Donau und warfen sich in die Schluchten und W&auml;lder der Schw&auml;bischen Alb. Hier, wo ihnen
die Reiterei und das Gesch&uuml;tz, die Hauptst&auml;rke der h&uuml;ndischen Armee, nichts
anhaben konnte, verfolgte sie der Truchse&szlig; nicht weiter. Er zog gegen die Leipheimer, die
mit 5.000 Mann bei Leipheim, mit 4.000 im Mindeltal und mit 6.000 bei Illertissen standen, die
ganze Gegend insurgierten, Kl&ouml;ster und Schl&ouml;sser zerst&ouml;rten und sich
vorbereiteten, mit allen drei Kolonnen gegen Ulm zu ziehn. Auch hier scheint bereits einige
Demoralisation unter den Bauern eingerissen zu sein und die milit&auml;rische
Zuverl&auml;ssigkeit des Haufens vernichtet zu haben; denn Jakob Wehe suchte von vornherein mit
dem Truchse&szlig; zu unterhandeln. Dieser aber lie&szlig; sich jetzt, wo er eine hinreichende
Truppenmacht hinter sich hatte, auf nichts ein, sondern griff am 4. April den Haupthaufen bei
Leipheim an und zersprengte ihn vollst&auml;ndig. Jakob Wehe und Ulrich Sch&ouml;n sowie zwei
andere Bauernf&uuml;hrer wurden gefangen und enthauptet; Leipheim kapitulierte, und mit einigen
Streifz&uuml;gen in der Umgegend war der ganze Bezirk unterworfen.</p>
<p>Eine neue Rebellion der Landsknechte, durch das Verlangen der Pl&uuml;nderung und einer
Extral&ouml;hnung veranla&szlig;t, hielt den Truchse&szlig; abermals bis zum 10. April auf. Dann
zog er s&uuml;dwestlich <i>gegen die Baltringer</i>, die inzwischen in seine Herrschaften
Waldburg, Zeil und Wolfegg eingefallen waren und seine Schl&ouml;sser belagerten. Auch hier fand
er die Bauern zersplittert und schlug sie am 11. und 12. April nacheinander in einzelnen
Gefechten, die den Baltringer Haufen ebenfalls vollst&auml;ndig aufl&ouml;sten. Der Rest zog sich
unter dem Pfaffen Florian auf den <i>Seehaufen</i> zur&uuml;ck. Gegen diesen wandte sich nun der
Truchse&szlig;. Der Seehaufen, der inzwischen nicht nur Streifz&uuml;ge gemacht, sondern auch die
St&auml;dte Buchhorn (Friedrichshafen) und Wollmatingen in die Verbr&uuml;derung gebracht hatte,
hielt am 13. gro&szlig;en Kriegsrat im Kloster Salem und beschlo&szlig;, dem Truchse&szlig;
entgegenzuziehn. Sofort wurde &uuml;berall Sturm gel&auml;utet, und 10.000 Mann, zu denen noch
die geschlagenen Baltringer stie&szlig;en, versammelten sich im Bermatinger Lager. Sie bestanden
am 15. April ein g&uuml;nstiges Gefecht mit dem Truchse&szlig;, der seine Armee hier nicht in
einer Entscheidungsschlacht aufs Spiel setzen wollte und vorzog zu unterhandeln, um so mehr, als
er erfuhr, da&szlig; die Allg&auml;uer und Hegauer ebenfalls heranr&uuml;ckten. Er schlo&szlig;
also am 17. April mit den Seebauern und Baltringern zu Weingarten einen f&uuml;r sie scheinbar
ziemlich g&uuml;nstigen Vertrag, auf den die Bauern ohne Bedenken eingingen. Er brachte es ferner
dahin, da&szlig; die Dele- <a name="S390"><b>&lt;390&gt;</b></a> gierten der Ober- und
Unterallg&auml;uer diesen Vertrag ebenfalls annahmen, und zog dann nach W&uuml;rttemberg ab.</p>
<p>Die List des Truchse&szlig; rettete ihn hier vor sicherem Untergang. H&auml;tte er nicht
verstanden, die schwachen, beschr&auml;nkten, gr&ouml;&szlig;tenteils schon demoralisierten
Bauern und ihre meist unf&auml;higen, &auml;ngstlichen und bestechlichen F&uuml;hrer zu
bet&ouml;ren, so war er mit seiner kleinen Armee zwischen vier Kolonnen, zusammen mindestens
25.000 bis 30.000 Mann stark, eingeschlossen und unbedingt verloren. Aber die bei Bauernmassen
immer unvermeidliche Borniertheit seiner Feinde machte es ihm m&ouml;glich, sich ihrer gerade in
dem Moment zu entledigen, wo sie den ganzen Krieg, wenigstens f&uuml;r Schwaben und Franken, mit
einem Schlage beendigen konnten. Die Seebauern hielten den Vertrag, mit dem sie schlie&szlig;lich
nat&uuml;rlich geprellt wurden, so genau, da&szlig; sie sp&auml;ter gegen ihre eignen
Bundesgenossen, die Hegauer, die Waffen ergriffen; die Allg&auml;uer, durch ihre F&uuml;hrer in
den Verrat verwickelt, sagten sich zwar gleich davon los, aber inzwischen war der Truchse&szlig;
aus der Gefahr.</p>
<p>Die Hegauer, obwohl nicht in den Weingarter Vertrag eingeschlossen, gaben gleich darauf einen
neuen Beleg von der grenzenlosen Lokalborniertheit und dem eigensinnigen Provinzialismus, der den
ganzen Bauernkrieg zugrunde richtete. Nachdem der Truchse&szlig; vergeblich mit ihnen
unterhandelt hatte und nach W&uuml;rttemberg abmarschiert war, zogen sie ihm nach und blieben ihm
fortw&auml;hrend in der Flanke; es fiel ihnen aber nicht ein, sich mit dem w&uuml;rttembergischen
hellen christlichen Haufen zu vereinigen, und zwar aus dem Grunde, weil die W&uuml;rttemberger
und Neckartaler ihnen auch einmal H&uuml;lfe abgeschlagen hatten. Als daher der Truchse&szlig;
sich weit genug von ihrer Heimat entfernt hatte, kehrten sie ruhig wieder um und zogen gegen
Freiburg.</p>
<p>Wir verlie&szlig;en die W&uuml;rttemberger unter Matern Feuerbacher bei Kirchheim unter Teck,
von wo das vom Truchse&szlig; zur&uuml;ckgelassene Beobachtungskorps unter Dietrich Sp&auml;t
sich nach Urach zur&uuml;ckgezogen hatte. Nach einem vergeblichen Versuch auf Urach wandte sich
Feuerbacher nach N&uuml;rtingen und schrieb an alle benachbarten Insurgentenhaufen um Zuzug
f&uuml;r die Entscheidungsschlacht. Es kamen in der Tat sowohl aus dem w&uuml;rttembergischen
Unterland wie aus dem G&auml;u bedeutende Verst&auml;rkungen. Namentlich r&uuml;ckten die
G&auml;ubauern, die sich um die bis nach Westw&uuml;rttemberg zur&uuml;ckgegangenen Tr&uuml;mmer
der Leipheimer gesammelt und das ganze obere Neckar- und Nagoldtal bis nach B&ouml;blingen und
Leonberg insurgiert hatten, in zwei starken Haufen heran und vereinigten sich am 5. Mai in
N&uuml;rtingen mit Feuerbacher. Bei B&ouml;blingen stie&szlig; der Truchse&szlig; auf die
vereinigten Haufen. Ihre Zahl, ihr Gesch&uuml;tz und ihre Stellung machten ihn stutzig; er fing
nach seiner &uuml;blichen <a name="S391"><b>&lt;391&gt;</b></a> Methode sofort Unterhandlungen an
und schlo&szlig; einen Waffenstillstand mit den Bauern. Kaum hatte er sie hierdurch sicher
gemacht, so &uuml;berfiel er sie am 12. Mai <i>w&auml;hrend des Waffenstillstandes</i> und zwang
sie zu einer Entscheidungsschlacht. Die Bauern leisteten langen und tapferen Widerstand, bis
endlich B&ouml;blingen dem Truchse&szlig; durch den Verrat der B&uuml;rgerschaft &uuml;berliefert
wurde. Der linke Fl&uuml;gel der Bauern war hiermit seines St&uuml;tzpunktes beraubt, wurde
geworfen und umgangen. Hierdurch war die Schlacht entschieden. Die undisziplinierten Bauern
gerieten in Unordnung und bald in wilde Flucht; was nicht von den b&uuml;ndischen Reitern
niedergemacht oder gefangen wurde, warf die Waffen weg und eilte nach Hause. Der "helle
christliche Haufen", und mit ihm die ganze w&uuml;rttembergische Insurrektion, war
vollst&auml;ndig aufgel&ouml;st. Theus Gerber entkam nach E&szlig;lingen, Feuerbacher floh nach
der Schweiz, J&auml;cklein Rohrbach wurde gefangen und in Ketten bis Neckargartach mitgeschleppt,
wo ihn der Truchse&szlig; an einen Pfahl ketten, ringsherum Holz aufschichten und so bei
langsamem Feuer lebendig braten lie&szlig;, w&auml;hrend er selbst, mit seinen Rittern zechend,
sich an diesem ritterlichen Schauspiel weidete.</p>
<p>Von Neckargartach aus unterst&uuml;tzte der Truchse&szlig; durch einen Einfall in den
Kraichgau die Operationen des Kurf&uuml;rsten von der Pfalz. Dieser, der inzwischen Truppen
gesammelt, brach auf die Nachricht von den Erfolgen des Truchse&szlig; sofort den Vertrag mit den
Bauern, &uuml;berfiel am 23. Mai den Bruchrain, nahm und verbrannte Malsch nach heftigem
Widerstande, pl&uuml;nderte eine Anzahl von D&ouml;rfern und besetzte Bruchsal. Zu gleicher Zeit
&uuml;berfiel der Truchse&szlig; Eppingen und nahm den dortigen Chef der Bewegung, Anton
Eisenhut, gefangen, den der Kurf&uuml;rst nebst einem Dutzend anderer Bauernf&uuml;hrer sogleich
hinrichten lie&szlig;. Der Bruchrain und Kraichgau waren hiermit pazifiziert und mu&szlig;ten
gegen 40.000 Gulden Brandschatzung zahlen. Die beiden Heere des Truchsessen - auf 6.000 Mann
reduziert durch die bisherigen Schlachten - und des Kurf&uuml;rsten (6.500 Mann) vereinigten sich
nun und zogen den Odenw&auml;ldern entgegen.</p>
<p>Die Nachricht von der B&ouml;blinger Niederlage hatte &uuml;berall Schrecken unter den
Insurgenten verbreitet. Die freien Reichsst&auml;dte, soweit sie unter die dr&uuml;ckende Hand
der Bauern geraten waren, atmeten pl&ouml;tzlich wieder auf. Heilbronn war die erste, die zur
Vers&ouml;hnung mit dem Schw&auml;bischen Bund Schritte tat. In Heilbronn sa&szlig;en die
Bauernkanzlei und die Delegierten der verschiedenen Haufen, um die Antr&auml;ge zu beraten, die
im Namen s&auml;mtlicher Insurgierten Bauern an Kaiser und Reich gestellt werden sollten. In
diesen Verhandlungen, die ein allgemeines, f&uuml;r ganz Deutschland g&uuml;ltiges Resultat haben
sollten, stellte sich abermals heraus, wie kein einzelner Stand, auch der der Bauern nicht, weit
genug entwickelt war, um von seinem Standpunkt aus <a name="S392"><b>&lt;392&gt;</b></a> die
gesamten deutschen Zust&auml;nde neu zu gestalten. Es zeigte sich sogleich, da&szlig; man zu
diesem Zweck den Adel und ganz besonders die B&uuml;rgerschaft gewinnen mu&szlig;te. <i>Wendel
Hipler</i> bekam hiermit die Leitung der Verhandlungen in seine H&auml;nde. Wendel Hipler
erkannte von allen F&uuml;hrern der Bewegung die bestehenden Verh&auml;ltnisse am richtigsten. Er
war kein weitgreifender Revolution&auml;r wie M&uuml;nzer, kein Repr&auml;sentant der Bauern wie
Metzler oder Rohrbach. Seine vielseitige Erfahrung, seine praktische Kenntnis der Stellung der
einzelnen St&auml;nde gegeneinander verhinderte ihn, einen der in der Bewegung verwickelten
St&auml;nde gegen die andern ausschlie&szlig;lich zu vertreten. Gerade wie M&uuml;nzer, als
Repr&auml;sentant der ganz au&szlig;er dem bisherigen offiziellen Gesellschaftsverband stehenden
Klasse, der Anf&auml;nge des Proletariats, zur Vorahnung des Kommunismus getrieben wurde,
geradeso kam Wendel Hipler, der Repr&auml;sentant sozusagen des Durchschnitts aller progressiven
Elemente der Nation, bei der Vorahnung der <i>modernen b&uuml;rgerlichen Gesellschaft</i> an. Die
Grunds&auml;tze, die er vertrat, die Forderungen, die er aufstellte, waren zwar nicht das
unmittelbar M&ouml;gliche, sie waren aber das, etwas idealisierte, notwendige Resultat der
bestehenden Aufl&ouml;sung der feudalen Gesellschaft; und die Bauern, sobald sie sich darangaben,
f&uuml;r das ganze Reich Gesetzentw&uuml;rfe zu machen, waren gen&ouml;tigt, darauf einzugehn. So
nahm die Zentralisation, die von den Bauern gefordert wurde, hier in Heilbronn eine positivere
Gestalt an, eine Gestalt, die von der Vorstellung der Bauern &uuml;ber sie indes himmelweit
verschieden war. So wurde sie z.B. in der Herstellung der Einheit von M&uuml;nze, Ma&szlig; und
Gewicht, in der Aufhebung der inneren Z&ouml;lle etc. n&auml;her bestimmt, kurz, in Forderungen,
die weit mehr im Interesse der St&auml;dteb&uuml;rger als der Bauern waren. So wurden dem Adel
Konzessionen gemacht, die sich den modernen Abl&ouml;sungen bedeutend n&auml;hern und die auf die
schlie&szlig;liche Verwandlung des feudalen Grundbesitzes in b&uuml;rgerlichen hinausliefen.
Kurz, sobald die Forderungen der Bauern zu einer "Reichsreform" zusammengefa&szlig;t wurden,
mu&szlig;ten sie sich nicht den momentanen Forderungen, aber den definitiven Interessen der
B&uuml;rger unterordnen.</p>
<p>W&auml;hrend diese Reichsreform in Heilbronn noch debattiert wurde, reiste der Verfasser der
"Deklaration der zw&ouml;lf Artikel", Hans Berlin, schon dem Truchse&szlig; entgegen, um im Namen
der Ehrbarkeit und B&uuml;rgerschaft wegen &Uuml;bergabe der Stadt zu unterhandeln.
Reaktion&auml;re Bewegungen in der Stadt unterst&uuml;tzten den Verrat, und Wendel Hipler
mu&szlig;te mit den Bauern fliehen. Er ging nach Weinsberg, wo er die Tr&uuml;mmer der
W&uuml;rttemberger und die wenige mobile Mannschaft der Gaildorfer zu sammeln suchte. Aber das
Herannahen des Kurf&uuml;rsten von der Pfalz und des Truchse&szlig; vertrieb ihn auch von hier,
und so mu&szlig;te er nach W&uuml;rzburg gehn, um den hellen lichten Haufen <a name=
"S393"><b>&lt;393&gt;</b></a> in Bewegung zu bringen. Die b&uuml;ndischen und kurf&uuml;rstlichen
Truppen unterwarfen indes die ganze Neckargegend, zwangen die Bauern, neu zu huldigen,
verbrannten viele D&ouml;rfer und erstachen oder h&auml;ngten alle fl&uuml;chtigen Bauern, deren
sie habhaft wurden. Weinsberg wurde, zur Rache f&uuml;r die Hinrichtung des Helfensteiners,
niedergebrannt.</p>
<p>Die vor W&uuml;rzburg vereinigten Haufen hatten inzwischen den Frauenberg belagert und am 15.
Mai, noch ehe die Bresche geschossen war, einen tapfern, aber vergeblichen Sturm auf die Festung
versucht. 400 der besten Leute, meist von Florian Geyers Schar, blieben in den Gr&auml;ben tot
oder verwundet liegen. Zwei Tage sp&auml;ter, am 17., kam Wendel Hipler an und lie&szlig; einen
Kriegsrat halten. Er schlug vor, nur 4.000 Mann vor dem Frauenberg zu lassen und mit der ganzen,
an 20.000 Mann starken Hauptmacht unter den Augen des Truchse&szlig; bei Krautheim an der Jagst
ein Lager zu beziehen, auf das sich alle Verst&auml;rkungen konzentrieren k&ouml;nnten. Der Plan
war vortrefflich; nur durch Zusammenhalten der Massen und durch &Uuml;berzahl konnte man hoffen,
das jetzt an 13.000 Mann starke f&uuml;rstliche Heer zu schlagen. Aber schon war die
Demoralisation und Entmutigung unter den Bauern zu gro&szlig; geworden, um noch irgendeine
energische Aktion zuzulassen. G&ouml;tz von Berlichingen, der bald darauf offen als Verr&auml;ter
auftrat, mag auch dazu beigetragen haben, den Haufen hinzuhalten, und so wurde der Hiplersche
Plan nie ausgef&uuml;hrt. Statt dessen wurden die Haufen, wie immer, zersplittert. Erst am 23.
Mai setzte sich der helle lichte Haufen in Bewegung, nachdem die Franken versprochen hatten,
schleunigst zu folgen. Am 26. wurden die in W&uuml;rzburg lagernden
markgr&auml;flich-ansbachschen F&auml;hnlein heimgerufen durch die Nachricht, da&szlig; der
Markgraf die Feindseligkeiten gegen die Bauern er&ouml;ffnet habe. Der Rest des Belagerungsheers,
nebst Florian Geyers Schwarzer Schar, nahm Position bei Heidingsfeld, nicht weit von
W&uuml;rzburg.</p>
<p>Der helle lichte Haufen kam am 24. Mai in Krautheim an, in einem wenig schlagfertigen Zustand.
Hier h&ouml;rten viele, da&szlig; ihre D&ouml;rfer inzwischen dem Truchse&szlig; gehuldigt
hatten, und nahmen dies zum Vorwand, um nach Hause zu gehn. Der Haufe zog weiter nach Neckarsulm
und unterhandelte am 28. mit dem Truchse&szlig;. Zugleich wurden Boten an die Franken,
Els&auml;sser und Schwarzwald-Hegauer mit der Aufforderung zu schleunigem Zuzug geschickt. Von
Neckarsulm marschierte G&ouml;tz [von Berlichingen] auf &Ouml;hringen zur&uuml;ck. Der Haufe
schmolz t&auml;glich zusammen; auch G&ouml;tz von Berlichingen verschwand w&auml;hrend des
Marsches; er war heimgeritten, nachdem er schon fr&uuml;her durch seinen alten
Waffengef&auml;hrten Dietrich Sp&auml;t mit dem Truchse&szlig; wegen seines &Uuml;bertritts
unterhandelt hatte. Bei &Ouml;hringen, infolge falscher Nachrichten &uuml;ber das Herannahen des
Feindes, ergriff pl&ouml;tzlich ein panischer <a name="S394"><b>&lt;394&gt;</b></a> Schreck die
rat- und mutlose Masse; der Haufen lief in voller Unordnung auseinander, und nur mit M&uuml;he
konnten Metzler und Wendel Hipler etwa 2.000 Mann zusammenhalten, die sie wieder auf Krautheim
f&uuml;hrten. Inzwischen war das fr&auml;nkische Aufgebot, 5.000 Mann stark, herangekommen, aber
durch einen von G&ouml;tz offenbar in verr&auml;terischer Absicht angeordneten Seitenmarsch
&uuml;ber L&ouml;wenstein nach &Ouml;hringen verfehlte es den hellen Haufen und zog auf
Neckarsulm. Dies St&auml;dtchen, von einigen F&auml;hnlein des hellen lichten Haufens besetzt,
wurde vom Truchse&szlig; belagert. Die Franken kamen in der Nacht an und sahen die Feuer des
b&uuml;ndischen Lagers; aber ihre F&uuml;hrer hatten nicht den Mut, einen &Uuml;berfall zu wagen,
und zogen sich nach Krautheim zur&uuml;ck, wo sie endlich den Rest des hellen lichten Haufens
fanden. Neckarsulm ergab sich, als kein Entsatz kam, am 29. an die B&uuml;ndischen, der
Truchse&szlig; lie&szlig; sofort dreizehn Bauern hinrichten und zog dann sengend und brennend,
pl&uuml;ndernd und mordend den Haufen entgegen. Im ganzen Neckar-, Kocher- und Jagsttal
bezeichneten Schutthaufen und an den B&auml;umen aufgeh&auml;ngte Bauern seinen Weg.</p>
<p>Bei Krautheim stie&szlig; das b&uuml;ndische Heer auf die Bauern, die sich, durch eine
Flankenbewegung des Truchse&szlig; gezwungen, auf K&ouml;nigshofen an der Tauber
zur&uuml;ckgezogen. Hier fa&szlig;ten sie, 8.000 Mann mit 32 Kanonen, Position. Der
Truchse&szlig; n&auml;herte sich ihnen hinter H&uuml;geln und W&auml;ldern versteckt, lie&szlig;
Umgehungskolonnen vorr&uuml;cken und &uuml;berfiel sie am 2. Juni mit solcher &Uuml;bermacht und
Energie, da&szlig; sie trotz der hartn&auml;ckigsten, bis in die Nacht fortgesetzten Gegenwehr
mehrerer Kolonnen vollst&auml;ndig geschlagen und aufgel&ouml;st wurden. Wie immer, trug auch
hier die b&uuml;ndische Reiterei, "der Bauern Tod", haupts&auml;chlich zur Vernichtung des
Insurgentenheers bei, indem sie sich auf die durch Artillerie, B&uuml;chsenfeuer und
Lanzenangriffe ersch&uuml;tterten Bauern warf, sie vollst&auml;ndig zersprengte und einzeln
niedermachte. Welche Art von Krieg der Truchse&szlig; mit seinen Reitern f&uuml;hrte, beweist das
Schicksal der 300 K&ouml;nigshofener B&uuml;rger, die beim Bauernheer waren. Sie wurden
w&auml;hrend der Schlacht bis auf f&uuml;nfzehn niedergehauen, und von diesen f&uuml;nfzehn
wurden nachtr&auml;glich noch vier enthauptet.</p>
<p>Nachdem er so mit den Odenw&auml;ldern, Neckartalern und Niederfranken fertig geworden,
pazifizierte der Truchse&szlig; durch Streifz&uuml;ge, Verbrennung ganzer D&ouml;rfer und
zahllose Hinrichtungen die ganze Umgegend und zog dann gegen W&uuml;rzburg. Unterwegs erfuhr er,
da&szlig; der zweite fr&auml;nkische Haufe unter Florian Geyer und Gregor von Burgbernheim bei
Sulzdorf stand, und sofort wandte er sich gegen diesen.</p>
<p>Florian Geyer, der seit dem vergeblichen Sturm auf den Frauenberg haupts&auml;chlich mit den
F&uuml;rsten und St&auml;dten, namentlich mit Rothenburg und <a name=
"S395"><b>&lt;395&gt;</b></a> dem Markgrafen Kasimir von Ansbach, wegen ihres Beitritts zur
Bauernverbr&uuml;derung unterhandelt hatte, wurde durch die Nachricht der K&ouml;nigshofener
Niederlage pl&ouml;tzlich abgerufen. Mit seinem Haufen vereinigte sich der ansbachsche unter
Gregor von Burgbernheim. Dieser Haufe hatte sich erst neuerdings gebildet. Der Markgraf Kasimir
hatte in echt hohenzollerscher Weise den Bauernaufstand in seinem Gebiet teils durch
Versprechungen, teils durch drohende Truppenmassen im Schach zu halten gewu&szlig;t. Er hielt
vollst&auml;ndige Neutralit&auml;t gegen alle fremden Haufen, solange sie keine ansbachschen
Untertanen an sich zogen. Er suchte den Ha&szlig; der Bauern haupts&auml;chlich auf die
geistlichen Stifter zu lenken, durch deren schlie&szlig;liche Konfiskation er sich zu bereichern
gedachte. Dabei r&uuml;stete er fortw&auml;hrend und wartete die Ereignisse ab. Kaum war die
Nachricht von der Schlacht bei B&ouml;blingen eingetroffen, als er sofort die Feindseligkeiten
gegen seine rebellischen Bauern er&ouml;ffnete, ihnen die D&ouml;rfer pl&uuml;nderte und
verbrannte und viele von ihnen h&auml;ngen und niedermachen lie&szlig;. Die Bauern jedoch zogen
sich rasch zusammen und schlugen ihn, unter Gregor von Burgbernheim, am 29. Mai bei Windsheim.
W&auml;hrend sie ihn noch verfolgten, erreichte sie der Ruf der bedr&auml;ngten Odenw&auml;lder,
und sofort wandten sie sich nach Heidingsfeld und von dort mit Florian Geyer wieder nach
W&uuml;rzburg (2. Juni). Hier lie&szlig;en sie, stets ohne Nachricht von den Odenw&auml;ldern,
5.000 Bauern zur&uuml;ck und zogen mit 4.000 Mann - der Rest war auseinandergelaufen - den
&uuml;brigen nach. Durch falsche Nachrichten &uuml;ber den Ausfall der Schlacht bei
K&ouml;nigshofen sicher gemacht, wurden sie bei <i>Sulzdorf</i> vom Truchse&szlig;
&uuml;berfallen und total geschlagen. Wie gew&ouml;hnlich richteten die Reiter und Knechte des
Truchsessen ein furchtbares Blutbad an. Florian Geyer hielt den Rest seiner Schwarzen Schar, 600
Mann, zusammen und schlug sich durch nach dem Dorf Ingolstadt. 200 Mann besetzten die Kirche und
den Kirchhof, 400 das Schlo&szlig;. Die Pf&auml;lzer hatten ihn verfolgt, eine Kolonne von 1.200
Mann nahm das Dorf und z&uuml;ndete die Kirche an; was nicht in den Flammen unterging, wurde
niedergemacht. Dann schossen die Pf&auml;lzer Bresche in die bauf&auml;llige Mauer des Schlosses
und versuchten den Sturm. Zweimal von den Bauern, die hinter einer inneren Mauer gedeckt standen,
zur&uuml;ckgeschlagen, schossen sie auch diese zweite Mauer zusammen und versuchten dann den
dritten Sturm, der auch gelang. Die H&auml;lfte von Geyers Leuten wurde zusammengehauen; mit den
letzten zweihundert entkam er gl&uuml;cklich. Aber sein Zufluchtsort wurde schon am n&auml;chsten
Tage (Pfingstmontag) entdeckt; die Pf&auml;lzer umzingelten den Wald, in dem er versteckt lag,
und hieben den ganzen Haufen nieder. Nur 17 Gefangene wurden w&auml;hrend dieser zwei Tage
gemacht. Florian Geyer hatte sich mit wenigen der Entschlossensten wieder durchgeschlagen und
<a name="S396"><b>&lt;396&gt;</b></a> wandte sich nun zu den Gaildorfern, die wieder an 7.000
Mann stark zusammengetreten waren. Aber als er hinkam, fand er sie, infolge der niederschlagenden
Nachrichten von allen Seiten, gr&ouml;&szlig;tenteils wieder aufgel&ouml;st. Er machte noch den
Versuch, die Versprengten in den W&auml;ldern zu sammeln, wurde aber am 9. Juni bei Hall von
Truppen &uuml;berrascht und fiel fechtend.</p>
<p>Der Truchse&szlig;, der schon gleich nach dem Sieg von K&ouml;nigshofen den Belagerten auf dem
Frauenberg Nachricht gegeben hatte, r&uuml;ckte nun auf W&uuml;rzburg. Der Rat verst&auml;ndigte
sich heimlich mit ihm, so da&szlig; das b&uuml;ndische Heer in der Nacht des 7. Juni die Stadt
nebst den darin befindlichen 5.000 Bauern umzingeln und am n&auml;chsten Morgen in die vom Rat
ge&ouml;ffneten Tore ohne Schwertstreich einziehen konnte. Durch diesen Verrat der
W&uuml;rzburger "Ehrbarkeit" wurde der letzte fr&auml;nkische Bauernhaufe entwaffnet und
s&auml;mtliche F&uuml;hrer gefangen. Der Truchse&szlig; lie&szlig; sogleich 81 enthaupten. Hier
in W&uuml;rzburg trafen nun nacheinander die verschiedenen fr&auml;nkischen F&uuml;rsten ein; der
Bischof von W&uuml;rzburg selbst, der von Bamberg und der Markgraf von Brandenburg-Ansbach. Die
gn&auml;digen Herren verteilten unter sich die Rollen. Der Truchse&szlig; zog mit dem Bischof von
Bamberg, der jetzt sofort den mit seinen Bauern abgeschlossenen Vertrag brach und sein Land den
w&uuml;tenden Mordbrennerhorden des b&uuml;ndischen Heeres preisgab. Der Markgraf Kasimir
verw&uuml;stete sein eigenes Land. Deiningen wurde verbrannt; zahllose D&ouml;rfer wurden
gepl&uuml;ndert oder den Flammen preisgegeben; dabei hielt der Markgraf in jeder Stadt ein
Blutgericht ab. In Neustadt an der Aisch lie&szlig; er achtzehn, in Bergel dreiundvierzig
Rebellen enthaupten. Von da zog er nach Rothenburg, wo die Ehrbarkeit bereits eine
Kontrerevolution gemacht und Stephan von Menzingen verhaftet hatte. Die Rothenburger
Kleinb&uuml;rger und Plebejer mu&szlig;ten jetzt schwer daf&uuml;r b&uuml;&szlig;en, da&szlig;
sie sich den Bauern gegen&uuml;ber so zweideutig benommen, da&szlig; sie ihnen bis ganz zuletzt
alle H&uuml;lfe abgeschlagen, da&szlig; sie in ihrem lokalbornierten Eigennutz auf
Unterdr&uuml;ckung der l&auml;ndlichen Gewerbe zugunsten der st&auml;dtischen Z&uuml;nfte
bestanden und nur widerwillig die aus den Feudalleistungen der Bauern flie&szlig;enden
st&auml;dtischen Eink&uuml;nfte aufgegeben hatten. Der Markgraf lie&szlig; ihrer sechzehn
k&ouml;pfen, voran nat&uuml;rlich Menzingen. - Der Bischof von W&uuml;rzburg durchzog in gleicher
Weise sein Gebiet, &uuml;berall pl&uuml;ndernd, verw&uuml;stend und sengend. Er lie&szlig; auf
seinem Siegeszug 256 Rebellen hinrichten und kr&ouml;nte sein Werk, bei seiner R&uuml;ckkehr nach
W&uuml;rzburg, durch die Enthauptung von noch dreizehn W&uuml;rzburgern.</p>
<p>Im Mainzischen stellte der Statthalter, Bischof Wilhelm von Stra&szlig;burg, die Ruhe ohne
Widerstand her. Er lie&szlig; nur vier hinrichten. Der Rheingau, der ebenfalls erregt gewesen, wo
aber l&auml;ngst alles nach Hause gegangen war, wurde nachtr&auml;glich von Frowin von Hutten,
Ulrichs Vetter, &uuml;berfallen und durch <a name="S397"><b>&lt;397&gt;</b></a> Hinrichtung von
zw&ouml;lf R&auml;delsf&uuml;hrern vollends "beruhigt". Frankfurt, das auch bedeutende
revolution&auml;re Bewegungen erlebt hatte, war anfangs durch Nachgiebigkeit des Rats,
sp&auml;ter durch angeworbene Truppen im Zaum gehalten worden. In der Rheinpfalz hatten sich seit
dem Vertragsbruch des Kurf&uuml;rsten wieder an 8.000 Bauern zusammengerottet und von neuem
Kl&ouml;ster und Schl&ouml;sser verbrannt; aber der Trierer Erzbischof zog den Marschall von
Habern zu H&uuml;lfe und schlug sie schon am 23. Mai bei Pfeddersheim. Eine Reihe von
Grausamkeiten (in Pfeddersheim allein wurden 82 hingerichtet) und die Einnahme von
Wei&szlig;enberg am 7. Juli beendeten hier den Aufstand.</p>
<p>Von s&auml;mtlichen Haufen blieben jetzt nur noch zwei zu besiegen: die
Hegeu-Schwarzw&auml;lder und die Allg&auml;uer. Mit beiden hatte der Erzherzog Ferdinand
intrigiert. Wie Markgraf Kasimir und andere F&uuml;rsten den Aufstand zur Aneignung der
geistlichen L&auml;ndereien und F&uuml;rstent&uuml;mer, so suchte er ihn zur
Vergr&ouml;&szlig;erung der &ouml;streichischen Hausmacht zu benutzen. Er hatte mit dem
Allg&auml;uer Hauptmann Walter Bach und mit dem Hegauer Hans M&uuml;ller von Bulgenbach
unterhandelt, um die Bauern dahin zu bringen, sich f&uuml;r den Anschlu&szlig; an &Ouml;streich
zu erkl&auml;ren, aber obwohl beide Chefs k&auml;uflich waren, konnten sie bei den Haufen weiter
nichts durchsetzen, als da&szlig; die Allg&auml;uer mit dem Erzherzog einen Waffenstillstand
schlossen und die Neutralit&auml;t gegen &Ouml;streich beobachteten.</p>
<p>Die <i>Hegauer</i> hatten auf ihrem R&uuml;ckzug aus dem W&uuml;rttembergischen eine Anzahl
Schl&ouml;sser zerst&ouml;rt und Verst&auml;rkungen aus den markgr&auml;flich-badischen
L&auml;ndern an sich gezogen. Sie marschierten am 13. Mai gegen Freiburg, beschossen es vom 18.
an und zogen am 23., nachdem die Stadt kapituliert hatte, mit fliegenden Fahnen hinein. Von dort
zogen sie gegen Stockach und Radolfzell und f&uuml;hrten lange einen erfolglosen kleinen Krieg
gegen die Besatzungen dieser St&auml;dte. Diese, sowie der Adel und die umliegenden St&auml;dte,
riefen kraft des Weingarter Vertrags die Seebauern um H&uuml;lfe an, und die ehemaligen Rebellen
des Seehaufens erhoben sich, 5.000 Mann stark, gegen ihre Bundesgenossen. So stark war die
Lokalborniertheit dieser Bauern. Nur 600 weigerten sich, wollten sich den Hegauern
anschlie&szlig;en und wurden massakriert. Die Hegauer jedoch, durch den abgekauften Hans
M&uuml;ller von Bulgenbach veranla&szlig;t, hatten bereits die Belagerung aufgehoben und waren,
als Hans M&uuml;ller gleich darauf floh, meist auseinandergegangen. Der Rest verschanzte sich an
der Hilzinger Steige, wo er am 16. Juli von den inzwischen disponibel gewordenen Truppen
geschlagen und vernichtet wurde. Die Schweizer St&auml;dte vermittelten einen Vertrag f&uuml;r
die Hegauer, der indes nicht verhinderte, da&szlig; Hans M&uuml;ller trotz seines Verrats zu
Laufenburg verhaftet und enthauptet wurde. Im Breisgau fiel nun auch Freiburg (17. Juli) vom
Bunde der Bauern <a name="S398"><b>&lt;398&gt;</b></a> ab und schickte Truppen gegen sie; doch
auch hier kam bei der Schw&auml;che der f&uuml;rstlichen Streitkr&auml;fte am 18. September ein
Vertrag zu Offenburg zustande, in den auch der Sundgau eingeschlossen wurde. Die acht Einungen
des Schwarzwalds und die Klettgauer, die noch nicht entwaffnet waren, wurden durch die Tyrannei
des Grafen von Sulz abermals zum Aufstand getrieben und im Oktober geschlagen. Am 13. November
wurden die Schwarzw&auml;lder zu einem Vertrag gezwungen, und am 6. Dezember fiel Waldshut, das
letzte Bollwerk der Insurrektion am Oberrhein.</p>
<p>Die <i>Allg&auml;uer</i> hatten seit dem Abzug des Truchse&szlig; ihre Kampagne gegen
Kl&ouml;ster und Schl&ouml;sser wieder aufgenommen und f&uuml;r die Verw&uuml;stungen der
B&uuml;ndischen energische Repressalien ge&uuml;bt. Sie hatten wenig Truppen sich gegen&uuml;ber,
die nur einzelne kleine &Uuml;berf&auml;lle unternahmen, ihnen aber nie in die W&auml;lder folgen
konnten. Im Juni brach in Memmingen, das sich ziemlich neutral gehalten hatte, eine Bewegung
gegen die Ehrbarkeit aus, die nur durch die zuf&auml;llige N&auml;he einiger b&uuml;ndischen
Truppen, welche der Ehrbarkeit noch zur rechten Zeit zu H&uuml;lfe kommen konnten,
unterdr&uuml;ckt wurde. Schappeler, der Prediger und F&uuml;hrer der plebejischen Bewegung,
entkam nach Sankt Gallen. Die Bauern zogen nun vor die Stadt und wollten eben mit dem
Brescheschie&szlig;en beginnen, als sie erfuhren, da&szlig; der Truchse&szlig; von W&uuml;rzburg
heranzog. Am 27. Juli marschierten sie ihm in zwei Kolonnen &uuml;ber Babenhausen und
Oberg&uuml;nzburg entgegen. Der Erzherzog Ferdinand versuchte nochmals die Bauern f&uuml;r das
Haus &Ouml;streich zu gewinnen. Gest&uuml;tzt auf den Waffenstillstand, den er mit ihnen
abgeschlossen, forderte er den Truchse&szlig; auf, nicht weiter gegen sie vorzur&uuml;cken. Der
Schw&auml;bische Bund jedoch befahl ihm, sie anzugreifen und nur das Sengen und Brennen zu
lassen; der Truchse&szlig; war indes viel zu klug, um auf sein erstes und entscheidendstes
Kriegsmittel zu verzichten, selbst wenn es ihm m&ouml;glich gewesen w&auml;re, die vom Bodensee
bis an den Main von Exze&szlig; zu Exze&szlig; gef&uuml;hrten Landsknechte im Zaum zu halten. Die
Bauern fa&szlig;ten Position hinter der Iller und Leubas, an 23.000 Mann stark. Der
Truchse&szlig; stand ihrer Front gegen&uuml;ber mit 11.000 Mann. Die Stellungen beider Heere
waren stark; die Reiterei konnte auf dem vorliegenden Terrain nicht wirken, und wenn die
Landsknechte des Truchse&szlig; an Organisation, milit&auml;rischen H&uuml;lfsquellen und
Disziplin den Bauern &uuml;berlegen waren, so z&auml;hlten die Allg&auml;uer eine Menge gedienter
Soldaten und erfahrener Hauptleute in ihren Reihen und hatten zahlreiches, gut bedientes
Gesch&uuml;tz. Am 19. Juli er&ouml;ffneten die B&uuml;ndischen eine Kanonade, die von beiden
Seiten am 20. fortgesetzt wurde, jedoch ohne Resultat. Am 21. stie&szlig; Georg von Frundsberg
mit 3.000 Landsknechten zum Truchse&szlig;. Er kannte viele der Bauernhauptleute, die unter ihm
in den italienischen Feldz&uuml;gen gedient hatten, und <a name="S399"><b>&lt;399&gt;</b></a>
kn&uuml;pfte Unterhandlungen mit ihnen an. Der Verrat gelang, wo die milit&auml;rischen
H&uuml;lfsmittel nicht ausreichten. Walter Bach, mehrere andere Hauptleute und
Gesch&uuml;tzmeister lie&szlig;en sich kaufen. Sie lie&szlig;en den ganzen Pulvervorrat der
Bauern in Brand stecken und bewegten den Haufen zu einem Umgehungsversuch. Kaum aber waren die
Bauern aus ihrer festen Stellung heraus, so fielen sie in den Hinterhalt, den ihnen der
Truchse&szlig; nach Verabredung mit Bach und den anderen Verr&auml;tern gelegt hatte. Sie konnten
sich um so weniger verteidigen, als ihre Hauptleute, die Verr&auml;ter, sie unter dem Vorwand
einer Rekognoszierung verlassen hatten und schon auf dem Wege nach der Schweiz waren. Zwei der
Bauernkolonnen wurden so vollst&auml;ndig zersprengt, die dritte, unter dem Knopf von Leubas,
konnte sich noch geordnet zur&uuml;ckziehen. Sie stellte sich wieder auf dem Kollenberg bei
Kempten, wo der Truchse&szlig; sie einschlo&szlig;. Auch hier wagte er nicht, sie anzugreifen; er
schnitt ihr die Zufuhr ab und suchte sie zu demoralisieren, indem er an 200 D&ouml;rfer in der
Umgegend niederbrennen lie&szlig;. Der Hunger und der Anblick ihrer brennenden Wohnungen brachte
die Bauern endlich dahin, da&szlig; sie sich ergaben (25. Juli). Mehr als zwanzig wurden sogleich
hingerichtet. Der Knopf von Leubas, der einzige F&uuml;hrer dieses Haufens, der seine Fahne nicht
verraten hatte, entkam nach Bregenz; aber hier wurde er verhaftet und nach langem Gef&auml;ngnis
geh&auml;ngt.</p>
<p>Damit war der schw&auml;bisch-fr&auml;nkische Bauernkrieg beendet.</p>
</body>
</html>